Table.Briefing: Climate

Neuer EU-Klimakommissar + Waldbrände + US-Republikaner + Fossile Subventionen

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine Wiederwahl Donald Trumps gehört wohl zu den größten Albträumen aller Klima-Interessierten. Er würde internationale Klimaverhandlungen wieder blockieren, die EPA und den IRA schwächen. Doch wofür stehen die republikanische Partei und ihre anderen Kandidaten? Laurin Meyer geht dieser Frage nach und hat einige interessante Aspekte zutage gefördert.

Was der Klimawandel mit anrichtet, können die Republikaner in ihrem Nachbarland derzeit beobachten. In Kanada hat in diesem Jahr schon eine Waldfläche von 14 Millionen Hektar gebrannt – ein Gebiet fast halb so groß wie Deutschland. Bei einer Erwärmung um 2 Grad könnten sich die von Bränden betroffenen Staaten in der Bekämpfung “vermutlich noch ganz gut anpassen”, sagt der Waldexperte Thomas Hickler im Interview mit Alexandra Endres. Auf dem Pfad, auf dem die Welt derzeit ist, wird es schon schwieriger.

Vor einem Kraftakt steht auch Europas neuer Klimakommissar Wopke Hoekstra. Zunächst muss seine Ernennung noch bestätigt werden, und dann steht in wenigen Wochen schon die COP28 an, auf der er neben langjährigen Schwergewichten wie John Kerry und Xie Zhenhua bestehen muss. Immerhin muss sich Hoekstra nicht um die Umsetzung des Green Deal kümmern. Lukas Scheid bescheinigt Hoekstra dennoch eine lange “To-do-Liste”.

Beste Grüße!

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

“Wenn es extrem wird, hat der Mensch gegen das Feuer kaum noch eine Chance”

Der porträtierte Thomas Hickler steht vor Bäumen und schaut freundlich direkt in die Kamera.
Der Biogeograph und Waldbrandforscher Thomas Hickler

Herr Hickler, haben Sie noch einen Überblick, wo gerade Wälder brennen?

Einen guten Überblick darüber geben Satelliten-Beobachtungsdaten, zum Beispiel aus dem Copernicus-Programm der ESA oder dem Feuerbeobachtungssystem der NASA. Copernicus hat beispielsweise die Brände im Osten Russlands näher verfolgt, die Feuer in Griechenland, Algerien, Italien und Kanada. Einige der regionalen Brandherde habe ich verfolgt, aber nicht alle. Interessante Statistiken dazu kommen oft erst mit einiger Verzögerung heraus.

Befinden wir uns in einem neuen Zeitalter der Waldbrände? Oder werden die Feuer nur scheinbar schlimmer, weil wir genauer hinschauen?

Die Daten zeigen: Global betrachtet nimmt die Fläche der Waldbrände seit der Jahrtausendwende zu. Aber der Trend ist bisher nicht sehr stark, und es gibt große regionale Unterschiede. Es brennt nicht überall mehr. Von einem neuen Zeitalter würde ich deshalb nicht sprechen. In Europa hat die Fläche der Brände bis vor Kurzem sogar eher abgenommen, aber durch den Klimawandel treten inzwischen auch in Regionen der nördlichen Breitengrade Waldbrände auf, die dort so intensiv bisher kaum vorkamen. Auch in Deutschland hat es vor einigen Jahrzehnten mehr gebrannt als heute. Aber seit dem sehr trockenen Sommer 2018 hatten wir drei Jahre, in denen erheblich mehr Wälder gebrannt haben als in den Jahren davor.

Von welchen Größenordnungen sprechen wir da?

Im vergangenen Jahr sind in Deutschland mehr als 3.000 Hektar Wald verbrannt. Für hiesige Verhältnisse ist das viel. Aber im Süden Europas sind die verbrannten Flächen viel größer. In Portugal zum Beispiel brannten 2022 mehr als 86.000, in Rumänien mehr als 150.000 und in Spanien mehr als 280.000 Hektar, und in ganz Europa brannten mehr als 700.000 Hektar – so viel wie nie zuvor seit Beginn der Messungen. Aber in Kanada haben in diesem Jahr bisher fast 14 Millionen Hektar Wald gebrannt. Das sind völlig andere Dimensionen.

Mehr Emissionen als Deutschland in einem Jahr

Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, brauchen wir Wälder als CO2-Senken – stattdessen wird durch die aktuellen Brände CO2 freigesetzt. Wie viel?

Laut den Copernicus-Berechnungen waren es in diesem Jahr allein in Kanada bis Ende Juli 290 Millionen Tonnen Kohlenstoff – das entspricht mehr als einer Milliarde Tonnen CO2. Zum Vergleich: Die jährlichen Emissionen Deutschlands lagen 2022 bei 746 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Und im vergangenen Jahr verursachten die Brände in der EU und dem Vereinigten Königreich im Juni, Juli und August geschätzte Kohlenstoffemissionen in Höhe von 6,4 Millionen Tonnen, also umgerechnet etwa 23,5 Millionen Tonnen CO2 . Das war so viel wie seit 2007 nicht mehr.  

Wie viel trägt der Klimawandel zu den Bränden bei?

Die Erderwärmung erhöht die Brandgefahr gerade in nördlichen Breiten, denn sie führt zu trockeneren und heißeren Wetterbedingungen, in denen sich ein Feuer leichter entzünden und schneller ausbreiten kann. Je wärmer es wird, desto häufiger werden wir solche Wetterbedingungen auch in Zukunft haben. Die EU erkennt das in ihrer Strategie zur Anpassung an den Klimawandel auch an. Ob es dann aber tatsächlich brennt, und wie groß die Zerstörungen sind, die das Feuer anrichtet, das hängt vor allem vom Menschen ab.

Fortschritte in der Brandbekämpfung

Inwiefern?

Die allermeisten Brände werden von Menschen verursacht, entweder durch Brandstiftung oder einfach durch Unachtsamkeit, zum Beispiel wenn Wanderer Zigarettenkippen in den Wald schmeißen oder ein Lagerfeuer machen. Zugleich ist die Menschheit immer besser darin geworden, Feuer frühzeitig zu entdecken und zu bekämpfen. Und zu guter Letzt spielt die Beschaffenheit des Waldes selbst eine große Rolle dafür, wie oft und wie heftig es brennt.

Haben Sie Beispiele?

Waldwege für die Forstwirtschaft bilden Schneisen, die Feuer aufhalten können. In Deutschland sind fast überall Menschen, die Feuer melden, und in einigen Regionen haben wir Sensoren auf alten Feuerwachtürmen, die Feuer in bis zu 50 Kilometern Entfernung entdecken. In den riesigen, teilweise menschenleeren Wäldern Kanadas ist es natürlich schwieriger, Feuer frühzeitig zu entdecken und zu bekämpfen. Die freiwillige Feuerwehr, die hier eine sehr wichtige Rolle spielt, kann dort weit weg sein.

Oder nehmen Sie ein anderes Beispiel aus Deutschland: In unserem gemäßigten Klima hat es bisher im Sommer normalerweise ein wenig mehr geregnet als im Winter. Feuchte Wälder entzünden sich nicht so leicht. Aber die Sommer werden trockener, und die allermeisten Klimamodelle ergeben, dass unsere Sommer in Zukunft noch erheblich trockener werden. Das wetterbedingte Waldbrandrisiko ist in den letzten Jahrzehnten eindeutig gestiegen, ohne dass wir entsprechend mehr Brände hatten, zumindest bis 2018. Vor allem in Ostdeutschland spielt mancherorts noch Munition im Boden eine Rolle, die sich entzünden kann und die Brandbekämpfung erschwert. Zugleich sinkt aber in Deutschland die Fläche, auf denen junge Nadelwald-Monokulturen wachsen, die besonders gut brennen. Die Laub- und Mischwaldfläche nimmt zu. Das wirkt dem wetterbedingten Trend entgegen.

Feuerwetter in nördlichen Breiten

Wie unterscheidet sich das Waldbrandrisiko in den Tropen generell von dem gemäßigter Breiten?

Gerade in den tropischen Regenwäldern werden viele Brände bewusst gelegt, um beispielsweise Flächen für Sojaplantagen, die Rinderzucht oder Palmölplantagen zu gewinnen, denn Wald bringt kaum Geld ein, die Landwirtschaft schon. In den gemäßigten und nördlichen Breiten versuchen wir eher, Waldbrände zu vermeiden, obwohl sie in nördlichen Nadelwäldern durchaus auch Teil der natürlichen Abläufe im Ökosystem Wald sind. Aber dort haben wir durch den Klimawandel eben immer häufiger Wetterbedingungen, die Feuer begünstigen – gerade auch in Gegenden, wo Waldbrände bisher nicht so häufig waren. Zwar variiert die Waldbrandhäufigkeit auch im Norden von Region zu Region, aber im Durchschnitt hat sich die wetterbedingte Lage dort stärker verschlimmert als in den Tropen.

Was tun die Waldländer gegen das wachsende Risiko?

Sie investieren in Überwachungs- und Brandbekämpfungssysteme, sie fördern den Waldumbau, sodass er dem Klimawandel möglichst gut standhalten kann, und sie bewirtschaften ihn so, dass möglichst wenig brennbares Material im Unterholz vorhanden ist. Was im Einzelfall getan wird, hängt aber immer von den örtlichen Gegebenheiten ab.

Was heißt das konkret?

In Deutschland versucht man gerade vielerorts, die Wälder zu naturnahen Laubmischwäldern umzubauen, auch weil der bisherige Brotbaum der Forstwirtschaft, die Fichte, sehr unter dem Klimawandel leidet. In Nordamerika versucht man teilweise die Wälder auszudünnen, damit sich nicht so viel Biomasse, das heißt Brennstoff, ansammelt. Das tun auf ihre Art auch Mittelmeerländer wie Spanien: In einigen Regionen wird die Weidewirtschaft im Wald gefördert, damit Schafe und Ziegen das brennbare Material im Unterholz wegfressen.

Feuerwehren stoßen an Grenzen

Können wir die Waldbrandgefahr dadurch dauerhaft in den Griff bekommen?

Ab einem gewissen Punkt werden wir Waldbrände kaum noch verhindern können. An manchen Orten sehen wir das jetzt schon. Kalifornien zum Beispiel ist eigentlich sehr erfahren in der Waldbrandbekämpfung. Aber dort stoßen die Feuerwehren bereits heute oft an ihre Grenzen. Und auch in anderen Waldbrandgebieten hat sich gezeigt: Wenn es extrem wird, so wie 2022 in Europa oder jetzt in Kanada oder Teilen von Griechenland, dann hat der Mensch gegen das Feuer kaum noch eine Chance. Dann kann man nur noch versuchen, das schlimmste zu verhindern, oder evakuieren. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass wir künftig mehr extreme Dürre- und Hitzeperioden bekommen. Die Zukunftsprojektionen von Klimamodellen sind eindeutig: Es wird nicht mehr so sein wie früher, und wir müssen uns an die Veränderungen so gut anpassen wie möglich.

Wo liegt die kritische Grenze?

Das lässt sich nicht eindeutig sagen. Die regionalen Bedingungen sind zu unterschiedlich, und auch das Ausmaß der zukünftigen Klimaveränderung ist nicht gewiss. Wenn wir die 1,5-Grad- oder die 2-Grad-Grenze noch halten würden, könnten wir uns in der Waldbrandbekämpfung vermutlich noch ganz gut anpassen. Aber das ist meiner Meinung nach so gut wie ausgeschlossen. Allein die weltweiten Investitionen in fossile Energien deuten darauf hin, dass wir beide Grenzen reißen. Die Maßnahmen zum Klimaschutz entsprechen in keinster Weise den eigentlich beschlossenen Zielen! Und dann geraten wir schnell in Temperaturbereiche, deren Auswirkungen viele Menschen sich immer noch kaum vorstellen können.  

Der Biogeograph Thomas Hickler arbeitet am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt am Main. Er erforscht, wie sich Ökosysteme durch den Klimawandel verändern, und wie das Leben auf der Erde das Klima beeinflusst. Im Projekt FirEUrisk entwickelt er gemeinsam mit anderen europäischen Forschenden Strategien zum Umgang mit großen Waldbränden.

  • Klimaanpassung
  • Klimaschutz
  • Waldbrände

Was auf Europas neuen Klimakommissar zukommt

Wopke Hoekstra ist in der EU kein Unbekannter – allerdings ist er bisher nicht als Klimaexperte hervorgetreten.

Am Dienstag schlug EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Niederländer Wopke Hoekstra offiziell als neuen Kommissar für den Kampf gegen den Klimawandel vor. Der derzeitige Außenminister der Niederlande soll für die europäische Klimadiplomatie verantwortlich sein – spielt also im Vorfeld der COP28 und auf der Klimakonferenz eine wichtige Rolle. Das heißt, er übernimmt nur das halbe Portfolio seines Vorgängers Frans Timmermans, der die Kommission aufgrund seiner Kandidatur als Premierminister der Niederlande verließ. Die andere Hälfte – die weitere Umsetzung des Green Deals in Europa – liegt beim Slowaken Maroš Šefčovič, der für Timmermans die Rolle des Exekutivvizepräsidenten der Kommission übernommen hat.

Šefčovič wird demnach die noch verbleibenden Gesetzesvorschläge des Green Deals auf EU-Ebene fertig verhandeln. Da wären noch die strengere Regulierung von fluorierten Treibhausgasen (F-Gasen), ein Zertifizierungsrahmen für CO₂-Entnahmen und die CO₂-Flottengrenzwerte für Lkw. Auch wenn es nicht mehr die dicken Bretter der europäischen Klimagesetzgebung sind, gelten sie dennoch als industriepolitisch hochrelevant. Diese gilt es noch vor Beginn des Europawahlkampfes im Frühjahr 2024 abzuschließen, was ebenfalls eine ambitionierte Aufgabe ist.

Bevor Hoekstra auf seinem neuen Posten loslegen kann, hat er noch einen weiten Weg vor sich. Der 47-Jährige muss sich nun einer Befragung mit anschließender Abstimmung im EU-Parlament stellen. Zwar ist das Abstimmungsergebnis nicht bindend für die Kommission – nur die EU-Mitgliedsländer können einer Nachbenennung formal widersprechen -doch es gilt als wichtiger politischer Stimmungstest.

Sozialdemokraten formen Widerstand gegen Hoekstra

Die Sozialdemokraten erwägen, gegen ihn zu stimmen. Grund der Skepsis: Zum einen verfüge Hoekstra nicht über ausschlaggebende Erfahrungen im internationalen Klimageschäft und müsse sich erst einarbeiten. Zum anderen soll der Christdemokrat den Sozialdemokraten Timmermans ersetzen. Dies stößt vor allem nach der Gegenwehr der EVP bei wichtigen umweltpolitischen Gesetzesvorschlägen auf Kritik. “Die Klimakrise macht keine Pause, daher brauchen wir einen Kommissar, der sofort loslegen kann”, fordert der SPD-Umweltpolitiker Tiemo Wölken.

Von der Leyen begründet ihre Wahl jedoch mit der Erfahrung Hoekstras als stellvertretender Ministerpräsident der Niederlande, Finanzminister und schließlich Außenminister. Er könne daher die Klimafinanzierung sowie die “Umsetzung klimarelevanter Rechtsinstrumente” vorantreiben.

Klar ist aber auch, dass von der Leyen einer prominenten Forderung der EVP im Wesentlichen nachkommt. Die EVP forderte nach den aus EU-Sicht schwachen Ergebnissen der COP27 in Sharm el-Sheikh einen “europäischen John Kerry”, der sich hauptamtlich um die internationalen Klimaverhandlungen kümmert. Zwischenzeitlich bekam die Forderung auch Unterstützung von Grünen-Abgeordneten, wurde von der Kommission und dem Timmermans-Kabinett aber strikt abgelehnt.

Hoekstra als “EU Climate Envoy”

Hoekstra soll nun in leicht abgewandelter Weise ebendiese Rolle übernehmen. Das sieht SPD-Politiker Wölken kritisch: “Diese von den Konservativen geforderte Schaffung eines ‘Climate envoy’ wurde bisher von der Mehrheit im Parlament abgelehnt, da sie einer Klimapolitik aus einem Guss entgegensteht.” Peter Liese, klimapolitischer Sprecher der EVP, sieht es dagegen als Chance. Da Hoekstra sich nicht um den gesamten Green Deal kümmern muss, habe er für die internationalen Klimaverhandlungen auch mehr Zeit, so Liese.

Doch auch das wird keine leichte Aufgabe, denn Hoekstra fehlt das Netzwerk und das Standing auf der internationalen Klimabühne. Timmermans galt auf den Klimakonferenzen als die Stimme Europas. Er traf sich mehrmals im Jahr mit den Klimabeauftragten aus den USA (John Kerry) und China (Xie Zhenhua) und reiste zuletzt um die Welt, um Partnerschaften im Kampf gegen den Klimawandel zu knüpfen. Hoekstra hat genau drei Monate Zeit, die EU-Verhandlungen vorzubereiten. Zwar hat er mit der spanischen Umweltministerin Teresa Ribera durch die EU-Ratspräsidentschaft Spaniens eine erfahrene Klimaverhandlerin an seiner Seite, doch auch diese Stütze droht ihm aufgrund der komplizierten Regierungsbildung in Spanien jederzeit wegzubrechen.

