mit einem Reigen an neuen Richtlinien und Verordnungen arbeitet Brüssel daran, die eigene Wirtschaft und den EU-Binnenmarkt gegen China zu stärken. Mit dem Gesetz gegen marktverzerrende Staatssubventionen will die EU verhindern, dass – unter anderem- chinesische Firmen keinen Vorteil mehr durch Finanzhilfe aus Peking bekommen können.
An sich eine gute Idee, findet der Schweizer Wettbewerbsrechtler Adrian Emch. Allerdings sei diese in Brüssel nicht ganz durchdacht worden. “Der Aufwand wird wohl für EU-Unternehmen größer sein als für nicht-europäische Firmen”, erklärt Emch im Interview mit Frank Sieren. Denn der Begriff der “finanziellen Zuwendung” sei in dem Gesetzestext weit gefasst und könnte so auch EU-Unternehmen treffen, warnt der Wirtschaftsanwalt.
Michelle Yeoh war der strahlende Star bei der Oscarverleihung in Los Angeles. Mit ihrer Darstellung einer chinesischstämmigen Waschsalonbesitzerin in “Everything Everywhere All At Once” beeindruckte Yeoh auch in China – und das, ob wohl der Streifen dort gar nicht in den Kinos lief. Auf Weibo feierten vor allem Nutzerinnen den Erfolg der 60-Jährigen und weiterer Mitglieder des Casts. Was der Film für asiatische Immigranten in den USA bedeutet und warum ihm die chinesischen Leinwände verwehrt blieben, hat sich Gregor Koppenburg näher angesehen.
Herr Emch, was halten Sie von der neuen EU-Verordnung gegen Wettbewerbsverzerrung durch ausländische Staatssubventionen?
Was Brüssel macht, ist nachvollziehbar. Die EU weitet das, was jetzt schon innerhalb der EU gilt, also das Verbot der Staatsbeihilfen, auf das Verhältnis zur ganzen Welt aus. Allerdings wurden die Auswirkungen des Gesetzes, so wie es formuliert ist, nicht zu Ende gedacht. Es hat signifikante Schwachstellen. Der Compliance-Aufwand wird wohl für EU-Unternehmen größer sein als für nicht-europäische Firmen.
Ist der Grundgedanke nicht zunächst einmal richtig, dass die EU ihren Binnenmarkt vor Unternehmen schützen will, die von Drittstaaten wettbewerbsverzerrend subventioniert werden?
Das ist durchaus sinnvoll. Das Gesetz führt eine Art Subventionsverbot ein, wie wir es schon von den EU-Staatsbeihilferegeln kennen. Ab Juli kann die EU-Kommission untersuchen, ob eine Firma Subventionen von ausländischen Regierungen angenommen und damit den Wettbewerb in der EU verzerrt hat. Ab Oktober gilt dann eine Anmeldepflicht für gewisse Merger-and-Acquisition-Deals (M&A) und öffentliche Ausschreibungen. In beiden Fällen liegt die Pflicht allerdings bei den Unternehmen.
Worin besteht diese?
Hat ein Unternehmen sogenannte finanzielle Zuwendungen von fremden Staaten erhalten, die über gewissen Schwellenwerten liegen, muss das angemeldet werden. Danach untersucht die EU-Kommission, ob die staatliche Unterstützung ein unfairer Vorteil ist.
Das klingt erst einmal vernünftig. Wo liegen die Nachteile?
Die Anmelde-Schwellenwerte basieren auf dem Konzept, der finanziellen Zuwendungen, die eine Firma in den letzten drei Jahren von allen Regierungen außerhalb der EU erhalten hat. Um zu wissen, ob die Schwellenwerte überschritten sind, müssen die Firmen also erstmal wissen, welche finanzielle Zuwendungen sie überhaupt erhalten haben. Das ist ein Problem.
Inwiefern?
Der Begriff “finanzielle Zuwendung” ist extrem weit gefasst. Er beinhaltet nicht nur Subventionen im engeren Sinn, sondern im Prinzip alle Geschäfte mit dem Staat oder staatsnahen Organisationen. Die Elektrizitätsrechnung von einem staatlichen Unternehmen in Argentinien und der Großauftrag von einem Staatsunternehmen als Kunde in China fallen ebenso unter dieses wie ein Steuerdeal in einem Schweizer Kanton. Das scheint zumindest die EU-Kommission zu denken.
Und nun?
Die Firmen sollten dahingehend Druck machen, dass der Anwendungsbereich der finanziellen Zuwendung eingeschränkt wird und zum Beispiel nur hohe finanzielle Zuwendungen oder nur echte, vorteilsbringende Subventionen angemeldet werden müssen.
Das wird eine Zeitlang dauern. Was bleibt den Firmen bis dahin übrig?
Bis dahin müssen die Unternehmen weltweit ein System aufbauen, das die sicher zahlreichen Geschäfte mit dem Staat und staatsnahen Organisationen erfasst, analysiert und quantifiziert. So wie das Gesetz jetzt angelegt ist, bedeutet das vor allem für alle multinationalen Firmen zunächst einmal großen Zusatzaufwand.
Aber warum gelten die Regeln denn auch für europäische Firmen?
Die EU will eine Diskriminierung aufgrund der Nationalität vermeiden. Auch das ist im Grunde sinnvoll.
Sie sagten, europäische Firmen seien sogar stärker betroffen?
Das ist wahrscheinlich. Die Anmeldepflichten für M&A-Deals und Ausschreibungs-Angebote gelten zwar nur für M&A-Transaktionen mit einem Target oder Joint Venture in der EU mit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz und nur für öffentliche Ausschreibungen in der EU von mehr als 250 Millionen Euro. EU-Firmen nehmen allerdings viel öfter an solchen EU-Ausschreibungen und M&A-Aktionen teil, als chinesische Unternehmen und müssen deshalb regelmäßiger ihre internationalen Staatsverflechtungen offenlegen. “Lohnt sich der Aufwand?”, müssen sich nun auch die EU-Firmen fragen.
Was bedeutet dieses Gesetz für chinesische Firmen?
Einige chinesische Unternehmen werden nicht mitspielen. Gerade etwa Staatsunternehmen könnten sich weigern, der EU-Kommission Informationen über finanzielle Beziehungen mit dem chinesischen Staat offenzulegen. Chinesische Unternehmen sollten sich jedenfalls überlegen, ihren EU-Töchtern viel Autonomie zu gewähren, um den etwaigen Verdacht zu entkräften, dass letztere von Subventionszahlungen an die Unternehmenszentrale profitieren.
Also werden sich chinesische Unternehmen mehr und mehr aus Europa zurückziehen?
