Table.Briefing: China

Wirtschaftskrise + KI-Dominanz

Liebe Leserin, lieber Leser,

mehr als elf Millionen Uni-Absolventen wurden in diesem Jahr auf den chinesischen Arbeitsmarkt gespült. Nicht alle finden den erhofften Job, und viele gehen leer aus. Das zeigt die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Aber nicht nur die Schwierigkeiten bei der Jobsuche beschäftigen junge Chinesinnen und Chinesen. Viele finden den Gedanken attraktiv, auszuwandern. Und sie stellen gesellschaftliche Gewissheiten infrage. 

Fabian Peltsch hat Protokolle aus Gesprächen mit jungen Menschen aus China gesammelt, die uns persönliche Einblicke in die Gedanken und Sorgen zur aktuellen Stimmungslage in der Volksrepublik geben.

Der Opensource Chatbot ChatGPT ist in China offiziell gesperrt. Das hat ein Rennen um die führende chinesische OpenAI entfacht. Noch hat Ernie des IT-Riesen Baidu die Nase vorn. Doch die Konkurrenz holt kräftig auf, schreibt Frank Sieren. Gute Chancen hat dabei das 2019 gegründete KI-Startup Beijing Zhipu Huazhang Technology Co., auch bekannt unter dem englischen Namen “Knowledge Atlas”.

Dieses hat nun Investitionen in Höhe von 2,5 Milliarden Yuan (umgerechnet 342 Millionen US-Dollar) eingesammelt. Zu den größten Investoren von Zhipu gehören neben Chinas Gaming- und WeChat-Konzern Tencent auch die Alibaba-Tochtergesellschaft Ant Group Co. Ernie muss sich also in Acht nehmen.

Ihre
Amelie Richter
Bild von Amelie  Richter

Analyse

“Auswandern ist ein heißes Thema”: Vier junge Chinesen erzählen von ihren Sorgen

Massenandrang bei einer Jobmesse in Zhengzhou. 2023 entern rund 11,5 Millionen neue Uni-Absolventen den chinesischen Arbeitsmarkt.

“Das Leben besteht für die meisten nur noch aus Geld”

Queque, 26 Jahre, Staatsbedienstete, wohnhaft in Chongqing

Nach zwei Jahren Corona-Isolation war klar, dass Chinas Wirtschaft einen Abschwung erleben würde. In diesem Jahr hat der Staat aufgehört, die Arbeitslosenzahlen junger Menschen zu veröffentlichen. Arbeit zu finden, die gut bezahlt ist und einen nicht komplett auslaugt, ist fast unmöglich geworden. Aufgrund der Kompetenz der Machthaber und des Konjunkturzyklus bin ich persönlich der Meinung, dass der wirtschaftliche Abschwung noch lange anhalten wird. 

Das bedeutet für die Menschen der Unter- und Mittelschicht, dass sie weiter Schwierigkeiten haben werden, eine gute Arbeit zu finden. Wir Chinesen sind in einem Umfeld aufgewachsen, in dem Prüfungen eine große Rolle spielen. Ich denke, wir können uns deshalb gut auf neue Situationen einstellen. Veränderungen der sozialen Gegebenheiten können schmerzhaft sein, ja. Aber uns daran anzupassen bedeutet, dass wir überleben. Es ist mir peinlich, zuzugeben, dass wir mit der Gesellschaft unzufrieden sind und uns gleichzeitig nicht imstande sehen, das zu ändern. 

Ich arbeite derzeit in einem staatlichen Unternehmen, das vom Management her sehr marktorientiert ist. Ich muss um 9 Uhr in der Firma sein. Neben der Mittagspause, die ungefähr eine Stunde dauert, gönne ich mir zwischendurch kleine Pausen und gegen 17.30 Uhr mache ich Feierabend. Oft bin ich aber auch sehr beschäftigt und arbeite auch am Wochenende. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich vielleicht nicht so viel arbeite wie andere in meinem Umfeld. In China gibt es genug Menschen, die deinen Job ebenso gut erledigen können, wenn du es nicht machen willst.

In nicht-staatlichen Unternehmen  kann man aus den unterschiedlichsten Gründen entlassen werden, es reicht schon, wenn man älter wird. Das Arbeitsrecht in China bietet bei so etwas keinen perfekten Schutz. Staatliche Unternehmen in China entlassen ihre Mitarbeiter normalerweise nicht so schnell, es sei denn, sie machen einen großen Fehler. 

In China können Frauen mit 55 Jahren und Männer mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen. Ich habe aber Angst, dass ich mit 50 schon total ausgelaugt bin. Ich habe von einer Studie gehört, die besagt, dass jedes Arbeitsjahr dich zwei Jahre Lebenszeit kostet, wenn du die 50 erst einmal überschritten hast. 

Es ist erstaunlich: Die chinesische Gesellschaft scheint an nichts zu glauben: einige Leute leben für ihre Familie, andere wissen nicht, warum sie leben, aber das Leben eines jeden scheint aus Geld zu bestehen. Ich hoffe, dass sich alles ein wenig entschleunigt und dass wir uns einen Moment Zeit nehmen können, um die Schönheit des Lebens zu sehen und verstehen, dass es mehr als nur Geld in der Welt gibt. Es erscheint mir manchmal so, als seien alle geblendet von etwas, das für eine starke Feindseligkeit unter den Menschen sorgt. Etwas, das dazu führt, dass wir den Sinn für das Gute und das Schöne verlieren. Wenn es um soziale Gerechtigkeit und Klassen geht, habe ich das Gefühl, dass sich ganz Ostasien in einem Zustand der Unterdrückung befindet. Und das weckt Widerstand in mir.

Ich habe schon einmal darüber nachgedacht, auszuwandern, aber ich bin mit nur einem Elternteil aufgewachsen, und mein Herz hängt sehr an meiner Mutter. Deshalb möchte ich bei ihr bleiben und mich um sie kümmern. Es gäbe viele Gründe, China zu verlassen, aber mir reicht dieser eine Grund, um zu bleiben. Chinesische Familienbande sind sehr stark, aber sie können auch eine Bürde sein. 

“Wir brauchen weniger Dummköpfe”

Qiqi, 31 Jahre, Skateboarder aus Peking

Heutzutage ist es relativ einfach, einen Job zu bekommen, den man auch mag, aber es ist wirklich schwer, ihn zu behalten und seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten. Ich habe Hoffnungen für die Zukunft, weil ich hart daran arbeite, meine eigenen Ziele zu erreichen. Noch bin ich aber auf finanzielle Hilfe anderer angewiesen. Ich bin freiberuflich tätig, hauptsächlich arbeite ich an meiner Band und meiner eigenen Skateboard-Marke. Es gibt Druck und Wettbewerb in allen Branchen, egal wie sehr die Leute vorgeben, freundlich und gut zueinander zu sein. Wer hofft denn nicht, dass seine Konkurrenten das Handtuch werfen?

Ich denke noch nicht viel über Dinge wie die Rente nach. Aber ich mache mir schon Sorgen, wovon ich im Alter leben soll (lacht). Wenn ich mehr Geld hätte, würde ich gerne verreisen, vor allem nach Japan. Für die Zukunft hoffe ich, dass mehr junge Menschen gute Musik hören, mehr mit schönen Dingen in Berührung kommen und dass es weniger Dummköpfe gibt.

“Frauen über 30 haben es auf Chinas Arbeitsmarkt schwer”

Yang, 35 Jahre, Werbefachfrau aus Shanxi. Seit 2022 zum Studium in Berlin.

Ich habe bis vergangenes Jahr für eine Internet-Firma in Peking gearbeitet. Eigentlich ein interessanter Job. Ich machte Kampagnen für bekannte Marken. Aber jeder Tag war auch unglaublich stressig. Sechs Tage die Woche, oftmals bis spät in die Nacht um drei oder vier. Morgens musste ich trotzdem früh ins Büro. Es herrschte hoher Druck. Keiner wollte als Erstes sagen: Oh, ich gehe jetzt nach Hause, ich brauche ein bisschen Freizeit. Im Gegenteil: Jeder wollte beweisen, dass er noch mehr und besser arbeiten kann als die anderen. Jeder stand mit jedem in Konkurrenz! Im Vergleich zu europäischen Ländern gibt es in China viel mehr Menschen. Tausende Universitätsabsolventen konkurrieren um die gleichen Jobs. Menschen, die Familien gründen wollen und diese dann auch ernähren müssen. 

Wenn du eine Frau und älter als 30 bist, ist das Berufsleben in China aber nochmal härter. Im April 2022, ziemlich genau einen Monat, nachdem ich 35 Jahre alt geworden war, erklärte mir eine Vorgesetzte, dass es nun noch schwerer für mich sei, befördert zu werden. Und dass viele Firmen einen in diesem Alter nicht mehr einstellen wollen. Solche Sachen kamen aber nicht nur von ihr, sondern auch von Freunden. Viele meiner Kolleginnen wurden ab einem bestimmten Alter immer nervöser und hatten Angst, ihren Job zu verlieren. 

Nach der Covid-Pandemie haben viele Firmen in China Mitarbeiter entlassen, um Kosten einzusparen, auch meine. 30 Prozent der Mitarbeiter mussten gehen, insbesondere die Älteren, aber auch solche, die noch Praktika machten oder Trainees waren. Auch ich verlor meinen Job. Ich war nicht geschockt, als es passierte, ich hatte es ja kommen sehen. Ich dachte also darüber nach, wie ich mein Leben ändern könnte. Natürlich machte ich mir Sorgen um mein Einkommen und die Lebenshaltungskosten, aber ich konnte genug kleinere Projekte freiberuflich umsetzen. 