Was bis zur COP28 zu tun ist

Für die EU geht es in Dubai vor allem darum, neue Quellen für die Klimafinanzierung aufzutun. Insbesondere die großen CO₂-Emittenten außerhalb der Gruppe der Industrienationen sollen nach dem Willen Europas in den Kreis der Geberländer aufgenommen werden. Dazu gehören Öl-produzierende Länder, aber auch China. Diese weigern sich bislang, beispielsweise für Schäden und Verluste infolge des Klimawandels oder für Klimaanpassungsmaßnahmen weltweit aufzukommen.

Die EU-Staaten wollen ihr Verhandlungsmandat für die COP voraussichtlich beim Umweltrat am 16. Oktober festlegen. Hoekstra und die EU-Kommission stehen hierfür beratend zur Seite. Spannend wird sein, wie sich die Länder zur Nutzung von CO₂-Abscheidungen zum Erreichen der Klimaziele positionieren. Im März hatten die EU-Minister noch einen Beschluss gefasst, CCS-Technologien auch für die Nutzung fossiler Energieträger zulassen zu wollen. Zuvor galt stets die Haltung, dass CCS nur bei unvermeidbaren Emissionen in Industrieprozessen eine Rolle spielen soll.

Aus Regierungskreisen in Berlin ist zu hören, dass eine Rückkehr zur alten Position vor der COP28 als wahrscheinlich gilt, da CCS in der Energiewirtschaft als Schlupfloch für die Weiterverwendung fossiler Energien gesehen wird. Allerdings würde eine zu strenge Formulierung auch die Verhandlungsspielräume in Dubai einschränken, wo viele einflussreiche Länder (darunter auch die USA) sich für eine stärkere Berücksichtigung von CCS einsetzen dürften.

Hoekstras Aufgabe wird sein, diesen Prozess zu moderieren, da er das Ergebnis in Dubai vertreten und andere von derselben Haltung überzeugen muss.

  • COP28
  • Europa
  • Klimafinanzierung
  • Klimapolitik
  • Wopke Hoekstra

USA: Klima wird für Republikaner zur entscheidenen Frage

Die republikanischen Kandidaten für die US-Präsidentschaft
Die acht republikanischen Kandidaten bei der Debatte. Nur Donald Trump war nicht anwesend.

Es brauchte nur eine einfache Frage, um die Ziellosigkeit beim Thema Klimaschutz zu offenbaren. Bei der ersten Fernsehdebatte der republikanischen Präsidentschaftsbewerber (ohne Donald Trump) in der vergangenen Woche sollten jene Kandidaten die Hand heben, die vom menschengemachten Klimawandel überzeugt sind. Nur einer der acht, Asa Hutchinson, streckte seine Finger in die Höhe. Alle anderen schauten zögernd. Dann beendete Ron DeSantis abrupt die Abstimmung mit dem Verweis, die Bewerber seien keine Schulkinder.

Klimaleugner und Druck für Lösungen von unten

Die Republikaner tun sich äußerst schwer, eine gemeinsame Linie beim Klimawandel zu finden. Präsidentschaftsbewerber buhlen mit oberflächlichen Sprüchen oder klimaskeptischen Parolen um die Gunst der konservativen Wähler. Gleichzeitig aber wächst der Druck auf die Führungsriege, ernsthafte Lösungen anzubieten – vor allem von moderaten und jungen Kräften an der Basis. Innerhalb der Grand Old Party (GOP) wird die Klimapolitik damit zu einer entscheidenden Frage im kommenden Wahlkampf.

Schon die unterschiedlichen Positionen der Spitzenkandidaten zeigen das Problem. Rechtspopulist und Unternehmer Vivek Ramaswamy sieht etwa keinerlei Handlungsbedarf. “Die Klimawandel-Agenda ist ein Schwindel”, sagte Ramaswamy während der Debatte. Er behauptete ohne einen Beleg, mehr Menschen würden wegen der Klimapolitik sterben als wegen des Klimawandels.

Zwischen “Schwindel” und “China ist schuld”

Die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley sagte hingegen: “Ist der Klimawandel real? Ja, das ist er.” Die einzige Frau im Bewerberfeld macht allerdings vor allem China und Indien verantwortlich, hat eigene Bemühungen dagegen stets abgelehnt. Dabei sind die USA für aktuell 14 Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes verantwortlich und haben historisch nach wie vor am meisten emittiert. Trotzdem hat Donald Trump als US-Präsident die Klimapolitik des Landes zurückgestutzt: Er führte die USA aus dem Pariser Klimaabkommen, beschädigte die Umweltbehörde EPA und hob mehr als 100 Vorschriften und Gesetze auf, die auf die Reduzierung von Emissionen abzielten.

Doch der Widerstand gegen solche Politik wächst innerhalb der Partei. “Das Land hat beschlossen, dass der Klimawandel ein Problem ist”, sagte Bob Inglis gegenüber Table.Media. Der ehemalige Kongressabgeordnete ist Vorsitzender von RepublicEn, einem Zusammenschluss konservativer Klimarealisten. “Wenn die Republikaner relevant sein wollen, müssen wir mit Lösungen in der Größenordnung des Problems aufwarten.” Inglis rät seiner Partei, die freie Wirtschaft als Lösung für den Klimawandel in den Mittelpunkt zu stellen. “Andernfalls werden wir mit einer Kombination aus Vorschriften und groß angelegten staatlichen Ausgabenprogrammen feststecken”, grenzt er sich gegen die Politik der Demokraten ab.

Öko-Republikaner fordern Lösungen

Entsprechende Klimakonzepte der Konservativen liegen längst auf dem Tisch. Zu den bekanntesten zählt der sogenannte “Carbon Dividends Plan” aus dem Jahr 2017 von James Baker und George Shultz, die als Minister unter den republikanischen Präsidenten George Bush, Ronald Reagan und Richard Nixon gearbeitet hatten. Der Plan sieht vor:

  • Gebühren auf CO₂-Emissionen von Unternehmen
  • Eine vierteljährliche Auszahlung der Einnahmen per Scheck an alle US-Bürger
  • Die Abschaffung von nicht mehr notwendigen Emissionsvorschriften
  • Eine Gebühr auf importierte Produkte je nach CO₂-Emissionen bei deren Produktion

Doch solche Konzepte fänden traditionell weniger Beachtung, sagte Johannes Thimm, stellvertretender Leiter der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, gegenüber Table.Media. “In den USA ist ja weniger ein Parteiprogramm von Bedeutung als die Position einzelner Kandidat:innen und Mitglieder des Kongresses.” Generell würden republikanische Politiker jede Politik in Frage stellen, die Förderung und Nutzung fossiler Energieträger regulieren wolle. “Sie haben damit keinerlei konstruktive Antworten auf die Herausforderung der globalen Erderwärmung”, sagte Thimm.

Klima: Demokraten einig, Republikaner gespalten

Umfragen zeigen das grundsätzliche Wählerpotenzial für eine gezielte Klimapolitik. Demnach bezeichnen 56 Prozent aller Erwachsenen in den USA die globale Erderwärmung als “große Bedrohung”. Zusätzlich spricht jeder Vierte noch von einer “kleineren Bedrohung”. Die Wahrnehmung unterscheidet sich je nach Anhängerschaft allerdings stark. Während fast neun von zehn Demokraten die globale Erderwärmung als große Gefahr betrachten, sind die Republikaner gespalten: 28 Prozent sehen die globale Erderwärmung als große Gefahr, etwa genauso viele (33 Prozent) meinen jedoch, der Klimawandel stelle überhaupt keine Bedrohung dar. 

Große Unterschiede gibt es laut Umfragen zwischen den Generationen. Während bei den über 65-jährigen Republikanern nur drei Prozent offen dafür sind, die US-Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen, sind es bei den 18- bis 29-Jährigen bereits ganze 29 Prozent. Und so hat die “Young America’s Foundation”, die einflussreichste konservative Jugendorganisation des Landes, die Klimasorgen des Nachwuchses zuletzt immer wieder öffentlich angesprochen.

Folgen betreffen besonders konservative US-Staaten

Dabei werden besonders die traditionell republikanisch dominierten Staaten im Süden der USA von Katastrophen wie Hurricanes oder Dürreperioden bedroht. So sah sich der Gouverneur Floridas und zugleich Präsidentschaftsbewerber Ron DeSantis gezwungen, bei der aktuellen Warnung vor dem Hurrikan “Idalia” den Ausnahmezustand für Dutzende Landkreise auszurufen. Der Frage nach dem Einfluss des Klimawandels wich er aus: “Wir haben hohe Wassertemperaturen, und es gibt nicht wirklich etwas, das es verlangsamen könnte”, antwortete DeSantis einer Reporterin.

Unklar ist auch, was ein möglicher republikanischer US-Präsident mit dem riesigen Investitionsprogramm “Inflation Reduction Act” (IRA) von Präsident Joe Biden machen würde. Mit ihm sollen in den kommenden zehn Jahren je nach Kostenschätzung zwischen 370 Millionen und 1,2 Milliarden US-Dollar an Subventionen und Steuererleichterungen in den Aufbau grüner Technologien fließen. Bisher wollen die Republikaner bestimmte IRA-Mittel wieder streichen. Sie monieren, dass die grüne Transformation mehr Arbeitsplätze kosten könnte, als sie neue einbringt und die Inflation treibt.

Doch gleichzeitig profitieren ausgerechnet die republikanisch dominierten Bezirke und Staaten bislang am stärksten vom IRA. Insgesamt haben Unternehmen insgesamt 278 Milliarden US-Dollar an Investitionen angekündigt – 220 Milliarden US-Dollar davon sollen in “rote” Wahlkreise fließen, die derzeit von Republikanern im Repräsentantenhaus vertreten werden.von Laurin Meyer, New York City

  • Energiewende
  • Inflation Reduction Act
  • USA

IWF: Subventionsabbau schafft Klimaziele

In der internationalen Debatte um einen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen hat der Internationale Währungsfonds (IWF) in Washington neue Zahlen zu den staatlichen Subventionen für Fossile vorgelegt. Demnach betrugen 2022 die direkten und indirekten Beihilfen aus Steuergeldern für Öl, Kohle und Gas weltweit insgesamt sieben Billionen US-Dollar, und damit 7,1 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Eine Reform des Systems könnte laut Arbeitspapier des IWF den globalen CO₂-Ausstoß bis 2030 insgesamt um 43 Prozent senken und damit helfen, die 2-Grad-Grenze des Pariser Abkommens einzuhalten.

Großteil der Hilfen: Nicht eingepreiste Klimaschäden

Der Bericht betrachtet, wie schon andere IWF-Untersuchungen, direkte und indirekte Beihilfen für fossile Brennstoffe. Ein Großteil der Hilfen aus staatlichen Töpfen (82 Prozent) sind demnach “implizite” Subventionen, weil etwa die ökologischen und medizinischen Folgeschäden der Fossilen nicht den Verursachern angelastet, sondern von der Allgemeinheit getragen werden. “Explizite”, also direkte Subventionen der Preise machen nur 18 Prozent der Summe aus.

Im Einzelnen befindet der Bericht unter anderem:

  • Explizite Subventionen sind zwischen 2020 und 2022 rasant gestiegen, von 0,5 auf 1,3 Billionen US-Dollar, als Folge des Preisschocks durch den Ukraine-Krieg. Der IWF erwartet allerdings, dass diese Subventionen wieder sinken.
  • Es gibt eine große Lücke zwischen den “effizienten” Preisen und den Marktpreisen bei den fossilen Energien. Effiziente Preise bilden die Kosten ab, die bei Brennstoffen durch ihre Beschaffung, ihre Umweltschäden und Steuerabgaben entstehen. Mehr als 80 Prozent der Kohle weltweit werde zu weniger als der Hälfte ihres effizienten Preises abgegeben.
  • Eine “volle Reform” dieses Systems (Abschaffung aller Subventionen und Erhebung einer CO₂-Steuer) würde die Treibhausgas-Emissionen in Größenordnungen senken, die den Pariser Klimazielen nahekommen: Minus 43 Prozent bis 2030, was der “Halbierung der Emissionen bis 2030” nahekommt, mit der die Begrenzung der Erderwärmung bis 2100 auf 1,5 Grad realistisch würde. So würden auch jährlich 1,6 Millionen statistisch errechnete vorzeitige Todesfälle durch Luftverschmutzung aus fossilen Energien vermieden.
  • Selbst “zweitbeste Kombinationen” (CO₂-Preis und regionalen Vorschriften zur Luftreinhaltung) würden noch eine Minderung um etwa 20 Prozent erbringen – und jährlich etwa 1,2 Millionen frühzeitige Todesfälle verhindern.
  • 60 Prozent des “Unterpreisens”, also der aus IWF-Sicht zu geringen Preise, beziehen sich auf die nicht angerechneten Schäden durch den Klimawandel und die Luftverschmutzung. 35 Prozent stammen aus nicht angelasteten Schäden an der Infrastruktur, etwa an Straßen oder durch volkswirtschaftliche Verluste etwa durch Verkehrsstaus, 5 Prozent aus entgangenen Einnahmen für die öffentlichen Kassen. Für seine Kalkulationen legt der IWF einen theoretischen CO₂-Preis zugrunde, der 2020 bei 60 US-Dollar pro Tonne CO₂ begann und jedes Jahr um 1,5 US-Dollar steigt. Das ist eine konservative Rechnung, wenn man bedenkt, dass die “sozialen Kosten des Kohlenstoffs” etwa in den USA auf zwischen 50 und knapp 200 US-Dollar geschätzt werden.
  • Eine Reform der Subventionen sei “im eigenen Interesse der Länder, selbst wenn Vorteile für das Klima ausgeklammert werden”. Den Staaten stünden danach Einnahmen zur Verfügung, die insgesamt 3,6 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ausmachten. Damit könnten Arbeitskosten gesenkt werden, “produktive Investitionen” unternommen oder der Schuldenstand reduziert werden.

Vor COP28: Argumente für den fossilen Ausstieg

Der Bericht erscheint zu einer Zeit, in der die Debatte um einen globalen Ausstieg aus den Fossilen aktueller und härter wird. Bei der anstehenden COP28 im Öl- und Gasland Vereinigte Arabische Emirate wird das Thema kontrovers diskutiert werden: Eine progressive Allianz aus EU, kleineren Entwicklungsländern und NGOs fordert einen Fahrplan zum globalen Ausstieg. Die Öl- und Gasländer, unter ihnen viele der neu formierten BRICS-plus-Staaten, können sich höchstens einen Ausstieg aus den “fossilen Emissionen” vorstellen.

Das aber bedeutet eine Konzentration auf die umstrittenen Techniken CCS und CCU, Speicherung und Nutzung von aufgefangenem Kohlendioxid. Da diese Technik bisher weder ausgereift noch marktfähig ist, würde sie wohl weitere staatliche Subventionen für Forschung, Tests und Anwendung nach sich ziehen – aus Sicht des IWF-Berichts also weitere direkte oder indirekte Subventionen.

Die meisten Subventionen fließen in China

Die Länder mit den nominell größten Summen an Subventionen sind nach dem Bericht China, die USA, Russland, die EU und Indien. Fast die Hälfte aller Beihilfen kommen aus dem Bereich Ostasien/Pazifik.

Eine eigene Statistik weist für 2022 die Subventionen von 170 verschiedenen Ländern aus. Bei den expliziten Subventionen

  • führt China mit 269,7 Milliarden US-Dollar die Liste an
  • es folgt Saudi-Arabien mit 129 Milliarden
  • Indonesien mit 78,2 Milliarden
  • Russland mit 70,7 Milliarden
  • und Iran mit 62,7 Milliarden.
  • Die USA tauchen nur mit drei Milliarden an diesen direkten Beihilfen auf.

Deutschland steht in dieser Liste mit 43,4 Milliarden US-Dollar an expliziten Subventionen. Nach Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA) liegen die gesamten umweltschädlichen Subventionen in Deutschland bei etwa 65 Milliarden Euro pro Jahr. Allerdings ist zwischen dem UBA und dem Bundesfinanzministerium umstritten, welche Staatsleistungen überhaupt als Subventionen zählen.

Das Bild der spendabelsten Staaten ändert sich, wenn der IWF-Bericht auf alle – explizite und implizite – Subventionen schaut. Dann liegen Länder, die einen CO₂-Preis eingeführt haben (etwa den Europäischen Emissionshandel) deutlich näher an den wahren Kosten als Länder ohne eigene umfassende CO₂-Bepreisung: In Deutschland, Frankreich, Italien oder Großbritannien liegen die Preise für Kohle, Öl oder Gas deutlich näher an den Schäden dieser Brennstoffe. In anderen Staaten wie Saudi-Arabien, USA, Russland, Indonesien oder Iran sind die indirekten Subventionen für die klimaschädlichen Brennstoffe teilweise deutlich höher.  

