Table.Briefing: China

Sorge vor China führt zu Dreier-Gipfel + Umfrage zeigt Zwiespalt der Asean

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Gezerre darum, wer den größeren Einfluss in Südostasien hat, gewinnt China die Oberhand über die USA. Zwar würden die Menschen dort am liebsten gar nicht zwischen den beiden Supermächten wählen. Zwingt man sie aber zu einer Entscheidung, fällt die bei einer hauchdünnen Mehrheit auf die Volksrepublik – im vergangenen Jahr entschieden sich immerhin noch drei Fünftel für die Vereinigten Staaten.

Diese und viele weitere interessante Erkenntnisse zum China-Bild in der Region hat Christiane Kühl aus einer aktuellen Studie gezogen. Darunter diese: Die wachsende Abhängigkeit vom wichtigen Wirtschaftspartner geht nicht zwingend mit ebenfalls zunehmender Zuneigung einher – vielmehr steigt oftmals die Skepsis. Und: Die Antworten fallen je nach Heimatland sehr unterschiedlich aus. Vietnam und die Philippinen etwa bleiben in überwiegendem Maße pro-USA.

Dazu passt, dass der Präsident der Philippinen und Japans Premierminister morgen im Weißen Haus mit Joe Biden zu einem gemeinsamen Gipfel verabredet sind. Ein besonderes Ereignis, schreibt Michael Radunski, denn die Nationen waren historisch tief miteinander verfeindet. Nun bringt sie der Blick auf China zusammen. Der gemeinsame Gegner wird sie voraussichtlich zu einer engeren militärischen Zusammenarbeit bringen, Japan könnte gar dem Aukus-Pakt beitreten. Peking hat auf diese Pläne erwartungsgemäß erbost reagiert.

Ihnen wünsche ich einen freundlichen Start in den Tag und eine erkenntnisreiche Lektüre,

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Carolyn Braun
Bild von Carolyn  Braun

Analyse

Chinas resolute Außenpolitik bringt die historischen Gegner USA, Japan und Philippinen zusammen

Ferdinand Marcos und Fumio Kishida schütteln sich in Tokio die Hände
Ferdinand Marcos und Fumio Kishida beim Handshake in Tokio im Dezember. Nun treffen beide erstmals mit US-Präsident Joe Biden zum Dreiergipfel zusammen.

Es ist ein ungewöhnliches Treffen, das am morgigen Donnerstag im Weißen Haus stattfinden wird. US-Präsident Joe Biden empfängt die Regierungschefs von Japan und den Philippinen zu einem trilateralen Gipfel. Deren durch Kriegsverbrechen und gegenseitige Kolonialisierung ineinander verwobene, blutige Geschichte machte eine Verständigung lange Zeit unmöglich. Doch das hat sich geändert. Der Grund lautet: China.

Schon am heutigen Mittwoch wird Japans Premierminister Fumio Kishida Biden zum bilateralen Gespräch treffen, ehe er am Donnerstag vor dem US-Kongress sprechen wird. Kishida ist erst der zweite japanische Regierungschef, dem diese Ehre zuteilwird. Am Donnerstag wird sich der philippinische Präsident Ferdinand Marcos mit Biden treffen – bevor alle drei schließlich zum trilateralen Gipfel zusammenkommen. Die alles überlagernden Themen lauten: Südchinesisches Meer, Senkaku-Inseln und Taiwan. Damit ist klar, dass es vor allem um China gehen wird.

Chinas Aufrüstung weckt Ängste

Denn bei allen drei Themen verursacht Chinas Auftreten bei seinen Nachbarn große Sorgen. Dan Smith, Direktor des renommierten Friedensforschungsinstituts Sipri in Stockholm, stellte unlängst klar: “Chinas Aufrüstung ist auf seine unmittelbaren territorialen Ziele ausgerichtet.”

Während es für die USA abstrakt um die globale Vorherrschaft geht, stecken Japan und die Philippinen ganz konkret in Territorialstreitigkeiten mit der Volksrepublik: Für Japan geht es im Ostchinesischen Meer um die Senkaku-Inseln, die China Diaoyu nennt. Die Philippinen streiten mit Peking um Gebiete des Südchinesischen Meeres.

Hinzu kommt Taiwan. Sowohl Präsident Marcos als auch Premier Kishida haben zuletzt sehr deutlich gemacht, wie wichtig Frieden in Taiwan für die nationale Sicherheit ihrer jeweiligen Länder ist. “Sollte es in diesem Bereich tatsächlich einen Konflikt geben … ist es sehr schwer, sich ein Szenario vorzustellen, in dem sich die Philippinen nicht irgendwie einmischen”, sagte Marcos in einem Interview mit der japanischen Zeitung Nikkei Asia.

Japan wiederum importiert seinen Energiebedarf zu 90 Prozent über die Schifffahrtswege rund um Taiwan. Damit ist Japans wirtschaftliche Stabilität essenziell mit freien Seewegen rund um die Insel vor der chinesischen Küste verbunden. Da sich die Routen bis tief ins Südchinesische Meer erstrecken, fordert die Regierung in Tokio regelmäßig einen “freien und offenen Indopazifik” – eine Formulierung, die vom ehemaligen japanischen Premierminister Shinzo Abe geprägt wurde und längst auch zum Leitgedanken des US-Militärs in der Region geworden ist.

Japan will bei Aukus mitmachen

Um dieses Ziel zu erreichen, wollen die drei Staaten auch militärisch enger zusammenarbeiten. Den größten Schritt will Japan gehen – und dem sogenannten Aukus-Verbund aus Australien, Großbritannien und USA beitreten. Der Sicherheitspakt aus dem Jahr 2021 soll Stärke gegenüber China zeigen – genauso wie etliche militärische Entscheidungen der vergangenen Jahre. So stationierten die USA einen atomwaffenfähigen B-52-Bomber im Norden Australiens sowie ein US-Kriegsschiff im Hafen von Sydney.

Experten rechnen damit, dass Kishida Biden gegenüber seinen Beitrittswunsch vortragen wird. Allerdings ist ein baldiger Beitritt aus verschiedenen Gründen eher unwahrscheinlich, unter anderem aufgrund mangelnder Cyberschutzmaßnahmen bei militärischen Systemen Japans. Doch eine vertiefte, projektbezogene Zusammenarbeit zwischen Japan und den Aukus-Staaten ist durchaus vorstellbar. Zudem wurde am Dienstag bekannt, dass auch Kanada Interesse an einer Aukus-Mitgliedschaft habe.

China warnt Japan

Die Reaktion aus China war ebenso schnell wie vorhersehbar. Auf der Plattform X schrieb das chinesische Außenministerium, man sei “zutiefst besorgt” darüber, dass die USA, Großbritannien und Australien Signale für eine Aukus-Expansion sendeten. “Wir sind gegen Ausgrenzungsgruppierungen und Blockkonfrontationen.” Ein solcher Schritt würde “das Wettrüsten in der indopazifischen Region verstärken und den Frieden und die Stabilität in der Region stören”, warnte Peking laut der South China Morning Post. “Insbesondere Japan sollte aus den historischen Lehren lernen und bei der militärischen Sicherheit Vorsicht walten lassen.”

Japan hatte zuletzt beschlossen, seine Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verdoppeln. Damit hätte das Land die drittgrößten Militärausgaben der Welt. Unter anderem sind der Kauf hunderter Marschflugkörper geplant, die Ziele in einer Entfernung von 1.000 km treffen können.

Wie der US-Fernsehsender CNN berichtet, könnte Japan den USA auch als potenzieller Produktionsstandort für Munition dienen. Unter anderem könnten dort Patriot PAC3-Raketenabwehrsysteme hergestellt werden, um diese wiederum an die Ukraine zu liefern. Schon im vergangenen Jahr lieferte Japan Luftverteidigungsradare an die Philippinen. Aktuell verhandelt man zudem über ein gegenseitiges Abkommen, das es japanischen Truppen erleichtern würde, auf den Philippinen zu trainieren.

