Table.Briefing: China

So steht Kamala Harris zu China + Trumps Äußerung zu Krieg in Asien

Liebe Leserin, lieber Leser,

jede Wette: Sollte Kamala Harris für die Demokraten in den Ring steigen und möglicherweise zur ersten US-Präsidentin der Geschichte aufsteigen, werden sie in Peking die Augen verdrehen. Mit Frauen haben sie in Zhongnanhai in den vergangenen Jahren eher schlechte Erfahrungen gemacht. Die sind immer so unnachgiebig.

Angela Merkel ging ihnen fürchterlich auf die Nerven, mit ihrem jahrelangen Rumgemeckere wegen der Menschenrechte. Annalena Baerbock ließ es sich nicht nehmen, ihren Staatschef einen Diktator zu nennen und mosert ständig wegen ihres autoritären Staatssystems herum. Ursula von der Leyen brummte ihnen saftige Ausgleichszölle auf. Und Nancy Pelosi zeigte von der taiwanischen Küste aus die lange Nase Richtung Volksrepublik.

Vielleicht haben sie in Peking deshalb schon die Überzeugung gewonnen, dass Außenpolitik so einfach sein könnte, wenn sie doch ausschließlich von Männern gestaltet würde. Dass es nun Harris werden könnte, die die Geschicke des großen Rivalen im geostrategischen Wettstreit lenkt, entpuppt sich dann vielleicht als Ironie des chinesischen Schicksals. Michael Radunski hat für uns jedenfalls die Eckpunkte aufgeschrieben, an der sich eine Außen- und Sicherheitspolitik der Amerikaner unter Regierungsverantwortung von Kamala Harris orientieren würde. Und so viel steht jetzt schon fest: Besser als jetzt wird es für die Chinesen sicher nicht werden.

Den Ausgang der Wahl beobachten auch die Taiwaner sehr genau. Ein möglicher Präsident Donald Trump sorgt jetzt schon mit seinen Interviews für Aufregung, wenn er von einem möglichen Weltkrieg spricht und über mehr Gegenleistungen für US-Unterstützung von Taiwan nachdenkt. Da hat jemand wohl die Bedeutung Taiwans für Amerikas macht- und sicherheitspolitischen Interessen noch nicht begriffen. Sei’s drum.

David Demes war für uns in Taipeh mit dabei, als Taiwans Außenminister Lin Chai-lung mit ausländischen Medien in den Dialog gegangen ist. Lins Gelassenheit und Überzeugung von der Verteidigungsfähigkeit der Insel hat er sich vermutlich im Präsidialamt in Taipeh angeeignet. Dort diente er unter Tsai Ing-wen, die Taiwans globale Integration während ihrer Amtszeit mit großem Selbstverständnis vorangetrieben hat. Noch so eine Frau, an die Peking keine guten Erinnerungen hat.

In diesem Zusammenhang empfehle ich ihnen auch die Lektüre zur chinesischen Hürdenläuferin und Olympia-Medaillenhoffnung Wu Yanni. Für viele junge Chinesinnen ist sie ein Vorbild. Die Leistungen von Frauen in Schule und Uni sind oftmals besser, ihre Karrieren oftmals steiler als die von Männern gleichen Alters. Dennoch kämpfen sie ungleich mehr gegen traditionelle Rollenbilder im nach wie vor patriarchalen China an, schreibt Fabian Peltsch.

Dann schließt sich an dieser Stelle wohl der Kreis – zumindest bis morgen.

Ihr
Marcel Grzanna
Bild von Marcel  Grzanna

Analyse

US-Wahlkampf: Wie Kamala Harris auf China blickt

US-Vizepräsidentin Kamala Harris.

Kamala Devi Harris steht für die gleiche harte Chinapolitik wie US-Präsident Joe Biden. Nun gehört es in Washington längst zum parteiübergreifenden Konsens, entschlossen dem wachsenden Einfluss Pekings entgegenzutreten. Dennoch lassen sich bei Harris klare Unterschiede zum China-Ansatz von Donald Trump erkennen: Während Trump immerzu auf einen Vier-Augen-Deal lauert, setzt Harris im Wettbewerb mit China auf Partner und Allianzen.

Insgesamt würde die Asien-Politik einer möglichen US-Präsidenten Kamala Harris auf folgenden Grundsätzen aufbauen:

  • Stärkung der Allianzen im Indopazifik
  • Verteidigung der Freiheit auf den Meeren
  • Einsatz für ungehinderten Handel
  • Förderung der Menschenrechte
  • Festhalten an der bestehenden regelbasierten Ordnung, Stichwort “rule of law”
  • Und bei all dem: Klare Benennung von China als Bedrohung von Frieden und Stabilität.

Harris setzt auf Partner in der Region

Deutlich wird dieser Ansatz schon in ihrer Reiseroute als Vize-Präsidentin. Dem Weißen Haus zufolge reiste die Vize-Präsidentin in mehr als 19 Länder. Viermal war sie in Ostasien unterwegs, in sieben Ländern sowie in der Demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea. Sie besuchte unter anderem Singapur, Vietnam, die Philippinen und Indonesien – nicht aber China, Hongkong oder Taiwan.

Zu direkten Treffen mit der chinesischen Führung kam es eher beiläufig. Als Harris die USA auf den Asean- und Apec-Gipfeln vertrat, traf sie am Rande jener Gipfel mal Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping, mal Chinas Ministerpräsidenten Li Qiang. Und dennoch legte Harris auf all ihren Reisen immer wieder den Fokus auf China. Ihre Botschaft: Pekings Einfluss in der Region müsse eingedämmt und ein sicherer Indopazifik gefördert werden.

Harris: “China nötigt und schüchtert ein”

Auf ihren drei Südostasien-Reisen zeigte Harris ihre inhaltliche Ausrichtung. Keinen Zweifel ließ sie daran aufkommen, wer aus ihrer Sicht die größte Gefahr für Sicherheit und Stabilität in der Region darstelle: “China nötigt und schüchtert ein”, sagte Harris 2021 in Singapur. Peking untergrabe die “regelgestützte Ordnung” und bedrohe die Souveränität der Staaten im Südchinesischen Meer, erklärte Harris weiter.

Ein Jahr später setzte Harris auf den Philippinen abermals ein Zeichen gegen China. “In Anbetracht von Einschüchterung und Nötigung im Südchinesischen Meer stehen die USA den Philippinen als Verbündeter bei“, sagte Harris in Palawan. Das philippinische Eiland liegt nahe der Spratly-Inseln, die neben den Paracel-Inseln zu den Brennpunkten im Südchinesischen Meer zählen. Damals erinnerte die Juristin Harris auch an das Urteil des Schiedsgerichts in Den Haag, das Chinas Ansprüche klar zurückgewiesen hatte. “Die Entscheidungen des Tribunals sind bindend und müssen respektiert werden”, sagte Harris.

Harris: “Indopazifik ist Top-Priorität der USA”

Im Gegensatz zu Donald Trump lässt Harris keinen Zweifel an der Rolle der USA aufkommen: Angesichts dieser Bedrohungen stünden die USA an der Seite ihrer Verbündeten und Partner, stellte Harris immer wieder unmissverständlich klar. Und weiter: Washington habe fortdauernde Verpflichtungen in Asien. “Der Indopazifik ist die Top-Priorität” der USA.

2023 stellte Harris in Indonesien klar: Die USA wollen keinen Konflikt mit China provozieren, “aber wir sind absolut dazu bereit und unternehmen alles, was nötig ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben”, sagte Harris.

Menschenrechte und Taiwan

Zwei weitere wichtige Aspekte von Harris Asien-Politik sind die Bereiche Menschenrechte und Taiwan. Als Senatorin von Kalifornien arbeitete sie regelmäßig an Gesetzen zur Förderung der Menschenrechte in Hongkong. Ebenso war sie große Unterstützerin des “Uyghur Human Rights Policy Act”, der US-Sanktionen im Rahmen von Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang ermöglicht.

Und auch an der US-Unterstützung für Taiwan dürfte sich unter Kamala Harris nichts ändern. Als sie 2022 Lai Ching-te traf, sagte Harris unmissverständlich: “Wir werden Taiwans Selbstverteidigung weiterhin unterstützen, im Einklang mit unserer langjährigen Politik.” Ganz nebenbei: Lai ist inzwischen Präsident von Taiwan, Harris hat Gleiches in den USA vor.