  • Fossile Brennstoffe
  • Subventionen

Termine

31. August bis 2. September, Rio de Janeiro
Kongress Green Rio l Green Latin America 2023
Green Rio | Green Latin America ist eine Plattform für Unternehmen, Innovation und Forschung im Bereich der Bioökonomie und der grünen Wirtschaft. Infos

4. September, 15.30 Uhr, Online
Webinar Economy for People, Nature and Climate in India: Launch of Harit Bharat Fund
Der Harit Bharat Fund – Hindi für Green India Fund – ist eine gemeinschaftliche Initiative, die lokal geführte Start-ups, bäuerliche Erzeugerbetriebe und Nichtregierungsorganisationen, die Indiens Landschaften wiederherstellen, finanziert und ausbildet. Das World Ressources Institute stellt den Fonds in diesem Webinar vor.  Infos

4. September, München
Konferenz E-Fuels Conference 2023
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr veranstaltet am 4. September 2023 die erste E-Fuels-Konferenz. Bundesminister Volker Wissing hat Vertreter von Regierungen, internationalen Organisationen, Verbänden, Industrie und Wissenschaft aus über 80 Ländern eingeladen, um zu diskutieren, wie der Markthochlauf von E-Fuels gestaltet werden kann.
Ziel ist es, durch den Aufbau eines internationalen Netzwerks aus Politik, Industrie und Wissenschaft eine gemeinsame Wissensbasis zu schaffen und Synergien für einen beschleunigten Markthochlauf von E-Fuels zu erarbeiten.
Infos

4. bis 8. September, Nairobi, Kenia
Konferenz Africa Climate Week
Die Afrikanische Klimawoche ist eine von vier regionalen Klimawochen, die in diesem Jahr stattfinden. Sie soll die UN-Klimakonferenz COP 28 in Dubai und den Abschluss der ersten globalen Bestandsaufnahme vorbereiten.
Die ACW 2023 wird von der kenianischen Regierung ausgerichtet und findet parallel zum Africa Climate Action Summit (4.-6. September) statt.
Infos

5. bis 7. September, Oldenburg
Kongress Beyond Gas: Wege öffnen für die Wasserstoff-Ökonomie
Mit Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie hat die Regierung nun den Rahmen für den Auf- und Ausbau der Wasserstoffökonomie gesetzt. Grund genug, sich im Expertenkreis intensiv auszutauschen und konkrete Projektvorhaben voranzutreiben. Auf dem H2-Congress mit Networking-Messe sind Anbieter und Nachfrager von H2-Mengen sowie zahlreiche Projektpartner und Lösungsanbieter mit dabei. Infos

5. bis 10. September, München
Messe Internationale Automobil Ausstellung
Die größte und wichtigste Mobilitätsveranstaltung der Welt bietet Herstellern, Zulieferern, Tech-Unternehmen, Dienstleistern und Start-ups vielfältige Möglichkeiten, sich und ihre Leistungen einem breiten internationalen B2B- und B2C-Publikum zu präsentieren. Gleichzeitig findet ein Protestcamp gegen die Ausstellung statt.  Infos

5. September, Berlin, 16 Uhr
Vorstellung und Diskussion Souveränität Deutschlands sichern – Resiliente Lieferketten für die Transformation zur Klimaneutralität 2045
Die Stiftung Klimaneutralität stellt ihre Studie zum Thema resiliente Lieferketten für Klimaneutralität vor. Anschließend folgt eine Diskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Wirtschaft.   Infos

6. bis 7. September, Köln
Kongress gat|wat – der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft
gat l wat ist der Kongress der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft. Dieses Jahr steht auch Wasserstoff im Fokus.  Infos

6. September, 9 Uhr, Berlin
Seminar Mobilitätsszenarien für Berlin und deren Einfluss auf eine klimaneutrale Energieversorgung
Um die Klimaziele zu erreichen, ist es unerlässlich, den Verkehrssektor zu dekarbonisieren.
 Der gemeinsame Workshop von Fraunhofer und Shell zielt darauf ab, mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Szenarien für die Entwicklung zukünftiger Mobilität zu erarbeiten.
Infos

6. September, 10 Uhr, online
Webinar Kommunale Ladeinfrastruktur
Agora Verkehrswende stellt auf dem Webinar einen Leitfaden für Städte, Gemeinden und Landkreise zum Aufbau von Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität vor.  Infos

7. September, 15 Uhr, online
Webinar Strengthening the Role of Indigenous Youth in Forest Protection: Perspectives from Latin America
In Kooperation mit Global Forest Watch diskutiert das World Resources Institute auf diesem Event über die Rolle von Indigenen im Waldschutz.  Infos

News

Klima in Zahlen: Drei Fakten zum Africa Climate Summit

Auf dem ersten Afrikanischen Klimagipfel (4.-6. September, Kenia) treffen sich über 25 afrikanische Staats- und Regierungschefs, UN-Generalsekretär António Guterres und 20.000 Delegierte, um “grünes Wachstum voranzubringen und Lösungen im Bereich Klimafinanzen für Afrika und die Welt” zu entwickeln, so das offizielle Motto des Gipfels. Neben dem Umbau des internationalen Finanzsystems sowie Investitionen in Erneuerbare, den Transportsektor und den Abbau von Rohstoffen für die Energiewende steht auch die Anpassung an den Klimawandel im Zentrum des Gipfels.

Afrikanische Politiker und Beobachter hoffen, dass die afrikanischen Regierungschefs zu einer “kontinentalen Position” finden, um die Interessen der afrikanischen Staaten auf der COP28 gemeinsam zu vertreten.

Afrika ist historisch betrachtet nur für 2,8 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Doch der Kontinent leidet besonders unter der Klimakrise – sei es durch Extremwetterereignisse oder die Folgen des Klimawandels wie Wassermangel und Ernteausfälle. Zwar erhält Afrika jährlich 30 Milliarden US-Dollar an Klimafinanzierung, doch notwendig wären über 270 Milliarden. Gleichzeitig gibt es zahlreiche Potenziale – beispielsweise verfügt Afrika über 60 Prozent der besten Standorte für Solarkraftwerke und könnte ein Zukunftsmarkt für grünen Wasserstoff werden. Ob diese Pläne Realität werden, hängt von vielen Faktoren ab: Es braucht Geld aus der internationalen Klimafinanzierung und eine Lösung für die afrikanische Schuldenkrise. Allerdings müssen die politischen und wirtschaftlichen Eliten in Afrika auch die richtigen Rahmenbedingungen für den Wandel schaffen. nib

  • Afrika
  • Klimadiplomatie
  • Klimafinanzierung

Deutschland: 6,4 Milliarden Euro für Klimafinanzierung

Deutschland hat nach Angaben der Bundesregierung sein Versprechen für 2025 zur Finanzierung von internationalem Klimaschutz bereits 2022 erfüllt. Im letzten Jahr habe Deutschland 6,386 Milliarden Euro in Projekte des globalen Klimaschutzes investiert, erklärte das zuständige Entwicklungsministerium (BMZ) am Dienstag. Damit erhöht sich die deutsche Summe von 5,3 Milliarden in 2021 deutlich. BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth zeigte sich “zuversichtlich, dass wir das Niveau von sechs Milliarden Euro auch in den nächsten Jahren halten können.”

Die deutschen Klimahilfen bestehen unter anderem aus bilateralen Partnerschaften, die mit 3,4 Milliarden Euro den Hauptteil aller Förderungen ausmachen. Dabei sind die Projekte mit Klimabezug deutlich gestiegen, hieß es. Unter anderem flossen 2022 aus deutschen Steuergeldern:

  • 320 Millionen Euro an den Gründen Klimafonds GCF der UN,
  • 270 Millionen Euro in Projekte zur Förderung von grünem Wasserstoff,
  • Jeweils 320 Millionen Euro (darunter auch Kredite) für die Energiewende-Partnerschaften (JETP) mit Südafrika und Indonesien,
  • 57 Millionen Euro für Ernährungssicherheit in der Sahelzone angesichts des Klimawandels,
  • 65 Millionen Euro für eine Meerwasserentsalzungsanlage in Jordanien.

Regierung: Anteil an den 100 Milliarden übererfüllt

Deutschland gehört international zu den größten Geberländern in der Klimafrage. Nach Rechnung des BMZ kommen auf die 6,3 Milliarden noch einmal “gehebelte” Mittel hinzu, also Finanzflüsse, die durch deutsche Hilfen ausgelöst wurden. Insgesamt erreiche damit Deutschland eine Summe von 8,835 Milliarden Euro. Das sind etwa 9,65 Milliarden US-Dollar. Diese Summe fließt in die Berechnung ein, ob die einzelnen Länder ihren Anteil an den 100 Milliarden Dollar erbracht haben, die den Entwicklungsländern als jährliche Klimahilfen ab 2020 versprochen wurden.

Der “faire Anteil” Deutschlands an den 100 Milliarden liegt nach einer Rechnung des BMZ bei 8,3 Milliarden Dollar – Deutschland habe also für 2022 seinen Anteil an den 100 Milliarden übererfüllt. Insgesamt allerdings haben die Industriestaaten ihr Versprechen von 100 Milliarden bisher nicht realisiert. Erst im Herbst wird die OECD verkünden, ob dieses Ziel für das Jahr 2022 erreicht wurde.

Die Ampelregierung will mit ihrer Bilanz auch die anderen Industriestaaten unter Druck setzen, ebenfalls mehr zu geben. Im Oktober findet in Bonn am Sitz des UN-Klimasekretariats die nächste Runde zur Auffüllung des GCF statt. Deutschland hat schon frühzeitig angekündigt, mit zwei Milliarden Dollar seinen Anteil weiter zu erhöhen.

Wie viel Deutschland für die Klimafinanzierung genau ausgibt, ist schwer präzise zu beziffern. Die Summe wird nicht unter einem Punkt im Bundeshaushalt abgebildet, sondern setzt sich aus vielen verschiedenen Posten vor allem in den Ministerien für Klimaschutz, Auswärtiges, Umwelt und dem BMZ zusammen. bpo

  • BMZ
  • Deutschland
  • Klimafinanzierung

Tagesprogramm für die COP28 veröffentlicht

Die Präsidentschaft der COP28 in Dubai hat den Zeitplan der Klimakonferenz veröffentlicht, die vom 30. November bis zum 12. Dezember stattfinden wird. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) als Gastgeber der Konferenz haben mit den UN-Ländern, NGOs und anderen Gruppen die thematischen Schwerpunkte der einzelnen Tage abgestimmt.

  • 30. November: Eröffnung auf dem Gelände der Expo City, Dubai.
  • 1./2. Dezember: “World Climate Action Summit”, zwei Tage “High Level Meeting” mit Staatsoberhäuptern und Vertretern von Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Jugend, indigenen Völkern und anderen. Auf dem Treffen sollen die Ergebnisse des “Global Stocktake” (GST) präsentiert werden. Die COP-Präsidentschaft unter dem VAE-Industrieminister und Chef des staatlichen Öl- und Gaskonzerns ADNOC, Sultan al Jaber, will “Verantwortlichkeiten von den höchsten Ebenen der globalen Regierungsführung” für Fortschritte suchen.
  • 3. Dezember: Thema: Gesundheit, Hilfe, Wiederaufbau, Frieden: Einfluss des Klimawandels auf Gesundheit und Versorgung der Menschen, Fokus auf Migration und Konflikte.
  • 4. Dezember: Themen: Finanzen, Handel, Geschlechtergerechtigkeit, Verantwortlichkeit: Es geht um die Reform des globalen Finanz- und Handelssystems, um den Verwundbarsten besser helfen zu können. Gleichzeitig soll Geschlechtergerechtigkeit ein Thema sein.
  • 5. Dezember: Themen: Energie und Industrie, gerechter Übergang, Indigene Gemeinschaften: Wie kann schnelle Dekarbonisierung mit wirtschaftlichem Fortschritt zusammengehen? Es soll um eine schnellere Energiewende gehen, die sozial gerecht ist. Die Präsidentschaft will “auf das breite Spektrum der Lösungen schauen: Erneuerbare Energien, Wasserstoff, Reduzierung von Methan aus Öl und Gas und Ausbau von CCS”, heißt es offiziell von der Präsidentschaft. Von einer Reduzierung der allgemeinen Treibhausgase ist in diesem Programmpunkt nicht die Rede.
  • 6. Dezember: Themen: Urbanisierung, Gebäude/Transport: Lokale und nationale Entscheider sollen zu den Themen grüne Städte sowie nachhaltiger Verkehr und Lebensstil zusammenkommen.
  • 7. Dezember: Ruhetag
  • 8. Dezember: Themen: Jugend, Kinder, Bildung: Die nächste Generation soll in die Lage versetzt werden, das Ergebnis der COP28 mitzubestimmen und Möglichkeiten bekommen, “Teil der Lösung zu sein”.
  • 9. Dezember: Themen: Natur, Landnutzung, Ozeane: Verbindung zu natürlichem Klimaschutz und der Rolle der Biodiversität, einschließlich der Ergebnisse der COP15 zu Biodiversität. Die Rolle der indigenen Völker soll betont werden.
  • 10. Dezember: Themen: Ernährung, Landwirtschaft, Wasser: Es geht um Klimarisiken für die Ernährung und die Rolle der Landwirtschaft in der Klimakrise – und mögliche Auswege durch bessere Kooperation.
  • 11./12. Dezember: Finale Verhandlungen der COP, keine anderen Themenschwerpunkte. bpo
  • COP28

Regierung berät Pläne für “negative Emissionen”

Die Bundesregierung hat Eckpunkte für eine Strategie zum langfristigen Umgang mit “negativen Emissionen” in Deutschland festgelegt. Im Austausch mit Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft soll geklärt werden, wie Deutschland die dauerhafte Entfernung von CO₂ aus der Atmosphäre regeln will.

Der Entwurf einer “Langfriststrategie Negativemissionen zum Umgang mit unvermeidbaren Restemissionen (LNe)”, der Table.Media vorliegt, soll eine Lücke schließen: Bisher sehen das deutsche Klimaschutzgesetz und die einschlägigen EU-Regeln nur Ziele für die “Senkenwirkung”, also die natürliche Speicherung von CO₂, in der Land- und Forstwirtschaft vor. “Wie andere, insbesondere technische, Senken zum Klimaschutz beitragen können”, heißt es in dem Entwurf, “und wie hoch die Menge der langfristigen Entnahme von CO₂ sein soll, ist bisher nicht geklärt.

Das soll durch den Prozess nun nachgeholt werden. Die Regierung will für 2035, 2040 und 2045 Ziele für die technische Entnahme formulieren. Die Planung soll aber bis 2060 vorausschauen. Geklärt werden muss auch, welche Regeln gelten sollen, wie die Überwachung funktionieren kann und wie das Ganze finanziert werden soll. Möglich wären “negative Emissionen” durch:

  • Aufwuchs von Wäldern, Vernässung von Mooren, bessere Bodenbearbeitung
  • Stoffliche Bindung des CO₂ in Biokohle und Biomasse
  • Entnahme aus der Luft (DACCS) oder aus dem Verbrennen von Biomasse (BECCS) mit anschließender Speicherung
  • Bindung in Produkten
  • Beschleunigte Verwitterung von Gestein oder Speicherung im Meer       

Großen Wert legt die Regierung auf die Feststellung, dass es dabei nicht um die umstrittene CCS- oder CCU-Technik geht. Deren Bedingungen werden parallel in der “Carbon Management-Strategie” debattiert (siehe Meldung im aktuellen Climate.Table). Der große Unterschied: CCS/CCU soll verhindern, dass CO₂-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Stoffe in die Luft gelangen – die Techniken entziehen deshalb der Atmosphäre netto keine Treibhausgase. Das aber sollen “negative Emissionen” leisten. bpo

  • BECCS

Dena präsentiert Vorschläge für CCS-Strategie

Die staatliche Deutsche Energieagentur (Dena) schlägt für den Umgang mit Technologien zum Abscheiden und Speichern oder Nutzen von CO₂ (CCS/CCU) in Deutschland neue Grundsätze, Regeln, Definitionen und Gesetzesänderungen vor. CCS/CCU solle “einen wichtigen Beitrag zu einem klimaneutralen Deutschland leisten”, aber es müsse die “oberste Priorität der Emissionsreduktion” gelten, heißt es in einem Vorschlagspapier der Dena. Das Konzept wurde am Dienstag beim “Stakeholderdialog zur Carbon Management-Strategie” (CMS) der Regierung intern präsentiert und liegt Table.Media vor. Das federführende Klima- und Wirtschaftsministerium wies darauf hin, dass diese Vorschläge nicht aus dem Ministerium stammen.