Nicht ganz. Einige Unternehmen werden auf gewisse M&A-Deals und die Teilnahme an einigen Ausschreibungen in der EU verzichten, aber gleichzeitig ihr Kerngeschäft beibehalten oder sogar ausbauen. Aber am Ende trägt das Anti-Staatssubventions-Gesetz zusammen mit anderen regulatorischen Initiativen aus Brüssel, wie etwa der geplanten EU-Lieferketten-Richtlinie, dazu bei, die Entkopplung zu fördern. Ob das im Sinne der europäischen Wirtschaft ist, mag dahin gestellt bleiben.
Sind solche Gesetze eigentlich anderswo in der Welt schon üblich?
Nein. Die EU ist Vorreiter. Getreu des Spruches: China produziert. Die USA innovieren. Die EU reguliert. Man ist in Brüssel stolz auf dieses Gesetz und hofft, damit die Marktordnung zum Besseren zu verändern. Allerdings hat man offensichtlich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Den EU-Unternehmen werden die Haare zu Berge stehen. Bisher verstanden wenigstens die China-Teams der EU-Firmen unter “Level Playing Field”, möglichst die gleichen Subventionen zu bekommen wie chinesische Unternehmen. Anstatt mehr vom chinesischen Staatstopf abzubekommen, sehen sich die EU-Firmen jetzt aber viel größeren Compliance-Pflichten zu Hause gegenüber.
Der Schweizer Adrian Emch ist einer der führenden Experten für europäisches und chinesisches Regulierungsrecht in China. Er ist Partner bei der britisch-amerikanischen Kanzlei Hogan Lovells, einer der zehn größten der Welt. Er lebt seit über 15 Jahren in Peking und berät deutsche und EU-Firmen.
Der Film “Everything Everywhere All At Once” hat bei den Oscars groß abgeräumt. Insgesamt sieben der Trophäen fuhr der Film aus insgesamt elf Nominierungen ein. “Es ist ein Leuchtfeuer der Hoffnung für alle Jungen und Mädchen, die so aussehen wie ich”, sagte Michelle Yeoh, die als erste Asiatin die Auszeichnung für die beste weibliche Hauptrolle erhielt. Ke Huy Quan gewann einen Oscar für die beste männliche Nebenrolle.
Die Regisseure Dan Kwan und Daniel Scheinert (Oscars für die beste Regie und das beste Originaldrehbuch) wollten einen Film machen, der ihren Lieblingsfilmen sowie Hongkonger Actionstreifen nachempfunden ist. Und so zitiert “Everything Everywhere All At Once” freudig Actionfilme von Jackie Chan oder Arthausfilme des Hongkonger Filmemacher Wong Kar-Wai. Er bedient sich aber auch aus westlichen Klassikern wie “Die Matrix”, “2001 Odyssee im Weltall” oder diversen Superheldenfilmen.
In vielerlei Hinsicht verbindet der Film damit das Beste aus beiden Welten. Erzählerisch ist er chinesischen Komödien mit ihrem absurden, extrem körperlichen Humor ähnlich. Er schafft jedoch dabei gleichzeitig die Stärken des US-Kinos, wie einer weltweit bekannten Besetzung oder starker Spezialeffekte und sehr guter Montage (ebenfalls ein Oscar dafür) beizubehalten.
Doch obwohl der Film asiatischen Filmen nacheifert und mit Komik und guten Schauspielern brilliert, war er bislang in Festlandchina nicht zu sehen. Neben der Null-Covid-Politik mag ein Grund dafür sein, dass der Film kein klassischer Blockbuster ist, von dem sich Verleihe in China große Einnahmen erhoffen. Die chinesischen Behörden lassen pro Jahr nur etwa 35 Filme bei Einnahmenteilung auf den chinesischen Markt.
Verleiher stürzen sich daher lieber auf Blockbuster mit größeren Aussichten auf volle Kinos. Bei allem Kritikerfolg und Preisen ist “Everything Everywhere All At Once” dennoch eher ein kleiner Film mit niedrigem Budget.
Auch inhaltlich gibt es in dem Film einiges, das ihm den Weg auf den chinesischen Markt schwer macht. Schon allein die Tatsache, dass sich die Geschichte um eine Familie von Auslandschinesen dreht, ist ein Problem. “Geschichten über Chinesen, die im Ausland leben, sind bei der Zensur nicht sehr beliebt”, sagt eine Pekinger Filmproduzentin im Gespräch mit Table.Media.
Die Hauptrollen spiegeln das Immigrations-Thema wider. Michelle Yeoh ist Malaysierin mit chinesischen Wurzeln, die allerdings erst spät Mandarin lernte. Ke Huey Quan ist US-Amerikaner, der in Saigon als Sohn vietnamesischer Eltern chinesischer Herkunft geboren wurde. Stephanie Hsu und James Hong sind US-Amerikaner chinesischer Herkunft.
Auch spielt der Film mit Stereotypen, asiatischen Traditionen und auch Hollywood-Klischees. Dabei überschreitet der Film viele Grenzen der politischen Korrektheit. Der Ehemann der Hauptfigur heißt “Waymond Wang” anstatt “Raymond” – eine Anspielung auf die vermeintliche Unfähigkeit von Asiaten, den Buchstaben “R” auszusprechen. Als Hauptfigur Evelyn (Yeoh) geboren wird, entschuldigt sich der Arzt bei den Eltern, dass sie ein Mädchen ist. Außerdem werden Witze über falsche Pronomen und schlechte Englischkenntnisse gemacht und gekämpft wird unter anderem mit Sexspielzeugen.
Doch obwohl der Film an der Oberfläche eine absurde Komödie ist, verhandelt er im Kern Dinge, die es in China meist nicht in die Kinos schaffen, wie Homosexualität, Scheidung und dysfunktionale Familien.
Viele sehen in dem Film einen Erfolg für Asiaten in Amerika, wie auch die emotionalen Reden von Michelle Yeoh, Ke Huy Quan und Dan Kwan bei den Oscars widerspiegeln. Die Situation für asiatische Immigranten ist in den letzten Jahren nicht einfacher geworden – Covid und die schlechten Beziehungen zwischen den USA und der Volksrepublik machen asiatischstämmige Amerikaner und Immigranten immer wieder zur Zielscheibe für Rassismus.
Gleichzeitig führen große berufliche Erfolge der Asiaten dazu, dass sie immer wieder als “white adjacent” (weiß benachbart, “fast weiß”) angefeindet werden. Es soll bedeuten, dass sie vermeintlich (fast) genauso rassistisch, oppressiv und privilegiert sind wie die weiße Mehrheit.
Auch die Präsidentin der Academy, Janet Yang, selbst eine US-Amerikanerin mit chinesischem Hintergrund, hat sich in ihrer Karriere schon als Produzentin mit Themen der chinesischen Immigranten auseinandergesetzt. In Filmen wie “The Joy Luck Club” oder “Shanghai Calling” geht es um das Leben von asiatischen Immigranten in den USA oder die Rückkehr nach China.