Harris wechselt Sicht auf China-Zölle

Bliebe das Thema Strafzölle auf chinesische Waren – einer der wenigen Punkte, in denen Harris ihre Position unter ihrem Chef Joe Biden geändert hat. Im Wahlkampf 2020 sprach sich Harris noch gegen Trumps China-Zölle aus und argumentierte, dass die Zölle “den arbeitenden Menschen jeden Monat 1,4 Milliarden Dollar aus der Tasche ziehen”. Harris schlug vor, dass die USA nicht einseitig handeln, sondern “mit Verbündeten in Europa und Asien zusammenarbeiten sollten, um China wegen seiner beunruhigenden Handelspraktiken zur Rede zu stellen”.

Überrascht mussten dann nicht nur Chinas Kader feststellen, dass die Biden-Harris-Administration die Zölle aus der Trump-Ära weitgehend beibehielt. Mehr noch, Biden legte sogar nach: Vor allem die scharfen Exportkontrollen im Hightech-Bereich haben Chinas Halbleiter-Ökosystem und dessen Entwicklung erheblich zugesetzt. Entsprechend ist auch in diesem Punkt davon auszugehen, dass Harris weiterhin an den Zöllen festhalten würde – eventuell aber mehr in Absprache mit Partner in Europa und Asien.

  • Geopolitik
  • Handel
  • Südchinesisches Meer
  • Technologie
  • Trump 2024
  • USA
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Sicherheit: Weshalb Taiwan trotz Kriegsszenarien von Trump die Ruhe bewahrt

Taiwan Außenminister Lin Chia-lung
Taiwan Außenminister Lin Chia-lung.

Gleich zu Beginn seiner ersten Pressekonferenz mit ausländischen Medien ging es für Taiwans neuen Außenminister Lin Chia-lung ans Eingemachte. Der US-Sender CNN konfrontierte Lin mit Aussagen von Donald Trump, der nicht nur über einen Dritten Weltkrieg in Asien gesprochen, sondern auch die militärische Unterstützung der USA für Taiwan in Frage gestellt und die Inselrepublik dazu aufgefordert hatte, Schutzgeld an Washington zu zahlen. “Wir sind nichts anderes als eine Versicherungsgesellschaft”, sagte Trump, “Taiwan gibt uns nichts.” 

Doch Taiwans neuer Außenminister war gut vorbereitet. Man lege “großen Wert” auf Trumps Aussagen, sagte er. Und dann erinnerte Lin daran, dass Taiwan sein Verteidigungsbudget in den vergangenen acht Jahren fast verdoppelt habe: auf 606,8 Milliarden Taiwan-Dollar – rund 18,45 Milliarden US-Dollar und etwa 2,5 Prozent des taiwanischen Bruttoinlandsprodukts. Diese Zahlen zeigten, dass Taiwan bereit sei zu zahlen, was nötig sei, um die Insel zu verteidigen. “Ich erwarte, dass diese Zahl weiter steigen wird”, sagte Lin. Man wolle nicht nur in mehr Waffen, sondern auch vermehrt in die Ausbildung der Soldaten investieren.

Weniger Show, mehr Ernst bei jährlicher Militärübung

Passend dazu begann am Montag das jährliche Han-Kuang-Militärmanöver, das die Insel seit Jahrzehnten auf den Ernstfall vorbereiten soll. Wie ernst das Land die Bedrohung durch die Volksrepublik China inzwischen nimmt, zeigte der Umbau der Übung. Es wurden Elemente gestrichen, die in der Vergangenheit auch der Show und Unterhaltung dienten, beispielsweise die Präsentation der eigenen Feuerkraft. Stattdessen werden jetzt Nachtübungen intensiviert, um zu trainieren, wie man mit unterbrochenen Befehlsleitungen operiert. Im Mittelpunkt standen am Montag jedoch zunächst Landeabwehrübungen an einem strategischen Fluss.

Minister Lin betonte vor der Presse, dass die Unterstützung der USA für Taiwan parteiübergreifend sei und die chinesische Bedrohung sowohl von US-Präsident Joe Biden als auch von dessen Herausforderer Donald Trump ernst genommen werde. In Richtung Europa sendete er Wohlwollen für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die kürzlich im EU-Parlament betont hatte, China von einer einseitigen Veränderung des Status Quo mit militärischen Mitteln, vor allem in Bezug auf Taiwan, abschrecken zu wollen. Lin erwartet eine weitere Vertiefung der Beziehungen zwischen Taiwan und der EU unter ihrer Führung. Dennoch müsse Taiwan sich in Verteidigungsfragen vor allem auf sich selbst verlassen, erklärte Lin.

Lin: Signifikante Resultate des Mitteleuropa-Fonds

Auch erinnerte er daran, dass Peking gerne auf psychologische Schachzüge setze, um seine Interessen durchzusetzen. Das Gleiche gelte für die Formulierung eines Zeitplans zur Einverleibung Taiwans. Man müsse sich bewusst sein, dass China solche Zeitpläne als Teil seiner kognitiven Kriegsführung verwende. “Wir müssen auf der Hut sein, sollten uns aber nicht davon einschränken lassen”, sagte Lin. Stattdessen kündigte er Entschlossenheit an der Seite von internationalen Partnern an, China gemeinsam abschrecken zu wollen.

Weil in Taiwan Sicherheit und Wirtschaft so unmittelbar miteinander verknüpft sind wie sonst kaum auf der Welt, richtete Lin den Blick auch auf die Bedeutung der wirtschaftlichen Integration seines Landes. Beispiel Mittel- und Osteuropa: Taiwan und die baltischen Staaten hätten ähnliche Erfahrungen mit Diktaturen und der Bedrohung durch einen größeren Nachbarn gemacht, sagte Lin, um diesen gemeinsamen Hintergrund auf die wirtschaftlichen Interessen der Partner zu drehen.

Lin verwies auf die Entwicklung einer Halbleiterindustrie in Litauen, auf dortige Erfahrungen im Bereich der Lasertechnologie und FinTech, die für Taiwan hilfreich sein könnten. Der taiwanische Mitteleuropa-Fonds habe in Ländern wie Litauen, aber auch in Tschechien bereits signifikante Resultate erzielt und viele Investitionen in Hightech-Kooperationen gefördert, so Lin.

Unterstützung bei KI und Big Data für Verbündete

Die japanische Zeitung Nikkei Asia hatte vor kurzem berichtet, dass Lin sogar eine neue Wirtschaftsaußenpolitik anstrebe. Teil dieser Strategie soll die Schaffung von drei Industrieparks in Japan, Tschechien und einem südostasiatischen Land (wahrscheinlich Thailand) sein, sowie die Einrichtung eines staatlichen Fonds zugunsten von taiwanischen Mittelständlern, die in Süd- und Südostasien investieren wollen. Ganz neu ist die Idee allerdings nicht, sondern knüpft an ähnliche Initiativen von Ex-Präsidentin Tsai Ing-wen an, der Lin als Generalsekretär des taiwanischen Präsidialamtes gedient hatte.

Dass Taiwan mit finanziellen Anreizen außenpolitische Partner gewinnen oder zumindest behalten möchte, ist legitim. China macht es nicht anders. Explizit hilft Taiwan seinen zwölf verbliebenen diplomatischen Verbündeten der Weltgemeinschaft, dass die ihre Wirtschaft entwickeln können und nicht auch noch auf die Idee kommen, Taiwan durch China zu ersetzen. Lin sagte, Taiwan analysiere die industriellen Voraussetzungen dieser Länder, um sie in den Bereichen Big Data und Künstliche Intelligenz zu unterstützen.

  • Außenpolitik
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News

Reformen: Drittes Plenum erfüllt Erwartungen deutscher Unternehmen in China nicht

Deutsche Firmen in China haben mit Enttäuschung auf die Beschlüsse des Dritten Plenums reagiert. Die Firmen hätten sich “mehr Orientierung sowie eine Konkretisierung der bereits angekündigten Konjunkturförderungsmaßnahmen erhofft”, sagte Maximilian Butek, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina, der Deutschen Presseagentur.