Konflikt um Taiwan könnte schnell eskalieren

Wie schnell ein Konflikt um Taiwan eskalieren könnte, zeigt ein Blick auf das vertragliche Geflecht zwischen den USA, Japan und den Philippinen. Der Taiwan Relations Act verpflichtet Washington, Waffen für die Verteidigung der Insel bereitzustellen. Und US-Präsident Biden hatte wiederholt klargestellt, dass er im Falle einer chinesischen Invasion auch US-Militär einsetzen würde.

Die Philippinen wie auch Japan haben wiederum jeweils ein eigenes Verteidigungsabkommen mit den USA – das US-Militär unterhält auf dieser Basis permanente Stützpunkte in Japan und verfügt über Stützpunktrechte auf den Philippinen.

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Menschen in den Asean-Staaten zeigen in Umfrage ambivalentes Verhältnis zu China

Asean-China-Gipfel mit Li Qiang in Jakarta im September 2023: Die Staaten Südostasiens suchen die Balance – ebenso wie die Menschen der Region

Die USA und China ringen immer intensiver gegeneinander um Einfluss in Südostasien. Doch die Region will sich gar nicht entscheiden zwischen den zankenden Großmächten entscheiden. Stattdessen versucht sie, einen Weg zu finden, wie sie von beiden Seiten profitieren kann.

Diese Balance spiegelt sich in den diplomatischen Beziehungen wider: So reiste der gerade gewählte künftige indonesische Präsident Prabowo Subianto Anfang April erst nach Peking und von dort direkt weiter zum US-Verbündeten Japan. Und sie zeigt sich in der Haltung der Menschen.

Indonesien und Malaysia bevorzugen die Volksrepublik

In einer der wichtigsten Umfragen im Asean-Staatenbund, dem “State of Southeast Asia 2024” des ISEAS Yusof Ishak Institute in Singapur, ziehen die rund 2.000 Befragten China erstmals mit hauchdünner Mehrheit den USA als Partner vor. 50,5 Prozent votierten für die Volksrepublik bei der Frage, welche Supermacht sie als Partner bevorzugten, wenn sie sich zwischen den beiden entscheiden müssten.

Es ist eine deutliche Veränderung zu 2023, als noch über 60 Prozent die USA bevorzugten. Allerdings fallen regionalen Unterschiede heute deutlich aus: Während sich in Vietnam und auf den Philippinen die große Mehrheit für die USA entschied, lag in Indonesien und Malaysia China weit vorn.

Mehrheit erwartet bessere Beziehungen zu China

Knapp über der Hälfte der Befragten erwarten zudem, dass sich die Beziehungen zu China künftig verbessern werden. Auch das hat sich verschoben: 2023 waren es noch unter 40 Prozent gewesen. Dieser Trend mag angesichts der wachsenden Spannungen etwa im Südchinesischen Meer aus westlicher Perspektive erstaunlich erscheinen. Zumal in den USA und der EU gemeinhin mit einer Verschlechterung der Beziehungen zu Peking gerechnet wird.

Genau deshalb sind solche Umfragen wichtig. Sie helfen, die Grundstimmung in einer Region zu verstehen, die der Westen in seinen Indopazifik-Strategien so vehement umwirbt – und diese Stimmung ist sowohl China als auch den USA gegenüber ambivalent, wie aus der kürzlich vorgestellten Umfrage hervorgeht.

USA: mehr politischer Player, weniger Wirtschaftsmacht

Die Volksrepublik spielt als größter Handelspartner und dominierende Regionalmacht in Südostasien bei fast allem eine Rolle und muss von den Regierungen daher bei allen Entscheidungen mit außenpolitischer Tragweite einbezogen werden.

Diese Erkenntnis findet sich in der Studie wieder. Die Befragten sehen China mehrheitlich (59,3 Prozent) als das wirtschaftlich einflussreichste Land der Region an; 43,9 Prozent empfinden China als größte politisch-strategische Macht in der Region. Beide Werte übertreffen jene der USA deutlich. Nur jeder Zehnte sieht die USA wirtschaftlich vorn – jeder Dritte allerdings politisch-strategisch. Das wiederum zeigt, dass die Menschen der Asean-Staaten die USA vor allem als politischen Player wahrnehmen und weniger als Wirtschaftspartner.

Wachsende Enttäuschung in Asien über US-Programm IPEF

Als einen Grund dafür sehen die Forschenden die Enttäuschung über das schwache wirtschaftliche Engagement der USA in Südostasien. Es scheint sich zu rächen, dass Washington keine Pläne für eine wirkliche ökonomische Kooperation mit der Region entworfen hat.

So äußerten nur noch rund zwei Fünftel der Befragten positive Erwartungen hinsichtlich des im Mai 2022 von US-Präsident Joe Biden als Angebot für die regionalen Partner lancierten Programms Indo-Pacific Economic Framework for Prosperity (IPEF), gegenüber etwas über 45 Prozent im letzten Jahr.

IPEF soll Resilienz, Nachhaltigkeit, Fairness und Wettbewerbsfähigkeit der 13 Partnerländer, darunter sieben Asean-Staaten, fördern – bietet ihnen aber keinen bevorzugten Marktzugang in die USA. Die Asean-Länder Kambodscha, Laos und Myanmar blieben zudem außen vor.

Angst um materielle Sicherheit dominiert

Wohl auch daher stimmten rund 45 Prozent der IPEF-Kritiker in der Umfrage daher der Aussage zu, IPEF biete “keinen besseren Marktzugang für mein Land, sondern zwingt uns Anpassungen und Compliance-Kosten auf“. Ein knappes Drittel der Kritiker ist der Ansicht, IPEF verschärfe den Handelskonflikt zwischen China und den USA, mit Folgen für ihre Region.

Umgekehrt nimmt die ökonomische Verflechtung der Asean-Staaten mit China stetig zu, etwa durch die ebenfalls 2022 gestartete Freihandelszone Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP). Zu RCEP gehören neben China und Asean auch Australien, Japan und Südkorea – nicht aber die USA.

Wichtig ist den Menschen zudem offenbar vor allem ihre materielle Sicherheit: Die Angst vor Rezession und Arbeitslosigkeit führt in der Umfrage die Rangliste der Sorgen an, noch vor der Klimakrise und zunehmenden ökonomischen Spannungen zwischen den Großmächten.

Umfrage zeigt Sorge vor Chinas wachsendem Einfluss

Dass enge wirtschaftliche Kooperation mit China Skepsis gegenüber der Volksrepublik nicht ausschließt, belegen die Antworten zum Einfluss Pekings in der Region. Über zwei Drittel der Befragten zeigten sich besorgt über Chinas wachsenden ökonomischen Einfluss. Fast drei Viertel äußerten Unbehagen über Chinas wachsenden politischen und strategischen Einfluss. Knapp 60 Prozent sehen allerdings auch die wachsende politische und strategische Rolle der USA mit Sorge. Ein etwas gleich großer Anteil begrüßt das wachsende Gewicht des eigenen Staatenbundes Asean in der Region.

Jeder zweite zeigte sich China gegenüber zudem misstrauisch. Rund 45 Prozent befürchten sogar, dass China seine militärische und wirtschaftliche Macht nutzen könne, um die Souveränität und Interessen ihrer Heimatländer zu bedrohen.

Dazu passt, dass die Zustimmung zur Kooperation der Asean mit dem klar gegen China ausgerichteten Quad-Sicherheitsbündnis aus den USA, Indien, Australien und Japan deutlich gestiegen ist: Zwei Fünftel halten die Zusammenarbeit heute für vorteilhaft, gegenüber 31 Prozent vor einem Jahr.

Furcht vor militärischen Spannungen

Der Gaza-Krieg ist die größte außenpolitische Sorge der Menschen, gefolgt von Chinas aggressivem Auftreten im Südchinesischen Meer. Wenig überraschend dabei ist der Punkt “Chinas Auftreten im Südchinesischen Meer” in Vietnam (gut 70 Prozent) und auf den Philippinen (über 90 Prozent) die größte Sorge der Befragten: Beide Staaten geraten regelmäßig in umstrittenen Gewässern mit China aneinander.