“Die CO₂-Speicherung ist keine Hochrisikotechnologie“, schreibt die Dena. Risiken könnten minimiert werden. Und die Anwendung sei aus Klimaschutzgründen dringend: “CCS wird bereits 2030 einen Klimaschutzbeitrag leisten müssen”, heißt es. Ausländische Speicher seien dafür die einzige Möglichkeit, daher “sollte der CO₂-Export zeitnah ermöglicht werden”. Perspektivisch müssten voraussichtlich alle Transportwege genutzt werden: Schiffe, Lkw, Züge, Pipelines.

Gesetzesänderungen notwendig

Die Dena unterstützt mit ihren Vorschlägen die Pläne, gewisse Emissionen aus der Industrie als “nicht vermeidbar” oder “schwer vermeidbar” einzustufen und mit CCS/CCU zu neutralisieren. Neben CO₂-Ausstößen aus der Zement- und Kalkindustrie sowie der Müllverbrennung könnten auch Prozessemissionen aus der Chemieindustrie dazu zählen, “wenn mittelfristig absehbar ist, dass die erforderlichen Technologien oder Energiemengen noch nicht zur Verfügung stehen”, um die Sektoren zu dekarbonisieren.

Bei all dem müsse das Ziel einer “tiefgreifenden Transformation der Industrie” sichergestellt werden. Der Ausstieg aus den fossilen Energien müsse “oberste Priorität” haben, die Umstellung auf Erneuerbare dürfe nicht gefährdet werden und “fossile Geschäftsmodelle” dürften nicht verlängert werden.

Für diese Ziele müsse das “Kohlendioxid-Speicherungsgesetz” und andere Vorschriften wie das Bundes-Immissionsschutzgesetz so geändert werden, dass Transport und Speicherung von CO₂ anders als heute legal seien, heißt es in den Vorschlägen. Die Einführung der Technik solle “möglichst marktgetrieben” vorangehen und etwa durch eine “ausreichend hohe CO₂-Bepreisung” die Kosten den Verursachern anlasten – allerdings seien auch “gezielte Investitionsförderung” und grüne Leitmärkte wichtig, um das Feld zu entwickeln. bpo

  • CCS

Oxfam: Mehr in Wassersicherheit investieren

Der Klimawandel wird in vielen Staaten im Globalen Süden zu Wassermangel und somit zu Nahrungsmittelunsicherheit, mehr Krankheiten und Armut führen, wie ein neuer Oxfam-Bericht zeigt. Die Organisation hat dafür 20 “Klima-Hotspots” in Westafrika, Ost- und Zentralafrika, dem Nahen Osten und Asien untersucht und analysiert, wie sich das Szenario einer 2,7-Grad-Erwärmung auf den Wasserhaushalt der Staaten auswirkt.

Zwar würde es in allen untersuchten Regionen zu mehr Niederschlägen kommen. Doch in den meisten untersuchten Regionen könne das Wasser nicht sinnvoll genutzt werden. Die stärkeren Regenfälle würden zu mehr Erosion und einem Verlust an Nährstoffen im Boden führen.

Als Folge könnte die Maisernten in den unterschiedlichen Regionen um zwischen ein und 5,5 Prozent abnehmen. Bei den Weizenernten gibt es unterschiedliche Effekte: Sie könnten in Westafrika um 24 Prozent und in Ost- und Zentralafrika um drei Prozent abnehmen, während sie im Nahen Osten (acht Prozent) und in den untersuchten Staaten Asiens (2,2 Prozent) sogar zunehmen könnten.

Auch das Krankheitsrisiko würde bei höheren Temperaturen und mehr Niederschlägen steigen, da sich Stechmücken stärker verbreiten könnten. Im Nahen Osten könnten 37 Millionen Menschen mehr von Krankheiten gefährdet werden, die von Moskitos übertragen werden. In der Region Ost- und Zentralafrika wären es sogar 50 Millionen Menschen.

Oxfam ruft dazu auf, die CO₂-Emissionen “drastisch zu reduzieren”, Frühwarnsysteme aufzubauen und in Wassersicherheit und nachhaltige Wasserbewirtschaftung zu investieren. Wassersicherheit sei gegeben, wenn eine Bevölkerung Zugang zu ausreichend Wasser von akzeptabler Qualität habe. Die ärmsten Staaten seien von Wasserknappheit betroffen, weil sie die hohen Investitionen in Infrastrukturen für mehr Wassersicherheit nicht stemmen könnten oder wollten, so Oxfam. nib

  • Extremwetter
  • Oxfam
  • Wasser

UN: Klimaschutz ist Kindergrundrecht

Staaten sind zum Umwelt- und Klimaschutz verpflichtet, um die Grundrechte von Kindern – insbesondere ihr Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt – zu gewährleisten. Das ergibt sich aus einem aktuellen Kommentar des Komitees für Kinderrechte der Vereinten Nationen. Dabei legt das Gremium zwar einen Schwerpunkt auf den Klimaschutz, schreibt aber auch ausdrücklich, dass die Anwendung des Kommentars “nicht auf ein spezielles Umweltthema begrenzt” werden solle.

Die “dreifache Krise aus Klimanotstand, dem Kollaps der Biodiversität und der allgegenwärtigen Verschmutzung” sei eine “drängende und systemische Bedrohung der Kinderrechte weltweit”, schreibt das Komitee. Es führt aus, welche Pflichten sich für die Staaten daraus ergeben. So müssten sie beispielsweise:

  • die Aktivitäten von Unternehmen regulieren, um Kinder vor möglichen Umweltschäden zu schützen,
  • Frühwarnsysteme einrichten, wo Umweltgefahren nicht mehr kontrollierbar seien,
  • zu einer sauberen Energieversorgung wechseln,
  • dafür sorgen, dass Kinder ihre Rechte vor Gericht einklagen können.

Die NGO Climate Rights International, die sich für Klimaschutz und Menschenrechte engagiert, bewertet den Kommentar als eine “maßgebliche Interpretation der UN-Kinderrechtskonvention”. Die Regierungen müssten nun dringend Schritte ergreifen, um den Kommentar umzusetzen. Rechtlich bindend ist der UN-Kommentar nicht. Doch schon jetzt gibt es Klimaklagen, in denen Kinder und Jugendliche ihre Forderung nach mehr Klimaschutz mit der Verletzung ihrer grundlegenden Rechte begründen. Der UN-Kommentar könnte ihre Position stärken. Ein bekanntes Beispiel ist die Klage von sechs Kindern und Jugendlichen aus Portugal vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Laut UNICEF ist die UN-Kinderrechtskonvention von mehr Staaten ratifiziert worden als jeder andere Menschenrechtsvertrag. Der einzige Staat, der nicht ratifiziert habe, seien die USA. Das UN-Kinderrechtskomitee berücksichtigte für seinen Kommentar neben Einschätzungen von Staaten und Fachleuten mehr als 16.000 Beiträge von Kindern aus 121 Ländern. ae

  • Klimaschutz
  • Menschenrechte

China: Ungebremster Ausbau der Kohlekraft

China hat auch in der ersten Jahreshälfte 2023 zahlreiche neue Kohlekraftwerke gebaut und genehmigt. Von Januar bis Juni 2023 wurde mit dem Bau neuer Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 37 GW (Gigawatt) begonnen, wie aus einer neuen Studie der Organisationen Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) und Global Energy Monitor hervorgeht. Peking genehmigte in diesem Zeitraum demnach 52 GW neue Kohlekapazitäten, von denen zehn GW bereits im Bau sind. Projektentwickler könnten darüber hinaus weitere 41 GW an. Auch wurden acht GW eigentlich auf Eis gelegter Kohleprojekte wiederbelebt.

Sollte der Ausbau der Kohlekraftwerkskapazitäten in China so fortgesetzt werden, bedeutet das laut der Organisationen entweder einen massiven Anstieg der Kohlestromerzeugung – und damit der Emissionen – oder einen massiven Rückgang der Kraftwerksauslastung, mit entsprechenden Verlusten für die Betreiber. Die meisten neuen Kohlekraftwerksprojekte in China erfüllen derweil gar nicht die Bedingungen für Genehmigungen der Zentralregierung. Die Provinzen, in denen die meisten neuen Kohlekraftwerke gebaut werden, nutzen diese nicht, wie eigentlich vorgesehen, um saubere Energie in Dunkelflauten zu ergänzen oder Nachfragespitzen zu decken. Das zeigt laut CREA, “dass es keine wirksame Durchsetzung von Richtlinien zur Genehmigungsbeschränkung” gebe.

“Die Genehmigungen müssen sofort gestoppt werden, wenn China seine Kohlestromkapazität zwischen 2026 und 2030 senken will”, sagt CREA-Experte Lauri Myllyvirta. Ab diesem Zeitraum soll der Kohleverbrauch nach den bisherigen Plänen der Zentralregierung zurückgehen. Insgesamt hat China seit Beginn des aktuellen Kohle-Baubooms 152 GW an Kohlestrom-Kapazität grünes Licht gegeben. 2022 genehmigte Peking im Schnitt jede Woche zwei neue Kohlekraftwerke – insgesamt rund 100 und damit viermal so viele wie 2021. Die stillgelegten Kapazitäten lagen deutlich niedriger. ck

  • China
  • Energiewende
  • Kohle

Presseschau

News: Warum Bolivien und Venezuela den Amazonas nicht schützen wollen Climate Home News
Hintergrund: Warum Europas Wasser knapp wird Financial Times
Reportage: Viele Wohnungen in Europa sind nicht für Hitzewellen ausgelegt Bloomberg
Analyse: El Niño hat begonnen – die Vorbereitungen auf die Schäden sollten auch starten The Economist
Nachricht: Die Waldbrände in Griechenland sind die größten, die es auf dem Kontinent je gab The Guardian
Analyse: Warmes Meerwasser könnte den Hurrikan Idalia noch stärker machen NBCNews
Studie: Schneemangel in jedem zweiten europäischen Skigebiet Die Zeit
Hintergrund: Das Rennen um Geothermie in den USA New York Times
Kommentar: Europas Klimabewegung ist zerstritten – wie sie vorankommen könnte Waging Nonviolence
Protokoll: Wie ein Pilot aufgrund der Klimakrise mit seinem Job hadert Die Zeit

Heads

Diana Nabiruma: Gegen Öl- und Gasförderung in Afrika

Diana Nabiruma, 37-jährige Sprecherin des African Institute for Energy Governance
Diana Nabiruma setzt sich in Uganda für eine saubere Energieversorgung ein.

Saubere Energie für Afrika ist einer der Schwerpunkte der Africa Climate Summit, die in der nächsten Woche in Nairobi, Kenia, stattfindet. Erneuerbare beschäftigen auch Diana Nabiruma. Die 37-Jährige ist Sprecherin des African Institute for Energy Governance (AFIEGO) und war im Sommer zum Gespräch in der Redaktion von Table.Media – nach einem Treffen mit Jennifer Morgan, der Sonderbeauftragten für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt, und vor einem Austausch mit Bundestagsabgeordneten. Sie verbrachte zwei Tage in Berlin, um ihre Sicht auf Energieprojekte in Afrika zu schildern.

Es sei falsch, dass afrikanische Staaten Öl- und Gasvorkommen erschließen müssten, um sich zu entwickeln, so Diana Nabiruma. Dieses Argument verbreite die Fossilindustrie – durch afrikanische Regierungen, die “manchmal nicht nach den Bedürfnissen der Menschen fragen, sondern nach dem Nutzen für sich selbst”. Es ist ein altes Muster, dass die Interessen der Eliten in Afrika häufig eher mit denen der Eliten im globalen Norden übereinstimmen als mit denen der eigenen Bevölkerung.

AFIEGO klagte gegen Total

Die ugandische Nichtregierungsorganisation AFIEGO setzt sich für saubere Energie, Umweltschutz und Menschenrechte ein. Bekannt wurde die Organisation hierzulande, weil sie mit den französischen NGOs Amis de la Terre sowie Survie und drei ugandischen Organisationen gegen den französischen Energiekonzern TotalEnergies geklagt hatte. Dieser ist Teil eines Konsortiums, das am Albertsee im Westen Ugandas Öl fördern und über die längste beheizte Öl-Pipeline der Welt an die Küste des Indischen Ozeans im angrenzenden Tansania pumpen will. Das Fördergebiet liegt zum Teil im artenreichen Nationalpark Murchison Falls, wo Antilopen, Elefanten und hunderte Vogelarten leben.

Mit der Klage wollten die NGOs einen Stopp des Projekts erreichen, bis TotalEnergies die Sorgfaltspflichten erfüllt, die sich aus ihrer Sicht aus dem französischen Lieferkettengesetz (Loi de vigilance) ergeben. Konkret ging es darum, dass der Konzern die Folgen für das Ökosystem stärker berücksichtigen soll und den Menschen, die für das Projekt umsiedeln mussten, angemessen entschädigt. Das zuständige Gericht lehnte die Klage aus formalen Gründen ab.

Europäische Regeln zu Sorgfaltspflichten können Betroffenen in Afrika helfen

Auf die Frage, wie die Aktivistin den Ausgang des Verfahrens bewertet, antwortet sie: “Wichtig ist, was die betroffenen Communities denken, weil es um ihre Lebensgrundlage geht, die durch das Projekt gefährdet ist.” Nabiruma erzählt von Betroffenen, die nicht verstehen, dass das Gericht die Klage aus formalen Gründen ablehnte, obwohl es doch derart wichtig sei, Umwelt und Menschen zu schützen. Doch im eigenen Land gebe es kaum Wege, multinationale Konzerne zur Verantwortung zu ziehen.

Europäische Regulierungen zu Sorgfaltspflichten schüfe zumindest die Möglichkeit dazu. “Aber dann müssen die Gesetze auch stark sein und Betroffene ihre Rechte leicht durchsetzen können”, sagt die Aktivistin. Sie vergleicht den Kampf gegen große Konzerne wie TotalEnergies mit dem von David gegen Goliath. Sie hofft, Gott werde den Betroffenen in diesem Fall ebenso helfen, wie er David geholfen hat – ein Hinweis darauf, dass eben vieles nicht unter der eigenen Kontrolle liegt, egal, wie sehr man sich engagiert.

“Es kann Menschen nur gut gehen, wenn sie im Einklang mit der Natur leben”

Wie lebenswert eine saubere Umwelt ist, hat die aus Kampala, der Hauptstadt Ugandas, stammende Nabiruma selbst erfahren. Mit sieben Jahren zog sie aufs Land, um dort ein Internat zu besuchen. Anders als in der Millionenstadt war dort das Wasser sauber und die Luft rein. Als sie elf Jahre später nach Kampala zurückkehrte, habe sie die von Verbrennerautos verseuchte Luft als noch schmutziger erlebt als früher, sagt die Aktivistin. Als Folge bekam sie allergisches Asthma.

Nach einem Kommunikations- und Journalismus-Studium arbeitete Nabiruma sechs Jahre als Journalistin für die privatwirtschaftlich geführte ugandische Zeitung The Observer. Ihr Schwerpunkt: Umweltpolitik. In der Zeit habe sie gelernt, “dass es Menschen nur gut gehen kann, wenn sie in Einklang mit der Natur leben“. Ohnehin spiele eigenes Land eine wichtige Rolle für die Menschen in Uganda, wo 70 Prozent von Landwirtschaft leben, die meisten als Kleinbäuerinnen und -bauern. Obwohl Uganda nach konventionellen Maßstäben zu den ärmsten Staaten der Welt gehört, seien viele Menschen glücklich und großzügig, weil die Natur ihnen ermögliche, ihr Land ertragreich zu bewirtschaften, sagt die Aktivistin. Wer selbst genug zu essen hat und das wertschätzen kann, ist also zufriedener und eher bereit zu teilen.

Aktivisten in Uganda arbeiten unter schwierigen Bedingungen

Doch der Kampf gegen die Zerstörung der Natur ist mühsam – nicht nur, weil multinationale Konzerne großen politischen Einfluss haben, sondern auch, weil Umweltaktivisten in Uganda unter schwierigen Bedingungen arbeiten. Zwischen September 2020 und Oktober 2021 wurden acht Mitarbeitende von AFIEGO verhaftet – insgesamt arbeiten 14 Menschen für die NGO.

“Wir arbeiten in Angst, aber es ist Arbeit, die erledigt werden muss, weil wir zu den wenigen gehören, die sich noch für die Communities einsetzen”, sagt Nabiruma. Kraft dafür gebe ihr der Austausch mit den Menschen, der ihr immer wieder zeige, dass es nötig sei, sich für sie zu engagieren – und die Überzeugung, dass es einen Unterschied machen könne, wenn man mit einer gemeinsamen Stimme spricht. Nicolas Heronymus

  • Afrika
  • Energiewende
  • Zivilgesellschaft

Climate.Table Redaktion

REDAKTION CLIMATE.TABLE

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    eine Wiederwahl Donald Trumps gehört wohl zu den größten Albträumen aller Klima-Interessierten. Er würde internationale Klimaverhandlungen wieder blockieren, die EPA und den IRA schwächen. Doch wofür stehen die republikanische Partei und ihre anderen Kandidaten? Laurin Meyer geht dieser Frage nach und hat einige interessante Aspekte zutage gefördert.