Die sieben Oscars sind ein Mutmacher für asiatische Einwanderer in den USA, vielleicht auch ein Statement gegen Rassismus, das Hollywood setzen wollte. Möglicherweise sind sie aber auch ein Beleg dafür, dass sich die Zeiten des bierernsten und politisch korrekten Umgangs mit dem Thema Rasse dem Ende neigen.
Dass das Thema weiterhin aktuell ist, zeigen weitere geplante Produktionen: So vereint sich ein Teil des Casts von “Everything Everywhere All At Once” für eine Serie beim US-Streaming-Giganten Disney Plus. Der Titel: “American Born Chinese”. Die Serie basiert auf dem Graphic Novel von Gene Luen Yang und soll Ende Mai Premiere feiern.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Die Führung in Peking hat Australien, Großbritannien und den USA vorgeworfen, mit ihrem gemeinsamen U-Boot-Deal einen “gefährlichen Pfad” eingeschlagen zu haben. Die drei Länder würden “für ihre eigenen geopolitischen Interessen die Sorgen der internationalen Gemeinschaften komplett ignorieren”, kritisierte Außenamtssprecher Wang Wengin am Dienstag in Peking. Sie würden “weiter und weiter den Pfad des Irrtums und der Gefahr hinabgehen”, fügte er laut Nachrichtenagentur AFP hinzu.
Australien hatte am Montag angekündigt, bis zu fünf Atom-U-Boote von den USA zu kaufen und längerfristig gemeinsam mit den USA und Großbritannien eine neue Generation von Atom-U-Booten der Klasse “SSN-Aukus” zu entwickeln. Geplant ist laut Reuters ein britischer Entwurf mit “Spitzentechnologien” aus den USA. Gebaut werden sollen die Boote in Großbritannien und Australien. Ein Vertreter der australischen Regierung erklärte, das Projekt werde bis 2055 einen dreistelligen Milliarden-Dollar-Betrag kosten. Großbritannien soll die ersten U-Boote Ende der 2030er-Jahre erhalten, Australien soll Anfang der 2040er-Jahre folgen.
Während eines Spitzentreffens mit Australiens Regierungschef Anthony Albanese und dem britischen Premier Rishi Sunak betonte US-Präsident Joe Biden, dass Australien mit dem Deal keine Atomwaffen erhalte. “Die Boote werden nie Atomwaffen haben.”
Wang warf den drei westlichen Verbündeten laut AFP dennoch vor, einen Rüstungswettlauf anzustiften und nannte das Abkommen “einen typischen Fall von Kalter-Kriegs-Mentalität”. Der Verkauf von U-Booten stelle eine “ernsthafte Gefahr der Weitergabe nuklearer Waffen” dar und “verstößt gegen die Ziele und Grundsätze des Atomwaffensperrvertrags”. Kritik kam erwartungsgemäß auch aus Moskau: Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf der “angelsächsischen Welt” vor, die “Nato-Infrastruktur” in Asien voranzutreiben. flee
Die chinesische Regierung hat ausweichend auf Äußerungen des US-Präsidenten Joe Biden reagiert, er rechne mit einem baldigen Gespräch mit Staatschef Xi Jinping. China und die USA unterhielten die notwendige Kommunikation, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Peking, Wang Wenbin. “Wir glauben, dass der Wert und die Bedeutung der Kommunikation darin bestehen, das Verständnis zu verbessern, Differenzen zu bewältigen, und nicht um der Kommunikation willen.” Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten sind seit längerem angespannt.
Am Montag hatte Biden vor der Presse auf die Frage, ob er bald mit Xi sprechen werde, mit “Ja” geantwortet. Einen Termin nannte der US-Präsident allerdings nicht. Bereits Mitte Februar hatte Biden erklärt, er erwarte, mit Xi über den von den USA so bezeichneten Spionageballon über dem US-Luftraum sprechen. Vergangene Woche sagte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, sein Land wolle die regelmäßige Kommunikation mit China wiederherstellen. Biden gehe davon aus, dass er nach dem Volkskongress mit Xi telefonieren werde. rtr/flee
Die Regierung in Peking plant einem Medienbericht zufolge angesichts der rapide alternden Gesellschaft eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters. Die Volksrepublik strebe einen “progressiven, flexiblen und differenzierten Weg zur Anhebung des Renteneintrittsalters” an, wird der Präsident der Chinesischen Akademie für Arbeits- und Sozialversicherungswissenschaften, Jin Weigang, am Dienstag von der staatlichen Zeitung Global Times zitiert. “Menschen, die sich dem Rentenalter nähern, müssen den Eintritt in den Ruhestand nur um einige Monate hinauszögern.” Junge Leute müssten womöglich einige Jahre länger arbeiten. Aber es werde eine lange Anpassungs- und Übergangszeit geben, sagte der hochrangige Regierungsberater.
China hat bislang noch keine formelle Änderung des Renteneintrittsalters angekündigt, das zu den niedrigsten in der Welt zählt. Es liegt aktuell bei 60 Jahren für Männer, bei 55 Jahren für weibliche Angestellte in Büro-Berufen und bei 50 Jahren für Frauen, die in Fabriken arbeiten. “Das wichtigste Merkmal der Reform ist, dass die Menschen selbst entscheiden können, wann sie in den Ruhestand gehen wollen, je nach ihren Umständen und Bedingungen”, wird Jin zitiert.
Die von 1980 bis 2015 geltende Ein-Kind-Politik sorgt nun aber dafür, dass zu wenig Nachwuchs in den Arbeitsmarkt nachrückt. Damit steigt der Druck auf die Rentenkasse. Die Nationale Gesundheitskommission geht davon aus, dass die Zahl der über 60-Jährigen bis zum Jahr 2035 von 280 Millionen auf mehr als 400 Millionen steigen wird.
Zugleich ist die Lebenserwartung in den vergangenen Jahrzehnten mit dem wirtschaftlichen Aufstieg des Landes rapide gewachsen. Lag sie 1960 noch bei 44 Jahren, waren es 2021 bereits 78 Jahre – ein höherer Wert als in den USA. 2050 wird sie Studien zufolge voraussichtlich die Marke von 80 Jahren überschreiten.
Derzeit wird jeder Rentner durch die Beiträge von fünf Arbeitnehmern unterstützt. Der Anteil der Beitragszahler ist nur noch halb so groß wie vor einem Jahrzehnt. Experten zufolge könnte es bis 2030 nur noch 4:1 betragen, 2050 sogar nur noch 2:1. Das derzeitige Rentensystem ist Demografen und Ökonomen zufolge nicht länger tragfähig, da es sich auf eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung stütze, die eine wachsende Zahl von Rentnern finanzieren müsse. Die staatliche Chinesische Akademie der Wissenschaften geht davon aus, dass dem Rentensystem bis 2035 das Geld ausgeht. rtr/flee
China ist zum wichtigsten geopolitischen Player neben den USA aufgestiegen. Mit zahlreichen Infrastrukturprojekten weltweit schafft es starke Marktpositionen und baut seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss kontinuierlich aus. Für die EU hat dieses Engagement innerhalb und außerhalb Europas Implikationen. Nicht zuletzt, weil China nach Außenhandelsumsätzen der wichtigste Handelspartner der EU ist.