Knapp zwei Fünftel der Befragten äußern in der Umfrage Furcht vor militärischen Spannungen an den Brennpunkten Asiens wie Nordkorea oder in der Taiwanstraße. Ein Viertel befürchtet, dass ihr Land bei einem militärischen Konflikt um Taiwan gezwungen sei, sich zwischen den USA und China zu entscheiden. Und genau das wollen die Menschen nicht. 46,8 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu: “Asean sollte seine Widerstandsfähigkeit und Einheit stärken, um den Druck der beiden Großmächte abzuwehren.”

Rund 30 Prozent sind dafür, sich auch weiterhin weder mit China noch mit den USA zu verbünden. Nur acht Prozent halten eine Entscheidung zwischen beiden Mächten für notwendig. Während 36 Prozent im Falle eines Taiwan-Krieges neutral bleiben wollen, sprechen sich nur kleine Minderheiten für Sanktionen gegen China oder die direkte Unterstützung einer der beiden Seiten aus.

  • China-Sanktionen
  • Geopolitik
  • Handel
  • Indopazifik
  • RCEP

Sinolytics.Radar

China Bevölkerung schrumpft weiter

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  • Im Jahr 2023 schrumpfte die Bevölkerung Chinas das zweite Jahr in Folge. Mit einem Bevölkerungsverlust von 2,08 Millionen Menschen lag sie deutlich über dem Rückgang von 850.000 im Jahr 2022. Das Jahr 2023 verzeichnete zudem die höchste Sterblichkeitsrate seit fast einem halben Jahrhundert, mit 11,1 Millionen Todesfällen nach dem Ende der strengen Covid-19-Beschränkungen. Zugleich war die Geburtenrate so niedrig wie noch nie.
  • Bei der Bevölkerungsentwicklung zeigen sich landesweit allerdings erhebliche Unterschiede, was die unterschiedliche Attraktivität der verschiedenen Regionen verdeutlicht. Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und Zukunftsaussichten begünstigen insbesondere die wirtschaftlich dynamischen Küstenprovinzen im Osten.
  • Die zentralchinesische Provinz Henan verzeichnete den stärksten Bevölkerungsrückgang, was vor allem auf den wirtschaftlichen Abschwung und den erhöhten Beschäftigungsdruck der letzten Jahre zurückzuführen ist. Trotz der Küstenlage erlebte auch Shandong einen starken Bevölkerungsschwund, bedingt durch das sehr niedrige natürliche Bevölkerungswachstum von -2,18 pro Tausend. Dort ist die Wirtschaftsstruktur noch immer von der Schwerindustrie dominiert, die Arbeitsplatzvielfalt begrenzt, und die Löhne sind vergleichsweise niedrig – insbesondere im Vergleich zu anderen wirtschaftlich entwickelten Regionen wie Zhejiang.
  • Zhejiang und Guangdong verzeichneten den größten Bevölkerungszuwachs. Der Anstieg in Zhejiang lässt sich allerdings ausschließlich auf einen Zuzug von 557.000 Menschen zurückführen, denn im Jahr 2023 wurde dort ein natürlicher Rückgang von 57.000 Menschen verzeichnet. Das Bevölkerungswachstum in Guangdong wurde sowohl durch natürliches Wachstum (350.000 Menschen) als auch durch Zuwanderung (140.000 Menschen) angekurbelt.
  • Einige wirtschaftlich weniger attraktive Provinzen, wie beispielsweise Guizhou, erlebten dennoch einen Bevölkerungszuwachs, da das natürliche Wachstum die Bevölkerungsabwanderung überstieg. Guizhou hatte einen natürlichen Zuwachs von 111.000 Menschen, was zu einem Nettozuwachs von 90.000 führte, da gut 20.000 Menschen aus der Provinz wegzogen.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

  • Geburtenrate
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News

Deutsche Industrie ist bei Lithium in hohem Maß abhängig von Asien

Die Abhängigkeit deutscher Produktionsunternehmen von China, Taiwan und südostasiatischen Ländern wie Malaysia stellt teilweise ein Risiko dar. Die deutsche Industrie deckt trotz wachsender geopolitischer Risiken einen erheblichen Teil ihres Lithiumbedarfs durch Einfuhren aus China. Von einem Prozent im Jahr 2013 ist der Importanteil der Volksrepublik auf heute 24 Prozent gestiegen, wie eine aktuelle Analyse von Deloitte zeigt. Lithium ist der zentrale Rohstoff für wiederaufladbare Batterien.

Bislang ist Chile das wichtigste Lithium-Herkunftsland der deutschen Industrie. Chile lieferte 2013 76 Prozent des deutschen Lithium-Bedarfs. Heute sind es noch 47 Prozent. Argentinien, der weltweit zweitgrößte Lithiumexporteur, spielt bei den deutschen Importen bislang praktisch keine Rolle.

Noch größer ist die deutsche Abhängigkeit von China bei kompletten Lithium-Ionen-Akkus: Zwei von fünf kamen 2023 aus China. Das Land inzwischen das wichtigste Herkunftsland dieser Akkus für die deutsche Industrie.

Immerhin: Silizium – ein für die Halbleiter-Industrie wichtiger Rohstoff – importiert Deutschland vor allem aus Regionen mit einem geringen politischen Risiko. Derzeit importiert die deutsche Industrie allerdings einen Großteil ihrer Halbleiter aus fünf asiatischen Ländern: Taiwan, Malaysia, China, den Philippinen und Thailand. cyb

  • De-Risking
  • Halbleiter
  • Import
  • Lithium
  • Rohstoffe

Russland und China betonen ihre Freundschaft und bauen Handel aus – etwa mit Autos

China und Russland nutzten den Besuch von Außenminister Sergej Lawrow bei seinem Amtskollegen Wang Yi einmal mehr zu einem demonstrativen Schulterschluss. “Peking und Moskau werden die strategische Zusammenarbeit auf der Weltbühne weiter stärken und sich gegenseitig kräftig unterstützen”, sagte Wang am Dienstag laut der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti. China werde die “stabile Entwicklung unter der Führung von (Wladimir) Putin unterstützen”. Lawrow dankte China für die Unterstützung nach der Wiederwahl Putins im vergangenen Monat, bei der es keine nennenswerte Opposition gab.

Inhaltlich brachte das Treffen wenig Neues. Beide verließen sich auf ihre altbekannten politischen Formeln. So betonte Wang, China werde weiterhin eine “konstruktive Rolle” auf der internationalen Bühne spielen und “nie Öl ins Feuer gießen”. Das Wort “Krieg” nahmen beide in Bezug auf die Ukraine nicht in den Mund. Lawrow kritisierte westliche Sanktionen als “unrechtmäßig”. Diese Art der Politik werde zunehmend auch auf China angewendet”, betont der russische Außenminister. Der Westen behindere Chinas “wirtschaftliche und technologische Entwicklungsmöglichkeiten”, um sich der Konkurrenz zu entledigen.

Außerdem füllen chinesische Firmen die Lücken, die der Abzug westlicher Marken aus Russland hinterlassen hat. So dominieren chinesische Autobauer inzwischen den russischen Markt. Chinesische Autos nahmen dort im März nach russischen Angaben neun Plätze unter den zehn meistverkauften Marken ein, wie das Online-Magazin Car News China berichtet. Nur der heimische Hersteller Lada liegt noch deutlich vor ihnen. Unter anderem Geely, Chery sowie Great Walls Marke Haval tauchen oben in der Rangliste auf, ebenso wie überraschenderweise das Elektro-Startup Li Auto, bei dem bislang dem Bericht zufolge nicht bekannt gewesen war, dass es überhaupt Autos exportiert.

China verstößt nicht offen gegen die Sanktionen des Westens und liefert keine Waffen an Russland. Dennoch kursieren immer wieder Berichte, wonach etwa Dual-Use-Produkte aus der Volksrepublik ihren Weg nach Russland finden. US-Finanzministerin Janet Yellen warnte daher auf ihrer Reise durch China kürzlich die Volksrepublik davor, zu weit zu gehen: “Chinas Firmen dürfen keine materielle Unterstützung für Russlands Krieg leisten.” Sonst werde es Konsequenzen geben, so Yellen. ck

  • Geopolitik
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EU-Kommission ermittelt gegen chinesische Windkraft-Hersteller

Die EU-Kommission nimmt Subventionen an chinesische Lieferanten von Windparks für Europa unter die Lupe. EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte am Dienstag, die Brüsseler Behörde werde die Bedingungen für die Entwicklung von Windparks in Spanien, Griechenland, Frankreich, Rumänien und Bulgarien prüfen. Die Namen der betroffenen Unternehmen nannte sie nicht.