    Was der Klimawandel mit anrichtet, können die Republikaner in ihrem Nachbarland derzeit beobachten. In Kanada hat in diesem Jahr schon eine Waldfläche von 14 Millionen Hektar gebrannt – ein Gebiet fast halb so groß wie Deutschland. Bei einer Erwärmung um 2 Grad könnten sich die von Bränden betroffenen Staaten in der Bekämpfung “vermutlich noch ganz gut anpassen”, sagt der Waldexperte Thomas Hickler im Interview mit Alexandra Endres. Auf dem Pfad, auf dem die Welt derzeit ist, wird es schon schwieriger.

    Vor einem Kraftakt steht auch Europas neuer Klimakommissar Wopke Hoekstra. Zunächst muss seine Ernennung noch bestätigt werden, und dann steht in wenigen Wochen schon die COP28 an, auf der er neben langjährigen Schwergewichten wie John Kerry und Xie Zhenhua bestehen muss. Immerhin muss sich Hoekstra nicht um die Umsetzung des Green Deal kümmern. Lukas Scheid bescheinigt Hoekstra dennoch eine lange “To-do-Liste”.

    Beste Grüße!

    Ihr
    Nico Beckert
    Bild von Nico  Beckert

    Analyse

    “Wenn es extrem wird, hat der Mensch gegen das Feuer kaum noch eine Chance”

    Der porträtierte Thomas Hickler steht vor Bäumen und schaut freundlich direkt in die Kamera.
    Der Biogeograph und Waldbrandforscher Thomas Hickler

    Herr Hickler, haben Sie noch einen Überblick, wo gerade Wälder brennen?

    Einen guten Überblick darüber geben Satelliten-Beobachtungsdaten, zum Beispiel aus dem Copernicus-Programm der ESA oder dem Feuerbeobachtungssystem der NASA. Copernicus hat beispielsweise die Brände im Osten Russlands näher verfolgt, die Feuer in Griechenland, Algerien, Italien und Kanada. Einige der regionalen Brandherde habe ich verfolgt, aber nicht alle. Interessante Statistiken dazu kommen oft erst mit einiger Verzögerung heraus.

    Befinden wir uns in einem neuen Zeitalter der Waldbrände? Oder werden die Feuer nur scheinbar schlimmer, weil wir genauer hinschauen?

    Die Daten zeigen: Global betrachtet nimmt die Fläche der Waldbrände seit der Jahrtausendwende zu. Aber der Trend ist bisher nicht sehr stark, und es gibt große regionale Unterschiede. Es brennt nicht überall mehr. Von einem neuen Zeitalter würde ich deshalb nicht sprechen. In Europa hat die Fläche der Brände bis vor Kurzem sogar eher abgenommen, aber durch den Klimawandel treten inzwischen auch in Regionen der nördlichen Breitengrade Waldbrände auf, die dort so intensiv bisher kaum vorkamen. Auch in Deutschland hat es vor einigen Jahrzehnten mehr gebrannt als heute. Aber seit dem sehr trockenen Sommer 2018 hatten wir drei Jahre, in denen erheblich mehr Wälder gebrannt haben als in den Jahren davor.

    Von welchen Größenordnungen sprechen wir da?

    Im vergangenen Jahr sind in Deutschland mehr als 3.000 Hektar Wald verbrannt. Für hiesige Verhältnisse ist das viel. Aber im Süden Europas sind die verbrannten Flächen viel größer. In Portugal zum Beispiel brannten 2022 mehr als 86.000, in Rumänien mehr als 150.000 und in Spanien mehr als 280.000 Hektar, und in ganz Europa brannten mehr als 700.000 Hektar – so viel wie nie zuvor seit Beginn der Messungen. Aber in Kanada haben in diesem Jahr bisher fast 14 Millionen Hektar Wald gebrannt. Das sind völlig andere Dimensionen.

    Mehr Emissionen als Deutschland in einem Jahr

    Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, brauchen wir Wälder als CO2-Senken – stattdessen wird durch die aktuellen Brände CO2 freigesetzt. Wie viel?

    Laut den Copernicus-Berechnungen waren es in diesem Jahr allein in Kanada bis Ende Juli 290 Millionen Tonnen Kohlenstoff – das entspricht mehr als einer Milliarde Tonnen CO2. Zum Vergleich: Die jährlichen Emissionen Deutschlands lagen 2022 bei 746 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Und im vergangenen Jahr verursachten die Brände in der EU und dem Vereinigten Königreich im Juni, Juli und August geschätzte Kohlenstoffemissionen in Höhe von 6,4 Millionen Tonnen, also umgerechnet etwa 23,5 Millionen Tonnen CO2 . Das war so viel wie seit 2007 nicht mehr.  

    Wie viel trägt der Klimawandel zu den Bränden bei?

    Die Erderwärmung erhöht die Brandgefahr gerade in nördlichen Breiten, denn sie führt zu trockeneren und heißeren Wetterbedingungen, in denen sich ein Feuer leichter entzünden und schneller ausbreiten kann. Je wärmer es wird, desto häufiger werden wir solche Wetterbedingungen auch in Zukunft haben. Die EU erkennt das in ihrer Strategie zur Anpassung an den Klimawandel auch an. Ob es dann aber tatsächlich brennt, und wie groß die Zerstörungen sind, die das Feuer anrichtet, das hängt vor allem vom Menschen ab.

    Fortschritte in der Brandbekämpfung

    Inwiefern?

    Die allermeisten Brände werden von Menschen verursacht, entweder durch Brandstiftung oder einfach durch Unachtsamkeit, zum Beispiel wenn Wanderer Zigarettenkippen in den Wald schmeißen oder ein Lagerfeuer machen. Zugleich ist die Menschheit immer besser darin geworden, Feuer frühzeitig zu entdecken und zu bekämpfen. Und zu guter Letzt spielt die Beschaffenheit des Waldes selbst eine große Rolle dafür, wie oft und wie heftig es brennt.

    Haben Sie Beispiele?

    Waldwege für die Forstwirtschaft bilden Schneisen, die Feuer aufhalten können. In Deutschland sind fast überall Menschen, die Feuer melden, und in einigen Regionen haben wir Sensoren auf alten Feuerwachtürmen, die Feuer in bis zu 50 Kilometern Entfernung entdecken. In den riesigen, teilweise menschenleeren Wäldern Kanadas ist es natürlich schwieriger, Feuer frühzeitig zu entdecken und zu bekämpfen. Die freiwillige Feuerwehr, die hier eine sehr wichtige Rolle spielt, kann dort weit weg sein.

    Oder nehmen Sie ein anderes Beispiel aus Deutschland: In unserem gemäßigten Klima hat es bisher im Sommer normalerweise ein wenig mehr geregnet als im Winter. Feuchte Wälder entzünden sich nicht so leicht. Aber die Sommer werden trockener, und die allermeisten Klimamodelle ergeben, dass unsere Sommer in Zukunft noch erheblich trockener werden. Das wetterbedingte Waldbrandrisiko ist in den letzten Jahrzehnten eindeutig gestiegen, ohne dass wir entsprechend mehr Brände hatten, zumindest bis 2018. Vor allem in Ostdeutschland spielt mancherorts noch Munition im Boden eine Rolle, die sich entzünden kann und die Brandbekämpfung erschwert. Zugleich sinkt aber in Deutschland die Fläche, auf denen junge Nadelwald-Monokulturen wachsen, die besonders gut brennen. Die Laub- und Mischwaldfläche nimmt zu. Das wirkt dem wetterbedingten Trend entgegen.

    Feuerwetter in nördlichen Breiten

    Wie unterscheidet sich das Waldbrandrisiko in den Tropen generell von dem gemäßigter Breiten?

    Gerade in den tropischen Regenwäldern werden viele Brände bewusst gelegt, um beispielsweise Flächen für Sojaplantagen, die Rinderzucht oder Palmölplantagen zu gewinnen, denn Wald bringt kaum Geld ein, die Landwirtschaft schon. In den gemäßigten und nördlichen Breiten versuchen wir eher, Waldbrände zu vermeiden, obwohl sie in nördlichen Nadelwäldern durchaus auch Teil der natürlichen Abläufe im Ökosystem Wald sind. Aber dort haben wir durch den Klimawandel eben immer häufiger Wetterbedingungen, die Feuer begünstigen – gerade auch in Gegenden, wo Waldbrände bisher nicht so häufig waren. Zwar variiert die Waldbrandhäufigkeit auch im Norden von Region zu Region, aber im Durchschnitt hat sich die wetterbedingte Lage dort stärker verschlimmert als in den Tropen.

    Was tun die Waldländer gegen das wachsende Risiko?

    Sie investieren in Überwachungs- und Brandbekämpfungssysteme, sie fördern den Waldumbau, sodass er dem Klimawandel möglichst gut standhalten kann, und sie bewirtschaften ihn so, dass möglichst wenig brennbares Material im Unterholz vorhanden ist. Was im Einzelfall getan wird, hängt aber immer von den örtlichen Gegebenheiten ab.

    Was heißt das konkret?

    In Deutschland versucht man gerade vielerorts, die Wälder zu naturnahen Laubmischwäldern umzubauen, auch weil der bisherige Brotbaum der Forstwirtschaft, die Fichte, sehr unter dem Klimawandel leidet. In Nordamerika versucht man teilweise die Wälder auszudünnen, damit sich nicht so viel Biomasse, das heißt Brennstoff, ansammelt. Das tun auf ihre Art auch Mittelmeerländer wie Spanien: In einigen Regionen wird die Weidewirtschaft im Wald gefördert, damit Schafe und Ziegen das brennbare Material im Unterholz wegfressen.

    Feuerwehren stoßen an Grenzen

    Können wir die Waldbrandgefahr dadurch dauerhaft in den Griff bekommen?

    Ab einem gewissen Punkt werden wir Waldbrände kaum noch verhindern können. An manchen Orten sehen wir das jetzt schon. Kalifornien zum Beispiel ist eigentlich sehr erfahren in der Waldbrandbekämpfung. Aber dort stoßen die Feuerwehren bereits heute oft an ihre Grenzen. Und auch in anderen Waldbrandgebieten hat sich gezeigt: Wenn es extrem wird, so wie 2022 in Europa oder jetzt in Kanada oder Teilen von Griechenland, dann hat der Mensch gegen das Feuer kaum noch eine Chance. Dann kann man nur noch versuchen, das schlimmste zu verhindern, oder evakuieren. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass wir künftig mehr extreme Dürre- und Hitzeperioden bekommen. Die Zukunftsprojektionen von Klimamodellen sind eindeutig: Es wird nicht mehr so sein wie früher, und wir müssen uns an die Veränderungen so gut anpassen wie möglich.

    Wo liegt die kritische Grenze?

    Das lässt sich nicht eindeutig sagen. Die regionalen Bedingungen sind zu unterschiedlich, und auch das Ausmaß der zukünftigen Klimaveränderung ist nicht gewiss. Wenn wir die 1,5-Grad- oder die 2-Grad-Grenze noch halten würden, könnten wir uns in der Waldbrandbekämpfung vermutlich noch ganz gut anpassen. Aber das ist meiner Meinung nach so gut wie ausgeschlossen. Allein die weltweiten Investitionen in fossile Energien deuten darauf hin, dass wir beide Grenzen reißen. Die Maßnahmen zum Klimaschutz entsprechen in keinster Weise den eigentlich beschlossenen Zielen! Und dann geraten wir schnell in Temperaturbereiche, deren Auswirkungen viele Menschen sich immer noch kaum vorstellen können.  

    Der Biogeograph Thomas Hickler arbeitet am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt am Main. Er erforscht, wie sich Ökosysteme durch den Klimawandel verändern, und wie das Leben auf der Erde das Klima beeinflusst. Im Projekt FirEUrisk entwickelt er gemeinsam mit anderen europäischen Forschenden Strategien zum Umgang mit großen Waldbränden.

    • Klimaanpassung
    • Klimaschutz
    • Waldbrände

    Was auf Europas neuen Klimakommissar zukommt

    Wopke Hoekstra ist in der EU kein Unbekannter – allerdings ist er bisher nicht als Klimaexperte hervorgetreten.

    Am Dienstag schlug EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Niederländer Wopke Hoekstra offiziell als neuen Kommissar für den Kampf gegen den Klimawandel vor. Der derzeitige Außenminister der Niederlande soll für die europäische Klimadiplomatie verantwortlich sein – spielt also im Vorfeld der COP28 und auf der Klimakonferenz eine wichtige Rolle. Das heißt, er übernimmt nur das halbe Portfolio seines Vorgängers Frans Timmermans, der die Kommission aufgrund seiner Kandidatur als Premierminister der Niederlande verließ. Die andere Hälfte – die weitere Umsetzung des Green Deals in Europa – liegt beim Slowaken Maroš Šefčovič, der für Timmermans die Rolle des Exekutivvizepräsidenten der Kommission übernommen hat.

    Šefčovič wird demnach die noch verbleibenden Gesetzesvorschläge des Green Deals auf EU-Ebene fertig verhandeln. Da wären noch die strengere Regulierung von fluorierten Treibhausgasen (F-Gasen), ein Zertifizierungsrahmen für CO₂-Entnahmen und die CO₂-Flottengrenzwerte für Lkw. Auch wenn es nicht mehr die dicken Bretter der europäischen Klimagesetzgebung sind, gelten sie dennoch als industriepolitisch hochrelevant. Diese gilt es noch vor Beginn des Europawahlkampfes im Frühjahr 2024 abzuschließen, was ebenfalls eine ambitionierte Aufgabe ist.

    Bevor Hoekstra auf seinem neuen Posten loslegen kann, hat er noch einen weiten Weg vor sich. Der 47-Jährige muss sich nun einer Befragung mit anschließender Abstimmung im EU-Parlament stellen. Zwar ist das Abstimmungsergebnis nicht bindend für die Kommission – nur die EU-Mitgliedsländer können einer Nachbenennung formal widersprechen -doch es gilt als wichtiger politischer Stimmungstest.

    Sozialdemokraten formen Widerstand gegen Hoekstra

    Die Sozialdemokraten erwägen, gegen ihn zu stimmen. Grund der Skepsis: Zum einen verfüge Hoekstra nicht über ausschlaggebende Erfahrungen im internationalen Klimageschäft und müsse sich erst einarbeiten. Zum anderen soll der Christdemokrat den Sozialdemokraten Timmermans ersetzen. Dies stößt vor allem nach der Gegenwehr der EVP bei wichtigen umweltpolitischen Gesetzesvorschlägen auf Kritik. “Die Klimakrise macht keine Pause, daher brauchen wir einen Kommissar, der sofort loslegen kann”, fordert der SPD-Umweltpolitiker Tiemo Wölken.

    Von der Leyen begründet ihre Wahl jedoch mit der Erfahrung Hoekstras als stellvertretender Ministerpräsident der Niederlande, Finanzminister und schließlich Außenminister. Er könne daher die Klimafinanzierung sowie die “Umsetzung klimarelevanter Rechtsinstrumente” vorantreiben.

    Klar ist aber auch, dass von der Leyen einer prominenten Forderung der EVP im Wesentlichen nachkommt. Die EVP forderte nach den aus EU-Sicht schwachen Ergebnissen der COP27 in Sharm el-Sheikh einen “europäischen John Kerry”, der sich hauptamtlich um die internationalen Klimaverhandlungen kümmert. Zwischenzeitlich bekam die Forderung auch Unterstützung von Grünen-Abgeordneten, wurde von der Kommission und dem Timmermans-Kabinett aber strikt abgelehnt.

    Hoekstra als “EU Climate Envoy”

    Hoekstra soll nun in leicht abgewandelter Weise ebendiese Rolle übernehmen. Das sieht SPD-Politiker Wölken kritisch: “Diese von den Konservativen geforderte Schaffung eines ‘Climate envoy’ wurde bisher von der Mehrheit im Parlament abgelehnt, da sie einer Klimapolitik aus einem Guss entgegensteht.” Peter Liese, klimapolitischer Sprecher der EVP, sieht es dagegen als Chance. Da Hoekstra sich nicht um den gesamten Green Deal kümmern muss, habe er für die internationalen Klimaverhandlungen auch mehr Zeit, so Liese.

    Doch auch das wird keine leichte Aufgabe, denn Hoekstra fehlt das Netzwerk und das Standing auf der internationalen Klimabühne. Timmermans galt auf den Klimakonferenzen als die Stimme Europas. Er traf sich mehrmals im Jahr mit den Klimabeauftragten aus den USA (John Kerry) und China (Xie Zhenhua) und reiste zuletzt um die Welt, um Partnerschaften im Kampf gegen den Klimawandel zu knüpfen. Hoekstra hat genau drei Monate Zeit, die EU-Verhandlungen vorzubereiten. Zwar hat er mit der spanischen Umweltministerin Teresa Ribera durch die EU-Ratspräsidentschaft Spaniens eine erfahrene Klimaverhandlerin an seiner Seite, doch auch diese Stütze droht ihm aufgrund der komplizierten Regierungsbildung in Spanien jederzeit wegzubrechen.