Nun streben die EU und auch Deutschland gegenüber dem systemischen Rivalen China eine außen- und sicherheitspolitisch motivierte Strategie an. Gleichzeitig vermeiden sie bei wirtschaftspolitischen Instrumenten eine explizite Lex China, um nicht mit dem Diskriminierungsverbot der multilateralen Wirtschaftsordnung in Konflikt zu geraten.
Braucht Deutschland eine auf ein Land fokussierte außenpolitisch motivierte Strategie? Aus mehreren Gründen könnte die Antwort darauf “nein” sein. Zuerst einmal, weil Deutschland damit genau das machen würde, was man China immer vorwirft: signifikante staatliche Vorgaben und protektionistische Eingriffe in privatwirtschaftliche Entscheidungen und Abläufe. Und damit unterstellt die Politik den Unternehmen rein betriebswirtschaftlich zu agieren und gesamtwirtschaftliche Risiken enger wirtschaftlicher Verbindungen zu China zu unterschätzen. Vermittelter Subtext: Unternehmen sollten besser von der Regierung geführt werden. Zudem, könnte sich schnell die Frage nach Strategien gegenüber anderen Ländern, beispielsweise den USA, stellen. Des Weiteren ist fraglich, warum es einer eigenen deutschen Strategie bedarf, wenn schon die EU an einer solchen arbeitet und über den stärksten Aktivposten im Umgang mit China verfügt.
Für eine klare, mit Zielen und Instrumenten versehene und mit einer detaillierten Bestandsaufnahme der gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten ausgestattete Strategie für die kommenden Jahre spräche aber, dass sie als Leitlinie für Unternehmen dienen könnte, diese zu einer stärkeren Gewichtung der betriebs- und volkswirtschaftlichen Risiken und damit zu einem von der Regierung gewünschten Verhalten veranlassen. An China würde zudem ein wichtiges politisches Signal gesendet. Um sicherzustellen, dass es sich wirklich um eine Strategie und nicht um einen Katalog von kurzfristigen Maßnahmen gegen die Interessen von Unternehmen handelt, müsste sie aber die großen wirtschaftlichen Herausforderungen und Veränderungen in Deutschland und China mitberücksichtigen.
Es wird deutlich, dass das, was bisher von der Bundesregierung vorgelegt wurde, noch zu große Lücken aufweist, um sich als eine Strategie zu verstehen. Insbesondere die Auseinandersetzung mit langfristigen Herausforderungen sowie Zielen Deutschlands fehlt noch völlig.
Generell stellt sich die Frage, ob es nicht einer breit angelegten Strategie jenseits eines einzelnen Landes bedarf. Denn die Schwierigkeiten, auf die Deutschland mit China stößt, sind vornehmlich dem für erratisches Verhalten anfälligen autoritären Regierungssystem geschuldet. Somit würde der Umgang mit allen Autokratien zum Dreh- und Angelpunkt einer möglichst auf EU-Ebene abgestimmten Strategie, und nicht der Fokus auf lediglich ein – wenn auch großes – autokratisches System. Gerade die Rufe nach Diversifizierung sprechen hier auch für eine Strategie im Umgang mit allen schwierigen Handelspartnern – wie sich zum Beispiel bei der Suche nach neuen Lieferquellen für Gas zeigt. Ebenso ist die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen nicht China-spezifisch.
Dabei darf nicht ignoriert werden, dass die multilaterale Ordnung, welche durch landspezifische Strategien beschnitten würde, gerade wegen geoökonomischer Machtstrategien in ihrer schwersten Krise steckt und hier außenwirtschafts- und außenpolitischer Anpassungsbedarf besteht. Insbesondere Autokratien können erratische Kurswechsel ohne Rücksicht auf Gesetze, Wähler, Märkte oder globale Regelungen einleiten, Marktwirtschaften Angebotsschocks aussetzen und Nachhaltigkeitsziele stärker vernachlässigen. Auch dies spricht für eine generelle Strategie zum Umgang mit Autokratien. Eine solche Strategie sollte den Umgang mit diesen Staaten und Themen klar definieren, und dabei auf einen Schulterschluss von Ländern mit geteilten demokratischen Werten hinarbeiten.
Dabei müssen aber auch klar eigene Schwächen – was zum Beispiel die technologische Weiterentwicklung, aber auch die Innovationsfähigkeit unserer alternden Demokratien angeht – angesprochen werden. Nur so kann es gelingen, im Systemwettbewerb dort zu punkten, wo Autokratien ihre Schwächen haben, beispielsweise auf den internationalen Finanzmärkten und der Produktion modernster IT-Produkte und Umwelttechnologien. Deutschland im Zusammenspiel mit anderen Demokratien klar als attraktiven Investitions- und Innovationsstandort zu positionieren, sollte ein wichtiges Ziel einer zukunftsorientierten Strategie sein. Diese würde eine enge, auf ein einzelnes Land ausgerichtete Reaktion überflüssig machen.
Holger Görg ist Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft und Direktor des Kieler Zentrums für Globalisierung.
Katrin Kamin ist eine Postdoc und Co-Leiterin der Geopolitics and Economics Initiative am Kiel Institut für Weltwirtschaft.
Rolf J. Langhammer ist ein Senior Researcher am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Er war außerdem bis 2012 Vizepräsident des Kiel Instituts.
Wan-Hsin Liu ist eine Senior Researcherin am Kiel Institut für Weltwirtschaft und Koordinatorin des Kieler Zentrums für Globalisierung.
Dieser Beitrag entsteht im Rahmen der Veranstaltungsreihe ,,Global China Conversations” des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Am Donnerstag (11.00 Uhr, MEZ) diskutieren Katja Leikert, Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss & im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und Holger Görg, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft, über das Thema: “Braucht Deutschland eine Chinastrategie?” China.Table ist der Medienpartner dieser Veranstaltungsreihe.
Dieser Artikel ist die gekürzte Version einer Kiel Focus Publikation von Görg et al. (2023).
Erich Swoboda ist seit Beginn des Monats Head of Technical Service bei BMW in China. Er war zuvor Head of Quality Management im Werk Dadong beim Joint Venture von BMW und Brilliance.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt – Hauptsache, sie fliegen: Beim Flugdrachenfestival in Jinhua, Provinz Zhejiang, präsentieren Enthusiasten ihre neuen Flug- und Lenkdrachen. Dabei gilt keineswegs: je höher, desto besser. Denn dann hätte dieses gelbe Ungetüm nur wenig Chancen. Es zählt die Originalität.
mit einem Reigen an neuen Richtlinien und Verordnungen arbeitet Brüssel daran, die eigene Wirtschaft und den EU-Binnenmarkt gegen China zu stärken. Mit dem Gesetz gegen marktverzerrende Staatssubventionen will die EU verhindern, dass – unter anderem- chinesische Firmen keinen Vorteil mehr durch Finanzhilfe aus Peking bekommen können.