Die Klausurtagung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei hatte in der vergangenen Woche die Weichen für die Wirtschaftspolitik der kommenden Jahre gestellt, teilweise jedoch widersprüchliche Pläne und kaum konkrete Maßnahmen formuliert. “Der Befreiungsschlag ist ausgeblieben, stattdessen erleben wir eine Politik, die im Zeichen von Kontinuität steht”, sagte Butek.

Das Plenum unter der Leitung von Staats- und Parteichef Xi Jinping versucht, es vielen gesellschaftlichen Gruppen recht zu machen. Es formulierte zwar eine klare Stärkung der Marktwirtschaft und jener Kräfte, die sich durch Freiheit und Eigeninitiative freisetzen ließen. Gleichzeitig aber legten die veröffentlichten Dokumente Schwerpunkte auf Kontrolle und Sicherheit.

Butek sagte der dpa, dass es neben dem starken Konkurrenzdruck vor allem das geringe Vertrauen im Markt sowie zögerliche Investitionen im Privatsektor seien, die deutschen Unternehmen in China zu schaffen machten. Zudem seien die Hoffnungen in Richtung Marktöffnung und Gleichbehandlung ausländischer Unternehmen enttäuscht worden. grz

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Konjunktur: So reagiert die Zentralbank auf die schwachen Wirtschaftsdaten

Chinas Zentralbank will der mauen Wirtschaft mit einer überraschenden Leitzinssenkung neuen Schub verleihen. Sie verringerte am Montag den im Fachjargon als Loan Prime Rate (LPR) bekannten Schlüsselzins, über den die Notenbank die Kosten für Verbraucherkredite und auch für Hypotheken steuert. Der einjährige Satz wurde von 3,45 Prozent auf 3,35 Prozent reduziert und der fünfjährige LPR von 3,95 Prozent auf 3,85 Prozent verringert.

Die meisten neuen und ausstehenden Kredite basieren auf dem einjährigen LPR, während der fünfjährige für die Baufinanzierung wichtig ist. Angesichts der Immobilienkrise und der Konsumflaute in der Volksrepublik könnten niedrigere Kreditkosten die Wirtschaft beleben.

Die Zinssenkungen in der zweitgrößten Volkswirtschaft folgen unmittelbar auf das Dritte Plenum, der Klausurtagung des Zentralkomitees zur wirtschaftlichen Ausrichtung der kommenden Jahre. Das Plenum hat ein Maßnahmenbündel beschlossen, um die Finanzierung nicht-staatlicher Firmen zu unterstützen. Demnach sollen die Märkte bei der Ressourcenverteilung eine entscheidende Rolle spielen.

“Die Zinssenkung ist ein unerwarteter Schritt, wahrscheinlich aufgrund der starken Verlangsamung der Wachstumsdynamik im zweiten Quartal”, sagte Larry Hu, Chefvolkswirt für China bei der Bank Macquarie. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der zweitgrößten Volkswirtschaft war von April bis Juni mit 4,7 Prozent deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. rtr/grz

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Kuleba: Ukrainischer Außenminister reist zu Friedensgesprächen nach Peking

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba reist am Dienstag auf Einladung Chinas zu Gesprächen nach Peking. Kuleba werde während der bis Donnerstag dauernden Reise mit seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi über die bilateralen Beziehungen sprechen. “Das Hauptthema der Diskussion wird die Suche nach Wegen sein, die russische Aggression zu stoppen, und Chinas mögliche Rolle bei der Schaffung eines stabilen und gerechten Friedens”, teilte das ukrainische Außenministerium auf seiner Website mit.

Kulebas Visite ist ungewöhnlich, da China allgemein als Russland nahestehend gilt. So hatten die Regierungen in Moskau und Peking nur wenige Tage vor Beginn der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 eine “grenzenlose Partnerschaft” vereinbart. Und obwohl China die russische Invasion nicht verurteilt hat und stattdessen dazu beiträgt, Russlands Kriegswirtschaft am Laufen zu halten, ist die ukrainische Regierung zurückhaltend mit ihrer Kritik an der Volksrepublik.

China veröffentlichte am 23. Mai zusammen mit Brasilien einen Sechs-Punkte-Friedensplan. Darin wird eine internationale Friedenskonferenz unterstützt, die von beiden Kriegsparteien anerkannt würde. China und Brasilien gehören wie auch Russland zur Brics-Gruppe der führenden Schwellenländer, die bei allen politischen und wirtschaftlichen Unterschieden das gemeinsame Ziel haben, ein Gegengewicht zur Dominanz des Westens und wirtschaftlich starker Länder wie die der G7 zu bilden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, nur die mächtigsten Länder der Welt seien in der Lage, den Krieg in seinem Land erfolgreich zu beenden. China müsse bei der Lösung des Krieges eine wichtige Rolle spielen, unterstrich Selenskyj. rtr

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  • Russland
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Forschungs-Kooperation: Wie die US-Behörde NSF für mehr Sicherheit sorgen will

Rebecca Spyke Keiser, Leiterin der Abteilung für Forschungssicherheit bei der obersten US-Forschungsbehörde National Science Foundation (NSF), plädiert für eine stärkere Risikoaufklärung für Forschende in Bezug auf China. “Das größte Sicherheitsrisiko ist der Missbrauch von Forschung und Technologie für unethische Zwecke”, sagt Spyke Keiser im Interview mit Table.Briefings. Dazu komme die Gefahr des Technologiediebstahls für unethische Zwecke, beispielsweise für einen Wettbewerbsvorteil. Als “countries of concern” sieht Spyke Keiser neben China auch Russland, Nordkorea und Iran.

 “Es gibt diesen Satz, der oft zitiert wird: ‘So offen wie möglich, so sicher wie nötig.’ Mir gefällt das eigentlich nicht so. Weil der Satz suggeriert, dass man entweder das eine oder andere haben kann”, sagt Spyke Keiser. Es müsse aber beides gemeinsam umgesetzt werden. Es gehe dabei nicht um eine Abschottung, sondern um effektiveren Schutz. Dazu seien Trainings und Aufklärung für Forschende notwendig. “Zum Beispiel, dass wir vorsichtig mit vorläufigen Ergebnissen oder der Beschreibung der Methoden sind.” Als Risiko nennt sie Schattenlabore in China, in welchen die Forschung aus den USA kopiert werde. ari

  • National Science Foundation
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KI-Chips: So umgeht Nvidia die US-Sanktionen

Wegen der US-Beschränkungen für Technologie-Exporte nach China arbeitet der amerikanische Chipspezialist Nvidia Insidern zufolge an einer speziellen Version seines aktuellen KI-Chips für den dortigen Markt. Dieser gemeinsam mit dem chinesischen Vertriebspartner Inspur entwickelte Prozessor solle im zweiten Quartal 2025 auf den Markt kommen, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen am Montag. Nvidia wollte sich zu diesem Thema nicht äußern.

Im Frühjahr hatte der Weltmarktführer für KI-Spezialprozessoren sein Spitzenmodell B200 “Blackwell” vorgestellt, dessen Massenproduktion in den kommenden Monaten anlaufen soll. Den Angaben zufolge arbeitet der Chip 30 Mal schneller als sein Vorgänger. Mit der abgespeckten Version “B20” will Nvidia die chinesische Konkurrenz auf Abstand halten, die dem US-Konzern Marktanteile abjagen will. Vor allem Huawei und Tencent buhlen um Kunden. rtr

  • Chip-Sanktionen
  • Halbleiter
  • KI
  • Nvidia
  • Sanktionen
  • Technologie

E-Mobilität: Mit dieser Plattform will VW Kosten reduzieren

Volkswagen will zusammen an der Seite seines chinesischen Partners Xpeng mit einer neuen Plattform für Elektroautos die Kosten deutlich senken. Die beiden Unternehmen unterzeichneten dazu ein entsprechendes Abkommen und brachten zwei gemeinsame Entwicklungszentren auf den Weg, wie VW am Montag mitteilte. Bereits ab 2026 sollen alle in China gebauten Autos von VW auf der elektronischen Plattform CEA basieren, welche mit deutlich weniger Steuergeräten aus komme und deswegen deutliche Einsparungen verspreche.