Diese Schritte seien notwendig, “bevor es zu spät ist”, sagte Vestager in einer Rede in der US-Elite-Uni Princeton. “Wir können es uns nicht leisten, dabei zuzuschauen, wie das, was bei Solarpaneelen passiert ist, nochmal mit Elektrofahrzeugen, Windkraft oder wichtigen Chips passiert.” 

Sie wolle klarstellen, dass Chinas Erfolg nicht eingeschränkt werden solle, sagte Vestager. Die Schritte sollten “die Gerechtigkeit in unseren Wirtschaftsbeziehungen wiederherstellen”. Sie fügte hinzu: “Jeder ist willkommen, erfolgreich zu sein. Jeder ist willkommen, mit Europa Handel zu treiben. Aber sie müssen sich an die Regeln halten.” 

“Wir wollen genauso guten Zugang zum chinesischen Markt”

Chinas Windturbinenhersteller sind in Europa noch relativ neu im Geschäft. 2022 bestückte das Unternehmen Mingyang Smart Energy den 30-Megawatt-Offshore-Windpark Beleolico vor Süditalien. Es war der erste Offshore-Windpark in Europa mit Turbinen aus China. Seitdem schieben die Firmen aus Fernost allmählich ihren Fuß in die Tür.

Ähnlich wie Vestager äußerte sich Ursula von der Leyen. Im Umgang mit China sei eine klare und offene Ansprache angebracht, sagte die EU-Kommissionspräsidentin am Dienstag in Berlin mit Blick auf die bevorstehende Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz in die Volksrepublik.

Das Prinzip müsse lauten, Risiken dort zu reduzieren, ohne sich aber von China abzukoppeln. Thematisiert werden müssten unfaire Wettbewerbsbedingungen, Überkapazitäten in China und auch die dortigen Subventionen für Unternehmen. “Wir wollen genauso guten Zugang zum chinesischen Markt”, sagte von der Leyen. “Wenn dies nicht der Fall ist, müssen wir Maßnahmen ergreifen.”

EU-Verordnung über ausländische Subventionen

Die EU-Kommission hatte vergangene Woche bereits Untersuchungen eingeleitet, um zu prüfen, ob chinesische Bieter bei einer öffentlichen Ausschreibung für einen Solarpark in Rumänien übermäßig von staatlichen Hilfen in ihren Angeboten profitiert hatten. Auf die Einleitung einer ähnlichen Untersuchung zu Staatssubventionen aus dem Ausland bei einem Eisenbahn-Projekt in Bulgarien reagierte der betreffende chinesische Bieter CRRC Qingdao Sifang Locomotive kürzlich mit einem Rückzug von der Ausschreibung. 

All diese Untersuchungen erfolgen im Rahmen der EU-Verordnung über ausländische Subventionen, die Foreign Subsidies Regulation (FSR), aus dem Jahr 2023. Der für Europa zuständige Generaldirektor im chinesischen Außenministerium Wang Lutong kritisierte die Ankündigung. Er fordere Brüssel auf, das FSR “nicht als Instrument für Protektionismus und wirtschaftlichen Zwang zu nutzen und den normalen Geschäftsbetrieb nicht mehr zu beeinträchtigen”, schrieb Wang auf X. ari/rtr

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EU-Kommission genehmigt staatliche Beihilfe für Volvo Cars in der Slowakei

Die Slowakei hat die Genehmigung der EU-Regulierungsbehörden erhalten, staatliche Beihilfen für ein Werk von Volvo Cars zu gewähren. Der EU-Staat darf damit 267 Millionen Euro für den Bau des Werks bereitstellen. Der schwedische Automobilhersteller befindet sich mehrheitlich im Besitz der chinesischen Zhejiang Geely Holding. Der Autobauer Geely hatte 2022 angekündigt, ein 1,2 Milliarden Euro teures Werk für Elektrofahrzeuge in der Slowakei zu errichten. Das Werk soll jährlich etwa 250.000 Elektroautos produzieren.

Die EU-Kommission erklärte, dass die slowakische Staatshilfe in Form von direkten Zuschüssen zu den Zielen der EU in Bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, der regionalen Entwicklung und den europäischen Umweltzielen beiträgt. Das Werk befindet sich in der Region Košice im Osten der Slowakei. ari

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China könnte Energiewende in Afrika bringen

Eine neue Studie des Global Development Policy Center der Boston University und des African Economic Research Consortium (AERC) sieht großes Potenzial Chinas beim Ausbau von erneuerbaren Energien in Afrika – wenn das Reich der Mitte seine bisherige Vernachlässigung von Investitionen in grüner Energie korrigiert. “Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen und künftigen Energiechancen kann China durch Handel, Finanzen und Direktinvestitionen einen Beitrag zum Energiezugang und zur Energiewende Afrikas leisten”, heißt es in der Studie.

Die Forscher haben jedoch eine Diskrepanz zwischen der Zusage von Chinas Präsident Xi Jinping, den Ausbau von grüner Energie weltweit zu unterstützen, und der Zuweisung chinesischer Mittel für den afrikanischen Energiesektor, ausgemacht. Nur zwei Prozent aller Kredite für Energieprojekte werden derzeit für saubere Energie verwendet, obwohl Afrika über die ergiebigsten erneuerbaren Energieressourcen verfügt. Mehr als 50 Prozent hingegen gehen in den Ausbau fossiler Energiequellen. China, als Afrikas wichtigster Handelspartner, habe sich in Vergangenheit bei Energieprojekten auf den Export von Rohstoffen konzentriert.

Konkrete Reformvorschläge

Die Autoren der Studie schlagen eine Reform der Investitionen Chinas in Afrika vor, die den Ausbau von erneuerbaren Energien revolutionieren könnte:

  • Verlagerung von Investitionen auf Projekte im Bereich erneuerbaren Energien, was afrikanischen Regierungen die notwendigen finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen würde, um saubere Energietechnologien im großen Maßstab zu entwickeln und einzusetzen.
  • Anpassung der Handelspolitik als Katalysator des Wandels, die die Entwicklung und des Imports erneuerbarer Energietechnologien in Afrika unterstützt, etwa durch Zollermäßigung, Technologietransfer und Wissensaustausch.
  • Unterstützung des Aufbaus grüner Energie-Expertise in Afrika durch gemeinsame Forschungsprojekte, Ausbildungsprogramme und Partnerschaften zwischen Universitäten. as
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Presseschau

Russlands Außenminister Sergej Lawrow in China: Besuch beim engen Freund und Handelspartner TAGESSCHAU
China und Russland: Russland ist für China ein Juniorpartner – und auch ein Problem ZEIT
Sergej Lawrow sieht in China einen Partner gegen den Westen WELT
Hilfe bei Friedens-Vermittlung: China will Kiew und Moskau auf Augenhöhe verhandeln lassen N-TV
Militärallianz wächst: USA, Australien und Großbritannien wollen Japan in Aukus-Gruppe aufnehmen RND
E-Auto-Markt schwächelt – China kontert mit Rabatten und billigen Krediten WIWO
EU ermittelt gegen chinesische Windkraft-Hersteller HANDELSBLATT
Deutschlands gefährliche Abhängigkeit von asiatischen Rohstoffen WIWO
Zeichen der Zusammenarbeit: Hochrangige Delegation aus China reist nach Nordkorea RND
Taiwan war games to simulate repelling a Chinese drill that turns into attack REUTERS
Propaganda durch Desinformation: Wie China die US-Wahl beeinflussen will ZDF

Personalien

Michaela Boehme ist seit Anfang März Deputy Managing Director beim Sino-German Agricultural Centre (DCZ) in Peking. Sie ist bereits seit 2022 Agricultural Policy Expert bei der Dialogplattform.  

Mathias Dehmke ist seit Anfang Februar Head of R&D Safety China bei Dräger Safety in Lübeck. Dehmke war zuvor Head of R&D Emergency and Rescue Services bei dem Medizin- und Sicherheitstechnikhersteller. 