An sich eine gute Idee, findet der Schweizer Wettbewerbsrechtler Adrian Emch. Allerdings sei diese in Brüssel nicht ganz durchdacht worden. “Der Aufwand wird wohl für EU-Unternehmen größer sein als für nicht-europäische Firmen”, erklärt Emch im Interview mit Frank Sieren. Denn der Begriff der “finanziellen Zuwendung” sei in dem Gesetzestext weit gefasst und könnte so auch EU-Unternehmen treffen, warnt der Wirtschaftsanwalt.
Michelle Yeoh war der strahlende Star bei der Oscarverleihung in Los Angeles. Mit ihrer Darstellung einer chinesischstämmigen Waschsalonbesitzerin in “Everything Everywhere All At Once” beeindruckte Yeoh auch in China – und das, ob wohl der Streifen dort gar nicht in den Kinos lief. Auf Weibo feierten vor allem Nutzerinnen den Erfolg der 60-Jährigen und weiterer Mitglieder des Casts. Was der Film für asiatische Immigranten in den USA bedeutet und warum ihm die chinesischen Leinwände verwehrt blieben, hat sich Gregor Koppenburg näher angesehen.
Herr Emch, was halten Sie von der neuen EU-Verordnung gegen Wettbewerbsverzerrung durch ausländische Staatssubventionen?
Was Brüssel macht, ist nachvollziehbar. Die EU weitet das, was jetzt schon innerhalb der EU gilt, also das Verbot der Staatsbeihilfen, auf das Verhältnis zur ganzen Welt aus. Allerdings wurden die Auswirkungen des Gesetzes, so wie es formuliert ist, nicht zu Ende gedacht. Es hat signifikante Schwachstellen. Der Compliance-Aufwand wird wohl für EU-Unternehmen größer sein als für nicht-europäische Firmen.
Ist der Grundgedanke nicht zunächst einmal richtig, dass die EU ihren Binnenmarkt vor Unternehmen schützen will, die von Drittstaaten wettbewerbsverzerrend subventioniert werden?
Das ist durchaus sinnvoll. Das Gesetz führt eine Art Subventionsverbot ein, wie wir es schon von den EU-Staatsbeihilferegeln kennen. Ab Juli kann die EU-Kommission untersuchen, ob eine Firma Subventionen von ausländischen Regierungen angenommen und damit den Wettbewerb in der EU verzerrt hat. Ab Oktober gilt dann eine Anmeldepflicht für gewisse Merger-and-Acquisition-Deals (M&A) und öffentliche Ausschreibungen. In beiden Fällen liegt die Pflicht allerdings bei den Unternehmen.
Worin besteht diese?
Hat ein Unternehmen sogenannte finanzielle Zuwendungen von fremden Staaten erhalten, die über gewissen Schwellenwerten liegen, muss das angemeldet werden. Danach untersucht die EU-Kommission, ob die staatliche Unterstützung ein unfairer Vorteil ist.
Das klingt erst einmal vernünftig. Wo liegen die Nachteile?
Die Anmelde-Schwellenwerte basieren auf dem Konzept, der finanziellen Zuwendungen, die eine Firma in den letzten drei Jahren von allen Regierungen außerhalb der EU erhalten hat. Um zu wissen, ob die Schwellenwerte überschritten sind, müssen die Firmen also erstmal wissen, welche finanzielle Zuwendungen sie überhaupt erhalten haben. Das ist ein Problem.
Inwiefern?
Der Begriff “finanzielle Zuwendung” ist extrem weit gefasst. Er beinhaltet nicht nur Subventionen im engeren Sinn, sondern im Prinzip alle Geschäfte mit dem Staat oder staatsnahen Organisationen. Die Elektrizitätsrechnung von einem staatlichen Unternehmen in Argentinien und der Großauftrag von einem Staatsunternehmen als Kunde in China fallen ebenso unter dieses wie ein Steuerdeal in einem Schweizer Kanton. Das scheint zumindest die EU-Kommission zu denken.
Und nun?
Die Firmen sollten dahingehend Druck machen, dass der Anwendungsbereich der finanziellen Zuwendung eingeschränkt wird und zum Beispiel nur hohe finanzielle Zuwendungen oder nur echte, vorteilsbringende Subventionen angemeldet werden müssen.
Das wird eine Zeitlang dauern. Was bleibt den Firmen bis dahin übrig?
Bis dahin müssen die Unternehmen weltweit ein System aufbauen, das die sicher zahlreichen Geschäfte mit dem Staat und staatsnahen Organisationen erfasst, analysiert und quantifiziert. So wie das Gesetz jetzt angelegt ist, bedeutet das vor allem für alle multinationalen Firmen zunächst einmal großen Zusatzaufwand.
Aber warum gelten die Regeln denn auch für europäische Firmen?
Die EU will eine Diskriminierung aufgrund der Nationalität vermeiden. Auch das ist im Grunde sinnvoll.
Sie sagten, europäische Firmen seien sogar stärker betroffen?
Das ist wahrscheinlich. Die Anmeldepflichten für M&A-Deals und Ausschreibungs-Angebote gelten zwar nur für M&A-Transaktionen mit einem Target oder Joint Venture in der EU mit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz und nur für öffentliche Ausschreibungen in der EU von mehr als 250 Millionen Euro. EU-Firmen nehmen allerdings viel öfter an solchen EU-Ausschreibungen und M&A-Aktionen teil, als chinesische Unternehmen und müssen deshalb regelmäßiger ihre internationalen Staatsverflechtungen offenlegen. “Lohnt sich der Aufwand?”, müssen sich nun auch die EU-Firmen fragen.
Was bedeutet dieses Gesetz für chinesische Firmen?
Einige chinesische Unternehmen werden nicht mitspielen. Gerade etwa Staatsunternehmen könnten sich weigern, der EU-Kommission Informationen über finanzielle Beziehungen mit dem chinesischen Staat offenzulegen. Chinesische Unternehmen sollten sich jedenfalls überlegen, ihren EU-Töchtern viel Autonomie zu gewähren, um den etwaigen Verdacht zu entkräften, dass letztere von Subventionszahlungen an die Unternehmenszentrale profitieren.
Also werden sich chinesische Unternehmen mehr und mehr aus Europa zurückziehen?
