Table.Briefing: Europe

Brandbrief des deutschen EU-Botschafters + Verbrenner-Aus bei Bussen + AI Act

  • Kommission will Verbrenner-Aus auch bei Bussen
  • AI Act: Neue Chance für Kompromisse
  • Wettbewerbsrecht: Lobby Control drängt auf Offenlegung der Eingaben
  • Deutscher EU-Botschafter fordert Weisungen von Berlin
  • Von-der-Leyen-Vertraute Riso vor Topjob in EU-Kommission
  • EU-Preisdeckel: Neuer Markt für Gashandel in London
  • Norwegen ortet große Mengen Seltene Erden unterm Meeresboden
  • Heads: Sophie Pornschlegel – Mehr über die EU sprechen
Liebe Leserin, lieber Leser,

es ist kein Geheimnis, dass es in der Ampel-Koalition öfters mal kracht – auch bei europapolitischen Themen. Dabei verspricht der Koalitionsvertrag eine “stringentere Koordinierung” und ein “geschlossenes Auftreten gegenüber den europäischen Partnern”. Nach Informationen von Europe.Table hat sich nun der deutsche EU-Botschafter Michael Clauß mit einem “Brandbrief” zu Wort gemeldet. Bei vielen Gesetzesvorhaben, die die Diplomaten der Ständigen Vertretung im Rat verhandeln, sei Deutschland nicht sprechfähig, weil die Abstimmung zwischen den Ministerien nicht gelinge. Mehr erfahren Sie in den News. 

Mitte Februar will die Kommission ihren Vorschlag für die CO2-Flottengrenzwerte bei schweren Nutzfahrzeugen vorlegen. Wie aus einem Entwurf hervorgeht, der Europe.Table vorliegt, ist eine Anhebung der Ziele im Jahr 2025 nicht vorgesehen. Ab 2030 sollen die Flottengrenzwerte alle fünf Jahre verschärft werden und eine deutlich breitere Anwendung finden. Zudem soll die Diesel-Technologie auch bei Bussen verboten werden, wie es in dem Entwurf heißt. Markus Grabitz hat die Einzelheiten. 

Die Zeit drängt: Die Schattenberichterstatter zum AI Act müssen sich endlich auf wichtige Punkte einigen, damit sie das Dossier noch in diesem Jahr mit dem Rat verhandeln können. Am Mittwoch treffen sie sich zu ihrem ersten Meeting in diesem Jahr. Ko-Berichterstatter Dragoş Tudorache (Renew) gibt sich optimistisch, doch diese Stimmung teilen längst nicht alle. Bis jetzt haben sich die Parlamentarier noch nicht einmal auf die Definition von Künstlicher Intelligenz geeinigt. Die USA bringen derweil ihr AI-Ökosystem weiter voran, berichtet Corinna Visser

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Sarah Schaefer
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Analyse

Kommission will Verbrenner-Aus auch bei Bussen

Auch bei Bussen soll die Diesel-Technologie verboten werden. Dies geht aus einem Entwurf der Kommission für die CO₂-Flottengrenzwerte von schweren Nutzfahrzeugen hervor, der Europe.Table vorliegt. Gerade bei Reisebussen für den Fernverkehr ist der Umstieg auf batterieelektrische Antriebe besonders schwierig: Diese Fahrzeuge verfügen über energieintensive Nebenaggregate wie Küchen und Klimaanlagen, die über das Diesel-Aggregat ihre Energie bekommen. Welches Enddatum die Kommission für den Verbrennungsmotor in neuen Bussen vorschlägt, geht aus dem Dokument nicht hervor.

Schon ab 2030 soll es Quoten für emissionsfreie Stadtbusse geben. Die Kommission will am 14. Februar ihren Vorschlag für die CO₂-Flottengrenzwerte bei schweren Nutzfahrzeugen vorlegen. Bislang gilt: Die Hersteller müssen den CO₂-Ausstoß ihrer Neuwagenflotten bis 2025 um 15 Prozent senken und bis 2030 um 30 Prozent.

Timmermans will Verbrenner-Aus beim Lkw 2040

Der Gesetzgebungsvorschlag wird gerade zwischen den Generaldirektionen abgestimmt. In dem vorliegenden Entwurf gibt es noch keine Angaben zu den Reduktionszielen nach 2030. Wie zu hören ist, will der zuständige Kommissionsvize Frans Timmermans das Verbrenner-Aus bei schweren Nutzfahrzeugen im Jahr 2040 festschreiben und macht sich dafür stark, dass der CO₂-Ausstoß bis 2030 um 40 Prozent gegenüber der Referenzperiode Juli 2019 bis Juni 2020 gesenkt werden soll. Innerhalb der Kommission sind diese Ziele aber umstritten. Industriekommissar Thierry Breton leiste Widerstand, hört man in Brüssel.

Laut dem vorliegenden Entwurf ist eine Anhebung der Ziele im Jahr 2025 nicht vorgesehen. Weiter heißt es, dass ab 2030 die Flottengrenzwerte alle fünf Jahre verschärft werden und deutlich breitere Anwendung finden sollen. Bisher gelten die Grenzwerte nur für große Lastwagen. Künftig soll jeder Hersteller individuelle Vorgaben zur Verringerung des CO₂-Ausstoßes seiner gesamten Flotte an Neufahrzeugen bekommen. Dafür werden Untergruppen je nach fahrzeugtypischen Eigenschaften wie etwa Gewicht und Aufbauten gebildet. Kleinere Lkw, Stadtbusse und Überlandbusse werden von der Regulierung bisher noch nicht erfasst.

Kaufanreize sollen 2029 auslaufen

Dem Entwurf zufolge sollen die Kaufanreize für Null-Emissionsfahrzeuge 2029 auslaufen. Dem Text ist ferner zu entnehmen, dass die Kommission bei schweren Nutzfahrzeugen auch an den Einsatz von E-Fuels denkt. Es ist davon die Rede, dass der Beitrag von “erneuerbaren Kraftstoffen und kohlenstoffarmen Brennstoffen” geprüft werde. Bislang gelten nur batterieelektrische sowie Fahrzeuge mit Brennstoffzelle als Null-Emissionsfahrzeuge. Wie zu hören ist, prüft die Kommission auch die Aufnahme des Wasserstoffverbrennungsmotors (H2-Motor) in diese Kategorie.

Auch Anhänger und Aufbauten von schweren Lastwagen sollen der Regulierung unterworfen werden. Hier geht es um den Luftwiderstandsbeiwert. Derzeit darf ein Sattelzug (Zugmaschine und Anhänger) in der EU höchstens 16,5 Meter lang sein. In den USA etwa sind größere Maße zulässig. In der EU wird über größere Maße bei der Sattelzugmaschine diskutiert. Damit wären aerodynamisch günstigere Sattelzugmaschinen bei gleichem Frachtraum zulässig, wodurch sich der CO₂-Ausstoß reduzieren ließe.