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Raps als Touristenattraktion: Xinghua in der Küstenprovinz Jiangsu hat dazu eigens eine von kleinen Kanälen durchzogene Anlage errichtet, komplett mit Pavillons und traditionell gestalteten Ausflugsbooten. Aus der Luft wirkt das Gelände fast wie gelbe chinesische Schriftzeichen, umgeben von Wasser. Im April blüht der Raps in ganz Südchina.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Diese und viele weitere interessante Erkenntnisse zum China-Bild in der Region hat Christiane Kühl aus einer aktuellen Studie gezogen. Darunter diese: Die wachsende Abhängigkeit vom wichtigen Wirtschaftspartner geht nicht zwingend mit ebenfalls zunehmender Zuneigung einher – vielmehr steigt oftmals die Skepsis. Und: Die Antworten fallen je nach Heimatland sehr unterschiedlich aus. Vietnam und die Philippinen etwa bleiben in überwiegendem Maße pro-USA.

    Dazu passt, dass der Präsident der Philippinen und Japans Premierminister morgen im Weißen Haus mit Joe Biden zu einem gemeinsamen Gipfel verabredet sind. Ein besonderes Ereignis, schreibt Michael Radunski, denn die Nationen waren historisch tief miteinander verfeindet. Nun bringt sie der Blick auf China zusammen. Der gemeinsame Gegner wird sie voraussichtlich zu einer engeren militärischen Zusammenarbeit bringen, Japan könnte gar dem Aukus-Pakt beitreten. Peking hat auf diese Pläne erwartungsgemäß erbost reagiert.

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    Ferdinand Marcos und Fumio Kishida beim Handshake in Tokio im Dezember. Nun treffen beide erstmals mit US-Präsident Joe Biden zum Dreiergipfel zusammen.

    Es ist ein ungewöhnliches Treffen, das am morgigen Donnerstag im Weißen Haus stattfinden wird. US-Präsident Joe Biden empfängt die Regierungschefs von Japan und den Philippinen zu einem trilateralen Gipfel. Deren durch Kriegsverbrechen und gegenseitige Kolonialisierung ineinander verwobene, blutige Geschichte machte eine Verständigung lange Zeit unmöglich. Doch das hat sich geändert. Der Grund lautet: China.

    Schon am heutigen Mittwoch wird Japans Premierminister Fumio Kishida Biden zum bilateralen Gespräch treffen, ehe er am Donnerstag vor dem US-Kongress sprechen wird. Kishida ist erst der zweite japanische Regierungschef, dem diese Ehre zuteilwird. Am Donnerstag wird sich der philippinische Präsident Ferdinand Marcos mit Biden treffen – bevor alle drei schließlich zum trilateralen Gipfel zusammenkommen. Die alles überlagernden Themen lauten: Südchinesisches Meer, Senkaku-Inseln und Taiwan. Damit ist klar, dass es vor allem um China gehen wird.

    Chinas Aufrüstung weckt Ängste

    Denn bei allen drei Themen verursacht Chinas Auftreten bei seinen Nachbarn große Sorgen. Dan Smith, Direktor des renommierten Friedensforschungsinstituts Sipri in Stockholm, stellte unlängst klar: “Chinas Aufrüstung ist auf seine unmittelbaren territorialen Ziele ausgerichtet.”

    Während es für die USA abstrakt um die globale Vorherrschaft geht, stecken Japan und die Philippinen ganz konkret in Territorialstreitigkeiten mit der Volksrepublik: Für Japan geht es im Ostchinesischen Meer um die Senkaku-Inseln, die China Diaoyu nennt. Die Philippinen streiten mit Peking um Gebiete des Südchinesischen Meeres.

    Hinzu kommt Taiwan. Sowohl Präsident Marcos als auch Premier Kishida haben zuletzt sehr deutlich gemacht, wie wichtig Frieden in Taiwan für die nationale Sicherheit ihrer jeweiligen Länder ist. “Sollte es in diesem Bereich tatsächlich einen Konflikt geben … ist es sehr schwer, sich ein Szenario vorzustellen, in dem sich die Philippinen nicht irgendwie einmischen”, sagte Marcos in einem Interview mit der japanischen Zeitung Nikkei Asia.

    Japan wiederum importiert seinen Energiebedarf zu 90 Prozent über die Schifffahrtswege rund um Taiwan. Damit ist Japans wirtschaftliche Stabilität essenziell mit freien Seewegen rund um die Insel vor der chinesischen Küste verbunden. Da sich die Routen bis tief ins Südchinesische Meer erstrecken, fordert die Regierung in Tokio regelmäßig einen “freien und offenen Indopazifik” – eine Formulierung, die vom ehemaligen japanischen Premierminister Shinzo Abe geprägt wurde und längst auch zum Leitgedanken des US-Militärs in der Region geworden ist.

    Japan will bei Aukus mitmachen

    Um dieses Ziel zu erreichen, wollen die drei Staaten auch militärisch enger zusammenarbeiten. Den größten Schritt will Japan gehen – und dem sogenannten Aukus-Verbund aus Australien, Großbritannien und USA beitreten. Der Sicherheitspakt aus dem Jahr 2021 soll Stärke gegenüber China zeigen – genauso wie etliche militärische Entscheidungen der vergangenen Jahre. So stationierten die USA einen atomwaffenfähigen B-52-Bomber im Norden Australiens sowie ein US-Kriegsschiff im Hafen von Sydney.

    Experten rechnen damit, dass Kishida Biden gegenüber seinen Beitrittswunsch vortragen wird. Allerdings ist ein baldiger Beitritt aus verschiedenen Gründen eher unwahrscheinlich, unter anderem aufgrund mangelnder Cyberschutzmaßnahmen bei militärischen Systemen Japans. Doch eine vertiefte, projektbezogene Zusammenarbeit zwischen Japan und den Aukus-Staaten ist durchaus vorstellbar. Zudem wurde am Dienstag bekannt, dass auch Kanada Interesse an einer Aukus-Mitgliedschaft habe.

    China warnt Japan

    Die Reaktion aus China war ebenso schnell wie vorhersehbar. Auf der Plattform X schrieb das chinesische Außenministerium, man sei “zutiefst besorgt” darüber, dass die USA, Großbritannien und Australien Signale für eine Aukus-Expansion sendeten. “Wir sind gegen Ausgrenzungsgruppierungen und Blockkonfrontationen.” Ein solcher Schritt würde “das Wettrüsten in der indopazifischen Region verstärken und den Frieden und die Stabilität in der Region stören”, warnte Peking laut der South China Morning Post. “Insbesondere Japan sollte aus den historischen Lehren lernen und bei der militärischen Sicherheit Vorsicht walten lassen.”

    Japan hatte zuletzt beschlossen, seine Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verdoppeln. Damit hätte das Land die drittgrößten Militärausgaben der Welt. Unter anderem sind der Kauf hunderter Marschflugkörper geplant, die Ziele in einer Entfernung von 1.000 km treffen können.

    Wie der US-Fernsehsender CNN berichtet, könnte Japan den USA auch als potenzieller Produktionsstandort für Munition dienen. Unter anderem könnten dort Patriot PAC3-Raketenabwehrsysteme hergestellt werden, um diese wiederum an die Ukraine zu liefern. Schon im vergangenen Jahr lieferte Japan Luftverteidigungsradare an die Philippinen. Aktuell verhandelt man zudem über ein gegenseitiges Abkommen, das es japanischen Truppen erleichtern würde, auf den Philippinen zu trainieren.

    Konflikt um Taiwan könnte schnell eskalieren

    Wie schnell ein Konflikt um Taiwan eskalieren könnte, zeigt ein Blick auf das vertragliche Geflecht zwischen den USA, Japan und den Philippinen. Der Taiwan Relations Act verpflichtet Washington, Waffen für die Verteidigung der Insel bereitzustellen. Und US-Präsident Biden hatte wiederholt klargestellt, dass er im Falle einer chinesischen Invasion auch US-Militär einsetzen würde.