Nicht ganz. Einige Unternehmen werden auf gewisse M&A-Deals und die Teilnahme an einigen Ausschreibungen in der EU verzichten, aber gleichzeitig ihr Kerngeschäft beibehalten oder sogar ausbauen. Aber am Ende trägt das Anti-Staatssubventions-Gesetz zusammen mit anderen regulatorischen Initiativen aus Brüssel, wie etwa der geplanten EU-Lieferketten-Richtlinie, dazu bei, die Entkopplung zu fördern. Ob das im Sinne der europäischen Wirtschaft ist, mag dahin gestellt bleiben.
Sind solche Gesetze eigentlich anderswo in der Welt schon üblich?
Nein. Die EU ist Vorreiter. Getreu des Spruches: China produziert. Die USA innovieren. Die EU reguliert. Man ist in Brüssel stolz auf dieses Gesetz und hofft, damit die Marktordnung zum Besseren zu verändern. Allerdings hat man offensichtlich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Den EU-Unternehmen werden die Haare zu Berge stehen. Bisher verstanden wenigstens die China-Teams der EU-Firmen unter “Level Playing Field”, möglichst die gleichen Subventionen zu bekommen wie chinesische Unternehmen. Anstatt mehr vom chinesischen Staatstopf abzubekommen, sehen sich die EU-Firmen jetzt aber viel größeren Compliance-Pflichten zu Hause gegenüber.
Der Schweizer Adrian Emch ist einer der führenden Experten für europäisches und chinesisches Regulierungsrecht in China. Er ist Partner bei der britisch-amerikanischen Kanzlei Hogan Lovells, einer der zehn größten der Welt. Er lebt seit über 15 Jahren in Peking und berät deutsche und EU-Firmen.
Der Film “Everything Everywhere All At Once” hat bei den Oscars groß abgeräumt. Insgesamt sieben der Trophäen fuhr der Film aus insgesamt elf Nominierungen ein. “Es ist ein Leuchtfeuer der Hoffnung für alle Jungen und Mädchen, die so aussehen wie ich”, sagte Michelle Yeoh, die als erste Asiatin die Auszeichnung für die beste weibliche Hauptrolle erhielt. Ke Huy Quan gewann einen Oscar für die beste männliche Nebenrolle.
Die Regisseure Dan Kwan und Daniel Scheinert (Oscars für die beste Regie und das beste Originaldrehbuch) wollten einen Film machen, der ihren Lieblingsfilmen sowie Hongkonger Actionstreifen nachempfunden ist. Und so zitiert “Everything Everywhere All At Once” freudig Actionfilme von Jackie Chan oder Arthausfilme des Hongkonger Filmemacher Wong Kar-Wai. Er bedient sich aber auch aus westlichen Klassikern wie “Die Matrix”, “2001 Odyssee im Weltall” oder diversen Superheldenfilmen.
In vielerlei Hinsicht verbindet der Film damit das Beste aus beiden Welten. Erzählerisch ist er chinesischen Komödien mit ihrem absurden, extrem körperlichen Humor ähnlich. Er schafft jedoch dabei gleichzeitig die Stärken des US-Kinos, wie einer weltweit bekannten Besetzung oder starker Spezialeffekte und sehr guter Montage (ebenfalls ein Oscar dafür) beizubehalten.
Doch obwohl der Film asiatischen Filmen nacheifert und mit Komik und guten Schauspielern brilliert, war er bislang in Festlandchina nicht zu sehen. Neben der Null-Covid-Politik mag ein Grund dafür sein, dass der Film kein klassischer Blockbuster ist, von dem sich Verleihe in China große Einnahmen erhoffen. Die chinesischen Behörden lassen pro Jahr nur etwa 35 Filme bei Einnahmenteilung auf den chinesischen Markt.
Verleiher stürzen sich daher lieber auf Blockbuster mit größeren Aussichten auf volle Kinos. Bei allem Kritikerfolg und Preisen ist “Everything Everywhere All At Once” dennoch eher ein kleiner Film mit niedrigem Budget.
Auch inhaltlich gibt es in dem Film einiges, das ihm den Weg auf den chinesischen Markt schwer macht. Schon allein die Tatsache, dass sich die Geschichte um eine Familie von Auslandschinesen dreht, ist ein Problem. “Geschichten über Chinesen, die im Ausland leben, sind bei der Zensur nicht sehr beliebt”, sagt eine Pekinger Filmproduzentin im Gespräch mit Table.Media.
Die Hauptrollen spiegeln das Immigrations-Thema wider. Michelle Yeoh ist Malaysierin mit chinesischen Wurzeln, die allerdings erst spät Mandarin lernte. Ke Huey Quan ist US-Amerikaner, der in Saigon als Sohn vietnamesischer Eltern chinesischer Herkunft geboren wurde. Stephanie Hsu und James Hong sind US-Amerikaner chinesischer Herkunft.
Auch spielt der Film mit Stereotypen, asiatischen Traditionen und auch Hollywood-Klischees. Dabei überschreitet der Film viele Grenzen der politischen Korrektheit. Der Ehemann der Hauptfigur heißt “Waymond Wang” anstatt “Raymond” – eine Anspielung auf die vermeintliche Unfähigkeit von Asiaten, den Buchstaben “R” auszusprechen. Als Hauptfigur Evelyn (Yeoh) geboren wird, entschuldigt sich der Arzt bei den Eltern, dass sie ein Mädchen ist. Außerdem werden Witze über falsche Pronomen und schlechte Englischkenntnisse gemacht und gekämpft wird unter anderem mit Sexspielzeugen.
Doch obwohl der Film an der Oberfläche eine absurde Komödie ist, verhandelt er im Kern Dinge, die es in China meist nicht in die Kinos schaffen, wie Homosexualität, Scheidung und dysfunktionale Familien.
Viele sehen in dem Film einen Erfolg für Asiaten in Amerika, wie auch die emotionalen Reden von Michelle Yeoh, Ke Huy Quan und Dan Kwan bei den Oscars widerspiegeln. Die Situation für asiatische Immigranten ist in den letzten Jahren nicht einfacher geworden – Covid und die schlechten Beziehungen zwischen den USA und der Volksrepublik machen asiatischstämmige Amerikaner und Immigranten immer wieder zur Zielscheibe für Rassismus.
Gleichzeitig führen große berufliche Erfolge der Asiaten dazu, dass sie immer wieder als “white adjacent” (weiß benachbart, “fast weiß”) angefeindet werden. Es soll bedeuten, dass sie vermeintlich (fast) genauso rassistisch, oppressiv und privilegiert sind wie die weiße Mehrheit.
Auch die Präsidentin der Academy, Janet Yang, selbst eine US-Amerikanerin mit chinesischem Hintergrund, hat sich in ihrer Karriere schon als Produzentin mit Themen der chinesischen Immigranten auseinandergesetzt. In Filmen wie “The Joy Luck Club” oder “Shanghai Calling” geht es um das Leben von asiatischen Immigranten in den USA oder die Rückkehr nach China.