Schwere Lkw verursachen sechs Prozent der Klimagase

Die Kommission will laut dem Entwurf zudem vorschlagen, dass sie ohne Beteiligung der Ko-Gesetzgeber Rat und EU-Parlament Delegierte Rechtsakte für die Details der CO₂-Flottengesetzgebung erlassen kann. Durch einen Delegierten Rechtsakt könne die Kommission dann Kriterien für die Untergruppen der Nutzfahrzeuge festlegen, etwaige Änderungen der Anwendungsbereiche unterschiedlicher Antriebstechnologien sowie die Listung und Gewichtung der Einsatzprofile.

Der Straßenverkehr steht für ein Fünftel des Ausstoßes von Klimagasen in der EU. Schwere Lkw haben einen Anteil von sechs Prozent am Gesamtausstoß von Klimagasen in der EU. Damit verursachen sie ein Viertel des CO₂-Ausstoßes durch den Straßenverkehr. 2019 war der CO₂-Ausstoß von schweren Nutzfahrzeugen um 44 Prozent höher als der Wert der gesamten Luftfahrt und um 37 Prozent höher als der Wert des Seeverkehrs.

  • Autoindustrie

AI Act: Neue Chance für Kompromisse

Der Sprachroboter Chat GPT sorgt in Europa für Furore. Und während die USA ihre Position im Bereich der Artificial Intelligence mit einem Plan zum Aufbau einer nationalen Forschungsinfrastruktur weiter stärken, kommen die Verhandlungen zum Gesetz über Künstliche Intelligenz (AI Act) im EU-Parlament nur schleppend voran.

Am Mittwoch treffen sich die Schattenberichterstatter zu ihrem ersten Meeting in diesem Jahr. Das letzte Treffen 2022 war abgesagt worden. Noch ist nicht öffentlich, worüber die Parlamentarier genau sprechen wollen. Am Freitag arbeiteten die Teams der federführenden Ausschüsse IMCO (Binnenmarkt) und LIBE (Bürgerliche Freiheiten) noch an der Tagesordnung.

Ko-Berichterstatter Tudorache ist zuversichtlich

Ko-Berichterstatter Dragoş Tudorache (LIBE, Renew) ist optimistisch, dass die Verhandlungen im Parlament “in demselben Geist der Zusammenarbeit und des Kompromisses fortgesetzt werden, der bisher für die Arbeit an diesem Dossier charakteristisch war”. Es sei gelungen, “bei einer Reihe sensibler Themen eine gute Einigung mit soliden Mehrheiten oder sogar Einstimmigkeit zu erzielen“, sagte Tudorache. Er sei zuversichtlich, dass dies auch bei den weiteren Themen gelingen werde.

In seinem Umfeld geht man von einer Einigung in mehreren Fragen aus. Das Team habe hart daran gearbeitet, gute Kompromisse vorzuschlagen. So optimistisch sind andere nicht, nicht einmal in Tudoraches Fraktion.

Tudoraches Ko-Berichterstatter ist Brando Benifei (IMCO, S&D). Dass gleich zwei Ausschüsse bei dem Dossier federführend sind, erschwert die Verhandlungen und verzögert die Abstimmungsprozesse. Während der Rat bereits eine Allgemeine Ausrichtung erreicht hat, sind im Parlament die meisten großen Fragen auf politischer Ebene noch nicht geklärt.

Hahn fordert Fortschritt in den Verhandlungen

In der vergangenen Woche fanden zwei Treffen auf technischer Ebene statt. Die Mitarbeiter der Abgeordneten diskutierten unter anderem über die Änderungsanträge zu Artikel 8 bis 12 (Anforderungen an Hochrisikosysteme) und Artikel 53 (Regulatory Sandboxes). Bei Letzterem sei man einer Einigung recht nahe, heißt es.

Zur Diskussion über Artikel 6 (Klassifizierung von KI-Systemen als Hochrisikosysteme) sei man jedoch gar nicht mehr gekommen. Der stehe nun auf der Tagesordnung für das technische Meeting am heutigen Montag. Insgesamt, so heißt es aus dem Umfeld der Verhandlungen, gebe es bis jetzt noch zu keinem der wichtigen Punkte eine Einigung. Und auch bei der Klassifizierung lägen die Meinungen noch weit auseinander.

Beim Shadows-Meeting am Mittwoch müssten dringend einige der noch offenen Konflikte gelöst werden, fordert daher auch Schattenberichterstatterin Svenja Hahn (IMCO, Renew). Ihr Eindruck ist ebenfalls: “In vielen Fragen herrscht nach wie vor Uneinigkeit.” Dazu zählten etwa die KI-Definition, die Art und Weise der Risikoeinstufung oder die Liste verbotener KI-Systeme. “Hier müssen wir zwischen den Berichterstattern der Fraktionen schnellstmöglich Fortschritte machen, wenn wir noch vor dem Sommer in die Trilog-Verhandlungen eintreten wollen”, sagt Hahn.

Und es gibt noch viel zu tun: Bis jetzt haben sich die Parlamentarier noch nicht einmal auf die Definition von Künstlicher Intelligenz geeinigt.

USA bauen nationale Forschungsinfrastruktur für KI auf

Die USA dagegen bringen ihr AI-Ökosystem weiter voran. Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe der National Artificial Intelligence Research Resource (NAIRR) enthält einen Fahrplan für den Aufbau einer nationalen Forschungsinfrastruktur. Sie soll auch für kleinere Forschungseinrichtungen und Organisationen den Zugang zu jenen Ressourcen erleichtern, die für die Forschung und Entwicklung im Bereich der KI wesentlich sind. Experten erwarten, dass die NAIRR weitreichende Auswirkungen haben wird.

“Die Demokratisierung des Zugangs zur Cyberinfrastruktur, die die KI-Forschung und -Entwicklung vorantreibt, wird es allen KI-Forschern in Amerika ermöglichen, an der Erforschung innovativer Ideen für die Weiterentwicklung der KI teilzunehmen, einschließlich Gemeinschaften, Institutionen und Regionen, die traditionell unterversorgt sind”, sagte Sethuraman Panchanathan, der Direktor der National Science Foundation.

Die NAIRR könne landesweit KI-Kapazitäten aufbauen und eine verantwortungsvolle KI-Forschung und -Entwicklung unterstützen, “wodurch die Innovation vorangetrieben und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der USA in diesem wichtigen Technologiebereich sichergestellt wird”.

Ziele der NAIRR sind es, Innovation zu beschleunigen, die Vielfalt der Talente zu erhöhen, die Kapazitäten zu verbessern und vertrauenswürdige KI zu fördern. Wer Teil des Netzwerks werden will, muss in den USA ansässig oder mit einer US-Organisation verbunden sein.

  • Digitalisierung
  • Europapolitik
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  • Künstliche Intelligenz-Verordnung
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News

Wettbewerbsrecht: Lobby Control fordert Offenlegung der Eingaben

Die großen Technologieunternehmen geben mehr Geld für Lobbyarbeit in der EU aus als die Pharma, Öl- oder Finanzindustrie. Allein die Big Five – Google, Amazon, Meta, Apple und Microsoft – verfügen über ein EU-Lobbying-Budget von zusammen 26,5 Millionen Euro.