    Die Philippinen wie auch Japan haben wiederum jeweils ein eigenes Verteidigungsabkommen mit den USA – das US-Militär unterhält auf dieser Basis permanente Stützpunkte in Japan und verfügt über Stützpunktrechte auf den Philippinen.

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    Menschen in den Asean-Staaten zeigen in Umfrage ambivalentes Verhältnis zu China

    Asean-China-Gipfel mit Li Qiang in Jakarta im September 2023: Die Staaten Südostasiens suchen die Balance – ebenso wie die Menschen der Region

    Die USA und China ringen immer intensiver gegeneinander um Einfluss in Südostasien. Doch die Region will sich gar nicht entscheiden zwischen den zankenden Großmächten entscheiden. Stattdessen versucht sie, einen Weg zu finden, wie sie von beiden Seiten profitieren kann.

    Diese Balance spiegelt sich in den diplomatischen Beziehungen wider: So reiste der gerade gewählte künftige indonesische Präsident Prabowo Subianto Anfang April erst nach Peking und von dort direkt weiter zum US-Verbündeten Japan. Und sie zeigt sich in der Haltung der Menschen.

    Indonesien und Malaysia bevorzugen die Volksrepublik

    In einer der wichtigsten Umfragen im Asean-Staatenbund, dem “State of Southeast Asia 2024” des ISEAS Yusof Ishak Institute in Singapur, ziehen die rund 2.000 Befragten China erstmals mit hauchdünner Mehrheit den USA als Partner vor. 50,5 Prozent votierten für die Volksrepublik bei der Frage, welche Supermacht sie als Partner bevorzugten, wenn sie sich zwischen den beiden entscheiden müssten.

    Es ist eine deutliche Veränderung zu 2023, als noch über 60 Prozent die USA bevorzugten. Allerdings fallen regionalen Unterschiede heute deutlich aus: Während sich in Vietnam und auf den Philippinen die große Mehrheit für die USA entschied, lag in Indonesien und Malaysia China weit vorn.

    Mehrheit erwartet bessere Beziehungen zu China

    Knapp über der Hälfte der Befragten erwarten zudem, dass sich die Beziehungen zu China künftig verbessern werden. Auch das hat sich verschoben: 2023 waren es noch unter 40 Prozent gewesen. Dieser Trend mag angesichts der wachsenden Spannungen etwa im Südchinesischen Meer aus westlicher Perspektive erstaunlich erscheinen. Zumal in den USA und der EU gemeinhin mit einer Verschlechterung der Beziehungen zu Peking gerechnet wird.

    Genau deshalb sind solche Umfragen wichtig. Sie helfen, die Grundstimmung in einer Region zu verstehen, die der Westen in seinen Indopazifik-Strategien so vehement umwirbt – und diese Stimmung ist sowohl China als auch den USA gegenüber ambivalent, wie aus der kürzlich vorgestellten Umfrage hervorgeht.

    USA: mehr politischer Player, weniger Wirtschaftsmacht

    Die Volksrepublik spielt als größter Handelspartner und dominierende Regionalmacht in Südostasien bei fast allem eine Rolle und muss von den Regierungen daher bei allen Entscheidungen mit außenpolitischer Tragweite einbezogen werden.

    Diese Erkenntnis findet sich in der Studie wieder. Die Befragten sehen China mehrheitlich (59,3 Prozent) als das wirtschaftlich einflussreichste Land der Region an; 43,9 Prozent empfinden China als größte politisch-strategische Macht in der Region. Beide Werte übertreffen jene der USA deutlich. Nur jeder Zehnte sieht die USA wirtschaftlich vorn – jeder Dritte allerdings politisch-strategisch. Das wiederum zeigt, dass die Menschen der Asean-Staaten die USA vor allem als politischen Player wahrnehmen und weniger als Wirtschaftspartner.

    Wachsende Enttäuschung in Asien über US-Programm IPEF

    Als einen Grund dafür sehen die Forschenden die Enttäuschung über das schwache wirtschaftliche Engagement der USA in Südostasien. Es scheint sich zu rächen, dass Washington keine Pläne für eine wirkliche ökonomische Kooperation mit der Region entworfen hat.

    So äußerten nur noch rund zwei Fünftel der Befragten positive Erwartungen hinsichtlich des im Mai 2022 von US-Präsident Joe Biden als Angebot für die regionalen Partner lancierten Programms Indo-Pacific Economic Framework for Prosperity (IPEF), gegenüber etwas über 45 Prozent im letzten Jahr.

    IPEF soll Resilienz, Nachhaltigkeit, Fairness und Wettbewerbsfähigkeit der 13 Partnerländer, darunter sieben Asean-Staaten, fördern – bietet ihnen aber keinen bevorzugten Marktzugang in die USA. Die Asean-Länder Kambodscha, Laos und Myanmar blieben zudem außen vor.

    Angst um materielle Sicherheit dominiert

    Wohl auch daher stimmten rund 45 Prozent der IPEF-Kritiker in der Umfrage daher der Aussage zu, IPEF biete “keinen besseren Marktzugang für mein Land, sondern zwingt uns Anpassungen und Compliance-Kosten auf“. Ein knappes Drittel der Kritiker ist der Ansicht, IPEF verschärfe den Handelskonflikt zwischen China und den USA, mit Folgen für ihre Region.

    Umgekehrt nimmt die ökonomische Verflechtung der Asean-Staaten mit China stetig zu, etwa durch die ebenfalls 2022 gestartete Freihandelszone Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP). Zu RCEP gehören neben China und Asean auch Australien, Japan und Südkorea – nicht aber die USA.

    Wichtig ist den Menschen zudem offenbar vor allem ihre materielle Sicherheit: Die Angst vor Rezession und Arbeitslosigkeit führt in der Umfrage die Rangliste der Sorgen an, noch vor der Klimakrise und zunehmenden ökonomischen Spannungen zwischen den Großmächten.

    Umfrage zeigt Sorge vor Chinas wachsendem Einfluss

    Dass enge wirtschaftliche Kooperation mit China Skepsis gegenüber der Volksrepublik nicht ausschließt, belegen die Antworten zum Einfluss Pekings in der Region. Über zwei Drittel der Befragten zeigten sich besorgt über Chinas wachsenden ökonomischen Einfluss. Fast drei Viertel äußerten Unbehagen über Chinas wachsenden politischen und strategischen Einfluss. Knapp 60 Prozent sehen allerdings auch die wachsende politische und strategische Rolle der USA mit Sorge. Ein etwas gleich großer Anteil begrüßt das wachsende Gewicht des eigenen Staatenbundes Asean in der Region.

    Jeder zweite zeigte sich China gegenüber zudem misstrauisch. Rund 45 Prozent befürchten sogar, dass China seine militärische und wirtschaftliche Macht nutzen könne, um die Souveränität und Interessen ihrer Heimatländer zu bedrohen.

    Dazu passt, dass die Zustimmung zur Kooperation der Asean mit dem klar gegen China ausgerichteten Quad-Sicherheitsbündnis aus den USA, Indien, Australien und Japan deutlich gestiegen ist: Zwei Fünftel halten die Zusammenarbeit heute für vorteilhaft, gegenüber 31 Prozent vor einem Jahr.

    Furcht vor militärischen Spannungen

    Der Gaza-Krieg ist die größte außenpolitische Sorge der Menschen, gefolgt von Chinas aggressivem Auftreten im Südchinesischen Meer. Wenig überraschend dabei ist der Punkt “Chinas Auftreten im Südchinesischen Meer” in Vietnam (gut 70 Prozent) und auf den Philippinen (über 90 Prozent) die größte Sorge der Befragten: Beide Staaten geraten regelmäßig in umstrittenen Gewässern mit China aneinander.

    Knapp zwei Fünftel der Befragten äußern in der Umfrage Furcht vor militärischen Spannungen an den Brennpunkten Asiens wie Nordkorea oder in der Taiwanstraße. Ein Viertel befürchtet, dass ihr Land bei einem militärischen Konflikt um Taiwan gezwungen sei, sich zwischen den USA und China zu entscheiden. Und genau das wollen die Menschen nicht. 46,8 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu: “Asean sollte seine Widerstandsfähigkeit und Einheit stärken, um den Druck der beiden Großmächte abzuwehren.”