VW-China-Chef Ralf Brandstätter sprach von einem “Meilenstein” in der “China for China”-Strategie des Konzerns. Es handle sich um einen wichtigen Schritt im Wandel zu einem führenden Anbieter von intelligenten, vernetzten Fahrzeugen.

VW hatte sich 2023 auf eine Zusammenarbeit mit Xpeng geeinigt und dazu fünf Prozent an dem chinesischen Hersteller für 700 Millionen Dollar übernommen. Ursprünglich sollten zwei gemeinsame Fahrzeuge ab 2026 auf den Markt gebracht werden. Nun wird die Zusammenarbeit ausgebaut und alle Autos ab 2026 sollen auf der neuen Plattform basieren. Die Plattform nutzt zur Steuerung drei Zentralrechner und eine zonale Struktur, über die die einzelnen Teile des Autos angesteuert werden. Damit fallen zahlreiche Komponenten und viele Meter Kabelbaum weg. Dadurch soll die Produktion effizienter und billiger werden. rtr/grz

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Presseschau

Ukrainischer Außenminister reist zu Friedensgesprächen nach China HANDELSBLATT
Überraschende Leitzinssenkung: Chinas Kampf gegen die Wirtschaftsflaute TAGESSCHAU
China will Rentenalter nach hinten verschieben HANDELSBLATT
Drittes Plenum: Die Reformen der Kommunistischen Partei werden die vielen Probleme Chinas nicht lösen SÜDDEUTSCHE
Europa distanziert sich von Chinas Infrastrukturprojekten TELEPOLIS
Software-Strategie: Volkswagen probt in China den Neustart HANDELSBLATT
Nach Konfrontationen im Südchinesischen Meer: Philippinen und China einigen sich auf “vorläufige Regelung” SPIEGEL
Mögliche chinesische Invasion: Taiwan bereitet sich auf den Ernstfall vor T-ONLINE

Heads

Olympia: Hürdenläuferin Wu Yanni wurde vom ADHS-Kind zur Medaillenhoffnung

Chinas Olympia-Hoffnung im Hürdensprint: Wu Yanni.

In China nennt man sie bereits “Göttin der Leichtathletik”. Die Hürdenläuferin Wu Yanni 吴艳妮 ist eine der großen Hoffnungen der Chinesen für die Olympischen Spiele in Paris. Anfang Juli gewann die 26-Jährige den 100-Meter-Hürdenlauf der Frauen bei den Nationalen Leichtathletik-Meisterschaften in Rizhao, Shandong. Ihre mit Gold prämierte Zeit von 12,74 Sekunden war die schnellste, die in diesem Jahr von einer Asiatin gelaufen wurde.

Wu ist schon jetzt ein Star. Allein auf Douyin, dem chinesischen Tiktok, folgen ihr mehr als drei Millionen Menschen. Sie ist aber auch eine Sportlerin, die polarisiert. Ihr auffälliges Make-up und ihr selbstbewusstes Auftreten vor und nach den Rennen, haben ihr das Image eingebracht, vor allem auf Aufmerksamkeit aus zu sein. Auch ihre “Bad Girl”-Tätowierung auf dem rechten Arm sorgt für Kritik: So sollten sich Frauen im Profisport nicht benehmen, heißt es. Wu bringe Schande über China.

Als Wu im vergangenen Jahr bei den Asian-Spielen in Hangzhou wegen eines Fehlstarts disqualifiziert wurde, schien das vielen als weiterer Beweis dafür, dass es bei ihr vor allem um Show gehe. Sie selbst nannte es “den schlimmstmöglichen Tiefpunkt ihrer Karriere.”

“Es braucht Mut, nicht gemocht zu werden”

Dabei macht es Wu nichts aus, aus der Reihe zu tanzen. “Es braucht Mut, nicht gemocht zu werden”, sagt sie. Und nach dem Sieg in Rizhao erklärte sie der Presse: “Ich möchte der Welt die hübscheste, coolste, mutigste und selbstbewussteste Wu Yanni zeigen.” Je größer die Kritik, desto stärker werde sie. “Also kritisiert mich ruhig weiter. Denn je mehr ich kritisiert werde, desto glücklicher und motivierter bin ich.”

Für viele junge Chinesinnen ist Wu Yanni ein Vorbild, dem sie nacheifern wollen. Ihre Leistungen in Schule und Uni sind oftmals besser, ihre Karrieren oftmals steiler als die der Männer gleichen Alters. Dennoch kämpfen Frauen ungleich mehr gegen traditionelle Rollenbilder im nach wie vor patriarchalen China an. “Die Gesellschaft ist heutzutage viel aufgeschlossener, und jetzt komme ich mit meiner Persönlichkeit ins Spiel, was zeigt, dass nichts dagegen spricht, wenn Mädchen selbstbewusst sind, und auch nichts dagegen, wenn sie auffallen wollen”, sagt Wu.

“Am Ende konkurriert man nur mit sich selbst”

Wu Yanni wurde am 28. Juli 1997 in der kleinen Stadt Zigong in der Provinz Sichuan geboren. Schon in jungen Jahren sagte man ihr eine Hyperaktivitätsstörung (ADHS) nach. “Ich lernte nicht gerne, ich sang, tanzte und rannte”, erzählte sie in einem Interview. Ihre Mutter bestach sie mitunter mit 100-Yuan-Scheinen, sollte es ihr gelingen, wenigstens für eine Stunde stillzusitzen. Sie verdiente damit keinen Mao. Freunde der Familie rieten, die hibbelige Tochter, sie solle über den Leistungssport ihre Energie entladen. Wu lernte zunächst tanzen, bis sie im Alter von neun Jahren bei einem Sportwettbewerb von einem Trainer entdeckt wurde. “Er sagte, meine Beine seien lang, ich könne schnell laufen, ich hätte einen Vorteil in der Leichtathletik und hätte das Potenzial, eine Athletin zu werden.”

Nachdem sie einige Zeit in der Provinzhauptstadt Chengdu trainiert hatte, wurde sie 2012 in das Hürdenteam der Sportuniversität Peking berufen. Ein Bandscheibenvorfall machte ihr jedoch fast einen Strich durch die Rechnung. Sie habe ihre Grenzen nicht ernst genug genommen, sagt sie heute. “Wenn man jung ist, versucht man, sein Limit auszutesten. Am Ende konkurriert man aber eigentlich nur mit sich selbst. Das ist ein extrem schmerzhafter Prozess, aber ich glaube, darin liegt der Reiz.”

Nach einer Auszeit fing Wu sich wieder und gewann Gold bei den Nationalen Spielen von China 2018 und 2020. Zwischen den Turnieren gab sie 2019 ihr Debüt in der chinesischen Leichtathletik-Nationalmannschaft. Bis auf die Disqualifikation in Hangzhou weist Wu eine Siegesserie auf: 2021 und 2023 wurde sie jeweils chinesische Meisterin im 100-Meter-Hürdenlauf.

Ihr nächstes Ziel ist es, den nationalen Rekord Chinas von 12,64 Sekunden zu brechen. Dann seien ihre größten Konkurrenten die internationalen Athleten. Den Weltrekord im 100-Meter-Hürdenlauf der Frauen hält Tobi Amusan aus Nigeria mit 12,12 Sekunden. “Seitdem ich klein war, wollte ich gewinnen”, sagt Wu. Bei den Olympischen Spielen in Paris will sie ihre “performative Persönlichkeit” jedenfalls nicht in der Kabine lassen. “Je größer das Publikum, desto motivierter bin ich und umso mehr gebe ich an.” Fabian Peltsch

  • Olympia
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Personalie

Da Li ist seit Juni Director of Business Operations bei der OPT Machine Vision GmbH. Das Unternehmen aus Leinfelden-Echterdingen ist ein globaler Anbieter von Komponenten für die industrielle Bildverarbeitung mit dem Fokus auf LED-Beleuchtungen, Optiken und Zubehör. Li war zuvor unter anderem bei der STB Global Services GmbH tätig, wo sie chinesische Mandanten zu Fragen des Markteintritts in Deutschland beraten hat. 

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Dessert

Es ist nicht schwer zu erkennen, welche Veranstaltung hier gefeiert wird: Das 34. Qingdao-Bier-Festival hat begonnen. Verköstigt werden mehr als 2.200 Biersorten, manche werden lokal gebraut, andere finden aus aller Welt dieser Tage ihren Weg in die chinesische Hafenstadt. Na dann: Prost!