Doch Big Tech nutzt auch wenig bekannte Beratungsfirmen. Denen gelinge es immer wieder, im Auftrag ihrer Kunden unter dem Radar zu fliegen. Das ist das Ergebnis einer Recherche von Lobby Control und Corporate Europe Observatory, die die Organisationen am heutigen Montag veröffentlichen. “Diese Beratungsunternehmen überschwemmen den Regulierer mit angeblich neutralen Studien, um die Wettbewerbspolitik der EU zu beeinflussen und den Weg für Big-Tech-Monopole und Fusionen zu ebnen”, heißt es in dem Bericht.

Mehr Transparenz bei Fusionskontrolle

Zeitgleich mit der Veröffentlichung der Recherche verschicken Lobby Control und zahlreiche andere zivilgesellschaftliche Organisationen einen offenen Brief an Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und Generaldirektor Olivier Guersent (DG Competition). Darin fordern sie eine Offenlegung der Eingaben zu Fusionen. Diese Eingaben veröffentlicht die Kommission bisher nicht, obwohl sie nach Auffassung von Lobby Control vielfach von betroffenen Unternehmen genutzt werden. Zudem spielten sie eine große Rolle bei den Entscheidungen.  

“Wir sind sehr besorgt über die intransparente Art und Weise, in der bestimmte Prozesse in der EU-Wettbewerbspolitik derzeit gehandhabt werden“, heißt es in dem Schreiben. Insbesondere die Fusionskontrolle müsse transparenter werden, da Fusionen enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft haben können – mit Folgen für Verbraucher, Unternehmen und Bürger.

Es liege im öffentlichen Interesse, so viele Informationen wie möglich über diese Verfahren offenzulegen. Dass die Stellungnahmen zu Fusionsfällen nicht öffentlich sind, sei auch deshalb problematisch, “weil die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat zu erfahren, wer daran interessiert ist, die Debatten über einen bestimmten Fusionsfall zu beeinflussen”. vis

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  • Margrethe Vestager
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  • Wettbewerbsverfahren

Deutscher EU-Botschafter fordert Weisungen von Berlin

Der deutsche EU-Botschafter Michael Clauß hat nach Informationen von Europe.Table einen “Brandbrief” an die Bundesregierung geschrieben und bei EU-Dossiers eine bessere Absprache zwischen den Bundesministerien und dem Kanzleramt eingefordert. Das Schreiben ging nach Informationen von EU-Diplomaten als “Drahtbericht” an zahlreiche Empfänger in Berlin. Darunter sollen das Auswärtige Amt und das Bundeswirtschaftsministerium sein.

Bei vielen Gesetzesvorhaben, die die Diplomaten der Ständigen Vertretung im Rat verhandeln, sei Deutschland nicht sprechfähig, weil die Abstimmung zwischen den Ministerien nicht gelinge. Clauß mahnt eine bessere Koordinierung der EU-Politik in Berlin an. Der Brandbrief von Clauß ist dem Vernehmen nach bereits auf der Ebene der für die EU zuständigen Abteilungsleiter in den Bundesministerien besprochen worden. mgr

  • Ampel-Koalition
  • Europapolitik

Von-der-Leyen-Vertraute Riso vor Topjob in EU-Kommission

Stéphanie Riso, die stellvertretende Kabinettschefin von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, soll nach Informationen von Europe.Table vor einem Wechsel an die Spitze der Generaldirektion Haushalt (DG BUDG) stehen. Die finale Entscheidung sei “zwar noch nicht gefallen. Alles andere als eine Übernahme der Leitung der DG BUDG wäre aber eine echte Überraschung”, hieß es in informierten Kreisen. Die Französin verfüge “über beste Referenzen, um die Führung der wichtigen Dienststelle zu übernehmen”.

Der Posten an der Spitze der DG BUDG ist frei geworden, nachdem der frühere Generaldirektor, der Niederländer Gert Jan Koopman, Mitte Januar an die Spitze der DG NEAR (EU-Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen) in der Kommission gerückt ist.

Management des EU-Haushalts

Die Ökonomin Riso kann auf eine langjährige Karriere in der EU-Kommission zurückblicken. Sie war Mitglied im Kabinett von EU-Währungskommissar Joaquín Almunia Amann sowie stellvertretende Kabinettschefin von dessen Nachfolger Olli Rehn. Nach Stationen als Abteilungsleiterin in der DG ECFIN, verantwortlich für Fiskalpolitik und Überwachung, sowie in der DG BUDG, zuständig für den mehrjährigen Finanzrahmen, stieg sie im Oktober 2016 als Beraterin in die Task-Force von EU-Kommissar Michel Barnier ein, der die Brexit-Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich führte.

Seit Dezember 2019 ist die Französin stellvertretende Kabinettschefin von Kommissionspräsidentin von der Leyen. Die DG BUDG ist für das Management des milliardenschweren EU-Haushalts verantwortlich. Darunter fällt auch die Verantwortung für die Aufnahme der Gelder an den internationalen Kapitalmärkten für das Programm NextGenerationEU. cr

  • EU-Haushalt
  • Europäische Kommission
  • NextGenerationEU
  • Ursula von der Leyen

EU-Preisdeckel: Neuer Markt für Gashandel in London

Der Börsenbetreiber ICE will im kommenden Monat einen “Parallelmarkt” für den Gashandel in London eröffnen. Das teilte das Unternehmen am Freitag mit. Grund sei, dass der Londoner Markt nicht dem EU-Gaspreisdeckel unterliege.

ICE betreibt die Großhandelsplattform TTF, die in Amsterdam ansässig ist. Zuvor hatte das Unternehmen bereits gewarnt, dass es den Markt wegen der drohenden Preisobergrenze für Gas an einen Standort außerhalb der EU verlegen könnte.

Die Einführung des neuen Marktes für TTF-Futures und -Optionen in London sei für den 20. Februar geplant. Ab dem 15. Februar soll die Aktivierung des EU-Gaspreisdeckels möglich sein. Den TTF-Markt an der Amsterdamer Börse werde ICE weiterhin betreiben, hieß es.

Warnungen der EU

Trabue Bland, Senior Vice President of Futures Exchanges bei ICE, sagte, der zweite Markt biete eine “Versicherungsoption” für Kunden. “Der Zweck von ICE ist es, Märkte zu schaffen, die es unseren Kunden ermöglichen, ihr Risiko zu managen, und wir sind unseren Kunden gegenüber verpflichtet, Lösungen für die Probleme zu bieten, mit denen sie konfrontiert sind.”

Ein Sprecher des niederländischen Wirtschaftsministeriums sagte, dass dieser Schritt nicht unerwartet komme. “Dies entspricht voll und ganz dem, was wir erwartet haben und wovor auch die EU gewarnt hatte“, so der Sprecher.