Die sieben Oscars sind ein Mutmacher für asiatische Einwanderer in den USA, vielleicht auch ein Statement gegen Rassismus, das Hollywood setzen wollte. Möglicherweise sind sie aber auch ein Beleg dafür, dass sich die Zeiten des bierernsten und politisch korrekten Umgangs mit dem Thema Rasse dem Ende neigen.
Dass das Thema weiterhin aktuell ist, zeigen weitere geplante Produktionen: So vereint sich ein Teil des Casts von “Everything Everywhere All At Once” für eine Serie beim US-Streaming-Giganten Disney Plus. Der Titel: “American Born Chinese”. Die Serie basiert auf dem Graphic Novel von Gene Luen Yang und soll Ende Mai Premiere feiern.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Die Führung in Peking hat Australien, Großbritannien und den USA vorgeworfen, mit ihrem gemeinsamen U-Boot-Deal einen “gefährlichen Pfad” eingeschlagen zu haben. Die drei Länder würden “für ihre eigenen geopolitischen Interessen die Sorgen der internationalen Gemeinschaften komplett ignorieren”, kritisierte Außenamtssprecher Wang Wengin am Dienstag in Peking. Sie würden “weiter und weiter den Pfad des Irrtums und der Gefahr hinabgehen”, fügte er laut Nachrichtenagentur AFP hinzu.
Australien hatte am Montag angekündigt, bis zu fünf Atom-U-Boote von den USA zu kaufen und längerfristig gemeinsam mit den USA und Großbritannien eine neue Generation von Atom-U-Booten der Klasse “SSN-Aukus” zu entwickeln. Geplant ist laut Reuters ein britischer Entwurf mit “Spitzentechnologien” aus den USA. Gebaut werden sollen die Boote in Großbritannien und Australien. Ein Vertreter der australischen Regierung erklärte, das Projekt werde bis 2055 einen dreistelligen Milliarden-Dollar-Betrag kosten. Großbritannien soll die ersten U-Boote Ende der 2030er-Jahre erhalten, Australien soll Anfang der 2040er-Jahre folgen.
Während eines Spitzentreffens mit Australiens Regierungschef Anthony Albanese und dem britischen Premier Rishi Sunak betonte US-Präsident Joe Biden, dass Australien mit dem Deal keine Atomwaffen erhalte. “Die Boote werden nie Atomwaffen haben.”
Wang warf den drei westlichen Verbündeten laut AFP dennoch vor, einen Rüstungswettlauf anzustiften und nannte das Abkommen “einen typischen Fall von Kalter-Kriegs-Mentalität”. Der Verkauf von U-Booten stelle eine “ernsthafte Gefahr der Weitergabe nuklearer Waffen” dar und “verstößt gegen die Ziele und Grundsätze des Atomwaffensperrvertrags”. Kritik kam erwartungsgemäß auch aus Moskau: Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf der “angelsächsischen Welt” vor, die “Nato-Infrastruktur” in Asien voranzutreiben. flee
Die chinesische Regierung hat ausweichend auf Äußerungen des US-Präsidenten Joe Biden reagiert, er rechne mit einem baldigen Gespräch mit Staatschef Xi Jinping. China und die USA unterhielten die notwendige Kommunikation, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Peking, Wang Wenbin. “Wir glauben, dass der Wert und die Bedeutung der Kommunikation darin bestehen, das Verständnis zu verbessern, Differenzen zu bewältigen, und nicht um der Kommunikation willen.” Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten sind seit längerem angespannt.
Am Montag hatte Biden vor der Presse auf die Frage, ob er bald mit Xi sprechen werde, mit “Ja” geantwortet. Einen Termin nannte der US-Präsident allerdings nicht. Bereits Mitte Februar hatte Biden erklärt, er erwarte, mit Xi über den von den USA so bezeichneten Spionageballon über dem US-Luftraum sprechen. Vergangene Woche sagte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, sein Land wolle die regelmäßige Kommunikation mit China wiederherstellen. Biden gehe davon aus, dass er nach dem Volkskongress mit Xi telefonieren werde. rtr/flee
Die Regierung in Peking plant einem Medienbericht zufolge angesichts der rapide alternden Gesellschaft eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters. Die Volksrepublik strebe einen “progressiven, flexiblen und differenzierten Weg zur Anhebung des Renteneintrittsalters” an, wird der Präsident der Chinesischen Akademie für Arbeits- und Sozialversicherungswissenschaften, Jin Weigang, am Dienstag von der staatlichen Zeitung Global Times zitiert. “Menschen, die sich dem Rentenalter nähern, müssen den Eintritt in den Ruhestand nur um einige Monate hinauszögern.” Junge Leute müssten womöglich einige Jahre länger arbeiten. Aber es werde eine lange Anpassungs- und Übergangszeit geben, sagte der hochrangige Regierungsberater.
China hat bislang noch keine formelle Änderung des Renteneintrittsalters angekündigt, das zu den niedrigsten in der Welt zählt. Es liegt aktuell bei 60 Jahren für Männer, bei 55 Jahren für weibliche Angestellte in Büro-Berufen und bei 50 Jahren für Frauen, die in Fabriken arbeiten. “Das wichtigste Merkmal der Reform ist, dass die Menschen selbst entscheiden können, wann sie in den Ruhestand gehen wollen, je nach ihren Umständen und Bedingungen”, wird Jin zitiert.
Die von 1980 bis 2015 geltende Ein-Kind-Politik sorgt nun aber dafür, dass zu wenig Nachwuchs in den Arbeitsmarkt nachrückt. Damit steigt der Druck auf die Rentenkasse. Die Nationale Gesundheitskommission geht davon aus, dass die Zahl der über 60-Jährigen bis zum Jahr 2035 von 280 Millionen auf mehr als 400 Millionen steigen wird.
Zugleich ist die Lebenserwartung in den vergangenen Jahrzehnten mit dem wirtschaftlichen Aufstieg des Landes rapide gewachsen. Lag sie 1960 noch bei 44 Jahren, waren es 2021 bereits 78 Jahre – ein höherer Wert als in den USA. 2050 wird sie Studien zufolge voraussichtlich die Marke von 80 Jahren überschreiten.
Derzeit wird jeder Rentner durch die Beiträge von fünf Arbeitnehmern unterstützt. Der Anteil der Beitragszahler ist nur noch halb so groß wie vor einem Jahrzehnt. Experten zufolge könnte es bis 2030 nur noch 4:1 betragen, 2050 sogar nur noch 2:1. Das derzeitige Rentensystem ist Demografen und Ökonomen zufolge nicht länger tragfähig, da es sich auf eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung stütze, die eine wachsende Zahl von Rentnern finanzieren müsse. Die staatliche Chinesische Akademie der Wissenschaften geht davon aus, dass dem Rentensystem bis 2035 das Geld ausgeht. rtr/flee
China ist zum wichtigsten geopolitischen Player neben den USA aufgestiegen. Mit zahlreichen Infrastrukturprojekten weltweit schafft es starke Marktpositionen und baut seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss kontinuierlich aus. Für die EU hat dieses Engagement innerhalb und außerhalb Europas Implikationen. Nicht zuletzt, weil China nach Außenhandelsumsätzen der wichtigste Handelspartner der EU ist.