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    jede Wette: Sollte Kamala Harris für die Demokraten in den Ring steigen und möglicherweise zur ersten US-Präsidentin der Geschichte aufsteigen, werden sie in Peking die Augen verdrehen. Mit Frauen haben sie in Zhongnanhai in den vergangenen Jahren eher schlechte Erfahrungen gemacht. Die sind immer so unnachgiebig.

    Angela Merkel ging ihnen fürchterlich auf die Nerven, mit ihrem jahrelangen Rumgemeckere wegen der Menschenrechte. Annalena Baerbock ließ es sich nicht nehmen, ihren Staatschef einen Diktator zu nennen und mosert ständig wegen ihres autoritären Staatssystems herum. Ursula von der Leyen brummte ihnen saftige Ausgleichszölle auf. Und Nancy Pelosi zeigte von der taiwanischen Küste aus die lange Nase Richtung Volksrepublik.

    Vielleicht haben sie in Peking deshalb schon die Überzeugung gewonnen, dass Außenpolitik so einfach sein könnte, wenn sie doch ausschließlich von Männern gestaltet würde. Dass es nun Harris werden könnte, die die Geschicke des großen Rivalen im geostrategischen Wettstreit lenkt, entpuppt sich dann vielleicht als Ironie des chinesischen Schicksals. Michael Radunski hat für uns jedenfalls die Eckpunkte aufgeschrieben, an der sich eine Außen- und Sicherheitspolitik der Amerikaner unter Regierungsverantwortung von Kamala Harris orientieren würde. Und so viel steht jetzt schon fest: Besser als jetzt wird es für die Chinesen sicher nicht werden.

    Den Ausgang der Wahl beobachten auch die Taiwaner sehr genau. Ein möglicher Präsident Donald Trump sorgt jetzt schon mit seinen Interviews für Aufregung, wenn er von einem möglichen Weltkrieg spricht und über mehr Gegenleistungen für US-Unterstützung von Taiwan nachdenkt. Da hat jemand wohl die Bedeutung Taiwans für Amerikas macht- und sicherheitspolitischen Interessen noch nicht begriffen. Sei’s drum.

    David Demes war für uns in Taipeh mit dabei, als Taiwans Außenminister Lin Chai-lung mit ausländischen Medien in den Dialog gegangen ist. Lins Gelassenheit und Überzeugung von der Verteidigungsfähigkeit der Insel hat er sich vermutlich im Präsidialamt in Taipeh angeeignet. Dort diente er unter Tsai Ing-wen, die Taiwans globale Integration während ihrer Amtszeit mit großem Selbstverständnis vorangetrieben hat. Noch so eine Frau, an die Peking keine guten Erinnerungen hat.

    In diesem Zusammenhang empfehle ich ihnen auch die Lektüre zur chinesischen Hürdenläuferin und Olympia-Medaillenhoffnung Wu Yanni. Für viele junge Chinesinnen ist sie ein Vorbild. Die Leistungen von Frauen in Schule und Uni sind oftmals besser, ihre Karrieren oftmals steiler als die von Männern gleichen Alters. Dennoch kämpfen sie ungleich mehr gegen traditionelle Rollenbilder im nach wie vor patriarchalen China an, schreibt Fabian Peltsch.

    Dann schließt sich an dieser Stelle wohl der Kreis – zumindest bis morgen.

    Ihr
    Marcel Grzanna
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    Analyse

    US-Wahlkampf: Wie Kamala Harris auf China blickt

    US-Vizepräsidentin Kamala Harris.

    Kamala Devi Harris steht für die gleiche harte Chinapolitik wie US-Präsident Joe Biden. Nun gehört es in Washington längst zum parteiübergreifenden Konsens, entschlossen dem wachsenden Einfluss Pekings entgegenzutreten. Dennoch lassen sich bei Harris klare Unterschiede zum China-Ansatz von Donald Trump erkennen: Während Trump immerzu auf einen Vier-Augen-Deal lauert, setzt Harris im Wettbewerb mit China auf Partner und Allianzen.

    Insgesamt würde die Asien-Politik einer möglichen US-Präsidenten Kamala Harris auf folgenden Grundsätzen aufbauen:

    • Stärkung der Allianzen im Indopazifik
    • Verteidigung der Freiheit auf den Meeren
    • Einsatz für ungehinderten Handel
    • Förderung der Menschenrechte
    • Festhalten an der bestehenden regelbasierten Ordnung, Stichwort “rule of law”
    • Und bei all dem: Klare Benennung von China als Bedrohung von Frieden und Stabilität.

    Harris setzt auf Partner in der Region

    Deutlich wird dieser Ansatz schon in ihrer Reiseroute als Vize-Präsidentin. Dem Weißen Haus zufolge reiste die Vize-Präsidentin in mehr als 19 Länder. Viermal war sie in Ostasien unterwegs, in sieben Ländern sowie in der Demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea. Sie besuchte unter anderem Singapur, Vietnam, die Philippinen und Indonesien – nicht aber China, Hongkong oder Taiwan.

    Zu direkten Treffen mit der chinesischen Führung kam es eher beiläufig. Als Harris die USA auf den Asean- und Apec-Gipfeln vertrat, traf sie am Rande jener Gipfel mal Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping, mal Chinas Ministerpräsidenten Li Qiang. Und dennoch legte Harris auf all ihren Reisen immer wieder den Fokus auf China. Ihre Botschaft: Pekings Einfluss in der Region müsse eingedämmt und ein sicherer Indopazifik gefördert werden.

    Harris: “China nötigt und schüchtert ein”

    Auf ihren drei Südostasien-Reisen zeigte Harris ihre inhaltliche Ausrichtung. Keinen Zweifel ließ sie daran aufkommen, wer aus ihrer Sicht die größte Gefahr für Sicherheit und Stabilität in der Region darstelle: “China nötigt und schüchtert ein”, sagte Harris 2021 in Singapur. Peking untergrabe die “regelgestützte Ordnung” und bedrohe die Souveränität der Staaten im Südchinesischen Meer, erklärte Harris weiter.

    Ein Jahr später setzte Harris auf den Philippinen abermals ein Zeichen gegen China. “In Anbetracht von Einschüchterung und Nötigung im Südchinesischen Meer stehen die USA den Philippinen als Verbündeter bei“, sagte Harris in Palawan. Das philippinische Eiland liegt nahe der Spratly-Inseln, die neben den Paracel-Inseln zu den Brennpunkten im Südchinesischen Meer zählen. Damals erinnerte die Juristin Harris auch an das Urteil des Schiedsgerichts in Den Haag, das Chinas Ansprüche klar zurückgewiesen hatte. “Die Entscheidungen des Tribunals sind bindend und müssen respektiert werden”, sagte Harris.

    Harris: “Indopazifik ist Top-Priorität der USA”

    Im Gegensatz zu Donald Trump lässt Harris keinen Zweifel an der Rolle der USA aufkommen: Angesichts dieser Bedrohungen stünden die USA an der Seite ihrer Verbündeten und Partner, stellte Harris immer wieder unmissverständlich klar. Und weiter: Washington habe fortdauernde Verpflichtungen in Asien. “Der Indopazifik ist die Top-Priorität” der USA.

    2023 stellte Harris in Indonesien klar: Die USA wollen keinen Konflikt mit China provozieren, “aber wir sind absolut dazu bereit und unternehmen alles, was nötig ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben”, sagte Harris.

    Menschenrechte und Taiwan

    Zwei weitere wichtige Aspekte von Harris Asien-Politik sind die Bereiche Menschenrechte und Taiwan. Als Senatorin von Kalifornien arbeitete sie regelmäßig an Gesetzen zur Förderung der Menschenrechte in Hongkong. Ebenso war sie große Unterstützerin des “Uyghur Human Rights Policy Act”, der US-Sanktionen im Rahmen von Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang ermöglicht.

    Und auch an der US-Unterstützung für Taiwan dürfte sich unter Kamala Harris nichts ändern. Als sie 2022 Lai Ching-te traf, sagte Harris unmissverständlich: “Wir werden Taiwans Selbstverteidigung weiterhin unterstützen, im Einklang mit unserer langjährigen Politik.” Ganz nebenbei: Lai ist inzwischen Präsident von Taiwan, Harris hat Gleiches in den USA vor.