Aktiviert wird der Preisdeckel, wenn der TTF für den Frontmonat drei Werktage lang über 180 Euro pro Megawattstunde liegt und an denselben Tagen 35 Euro über einem LNG-Referenzpreis. Auch die Höhe des “dynamischen” Preisdeckels beträgt 35 Euro über dem Referenzpreis, wie aus einer Mitteilung des Rates hervorgeht. Anders als von der Kommission ursprünglich vorgeschlagen, gilt der Höchstpreis nicht nur für den niederländischen TTF, sondern für alle virtuellen Handelspunkte in der EU. rtr/sas/ber

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  • Gaspreisdeckel

Norwegen ortet große Mengen Seltene Erden unterm Meeresboden

Vor der Küste Norwegens lagern einer Studie zufolge größere Mengen Rohstoffe wie Seltene Erden, Kupfer oder Kobalt. “Unter den Metallen sind im von der Untersuchung erfassten Gebiet Magnesium, Niobium, Kobalt und Seltene Erden gefunden worden, die auf der Liste der EU-Kommission für knappe Mineralien stehen”, teilte die Norwegische Erdöl-Direktion (NPD) am Freitag mit, die die Studie verantwortet hat.

Den Schätzungen zufolge könnten unterm Meeresboden beispielsweise 38 Millionen Tonnen Kupfer lagern, etwa die doppelte Menge, die derzeit jährlich abgebaut wird. Zudem werden 45 Millionen Tonnen Zink vermutet. Außerdem wird von 1,7 Millionen Tonnen Cer ausgegangen, das zu den Seltenen Erden gehört und unter anderem in der Aluminium-Verarbeitung eingesetzt wird.

Umweltgruppen warnen vor Untersee-Bergbau

Vor kurzem hatte Schweden von großen Funden Seltener Erden berichtet. Allerdings lagern diese in der Nähe der Eisenerz-Minen von Kiruna, die schon lange in Betrieb sind. Seltene Erden und andere Rohstoffe in Europa rücken stärker in den Blickpunkt, da die EU sich unabhängiger von Förderländern wie China machen will.

Norwegische Umweltgruppen warnen jedoch vor einer weiteren Erkundung des Meeresbodens, bis weitere Studien vorliegen, die die Auswirkung des Untersee-Bergbaus analysieren sollen. Es fehle noch an Wissen über das Leben in der Tiefsee, mahnte auch das norwegische Institut für Meeresforschung (IMR). Auch die Erdöl-Direktion NPD räumte ein, es brauche weitere Untersuchungen, um abschätzen zu können, welche Mengen der Materialien mit akzeptablen Umweltauswirkungen gefördert werden könnten. rtr

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Presseschau

Scholz macht Druck für Handelsabkommen mit Südamerika STERN
“Nicht jeder schafft es allein”: EU geht in Berlin auf Werbetour für Euro-Schulden N-TV
Paolo Gentiloni im Interview: EU-Schulden als Antwort auf US-Milliardenpaket FAZ
Putin nicht anklagen? Widerstand in der EU gegen Baerbock-Vorschlag WEB
Turkey issues travel warning for Europe citing Islamophobia, anti-Turkish protests GLOBAL NEWS
Großbritannien fordert von rund 140000 EU-Bürgern zuviel gezahlte Sozialleistungen zurück EURONEWS
EU-Flüchtlingspolitik: EVP-Chef Weber fordert Grenzzäune TAGESSPIEGEL
100 Tage nach Regierungsübernahme: Meloni ist kein Schreckgespenst mehr TAGESSCHAU
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EU-Staaten setzen auf ukrainische Kernkraft SUEDDEUTSCHE
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Wirtschaft und Politik fürchten Überlastung von Firmen durch neue EU-Regeln WELT
Führerschein-Änderung 2023: Neue Regeln betreffen alle Autofahrer FULDAERZEITUNG
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Fehmarnbelt Tunnel: The Megaproject That Will Transform European Travel FORBES

Heads

Sophie Pornschlegel – Mehr über die EU sprechen

Sophie Pornschlegel trägt eine Brille und eine schwarze Bluse, sie steht vor einer grauen Wand. Sophie Pornschlegel spricht im Interview über die Reform der EU-Verträge.
Sophie Pornschlegel ist Senior Policy Analyst beim European Policy Centre (EPC).

Wer Interviews mit Sophie Pornschlegel liest oder hört, erlebt eine Europäerin mit Mission: “Deutsche Steuerzahler finanzieren eine Autokratie wie Ungarn mit.” Das ist so ein Satz, den sie dann sagt. Die EU? Lässt sich erpressen. Sie warnt vor einer aufziehenden Pöbelherrschaft in Europa. Und wiederholt ihre Botschaften in den Medien beharrlich.

Pornschlegel arbeitet in Brüssel als Senior Policy Analyst für einen Think-Tank, das unabhängige European Policy Centre (EPC). Dort leitet sie mit der Stiftung Mercator das Projekt Connecting Europe. Die Forscherin analysiert Europas Probleme und schlägt Lösungen vor – in Artikeln, Interviews und auf Veranstaltungen. “Ich mache das nicht, weil ich die EU einfach super finde, sondern weil sie Entscheidungen trifft, die jeden betreffen und deshalb viel mehr besprochen werden sollten”, sagt Pornschlegel.

Zu wenig EU-Expertise in den Medien

Europas offene Grenzen prägen das Leben der 32-Jährigen. Ihre Mutter stammt aus Frankreich, ihr Vater aus Deutschland. Sie sammelte berufliche Erfahrung in Frankreich, England, Deutschland und Belgien.

In Europa berichten die Medien meist aus einer nationalen Perspektive über die EU, findet sie. Es gehe immer nur darum, ob das eigene Land seine Ziele durchgebracht habe, ob es als Gewinner aus einem Machtkampf hervorgehe. Vielen Journalisten fehle die EU-Expertise, die Perspektive über nationale Grenzen hinweg, um europäische Entscheidungen richtig einzuordnen, sagt Pornschlegel. “Sie verstehen das komplexe Regelwerk der EU oft leider nicht oder vergessen, über wichtige Entscheidungen zu berichten.”

Politiker geben deshalb immer wieder der EU-Kommission Schuld an Missständen, obwohl die Zuständigkeit woanders liegt. Nicht nur Europa-Skeptiker wie Viktor Orbán nutzen das aus, sondern auch Parteien, die eigentlich proeuropäisch sind. So schaden alle der EU – und das oft unabsichtlich.

Deutsch-französische Zusammenarbeit stockt

Die Beziehungen zwischen Berlin und Paris untersucht die Deutschfranzösin besonders gründlich. Aktuell scheinen die Gräben tiefer als zuvor. Beide Länder machten politisch, was sie wollen, ohne auf ihren Partner zu schauen, beobachtet Pornschlegel.

Die deutsche Regierung hat ihr 200-Milliarden-Hilfspaket gegen steigende Gas- und Strompreise beschlossen, ohne seinen engsten Partner zu informieren. Frankreich wiederum plant eine neue Pipeline mit Spanien und Portugal – ohne Deutschland einzubeziehen. “Für so nationalistisches Klein-Klein“, sagt Pornschlegel, “haben wir angesichts des Ausmaßes der Krisen keine Zeit.”