Während dieser Zeit begann ich, besseres Englisch zu lernen, um ins Ausland gehen und dort studieren zu können. Ich hatte immer schon den Wunsch, in einem anderen Land zu leben. Berlin war eher eine zufällige Wahl. Ich war hier 2018 mit meinem damaligen Partner zu Besuch, ich mochte die Graffitis, die Straßen, die Flüsse und die Parks. Und ich habe ein paar Freunde, die bereits hier lebten. 

Aber es gab noch andere Gründe für mich, China zu verlassen. Ich komme aus einer traditionellen Familie. Meine Eltern hoffen, dass ich heirate, bevor ich zu alt bin. Aber das ist nun wohl schon passiert (lacht). Wenn ich etwas an der chinesischen Gesellschaft ändern könnte, würde ich die Leute überzeugen, sich mehr um eigene Geschäftsfelder zu bemühen, also eigene Start-ups oder Online-Plattformen zu gründen. 

Und was ich auf jeden Fall noch ändern würde, ist dieser Ageismus! Nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. In China schreiben viele Firmen ganz offen in ihre Stellenausschreibungen, dass Bewerber über 35 nicht akzeptiert werden. Und das bei gefühlt 90 Prozent der Anzeigen! Das ist doch Wahnsinn. In Europa kann man auch mit über 40 noch weiter Karriere machen. Das ist schon sehr anders als in China. Ich denke, viele jüngere Chinesen haben mittlerweile erkannt, dass diese Art von Arbeitsmarkt unfair ist. Sie sind klug genug, um ihren Job und ihre Gesundheit besser in Einklang zu bringen. Ich blicke positiv in die Zukunft. Es wird besser werden, da bin ich mir sicher. 

“Vielleicht werde ich nicht in der Lage sein, mich selbst zu versorgen”

JL, Designerin, 29 Jahre alt, aus Hebei.

Ich arbeite als freiberufliche Designerin. Anfangs war es nicht leicht, über die Runden zu kommen, aber in den letzten Jahren ist es besser geworden. Ich habe im Grunde jeden Monat neue Aufträge, außerdem arbeite ich an einigen persönlichen Projekten. Nach meinem Abschluss wechselte ich etwa ein halbes Dutzend Mal die Firma, bis ich schließlich eine fand, die mir zusagte. Dort arbeitete ich fünf Jahre lang, bevor ich mich entschloss, mich selbstständig zu machen. Ich weiß nicht wirklich, wie der Arbeitsmarkt heutzutage aussieht, und es interessiert mich auch nicht wirklich. Ich habe in den letzten zwei Jahren erkannt, dass es so etwas wie Arbeitslosigkeit und Ruhestand nicht gibt, wenn man das tut, was man gerne tut und davon leben kann. Ich weiß nicht, was in der Zukunft passieren wird, vielleicht werde ich keine Rente haben, wenn ich alt bin, weil ich nicht für ein “normales” großes Unternehmen arbeite und nicht in der Sozialversicherung bin. Vielleicht werde ich nicht in der Lage sein, mich selbst zu versorgen … Ich hoffe, dass mir eine Lösung einfällt, bevor das passiert.

Das Thema Auswandern war in den letzten Jahren das heißeste Thema in China, und auch ich würde gerne woanders leben. Denn ich möchte in einer Umgebung mit einem anderen System leben, eine andere Kultur erleben. Aber im Moment ist noch nicht klar, welches Land für mich das Geeignetste wäre. Was ich an der heutigen Gesellschaft ändern würde, wenn ich könnte? Zu meiner eigenen Sicherheit beantworte ich diese Frage lieber nicht.

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IT-Riesen liefern sich Kampf um KI-Führerschaft

Noch hat Ernie des IT-Riesen Baidu beim Rennen um die führende OpenAi in China die Nase vorn. Doch die Konkurrenz holt kräftig auf.

Zensur hat in China stets auch eine ökonomische Komponente. So wie einst Baidu und Tencent zu den führenden IT-Unternehmen in China aufsteigen konnten, nachdem die Behörden Google-Dienste und Facebook gesperrt hatten, könnte sich diese Entwicklung bei OpenAI wiederholen. Seitdem China den Zugriff auf das US-amerikanische ChatGPT offiziell gesperrt hat, ist landesweit ein Rennen um die führende chinesische OpenAI entfacht.

Gute Chancen hat das 2019 gegründete KI-Startup Beijing Zhipu Huazhang Technology Co. – auch bekannt unter dem englischen Namen “Knowledge Atlas”. Es hat kürzlich Investitionen in Höhe von 2,5 Milliarden Yuan (umgerechnet 342 Millionen US-Dollar) eingesammelt, verkündete ein Unternehmenssprecher.

Zu den größten Investoren von Zhipu gehören neben Chinas Gaming und WeChat Konzern Tencent auch die Alibaba-Tochtergesellschaft Ant Group Co., sowie der Smartphone-Hersteller HongShan, die chinesische Tochterfirma des kalifornischen Venture Capitalist Sequoia und der Essens-Lieferdienst Meituan, mit 700 Millionen aktiven Usern monatlich.

Ausgründung der Tsinghua-Uni

Entstanden ist Zhipu 2019 als Ausgründung der Pekinger Tsinghua-Universität und wird von Tang Jie geleitet, einem Professor für Informatik und Technologie. Tang hat seinen Doktor in England gemacht und in Manchester geforscht, bevor er 2015 nach China zurückgekehrt ist. Er ist Fellow der US-amerikanischen Association for Computing Machinery ACM, des wichtigsten Verbandes der Branche. Zu dieser Ehre kommen nur die Top ein Prozent der weltweiten Mitglieder. Zudem ist Tang auch Fellow des IEE, des weltweit größten technischen Berufsverbandes mit 427.000 Mitgliedern in mehr als 190 Ländern.

Tang hat auch den Preis der ACM für das beste Forschungspapier in einer Dekade in der Special Interest Group (SIG) Knowledge Discovery and Data Mining (KOOD) bekommen. Damit gehört er zu den besten der Welt. Er hält die Mehrheit am Unternehmen, baut das Startup allerdings gemeinsam mit Li Juanzi auf, einem anderen Professor der Tsinghua Universität.

Zhipu setzt auf Grafikkarte

Zhipu hat zwei bilinguale (Englisch und Chinesisch) Open-Source-Sprachmodelle entwickelt, GLM-130B und ChatGLM-6B, die 130 Milliarden beziehungsweise sechs Milliarden Parameter umfassen. KI-Modelle mit einer großen Anzahl von Parametern können im allgemeinen komplexere Aufgaben ausführen als ihre kleineren Gegenstücke. ChatGLM-6B, das kleinere seiner beiden Open-Source-Sprachmodelle, hat dafür einen anderen Vorteil: Es kann auf einer Consumer-Grafikkarte ausgeführt werden, was die Kosten erheblich senkt.

Tangs Startup Zhipu gehörte denn auch zu den ersten chinesischen Firmen, die im August die staatliche Genehmigung für eine öffentliche Einführung erhielten. Am 31. August brachte das Unternehmen seinen ersten generativen KI-Assistenten namens Zhipu Qingyan auf den Markt. Benutzer können auf den Chatbot zugreifen, indem sie die Anwendung aus App-Stores herunterladen oder das Plug-in auf WeChat verwenden. Nach Angaben des Unternehmens kann die Software Fragen stellen und beantworten, mehrere Dialogrunden führen, kreativ schreiben, sowie Codes generieren.

Viele Wettbewerber

Der Wettbewerbsdruck von Zhipu ist allerdings hoch. Seit Anfang des Jahres seien mehr als 100 chinesische Unternehmen in den Bereich der generativen KI eingestiegen, sagt Zhang Yaqin, Dekan des Instituts für KI-Industrieforschung der Pekinger Tsinghua-Universität. “Einige haben “Large Learning Models” (LLMs) eingeführt, während andere branchenspezifische Modelle entwickeln, die Bereiche wie biologisches Rechnen und Bildung abdecken.”

Auch Robin Li, Mitbegründer und CEO von Baidu, sieht riesige Chancen: “Generative KI und große generative Sprachmodelle haben in zahlreichen Branchen eine enorme transformative Kraft und stellen für uns eine bedeutende Marktchance dar. Um immer einen Schritt voraus zu sein, entwickeln wir uns weiter.”

Robin Li: Ernie auf Augenhöhe mit ChatGPT

Baidus Ernie Bot war Mitte März als erster chinesischer ChatGPT-Konkurrent eingeführt worden, wenn auch nur für wenige zugänglich und gilt als der größte Wettbewerber von Tangs Zhipu. Seit dem 30. August wurde Ernie für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und Ende Oktober schließlich erklärte Li, das große Sprachmodell Ernie sei auf Augenhöhe mit GPT-4 von OpenAI. Seit Anfang des Jahres haben viele chinesische Technologieunternehmen, darunter Alibaba und ByteDance, ihre eigenen Modelle herausgebracht. Dennoch investiert Alibaba in Alternativen wie Zhipu.

Und auch weltweit nimmt die KI-Entwicklung Fahrt auf. Letzten Monat kündigte Amazon Pläne an, bis zu vier Milliarden US-Dollar in den OpenAI-Rivalen Anthropic zu investieren, der einen KI-Chatbot namens Claude entwickelt. Zuvor hatte das in Paris ansässige Unternehmen Mistral AI 113 Millionen US-Dollar an Finanzmitteln für den Aufbau großer Sprachmodelle aufgebracht.

Chinas Vorteile

Der globale KI-Markt wurde im Jahr 2022 auf 136,6 Milliarden US-Dollar geschätzt und soll im Jahr 2023 196,6 Milliarden Dollar erreichen. Pan Helin, Co-Direktor des Forschungszentrums für digitale Wirtschaft und Finanzinnovation an der International Business School der Zhejiang-Universität, betonte, China habe “im Vergleich zu seinen ausländischen Pendants die Oberhand bei der Förderung der industriellen Anwendung von KI gewonnen, da das Land über relativ vollständige Industriekategorien, einen extrem großen Verbrauchermarkt und eine starke Entwicklungsbasis verfügt”.