    Harris wechselt Sicht auf China-Zölle

    Bliebe das Thema Strafzölle auf chinesische Waren – einer der wenigen Punkte, in denen Harris ihre Position unter ihrem Chef Joe Biden geändert hat. Im Wahlkampf 2020 sprach sich Harris noch gegen Trumps China-Zölle aus und argumentierte, dass die Zölle “den arbeitenden Menschen jeden Monat 1,4 Milliarden Dollar aus der Tasche ziehen”. Harris schlug vor, dass die USA nicht einseitig handeln, sondern “mit Verbündeten in Europa und Asien zusammenarbeiten sollten, um China wegen seiner beunruhigenden Handelspraktiken zur Rede zu stellen”.

    Überrascht mussten dann nicht nur Chinas Kader feststellen, dass die Biden-Harris-Administration die Zölle aus der Trump-Ära weitgehend beibehielt. Mehr noch, Biden legte sogar nach: Vor allem die scharfen Exportkontrollen im Hightech-Bereich haben Chinas Halbleiter-Ökosystem und dessen Entwicklung erheblich zugesetzt. Entsprechend ist auch in diesem Punkt davon auszugehen, dass Harris weiterhin an den Zöllen festhalten würde – eventuell aber mehr in Absprache mit Partner in Europa und Asien.

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    Sicherheit: Weshalb Taiwan trotz Kriegsszenarien von Trump die Ruhe bewahrt

    Taiwan Außenminister Lin Chia-lung
    Taiwan Außenminister Lin Chia-lung.

    Gleich zu Beginn seiner ersten Pressekonferenz mit ausländischen Medien ging es für Taiwans neuen Außenminister Lin Chia-lung ans Eingemachte. Der US-Sender CNN konfrontierte Lin mit Aussagen von Donald Trump, der nicht nur über einen Dritten Weltkrieg in Asien gesprochen, sondern auch die militärische Unterstützung der USA für Taiwan in Frage gestellt und die Inselrepublik dazu aufgefordert hatte, Schutzgeld an Washington zu zahlen. “Wir sind nichts anderes als eine Versicherungsgesellschaft”, sagte Trump, “Taiwan gibt uns nichts.” 

    Doch Taiwans neuer Außenminister war gut vorbereitet. Man lege “großen Wert” auf Trumps Aussagen, sagte er. Und dann erinnerte Lin daran, dass Taiwan sein Verteidigungsbudget in den vergangenen acht Jahren fast verdoppelt habe: auf 606,8 Milliarden Taiwan-Dollar – rund 18,45 Milliarden US-Dollar und etwa 2,5 Prozent des taiwanischen Bruttoinlandsprodukts. Diese Zahlen zeigten, dass Taiwan bereit sei zu zahlen, was nötig sei, um die Insel zu verteidigen. “Ich erwarte, dass diese Zahl weiter steigen wird”, sagte Lin. Man wolle nicht nur in mehr Waffen, sondern auch vermehrt in die Ausbildung der Soldaten investieren.

    Weniger Show, mehr Ernst bei jährlicher Militärübung

    Passend dazu begann am Montag das jährliche Han-Kuang-Militärmanöver, das die Insel seit Jahrzehnten auf den Ernstfall vorbereiten soll. Wie ernst das Land die Bedrohung durch die Volksrepublik China inzwischen nimmt, zeigte der Umbau der Übung. Es wurden Elemente gestrichen, die in der Vergangenheit auch der Show und Unterhaltung dienten, beispielsweise die Präsentation der eigenen Feuerkraft. Stattdessen werden jetzt Nachtübungen intensiviert, um zu trainieren, wie man mit unterbrochenen Befehlsleitungen operiert. Im Mittelpunkt standen am Montag jedoch zunächst Landeabwehrübungen an einem strategischen Fluss.

    Minister Lin betonte vor der Presse, dass die Unterstützung der USA für Taiwan parteiübergreifend sei und die chinesische Bedrohung sowohl von US-Präsident Joe Biden als auch von dessen Herausforderer Donald Trump ernst genommen werde. In Richtung Europa sendete er Wohlwollen für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die kürzlich im EU-Parlament betont hatte, China von einer einseitigen Veränderung des Status Quo mit militärischen Mitteln, vor allem in Bezug auf Taiwan, abschrecken zu wollen. Lin erwartet eine weitere Vertiefung der Beziehungen zwischen Taiwan und der EU unter ihrer Führung. Dennoch müsse Taiwan sich in Verteidigungsfragen vor allem auf sich selbst verlassen, erklärte Lin.

    Lin: Signifikante Resultate des Mitteleuropa-Fonds

    Auch erinnerte er daran, dass Peking gerne auf psychologische Schachzüge setze, um seine Interessen durchzusetzen. Das Gleiche gelte für die Formulierung eines Zeitplans zur Einverleibung Taiwans. Man müsse sich bewusst sein, dass China solche Zeitpläne als Teil seiner kognitiven Kriegsführung verwende. “Wir müssen auf der Hut sein, sollten uns aber nicht davon einschränken lassen”, sagte Lin. Stattdessen kündigte er Entschlossenheit an der Seite von internationalen Partnern an, China gemeinsam abschrecken zu wollen.

    Weil in Taiwan Sicherheit und Wirtschaft so unmittelbar miteinander verknüpft sind wie sonst kaum auf der Welt, richtete Lin den Blick auch auf die Bedeutung der wirtschaftlichen Integration seines Landes. Beispiel Mittel- und Osteuropa: Taiwan und die baltischen Staaten hätten ähnliche Erfahrungen mit Diktaturen und der Bedrohung durch einen größeren Nachbarn gemacht, sagte Lin, um diesen gemeinsamen Hintergrund auf die wirtschaftlichen Interessen der Partner zu drehen.

    Lin verwies auf die Entwicklung einer Halbleiterindustrie in Litauen, auf dortige Erfahrungen im Bereich der Lasertechnologie und FinTech, die für Taiwan hilfreich sein könnten. Der taiwanische Mitteleuropa-Fonds habe in Ländern wie Litauen, aber auch in Tschechien bereits signifikante Resultate erzielt und viele Investitionen in Hightech-Kooperationen gefördert, so Lin.

    Unterstützung bei KI und Big Data für Verbündete

    Die japanische Zeitung Nikkei Asia hatte vor kurzem berichtet, dass Lin sogar eine neue Wirtschaftsaußenpolitik anstrebe. Teil dieser Strategie soll die Schaffung von drei Industrieparks in Japan, Tschechien und einem südostasiatischen Land (wahrscheinlich Thailand) sein, sowie die Einrichtung eines staatlichen Fonds zugunsten von taiwanischen Mittelständlern, die in Süd- und Südostasien investieren wollen. Ganz neu ist die Idee allerdings nicht, sondern knüpft an ähnliche Initiativen von Ex-Präsidentin Tsai Ing-wen an, der Lin als Generalsekretär des taiwanischen Präsidialamtes gedient hatte.

    Dass Taiwan mit finanziellen Anreizen außenpolitische Partner gewinnen oder zumindest behalten möchte, ist legitim. China macht es nicht anders. Explizit hilft Taiwan seinen zwölf verbliebenen diplomatischen Verbündeten der Weltgemeinschaft, dass die ihre Wirtschaft entwickeln können und nicht auch noch auf die Idee kommen, Taiwan durch China zu ersetzen. Lin sagte, Taiwan analysiere die industriellen Voraussetzungen dieser Länder, um sie in den Bereichen Big Data und Künstliche Intelligenz zu unterstützen.

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    Reformen: Drittes Plenum erfüllt Erwartungen deutscher Unternehmen in China nicht

    Deutsche Firmen in China haben mit Enttäuschung auf die Beschlüsse des Dritten Plenums reagiert. Die Firmen hätten sich “mehr Orientierung sowie eine Konkretisierung der bereits angekündigten Konjunkturförderungsmaßnahmen erhofft”, sagte Maximilian Butek, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina, der Deutschen Presseagentur.