    Rund 30 Prozent sind dafür, sich auch weiterhin weder mit China noch mit den USA zu verbünden. Nur acht Prozent halten eine Entscheidung zwischen beiden Mächten für notwendig. Während 36 Prozent im Falle eines Taiwan-Krieges neutral bleiben wollen, sprechen sich nur kleine Minderheiten für Sanktionen gegen China oder die direkte Unterstützung einer der beiden Seiten aus.

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    China Bevölkerung schrumpft weiter

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    • Im Jahr 2023 schrumpfte die Bevölkerung Chinas das zweite Jahr in Folge. Mit einem Bevölkerungsverlust von 2,08 Millionen Menschen lag sie deutlich über dem Rückgang von 850.000 im Jahr 2022. Das Jahr 2023 verzeichnete zudem die höchste Sterblichkeitsrate seit fast einem halben Jahrhundert, mit 11,1 Millionen Todesfällen nach dem Ende der strengen Covid-19-Beschränkungen. Zugleich war die Geburtenrate so niedrig wie noch nie.
    • Bei der Bevölkerungsentwicklung zeigen sich landesweit allerdings erhebliche Unterschiede, was die unterschiedliche Attraktivität der verschiedenen Regionen verdeutlicht. Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und Zukunftsaussichten begünstigen insbesondere die wirtschaftlich dynamischen Küstenprovinzen im Osten.
    • Die zentralchinesische Provinz Henan verzeichnete den stärksten Bevölkerungsrückgang, was vor allem auf den wirtschaftlichen Abschwung und den erhöhten Beschäftigungsdruck der letzten Jahre zurückzuführen ist. Trotz der Küstenlage erlebte auch Shandong einen starken Bevölkerungsschwund, bedingt durch das sehr niedrige natürliche Bevölkerungswachstum von -2,18 pro Tausend. Dort ist die Wirtschaftsstruktur noch immer von der Schwerindustrie dominiert, die Arbeitsplatzvielfalt begrenzt, und die Löhne sind vergleichsweise niedrig – insbesondere im Vergleich zu anderen wirtschaftlich entwickelten Regionen wie Zhejiang.
    • Zhejiang und Guangdong verzeichneten den größten Bevölkerungszuwachs. Der Anstieg in Zhejiang lässt sich allerdings ausschließlich auf einen Zuzug von 557.000 Menschen zurückführen, denn im Jahr 2023 wurde dort ein natürlicher Rückgang von 57.000 Menschen verzeichnet. Das Bevölkerungswachstum in Guangdong wurde sowohl durch natürliches Wachstum (350.000 Menschen) als auch durch Zuwanderung (140.000 Menschen) angekurbelt.
    • Einige wirtschaftlich weniger attraktive Provinzen, wie beispielsweise Guizhou, erlebten dennoch einen Bevölkerungszuwachs, da das natürliche Wachstum die Bevölkerungsabwanderung überstieg. Guizhou hatte einen natürlichen Zuwachs von 111.000 Menschen, was zu einem Nettozuwachs von 90.000 führte, da gut 20.000 Menschen aus der Provinz wegzogen.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    • Geburtenrate
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    News

    Deutsche Industrie ist bei Lithium in hohem Maß abhängig von Asien

    Die Abhängigkeit deutscher Produktionsunternehmen von China, Taiwan und südostasiatischen Ländern wie Malaysia stellt teilweise ein Risiko dar. Die deutsche Industrie deckt trotz wachsender geopolitischer Risiken einen erheblichen Teil ihres Lithiumbedarfs durch Einfuhren aus China. Von einem Prozent im Jahr 2013 ist der Importanteil der Volksrepublik auf heute 24 Prozent gestiegen, wie eine aktuelle Analyse von Deloitte zeigt. Lithium ist der zentrale Rohstoff für wiederaufladbare Batterien.

    Bislang ist Chile das wichtigste Lithium-Herkunftsland der deutschen Industrie. Chile lieferte 2013 76 Prozent des deutschen Lithium-Bedarfs. Heute sind es noch 47 Prozent. Argentinien, der weltweit zweitgrößte Lithiumexporteur, spielt bei den deutschen Importen bislang praktisch keine Rolle.

    Noch größer ist die deutsche Abhängigkeit von China bei kompletten Lithium-Ionen-Akkus: Zwei von fünf kamen 2023 aus China. Das Land inzwischen das wichtigste Herkunftsland dieser Akkus für die deutsche Industrie.

    Immerhin: Silizium – ein für die Halbleiter-Industrie wichtiger Rohstoff – importiert Deutschland vor allem aus Regionen mit einem geringen politischen Risiko. Derzeit importiert die deutsche Industrie allerdings einen Großteil ihrer Halbleiter aus fünf asiatischen Ländern: Taiwan, Malaysia, China, den Philippinen und Thailand. cyb

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    Russland und China betonen ihre Freundschaft und bauen Handel aus – etwa mit Autos

    China und Russland nutzten den Besuch von Außenminister Sergej Lawrow bei seinem Amtskollegen Wang Yi einmal mehr zu einem demonstrativen Schulterschluss. “Peking und Moskau werden die strategische Zusammenarbeit auf der Weltbühne weiter stärken und sich gegenseitig kräftig unterstützen”, sagte Wang am Dienstag laut der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti. China werde die “stabile Entwicklung unter der Führung von (Wladimir) Putin unterstützen”. Lawrow dankte China für die Unterstützung nach der Wiederwahl Putins im vergangenen Monat, bei der es keine nennenswerte Opposition gab.

    Inhaltlich brachte das Treffen wenig Neues. Beide verließen sich auf ihre altbekannten politischen Formeln. So betonte Wang, China werde weiterhin eine “konstruktive Rolle” auf der internationalen Bühne spielen und “nie Öl ins Feuer gießen”. Das Wort “Krieg” nahmen beide in Bezug auf die Ukraine nicht in den Mund. Lawrow kritisierte westliche Sanktionen als “unrechtmäßig”. Diese Art der Politik werde zunehmend auch auf China angewendet”, betont der russische Außenminister. Der Westen behindere Chinas “wirtschaftliche und technologische Entwicklungsmöglichkeiten”, um sich der Konkurrenz zu entledigen.

    Außerdem füllen chinesische Firmen die Lücken, die der Abzug westlicher Marken aus Russland hinterlassen hat. So dominieren chinesische Autobauer inzwischen den russischen Markt. Chinesische Autos nahmen dort im März nach russischen Angaben neun Plätze unter den zehn meistverkauften Marken ein, wie das Online-Magazin Car News China berichtet. Nur der heimische Hersteller Lada liegt noch deutlich vor ihnen. Unter anderem Geely, Chery sowie Great Walls Marke Haval tauchen oben in der Rangliste auf, ebenso wie überraschenderweise das Elektro-Startup Li Auto, bei dem bislang dem Bericht zufolge nicht bekannt gewesen war, dass es überhaupt Autos exportiert.

    China verstößt nicht offen gegen die Sanktionen des Westens und liefert keine Waffen an Russland. Dennoch kursieren immer wieder Berichte, wonach etwa Dual-Use-Produkte aus der Volksrepublik ihren Weg nach Russland finden. US-Finanzministerin Janet Yellen warnte daher auf ihrer Reise durch China kürzlich die Volksrepublik davor, zu weit zu gehen: “Chinas Firmen dürfen keine materielle Unterstützung für Russlands Krieg leisten.” Sonst werde es Konsequenzen geben, so Yellen. ck

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    EU-Kommission ermittelt gegen chinesische Windkraft-Hersteller

    Die EU-Kommission nimmt Subventionen an chinesische Lieferanten von Windparks für Europa unter die Lupe. EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte am Dienstag, die Brüsseler Behörde werde die Bedingungen für die Entwicklung von Windparks in Spanien, Griechenland, Frankreich, Rumänien und Bulgarien prüfen. Die Namen der betroffenen Unternehmen nannte sie nicht.

    Diese Schritte seien notwendig, “bevor es zu spät ist”, sagte Vestager in einer Rede in der US-Elite-Uni Princeton. “Wir können es uns nicht leisten, dabei zuzuschauen, wie das, was bei Solarpaneelen passiert ist, nochmal mit Elektrofahrzeugen, Windkraft oder wichtigen Chips passiert.” 