    Was bis zur COP28 zu tun ist

    Für die EU geht es in Dubai vor allem darum, neue Quellen für die Klimafinanzierung aufzutun. Insbesondere die großen CO₂-Emittenten außerhalb der Gruppe der Industrienationen sollen nach dem Willen Europas in den Kreis der Geberländer aufgenommen werden. Dazu gehören Öl-produzierende Länder, aber auch China. Diese weigern sich bislang, beispielsweise für Schäden und Verluste infolge des Klimawandels oder für Klimaanpassungsmaßnahmen weltweit aufzukommen.

    Die EU-Staaten wollen ihr Verhandlungsmandat für die COP voraussichtlich beim Umweltrat am 16. Oktober festlegen. Hoekstra und die EU-Kommission stehen hierfür beratend zur Seite. Spannend wird sein, wie sich die Länder zur Nutzung von CO₂-Abscheidungen zum Erreichen der Klimaziele positionieren. Im März hatten die EU-Minister noch einen Beschluss gefasst, CCS-Technologien auch für die Nutzung fossiler Energieträger zulassen zu wollen. Zuvor galt stets die Haltung, dass CCS nur bei unvermeidbaren Emissionen in Industrieprozessen eine Rolle spielen soll.

    Aus Regierungskreisen in Berlin ist zu hören, dass eine Rückkehr zur alten Position vor der COP28 als wahrscheinlich gilt, da CCS in der Energiewirtschaft als Schlupfloch für die Weiterverwendung fossiler Energien gesehen wird. Allerdings würde eine zu strenge Formulierung auch die Verhandlungsspielräume in Dubai einschränken, wo viele einflussreiche Länder (darunter auch die USA) sich für eine stärkere Berücksichtigung von CCS einsetzen dürften.

    Hoekstras Aufgabe wird sein, diesen Prozess zu moderieren, da er das Ergebnis in Dubai vertreten und andere von derselben Haltung überzeugen muss.

    • COP28
    • Europa
    • Klimafinanzierung
    • Klimapolitik
    • Wopke Hoekstra

    USA: Klima wird für Republikaner zur entscheidenen Frage

    Die republikanischen Kandidaten für die US-Präsidentschaft
    Die acht republikanischen Kandidaten bei der Debatte. Nur Donald Trump war nicht anwesend.

    Es brauchte nur eine einfache Frage, um die Ziellosigkeit beim Thema Klimaschutz zu offenbaren. Bei der ersten Fernsehdebatte der republikanischen Präsidentschaftsbewerber (ohne Donald Trump) in der vergangenen Woche sollten jene Kandidaten die Hand heben, die vom menschengemachten Klimawandel überzeugt sind. Nur einer der acht, Asa Hutchinson, streckte seine Finger in die Höhe. Alle anderen schauten zögernd. Dann beendete Ron DeSantis abrupt die Abstimmung mit dem Verweis, die Bewerber seien keine Schulkinder.

    Klimaleugner und Druck für Lösungen von unten

    Die Republikaner tun sich äußerst schwer, eine gemeinsame Linie beim Klimawandel zu finden. Präsidentschaftsbewerber buhlen mit oberflächlichen Sprüchen oder klimaskeptischen Parolen um die Gunst der konservativen Wähler. Gleichzeitig aber wächst der Druck auf die Führungsriege, ernsthafte Lösungen anzubieten – vor allem von moderaten und jungen Kräften an der Basis. Innerhalb der Grand Old Party (GOP) wird die Klimapolitik damit zu einer entscheidenden Frage im kommenden Wahlkampf.

    Schon die unterschiedlichen Positionen der Spitzenkandidaten zeigen das Problem. Rechtspopulist und Unternehmer Vivek Ramaswamy sieht etwa keinerlei Handlungsbedarf. “Die Klimawandel-Agenda ist ein Schwindel”, sagte Ramaswamy während der Debatte. Er behauptete ohne einen Beleg, mehr Menschen würden wegen der Klimapolitik sterben als wegen des Klimawandels.

    Zwischen “Schwindel” und “China ist schuld”

    Die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley sagte hingegen: “Ist der Klimawandel real? Ja, das ist er.” Die einzige Frau im Bewerberfeld macht allerdings vor allem China und Indien verantwortlich, hat eigene Bemühungen dagegen stets abgelehnt. Dabei sind die USA für aktuell 14 Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes verantwortlich und haben historisch nach wie vor am meisten emittiert. Trotzdem hat Donald Trump als US-Präsident die Klimapolitik des Landes zurückgestutzt: Er führte die USA aus dem Pariser Klimaabkommen, beschädigte die Umweltbehörde EPA und hob mehr als 100 Vorschriften und Gesetze auf, die auf die Reduzierung von Emissionen abzielten.

    Doch der Widerstand gegen solche Politik wächst innerhalb der Partei. “Das Land hat beschlossen, dass der Klimawandel ein Problem ist”, sagte Bob Inglis gegenüber Table.Media. Der ehemalige Kongressabgeordnete ist Vorsitzender von RepublicEn, einem Zusammenschluss konservativer Klimarealisten. “Wenn die Republikaner relevant sein wollen, müssen wir mit Lösungen in der Größenordnung des Problems aufwarten.” Inglis rät seiner Partei, die freie Wirtschaft als Lösung für den Klimawandel in den Mittelpunkt zu stellen. “Andernfalls werden wir mit einer Kombination aus Vorschriften und groß angelegten staatlichen Ausgabenprogrammen feststecken”, grenzt er sich gegen die Politik der Demokraten ab.

    Öko-Republikaner fordern Lösungen

    Entsprechende Klimakonzepte der Konservativen liegen längst auf dem Tisch. Zu den bekanntesten zählt der sogenannte “Carbon Dividends Plan” aus dem Jahr 2017 von James Baker und George Shultz, die als Minister unter den republikanischen Präsidenten George Bush, Ronald Reagan und Richard Nixon gearbeitet hatten. Der Plan sieht vor:

    • Gebühren auf CO₂-Emissionen von Unternehmen
    • Eine vierteljährliche Auszahlung der Einnahmen per Scheck an alle US-Bürger
    • Die Abschaffung von nicht mehr notwendigen Emissionsvorschriften
    • Eine Gebühr auf importierte Produkte je nach CO₂-Emissionen bei deren Produktion

    Doch solche Konzepte fänden traditionell weniger Beachtung, sagte Johannes Thimm, stellvertretender Leiter der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, gegenüber Table.Media. “In den USA ist ja weniger ein Parteiprogramm von Bedeutung als die Position einzelner Kandidat:innen und Mitglieder des Kongresses.” Generell würden republikanische Politiker jede Politik in Frage stellen, die Förderung und Nutzung fossiler Energieträger regulieren wolle. “Sie haben damit keinerlei konstruktive Antworten auf die Herausforderung der globalen Erderwärmung”, sagte Thimm.

    Klima: Demokraten einig, Republikaner gespalten

    Umfragen zeigen das grundsätzliche Wählerpotenzial für eine gezielte Klimapolitik. Demnach bezeichnen 56 Prozent aller Erwachsenen in den USA die globale Erderwärmung als “große Bedrohung”. Zusätzlich spricht jeder Vierte noch von einer “kleineren Bedrohung”. Die Wahrnehmung unterscheidet sich je nach Anhängerschaft allerdings stark. Während fast neun von zehn Demokraten die globale Erderwärmung als große Gefahr betrachten, sind die Republikaner gespalten: 28 Prozent sehen die globale Erderwärmung als große Gefahr, etwa genauso viele (33 Prozent) meinen jedoch, der Klimawandel stelle überhaupt keine Bedrohung dar. 

    Große Unterschiede gibt es laut Umfragen zwischen den Generationen. Während bei den über 65-jährigen Republikanern nur drei Prozent offen dafür sind, die US-Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen, sind es bei den 18- bis 29-Jährigen bereits ganze 29 Prozent. Und so hat die “Young America’s Foundation”, die einflussreichste konservative Jugendorganisation des Landes, die Klimasorgen des Nachwuchses zuletzt immer wieder öffentlich angesprochen.

    Folgen betreffen besonders konservative US-Staaten

    Dabei werden besonders die traditionell republikanisch dominierten Staaten im Süden der USA von Katastrophen wie Hurricanes oder Dürreperioden bedroht. So sah sich der Gouverneur Floridas und zugleich Präsidentschaftsbewerber Ron DeSantis gezwungen, bei der aktuellen Warnung vor dem Hurrikan “Idalia” den Ausnahmezustand für Dutzende Landkreise auszurufen. Der Frage nach dem Einfluss des Klimawandels wich er aus: “Wir haben hohe Wassertemperaturen, und es gibt nicht wirklich etwas, das es verlangsamen könnte”, antwortete DeSantis einer Reporterin.

    Unklar ist auch, was ein möglicher republikanischer US-Präsident mit dem riesigen Investitionsprogramm “Inflation Reduction Act” (IRA) von Präsident Joe Biden machen würde. Mit ihm sollen in den kommenden zehn Jahren je nach Kostenschätzung zwischen 370 Millionen und 1,2 Milliarden US-Dollar an Subventionen und Steuererleichterungen in den Aufbau grüner Technologien fließen. Bisher wollen die Republikaner bestimmte IRA-Mittel wieder streichen. Sie monieren, dass die grüne Transformation mehr Arbeitsplätze kosten könnte, als sie neue einbringt und die Inflation treibt.

    Doch gleichzeitig profitieren ausgerechnet die republikanisch dominierten Bezirke und Staaten bislang am stärksten vom IRA. Insgesamt haben Unternehmen insgesamt 278 Milliarden US-Dollar an Investitionen angekündigt – 220 Milliarden US-Dollar davon sollen in “rote” Wahlkreise fließen, die derzeit von Republikanern im Repräsentantenhaus vertreten werden.von Laurin Meyer, New York City

    • Energiewende
    • Inflation Reduction Act
    • USA

    IWF: Subventionsabbau schafft Klimaziele

    In der internationalen Debatte um einen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen hat der Internationale Währungsfonds (IWF) in Washington neue Zahlen zu den staatlichen Subventionen für Fossile vorgelegt. Demnach betrugen 2022 die direkten und indirekten Beihilfen aus Steuergeldern für Öl, Kohle und Gas weltweit insgesamt sieben Billionen US-Dollar, und damit 7,1 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Eine Reform des Systems könnte laut Arbeitspapier des IWF den globalen CO₂-Ausstoß bis 2030 insgesamt um 43 Prozent senken und damit helfen, die 2-Grad-Grenze des Pariser Abkommens einzuhalten.

    Großteil der Hilfen: Nicht eingepreiste Klimaschäden

    Der Bericht betrachtet, wie schon andere IWF-Untersuchungen, direkte und indirekte Beihilfen für fossile Brennstoffe. Ein Großteil der Hilfen aus staatlichen Töpfen (82 Prozent) sind demnach “implizite” Subventionen, weil etwa die ökologischen und medizinischen Folgeschäden der Fossilen nicht den Verursachern angelastet, sondern von der Allgemeinheit getragen werden. “Explizite”, also direkte Subventionen der Preise machen nur 18 Prozent der Summe aus.

    Im Einzelnen befindet der Bericht unter anderem:

    • Explizite Subventionen sind zwischen 2020 und 2022 rasant gestiegen, von 0,5 auf 1,3 Billionen US-Dollar, als Folge des Preisschocks durch den Ukraine-Krieg. Der IWF erwartet allerdings, dass diese Subventionen wieder sinken.
    • Es gibt eine große Lücke zwischen den “effizienten” Preisen und den Marktpreisen bei den fossilen Energien. Effiziente Preise bilden die Kosten ab, die bei Brennstoffen durch ihre Beschaffung, ihre Umweltschäden und Steuerabgaben entstehen. Mehr als 80 Prozent der Kohle weltweit werde zu weniger als der Hälfte ihres effizienten Preises abgegeben.
    • Eine “volle Reform” dieses Systems (Abschaffung aller Subventionen und Erhebung einer CO₂-Steuer) würde die Treibhausgas-Emissionen in Größenordnungen senken, die den Pariser Klimazielen nahekommen: Minus 43 Prozent bis 2030, was der “Halbierung der Emissionen bis 2030” nahekommt, mit der die Begrenzung der Erderwärmung bis 2100 auf 1,5 Grad realistisch würde. So würden auch jährlich 1,6 Millionen statistisch errechnete vorzeitige Todesfälle durch Luftverschmutzung aus fossilen Energien vermieden.
    • Selbst “zweitbeste Kombinationen” (CO₂-Preis und regionalen Vorschriften zur Luftreinhaltung) würden noch eine Minderung um etwa 20 Prozent erbringen – und jährlich etwa 1,2 Millionen frühzeitige Todesfälle verhindern.
    • 60 Prozent des “Unterpreisens”, also der aus IWF-Sicht zu geringen Preise, beziehen sich auf die nicht angerechneten Schäden durch den Klimawandel und die Luftverschmutzung. 35 Prozent stammen aus nicht angelasteten Schäden an der Infrastruktur, etwa an Straßen oder durch volkswirtschaftliche Verluste etwa durch Verkehrsstaus, 5 Prozent aus entgangenen Einnahmen für die öffentlichen Kassen. Für seine Kalkulationen legt der IWF einen theoretischen CO₂-Preis zugrunde, der 2020 bei 60 US-Dollar pro Tonne CO₂ begann und jedes Jahr um 1,5 US-Dollar steigt. Das ist eine konservative Rechnung, wenn man bedenkt, dass die “sozialen Kosten des Kohlenstoffs” etwa in den USA auf zwischen 50 und knapp 200 US-Dollar geschätzt werden.
    • Eine Reform der Subventionen sei “im eigenen Interesse der Länder, selbst wenn Vorteile für das Klima ausgeklammert werden”. Den Staaten stünden danach Einnahmen zur Verfügung, die insgesamt 3,6 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ausmachten. Damit könnten Arbeitskosten gesenkt werden, “produktive Investitionen” unternommen oder der Schuldenstand reduziert werden.

    Vor COP28: Argumente für den fossilen Ausstieg

    Der Bericht erscheint zu einer Zeit, in der die Debatte um einen globalen Ausstieg aus den Fossilen aktueller und härter wird. Bei der anstehenden COP28 im Öl- und Gasland Vereinigte Arabische Emirate wird das Thema kontrovers diskutiert werden: Eine progressive Allianz aus EU, kleineren Entwicklungsländern und NGOs fordert einen Fahrplan zum globalen Ausstieg. Die Öl- und Gasländer, unter ihnen viele der neu formierten BRICS-plus-Staaten, können sich höchstens einen Ausstieg aus den “fossilen Emissionen” vorstellen.

    Das aber bedeutet eine Konzentration auf die umstrittenen Techniken CCS und CCU, Speicherung und Nutzung von aufgefangenem Kohlendioxid. Da diese Technik bisher weder ausgereift noch marktfähig ist, würde sie wohl weitere staatliche Subventionen für Forschung, Tests und Anwendung nach sich ziehen – aus Sicht des IWF-Berichts also weitere direkte oder indirekte Subventionen.

    Die meisten Subventionen fließen in China

    Die Länder mit den nominell größten Summen an Subventionen sind nach dem Bericht China, die USA, Russland, die EU und Indien. Fast die Hälfte aller Beihilfen kommen aus dem Bereich Ostasien/Pazifik.

    Eine eigene Statistik weist für 2022 die Subventionen von 170 verschiedenen Ländern aus. Bei den expliziten Subventionen

    • führt China mit 269,7 Milliarden US-Dollar die Liste an
    • es folgt Saudi-Arabien mit 129 Milliarden
    • Indonesien mit 78,2 Milliarden
    • Russland mit 70,7 Milliarden
    • und Iran mit 62,7 Milliarden.
    • Die USA tauchen nur mit drei Milliarden an diesen direkten Beihilfen auf.

    Deutschland steht in dieser Liste mit 43,4 Milliarden US-Dollar an expliziten Subventionen. Nach Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA) liegen die gesamten umweltschädlichen Subventionen in Deutschland bei etwa 65 Milliarden Euro pro Jahr. Allerdings ist zwischen dem UBA und dem Bundesfinanzministerium umstritten, welche Staatsleistungen überhaupt als Subventionen zählen.

    Das Bild der spendabelsten Staaten ändert sich, wenn der IWF-Bericht auf alle – explizite und implizite – Subventionen schaut. Dann liegen Länder, die einen CO₂-Preis eingeführt haben (etwa den Europäischen Emissionshandel) deutlich näher an den wahren Kosten als Länder ohne eigene umfassende CO₂-Bepreisung: In Deutschland, Frankreich, Italien oder Großbritannien liegen die Preise für Kohle, Öl oder Gas deutlich näher an den Schäden dieser Brennstoffe. In anderen Staaten wie Saudi-Arabien, USA, Russland, Indonesien oder Iran sind die indirekten Subventionen für die klimaschädlichen Brennstoffe teilweise deutlich höher.  