    Die Klausurtagung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei hatte in der vergangenen Woche die Weichen für die Wirtschaftspolitik der kommenden Jahre gestellt, teilweise jedoch widersprüchliche Pläne und kaum konkrete Maßnahmen formuliert. “Der Befreiungsschlag ist ausgeblieben, stattdessen erleben wir eine Politik, die im Zeichen von Kontinuität steht”, sagte Butek.

    Das Plenum unter der Leitung von Staats- und Parteichef Xi Jinping versucht, es vielen gesellschaftlichen Gruppen recht zu machen. Es formulierte zwar eine klare Stärkung der Marktwirtschaft und jener Kräfte, die sich durch Freiheit und Eigeninitiative freisetzen ließen. Gleichzeitig aber legten die veröffentlichten Dokumente Schwerpunkte auf Kontrolle und Sicherheit.

    Butek sagte der dpa, dass es neben dem starken Konkurrenzdruck vor allem das geringe Vertrauen im Markt sowie zögerliche Investitionen im Privatsektor seien, die deutschen Unternehmen in China zu schaffen machten. Zudem seien die Hoffnungen in Richtung Marktöffnung und Gleichbehandlung ausländischer Unternehmen enttäuscht worden. grz

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    Konjunktur: So reagiert die Zentralbank auf die schwachen Wirtschaftsdaten

    Chinas Zentralbank will der mauen Wirtschaft mit einer überraschenden Leitzinssenkung neuen Schub verleihen. Sie verringerte am Montag den im Fachjargon als Loan Prime Rate (LPR) bekannten Schlüsselzins, über den die Notenbank die Kosten für Verbraucherkredite und auch für Hypotheken steuert. Der einjährige Satz wurde von 3,45 Prozent auf 3,35 Prozent reduziert und der fünfjährige LPR von 3,95 Prozent auf 3,85 Prozent verringert.

    Die meisten neuen und ausstehenden Kredite basieren auf dem einjährigen LPR, während der fünfjährige für die Baufinanzierung wichtig ist. Angesichts der Immobilienkrise und der Konsumflaute in der Volksrepublik könnten niedrigere Kreditkosten die Wirtschaft beleben.

    Die Zinssenkungen in der zweitgrößten Volkswirtschaft folgen unmittelbar auf das Dritte Plenum, der Klausurtagung des Zentralkomitees zur wirtschaftlichen Ausrichtung der kommenden Jahre. Das Plenum hat ein Maßnahmenbündel beschlossen, um die Finanzierung nicht-staatlicher Firmen zu unterstützen. Demnach sollen die Märkte bei der Ressourcenverteilung eine entscheidende Rolle spielen.

    “Die Zinssenkung ist ein unerwarteter Schritt, wahrscheinlich aufgrund der starken Verlangsamung der Wachstumsdynamik im zweiten Quartal”, sagte Larry Hu, Chefvolkswirt für China bei der Bank Macquarie. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der zweitgrößten Volkswirtschaft war von April bis Juni mit 4,7 Prozent deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. rtr/grz

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    Kuleba: Ukrainischer Außenminister reist zu Friedensgesprächen nach Peking

    Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba reist am Dienstag auf Einladung Chinas zu Gesprächen nach Peking. Kuleba werde während der bis Donnerstag dauernden Reise mit seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi über die bilateralen Beziehungen sprechen. “Das Hauptthema der Diskussion wird die Suche nach Wegen sein, die russische Aggression zu stoppen, und Chinas mögliche Rolle bei der Schaffung eines stabilen und gerechten Friedens”, teilte das ukrainische Außenministerium auf seiner Website mit.

    Kulebas Visite ist ungewöhnlich, da China allgemein als Russland nahestehend gilt. So hatten die Regierungen in Moskau und Peking nur wenige Tage vor Beginn der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 eine “grenzenlose Partnerschaft” vereinbart. Und obwohl China die russische Invasion nicht verurteilt hat und stattdessen dazu beiträgt, Russlands Kriegswirtschaft am Laufen zu halten, ist die ukrainische Regierung zurückhaltend mit ihrer Kritik an der Volksrepublik.

    China veröffentlichte am 23. Mai zusammen mit Brasilien einen Sechs-Punkte-Friedensplan. Darin wird eine internationale Friedenskonferenz unterstützt, die von beiden Kriegsparteien anerkannt würde. China und Brasilien gehören wie auch Russland zur Brics-Gruppe der führenden Schwellenländer, die bei allen politischen und wirtschaftlichen Unterschieden das gemeinsame Ziel haben, ein Gegengewicht zur Dominanz des Westens und wirtschaftlich starker Länder wie die der G7 zu bilden.

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, nur die mächtigsten Länder der Welt seien in der Lage, den Krieg in seinem Land erfolgreich zu beenden. China müsse bei der Lösung des Krieges eine wichtige Rolle spielen, unterstrich Selenskyj. rtr

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    Forschungs-Kooperation: Wie die US-Behörde NSF für mehr Sicherheit sorgen will

    Rebecca Spyke Keiser, Leiterin der Abteilung für Forschungssicherheit bei der obersten US-Forschungsbehörde National Science Foundation (NSF), plädiert für eine stärkere Risikoaufklärung für Forschende in Bezug auf China. “Das größte Sicherheitsrisiko ist der Missbrauch von Forschung und Technologie für unethische Zwecke”, sagt Spyke Keiser im Interview mit Table.Briefings. Dazu komme die Gefahr des Technologiediebstahls für unethische Zwecke, beispielsweise für einen Wettbewerbsvorteil. Als “countries of concern” sieht Spyke Keiser neben China auch Russland, Nordkorea und Iran.

     “Es gibt diesen Satz, der oft zitiert wird: ‘So offen wie möglich, so sicher wie nötig.’ Mir gefällt das eigentlich nicht so. Weil der Satz suggeriert, dass man entweder das eine oder andere haben kann”, sagt Spyke Keiser. Es müsse aber beides gemeinsam umgesetzt werden. Es gehe dabei nicht um eine Abschottung, sondern um effektiveren Schutz. Dazu seien Trainings und Aufklärung für Forschende notwendig. “Zum Beispiel, dass wir vorsichtig mit vorläufigen Ergebnissen oder der Beschreibung der Methoden sind.” Als Risiko nennt sie Schattenlabore in China, in welchen die Forschung aus den USA kopiert werde. ari

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    KI-Chips: So umgeht Nvidia die US-Sanktionen

    Wegen der US-Beschränkungen für Technologie-Exporte nach China arbeitet der amerikanische Chipspezialist Nvidia Insidern zufolge an einer speziellen Version seines aktuellen KI-Chips für den dortigen Markt. Dieser gemeinsam mit dem chinesischen Vertriebspartner Inspur entwickelte Prozessor solle im zweiten Quartal 2025 auf den Markt kommen, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen am Montag. Nvidia wollte sich zu diesem Thema nicht äußern.

    Im Frühjahr hatte der Weltmarktführer für KI-Spezialprozessoren sein Spitzenmodell B200 “Blackwell” vorgestellt, dessen Massenproduktion in den kommenden Monaten anlaufen soll. Den Angaben zufolge arbeitet der Chip 30 Mal schneller als sein Vorgänger. Mit der abgespeckten Version “B20” will Nvidia die chinesische Konkurrenz auf Abstand halten, die dem US-Konzern Marktanteile abjagen will. Vor allem Huawei und Tencent buhlen um Kunden. rtr

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    E-Mobilität: Mit dieser Plattform will VW Kosten reduzieren

    Volkswagen will zusammen an der Seite seines chinesischen Partners Xpeng mit einer neuen Plattform für Elektroautos die Kosten deutlich senken. Die beiden Unternehmen unterzeichneten dazu ein entsprechendes Abkommen und brachten zwei gemeinsame Entwicklungszentren auf den Weg, wie VW am Montag mitteilte. Bereits ab 2026 sollen alle in China gebauten Autos von VW auf der elektronischen Plattform CEA basieren, welche mit deutlich weniger Steuergeräten aus komme und deswegen deutliche Einsparungen verspreche.

    VW-China-Chef Ralf Brandstätter sprach von einem “Meilenstein” in der “China for China”-Strategie des Konzerns. Es handle sich um einen wichtigen Schritt im Wandel zu einem führenden Anbieter von intelligenten, vernetzten Fahrzeugen.