China hat offiziell mit der Formulierung eines nationalen Standards zum Testen von LLMs begonnen und die erste Standardisierungs-Task Force des Landes für LLMs wurde im Juli während der 6. Weltkonferenz für künstliche Intelligenz in Shanghai gebildet. Die vom Shanghai Artificial Intelligence Innovation Center geleitete Taskforce besteht aus sechs Teamleitern – Baidu, Alibaba Cloud, iFlytek Co, 360 Security Technology, Huawei Cloud und dem China Mobile Research Institute. Die Taskforce ist für die Ausarbeitung von praxisnahen LLM-Standards verantwortlich.

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News

Chinas Klimabeauftragter tritt nach COP28 zurück

Chinas Klimabeauftragter Xie Zhenhua wird nach dem Ende der diesjährigen Klimakonferenz in Dubai (COP28) in den Ruhestand treten. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezug auf einen Regierungsbeamten. Xie, der in diesem Monat 74 Jahre alt wird, werde demnach ab Dezember durch Liu Zhenmin ersetzt. Liu ist ein ehemaliger chinesischer Vizeaußenminister und Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen.

Xie vertrat China erstmals 2007 in Kopenhagen bei globalen Klimaverhandlungen. Gemeinsam mit seinem damaligen US-Couterpart Todd Stern hatte Xie damals maßgeblich zum Entstehen des Pariser Klimaabkommens von 2015 beigetragen. Ende 2019 trat Xie im Alter von 70 Jahren von seiner Position als Sonderbeauftragter für den Klimawandel und Chefverhandler zurück.

Eigentlich müssen hochrangige chinesische Beamte ab 68 Jahren in den Ruhezustand gehen. Doch Xie kehrte im Februar 2021 in seine Rolle zurück und damit auch zurück auf die globale Bühne. Er führte 2021 und 2022 erneut Chinas Delegationen zur COP an. Mit John Kerry, dem aktuellen US-Sondergesandten für Klimafragen, pflegt Xie ein gutes Verhältnis. nib/rtr

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  • Klimapolitik

Evergrande bietet Gläubigern Firmenanteile

Evergrande Mingdu Wohnanlage in der Provinz Jiangsu, China

Der ums Überleben kämpfende Immobilienkonzern China Evergrande unternimmt Insidern zufolge einen neuen Versuch zur Umschuldung. Er biete Haltern seiner Auslandsanleihen an, diese Schuldtitel in Anteile zweier in Hongkong notierter Tochterfirmen einzutauschen, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen am Mittwoch. Insgesamt könnten sie jeweils 30 Prozent an der Dienstleistungssparte Evergrande Property Services und dem Elektroauto-Bauer Evergrande New Energy Vehicle erhalten. Allerdings würden die Gläubiger dabei voraussichtlich nur einen Bruchteil der 19 Milliarden Dollar zurückerhalten, die sie dem Immobilienkonzern geliehen haben.

Der mit rund 300 Milliarden Dollar weltweit am höchsten verschuldete Immobilienkonzern hatte seine Auslandsanleihen 2021 nicht mehr bedienen können. Seither ringt er mit seinen Gläubigern um einen Kompromiss zur Umschuldung. Einige von ihnen haben in Hongkong ein Verfahren angestrengt, um Evergrande abwickeln zu lassen.

Das Gericht verschob die Anhörung hierzu allerdings auf den 4. Dezember. Bis dahin müsse das Unternehmen einen “konkreten” überarbeiteten Restrukturierungsvorschlag vorlegen. Die ursprünglichen Pläne hatten sich Ende September zerschlagen, weil Evergrande wegen der Verhaftung einiger Manager einer Tochterfirma vorerst keine neuen Bonds ausgeben darf. Außerdem ist Evergrande-Gründer Hui Ka Yan ins Visier der Behörden geraten. rtr/flee

  • Evergrande
  • Immobilienkrise

Peking versinkt wieder im Smog

Eigentlich war die starke Luftverschmutzung in der Großregion Peking, Tianjin und Hebei in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Doch für die kommenden Wochen müssen sich die mehr als 100 Millionen Einwohner der Hauptstadtregion wieder auf heftigen Smog einstellen.

Wie der Schweizer Hersteller von Luftreinigungsgeräten IQ Air, der auch international die Luftqualität überwacht, laut AFP mitteilte, betrug die Konzentration der gefährlichen PM2,5-Feinstaubpartikel am Mittwoch das 20-Fache der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Obergrenze. Solche Geräte filtern in Wohnungen den Feinstaub aus der Luft.

Die Behörden sind alarmiert und haben den Verkehr von Kraftfahrzeugen mit hohem Abgasausstoß bereits eingeschränkt. Die Bürger werden gebeten, von Zuhause aus zu arbeiten. Die starke Luftverschmutzung werde aufgrund einer sogenannten Inversionswetterlage voraussichtlich noch bis Mitte November anhalten, berichtet die “Beijing Daily” unter Berufung auf Behördenvertreter.

Bei einer Inversionswetterlage liegen wärmere Luftschichten über den kälteren. Die Luft wird unter einer Art warmen Glocke festgehalten und dadurch am Aufsteigen gehindert. Je mehr Schadstoffe, die von Fabriken und Autos ausgestoßen werden, sich in dieser Luftschicht sammeln, umso dichter wird der Smogrtr/flee

  • Umwelt

EU-Kommissar Breton reist nach Peking und Hongkong

Der französische EU-Kommissar Thierry Breton wird in der kommenden Woche China und Hongkong besuchen. Ein Sprecher der EU-Kommission bestätigte Table.Media am Mittwoch die Reisepläne. Zuvor hatte Politico darüber berichtet. Die Reise wird den Binnenmarkt-Kommissar vom 8. bis 10. November nach Peking und am 11. November nach Hongkong führen.

Details, wen Breton treffen wird, gab die EU-Kommission zunächst nicht bekannt. Breton folgt in einer Reihe von EU-Besuchern in der Volksrepublik, darunter Handelschef Valdis Dombrovskis, Digital-Kommissarin Věra Jourová und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Die Reisen finden alle auch mit Blick auf einen möglichen EU-China-Gipfel statt. ari

  • EU
  • Thierry Breton

Ersatz für Pit und Paule ist möglich

Die beiden gar nicht mehr so jungen Jungpandas Pit und Paule verlassen noch in diesem Jahr den Berliner Zoo und gehen nach China. Doch eine Sprecherin des Tierparks macht Hoffnung, dass es schon bald Ersatz geben könnte: Panda-Mutter Meng Meng könne “rein theoretisch” bereits im nächsten Frühjahr wieder ihre Empfängnisbereitschaft signalisieren, sagte die Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. “Wenn dann alles optimal läuft, könnten wir Ende des nächsten Sommers noch einmal das große Glück haben, Nachwuchs bei den Großen Pandas zu bekommen.”

Die Voraussetzungen stünden nicht schlecht, zitiert dpa die Sprecherin des Berliner Zoos weiter: “Meng Meng hat sich als hervorragende Mutter erwiesen und wir hoffen, dass es noch einmal so prima klappt.”

Eine gewagte Aussage. Denn bis vor Kurzem galt es fast als unmöglich, dass Pandas in Gefangenschaft trächtig werden. Doch die moderne Panda-Medizin hat enorme Fortschritte gemacht. Und so ist es keine Seltenheit mehr, dass in Zoos weltweit kleine Pandababys zu sehen sind.

Die Sache hat allerdings ein Harken: Sämtliche Pandas, auch ihre Nachkommen, sind Eigentum der Volksrepublik und werden nur an die Zoos verliehen. Zuletzt hat China zahlreiche Pandas zurückgeholt. flee

Presseschau

China-Besuch: Umweltministerin Lemke fordert mehr Einsatz gegen Plastik DEUTSCHLANDFUNK
China: Kritik an Parteichef Xi SUEDDEUTSCHE
Taiwan: Präsidentin Tsai empfängt Delegation des Europäischen Parlaments RTI
China keeps up military pressure on Taiwan, sending 43 planes and 7 ships near island ABCNEWS
UK, US, China sign AI safety pledge at UK summit RFI
Provokation aus Peking: Chinas Internetriesen löschen Israel von Landkarten T-ONLINE
Vertrauliches Schreiben an Habeck-Ministerium: Anwälte fordern Bundesregierung auf, Verkauf von deutschem Tech-Unternehmen Franka Emika an China in letzter Minute zu stoppen BUSINESSINSIDER
Newsom defends China trip that California Republican calls “another grandstanding moment” SACBEE
US House panel seeks ban on federal purchases of China drones REUTERS
Canada bans China’s WeChat, Russia’s Kaspersky PHILSTAR
Einparteienstaat als Exportware: Wie China in Afrika politische Führungskräfte schult N-TV
Deutsche Unternehmen stark von Chips aus China abhängig HEISE
Neue Schulden sollen Wirtschaft ankurbeln – China: Abwärtsspirale der Fabriken und Rekordschulden FINANZMARKTWELT
Micro stocks shine in China’s flagging share market REUTERS
Shadows Over Sunshine: Unraveling the Dilemma of Solar Panel Recycling in China NASDAQ
Der Immobiliengigant China Evergrande kämpft ums Überleben DERSTANDARD
Hong Kong bringt Kryptotechnik in den Immobilienmarkt – Ripple schafft die Basis FINANZNACHRICHTEN
China plant eine Basis auf dem Mond und dieses Video soll sie zeigen T3N
Lionel Messi nicht nach China! Inter Miami sagt geplante Tour wegen “unvorhergesehener Umstände” ab GOAL
For China’s Jobless Young People, Hostels Are the Place to Be NYTIMES
Halloween costumes in Shanghai poke fun at Chinese authorities THEGUARDIAN
Haze lingers in Beijing as fog blankets parts of north China REUTERS

Heads

Alexander Demissie – Zwischen China, Afrika und Europa

Lukrative Dreiecksbeziehung: Alexander Demissie bringt China, Afrika und Europa zusammen.