    • Fossile Brennstoffe
    • Subventionen

    Termine

    31. August bis 2. September, Rio de Janeiro
    Kongress Green Rio l Green Latin America 2023
    Green Rio | Green Latin America ist eine Plattform für Unternehmen, Innovation und Forschung im Bereich der Bioökonomie und der grünen Wirtschaft. Infos

    4. September, 15.30 Uhr, Online
    Webinar Economy for People, Nature and Climate in India: Launch of Harit Bharat Fund
    Der Harit Bharat Fund – Hindi für Green India Fund – ist eine gemeinschaftliche Initiative, die lokal geführte Start-ups, bäuerliche Erzeugerbetriebe und Nichtregierungsorganisationen, die Indiens Landschaften wiederherstellen, finanziert und ausbildet. Das World Ressources Institute stellt den Fonds in diesem Webinar vor.  Infos

    4. September, München
    Konferenz E-Fuels Conference 2023
    Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr veranstaltet am 4. September 2023 die erste E-Fuels-Konferenz. Bundesminister Volker Wissing hat Vertreter von Regierungen, internationalen Organisationen, Verbänden, Industrie und Wissenschaft aus über 80 Ländern eingeladen, um zu diskutieren, wie der Markthochlauf von E-Fuels gestaltet werden kann.
    Ziel ist es, durch den Aufbau eines internationalen Netzwerks aus Politik, Industrie und Wissenschaft eine gemeinsame Wissensbasis zu schaffen und Synergien für einen beschleunigten Markthochlauf von E-Fuels zu erarbeiten.
    Infos

    4. bis 8. September, Nairobi, Kenia
    Konferenz Africa Climate Week
    Die Afrikanische Klimawoche ist eine von vier regionalen Klimawochen, die in diesem Jahr stattfinden. Sie soll die UN-Klimakonferenz COP 28 in Dubai und den Abschluss der ersten globalen Bestandsaufnahme vorbereiten.
    Die ACW 2023 wird von der kenianischen Regierung ausgerichtet und findet parallel zum Africa Climate Action Summit (4.-6. September) statt.
    Infos

    5. bis 7. September, Oldenburg
    Kongress Beyond Gas: Wege öffnen für die Wasserstoff-Ökonomie
    Mit Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie hat die Regierung nun den Rahmen für den Auf- und Ausbau der Wasserstoffökonomie gesetzt. Grund genug, sich im Expertenkreis intensiv auszutauschen und konkrete Projektvorhaben voranzutreiben. Auf dem H2-Congress mit Networking-Messe sind Anbieter und Nachfrager von H2-Mengen sowie zahlreiche Projektpartner und Lösungsanbieter mit dabei. Infos

    5. bis 10. September, München
    Messe Internationale Automobil Ausstellung
    Die größte und wichtigste Mobilitätsveranstaltung der Welt bietet Herstellern, Zulieferern, Tech-Unternehmen, Dienstleistern und Start-ups vielfältige Möglichkeiten, sich und ihre Leistungen einem breiten internationalen B2B- und B2C-Publikum zu präsentieren. Gleichzeitig findet ein Protestcamp gegen die Ausstellung statt.  Infos

    5. September, Berlin, 16 Uhr
    Vorstellung und Diskussion Souveränität Deutschlands sichern – Resiliente Lieferketten für die Transformation zur Klimaneutralität 2045
    Die Stiftung Klimaneutralität stellt ihre Studie zum Thema resiliente Lieferketten für Klimaneutralität vor. Anschließend folgt eine Diskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Wirtschaft.   Infos

    6. bis 7. September, Köln
    Kongress gat|wat – der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft
    gat l wat ist der Kongress der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft. Dieses Jahr steht auch Wasserstoff im Fokus.  Infos

    6. September, 9 Uhr, Berlin
    Seminar Mobilitätsszenarien für Berlin und deren Einfluss auf eine klimaneutrale Energieversorgung
    Um die Klimaziele zu erreichen, ist es unerlässlich, den Verkehrssektor zu dekarbonisieren.
     Der gemeinsame Workshop von Fraunhofer und Shell zielt darauf ab, mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Szenarien für die Entwicklung zukünftiger Mobilität zu erarbeiten.
    Infos

    6. September, 10 Uhr, online
    Webinar Kommunale Ladeinfrastruktur
    Agora Verkehrswende stellt auf dem Webinar einen Leitfaden für Städte, Gemeinden und Landkreise zum Aufbau von Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität vor.  Infos

    7. September, 15 Uhr, online
    Webinar Strengthening the Role of Indigenous Youth in Forest Protection: Perspectives from Latin America
    In Kooperation mit Global Forest Watch diskutiert das World Resources Institute auf diesem Event über die Rolle von Indigenen im Waldschutz.  Infos

    News

    Klima in Zahlen: Drei Fakten zum Africa Climate Summit

    Auf dem ersten Afrikanischen Klimagipfel (4.-6. September, Kenia) treffen sich über 25 afrikanische Staats- und Regierungschefs, UN-Generalsekretär António Guterres und 20.000 Delegierte, um “grünes Wachstum voranzubringen und Lösungen im Bereich Klimafinanzen für Afrika und die Welt” zu entwickeln, so das offizielle Motto des Gipfels. Neben dem Umbau des internationalen Finanzsystems sowie Investitionen in Erneuerbare, den Transportsektor und den Abbau von Rohstoffen für die Energiewende steht auch die Anpassung an den Klimawandel im Zentrum des Gipfels.

    Afrikanische Politiker und Beobachter hoffen, dass die afrikanischen Regierungschefs zu einer “kontinentalen Position” finden, um die Interessen der afrikanischen Staaten auf der COP28 gemeinsam zu vertreten.

    Afrika ist historisch betrachtet nur für 2,8 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Doch der Kontinent leidet besonders unter der Klimakrise – sei es durch Extremwetterereignisse oder die Folgen des Klimawandels wie Wassermangel und Ernteausfälle. Zwar erhält Afrika jährlich 30 Milliarden US-Dollar an Klimafinanzierung, doch notwendig wären über 270 Milliarden. Gleichzeitig gibt es zahlreiche Potenziale – beispielsweise verfügt Afrika über 60 Prozent der besten Standorte für Solarkraftwerke und könnte ein Zukunftsmarkt für grünen Wasserstoff werden. Ob diese Pläne Realität werden, hängt von vielen Faktoren ab: Es braucht Geld aus der internationalen Klimafinanzierung und eine Lösung für die afrikanische Schuldenkrise. Allerdings müssen die politischen und wirtschaftlichen Eliten in Afrika auch die richtigen Rahmenbedingungen für den Wandel schaffen. nib

    • Afrika
    • Klimadiplomatie
    • Klimafinanzierung

    Deutschland: 6,4 Milliarden Euro für Klimafinanzierung

    Deutschland hat nach Angaben der Bundesregierung sein Versprechen für 2025 zur Finanzierung von internationalem Klimaschutz bereits 2022 erfüllt. Im letzten Jahr habe Deutschland 6,386 Milliarden Euro in Projekte des globalen Klimaschutzes investiert, erklärte das zuständige Entwicklungsministerium (BMZ) am Dienstag. Damit erhöht sich die deutsche Summe von 5,3 Milliarden in 2021 deutlich. BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth zeigte sich “zuversichtlich, dass wir das Niveau von sechs Milliarden Euro auch in den nächsten Jahren halten können.”

    Die deutschen Klimahilfen bestehen unter anderem aus bilateralen Partnerschaften, die mit 3,4 Milliarden Euro den Hauptteil aller Förderungen ausmachen. Dabei sind die Projekte mit Klimabezug deutlich gestiegen, hieß es. Unter anderem flossen 2022 aus deutschen Steuergeldern:

    • 320 Millionen Euro an den Gründen Klimafonds GCF der UN,
    • 270 Millionen Euro in Projekte zur Förderung von grünem Wasserstoff,
    • Jeweils 320 Millionen Euro (darunter auch Kredite) für die Energiewende-Partnerschaften (JETP) mit Südafrika und Indonesien,
    • 57 Millionen Euro für Ernährungssicherheit in der Sahelzone angesichts des Klimawandels,
    • 65 Millionen Euro für eine Meerwasserentsalzungsanlage in Jordanien.

    Regierung: Anteil an den 100 Milliarden übererfüllt

    Deutschland gehört international zu den größten Geberländern in der Klimafrage. Nach Rechnung des BMZ kommen auf die 6,3 Milliarden noch einmal “gehebelte” Mittel hinzu, also Finanzflüsse, die durch deutsche Hilfen ausgelöst wurden. Insgesamt erreiche damit Deutschland eine Summe von 8,835 Milliarden Euro. Das sind etwa 9,65 Milliarden US-Dollar. Diese Summe fließt in die Berechnung ein, ob die einzelnen Länder ihren Anteil an den 100 Milliarden Dollar erbracht haben, die den Entwicklungsländern als jährliche Klimahilfen ab 2020 versprochen wurden.

    Der “faire Anteil” Deutschlands an den 100 Milliarden liegt nach einer Rechnung des BMZ bei 8,3 Milliarden Dollar – Deutschland habe also für 2022 seinen Anteil an den 100 Milliarden übererfüllt. Insgesamt allerdings haben die Industriestaaten ihr Versprechen von 100 Milliarden bisher nicht realisiert. Erst im Herbst wird die OECD verkünden, ob dieses Ziel für das Jahr 2022 erreicht wurde.

    Die Ampelregierung will mit ihrer Bilanz auch die anderen Industriestaaten unter Druck setzen, ebenfalls mehr zu geben. Im Oktober findet in Bonn am Sitz des UN-Klimasekretariats die nächste Runde zur Auffüllung des GCF statt. Deutschland hat schon frühzeitig angekündigt, mit zwei Milliarden Dollar seinen Anteil weiter zu erhöhen.

    Wie viel Deutschland für die Klimafinanzierung genau ausgibt, ist schwer präzise zu beziffern. Die Summe wird nicht unter einem Punkt im Bundeshaushalt abgebildet, sondern setzt sich aus vielen verschiedenen Posten vor allem in den Ministerien für Klimaschutz, Auswärtiges, Umwelt und dem BMZ zusammen. bpo

    • BMZ
    • Deutschland
    • Klimafinanzierung

    Tagesprogramm für die COP28 veröffentlicht

    Die Präsidentschaft der COP28 in Dubai hat den Zeitplan der Klimakonferenz veröffentlicht, die vom 30. November bis zum 12. Dezember stattfinden wird. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) als Gastgeber der Konferenz haben mit den UN-Ländern, NGOs und anderen Gruppen die thematischen Schwerpunkte der einzelnen Tage abgestimmt.

    • 30. November: Eröffnung auf dem Gelände der Expo City, Dubai.
    • 1./2. Dezember: “World Climate Action Summit”, zwei Tage “High Level Meeting” mit Staatsoberhäuptern und Vertretern von Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Jugend, indigenen Völkern und anderen. Auf dem Treffen sollen die Ergebnisse des “Global Stocktake” (GST) präsentiert werden. Die COP-Präsidentschaft unter dem VAE-Industrieminister und Chef des staatlichen Öl- und Gaskonzerns ADNOC, Sultan al Jaber, will “Verantwortlichkeiten von den höchsten Ebenen der globalen Regierungsführung” für Fortschritte suchen.
    • 3. Dezember: Thema: Gesundheit, Hilfe, Wiederaufbau, Frieden: Einfluss des Klimawandels auf Gesundheit und Versorgung der Menschen, Fokus auf Migration und Konflikte.
    • 4. Dezember: Themen: Finanzen, Handel, Geschlechtergerechtigkeit, Verantwortlichkeit: Es geht um die Reform des globalen Finanz- und Handelssystems, um den Verwundbarsten besser helfen zu können. Gleichzeitig soll Geschlechtergerechtigkeit ein Thema sein.
    • 5. Dezember: Themen: Energie und Industrie, gerechter Übergang, Indigene Gemeinschaften: Wie kann schnelle Dekarbonisierung mit wirtschaftlichem Fortschritt zusammengehen? Es soll um eine schnellere Energiewende gehen, die sozial gerecht ist. Die Präsidentschaft will “auf das breite Spektrum der Lösungen schauen: Erneuerbare Energien, Wasserstoff, Reduzierung von Methan aus Öl und Gas und Ausbau von CCS”, heißt es offiziell von der Präsidentschaft. Von einer Reduzierung der allgemeinen Treibhausgase ist in diesem Programmpunkt nicht die Rede.
    • 6. Dezember: Themen: Urbanisierung, Gebäude/Transport: Lokale und nationale Entscheider sollen zu den Themen grüne Städte sowie nachhaltiger Verkehr und Lebensstil zusammenkommen.
    • 7. Dezember: Ruhetag
    • 8. Dezember: Themen: Jugend, Kinder, Bildung: Die nächste Generation soll in die Lage versetzt werden, das Ergebnis der COP28 mitzubestimmen und Möglichkeiten bekommen, “Teil der Lösung zu sein”.
    • 9. Dezember: Themen: Natur, Landnutzung, Ozeane: Verbindung zu natürlichem Klimaschutz und der Rolle der Biodiversität, einschließlich der Ergebnisse der COP15 zu Biodiversität. Die Rolle der indigenen Völker soll betont werden.
    • 10. Dezember: Themen: Ernährung, Landwirtschaft, Wasser: Es geht um Klimarisiken für die Ernährung und die Rolle der Landwirtschaft in der Klimakrise – und mögliche Auswege durch bessere Kooperation.
    • 11./12. Dezember: Finale Verhandlungen der COP, keine anderen Themenschwerpunkte. bpo
    • COP28

    Regierung berät Pläne für “negative Emissionen”

    Die Bundesregierung hat Eckpunkte für eine Strategie zum langfristigen Umgang mit “negativen Emissionen” in Deutschland festgelegt. Im Austausch mit Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft soll geklärt werden, wie Deutschland die dauerhafte Entfernung von CO₂ aus der Atmosphäre regeln will.

    Der Entwurf einer “Langfriststrategie Negativemissionen zum Umgang mit unvermeidbaren Restemissionen (LNe)”, der Table.Media vorliegt, soll eine Lücke schließen: Bisher sehen das deutsche Klimaschutzgesetz und die einschlägigen EU-Regeln nur Ziele für die “Senkenwirkung”, also die natürliche Speicherung von CO₂, in der Land- und Forstwirtschaft vor. “Wie andere, insbesondere technische, Senken zum Klimaschutz beitragen können”, heißt es in dem Entwurf, “und wie hoch die Menge der langfristigen Entnahme von CO₂ sein soll, ist bisher nicht geklärt.

    Das soll durch den Prozess nun nachgeholt werden. Die Regierung will für 2035, 2040 und 2045 Ziele für die technische Entnahme formulieren. Die Planung soll aber bis 2060 vorausschauen. Geklärt werden muss auch, welche Regeln gelten sollen, wie die Überwachung funktionieren kann und wie das Ganze finanziert werden soll. Möglich wären “negative Emissionen” durch:

    • Aufwuchs von Wäldern, Vernässung von Mooren, bessere Bodenbearbeitung
    • Stoffliche Bindung des CO₂ in Biokohle und Biomasse
    • Entnahme aus der Luft (DACCS) oder aus dem Verbrennen von Biomasse (BECCS) mit anschließender Speicherung
    • Bindung in Produkten
    • Beschleunigte Verwitterung von Gestein oder Speicherung im Meer       

    Großen Wert legt die Regierung auf die Feststellung, dass es dabei nicht um die umstrittene CCS- oder CCU-Technik geht. Deren Bedingungen werden parallel in der “Carbon Management-Strategie” debattiert (siehe Meldung im aktuellen Climate.Table). Der große Unterschied: CCS/CCU soll verhindern, dass CO₂-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Stoffe in die Luft gelangen – die Techniken entziehen deshalb der Atmosphäre netto keine Treibhausgase. Das aber sollen “negative Emissionen” leisten. bpo

    • BECCS

    Dena präsentiert Vorschläge für CCS-Strategie

    Die staatliche Deutsche Energieagentur (Dena) schlägt für den Umgang mit Technologien zum Abscheiden und Speichern oder Nutzen von CO₂ (CCS/CCU) in Deutschland neue Grundsätze, Regeln, Definitionen und Gesetzesänderungen vor. CCS/CCU solle “einen wichtigen Beitrag zu einem klimaneutralen Deutschland leisten”, aber es müsse die “oberste Priorität der Emissionsreduktion” gelten, heißt es in einem Vorschlagspapier der Dena. Das Konzept wurde am Dienstag beim “Stakeholderdialog zur Carbon Management-Strategie” (CMS) der Regierung intern präsentiert und liegt Table.Media vor. Das federführende Klima- und Wirtschaftsministerium wies darauf hin, dass diese Vorschläge nicht aus dem Ministerium stammen.