    VW hatte sich 2023 auf eine Zusammenarbeit mit Xpeng geeinigt und dazu fünf Prozent an dem chinesischen Hersteller für 700 Millionen Dollar übernommen. Ursprünglich sollten zwei gemeinsame Fahrzeuge ab 2026 auf den Markt gebracht werden. Nun wird die Zusammenarbeit ausgebaut und alle Autos ab 2026 sollen auf der neuen Plattform basieren. Die Plattform nutzt zur Steuerung drei Zentralrechner und eine zonale Struktur, über die die einzelnen Teile des Autos angesteuert werden. Damit fallen zahlreiche Komponenten und viele Meter Kabelbaum weg. Dadurch soll die Produktion effizienter und billiger werden. rtr/grz

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    Ukrainischer Außenminister reist zu Friedensgesprächen nach China HANDELSBLATT
    Überraschende Leitzinssenkung: Chinas Kampf gegen die Wirtschaftsflaute TAGESSCHAU
    China will Rentenalter nach hinten verschieben HANDELSBLATT
    Drittes Plenum: Die Reformen der Kommunistischen Partei werden die vielen Probleme Chinas nicht lösen SÜDDEUTSCHE
    Europa distanziert sich von Chinas Infrastrukturprojekten TELEPOLIS
    Software-Strategie: Volkswagen probt in China den Neustart HANDELSBLATT
    Nach Konfrontationen im Südchinesischen Meer: Philippinen und China einigen sich auf “vorläufige Regelung” SPIEGEL
    Mögliche chinesische Invasion: Taiwan bereitet sich auf den Ernstfall vor T-ONLINE

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    Olympia: Hürdenläuferin Wu Yanni wurde vom ADHS-Kind zur Medaillenhoffnung

    Chinas Olympia-Hoffnung im Hürdensprint: Wu Yanni.

    In China nennt man sie bereits “Göttin der Leichtathletik”. Die Hürdenläuferin Wu Yanni 吴艳妮 ist eine der großen Hoffnungen der Chinesen für die Olympischen Spiele in Paris. Anfang Juli gewann die 26-Jährige den 100-Meter-Hürdenlauf der Frauen bei den Nationalen Leichtathletik-Meisterschaften in Rizhao, Shandong. Ihre mit Gold prämierte Zeit von 12,74 Sekunden war die schnellste, die in diesem Jahr von einer Asiatin gelaufen wurde.

    Wu ist schon jetzt ein Star. Allein auf Douyin, dem chinesischen Tiktok, folgen ihr mehr als drei Millionen Menschen. Sie ist aber auch eine Sportlerin, die polarisiert. Ihr auffälliges Make-up und ihr selbstbewusstes Auftreten vor und nach den Rennen, haben ihr das Image eingebracht, vor allem auf Aufmerksamkeit aus zu sein. Auch ihre “Bad Girl”-Tätowierung auf dem rechten Arm sorgt für Kritik: So sollten sich Frauen im Profisport nicht benehmen, heißt es. Wu bringe Schande über China.

    Als Wu im vergangenen Jahr bei den Asian-Spielen in Hangzhou wegen eines Fehlstarts disqualifiziert wurde, schien das vielen als weiterer Beweis dafür, dass es bei ihr vor allem um Show gehe. Sie selbst nannte es “den schlimmstmöglichen Tiefpunkt ihrer Karriere.”

    “Es braucht Mut, nicht gemocht zu werden”

    Dabei macht es Wu nichts aus, aus der Reihe zu tanzen. “Es braucht Mut, nicht gemocht zu werden”, sagt sie. Und nach dem Sieg in Rizhao erklärte sie der Presse: “Ich möchte der Welt die hübscheste, coolste, mutigste und selbstbewussteste Wu Yanni zeigen.” Je größer die Kritik, desto stärker werde sie. “Also kritisiert mich ruhig weiter. Denn je mehr ich kritisiert werde, desto glücklicher und motivierter bin ich.”

    Für viele junge Chinesinnen ist Wu Yanni ein Vorbild, dem sie nacheifern wollen. Ihre Leistungen in Schule und Uni sind oftmals besser, ihre Karrieren oftmals steiler als die der Männer gleichen Alters. Dennoch kämpfen Frauen ungleich mehr gegen traditionelle Rollenbilder im nach wie vor patriarchalen China an. “Die Gesellschaft ist heutzutage viel aufgeschlossener, und jetzt komme ich mit meiner Persönlichkeit ins Spiel, was zeigt, dass nichts dagegen spricht, wenn Mädchen selbstbewusst sind, und auch nichts dagegen, wenn sie auffallen wollen”, sagt Wu.

    “Am Ende konkurriert man nur mit sich selbst”

    Wu Yanni wurde am 28. Juli 1997 in der kleinen Stadt Zigong in der Provinz Sichuan geboren. Schon in jungen Jahren sagte man ihr eine Hyperaktivitätsstörung (ADHS) nach. “Ich lernte nicht gerne, ich sang, tanzte und rannte”, erzählte sie in einem Interview. Ihre Mutter bestach sie mitunter mit 100-Yuan-Scheinen, sollte es ihr gelingen, wenigstens für eine Stunde stillzusitzen. Sie verdiente damit keinen Mao. Freunde der Familie rieten, die hibbelige Tochter, sie solle über den Leistungssport ihre Energie entladen. Wu lernte zunächst tanzen, bis sie im Alter von neun Jahren bei einem Sportwettbewerb von einem Trainer entdeckt wurde. “Er sagte, meine Beine seien lang, ich könne schnell laufen, ich hätte einen Vorteil in der Leichtathletik und hätte das Potenzial, eine Athletin zu werden.”

    Nachdem sie einige Zeit in der Provinzhauptstadt Chengdu trainiert hatte, wurde sie 2012 in das Hürdenteam der Sportuniversität Peking berufen. Ein Bandscheibenvorfall machte ihr jedoch fast einen Strich durch die Rechnung. Sie habe ihre Grenzen nicht ernst genug genommen, sagt sie heute. “Wenn man jung ist, versucht man, sein Limit auszutesten. Am Ende konkurriert man aber eigentlich nur mit sich selbst. Das ist ein extrem schmerzhafter Prozess, aber ich glaube, darin liegt der Reiz.”

    Nach einer Auszeit fing Wu sich wieder und gewann Gold bei den Nationalen Spielen von China 2018 und 2020. Zwischen den Turnieren gab sie 2019 ihr Debüt in der chinesischen Leichtathletik-Nationalmannschaft. Bis auf die Disqualifikation in Hangzhou weist Wu eine Siegesserie auf: 2021 und 2023 wurde sie jeweils chinesische Meisterin im 100-Meter-Hürdenlauf.

    Ihr nächstes Ziel ist es, den nationalen Rekord Chinas von 12,64 Sekunden zu brechen. Dann seien ihre größten Konkurrenten die internationalen Athleten. Den Weltrekord im 100-Meter-Hürdenlauf der Frauen hält Tobi Amusan aus Nigeria mit 12,12 Sekunden. “Seitdem ich klein war, wollte ich gewinnen”, sagt Wu. Bei den Olympischen Spielen in Paris will sie ihre “performative Persönlichkeit” jedenfalls nicht in der Kabine lassen. “Je größer das Publikum, desto motivierter bin ich und umso mehr gebe ich an.” Fabian Peltsch

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    Personalie

    Da Li ist seit Juni Director of Business Operations bei der OPT Machine Vision GmbH. Das Unternehmen aus Leinfelden-Echterdingen ist ein globaler Anbieter von Komponenten für die industrielle Bildverarbeitung mit dem Fokus auf LED-Beleuchtungen, Optiken und Zubehör. Li war zuvor unter anderem bei der STB Global Services GmbH tätig, wo sie chinesische Mandanten zu Fragen des Markteintritts in Deutschland beraten hat. 

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    Dessert

    Es ist nicht schwer zu erkennen, welche Veranstaltung hier gefeiert wird: Das 34. Qingdao-Bier-Festival hat begonnen. Verköstigt werden mehr als 2.200 Biersorten, manche werden lokal gebraut, andere finden aus aller Welt dieser Tage ihren Weg in die chinesische Hafenstadt. Na dann: Prost!

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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