Sie vermisst bei Bundeskanzler Olaf Scholz den politischen Willen für eine gute Partnerschaft. “Scholz ignoriert die Bedeutung der deutsch-französischen Zusammenarbeit.” In ihren Analysen schlägt Pornschlegel einen konkreten, strategischen Fahrplan vor, um die deutsch-französische Achse wiederzubeleben. Die zwei Länder sollten etwa genau klären, wann sie in EU-Projekte investieren werden. Sie will sich nicht nur beklagen und den Finger in die Wunde legen – sie will helfen. Tomas Cabanis

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Mitte Februar will die Kommission ihren Vorschlag für die CO2-Flottengrenzwerte bei schweren Nutzfahrzeugen vorlegen. Wie aus einem Entwurf hervorgeht, der Europe.Table vorliegt, ist eine Anhebung der Ziele im Jahr 2025 nicht vorgesehen. Ab 2030 sollen die Flottengrenzwerte alle fünf Jahre verschärft werden und eine deutlich breitere Anwendung finden. Zudem soll die Diesel-Technologie auch bei Bussen verboten werden, wie es in dem Entwurf heißt. Markus Grabitz hat die Einzelheiten. 

    Die Zeit drängt: Die Schattenberichterstatter zum AI Act müssen sich endlich auf wichtige Punkte einigen, damit sie das Dossier noch in diesem Jahr mit dem Rat verhandeln können. Am Mittwoch treffen sie sich zu ihrem ersten Meeting in diesem Jahr. Ko-Berichterstatter Dragoş Tudorache (Renew) gibt sich optimistisch, doch diese Stimmung teilen längst nicht alle. Bis jetzt haben sich die Parlamentarier noch nicht einmal auf die Definition von Künstlicher Intelligenz geeinigt. Die USA bringen derweil ihr AI-Ökosystem weiter voran, berichtet Corinna Visser

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    Auch bei Bussen soll die Diesel-Technologie verboten werden. Dies geht aus einem Entwurf der Kommission für die CO₂-Flottengrenzwerte von schweren Nutzfahrzeugen hervor, der Europe.Table vorliegt. Gerade bei Reisebussen für den Fernverkehr ist der Umstieg auf batterieelektrische Antriebe besonders schwierig: Diese Fahrzeuge verfügen über energieintensive Nebenaggregate wie Küchen und Klimaanlagen, die über das Diesel-Aggregat ihre Energie bekommen. Welches Enddatum die Kommission für den Verbrennungsmotor in neuen Bussen vorschlägt, geht aus dem Dokument nicht hervor.

    Schon ab 2030 soll es Quoten für emissionsfreie Stadtbusse geben. Die Kommission will am 14. Februar ihren Vorschlag für die CO₂-Flottengrenzwerte bei schweren Nutzfahrzeugen vorlegen. Bislang gilt: Die Hersteller müssen den CO₂-Ausstoß ihrer Neuwagenflotten bis 2025 um 15 Prozent senken und bis 2030 um 30 Prozent.

    Timmermans will Verbrenner-Aus beim Lkw 2040

    Der Gesetzgebungsvorschlag wird gerade zwischen den Generaldirektionen abgestimmt. In dem vorliegenden Entwurf gibt es noch keine Angaben zu den Reduktionszielen nach 2030. Wie zu hören ist, will der zuständige Kommissionsvize Frans Timmermans das Verbrenner-Aus bei schweren Nutzfahrzeugen im Jahr 2040 festschreiben und macht sich dafür stark, dass der CO₂-Ausstoß bis 2030 um 40 Prozent gegenüber der Referenzperiode Juli 2019 bis Juni 2020 gesenkt werden soll. Innerhalb der Kommission sind diese Ziele aber umstritten. Industriekommissar Thierry Breton leiste Widerstand, hört man in Brüssel.

    Laut dem vorliegenden Entwurf ist eine Anhebung der Ziele im Jahr 2025 nicht vorgesehen. Weiter heißt es, dass ab 2030 die Flottengrenzwerte alle fünf Jahre verschärft werden und deutlich breitere Anwendung finden sollen. Bisher gelten die Grenzwerte nur für große Lastwagen. Künftig soll jeder Hersteller individuelle Vorgaben zur Verringerung des CO₂-Ausstoßes seiner gesamten Flotte an Neufahrzeugen bekommen. Dafür werden Untergruppen je nach fahrzeugtypischen Eigenschaften wie etwa Gewicht und Aufbauten gebildet. Kleinere Lkw, Stadtbusse und Überlandbusse werden von der Regulierung bisher noch nicht erfasst.

    Kaufanreize sollen 2029 auslaufen

    Dem Entwurf zufolge sollen die Kaufanreize für Null-Emissionsfahrzeuge 2029 auslaufen. Dem Text ist ferner zu entnehmen, dass die Kommission bei schweren Nutzfahrzeugen auch an den Einsatz von E-Fuels denkt. Es ist davon die Rede, dass der Beitrag von “erneuerbaren Kraftstoffen und kohlenstoffarmen Brennstoffen” geprüft werde. Bislang gelten nur batterieelektrische sowie Fahrzeuge mit Brennstoffzelle als Null-Emissionsfahrzeuge. Wie zu hören ist, prüft die Kommission auch die Aufnahme des Wasserstoffverbrennungsmotors (H2-Motor) in diese Kategorie.

    Auch Anhänger und Aufbauten von schweren Lastwagen sollen der Regulierung unterworfen werden. Hier geht es um den Luftwiderstandsbeiwert. Derzeit darf ein Sattelzug (Zugmaschine und Anhänger) in der EU höchstens 16,5 Meter lang sein. In den USA etwa sind größere Maße zulässig. In der EU wird über größere Maße bei der Sattelzugmaschine diskutiert. Damit wären aerodynamisch günstigere Sattelzugmaschinen bei gleichem Frachtraum zulässig, wodurch sich der CO₂-Ausstoß reduzieren ließe.

    Schwere Lkw verursachen sechs Prozent der Klimagase

    Die Kommission will laut dem Entwurf zudem vorschlagen, dass sie ohne Beteiligung der Ko-Gesetzgeber Rat und EU-Parlament Delegierte Rechtsakte für die Details der CO₂-Flottengesetzgebung erlassen kann. Durch einen Delegierten Rechtsakt könne die Kommission dann Kriterien für die Untergruppen der Nutzfahrzeuge festlegen, etwaige Änderungen der Anwendungsbereiche unterschiedlicher Antriebstechnologien sowie die Listung und Gewichtung der Einsatzprofile.

    Der Straßenverkehr steht für ein Fünftel des Ausstoßes von Klimagasen in der EU. Schwere Lkw haben einen Anteil von sechs Prozent am Gesamtausstoß von Klimagasen in der EU. Damit verursachen sie ein Viertel des CO₂-Ausstoßes durch den Straßenverkehr. 2019 war der CO₂-Ausstoß von schweren Nutzfahrzeugen um 44 Prozent höher als der Wert der gesamten Luftfahrt und um 37 Prozent höher als der Wert des Seeverkehrs.