Was hat Chengdu in Sichuan mit Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba zu tun? Das scharfe Essen zum Beispiel, die Herzlichkeit der Menschen und das milde Wetter, sagt Alexander Demissie. Er muss es wissen, denn er hat in beiden Städten gelebt. In Addis Abeba ist Demissie geboren. Als er zehn Jahre alt war, zog die Familie an den Bodensee. Nach dem Abitur ging er nach Köln, wo er Regionalwissenschaften Ostasien mit Schwerpunkt China und Politik studierte. In Chengdu verbrachte er ein Auslandsjahr.

Das Äthiopien von heute besitzt viel Ähnlichkeit mit China vor 20 Jahren, erzählt Demissie, es werde auch China Afrikas genannt. Doch die Länder ähneln sich nicht nur wegen ihrer wirtschaftlichen Entwicklung: Äthiopien blickt auf 3.000 Jahre ununterbrochene Kultur, Sprache und Geschichte zurück. Damit kann es wie kaum ein anderes Land mit China mithalten, das stolz ist auf seine 5.000 Jahre alte Kultur und Geschichte. Chinesen behandeln Äthiopien aufgrund dieser Gemeinsamkeit mit viel Respekt und Hochachtung, sagt Demissie, bei Geschäftsanbahnungen ist das ein echtes Pfund. 

Beziehungen zwischen China, Afrika und Europa

Äthiopien besitzt einen besonderen Stellenwert für China, wie auch Ägypten, Südafrika, Marokko, Nigeria und Kenia, die gewaltig von Geschäften mit der Volksrepublik profitieren, und von Investitionen im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI). Allerdings schaffen es nicht alle afrikanischen Länder, gewinnbringende Beziehungen zu China aufzubauen, sagt Demissie.

Mit seiner Firma The China Africa Advisory ist Demissie Mittler zwischen China, Afrika und Europa. Er erstellt für Unternehmen und internationale Organisationen Studien zu politischen Richtlinien im Zielland, veranstaltet Fachkonferenzen und unterstützt beim Erschließen neuer Märkte. Er kennt die Beziehungen zwischen China und afrikanischen Ländern ganz genau, aber auch die Rolle Europas. 

Über China nur so gestolpert

Alexander Demissie beschäftigt sich seit 2001 intensiv mit China. Eigentlich wollte er sich für etwas anderes einschreiben, als sein Blick im Studierendensekretariat der Universität Köln auf einen Aushang fiel. Der Studiengang Regionalwissenschaften Ostasien mit Schwerpunkt China wurde darauf beworben. “Was weiß ich eigentlich über China?”, fragte er sich, und die Antwort war: “fast nichts”. Ein Armutszeugnis für die deutsche Bildungslandschaft, sagt Demissie heute. Man macht Abitur, weiß aber fast nichts über China und den globalen Süden. Als er vor dem Studienberater saß, erkundigte er sich nach dem Fach. Der schwärmte und Demissie schrieb sich ein. Den wichtigsten Ausschlag für seinen späteren beruflichen Weg gab allerdings ein Seminar zum Thema China in Afrika.

Im Jahr 2003 war Xi Jinpings Stolzprojekt, die Belt and Road-Initiative, noch lange nicht absehbar, sie wurde erst zehn Jahre später verkündet. Seitdem hat China seine Investments in Afrika systematisch geplant und dadurch nicht nur Lieferketten aufgebaut sowie Rohstoffe für die eigene Industrie gesichert, sondern auch diplomatisch viel erreicht. Dass China in Afrika eine Rolle spielen würde, lernten Demissie und seine Kommilitonen allerdings bereits vor zwanzig Jahren. Die Entwicklung war keine Überraschung, sagt er.

Warum Europa erst jetzt langsam beginnt, mit Global Gateway an einer Alternative zur BRI zu arbeiten? Demissie macht eine gewisse Arroganz der Europäer dafür verantwortlich, die gegenüber Afrika Vorurteile hätten und ihre Sichtweisen zu wenig hinterfragten. Arroganz führt dazu, dass man abgehängt wird, sagt er. 

Von der UN zur eigenen Firma

Demissie selbst hinterfragt gerne und besitzt ein gutes Auge für Zusammenhänge. Nach dem Studium arbeitete er zunächst im Klimasekretariat der Vereinten Nationen in Bonn und organisierte weltweit Konferenzen. Dabei erkannte er, wie wichtig China ist und wie wenig Wissen es zugleich über das Land gibt. Er sah eine Chance, diese Lücke zu schließen und gründete 2016 seine eigene Firma, the China Africa Advisory. 

China wird nicht aus Afrika verschwinden, sagt Demissie. Es wird seine Aktivitäten sogar noch verstärken. Das sollte man weder ausschließlich positiv noch ausschließlich negativ sehen, man muss sich schlicht mit der Tatsache auseinandersetzen – sachlich und strategisch. Es geht um Themen wie Lieferketten, Chancen für europäische Unternehmen in Afrika, aber auch darum, Europa als Exportmarkt attraktiv zu halten.

Exportmarkt Europa wird unattraktiver

Denn Afrika blickt schon jetzt nicht nur nach Europa. Firmen aus Afrika wird der Zugang zum chinesischen Markt zunehmend erleichtert. Dadurch ist es für sie viel einfacher, nach China zu exportieren, als zum Beispiel nach Deutschland. China, aber auch Länder wie Indien und Brasilien, sind für afrikanische Staaten, die Partner und Märkte suchen, ernsthafte Alternativen.

Lange war das Interesse an Afrika in Deutschland klein und er habe zunächst nur chinesische Kunden gehabt, erzählt Demissie. Aber langsam beginnen auch Kunden aus Deutschland, sich für Afrika zu interessieren. Für sie erstellt das Team um Demissie zum Beispiel Studien zur Nachhaltigkeit und den Möglichkeiten bestimmter Wirtschaftszweige in Äthiopien und anderen afrikanischen Ländern – und gibt einen Überblick, wie sich chinesische Firmen vor Ort betätigen.

Trilaterale Kooperationen brauchen Vertrauen

Neben der Unterstützung bei der Suche nach Investitionsmöglichkeiten ermöglicht Demissie aber auch die trilaterale Zusammenarbeit zwischen afrikanischen, chinesischen und europäischen Partnern. Oftmals wünsche sich die afrikanische Seite trilaterale Kooperationen, sagt Demissie, und nennt ein Beispiel aus dem Textilsektor. Während ein äthiopisches Unternehmen zum Beispiel einen Großteil seiner Investitionen aus China erhält, wie Maschinen und Kapital, möchte es das Personal lieber durch deutsche Firmen ausbilden lassen, auch um den Standards auf dem deutschen Markt zu genügen. 

Damit eine Kooperation mit drei Akteuren funktioniert, muss oft Misstrauen abgebaut werden. Durch Studien und Trainings zeigt Demissie den Partnern, dass die Kooperation funktionieren kann und zum Erfolg führt.

Ein anderer Bereich ist die Diversifizierung in Richtung Afrika. Manche deutsche Firmen möchten China verlassen und Demissie liefert Markteintrittsberatung und vermittelt Kontakte. Er organisiert auch Investment-Konferenzen mit deutschen und europäischen Partnern, die meist in Afrika stattfinden. Dabei werden sehr spezialisierte Märkte beleuchtet, die zu den Zielsetzungen der jeweiligen afrikanischen Staaten passen. Oft geht es um Zukunftsthemen: 2018 bei einem Railway Summit in Äthiopien, 2019 bei einer Konferenz zum Logistik-Sektor, 2023 bei einer Veranstaltung zu erneuerbaren Energien. 

Chancen für Afrika in China

China Africa Advisory berät auch afrikanische Regierungen, um afrikanische Akteure rechtzeitig auf Entwicklungen in China aufmerksam zu machen. Dazu arbeitet er auch mit Partnern in China zusammen. Als China den Landwirtschaftssektor für afrikanische Produkte öffnete, lieferte Demissie Analysen zu den neuen Richtlinien und zeigte Chancen auf.

An der Universität Bonn promoviert Demissie zu China-Äthiopien-Beziehungen. In der Dissertation wird es darum gehen, wie äthiopische Eliten Entscheidungen über ihre China-Beziehungen treffen. Seine Vorlesungen zum Thema China in Afrika sind immer voll, sagt er. Es ist längst kein Nischenthema mehr und dennoch steht diese ganz besondere Beziehung nur selten im Vordergrund. In der Zukunft, da ist Alexander Demissie sich sicher, wird sich das aber ändern. Julia Fiedler

Personalien

Tim Rühlig ist neuer China Fellow bei der hausinternen Beratung der EU-Kommission (IDEA). Er arbeitet dort mit einem Schwerpunkt auf Technologie und Innovation. Rühlig war bisher bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik tätig und wird nach neun Monaten zurückkehren.

Joshua Chiu ist neuer Senior Vice President und Head of Sales für Südostasien bei Next Biometrics. Chiu war zuvor Präsident des taiwanischen Biometrie-Unternehmens Egis Technology China.

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Dessert

Die Halloween-Feierlichkeiten in Shanghai atmeten dieses Jahr den Geist der “Weißpapier-Proteste” vom vorigen Dezember. Einige wählten Kostüme mit politischer Botschaft. Diese ungesund aussehende junge Frau trägt eine Almosenschüssel und ein Schild mit der Aufschrift 医学牲 Yīxué shēng vor sich her – ein Wortspiel aus Medizinstudent und Nutztier, das auf die prekäre Situation von Studierenden anspielt. Andere gingen in Corona-Schutzanzügen auf die Straße – und wurden von der Polizei prompt wegen Unruhestiftung festgenommen. Die Erinnerung an die mitunter gewalttätigen Lockdownmaßnahmen, die von den sogenannten “Da Bai” durchgeführt wurden, sind noch frisch.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Fabian Peltsch hat Protokolle aus Gesprächen mit jungen Menschen aus China gesammelt, die uns persönliche Einblicke in die Gedanken und Sorgen zur aktuellen Stimmungslage in der Volksrepublik geben.

    Der Opensource Chatbot ChatGPT ist in China offiziell gesperrt. Das hat ein Rennen um die führende chinesische OpenAI entfacht. Noch hat Ernie des IT-Riesen Baidu die Nase vorn. Doch die Konkurrenz holt kräftig auf, schreibt Frank Sieren. Gute Chancen hat dabei das 2019 gegründete KI-Startup Beijing Zhipu Huazhang Technology Co., auch bekannt unter dem englischen Namen “Knowledge Atlas”.

    Dieses hat nun Investitionen in Höhe von 2,5 Milliarden Yuan (umgerechnet 342 Millionen US-Dollar) eingesammelt. Zu den größten Investoren von Zhipu gehören neben Chinas Gaming- und WeChat-Konzern Tencent auch die Alibaba-Tochtergesellschaft Ant Group Co. Ernie muss sich also in Acht nehmen.

    Ihre
    Amelie Richter
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    Analyse

    “Auswandern ist ein heißes Thema”: Vier junge Chinesen erzählen von ihren Sorgen

    Massenandrang bei einer Jobmesse in Zhengzhou. 2023 entern rund 11,5 Millionen neue Uni-Absolventen den chinesischen Arbeitsmarkt.

    “Das Leben besteht für die meisten nur noch aus Geld”

    Queque, 26 Jahre, Staatsbedienstete, wohnhaft in Chongqing

    Nach zwei Jahren Corona-Isolation war klar, dass Chinas Wirtschaft einen Abschwung erleben würde. In diesem Jahr hat der Staat aufgehört, die Arbeitslosenzahlen junger Menschen zu veröffentlichen. Arbeit zu finden, die gut bezahlt ist und einen nicht komplett auslaugt, ist fast unmöglich geworden. Aufgrund der Kompetenz der Machthaber und des Konjunkturzyklus bin ich persönlich der Meinung, dass der wirtschaftliche Abschwung noch lange anhalten wird. 

    Das bedeutet für die Menschen der Unter- und Mittelschicht, dass sie weiter Schwierigkeiten haben werden, eine gute Arbeit zu finden. Wir Chinesen sind in einem Umfeld aufgewachsen, in dem Prüfungen eine große Rolle spielen. Ich denke, wir können uns deshalb gut auf neue Situationen einstellen. Veränderungen der sozialen Gegebenheiten können schmerzhaft sein, ja. Aber uns daran anzupassen bedeutet, dass wir überleben. Es ist mir peinlich, zuzugeben, dass wir mit der Gesellschaft unzufrieden sind und uns gleichzeitig nicht imstande sehen, das zu ändern. 

    Ich arbeite derzeit in einem staatlichen Unternehmen, das vom Management her sehr marktorientiert ist. Ich muss um 9 Uhr in der Firma sein. Neben der Mittagspause, die ungefähr eine Stunde dauert, gönne ich mir zwischendurch kleine Pausen und gegen 17.30 Uhr mache ich Feierabend. Oft bin ich aber auch sehr beschäftigt und arbeite auch am Wochenende. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich vielleicht nicht so viel arbeite wie andere in meinem Umfeld. In China gibt es genug Menschen, die deinen Job ebenso gut erledigen können, wenn du es nicht machen willst.

    In nicht-staatlichen Unternehmen  kann man aus den unterschiedlichsten Gründen entlassen werden, es reicht schon, wenn man älter wird. Das Arbeitsrecht in China bietet bei so etwas keinen perfekten Schutz. Staatliche Unternehmen in China entlassen ihre Mitarbeiter normalerweise nicht so schnell, es sei denn, sie machen einen großen Fehler. 

    In China können Frauen mit 55 Jahren und Männer mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen. Ich habe aber Angst, dass ich mit 50 schon total ausgelaugt bin. Ich habe von einer Studie gehört, die besagt, dass jedes Arbeitsjahr dich zwei Jahre Lebenszeit kostet, wenn du die 50 erst einmal überschritten hast. 

    Es ist erstaunlich: Die chinesische Gesellschaft scheint an nichts zu glauben: einige Leute leben für ihre Familie, andere wissen nicht, warum sie leben, aber das Leben eines jeden scheint aus Geld zu bestehen. Ich hoffe, dass sich alles ein wenig entschleunigt und dass wir uns einen Moment Zeit nehmen können, um die Schönheit des Lebens zu sehen und verstehen, dass es mehr als nur Geld in der Welt gibt. Es erscheint mir manchmal so, als seien alle geblendet von etwas, das für eine starke Feindseligkeit unter den Menschen sorgt. Etwas, das dazu führt, dass wir den Sinn für das Gute und das Schöne verlieren. Wenn es um soziale Gerechtigkeit und Klassen geht, habe ich das Gefühl, dass sich ganz Ostasien in einem Zustand der Unterdrückung befindet. Und das weckt Widerstand in mir.

    Ich habe schon einmal darüber nachgedacht, auszuwandern, aber ich bin mit nur einem Elternteil aufgewachsen, und mein Herz hängt sehr an meiner Mutter. Deshalb möchte ich bei ihr bleiben und mich um sie kümmern. Es gäbe viele Gründe, China zu verlassen, aber mir reicht dieser eine Grund, um zu bleiben. Chinesische Familienbande sind sehr stark, aber sie können auch eine Bürde sein. 

    “Wir brauchen weniger Dummköpfe”

    Qiqi, 31 Jahre, Skateboarder aus Peking

    Heutzutage ist es relativ einfach, einen Job zu bekommen, den man auch mag, aber es ist wirklich schwer, ihn zu behalten und seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten. Ich habe Hoffnungen für die Zukunft, weil ich hart daran arbeite, meine eigenen Ziele zu erreichen. Noch bin ich aber auf finanzielle Hilfe anderer angewiesen. Ich bin freiberuflich tätig, hauptsächlich arbeite ich an meiner Band und meiner eigenen Skateboard-Marke. Es gibt Druck und Wettbewerb in allen Branchen, egal wie sehr die Leute vorgeben, freundlich und gut zueinander zu sein. Wer hofft denn nicht, dass seine Konkurrenten das Handtuch werfen?

    Ich denke noch nicht viel über Dinge wie die Rente nach. Aber ich mache mir schon Sorgen, wovon ich im Alter leben soll (lacht). Wenn ich mehr Geld hätte, würde ich gerne verreisen, vor allem nach Japan. Für die Zukunft hoffe ich, dass mehr junge Menschen gute Musik hören, mehr mit schönen Dingen in Berührung kommen und dass es weniger Dummköpfe gibt.

    “Frauen über 30 haben es auf Chinas Arbeitsmarkt schwer”

    Yang, 35 Jahre, Werbefachfrau aus Shanxi. Seit 2022 zum Studium in Berlin.

    Ich habe bis vergangenes Jahr für eine Internet-Firma in Peking gearbeitet. Eigentlich ein interessanter Job. Ich machte Kampagnen für bekannte Marken. Aber jeder Tag war auch unglaublich stressig. Sechs Tage die Woche, oftmals bis spät in die Nacht um drei oder vier. Morgens musste ich trotzdem früh ins Büro. Es herrschte hoher Druck. Keiner wollte als Erstes sagen: Oh, ich gehe jetzt nach Hause, ich brauche ein bisschen Freizeit. Im Gegenteil: Jeder wollte beweisen, dass er noch mehr und besser arbeiten kann als die anderen. Jeder stand mit jedem in Konkurrenz! Im Vergleich zu europäischen Ländern gibt es in China viel mehr Menschen. Tausende Universitätsabsolventen konkurrieren um die gleichen Jobs. Menschen, die Familien gründen wollen und diese dann auch ernähren müssen. 

    Wenn du eine Frau und älter als 30 bist, ist das Berufsleben in China aber nochmal härter. Im April 2022, ziemlich genau einen Monat, nachdem ich 35 Jahre alt geworden war, erklärte mir eine Vorgesetzte, dass es nun noch schwerer für mich sei, befördert zu werden. Und dass viele Firmen einen in diesem Alter nicht mehr einstellen wollen. Solche Sachen kamen aber nicht nur von ihr, sondern auch von Freunden. Viele meiner Kolleginnen wurden ab einem bestimmten Alter immer nervöser und hatten Angst, ihren Job zu verlieren. 

    Nach der Covid-Pandemie haben viele Firmen in China Mitarbeiter entlassen, um Kosten einzusparen, auch meine. 30 Prozent der Mitarbeiter mussten gehen, insbesondere die Älteren, aber auch solche, die noch Praktika machten oder Trainees waren. Auch ich verlor meinen Job. Ich war nicht geschockt, als es passierte, ich hatte es ja kommen sehen. Ich dachte also darüber nach, wie ich mein Leben ändern könnte. Natürlich machte ich mir Sorgen um mein Einkommen und die Lebenshaltungskosten, aber ich konnte genug kleinere Projekte freiberuflich umsetzen. 

    Während dieser Zeit begann ich, besseres Englisch zu lernen, um ins Ausland gehen und dort studieren zu können. Ich hatte immer schon den Wunsch, in einem anderen Land zu leben. Berlin war eher eine zufällige Wahl. Ich war hier 2018 mit meinem damaligen Partner zu Besuch, ich mochte die Graffitis, die Straßen, die Flüsse und die Parks. Und ich habe ein paar Freunde, die bereits hier lebten. 

    Aber es gab noch andere Gründe für mich, China zu verlassen. Ich komme aus einer traditionellen Familie. Meine Eltern hoffen, dass ich heirate, bevor ich zu alt bin. Aber das ist nun wohl schon passiert (lacht). Wenn ich etwas an der chinesischen Gesellschaft ändern könnte, würde ich die Leute überzeugen, sich mehr um eigene Geschäftsfelder zu bemühen, also eigene Start-ups oder Online-Plattformen zu gründen. 

    Und was ich auf jeden Fall noch ändern würde, ist dieser Ageismus! Nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. In China schreiben viele Firmen ganz offen in ihre Stellenausschreibungen, dass Bewerber über 35 nicht akzeptiert werden. Und das bei gefühlt 90 Prozent der Anzeigen! Das ist doch Wahnsinn. In Europa kann man auch mit über 40 noch weiter Karriere machen. Das ist schon sehr anders als in China. Ich denke, viele jüngere Chinesen haben mittlerweile erkannt, dass diese Art von Arbeitsmarkt unfair ist. Sie sind klug genug, um ihren Job und ihre Gesundheit besser in Einklang zu bringen. Ich blicke positiv in die Zukunft. Es wird besser werden, da bin ich mir sicher. 

    “Vielleicht werde ich nicht in der Lage sein, mich selbst zu versorgen”

    JL, Designerin, 29 Jahre alt, aus Hebei.

    Ich arbeite als freiberufliche Designerin. Anfangs war es nicht leicht, über die Runden zu kommen, aber in den letzten Jahren ist es besser geworden. Ich habe im Grunde jeden Monat neue Aufträge, außerdem arbeite ich an einigen persönlichen Projekten. Nach meinem Abschluss wechselte ich etwa ein halbes Dutzend Mal die Firma, bis ich schließlich eine fand, die mir zusagte. Dort arbeitete ich fünf Jahre lang, bevor ich mich entschloss, mich selbstständig zu machen. Ich weiß nicht wirklich, wie der Arbeitsmarkt heutzutage aussieht, und es interessiert mich auch nicht wirklich. Ich habe in den letzten zwei Jahren erkannt, dass es so etwas wie Arbeitslosigkeit und Ruhestand nicht gibt, wenn man das tut, was man gerne tut und davon leben kann. Ich weiß nicht, was in der Zukunft passieren wird, vielleicht werde ich keine Rente haben, wenn ich alt bin, weil ich nicht für ein “normales” großes Unternehmen arbeite und nicht in der Sozialversicherung bin. Vielleicht werde ich nicht in der Lage sein, mich selbst zu versorgen … Ich hoffe, dass mir eine Lösung einfällt, bevor das passiert.

    Das Thema Auswandern war in den letzten Jahren das heißeste Thema in China, und auch ich würde gerne woanders leben. Denn ich möchte in einer Umgebung mit einem anderen System leben, eine andere Kultur erleben. Aber im Moment ist noch nicht klar, welches Land für mich das Geeignetste wäre. Was ich an der heutigen Gesellschaft ändern würde, wenn ich könnte? Zu meiner eigenen Sicherheit beantworte ich diese Frage lieber nicht.

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    IT-Riesen liefern sich Kampf um KI-Führerschaft

    Noch hat Ernie des IT-Riesen Baidu beim Rennen um die führende OpenAi in China die Nase vorn. Doch die Konkurrenz holt kräftig auf.

    Zensur hat in China stets auch eine ökonomische Komponente. So wie einst Baidu und Tencent zu den führenden IT-Unternehmen in China aufsteigen konnten, nachdem die Behörden Google-Dienste und Facebook gesperrt hatten, könnte sich diese Entwicklung bei OpenAI wiederholen. Seitdem China den Zugriff auf das US-amerikanische ChatGPT offiziell gesperrt hat, ist landesweit ein Rennen um die führende chinesische OpenAI entfacht.

    Gute Chancen hat das 2019 gegründete KI-Startup Beijing Zhipu Huazhang Technology Co. – auch bekannt unter dem englischen Namen “Knowledge Atlas”. Es hat kürzlich Investitionen in Höhe von 2,5 Milliarden Yuan (umgerechnet 342 Millionen US-Dollar) eingesammelt, verkündete ein Unternehmenssprecher.

    Zu den größten Investoren von Zhipu gehören neben Chinas Gaming und WeChat Konzern Tencent auch die Alibaba-Tochtergesellschaft Ant Group Co., sowie der Smartphone-Hersteller HongShan, die chinesische Tochterfirma des kalifornischen Venture Capitalist Sequoia und der Essens-Lieferdienst Meituan, mit 700 Millionen aktiven Usern monatlich.

    Ausgründung der Tsinghua-Uni

    Entstanden ist Zhipu 2019 als Ausgründung der Pekinger Tsinghua-Universität und wird von Tang Jie geleitet, einem Professor für Informatik und Technologie. Tang hat seinen Doktor in England gemacht und in Manchester geforscht, bevor er 2015 nach China zurückgekehrt ist. Er ist Fellow der US-amerikanischen Association for Computing Machinery ACM, des wichtigsten Verbandes der Branche. Zu dieser Ehre kommen nur die Top ein Prozent der weltweiten Mitglieder. Zudem ist Tang auch Fellow des IEE, des weltweit größten technischen Berufsverbandes mit 427.000 Mitgliedern in mehr als 190 Ländern.

    Tang hat auch den Preis der ACM für das beste Forschungspapier in einer Dekade in der Special Interest Group (SIG) Knowledge Discovery and Data Mining (KOOD) bekommen. Damit gehört er zu den besten der Welt. Er hält die Mehrheit am Unternehmen, baut das Startup allerdings gemeinsam mit Li Juanzi auf, einem anderen Professor der Tsinghua Universität.

    Zhipu setzt auf Grafikkarte

    Zhipu hat zwei bilinguale (Englisch und Chinesisch) Open-Source-Sprachmodelle entwickelt, GLM-130B und ChatGLM-6B, die 130 Milliarden beziehungsweise sechs Milliarden Parameter umfassen. KI-Modelle mit einer großen Anzahl von Parametern können im allgemeinen komplexere Aufgaben ausführen als ihre kleineren Gegenstücke. ChatGLM-6B, das kleinere seiner beiden Open-Source-Sprachmodelle, hat dafür einen anderen Vorteil: Es kann auf einer Consumer-Grafikkarte ausgeführt werden, was die Kosten erheblich senkt.

    Tangs Startup Zhipu gehörte denn auch zu den ersten chinesischen Firmen, die im August die staatliche Genehmigung für eine öffentliche Einführung erhielten. Am 31. August brachte das Unternehmen seinen ersten generativen KI-Assistenten namens Zhipu Qingyan auf den Markt. Benutzer können auf den Chatbot zugreifen, indem sie die Anwendung aus App-Stores herunterladen oder das Plug-in auf WeChat verwenden. Nach Angaben des Unternehmens kann die Software Fragen stellen und beantworten, mehrere Dialogrunden führen, kreativ schreiben, sowie Codes generieren.

    Viele Wettbewerber

    Der Wettbewerbsdruck von Zhipu ist allerdings hoch. Seit Anfang des Jahres seien mehr als 100 chinesische Unternehmen in den Bereich der generativen KI eingestiegen, sagt Zhang Yaqin, Dekan des Instituts für KI-Industrieforschung der Pekinger Tsinghua-Universität. “Einige haben “Large Learning Models” (LLMs) eingeführt, während andere branchenspezifische Modelle entwickeln, die Bereiche wie biologisches Rechnen und Bildung abdecken.”

    Auch Robin Li, Mitbegründer und CEO von Baidu, sieht riesige Chancen: “Generative KI und große generative Sprachmodelle haben in zahlreichen Branchen eine enorme transformative Kraft und stellen für uns eine bedeutende Marktchance dar. Um immer einen Schritt voraus zu sein, entwickeln wir uns weiter.”

    Robin Li: Ernie auf Augenhöhe mit ChatGPT

    Baidus Ernie Bot war Mitte März als erster chinesischer ChatGPT-Konkurrent eingeführt worden, wenn auch nur für wenige zugänglich und gilt als der größte Wettbewerber von Tangs Zhipu. Seit dem 30. August wurde Ernie für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und Ende Oktober schließlich erklärte Li, das große Sprachmodell Ernie sei auf Augenhöhe mit GPT-4 von OpenAI. Seit Anfang des Jahres haben viele chinesische Technologieunternehmen, darunter Alibaba und ByteDance, ihre eigenen Modelle herausgebracht. Dennoch investiert Alibaba in Alternativen wie Zhipu.

    Und auch weltweit nimmt die KI-Entwicklung Fahrt auf. Letzten Monat kündigte Amazon Pläne an, bis zu vier Milliarden US-Dollar in den OpenAI-Rivalen Anthropic zu investieren, der einen KI-Chatbot namens Claude entwickelt. Zuvor hatte das in Paris ansässige Unternehmen Mistral AI 113 Millionen US-Dollar an Finanzmitteln für den Aufbau großer Sprachmodelle aufgebracht.

    Chinas Vorteile

    Der globale KI-Markt wurde im Jahr 2022 auf 136,6 Milliarden US-Dollar geschätzt und soll im Jahr 2023 196,6 Milliarden Dollar erreichen. Pan Helin, Co-Direktor des Forschungszentrums für digitale Wirtschaft und Finanzinnovation an der International Business School der Zhejiang-Universität, betonte, China habe “im Vergleich zu seinen ausländischen Pendants die Oberhand bei der Förderung der industriellen Anwendung von KI gewonnen, da das Land über relativ vollständige Industriekategorien, einen extrem großen Verbrauchermarkt und eine starke Entwicklungsbasis verfügt”.

    China hat offiziell mit der Formulierung eines nationalen Standards zum Testen von LLMs begonnen und die erste Standardisierungs-Task Force des Landes für LLMs wurde im Juli während der 6. Weltkonferenz für künstliche Intelligenz in Shanghai gebildet. Die vom Shanghai Artificial Intelligence Innovation Center geleitete Taskforce besteht aus sechs Teamleitern – Baidu, Alibaba Cloud, iFlytek Co, 360 Security Technology, Huawei Cloud und dem China Mobile Research Institute. Die Taskforce ist für die Ausarbeitung von praxisnahen LLM-Standards verantwortlich.

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    Chinas Klimabeauftragter tritt nach COP28 zurück

    Chinas Klimabeauftragter Xie Zhenhua wird nach dem Ende der diesjährigen Klimakonferenz in Dubai (COP28) in den Ruhestand treten. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezug auf einen Regierungsbeamten. Xie, der in diesem Monat 74 Jahre alt wird, werde demnach ab Dezember durch Liu Zhenmin ersetzt. Liu ist ein ehemaliger chinesischer Vizeaußenminister und Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen.

    Xie vertrat China erstmals 2007 in Kopenhagen bei globalen Klimaverhandlungen. Gemeinsam mit seinem damaligen US-Couterpart Todd Stern hatte Xie damals maßgeblich zum Entstehen des Pariser Klimaabkommens von 2015 beigetragen. Ende 2019 trat Xie im Alter von 70 Jahren von seiner Position als Sonderbeauftragter für den Klimawandel und Chefverhandler zurück.

    Eigentlich müssen hochrangige chinesische Beamte ab 68 Jahren in den Ruhezustand gehen. Doch Xie kehrte im Februar 2021 in seine Rolle zurück und damit auch zurück auf die globale Bühne. Er führte 2021 und 2022 erneut Chinas Delegationen zur COP an. Mit John Kerry, dem aktuellen US-Sondergesandten für Klimafragen, pflegt Xie ein gutes Verhältnis. nib/rtr

    • COP28
    • Klimapolitik

    Evergrande bietet Gläubigern Firmenanteile

    Evergrande Mingdu Wohnanlage in der Provinz Jiangsu, China

    Der ums Überleben kämpfende Immobilienkonzern China Evergrande unternimmt Insidern zufolge einen neuen Versuch zur Umschuldung. Er biete Haltern seiner Auslandsanleihen an, diese Schuldtitel in Anteile zweier in Hongkong notierter Tochterfirmen einzutauschen, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen am Mittwoch. Insgesamt könnten sie jeweils 30 Prozent an der Dienstleistungssparte Evergrande Property Services und dem Elektroauto-Bauer Evergrande New Energy Vehicle erhalten. Allerdings würden die Gläubiger dabei voraussichtlich nur einen Bruchteil der 19 Milliarden Dollar zurückerhalten, die sie dem Immobilienkonzern geliehen haben.

    Der mit rund 300 Milliarden Dollar weltweit am höchsten verschuldete Immobilienkonzern hatte seine Auslandsanleihen 2021 nicht mehr bedienen können. Seither ringt er mit seinen Gläubigern um einen Kompromiss zur Umschuldung. Einige von ihnen haben in Hongkong ein Verfahren angestrengt, um Evergrande abwickeln zu lassen.

    Das Gericht verschob die Anhörung hierzu allerdings auf den 4. Dezember. Bis dahin müsse das Unternehmen einen “konkreten” überarbeiteten Restrukturierungsvorschlag vorlegen. Die ursprünglichen Pläne hatten sich Ende September zerschlagen, weil Evergrande wegen der Verhaftung einiger Manager einer Tochterfirma vorerst keine neuen Bonds ausgeben darf. Außerdem ist Evergrande-Gründer Hui Ka Yan ins Visier der Behörden geraten. rtr/flee

    • Evergrande
    • Immobilienkrise

    Peking versinkt wieder im Smog

    Eigentlich war die starke Luftverschmutzung in der Großregion Peking, Tianjin und Hebei in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Doch für die kommenden Wochen müssen sich die mehr als 100 Millionen Einwohner der Hauptstadtregion wieder auf heftigen Smog einstellen.

    Wie der Schweizer Hersteller von Luftreinigungsgeräten IQ Air, der auch international die Luftqualität überwacht, laut AFP mitteilte, betrug die Konzentration der gefährlichen PM2,5-Feinstaubpartikel am Mittwoch das 20-Fache der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Obergrenze. Solche Geräte filtern in Wohnungen den Feinstaub aus der Luft.

    Die Behörden sind alarmiert und haben den Verkehr von Kraftfahrzeugen mit hohem Abgasausstoß bereits eingeschränkt. Die Bürger werden gebeten, von Zuhause aus zu arbeiten. Die starke Luftverschmutzung werde aufgrund einer sogenannten Inversionswetterlage voraussichtlich noch bis Mitte November anhalten, berichtet die “Beijing Daily” unter Berufung auf Behördenvertreter.

    Bei einer Inversionswetterlage liegen wärmere Luftschichten über den kälteren. Die Luft wird unter einer Art warmen Glocke festgehalten und dadurch am Aufsteigen gehindert. Je mehr Schadstoffe, die von Fabriken und Autos ausgestoßen werden, sich in dieser Luftschicht sammeln, umso dichter wird der Smogrtr/flee

    • Umwelt

    EU-Kommissar Breton reist nach Peking und Hongkong

    Der französische EU-Kommissar Thierry Breton wird in der kommenden Woche China und Hongkong besuchen. Ein Sprecher der EU-Kommission bestätigte Table.Media am Mittwoch die Reisepläne. Zuvor hatte Politico darüber berichtet. Die Reise wird den Binnenmarkt-Kommissar vom 8. bis 10. November nach Peking und am 11. November nach Hongkong führen.

    Details, wen Breton treffen wird, gab die EU-Kommission zunächst nicht bekannt. Breton folgt in einer Reihe von EU-Besuchern in der Volksrepublik, darunter Handelschef Valdis Dombrovskis, Digital-Kommissarin Věra Jourová und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Die Reisen finden alle auch mit Blick auf einen möglichen EU-China-Gipfel statt. ari

    • EU
    • Thierry Breton

    Ersatz für Pit und Paule ist möglich

    Die beiden gar nicht mehr so jungen Jungpandas Pit und Paule verlassen noch in diesem Jahr den Berliner Zoo und gehen nach China. Doch eine Sprecherin des Tierparks macht Hoffnung, dass es schon bald Ersatz geben könnte: Panda-Mutter Meng Meng könne “rein theoretisch” bereits im nächsten Frühjahr wieder ihre Empfängnisbereitschaft signalisieren, sagte die Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. “Wenn dann alles optimal läuft, könnten wir Ende des nächsten Sommers noch einmal das große Glück haben, Nachwuchs bei den Großen Pandas zu bekommen.”

    Die Voraussetzungen stünden nicht schlecht, zitiert dpa die Sprecherin des Berliner Zoos weiter: “Meng Meng hat sich als hervorragende Mutter erwiesen und wir hoffen, dass es noch einmal so prima klappt.”

    Eine gewagte Aussage. Denn bis vor Kurzem galt es fast als unmöglich, dass Pandas in Gefangenschaft trächtig werden. Doch die moderne Panda-Medizin hat enorme Fortschritte gemacht. Und so ist es keine Seltenheit mehr, dass in Zoos weltweit kleine Pandababys zu sehen sind.

    Die Sache hat allerdings ein Harken: Sämtliche Pandas, auch ihre Nachkommen, sind Eigentum der Volksrepublik und werden nur an die Zoos verliehen. Zuletzt hat China zahlreiche Pandas zurückgeholt. flee

    Presseschau

    China-Besuch: Umweltministerin Lemke fordert mehr Einsatz gegen Plastik DEUTSCHLANDFUNK
    China: Kritik an Parteichef Xi SUEDDEUTSCHE
    Taiwan: Präsidentin Tsai empfängt Delegation des Europäischen Parlaments RTI
    China keeps up military pressure on Taiwan, sending 43 planes and 7 ships near island ABCNEWS
    UK, US, China sign AI safety pledge at UK summit RFI
    Provokation aus Peking: Chinas Internetriesen löschen Israel von Landkarten T-ONLINE
    Vertrauliches Schreiben an Habeck-Ministerium: Anwälte fordern Bundesregierung auf, Verkauf von deutschem Tech-Unternehmen Franka Emika an China in letzter Minute zu stoppen BUSINESSINSIDER
    Newsom defends China trip that California Republican calls “another grandstanding moment” SACBEE
    US House panel seeks ban on federal purchases of China drones REUTERS
    Canada bans China’s WeChat, Russia’s Kaspersky PHILSTAR
    Einparteienstaat als Exportware: Wie China in Afrika politische Führungskräfte schult N-TV
    Deutsche Unternehmen stark von Chips aus China abhängig HEISE
    Neue Schulden sollen Wirtschaft ankurbeln – China: Abwärtsspirale der Fabriken und Rekordschulden FINANZMARKTWELT
    Micro stocks shine in China’s flagging share market REUTERS
    Shadows Over Sunshine: Unraveling the Dilemma of Solar Panel Recycling in China NASDAQ
    Der Immobiliengigant China Evergrande kämpft ums Überleben DERSTANDARD
    Hong Kong bringt Kryptotechnik in den Immobilienmarkt – Ripple schafft die Basis FINANZNACHRICHTEN
    China plant eine Basis auf dem Mond und dieses Video soll sie zeigen T3N
    Lionel Messi nicht nach China! Inter Miami sagt geplante Tour wegen “unvorhergesehener Umstände” ab GOAL
    For China’s Jobless Young People, Hostels Are the Place to Be NYTIMES
    Halloween costumes in Shanghai poke fun at Chinese authorities THEGUARDIAN
    Haze lingers in Beijing as fog blankets parts of north China REUTERS

    Heads

    Alexander Demissie – Zwischen China, Afrika und Europa

    Lukrative Dreiecksbeziehung: Alexander Demissie bringt China, Afrika und Europa zusammen.