    Sie wolle klarstellen, dass Chinas Erfolg nicht eingeschränkt werden solle, sagte Vestager. Die Schritte sollten “die Gerechtigkeit in unseren Wirtschaftsbeziehungen wiederherstellen”. Sie fügte hinzu: “Jeder ist willkommen, erfolgreich zu sein. Jeder ist willkommen, mit Europa Handel zu treiben. Aber sie müssen sich an die Regeln halten.” 

    “Wir wollen genauso guten Zugang zum chinesischen Markt”

    Chinas Windturbinenhersteller sind in Europa noch relativ neu im Geschäft. 2022 bestückte das Unternehmen Mingyang Smart Energy den 30-Megawatt-Offshore-Windpark Beleolico vor Süditalien. Es war der erste Offshore-Windpark in Europa mit Turbinen aus China. Seitdem schieben die Firmen aus Fernost allmählich ihren Fuß in die Tür.

    Ähnlich wie Vestager äußerte sich Ursula von der Leyen. Im Umgang mit China sei eine klare und offene Ansprache angebracht, sagte die EU-Kommissionspräsidentin am Dienstag in Berlin mit Blick auf die bevorstehende Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz in die Volksrepublik.

    Das Prinzip müsse lauten, Risiken dort zu reduzieren, ohne sich aber von China abzukoppeln. Thematisiert werden müssten unfaire Wettbewerbsbedingungen, Überkapazitäten in China und auch die dortigen Subventionen für Unternehmen. “Wir wollen genauso guten Zugang zum chinesischen Markt”, sagte von der Leyen. “Wenn dies nicht der Fall ist, müssen wir Maßnahmen ergreifen.”

    EU-Verordnung über ausländische Subventionen

    Die EU-Kommission hatte vergangene Woche bereits Untersuchungen eingeleitet, um zu prüfen, ob chinesische Bieter bei einer öffentlichen Ausschreibung für einen Solarpark in Rumänien übermäßig von staatlichen Hilfen in ihren Angeboten profitiert hatten. Auf die Einleitung einer ähnlichen Untersuchung zu Staatssubventionen aus dem Ausland bei einem Eisenbahn-Projekt in Bulgarien reagierte der betreffende chinesische Bieter CRRC Qingdao Sifang Locomotive kürzlich mit einem Rückzug von der Ausschreibung. 

    All diese Untersuchungen erfolgen im Rahmen der EU-Verordnung über ausländische Subventionen, die Foreign Subsidies Regulation (FSR), aus dem Jahr 2023. Der für Europa zuständige Generaldirektor im chinesischen Außenministerium Wang Lutong kritisierte die Ankündigung. Er fordere Brüssel auf, das FSR “nicht als Instrument für Protektionismus und wirtschaftlichen Zwang zu nutzen und den normalen Geschäftsbetrieb nicht mehr zu beeinträchtigen”, schrieb Wang auf X. ari/rtr

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    EU-Kommission genehmigt staatliche Beihilfe für Volvo Cars in der Slowakei

    Die Slowakei hat die Genehmigung der EU-Regulierungsbehörden erhalten, staatliche Beihilfen für ein Werk von Volvo Cars zu gewähren. Der EU-Staat darf damit 267 Millionen Euro für den Bau des Werks bereitstellen. Der schwedische Automobilhersteller befindet sich mehrheitlich im Besitz der chinesischen Zhejiang Geely Holding. Der Autobauer Geely hatte 2022 angekündigt, ein 1,2 Milliarden Euro teures Werk für Elektrofahrzeuge in der Slowakei zu errichten. Das Werk soll jährlich etwa 250.000 Elektroautos produzieren.

    Die EU-Kommission erklärte, dass die slowakische Staatshilfe in Form von direkten Zuschüssen zu den Zielen der EU in Bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, der regionalen Entwicklung und den europäischen Umweltzielen beiträgt. Das Werk befindet sich in der Region Košice im Osten der Slowakei. ari

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    China könnte Energiewende in Afrika bringen

    Eine neue Studie des Global Development Policy Center der Boston University und des African Economic Research Consortium (AERC) sieht großes Potenzial Chinas beim Ausbau von erneuerbaren Energien in Afrika – wenn das Reich der Mitte seine bisherige Vernachlässigung von Investitionen in grüner Energie korrigiert. “Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen und künftigen Energiechancen kann China durch Handel, Finanzen und Direktinvestitionen einen Beitrag zum Energiezugang und zur Energiewende Afrikas leisten”, heißt es in der Studie.

    Die Forscher haben jedoch eine Diskrepanz zwischen der Zusage von Chinas Präsident Xi Jinping, den Ausbau von grüner Energie weltweit zu unterstützen, und der Zuweisung chinesischer Mittel für den afrikanischen Energiesektor, ausgemacht. Nur zwei Prozent aller Kredite für Energieprojekte werden derzeit für saubere Energie verwendet, obwohl Afrika über die ergiebigsten erneuerbaren Energieressourcen verfügt. Mehr als 50 Prozent hingegen gehen in den Ausbau fossiler Energiequellen. China, als Afrikas wichtigster Handelspartner, habe sich in Vergangenheit bei Energieprojekten auf den Export von Rohstoffen konzentriert.

    Konkrete Reformvorschläge

    Die Autoren der Studie schlagen eine Reform der Investitionen Chinas in Afrika vor, die den Ausbau von erneuerbaren Energien revolutionieren könnte:

    • Verlagerung von Investitionen auf Projekte im Bereich erneuerbaren Energien, was afrikanischen Regierungen die notwendigen finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen würde, um saubere Energietechnologien im großen Maßstab zu entwickeln und einzusetzen.
    • Anpassung der Handelspolitik als Katalysator des Wandels, die die Entwicklung und des Imports erneuerbarer Energietechnologien in Afrika unterstützt, etwa durch Zollermäßigung, Technologietransfer und Wissensaustausch.
    • Unterstützung des Aufbaus grüner Energie-Expertise in Afrika durch gemeinsame Forschungsprojekte, Ausbildungsprogramme und Partnerschaften zwischen Universitäten. as
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    Presseschau

    Russlands Außenminister Sergej Lawrow in China: Besuch beim engen Freund und Handelspartner TAGESSCHAU
    China und Russland: Russland ist für China ein Juniorpartner – und auch ein Problem ZEIT
    Sergej Lawrow sieht in China einen Partner gegen den Westen WELT
    Hilfe bei Friedens-Vermittlung: China will Kiew und Moskau auf Augenhöhe verhandeln lassen N-TV
    Militärallianz wächst: USA, Australien und Großbritannien wollen Japan in Aukus-Gruppe aufnehmen RND
    E-Auto-Markt schwächelt – China kontert mit Rabatten und billigen Krediten WIWO
    EU ermittelt gegen chinesische Windkraft-Hersteller HANDELSBLATT
    Deutschlands gefährliche Abhängigkeit von asiatischen Rohstoffen WIWO
    Zeichen der Zusammenarbeit: Hochrangige Delegation aus China reist nach Nordkorea RND
    Taiwan war games to simulate repelling a Chinese drill that turns into attack REUTERS
    Propaganda durch Desinformation: Wie China die US-Wahl beeinflussen will ZDF

    Personalien

    Michaela Boehme ist seit Anfang März Deputy Managing Director beim Sino-German Agricultural Centre (DCZ) in Peking. Sie ist bereits seit 2022 Agricultural Policy Expert bei der Dialogplattform.  

    Mathias Dehmke ist seit Anfang Februar Head of R&D Safety China bei Dräger Safety in Lübeck. Dehmke war zuvor Head of R&D Emergency and Rescue Services bei dem Medizin- und Sicherheitstechnikhersteller. 

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Raps als Touristenattraktion: Xinghua in der Küstenprovinz Jiangsu hat dazu eigens eine von kleinen Kanälen durchzogene Anlage errichtet, komplett mit Pavillons und traditionell gestalteten Ausflugsbooten. Aus der Luft wirkt das Gelände fast wie gelbe chinesische Schriftzeichen, umgeben von Wasser. Im April blüht der Raps in ganz Südchina.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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