Nun streben die EU und auch Deutschland gegenüber dem systemischen Rivalen China eine außen- und sicherheitspolitisch motivierte Strategie an. Gleichzeitig vermeiden sie bei wirtschaftspolitischen Instrumenten eine explizite Lex China, um nicht mit dem Diskriminierungsverbot der multilateralen Wirtschaftsordnung in Konflikt zu geraten.
Braucht Deutschland eine auf ein Land fokussierte außenpolitisch motivierte Strategie? Aus mehreren Gründen könnte die Antwort darauf “nein” sein. Zuerst einmal, weil Deutschland damit genau das machen würde, was man China immer vorwirft: signifikante staatliche Vorgaben und protektionistische Eingriffe in privatwirtschaftliche Entscheidungen und Abläufe. Und damit unterstellt die Politik den Unternehmen rein betriebswirtschaftlich zu agieren und gesamtwirtschaftliche Risiken enger wirtschaftlicher Verbindungen zu China zu unterschätzen. Vermittelter Subtext: Unternehmen sollten besser von der Regierung geführt werden. Zudem, könnte sich schnell die Frage nach Strategien gegenüber anderen Ländern, beispielsweise den USA, stellen. Des Weiteren ist fraglich, warum es einer eigenen deutschen Strategie bedarf, wenn schon die EU an einer solchen arbeitet und über den stärksten Aktivposten im Umgang mit China verfügt.
Für eine klare, mit Zielen und Instrumenten versehene und mit einer detaillierten Bestandsaufnahme der gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten ausgestattete Strategie für die kommenden Jahre spräche aber, dass sie als Leitlinie für Unternehmen dienen könnte, diese zu einer stärkeren Gewichtung der betriebs- und volkswirtschaftlichen Risiken und damit zu einem von der Regierung gewünschten Verhalten veranlassen. An China würde zudem ein wichtiges politisches Signal gesendet. Um sicherzustellen, dass es sich wirklich um eine Strategie und nicht um einen Katalog von kurzfristigen Maßnahmen gegen die Interessen von Unternehmen handelt, müsste sie aber die großen wirtschaftlichen Herausforderungen und Veränderungen in Deutschland und China mitberücksichtigen.
Es wird deutlich, dass das, was bisher von der Bundesregierung vorgelegt wurde, noch zu große Lücken aufweist, um sich als eine Strategie zu verstehen. Insbesondere die Auseinandersetzung mit langfristigen Herausforderungen sowie Zielen Deutschlands fehlt noch völlig.
Generell stellt sich die Frage, ob es nicht einer breit angelegten Strategie jenseits eines einzelnen Landes bedarf. Denn die Schwierigkeiten, auf die Deutschland mit China stößt, sind vornehmlich dem für erratisches Verhalten anfälligen autoritären Regierungssystem geschuldet. Somit würde der Umgang mit allen Autokratien zum Dreh- und Angelpunkt einer möglichst auf EU-Ebene abgestimmten Strategie, und nicht der Fokus auf lediglich ein – wenn auch großes – autokratisches System. Gerade die Rufe nach Diversifizierung sprechen hier auch für eine Strategie im Umgang mit allen schwierigen Handelspartnern – wie sich zum Beispiel bei der Suche nach neuen Lieferquellen für Gas zeigt. Ebenso ist die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen nicht China-spezifisch.
Dabei darf nicht ignoriert werden, dass die multilaterale Ordnung, welche durch landspezifische Strategien beschnitten würde, gerade wegen geoökonomischer Machtstrategien in ihrer schwersten Krise steckt und hier außenwirtschafts- und außenpolitischer Anpassungsbedarf besteht. Insbesondere Autokratien können erratische Kurswechsel ohne Rücksicht auf Gesetze, Wähler, Märkte oder globale Regelungen einleiten, Marktwirtschaften Angebotsschocks aussetzen und Nachhaltigkeitsziele stärker vernachlässigen. Auch dies spricht für eine generelle Strategie zum Umgang mit Autokratien. Eine solche Strategie sollte den Umgang mit diesen Staaten und Themen klar definieren, und dabei auf einen Schulterschluss von Ländern mit geteilten demokratischen Werten hinarbeiten.
Dabei müssen aber auch klar eigene Schwächen – was zum Beispiel die technologische Weiterentwicklung, aber auch die Innovationsfähigkeit unserer alternden Demokratien angeht – angesprochen werden. Nur so kann es gelingen, im Systemwettbewerb dort zu punkten, wo Autokratien ihre Schwächen haben, beispielsweise auf den internationalen Finanzmärkten und der Produktion modernster IT-Produkte und Umwelttechnologien. Deutschland im Zusammenspiel mit anderen Demokratien klar als attraktiven Investitions- und Innovationsstandort zu positionieren, sollte ein wichtiges Ziel einer zukunftsorientierten Strategie sein. Diese würde eine enge, auf ein einzelnes Land ausgerichtete Reaktion überflüssig machen.
Holger Görg ist Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft und Direktor des Kieler Zentrums für Globalisierung.
Katrin Kamin ist eine Postdoc und Co-Leiterin der Geopolitics and Economics Initiative am Kiel Institut für Weltwirtschaft.
Rolf J. Langhammer ist ein Senior Researcher am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Er war außerdem bis 2012 Vizepräsident des Kiel Instituts.
Wan-Hsin Liu ist eine Senior Researcherin am Kiel Institut für Weltwirtschaft und Koordinatorin des Kieler Zentrums für Globalisierung.
Dieser Beitrag entsteht im Rahmen der Veranstaltungsreihe ,,Global China Conversations” des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Am Donnerstag (11.00 Uhr, MEZ) diskutieren Katja Leikert, Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss & im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und Holger Görg, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft, über das Thema: “Braucht Deutschland eine Chinastrategie?” China.Table ist der Medienpartner dieser Veranstaltungsreihe.
Dieser Artikel ist die gekürzte Version einer Kiel Focus Publikation von Görg et al. (2023).
Erich Swoboda ist seit Beginn des Monats Head of Technical Service bei BMW in China. Er war zuvor Head of Quality Management im Werk Dadong beim Joint Venture von BMW und Brilliance.
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Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt – Hauptsache, sie fliegen: Beim Flugdrachenfestival in Jinhua, Provinz Zhejiang, präsentieren Enthusiasten ihre neuen Flug- und Lenkdrachen. Dabei gilt keineswegs: je höher, desto besser. Denn dann hätte dieses gelbe Ungetüm nur wenig Chancen. Es zählt die Originalität.