    “Die CO₂-Speicherung ist keine Hochrisikotechnologie“, schreibt die Dena. Risiken könnten minimiert werden. Und die Anwendung sei aus Klimaschutzgründen dringend: “CCS wird bereits 2030 einen Klimaschutzbeitrag leisten müssen”, heißt es. Ausländische Speicher seien dafür die einzige Möglichkeit, daher “sollte der CO₂-Export zeitnah ermöglicht werden”. Perspektivisch müssten voraussichtlich alle Transportwege genutzt werden: Schiffe, Lkw, Züge, Pipelines.

    Gesetzesänderungen notwendig

    Die Dena unterstützt mit ihren Vorschlägen die Pläne, gewisse Emissionen aus der Industrie als “nicht vermeidbar” oder “schwer vermeidbar” einzustufen und mit CCS/CCU zu neutralisieren. Neben CO₂-Ausstößen aus der Zement- und Kalkindustrie sowie der Müllverbrennung könnten auch Prozessemissionen aus der Chemieindustrie dazu zählen, “wenn mittelfristig absehbar ist, dass die erforderlichen Technologien oder Energiemengen noch nicht zur Verfügung stehen”, um die Sektoren zu dekarbonisieren.

    Bei all dem müsse das Ziel einer “tiefgreifenden Transformation der Industrie” sichergestellt werden. Der Ausstieg aus den fossilen Energien müsse “oberste Priorität” haben, die Umstellung auf Erneuerbare dürfe nicht gefährdet werden und “fossile Geschäftsmodelle” dürften nicht verlängert werden.

    Für diese Ziele müsse das “Kohlendioxid-Speicherungsgesetz” und andere Vorschriften wie das Bundes-Immissionsschutzgesetz so geändert werden, dass Transport und Speicherung von CO₂ anders als heute legal seien, heißt es in den Vorschlägen. Die Einführung der Technik solle “möglichst marktgetrieben” vorangehen und etwa durch eine “ausreichend hohe CO₂-Bepreisung” die Kosten den Verursachern anlasten – allerdings seien auch “gezielte Investitionsförderung” und grüne Leitmärkte wichtig, um das Feld zu entwickeln. bpo

    • CCS

    Oxfam: Mehr in Wassersicherheit investieren

    Der Klimawandel wird in vielen Staaten im Globalen Süden zu Wassermangel und somit zu Nahrungsmittelunsicherheit, mehr Krankheiten und Armut führen, wie ein neuer Oxfam-Bericht zeigt. Die Organisation hat dafür 20 “Klima-Hotspots” in Westafrika, Ost- und Zentralafrika, dem Nahen Osten und Asien untersucht und analysiert, wie sich das Szenario einer 2,7-Grad-Erwärmung auf den Wasserhaushalt der Staaten auswirkt.

    Zwar würde es in allen untersuchten Regionen zu mehr Niederschlägen kommen. Doch in den meisten untersuchten Regionen könne das Wasser nicht sinnvoll genutzt werden. Die stärkeren Regenfälle würden zu mehr Erosion und einem Verlust an Nährstoffen im Boden führen.

    Als Folge könnte die Maisernten in den unterschiedlichen Regionen um zwischen ein und 5,5 Prozent abnehmen. Bei den Weizenernten gibt es unterschiedliche Effekte: Sie könnten in Westafrika um 24 Prozent und in Ost- und Zentralafrika um drei Prozent abnehmen, während sie im Nahen Osten (acht Prozent) und in den untersuchten Staaten Asiens (2,2 Prozent) sogar zunehmen könnten.

    Auch das Krankheitsrisiko würde bei höheren Temperaturen und mehr Niederschlägen steigen, da sich Stechmücken stärker verbreiten könnten. Im Nahen Osten könnten 37 Millionen Menschen mehr von Krankheiten gefährdet werden, die von Moskitos übertragen werden. In der Region Ost- und Zentralafrika wären es sogar 50 Millionen Menschen.

    Oxfam ruft dazu auf, die CO₂-Emissionen “drastisch zu reduzieren”, Frühwarnsysteme aufzubauen und in Wassersicherheit und nachhaltige Wasserbewirtschaftung zu investieren. Wassersicherheit sei gegeben, wenn eine Bevölkerung Zugang zu ausreichend Wasser von akzeptabler Qualität habe. Die ärmsten Staaten seien von Wasserknappheit betroffen, weil sie die hohen Investitionen in Infrastrukturen für mehr Wassersicherheit nicht stemmen könnten oder wollten, so Oxfam. nib

    • Extremwetter
    • Oxfam
    • Wasser

    UN: Klimaschutz ist Kindergrundrecht

    Staaten sind zum Umwelt- und Klimaschutz verpflichtet, um die Grundrechte von Kindern – insbesondere ihr Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt – zu gewährleisten. Das ergibt sich aus einem aktuellen Kommentar des Komitees für Kinderrechte der Vereinten Nationen. Dabei legt das Gremium zwar einen Schwerpunkt auf den Klimaschutz, schreibt aber auch ausdrücklich, dass die Anwendung des Kommentars “nicht auf ein spezielles Umweltthema begrenzt” werden solle.

    Die “dreifache Krise aus Klimanotstand, dem Kollaps der Biodiversität und der allgegenwärtigen Verschmutzung” sei eine “drängende und systemische Bedrohung der Kinderrechte weltweit”, schreibt das Komitee. Es führt aus, welche Pflichten sich für die Staaten daraus ergeben. So müssten sie beispielsweise:

    • die Aktivitäten von Unternehmen regulieren, um Kinder vor möglichen Umweltschäden zu schützen,
    • Frühwarnsysteme einrichten, wo Umweltgefahren nicht mehr kontrollierbar seien,
    • zu einer sauberen Energieversorgung wechseln,
    • dafür sorgen, dass Kinder ihre Rechte vor Gericht einklagen können.

    Die NGO Climate Rights International, die sich für Klimaschutz und Menschenrechte engagiert, bewertet den Kommentar als eine “maßgebliche Interpretation der UN-Kinderrechtskonvention”. Die Regierungen müssten nun dringend Schritte ergreifen, um den Kommentar umzusetzen. Rechtlich bindend ist der UN-Kommentar nicht. Doch schon jetzt gibt es Klimaklagen, in denen Kinder und Jugendliche ihre Forderung nach mehr Klimaschutz mit der Verletzung ihrer grundlegenden Rechte begründen. Der UN-Kommentar könnte ihre Position stärken. Ein bekanntes Beispiel ist die Klage von sechs Kindern und Jugendlichen aus Portugal vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

    Laut UNICEF ist die UN-Kinderrechtskonvention von mehr Staaten ratifiziert worden als jeder andere Menschenrechtsvertrag. Der einzige Staat, der nicht ratifiziert habe, seien die USA. Das UN-Kinderrechtskomitee berücksichtigte für seinen Kommentar neben Einschätzungen von Staaten und Fachleuten mehr als 16.000 Beiträge von Kindern aus 121 Ländern. ae

    • Klimaschutz
    • Menschenrechte

    China: Ungebremster Ausbau der Kohlekraft

    China hat auch in der ersten Jahreshälfte 2023 zahlreiche neue Kohlekraftwerke gebaut und genehmigt. Von Januar bis Juni 2023 wurde mit dem Bau neuer Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 37 GW (Gigawatt) begonnen, wie aus einer neuen Studie der Organisationen Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) und Global Energy Monitor hervorgeht. Peking genehmigte in diesem Zeitraum demnach 52 GW neue Kohlekapazitäten, von denen zehn GW bereits im Bau sind. Projektentwickler könnten darüber hinaus weitere 41 GW an. Auch wurden acht GW eigentlich auf Eis gelegter Kohleprojekte wiederbelebt.

    Sollte der Ausbau der Kohlekraftwerkskapazitäten in China so fortgesetzt werden, bedeutet das laut der Organisationen entweder einen massiven Anstieg der Kohlestromerzeugung – und damit der Emissionen – oder einen massiven Rückgang der Kraftwerksauslastung, mit entsprechenden Verlusten für die Betreiber. Die meisten neuen Kohlekraftwerksprojekte in China erfüllen derweil gar nicht die Bedingungen für Genehmigungen der Zentralregierung. Die Provinzen, in denen die meisten neuen Kohlekraftwerke gebaut werden, nutzen diese nicht, wie eigentlich vorgesehen, um saubere Energie in Dunkelflauten zu ergänzen oder Nachfragespitzen zu decken. Das zeigt laut CREA, “dass es keine wirksame Durchsetzung von Richtlinien zur Genehmigungsbeschränkung” gebe.

    “Die Genehmigungen müssen sofort gestoppt werden, wenn China seine Kohlestromkapazität zwischen 2026 und 2030 senken will”, sagt CREA-Experte Lauri Myllyvirta. Ab diesem Zeitraum soll der Kohleverbrauch nach den bisherigen Plänen der Zentralregierung zurückgehen. Insgesamt hat China seit Beginn des aktuellen Kohle-Baubooms 152 GW an Kohlestrom-Kapazität grünes Licht gegeben. 2022 genehmigte Peking im Schnitt jede Woche zwei neue Kohlekraftwerke – insgesamt rund 100 und damit viermal so viele wie 2021. Die stillgelegten Kapazitäten lagen deutlich niedriger. ck

    • China
    • Energiewende
    • Kohle

    Presseschau

    News: Warum Bolivien und Venezuela den Amazonas nicht schützen wollen Climate Home News
    Hintergrund: Warum Europas Wasser knapp wird Financial Times
    Reportage: Viele Wohnungen in Europa sind nicht für Hitzewellen ausgelegt Bloomberg
    Analyse: El Niño hat begonnen – die Vorbereitungen auf die Schäden sollten auch starten The Economist
    Nachricht: Die Waldbrände in Griechenland sind die größten, die es auf dem Kontinent je gab The Guardian
    Analyse: Warmes Meerwasser könnte den Hurrikan Idalia noch stärker machen NBCNews
    Studie: Schneemangel in jedem zweiten europäischen Skigebiet Die Zeit
    Hintergrund: Das Rennen um Geothermie in den USA New York Times
    Kommentar: Europas Klimabewegung ist zerstritten – wie sie vorankommen könnte Waging Nonviolence
    Protokoll: Wie ein Pilot aufgrund der Klimakrise mit seinem Job hadert Die Zeit

    Heads

    Diana Nabiruma: Gegen Öl- und Gasförderung in Afrika

    Diana Nabiruma, 37-jährige Sprecherin des African Institute for Energy Governance
    Diana Nabiruma setzt sich in Uganda für eine saubere Energieversorgung ein.

    Saubere Energie für Afrika ist einer der Schwerpunkte der Africa Climate Summit, die in der nächsten Woche in Nairobi, Kenia, stattfindet. Erneuerbare beschäftigen auch Diana Nabiruma. Die 37-Jährige ist Sprecherin des African Institute for Energy Governance (AFIEGO) und war im Sommer zum Gespräch in der Redaktion von Table.Media – nach einem Treffen mit Jennifer Morgan, der Sonderbeauftragten für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt, und vor einem Austausch mit Bundestagsabgeordneten. Sie verbrachte zwei Tage in Berlin, um ihre Sicht auf Energieprojekte in Afrika zu schildern.

    Es sei falsch, dass afrikanische Staaten Öl- und Gasvorkommen erschließen müssten, um sich zu entwickeln, so Diana Nabiruma. Dieses Argument verbreite die Fossilindustrie – durch afrikanische Regierungen, die “manchmal nicht nach den Bedürfnissen der Menschen fragen, sondern nach dem Nutzen für sich selbst”. Es ist ein altes Muster, dass die Interessen der Eliten in Afrika häufig eher mit denen der Eliten im globalen Norden übereinstimmen als mit denen der eigenen Bevölkerung.

    AFIEGO klagte gegen Total

    Die ugandische Nichtregierungsorganisation AFIEGO setzt sich für saubere Energie, Umweltschutz und Menschenrechte ein. Bekannt wurde die Organisation hierzulande, weil sie mit den französischen NGOs Amis de la Terre sowie Survie und drei ugandischen Organisationen gegen den französischen Energiekonzern TotalEnergies geklagt hatte. Dieser ist Teil eines Konsortiums, das am Albertsee im Westen Ugandas Öl fördern und über die längste beheizte Öl-Pipeline der Welt an die Küste des Indischen Ozeans im angrenzenden Tansania pumpen will. Das Fördergebiet liegt zum Teil im artenreichen Nationalpark Murchison Falls, wo Antilopen, Elefanten und hunderte Vogelarten leben.

    Mit der Klage wollten die NGOs einen Stopp des Projekts erreichen, bis TotalEnergies die Sorgfaltspflichten erfüllt, die sich aus ihrer Sicht aus dem französischen Lieferkettengesetz (Loi de vigilance) ergeben. Konkret ging es darum, dass der Konzern die Folgen für das Ökosystem stärker berücksichtigen soll und den Menschen, die für das Projekt umsiedeln mussten, angemessen entschädigt. Das zuständige Gericht lehnte die Klage aus formalen Gründen ab.

    Europäische Regeln zu Sorgfaltspflichten können Betroffenen in Afrika helfen

    Auf die Frage, wie die Aktivistin den Ausgang des Verfahrens bewertet, antwortet sie: “Wichtig ist, was die betroffenen Communities denken, weil es um ihre Lebensgrundlage geht, die durch das Projekt gefährdet ist.” Nabiruma erzählt von Betroffenen, die nicht verstehen, dass das Gericht die Klage aus formalen Gründen ablehnte, obwohl es doch derart wichtig sei, Umwelt und Menschen zu schützen. Doch im eigenen Land gebe es kaum Wege, multinationale Konzerne zur Verantwortung zu ziehen.

    Europäische Regulierungen zu Sorgfaltspflichten schüfe zumindest die Möglichkeit dazu. “Aber dann müssen die Gesetze auch stark sein und Betroffene ihre Rechte leicht durchsetzen können”, sagt die Aktivistin. Sie vergleicht den Kampf gegen große Konzerne wie TotalEnergies mit dem von David gegen Goliath. Sie hofft, Gott werde den Betroffenen in diesem Fall ebenso helfen, wie er David geholfen hat – ein Hinweis darauf, dass eben vieles nicht unter der eigenen Kontrolle liegt, egal, wie sehr man sich engagiert.

    “Es kann Menschen nur gut gehen, wenn sie im Einklang mit der Natur leben”

    Wie lebenswert eine saubere Umwelt ist, hat die aus Kampala, der Hauptstadt Ugandas, stammende Nabiruma selbst erfahren. Mit sieben Jahren zog sie aufs Land, um dort ein Internat zu besuchen. Anders als in der Millionenstadt war dort das Wasser sauber und die Luft rein. Als sie elf Jahre später nach Kampala zurückkehrte, habe sie die von Verbrennerautos verseuchte Luft als noch schmutziger erlebt als früher, sagt die Aktivistin. Als Folge bekam sie allergisches Asthma.

    Nach einem Kommunikations- und Journalismus-Studium arbeitete Nabiruma sechs Jahre als Journalistin für die privatwirtschaftlich geführte ugandische Zeitung The Observer. Ihr Schwerpunkt: Umweltpolitik. In der Zeit habe sie gelernt, “dass es Menschen nur gut gehen kann, wenn sie in Einklang mit der Natur leben“. Ohnehin spiele eigenes Land eine wichtige Rolle für die Menschen in Uganda, wo 70 Prozent von Landwirtschaft leben, die meisten als Kleinbäuerinnen und -bauern. Obwohl Uganda nach konventionellen Maßstäben zu den ärmsten Staaten der Welt gehört, seien viele Menschen glücklich und großzügig, weil die Natur ihnen ermögliche, ihr Land ertragreich zu bewirtschaften, sagt die Aktivistin. Wer selbst genug zu essen hat und das wertschätzen kann, ist also zufriedener und eher bereit zu teilen.

    Aktivisten in Uganda arbeiten unter schwierigen Bedingungen

    Doch der Kampf gegen die Zerstörung der Natur ist mühsam – nicht nur, weil multinationale Konzerne großen politischen Einfluss haben, sondern auch, weil Umweltaktivisten in Uganda unter schwierigen Bedingungen arbeiten. Zwischen September 2020 und Oktober 2021 wurden acht Mitarbeitende von AFIEGO verhaftet – insgesamt arbeiten 14 Menschen für die NGO.

    “Wir arbeiten in Angst, aber es ist Arbeit, die erledigt werden muss, weil wir zu den wenigen gehören, die sich noch für die Communities einsetzen”, sagt Nabiruma. Kraft dafür gebe ihr der Austausch mit den Menschen, der ihr immer wieder zeige, dass es nötig sei, sich für sie zu engagieren – und die Überzeugung, dass es einen Unterschied machen könne, wenn man mit einer gemeinsamen Stimme spricht. Nicolas Heronymus

    • Afrika
    • Energiewende
    • Zivilgesellschaft

    Climate.Table Redaktion

    REDAKTION CLIMATE.TABLE

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen