am Dienstag erwies Xi Jinping seinem verstorbenen Vor-Vorgänger Jiang Zemin in der Großen Halle des Volkes die letzte Ehre. “Ein großer Staatsführer und ein großer Marxist” sei er gewesen, der das Land durch Zeiten “externen Drucks und interner Schwierigkeiten” manövriert habe, erklärte Xi in seiner Rede. Dabei erwähnte Xi sogar indirekt die Tiananmen-Proteste von 1989, ein Tabuthema, das sonst nicht oft öffentlich thematisiert wird, wie Frank Sieren aus Peking berichtet. Er lobte damit die Niederschlagung der Proteste. Das könnte ein Wink an die Demonstrierenden der vergangenen Woche sein, dass niemand in der Partei vor harten Maßnahmen zurückschreckt.
Denn auch sonst betonte Xi in seiner Rede die Kontinuität der großen Staatsführer und Diener des chinesischen Volkes, in deren Tradition er sich bescheiden stellte. Dass er seine Macht mit der Aushebelung von Alters- und Amtszeitgrenzen bereits stärker ausgeweitet hat, als seine Vorgänger es gewagt hätten, sagte er natürlich nicht.
Die Beziehungen zu den USA waren in der Ära Jiang deutlich besser als heute unter Xi. Doch trotz Sanktionen, Drohgebärden und Beschwörungen eines technologischen Kalten Kriegs arbeiten chinesische und US-amerikanische Firmen nach wie vor zusammen, um gemeinsam an den Schlüsseltechnologien der Zukunft zu feilen. Das jüngste Beispiel ist die Zusammenarbeit des chinesischen Autokonzerns Geely mit der US-Firma Waymo, die zur Google-Mutter Alphabet gehört. Beide Firmen entwickeln gemeinsam ein autonomes Elektroauto. Dieses wurde nun in Los Angeles vorgestellt, wie unser Autorenteam in Peking berichtet.
Der vorgestellte Van wurde ausschließlich für den Betrieb als autonomes Taxi entworfen. Er besitzt kein Lenkrad, dafür ein ausgeklügeltes Entertainment-System. Sollte das Auto wie geplant über China und USA hinaus zu Erfolgsgeschichte werden, könnte es auch die beiden größten Volkswirtschaften der Welt wieder ein bisschen enger zusammenschweißen.
In der Großen Halle des Volkes, in der sonst das Rot der Kommunistischen Partei dominiert, war gestern zur Beerdigung des ehemaligen Staats- und Parteichefs Jiang Zemin alles in schwarz-weiß gehalten. Die Männer trugen schwarze Anzüge, schwarze Krawatten und eine weiße Trauerblume im Knopfloch. Manche kamen in Maoanzügen mit Stehkragen. Während des landesweit angeordneten dreiminütigen Schweigens blieb Jiangs Witwe Wang Yeping in ihrem Rollstuhl in der ersten Reihe sitzen. Sie wirkte sehr gebrechlich.
Die Gedenkveranstaltung für Jiang, der vergangene Woche im Alter von 96 Jahren in Shanghai an multiplem Organversagen gestorben war, war die größte Veranstaltung dieser Art seit der Beisetzung des Reformers Deng Xiaoping im Jahr 1997. Damals hielt Jiang vor 10.000 Menschen in der Großen Halle des Volkes eine 50-minütige Rede, um an seinen Vorgänger zu erinnern. Dabei nahm er mehrmals seine berühmte Brille ab, um die Tränen abzuwischen.
Der frühere Präsident Hu Jintao und der frühere Ministerpräsident Zhu Rongji – ein bis heute beliebter Wirtschaftsreformer und Weggefährte von Jiang – waren nicht unter den Teilnehmern. Die offiziellen Stellen nannten dafür Gesundheitsgründe. Der 94-jährige Zhu ist schon länger nicht mehr öffentlich aufgetreten. Hu war immerhin bei der kürzeren, privateren Einäscherungszeremonie von Jiang anwesend gewesen (China.Table berichtete).
In seiner Rede nannte der amtierende Staats- und Parteichef Xi Jinping Jiang Zemin “einen großen Marxisten und Anführer”, der das Land durch schwierige Zeiten manövriert, die Herrschaft des Sozialismus aufrechterhalten und auf Öffnung und Wirtschaftsreformen beharrt habe. “Er widmete sein ganzes Leben und seine ganze Energie dem chinesischen Volk, widmete sein Leben dem Kampf für die nationale Unabhängigkeit, die Volksbefreiung, den nationalen Wohlstand und das Glück der Menschen”, so Xi. Der Präsident wirkte dabei gefasster als Jiang bei der Trauerfeier Dengs.
Er distanzierte sich aber nicht von Jiang, der nicht immer mit Xi einer Meinung gewesen sein soll. Im Gegenteil: Xi pries die vermeintlichen Errungenschaften seines Vor-Vorgängers, auch bei heiklen Themen, die die KP öffentlich sonst kaum erwähnt. So etwa die Phase rund um die blutige Niederschlagung der Demonstrationen in Peking 1989. “In den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren kam es im In- und Ausland zu schweren politischen Stürmen, und der Weltsozialismus erlebte schwere Komplikationen”, sagte Xi. “Einige westliche Länder haben China sogenannte Sanktionen auferlegt”, sagt Xi. “1989, als es in China zu ernsthaften politischen Unruhen kam, unterstützte Genosse Jiang entschlossen die Entscheidung des Zentralkomitees der Partei, sich klar gegen die Unruhen zu wehren, und setzte sie um.”
Solche Hinweise galten vielleicht diejenigen in China, die vergangene Woche protestiert hatten (China.Table berichtete). Die Kundgebungen in großen chinesischen Städten drehten sich zwar hauptsächlich um die strengen Null-Covid-Beschränkungen, aber einige – insbesondere in Shanghai – kritisierten offen die Partei und Xi.
Der Präsident lobte Jiang aber auch für seine Parteitheorien, insbesondere die “Ideen des Dreifachen Vertretens” (三个代表). Einer der entscheidenden Errungenschaften dieser Ideen sei gewesen, dass sie Privatunternehmern den Beitritt zur KP ermöglichten. Zu Jiangs Erfolgen zähle die Modernisierung der Partei und seine Vision, ein wohlhabendes Land zu schaffen, sagte Xi. Dazu habe er auch erreicht, dass China Mitglied der Welthandelsorganisation (WHO) wurde. Xi lobte Jiang zudem für die reibungslose Rückgabe der früheren Kolonien Großbritanniens und Portugals, Hongkong und Macau sowie seine Bemühungen, Kräften entgegenzuwirken, die versucht hätten, Taiwan vom Festland zu trennen.
Xi betonte, Jiang sei 2002 bereitwillig als Parteigeneralsekretär und 2004 als Vorsitzender der Zentralen Militärkommission zurückgetreten. Er habe das Zentralkomitee der Partei nach seinem Rücktritt aktiv unterstützt, einschließlich Xis eigener Antikorruptionskampagne.
“Genosse Jiang Zemin hat sich von uns verabschiedet. Sein Ruf, seine Leistung und sein Charisma werden immer Teil der Geschichte sein und sich in die Herzen der Menschen eingravieren, Generation für Generation”, betonte Xi. An anderer Stelle deklamierte er: “Das Zentralkomitee der KPCh ruft die gesamte Partei, die Armee und die Menschen aller ethnischen Gruppen in China auf, Trauer in Stärke umzuwandeln”. Er forderte China und die Kommunistische Partei auf, “den Willen von Jiang zu erben und ein neues Kapitel des Sozialismus chinesischer Prägung zu schreiben.”
Dabei blickte Xi auch in die Zukunft. Der “gemeinsame Wohlstand”, ein Begriff den Jiang bereits in ähnlicher Form benutzt hatte, habe nun Priorität für das nächste Kapitel in der Geschichte der KP. Am Ende führte Xi wie erwartet den Trauerzug an, um sich dreimal zu Ehren Jiangs zu verbeugen.
China und die USA ringen derzeit um die globale Vorherrschaft bei den Schlüsseltechnologien der Zukunft. Trotz anhaltender politischer Spannungen zwischen Peking und Washington aber gibt es aber noch immer spannende Kooperationen zwischen Unternehmen beider Länder, die am Ende zu beachtlichen Ergebnissen führen können.
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit des chinesischen Autokonzerns Geely mit der US-Firma Waymo. Waymo ist ein Unternehmen zur Entwicklung von Technologien für autonome Fahrzeuge, das zur Google-Mutter Alphabet gehört. Beide Firmen haben sich im Dezember 2021 zusammengetan, um ein autonomes Elektro-Taxi zu entwickeln. (China.Table berichtete). Dieses wurde nun in Los Angeles vorgestellt.
Was sofort auffällt: Der von Geelys Premium-E-Auto-Tochter Zeekr gefertigte Konzept-Van hat nicht mehr viel mit jenen autonomen Taxis gemein, die man heute schon gelegentlich auf den Straßen sieht. Auch Waymo setzt in seinen Testflotten bisher vor allem auf herkömmliche Fahrzeuge von Chrysler oder Jaguar, die mit der nötigen Technik für autonomes Fahren nachgerüstet wurden. Mit Zeekr sind die Amerikaner aber nun einen anderen Weg gegangen. Denn der vorgestellte Van ist ausschließlich für den Betrieb als autonomes Taxi entworfen worden. Er besitzt nicht einmal ein Lenkrad.
Das Fehlen des Steuers ist der wichtigste Unterschied zu vielen derzeitigen Robotaxi-Modellen, Auf dem Armaturenbrett des Konzept-Fahrzeugs ist stattdessen ein großer Touch-Bildschirm angebracht. Auch ist er relativ geräumig und bietet Platz für fünf Passagiere. Äußerlich wirkt der Wagen eleganter als andere selbstfahrende Taxis, da viele der Sensoren in die Karosserie integriert sind. Zwar gibt es weiterhin einen “Knubbel” auf dem Dach, in dem Kameras und andere technologische Komponenten untergebracht sind. Dieser fällt jedoch kleiner aus als in den Fahrzeugen, die Waymo bisher einsetzt. Zu den technischen Details wollten die Amerikaner noch nicht viel verraten. Auch, wann das Zeekr-Taxi Teil der eigenen Flotte werden könnte, blieb zunächst ein Geheimnis.
Von Geely gab es da schon mehr Informationen. Am Tag der Präsentation machten die Chinesen mit gleich einer ganzen Reihe von Presse-Mitteilungen deutlich, dass es bei dem Projekt keinesfalls nur um eine Anfertigung für Waymo geht. Zeekr stellte seine neue Plattform SEA-M in den Fokus, auf der auch der für Waymo entwickelte Van basiert. Zeekr benannte Waymo als “ersten Kunden” für Autos, die auf dieser Plattform produziert werden.
Doch man blickt schon weiter: “Zeekr wird weiterhin mit großartigen globalen Partnern zusammenarbeiten, um eine bessere und intelligentere Mobilität für alle zu unterstützen”, sagte Zeekr-Chef Andy laut der Mitteilung. Offenbar hoffen die Chinesen darauf, auf Basis ihrer neuen Plattform auch andere autonome Fahrzeuge auf den Markt bringen zu können. So zeigte Zeekr in einer weiteren chinesischsprachigen Mitteilung nicht zuerst das neue Waymo-Taxi – sondern eine Fahrzeug-Studie, die es als M-Vision bezeichnete. Das Logo von Waymo ist auf diesen Bildern nicht zu sehen.
Der M-Vision laut soll Zeekr für eine Lebenszeit von 500.000 Kilometern ausgelegt sein und täglich 16 Stunden ohne weitere Aufladung fahren können. Das sind beeindruckende Daten, mit denen sich mit Sicherheit auch andere Anbieter autonomer Fahrdienste als Partner gewinnen lassen. Waymo ist dafür aber eine gute Referenz. Jörn Petring
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Die Hauptstadt Peking hat weitere Lockerungen der Covid-Maßnahmen beschlossen. Seit dem gestrigen Dienstag etwa verlangen die beiden Pekinger Flughäfen keinen negativen PCR-Test mehr für den Zutritt zu den Terminals. Keine Anzeichen gab es zunächst jedoch für eine Änderung der Vorschrift, dass ein negativer Test zum Boarden eines Fluges erforderlich ist. Auch Bürogebäude, Supermärkte und Parks dürfen die Pekinger ab sofort ohne PCR-Testergebnis betreten. “Peking bereitet sich wieder auf das Leben vor”, schrieb die englischsprachige China Daily.
Die Maßnahmen gelten als Reaktion auf die landesweiten Proteste gegen die Null-Covid-Politik. Schon am heutigen Mittwoch könnten Chinas Behörden zudem zehn weitere Lockerungsmaßnahmen für das Land präsentieren, berichtete Reuters unter Berufung auf ungenannte Quellen. Auch erwarten manche Beobachter eine offizielle Herabstufung der Gefährlichkeit von Covid-19.
Aus dem Land werden nur noch vereinzelte Aktionen bekannt. So protestierten in der Nacht zum Dienstag Studierende an der Technischen Universität Nanjing gegen den Lockdown ihrer Hochschule. Auf von der Nachrichtenagentur AFP verifizierten Videos in sozialen Netzwerken ist eine Menschenmenge zu sehen, die fordert, den Campus verlassen zu dürfen.
Analysten der japanischen Bank Nomura schätzen in ihrem China Lockdown Index, dass noch etwa 19,3 Prozent des gesamten chinesischen Bruttoinlandsprodukts von Lockdowns betroffen sind. Das entspreche der Größe der Wirtschaft Indiens. Am vergangenen Montag waren laut Noruma noch 25,1 Prozent der Wirtschaftsleistung betroffen gewesen. Es ist der erste Rückgang in dem Index seit Anfang Oktober. Mehrere Ökonomen versprechen sich von den aktuellen Lockerungen bereits wieder bessere Wachstumsaussichten.
Die Behörden setzten derweil die neue Strategie fort, die vom Virus ausgehenden Gefahren herunterzuspielen. Doch vor Ort sind immer noch viele Menschen vorsichtig. Insbesondere ältere Menschen haben nach wie vor Angst, sich mit dem Virus anzustecken. Der Pendlerverkehr in Großstädten wie Peking und Chongqing macht weiterhin nur einen Bruchteil des normalen Niveaus aus. rtr/ck
Staats- und Parteichef Xi Jinping wird am Mittwoch zu einem dreitägigen Besuch in Saudi-Arabien erwartet. Damit reist Xi das erste Mal seit 2016 in das größten Erdölexport-Land der Welt. Xi wird dort mit dem Kronprinzen und De-facto-Herrscher Mohammed bin Salman zusammentreffen – formal unter dem Vorsitz von König Salman. Ziel des Besuchs ist nach Angaben der saudi-arabischen Nachrichtenagentur SPA der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen und die Stärkung der “strategischen Partnerschaft” zwischen China und Saudi-Arabien. SPA erwartet Dutzende von Vereinbarungen über Energie und Investitionen.
China kauft etwa ein Viertel des Rohöls Saudi-Arabiens und ist damit größter Kunde des Königreichs. Umgekehrt ist Saudi-Arabien der größte Öllieferant der Volksrepublik. Neben der Energiepolitik werden laut SPA aber auch Sicherheitsfragen für die Region eine Rolle bei dem Xi-Besuch spielen. China betrachtet Saudi-Arabien als seinen wichtigsten Verbündeten im Mittleren Osten, nicht zuletzt aufgrund des gemeinsamen Misstrauens gegenüber der wahrgenommenen Einmischung durch den Westen, etwa bei Menschenrechtsfragen.
Am Freitag wird Xi zudem an einem Gipfel des Golf-Kooperationsrates aus sechs Staaten teilnehmen. Außerdem sind Gespräche mit führenden Politikern aus anderen Ländern der Region geplant. Die Region blickt zunehmend gen Osten, um den wirtschaftlichen Wandel im eigenen Land für eine Ära nach dem Öl voranzutreiben. rtr/ck
Das kanadische Büro von Amnesty International war nach eigenen Angaben Opfer einer chinesischen Cyberattacke. Der Hackerangriff sei erstmals am 5. Oktober entdeckt worden, erklärte Ketty Nivyabandi, Generalsekretärin von Amnesty International Kanada am Montag in einem Statement. Die Hacker verfolgten demnach unter anderem das Ziel, Kontaktlisten zu stehlen und die Pläne der Organisation auszuspionieren. Auch prominente chinesische Aktivisten standen bei dem “ausgefeilten” Hackerangriff im Fokus. Aufgrund der verwendeten Technik und der Vorgehensweise stehe vermutlich eine “vom chinesischen Staat geförderte oder beauftragte” Gruppe hinter der Attacke, erklärt Secureworks, ein US-Dienstleister für Cybersicherheit. fpe
Fragt man Chinakenner, wie sie zu ihrem Spezialgebiet kamen, hört man immer wieder von Erfahrungen, die fast schon Erleuchtungscharakter haben. So auch bei Paul Triolo. Für ihn kam die Erleuchtung in Form eines Zeitungsberichts. 1987 las er eine Story über das aufstrebende China in der New York Times. Bis dahin war der studierte Elektroingenieur in der Halbleiterindustrie im Silicon Valley tätig, verdingte sich als Übersetzer aus dem Russischen und hatte gerade noch ein Studium der internationalen Beziehungen aufgenommen. Schlagartig wurde ihm bewusst: Die Zukunft hört auf den Namen China. Noch am selben Tag meldete er sich für einen Sprachkurs an.
Heute ist Paul Triolo Senior Vice President und Global Tech Policy Lead bei der Albright Stonebridge Group (ASG), einem Beratungsunternehmen für politische Risiken. Triolo bietet Unterstützung bei Problemen globaler Geschäftsaktivitäten an, die durch geopolitische Ereignisse und Trends entstehen können.
Er ist ansprechbar für Themen von Datenverwaltung und Cybersecurity bis hin zu Industriepolitik und Lieferkettensicherheit. Unentbehrlich dafür ist seine fünfundzwanzigjährige Erfahrung als Analyst der US-Regierung. Für seine Klienten verfasst er wöchentliche Analysen und arrangiert Treffen mit Regierungsvertretern.
Mit Sorge beobachtet Triolo heute die Entwicklung, die als technologischer Kalter Krieg zwischen den USA und China bezeichnet wird. Erst einmal störe ihn das Framing insgesamt, sagt er. So zum Beispiel die immer beliebter und einflussreicher werdende Metapher des “Wettrüstens” in Sachen Halbleiter, KI und Quantencomputing. Sie werde der Komplexität der Lage nicht gerecht. Denn bei der modernen Technologieentwicklung handele es sich um ein globales Unterfangen, an der verschiedene Akteure und Regionen in globale Wertschöpfungs- und Lieferketten eingebunden sind. Das mache es “sehr schwierig, herauszufinden, wer in einem bestimmten Sektor ‘gewinnt’.”
Laut Triolo ist der Beginn des kalten Tech-Krieges auf 2015 zu datieren – und zwar auf den Nachhall des Versuches der Tsinghua Unigroup, Chinas staatseigenem Halbleiterhersteller, das US-Unternehmen Micron Technology für 23 Milliarden Dollar zu übernehmen. Tsinghua zog zurück, als klar wurde, dass das ‘Committee on Foreign Investment in the US’ das Geschäft sorgfältig inspizieren würde.
Damit ist eine bis heute ungebremste Spirale des Protektionismus in Gang gesetzt worden. An deren Ende sieht Triolo kollaterale Schäden für die bilaterale Beziehung USA-China, für die Stabilität in der Region Asien-Pazifik und für die globalen Lieferketten insgesamt heraufdämmern. Mit den US-amerikanischen Bemühungen, den chinesischen Zugriff auf Bauteile, Geräte und technologischen Fortschritt einzuschränken, könnte Washington “unbekannte rote Linien” Pekings überschreiten: “Die übermäßige Anwendung von Restriktionen könnte dazu führen, dass sich die USA im Namen unklarer Vorteile für die nationale Sicherheit ‘ins eigene Fleisch schneiden’.”
Der Kampf um technologische Teilhabe lässt auch konkrete geopolitische Risiken auflodern. So könnte etwa das sogenannte ‘silicon shield’ Taiwans in Mitleidenschaft gezogen werden: Je abhängiger China von der taiwanischen Halbleiterindustrie ist, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass Peking eine Vereinigung mit militärischen Mitteln herbeiführen wird, so die These.
Die Effekte der US-Ausfuhrkontrollpolitik könnten jedoch dazu führen, dass dieses Schild untergraben wird, meint Triolo: “Peking hat bisher sehr zurückhaltend reagiert. Weitere Bemühungen, chinesische Unternehmen daran zu hindern, das von Peking als Teil Chinas betrachtete Taiwan als Produktionsstandort zu nutzen, werden mit Sicherheit eine stärkere Reaktion hervorrufen”, warnt er. Dabei stoße man “auf rote Linien, die wir nicht verstehen.” Julius Schwarzwälder
Chinas Staatsrat hat am Montag die Ernennung einiger hochrangiger Beamter bekannt gegeben. Wu Zhaohui, zuvor Präsident der Universität Zhejiang, wird demnach Vizeminister für Wissenschaft und Technologie. Liu Zheng wurde zum Vizeminister für zivile Angelegenheiten ernannt, Fu Xuyin zum Vizeminister für Verkehr.
Die DBS Bank hat Wallace Lam zum Managing Director und Leiter der Institutional Banking Group für Hongkong ernannt. Die DBS Bank mit Hauptsitz in Singapur ist die größte Bank Südostasiens. Lam, der seit 2021 für die DBS arbeitet, wird seinen neuen Posten zum 1. Januar 2023 antreten.
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Es war kein Zufall, dass Jiang Zemin 2002 bei seinem Staatsbesuch in Deutschland unbedingt auch Wolfsburg besuchen wollte. Denn 24 Jahre zuvor war er schon mal in der VW-Stadt gewesen, genau genommen im November 1978. Jiang war damals “Direktor des Büros für auswärtige Angelegenheiten des ersten Ministeriums für Maschinenbau” – und daher auf dem Bild auch nur im Hintergrund zu sehen. Es handelt sich um den zweiten Mann von links im westlichen Anzug; der Herr in der chinesischen Jacke ist der Minister. Dieser erste Besuch war der Beginn einer erfolgreichen Geschäftsbeziehung zwischen China und VW – die bis heute anhält. Felix Lee
am Dienstag erwies Xi Jinping seinem verstorbenen Vor-Vorgänger Jiang Zemin in der Großen Halle des Volkes die letzte Ehre. “Ein großer Staatsführer und ein großer Marxist” sei er gewesen, der das Land durch Zeiten “externen Drucks und interner Schwierigkeiten” manövriert habe, erklärte Xi in seiner Rede. Dabei erwähnte Xi sogar indirekt die Tiananmen-Proteste von 1989, ein Tabuthema, das sonst nicht oft öffentlich thematisiert wird, wie Frank Sieren aus Peking berichtet. Er lobte damit die Niederschlagung der Proteste. Das könnte ein Wink an die Demonstrierenden der vergangenen Woche sein, dass niemand in der Partei vor harten Maßnahmen zurückschreckt.
Denn auch sonst betonte Xi in seiner Rede die Kontinuität der großen Staatsführer und Diener des chinesischen Volkes, in deren Tradition er sich bescheiden stellte. Dass er seine Macht mit der Aushebelung von Alters- und Amtszeitgrenzen bereits stärker ausgeweitet hat, als seine Vorgänger es gewagt hätten, sagte er natürlich nicht.
Die Beziehungen zu den USA waren in der Ära Jiang deutlich besser als heute unter Xi. Doch trotz Sanktionen, Drohgebärden und Beschwörungen eines technologischen Kalten Kriegs arbeiten chinesische und US-amerikanische Firmen nach wie vor zusammen, um gemeinsam an den Schlüsseltechnologien der Zukunft zu feilen. Das jüngste Beispiel ist die Zusammenarbeit des chinesischen Autokonzerns Geely mit der US-Firma Waymo, die zur Google-Mutter Alphabet gehört. Beide Firmen entwickeln gemeinsam ein autonomes Elektroauto. Dieses wurde nun in Los Angeles vorgestellt, wie unser Autorenteam in Peking berichtet.
Der vorgestellte Van wurde ausschließlich für den Betrieb als autonomes Taxi entworfen. Er besitzt kein Lenkrad, dafür ein ausgeklügeltes Entertainment-System. Sollte das Auto wie geplant über China und USA hinaus zu Erfolgsgeschichte werden, könnte es auch die beiden größten Volkswirtschaften der Welt wieder ein bisschen enger zusammenschweißen.
In der Großen Halle des Volkes, in der sonst das Rot der Kommunistischen Partei dominiert, war gestern zur Beerdigung des ehemaligen Staats- und Parteichefs Jiang Zemin alles in schwarz-weiß gehalten. Die Männer trugen schwarze Anzüge, schwarze Krawatten und eine weiße Trauerblume im Knopfloch. Manche kamen in Maoanzügen mit Stehkragen. Während des landesweit angeordneten dreiminütigen Schweigens blieb Jiangs Witwe Wang Yeping in ihrem Rollstuhl in der ersten Reihe sitzen. Sie wirkte sehr gebrechlich.
Die Gedenkveranstaltung für Jiang, der vergangene Woche im Alter von 96 Jahren in Shanghai an multiplem Organversagen gestorben war, war die größte Veranstaltung dieser Art seit der Beisetzung des Reformers Deng Xiaoping im Jahr 1997. Damals hielt Jiang vor 10.000 Menschen in der Großen Halle des Volkes eine 50-minütige Rede, um an seinen Vorgänger zu erinnern. Dabei nahm er mehrmals seine berühmte Brille ab, um die Tränen abzuwischen.
Der frühere Präsident Hu Jintao und der frühere Ministerpräsident Zhu Rongji – ein bis heute beliebter Wirtschaftsreformer und Weggefährte von Jiang – waren nicht unter den Teilnehmern. Die offiziellen Stellen nannten dafür Gesundheitsgründe. Der 94-jährige Zhu ist schon länger nicht mehr öffentlich aufgetreten. Hu war immerhin bei der kürzeren, privateren Einäscherungszeremonie von Jiang anwesend gewesen (China.Table berichtete).
In seiner Rede nannte der amtierende Staats- und Parteichef Xi Jinping Jiang Zemin “einen großen Marxisten und Anführer”, der das Land durch schwierige Zeiten manövriert, die Herrschaft des Sozialismus aufrechterhalten und auf Öffnung und Wirtschaftsreformen beharrt habe. “Er widmete sein ganzes Leben und seine ganze Energie dem chinesischen Volk, widmete sein Leben dem Kampf für die nationale Unabhängigkeit, die Volksbefreiung, den nationalen Wohlstand und das Glück der Menschen”, so Xi. Der Präsident wirkte dabei gefasster als Jiang bei der Trauerfeier Dengs.
Er distanzierte sich aber nicht von Jiang, der nicht immer mit Xi einer Meinung gewesen sein soll. Im Gegenteil: Xi pries die vermeintlichen Errungenschaften seines Vor-Vorgängers, auch bei heiklen Themen, die die KP öffentlich sonst kaum erwähnt. So etwa die Phase rund um die blutige Niederschlagung der Demonstrationen in Peking 1989. “In den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren kam es im In- und Ausland zu schweren politischen Stürmen, und der Weltsozialismus erlebte schwere Komplikationen”, sagte Xi. “Einige westliche Länder haben China sogenannte Sanktionen auferlegt”, sagt Xi. “1989, als es in China zu ernsthaften politischen Unruhen kam, unterstützte Genosse Jiang entschlossen die Entscheidung des Zentralkomitees der Partei, sich klar gegen die Unruhen zu wehren, und setzte sie um.”
Solche Hinweise galten vielleicht diejenigen in China, die vergangene Woche protestiert hatten (China.Table berichtete). Die Kundgebungen in großen chinesischen Städten drehten sich zwar hauptsächlich um die strengen Null-Covid-Beschränkungen, aber einige – insbesondere in Shanghai – kritisierten offen die Partei und Xi.
Der Präsident lobte Jiang aber auch für seine Parteitheorien, insbesondere die “Ideen des Dreifachen Vertretens” (三个代表). Einer der entscheidenden Errungenschaften dieser Ideen sei gewesen, dass sie Privatunternehmern den Beitritt zur KP ermöglichten. Zu Jiangs Erfolgen zähle die Modernisierung der Partei und seine Vision, ein wohlhabendes Land zu schaffen, sagte Xi. Dazu habe er auch erreicht, dass China Mitglied der Welthandelsorganisation (WHO) wurde. Xi lobte Jiang zudem für die reibungslose Rückgabe der früheren Kolonien Großbritanniens und Portugals, Hongkong und Macau sowie seine Bemühungen, Kräften entgegenzuwirken, die versucht hätten, Taiwan vom Festland zu trennen.
Xi betonte, Jiang sei 2002 bereitwillig als Parteigeneralsekretär und 2004 als Vorsitzender der Zentralen Militärkommission zurückgetreten. Er habe das Zentralkomitee der Partei nach seinem Rücktritt aktiv unterstützt, einschließlich Xis eigener Antikorruptionskampagne.
“Genosse Jiang Zemin hat sich von uns verabschiedet. Sein Ruf, seine Leistung und sein Charisma werden immer Teil der Geschichte sein und sich in die Herzen der Menschen eingravieren, Generation für Generation”, betonte Xi. An anderer Stelle deklamierte er: “Das Zentralkomitee der KPCh ruft die gesamte Partei, die Armee und die Menschen aller ethnischen Gruppen in China auf, Trauer in Stärke umzuwandeln”. Er forderte China und die Kommunistische Partei auf, “den Willen von Jiang zu erben und ein neues Kapitel des Sozialismus chinesischer Prägung zu schreiben.”
Dabei blickte Xi auch in die Zukunft. Der “gemeinsame Wohlstand”, ein Begriff den Jiang bereits in ähnlicher Form benutzt hatte, habe nun Priorität für das nächste Kapitel in der Geschichte der KP. Am Ende führte Xi wie erwartet den Trauerzug an, um sich dreimal zu Ehren Jiangs zu verbeugen.
China und die USA ringen derzeit um die globale Vorherrschaft bei den Schlüsseltechnologien der Zukunft. Trotz anhaltender politischer Spannungen zwischen Peking und Washington aber gibt es aber noch immer spannende Kooperationen zwischen Unternehmen beider Länder, die am Ende zu beachtlichen Ergebnissen führen können.
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit des chinesischen Autokonzerns Geely mit der US-Firma Waymo. Waymo ist ein Unternehmen zur Entwicklung von Technologien für autonome Fahrzeuge, das zur Google-Mutter Alphabet gehört. Beide Firmen haben sich im Dezember 2021 zusammengetan, um ein autonomes Elektro-Taxi zu entwickeln. (China.Table berichtete). Dieses wurde nun in Los Angeles vorgestellt.
Was sofort auffällt: Der von Geelys Premium-E-Auto-Tochter Zeekr gefertigte Konzept-Van hat nicht mehr viel mit jenen autonomen Taxis gemein, die man heute schon gelegentlich auf den Straßen sieht. Auch Waymo setzt in seinen Testflotten bisher vor allem auf herkömmliche Fahrzeuge von Chrysler oder Jaguar, die mit der nötigen Technik für autonomes Fahren nachgerüstet wurden. Mit Zeekr sind die Amerikaner aber nun einen anderen Weg gegangen. Denn der vorgestellte Van ist ausschließlich für den Betrieb als autonomes Taxi entworfen worden. Er besitzt nicht einmal ein Lenkrad.
Das Fehlen des Steuers ist der wichtigste Unterschied zu vielen derzeitigen Robotaxi-Modellen, Auf dem Armaturenbrett des Konzept-Fahrzeugs ist stattdessen ein großer Touch-Bildschirm angebracht. Auch ist er relativ geräumig und bietet Platz für fünf Passagiere. Äußerlich wirkt der Wagen eleganter als andere selbstfahrende Taxis, da viele der Sensoren in die Karosserie integriert sind. Zwar gibt es weiterhin einen “Knubbel” auf dem Dach, in dem Kameras und andere technologische Komponenten untergebracht sind. Dieser fällt jedoch kleiner aus als in den Fahrzeugen, die Waymo bisher einsetzt. Zu den technischen Details wollten die Amerikaner noch nicht viel verraten. Auch, wann das Zeekr-Taxi Teil der eigenen Flotte werden könnte, blieb zunächst ein Geheimnis.
Von Geely gab es da schon mehr Informationen. Am Tag der Präsentation machten die Chinesen mit gleich einer ganzen Reihe von Presse-Mitteilungen deutlich, dass es bei dem Projekt keinesfalls nur um eine Anfertigung für Waymo geht. Zeekr stellte seine neue Plattform SEA-M in den Fokus, auf der auch der für Waymo entwickelte Van basiert. Zeekr benannte Waymo als “ersten Kunden” für Autos, die auf dieser Plattform produziert werden.
Doch man blickt schon weiter: “Zeekr wird weiterhin mit großartigen globalen Partnern zusammenarbeiten, um eine bessere und intelligentere Mobilität für alle zu unterstützen”, sagte Zeekr-Chef Andy laut der Mitteilung. Offenbar hoffen die Chinesen darauf, auf Basis ihrer neuen Plattform auch andere autonome Fahrzeuge auf den Markt bringen zu können. So zeigte Zeekr in einer weiteren chinesischsprachigen Mitteilung nicht zuerst das neue Waymo-Taxi – sondern eine Fahrzeug-Studie, die es als M-Vision bezeichnete. Das Logo von Waymo ist auf diesen Bildern nicht zu sehen.
Der M-Vision laut soll Zeekr für eine Lebenszeit von 500.000 Kilometern ausgelegt sein und täglich 16 Stunden ohne weitere Aufladung fahren können. Das sind beeindruckende Daten, mit denen sich mit Sicherheit auch andere Anbieter autonomer Fahrdienste als Partner gewinnen lassen. Waymo ist dafür aber eine gute Referenz. Jörn Petring
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Die Hauptstadt Peking hat weitere Lockerungen der Covid-Maßnahmen beschlossen. Seit dem gestrigen Dienstag etwa verlangen die beiden Pekinger Flughäfen keinen negativen PCR-Test mehr für den Zutritt zu den Terminals. Keine Anzeichen gab es zunächst jedoch für eine Änderung der Vorschrift, dass ein negativer Test zum Boarden eines Fluges erforderlich ist. Auch Bürogebäude, Supermärkte und Parks dürfen die Pekinger ab sofort ohne PCR-Testergebnis betreten. “Peking bereitet sich wieder auf das Leben vor”, schrieb die englischsprachige China Daily.
Die Maßnahmen gelten als Reaktion auf die landesweiten Proteste gegen die Null-Covid-Politik. Schon am heutigen Mittwoch könnten Chinas Behörden zudem zehn weitere Lockerungsmaßnahmen für das Land präsentieren, berichtete Reuters unter Berufung auf ungenannte Quellen. Auch erwarten manche Beobachter eine offizielle Herabstufung der Gefährlichkeit von Covid-19.
Aus dem Land werden nur noch vereinzelte Aktionen bekannt. So protestierten in der Nacht zum Dienstag Studierende an der Technischen Universität Nanjing gegen den Lockdown ihrer Hochschule. Auf von der Nachrichtenagentur AFP verifizierten Videos in sozialen Netzwerken ist eine Menschenmenge zu sehen, die fordert, den Campus verlassen zu dürfen.
Analysten der japanischen Bank Nomura schätzen in ihrem China Lockdown Index, dass noch etwa 19,3 Prozent des gesamten chinesischen Bruttoinlandsprodukts von Lockdowns betroffen sind. Das entspreche der Größe der Wirtschaft Indiens. Am vergangenen Montag waren laut Noruma noch 25,1 Prozent der Wirtschaftsleistung betroffen gewesen. Es ist der erste Rückgang in dem Index seit Anfang Oktober. Mehrere Ökonomen versprechen sich von den aktuellen Lockerungen bereits wieder bessere Wachstumsaussichten.
Die Behörden setzten derweil die neue Strategie fort, die vom Virus ausgehenden Gefahren herunterzuspielen. Doch vor Ort sind immer noch viele Menschen vorsichtig. Insbesondere ältere Menschen haben nach wie vor Angst, sich mit dem Virus anzustecken. Der Pendlerverkehr in Großstädten wie Peking und Chongqing macht weiterhin nur einen Bruchteil des normalen Niveaus aus. rtr/ck
Staats- und Parteichef Xi Jinping wird am Mittwoch zu einem dreitägigen Besuch in Saudi-Arabien erwartet. Damit reist Xi das erste Mal seit 2016 in das größten Erdölexport-Land der Welt. Xi wird dort mit dem Kronprinzen und De-facto-Herrscher Mohammed bin Salman zusammentreffen – formal unter dem Vorsitz von König Salman. Ziel des Besuchs ist nach Angaben der saudi-arabischen Nachrichtenagentur SPA der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen und die Stärkung der “strategischen Partnerschaft” zwischen China und Saudi-Arabien. SPA erwartet Dutzende von Vereinbarungen über Energie und Investitionen.
China kauft etwa ein Viertel des Rohöls Saudi-Arabiens und ist damit größter Kunde des Königreichs. Umgekehrt ist Saudi-Arabien der größte Öllieferant der Volksrepublik. Neben der Energiepolitik werden laut SPA aber auch Sicherheitsfragen für die Region eine Rolle bei dem Xi-Besuch spielen. China betrachtet Saudi-Arabien als seinen wichtigsten Verbündeten im Mittleren Osten, nicht zuletzt aufgrund des gemeinsamen Misstrauens gegenüber der wahrgenommenen Einmischung durch den Westen, etwa bei Menschenrechtsfragen.
Am Freitag wird Xi zudem an einem Gipfel des Golf-Kooperationsrates aus sechs Staaten teilnehmen. Außerdem sind Gespräche mit führenden Politikern aus anderen Ländern der Region geplant. Die Region blickt zunehmend gen Osten, um den wirtschaftlichen Wandel im eigenen Land für eine Ära nach dem Öl voranzutreiben. rtr/ck
Das kanadische Büro von Amnesty International war nach eigenen Angaben Opfer einer chinesischen Cyberattacke. Der Hackerangriff sei erstmals am 5. Oktober entdeckt worden, erklärte Ketty Nivyabandi, Generalsekretärin von Amnesty International Kanada am Montag in einem Statement. Die Hacker verfolgten demnach unter anderem das Ziel, Kontaktlisten zu stehlen und die Pläne der Organisation auszuspionieren. Auch prominente chinesische Aktivisten standen bei dem “ausgefeilten” Hackerangriff im Fokus. Aufgrund der verwendeten Technik und der Vorgehensweise stehe vermutlich eine “vom chinesischen Staat geförderte oder beauftragte” Gruppe hinter der Attacke, erklärt Secureworks, ein US-Dienstleister für Cybersicherheit. fpe
Fragt man Chinakenner, wie sie zu ihrem Spezialgebiet kamen, hört man immer wieder von Erfahrungen, die fast schon Erleuchtungscharakter haben. So auch bei Paul Triolo. Für ihn kam die Erleuchtung in Form eines Zeitungsberichts. 1987 las er eine Story über das aufstrebende China in der New York Times. Bis dahin war der studierte Elektroingenieur in der Halbleiterindustrie im Silicon Valley tätig, verdingte sich als Übersetzer aus dem Russischen und hatte gerade noch ein Studium der internationalen Beziehungen aufgenommen. Schlagartig wurde ihm bewusst: Die Zukunft hört auf den Namen China. Noch am selben Tag meldete er sich für einen Sprachkurs an.
Heute ist Paul Triolo Senior Vice President und Global Tech Policy Lead bei der Albright Stonebridge Group (ASG), einem Beratungsunternehmen für politische Risiken. Triolo bietet Unterstützung bei Problemen globaler Geschäftsaktivitäten an, die durch geopolitische Ereignisse und Trends entstehen können.
Er ist ansprechbar für Themen von Datenverwaltung und Cybersecurity bis hin zu Industriepolitik und Lieferkettensicherheit. Unentbehrlich dafür ist seine fünfundzwanzigjährige Erfahrung als Analyst der US-Regierung. Für seine Klienten verfasst er wöchentliche Analysen und arrangiert Treffen mit Regierungsvertretern.
Mit Sorge beobachtet Triolo heute die Entwicklung, die als technologischer Kalter Krieg zwischen den USA und China bezeichnet wird. Erst einmal störe ihn das Framing insgesamt, sagt er. So zum Beispiel die immer beliebter und einflussreicher werdende Metapher des “Wettrüstens” in Sachen Halbleiter, KI und Quantencomputing. Sie werde der Komplexität der Lage nicht gerecht. Denn bei der modernen Technologieentwicklung handele es sich um ein globales Unterfangen, an der verschiedene Akteure und Regionen in globale Wertschöpfungs- und Lieferketten eingebunden sind. Das mache es “sehr schwierig, herauszufinden, wer in einem bestimmten Sektor ‘gewinnt’.”
Laut Triolo ist der Beginn des kalten Tech-Krieges auf 2015 zu datieren – und zwar auf den Nachhall des Versuches der Tsinghua Unigroup, Chinas staatseigenem Halbleiterhersteller, das US-Unternehmen Micron Technology für 23 Milliarden Dollar zu übernehmen. Tsinghua zog zurück, als klar wurde, dass das ‘Committee on Foreign Investment in the US’ das Geschäft sorgfältig inspizieren würde.
Damit ist eine bis heute ungebremste Spirale des Protektionismus in Gang gesetzt worden. An deren Ende sieht Triolo kollaterale Schäden für die bilaterale Beziehung USA-China, für die Stabilität in der Region Asien-Pazifik und für die globalen Lieferketten insgesamt heraufdämmern. Mit den US-amerikanischen Bemühungen, den chinesischen Zugriff auf Bauteile, Geräte und technologischen Fortschritt einzuschränken, könnte Washington “unbekannte rote Linien” Pekings überschreiten: “Die übermäßige Anwendung von Restriktionen könnte dazu führen, dass sich die USA im Namen unklarer Vorteile für die nationale Sicherheit ‘ins eigene Fleisch schneiden’.”
Der Kampf um technologische Teilhabe lässt auch konkrete geopolitische Risiken auflodern. So könnte etwa das sogenannte ‘silicon shield’ Taiwans in Mitleidenschaft gezogen werden: Je abhängiger China von der taiwanischen Halbleiterindustrie ist, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass Peking eine Vereinigung mit militärischen Mitteln herbeiführen wird, so die These.
Die Effekte der US-Ausfuhrkontrollpolitik könnten jedoch dazu führen, dass dieses Schild untergraben wird, meint Triolo: “Peking hat bisher sehr zurückhaltend reagiert. Weitere Bemühungen, chinesische Unternehmen daran zu hindern, das von Peking als Teil Chinas betrachtete Taiwan als Produktionsstandort zu nutzen, werden mit Sicherheit eine stärkere Reaktion hervorrufen”, warnt er. Dabei stoße man “auf rote Linien, die wir nicht verstehen.” Julius Schwarzwälder
Chinas Staatsrat hat am Montag die Ernennung einiger hochrangiger Beamter bekannt gegeben. Wu Zhaohui, zuvor Präsident der Universität Zhejiang, wird demnach Vizeminister für Wissenschaft und Technologie. Liu Zheng wurde zum Vizeminister für zivile Angelegenheiten ernannt, Fu Xuyin zum Vizeminister für Verkehr.
Die DBS Bank hat Wallace Lam zum Managing Director und Leiter der Institutional Banking Group für Hongkong ernannt. Die DBS Bank mit Hauptsitz in Singapur ist die größte Bank Südostasiens. Lam, der seit 2021 für die DBS arbeitet, wird seinen neuen Posten zum 1. Januar 2023 antreten.
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Es war kein Zufall, dass Jiang Zemin 2002 bei seinem Staatsbesuch in Deutschland unbedingt auch Wolfsburg besuchen wollte. Denn 24 Jahre zuvor war er schon mal in der VW-Stadt gewesen, genau genommen im November 1978. Jiang war damals “Direktor des Büros für auswärtige Angelegenheiten des ersten Ministeriums für Maschinenbau” – und daher auf dem Bild auch nur im Hintergrund zu sehen. Es handelt sich um den zweiten Mann von links im westlichen Anzug; der Herr in der chinesischen Jacke ist der Minister. Dieser erste Besuch war der Beginn einer erfolgreichen Geschäftsbeziehung zwischen China und VW – die bis heute anhält. Felix Lee