    Was hat Chengdu in Sichuan mit Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba zu tun? Das scharfe Essen zum Beispiel, die Herzlichkeit der Menschen und das milde Wetter, sagt Alexander Demissie. Er muss es wissen, denn er hat in beiden Städten gelebt. In Addis Abeba ist Demissie geboren. Als er zehn Jahre alt war, zog die Familie an den Bodensee. Nach dem Abitur ging er nach Köln, wo er Regionalwissenschaften Ostasien mit Schwerpunkt China und Politik studierte. In Chengdu verbrachte er ein Auslandsjahr.

    Das Äthiopien von heute besitzt viel Ähnlichkeit mit China vor 20 Jahren, erzählt Demissie, es werde auch China Afrikas genannt. Doch die Länder ähneln sich nicht nur wegen ihrer wirtschaftlichen Entwicklung: Äthiopien blickt auf 3.000 Jahre ununterbrochene Kultur, Sprache und Geschichte zurück. Damit kann es wie kaum ein anderes Land mit China mithalten, das stolz ist auf seine 5.000 Jahre alte Kultur und Geschichte. Chinesen behandeln Äthiopien aufgrund dieser Gemeinsamkeit mit viel Respekt und Hochachtung, sagt Demissie, bei Geschäftsanbahnungen ist das ein echtes Pfund. 

    Beziehungen zwischen China, Afrika und Europa

    Äthiopien besitzt einen besonderen Stellenwert für China, wie auch Ägypten, Südafrika, Marokko, Nigeria und Kenia, die gewaltig von Geschäften mit der Volksrepublik profitieren, und von Investitionen im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI). Allerdings schaffen es nicht alle afrikanischen Länder, gewinnbringende Beziehungen zu China aufzubauen, sagt Demissie.

    Mit seiner Firma The China Africa Advisory ist Demissie Mittler zwischen China, Afrika und Europa. Er erstellt für Unternehmen und internationale Organisationen Studien zu politischen Richtlinien im Zielland, veranstaltet Fachkonferenzen und unterstützt beim Erschließen neuer Märkte. Er kennt die Beziehungen zwischen China und afrikanischen Ländern ganz genau, aber auch die Rolle Europas. 

    Über China nur so gestolpert

    Alexander Demissie beschäftigt sich seit 2001 intensiv mit China. Eigentlich wollte er sich für etwas anderes einschreiben, als sein Blick im Studierendensekretariat der Universität Köln auf einen Aushang fiel. Der Studiengang Regionalwissenschaften Ostasien mit Schwerpunkt China wurde darauf beworben. “Was weiß ich eigentlich über China?”, fragte er sich, und die Antwort war: “fast nichts”. Ein Armutszeugnis für die deutsche Bildungslandschaft, sagt Demissie heute. Man macht Abitur, weiß aber fast nichts über China und den globalen Süden. Als er vor dem Studienberater saß, erkundigte er sich nach dem Fach. Der schwärmte und Demissie schrieb sich ein. Den wichtigsten Ausschlag für seinen späteren beruflichen Weg gab allerdings ein Seminar zum Thema China in Afrika.

    Im Jahr 2003 war Xi Jinpings Stolzprojekt, die Belt and Road-Initiative, noch lange nicht absehbar, sie wurde erst zehn Jahre später verkündet. Seitdem hat China seine Investments in Afrika systematisch geplant und dadurch nicht nur Lieferketten aufgebaut sowie Rohstoffe für die eigene Industrie gesichert, sondern auch diplomatisch viel erreicht. Dass China in Afrika eine Rolle spielen würde, lernten Demissie und seine Kommilitonen allerdings bereits vor zwanzig Jahren. Die Entwicklung war keine Überraschung, sagt er.

    Warum Europa erst jetzt langsam beginnt, mit Global Gateway an einer Alternative zur BRI zu arbeiten? Demissie macht eine gewisse Arroganz der Europäer dafür verantwortlich, die gegenüber Afrika Vorurteile hätten und ihre Sichtweisen zu wenig hinterfragten. Arroganz führt dazu, dass man abgehängt wird, sagt er. 

    Von der UN zur eigenen Firma

    Demissie selbst hinterfragt gerne und besitzt ein gutes Auge für Zusammenhänge. Nach dem Studium arbeitete er zunächst im Klimasekretariat der Vereinten Nationen in Bonn und organisierte weltweit Konferenzen. Dabei erkannte er, wie wichtig China ist und wie wenig Wissen es zugleich über das Land gibt. Er sah eine Chance, diese Lücke zu schließen und gründete 2016 seine eigene Firma, the China Africa Advisory. 

    China wird nicht aus Afrika verschwinden, sagt Demissie. Es wird seine Aktivitäten sogar noch verstärken. Das sollte man weder ausschließlich positiv noch ausschließlich negativ sehen, man muss sich schlicht mit der Tatsache auseinandersetzen – sachlich und strategisch. Es geht um Themen wie Lieferketten, Chancen für europäische Unternehmen in Afrika, aber auch darum, Europa als Exportmarkt attraktiv zu halten.

    Exportmarkt Europa wird unattraktiver

    Denn Afrika blickt schon jetzt nicht nur nach Europa. Firmen aus Afrika wird der Zugang zum chinesischen Markt zunehmend erleichtert. Dadurch ist es für sie viel einfacher, nach China zu exportieren, als zum Beispiel nach Deutschland. China, aber auch Länder wie Indien und Brasilien, sind für afrikanische Staaten, die Partner und Märkte suchen, ernsthafte Alternativen.

    Lange war das Interesse an Afrika in Deutschland klein und er habe zunächst nur chinesische Kunden gehabt, erzählt Demissie. Aber langsam beginnen auch Kunden aus Deutschland, sich für Afrika zu interessieren. Für sie erstellt das Team um Demissie zum Beispiel Studien zur Nachhaltigkeit und den Möglichkeiten bestimmter Wirtschaftszweige in Äthiopien und anderen afrikanischen Ländern – und gibt einen Überblick, wie sich chinesische Firmen vor Ort betätigen.

    Trilaterale Kooperationen brauchen Vertrauen

    Neben der Unterstützung bei der Suche nach Investitionsmöglichkeiten ermöglicht Demissie aber auch die trilaterale Zusammenarbeit zwischen afrikanischen, chinesischen und europäischen Partnern. Oftmals wünsche sich die afrikanische Seite trilaterale Kooperationen, sagt Demissie, und nennt ein Beispiel aus dem Textilsektor. Während ein äthiopisches Unternehmen zum Beispiel einen Großteil seiner Investitionen aus China erhält, wie Maschinen und Kapital, möchte es das Personal lieber durch deutsche Firmen ausbilden lassen, auch um den Standards auf dem deutschen Markt zu genügen. 

    Damit eine Kooperation mit drei Akteuren funktioniert, muss oft Misstrauen abgebaut werden. Durch Studien und Trainings zeigt Demissie den Partnern, dass die Kooperation funktionieren kann und zum Erfolg führt.

    Ein anderer Bereich ist die Diversifizierung in Richtung Afrika. Manche deutsche Firmen möchten China verlassen und Demissie liefert Markteintrittsberatung und vermittelt Kontakte. Er organisiert auch Investment-Konferenzen mit deutschen und europäischen Partnern, die meist in Afrika stattfinden. Dabei werden sehr spezialisierte Märkte beleuchtet, die zu den Zielsetzungen der jeweiligen afrikanischen Staaten passen. Oft geht es um Zukunftsthemen: 2018 bei einem Railway Summit in Äthiopien, 2019 bei einer Konferenz zum Logistik-Sektor, 2023 bei einer Veranstaltung zu erneuerbaren Energien. 

    Chancen für Afrika in China

    China Africa Advisory berät auch afrikanische Regierungen, um afrikanische Akteure rechtzeitig auf Entwicklungen in China aufmerksam zu machen. Dazu arbeitet er auch mit Partnern in China zusammen. Als China den Landwirtschaftssektor für afrikanische Produkte öffnete, lieferte Demissie Analysen zu den neuen Richtlinien und zeigte Chancen auf.

    An der Universität Bonn promoviert Demissie zu China-Äthiopien-Beziehungen. In der Dissertation wird es darum gehen, wie äthiopische Eliten Entscheidungen über ihre China-Beziehungen treffen. Seine Vorlesungen zum Thema China in Afrika sind immer voll, sagt er. Es ist längst kein Nischenthema mehr und dennoch steht diese ganz besondere Beziehung nur selten im Vordergrund. In der Zukunft, da ist Alexander Demissie sich sicher, wird sich das aber ändern. Julia Fiedler

    Personalien

    Tim Rühlig ist neuer China Fellow bei der hausinternen Beratung der EU-Kommission (IDEA). Er arbeitet dort mit einem Schwerpunkt auf Technologie und Innovation. Rühlig war bisher bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik tätig und wird nach neun Monaten zurückkehren.

    Joshua Chiu ist neuer Senior Vice President und Head of Sales für Südostasien bei Next Biometrics. Chiu war zuvor Präsident des taiwanischen Biometrie-Unternehmens Egis Technology China.

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    Dessert

    Die Halloween-Feierlichkeiten in Shanghai atmeten dieses Jahr den Geist der “Weißpapier-Proteste” vom vorigen Dezember. Einige wählten Kostüme mit politischer Botschaft. Diese ungesund aussehende junge Frau trägt eine Almosenschüssel und ein Schild mit der Aufschrift 医学牲 Yīxué shēng vor sich her – ein Wortspiel aus Medizinstudent und Nutztier, das auf die prekäre Situation von Studierenden anspielt. Andere gingen in Corona-Schutzanzügen auf die Straße – und wurden von der Polizei prompt wegen Unruhestiftung festgenommen. Die Erinnerung an die mitunter gewalttätigen Lockdownmaßnahmen, die von den sogenannten “Da Bai” durchgeführt wurden, sind noch frisch.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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