    • Autoindustrie

    AI Act: Neue Chance für Kompromisse

    Der Sprachroboter Chat GPT sorgt in Europa für Furore. Und während die USA ihre Position im Bereich der Artificial Intelligence mit einem Plan zum Aufbau einer nationalen Forschungsinfrastruktur weiter stärken, kommen die Verhandlungen zum Gesetz über Künstliche Intelligenz (AI Act) im EU-Parlament nur schleppend voran.

    Am Mittwoch treffen sich die Schattenberichterstatter zu ihrem ersten Meeting in diesem Jahr. Das letzte Treffen 2022 war abgesagt worden. Noch ist nicht öffentlich, worüber die Parlamentarier genau sprechen wollen. Am Freitag arbeiteten die Teams der federführenden Ausschüsse IMCO (Binnenmarkt) und LIBE (Bürgerliche Freiheiten) noch an der Tagesordnung.

    Ko-Berichterstatter Tudorache ist zuversichtlich

    Ko-Berichterstatter Dragoş Tudorache (LIBE, Renew) ist optimistisch, dass die Verhandlungen im Parlament “in demselben Geist der Zusammenarbeit und des Kompromisses fortgesetzt werden, der bisher für die Arbeit an diesem Dossier charakteristisch war”. Es sei gelungen, “bei einer Reihe sensibler Themen eine gute Einigung mit soliden Mehrheiten oder sogar Einstimmigkeit zu erzielen“, sagte Tudorache. Er sei zuversichtlich, dass dies auch bei den weiteren Themen gelingen werde.

    In seinem Umfeld geht man von einer Einigung in mehreren Fragen aus. Das Team habe hart daran gearbeitet, gute Kompromisse vorzuschlagen. So optimistisch sind andere nicht, nicht einmal in Tudoraches Fraktion.

    Tudoraches Ko-Berichterstatter ist Brando Benifei (IMCO, S&D). Dass gleich zwei Ausschüsse bei dem Dossier federführend sind, erschwert die Verhandlungen und verzögert die Abstimmungsprozesse. Während der Rat bereits eine Allgemeine Ausrichtung erreicht hat, sind im Parlament die meisten großen Fragen auf politischer Ebene noch nicht geklärt.

    Hahn fordert Fortschritt in den Verhandlungen

    In der vergangenen Woche fanden zwei Treffen auf technischer Ebene statt. Die Mitarbeiter der Abgeordneten diskutierten unter anderem über die Änderungsanträge zu Artikel 8 bis 12 (Anforderungen an Hochrisikosysteme) und Artikel 53 (Regulatory Sandboxes). Bei Letzterem sei man einer Einigung recht nahe, heißt es.

    Zur Diskussion über Artikel 6 (Klassifizierung von KI-Systemen als Hochrisikosysteme) sei man jedoch gar nicht mehr gekommen. Der stehe nun auf der Tagesordnung für das technische Meeting am heutigen Montag. Insgesamt, so heißt es aus dem Umfeld der Verhandlungen, gebe es bis jetzt noch zu keinem der wichtigen Punkte eine Einigung. Und auch bei der Klassifizierung lägen die Meinungen noch weit auseinander.

    Beim Shadows-Meeting am Mittwoch müssten dringend einige der noch offenen Konflikte gelöst werden, fordert daher auch Schattenberichterstatterin Svenja Hahn (IMCO, Renew). Ihr Eindruck ist ebenfalls: “In vielen Fragen herrscht nach wie vor Uneinigkeit.” Dazu zählten etwa die KI-Definition, die Art und Weise der Risikoeinstufung oder die Liste verbotener KI-Systeme. “Hier müssen wir zwischen den Berichterstattern der Fraktionen schnellstmöglich Fortschritte machen, wenn wir noch vor dem Sommer in die Trilog-Verhandlungen eintreten wollen”, sagt Hahn.

    Und es gibt noch viel zu tun: Bis jetzt haben sich die Parlamentarier noch nicht einmal auf die Definition von Künstlicher Intelligenz geeinigt.

    USA bauen nationale Forschungsinfrastruktur für KI auf

    Die USA dagegen bringen ihr AI-Ökosystem weiter voran. Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe der National Artificial Intelligence Research Resource (NAIRR) enthält einen Fahrplan für den Aufbau einer nationalen Forschungsinfrastruktur. Sie soll auch für kleinere Forschungseinrichtungen und Organisationen den Zugang zu jenen Ressourcen erleichtern, die für die Forschung und Entwicklung im Bereich der KI wesentlich sind. Experten erwarten, dass die NAIRR weitreichende Auswirkungen haben wird.

    “Die Demokratisierung des Zugangs zur Cyberinfrastruktur, die die KI-Forschung und -Entwicklung vorantreibt, wird es allen KI-Forschern in Amerika ermöglichen, an der Erforschung innovativer Ideen für die Weiterentwicklung der KI teilzunehmen, einschließlich Gemeinschaften, Institutionen und Regionen, die traditionell unterversorgt sind”, sagte Sethuraman Panchanathan, der Direktor der National Science Foundation.

    Die NAIRR könne landesweit KI-Kapazitäten aufbauen und eine verantwortungsvolle KI-Forschung und -Entwicklung unterstützen, “wodurch die Innovation vorangetrieben und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der USA in diesem wichtigen Technologiebereich sichergestellt wird”.

    Ziele der NAIRR sind es, Innovation zu beschleunigen, die Vielfalt der Talente zu erhöhen, die Kapazitäten zu verbessern und vertrauenswürdige KI zu fördern. Wer Teil des Netzwerks werden will, muss in den USA ansässig oder mit einer US-Organisation verbunden sein.

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    Wettbewerbsrecht: Lobby Control fordert Offenlegung der Eingaben

    Die großen Technologieunternehmen geben mehr Geld für Lobbyarbeit in der EU aus als die Pharma, Öl- oder Finanzindustrie. Allein die Big Five – Google, Amazon, Meta, Apple und Microsoft – verfügen über ein EU-Lobbying-Budget von zusammen 26,5 Millionen Euro.

    Doch Big Tech nutzt auch wenig bekannte Beratungsfirmen. Denen gelinge es immer wieder, im Auftrag ihrer Kunden unter dem Radar zu fliegen. Das ist das Ergebnis einer Recherche von Lobby Control und Corporate Europe Observatory, die die Organisationen am heutigen Montag veröffentlichen. “Diese Beratungsunternehmen überschwemmen den Regulierer mit angeblich neutralen Studien, um die Wettbewerbspolitik der EU zu beeinflussen und den Weg für Big-Tech-Monopole und Fusionen zu ebnen”, heißt es in dem Bericht.

    Mehr Transparenz bei Fusionskontrolle

    Zeitgleich mit der Veröffentlichung der Recherche verschicken Lobby Control und zahlreiche andere zivilgesellschaftliche Organisationen einen offenen Brief an Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und Generaldirektor Olivier Guersent (DG Competition). Darin fordern sie eine Offenlegung der Eingaben zu Fusionen. Diese Eingaben veröffentlicht die Kommission bisher nicht, obwohl sie nach Auffassung von Lobby Control vielfach von betroffenen Unternehmen genutzt werden. Zudem spielten sie eine große Rolle bei den Entscheidungen.  

    “Wir sind sehr besorgt über die intransparente Art und Weise, in der bestimmte Prozesse in der EU-Wettbewerbspolitik derzeit gehandhabt werden“, heißt es in dem Schreiben. Insbesondere die Fusionskontrolle müsse transparenter werden, da Fusionen enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft haben können – mit Folgen für Verbraucher, Unternehmen und Bürger.

    Es liege im öffentlichen Interesse, so viele Informationen wie möglich über diese Verfahren offenzulegen. Dass die Stellungnahmen zu Fusionsfällen nicht öffentlich sind, sei auch deshalb problematisch, “weil die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat zu erfahren, wer daran interessiert ist, die Debatten über einen bestimmten Fusionsfall zu beeinflussen”. vis

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    Deutscher EU-Botschafter fordert Weisungen von Berlin

    Der deutsche EU-Botschafter Michael Clauß hat nach Informationen von Europe.Table einen “Brandbrief” an die Bundesregierung geschrieben und bei EU-Dossiers eine bessere Absprache zwischen den Bundesministerien und dem Kanzleramt eingefordert. Das Schreiben ging nach Informationen von EU-Diplomaten als “Drahtbericht” an zahlreiche Empfänger in Berlin. Darunter sollen das Auswärtige Amt und das Bundeswirtschaftsministerium sein.

    Bei vielen Gesetzesvorhaben, die die Diplomaten der Ständigen Vertretung im Rat verhandeln, sei Deutschland nicht sprechfähig, weil die Abstimmung zwischen den Ministerien nicht gelinge. Clauß mahnt eine bessere Koordinierung der EU-Politik in Berlin an. Der Brandbrief von Clauß ist dem Vernehmen nach bereits auf der Ebene der für die EU zuständigen Abteilungsleiter in den Bundesministerien besprochen worden. mgr

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    Von-der-Leyen-Vertraute Riso vor Topjob in EU-Kommission

    Stéphanie Riso, die stellvertretende Kabinettschefin von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, soll nach Informationen von Europe.Table vor einem Wechsel an die Spitze der Generaldirektion Haushalt (DG BUDG) stehen. Die finale Entscheidung sei “zwar noch nicht gefallen. Alles andere als eine Übernahme der Leitung der DG BUDG wäre aber eine echte Überraschung”, hieß es in informierten Kreisen. Die Französin verfüge “über beste Referenzen, um die Führung der wichtigen Dienststelle zu übernehmen”.

    Der Posten an der Spitze der DG BUDG ist frei geworden, nachdem der frühere Generaldirektor, der Niederländer Gert Jan Koopman, Mitte Januar an die Spitze der DG NEAR (EU-Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen) in der Kommission gerückt ist.

    Management des EU-Haushalts

    Die Ökonomin Riso kann auf eine langjährige Karriere in der EU-Kommission zurückblicken. Sie war Mitglied im Kabinett von EU-Währungskommissar Joaquín Almunia Amann sowie stellvertretende Kabinettschefin von dessen Nachfolger Olli Rehn. Nach Stationen als Abteilungsleiterin in der DG ECFIN, verantwortlich für Fiskalpolitik und Überwachung, sowie in der DG BUDG, zuständig für den mehrjährigen Finanzrahmen, stieg sie im Oktober 2016 als Beraterin in die Task-Force von EU-Kommissar Michel Barnier ein, der die Brexit-Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich führte.

    Seit Dezember 2019 ist die Französin stellvertretende Kabinettschefin von Kommissionspräsidentin von der Leyen. Die DG BUDG ist für das Management des milliardenschweren EU-Haushalts verantwortlich. Darunter fällt auch die Verantwortung für die Aufnahme der Gelder an den internationalen Kapitalmärkten für das Programm NextGenerationEU. cr

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    • Ursula von der Leyen

    EU-Preisdeckel: Neuer Markt für Gashandel in London

    Der Börsenbetreiber ICE will im kommenden Monat einen “Parallelmarkt” für den Gashandel in London eröffnen. Das teilte das Unternehmen am Freitag mit. Grund sei, dass der Londoner Markt nicht dem EU-Gaspreisdeckel unterliege.

    ICE betreibt die Großhandelsplattform TTF, die in Amsterdam ansässig ist. Zuvor hatte das Unternehmen bereits gewarnt, dass es den Markt wegen der drohenden Preisobergrenze für Gas an einen Standort außerhalb der EU verlegen könnte.

    Die Einführung des neuen Marktes für TTF-Futures und -Optionen in London sei für den 20. Februar geplant. Ab dem 15. Februar soll die Aktivierung des EU-Gaspreisdeckels möglich sein. Den TTF-Markt an der Amsterdamer Börse werde ICE weiterhin betreiben, hieß es.

    Warnungen der EU

    Trabue Bland, Senior Vice President of Futures Exchanges bei ICE, sagte, der zweite Markt biete eine “Versicherungsoption” für Kunden. “Der Zweck von ICE ist es, Märkte zu schaffen, die es unseren Kunden ermöglichen, ihr Risiko zu managen, und wir sind unseren Kunden gegenüber verpflichtet, Lösungen für die Probleme zu bieten, mit denen sie konfrontiert sind.”

    Ein Sprecher des niederländischen Wirtschaftsministeriums sagte, dass dieser Schritt nicht unerwartet komme. “Dies entspricht voll und ganz dem, was wir erwartet haben und wovor auch die EU gewarnt hatte“, so der Sprecher.

    Aktiviert wird der Preisdeckel, wenn der TTF für den Frontmonat drei Werktage lang über 180 Euro pro Megawattstunde liegt und an denselben Tagen 35 Euro über einem LNG-Referenzpreis. Auch die Höhe des “dynamischen” Preisdeckels beträgt 35 Euro über dem Referenzpreis, wie aus einer Mitteilung des Rates hervorgeht. Anders als von der Kommission ursprünglich vorgeschlagen, gilt der Höchstpreis nicht nur für den niederländischen TTF, sondern für alle virtuellen Handelspunkte in der EU. rtr/sas/ber

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    Norwegen ortet große Mengen Seltene Erden unterm Meeresboden

    Vor der Küste Norwegens lagern einer Studie zufolge größere Mengen Rohstoffe wie Seltene Erden, Kupfer oder Kobalt. “Unter den Metallen sind im von der Untersuchung erfassten Gebiet Magnesium, Niobium, Kobalt und Seltene Erden gefunden worden, die auf der Liste der EU-Kommission für knappe Mineralien stehen”, teilte die Norwegische Erdöl-Direktion (NPD) am Freitag mit, die die Studie verantwortet hat.

    Den Schätzungen zufolge könnten unterm Meeresboden beispielsweise 38 Millionen Tonnen Kupfer lagern, etwa die doppelte Menge, die derzeit jährlich abgebaut wird. Zudem werden 45 Millionen Tonnen Zink vermutet. Außerdem wird von 1,7 Millionen Tonnen Cer ausgegangen, das zu den Seltenen Erden gehört und unter anderem in der Aluminium-Verarbeitung eingesetzt wird.

    Umweltgruppen warnen vor Untersee-Bergbau

    Vor kurzem hatte Schweden von großen Funden Seltener Erden berichtet. Allerdings lagern diese in der Nähe der Eisenerz-Minen von Kiruna, die schon lange in Betrieb sind. Seltene Erden und andere Rohstoffe in Europa rücken stärker in den Blickpunkt, da die EU sich unabhängiger von Förderländern wie China machen will.

    Norwegische Umweltgruppen warnen jedoch vor einer weiteren Erkundung des Meeresbodens, bis weitere Studien vorliegen, die die Auswirkung des Untersee-Bergbaus analysieren sollen. Es fehle noch an Wissen über das Leben in der Tiefsee, mahnte auch das norwegische Institut für Meeresforschung (IMR). Auch die Erdöl-Direktion NPD räumte ein, es brauche weitere Untersuchungen, um abschätzen zu können, welche Mengen der Materialien mit akzeptablen Umweltauswirkungen gefördert werden könnten. rtr

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    Presseschau

    Scholz macht Druck für Handelsabkommen mit Südamerika STERN
    “Nicht jeder schafft es allein”: EU geht in Berlin auf Werbetour für Euro-Schulden N-TV
    Paolo Gentiloni im Interview: EU-Schulden als Antwort auf US-Milliardenpaket FAZ
    Putin nicht anklagen? Widerstand in der EU gegen Baerbock-Vorschlag WEB
    Turkey issues travel warning for Europe citing Islamophobia, anti-Turkish protests GLOBAL NEWS
    Großbritannien fordert von rund 140000 EU-Bürgern zuviel gezahlte Sozialleistungen zurück EURONEWS
    EU-Flüchtlingspolitik: EVP-Chef Weber fordert Grenzzäune TAGESSPIEGEL
    100 Tage nach Regierungsübernahme: Meloni ist kein Schreckgespenst mehr TAGESSCHAU
    Martin Sonneborn über EU-Korruption: “Wenn 2000 Euro herumlägen, würde sich keiner bücken” WELT
    EU-Staaten setzen auf ukrainische Kernkraft SUEDDEUTSCHE
    Aus der Traum vom Ausland: EU streicht Ungarns Unis Erasmus-Mittel KURIER
    Wirtschaft und Politik fürchten Überlastung von Firmen durch neue EU-Regeln WELT
    Führerschein-Änderung 2023: Neue Regeln betreffen alle Autofahrer FULDAERZEITUNG
    Europe’s big rare earth discovery seen as “game changer” in bid to address China’s dominance SCMP
    Fehmarnbelt Tunnel: The Megaproject That Will Transform European Travel FORBES

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    Sophie Pornschlegel – Mehr über die EU sprechen

    Sophie Pornschlegel trägt eine Brille und eine schwarze Bluse, sie steht vor einer grauen Wand. Sophie Pornschlegel spricht im Interview über die Reform der EU-Verträge.
    Sophie Pornschlegel ist Senior Policy Analyst beim European Policy Centre (EPC).

    Wer Interviews mit Sophie Pornschlegel liest oder hört, erlebt eine Europäerin mit Mission: “Deutsche Steuerzahler finanzieren eine Autokratie wie Ungarn mit.” Das ist so ein Satz, den sie dann sagt. Die EU? Lässt sich erpressen. Sie warnt vor einer aufziehenden Pöbelherrschaft in Europa. Und wiederholt ihre Botschaften in den Medien beharrlich.

    Pornschlegel arbeitet in Brüssel als Senior Policy Analyst für einen Think-Tank, das unabhängige European Policy Centre (EPC). Dort leitet sie mit der Stiftung Mercator das Projekt Connecting Europe. Die Forscherin analysiert Europas Probleme und schlägt Lösungen vor – in Artikeln, Interviews und auf Veranstaltungen. “Ich mache das nicht, weil ich die EU einfach super finde, sondern weil sie Entscheidungen trifft, die jeden betreffen und deshalb viel mehr besprochen werden sollten”, sagt Pornschlegel.

    Zu wenig EU-Expertise in den Medien

    Europas offene Grenzen prägen das Leben der 32-Jährigen. Ihre Mutter stammt aus Frankreich, ihr Vater aus Deutschland. Sie sammelte berufliche Erfahrung in Frankreich, England, Deutschland und Belgien.

    In Europa berichten die Medien meist aus einer nationalen Perspektive über die EU, findet sie. Es gehe immer nur darum, ob das eigene Land seine Ziele durchgebracht habe, ob es als Gewinner aus einem Machtkampf hervorgehe. Vielen Journalisten fehle die EU-Expertise, die Perspektive über nationale Grenzen hinweg, um europäische Entscheidungen richtig einzuordnen, sagt Pornschlegel. “Sie verstehen das komplexe Regelwerk der EU oft leider nicht oder vergessen, über wichtige Entscheidungen zu berichten.”

    Politiker geben deshalb immer wieder der EU-Kommission Schuld an Missständen, obwohl die Zuständigkeit woanders liegt. Nicht nur Europa-Skeptiker wie Viktor Orbán nutzen das aus, sondern auch Parteien, die eigentlich proeuropäisch sind. So schaden alle der EU – und das oft unabsichtlich.

    Deutsch-französische Zusammenarbeit stockt

    Die Beziehungen zwischen Berlin und Paris untersucht die Deutschfranzösin besonders gründlich. Aktuell scheinen die Gräben tiefer als zuvor. Beide Länder machten politisch, was sie wollen, ohne auf ihren Partner zu schauen, beobachtet Pornschlegel.

    Die deutsche Regierung hat ihr 200-Milliarden-Hilfspaket gegen steigende Gas- und Strompreise beschlossen, ohne seinen engsten Partner zu informieren. Frankreich wiederum plant eine neue Pipeline mit Spanien und Portugal – ohne Deutschland einzubeziehen. “Für so nationalistisches Klein-Klein“, sagt Pornschlegel, “haben wir angesichts des Ausmaßes der Krisen keine Zeit.”

    Sie vermisst bei Bundeskanzler Olaf Scholz den politischen Willen für eine gute Partnerschaft. “Scholz ignoriert die Bedeutung der deutsch-französischen Zusammenarbeit.” In ihren Analysen schlägt Pornschlegel einen konkreten, strategischen Fahrplan vor, um die deutsch-französische Achse wiederzubeleben. Die zwei Länder sollten etwa genau klären, wann sie in EU-Projekte investieren werden. Sie will sich nicht nur beklagen und den Finger in die Wunde legen – sie will helfen. Tomas Cabanis

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    Europe.Table Redaktion

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