Wladimir Putin ist zum Jubiläumsgipfel der “Belt and Road”-Initiative (BRI) eingetroffen. Peking rollt dem “teuren Freund” – der als Kriegsverbrecher mit internationalem Haftbefehl gesucht wird – nicht nur buchstäblich den roten Teppich aus. Das liegt auch daran, weil die Gästebilanz des BRI-Forums nicht ganz so berauschend ist, erläutert Michael Radunski: Zwar reisen Regierungsvertreter aus 130 Staaten an – eine erst mal beeindruckende Zahl. Aber: kein G7-Regierungschef, und aus der EU nur Ungarns Orbán. Von den direkten Nachbarn fehlen Japan, Südkorea und Indien. Und viele südamerikanische und afrikanische Staaten haben dieses Mal lediglich Minister geschickt. All das stärkt die Leuchtkraft des russischen Ehrengasts.
Wie die Neue Seidenstraßen-Initiative derzeit ganz konkret performt, zeigen die Zahlen der aktuellen GTAI-Analyse. Deren Schwerpunkt hat sich im zweiten Quartal 2023 hin zu Chinas Nachbarn, insbesondere in Südostasien, verschoben. Wo sich derzeit die wichtigsten neuen BRI-Projekte finden und wie die Initiative in Europa läuft, hat Finn Mayer-Kuckuk ausgewertet.
Spannende neue Einsichten bei der Lektüre wünscht
Als Wladimir Putin am Dienstag auf Beijing Capital International Airport ankommt, liegt der rote Teppich schon bereit. Das ist bei Besuchen von Staats- und Regierungschefs eine formale Selbstverständlichkeit. Doch im Falle des russischen Präsidenten wirkt es aktuell dennoch befremdlich.
Denn für den Internationalen Strafgerichtshof ist Putin ein Kriegsverbrecher, der per Haftbefehl gesucht wird. Für Chinas Machthaber Xi Jinping hingegen ist er ein “teurer Freund”, mit dem er große Veränderungen in der Welt erreichen will. Zudem ist Putin dieser Tage der prominenteste Gast auf dem Gipfel der “Belt and Road”-Initiative (BRI) in Peking.
Das zweitägige BRI-Forum ist der größte internationale Gipfel, den die Volksrepublik seit dem Ende der strikten Null-Covid-Politik abhält. China will sich als Land präsentieren, das in vielen Staaten die wirtschaftliche Entwicklung aktiv vorbringt – stets zum Nutzen aller Beteiligten. China als selbstlose Alternative zu den egoistischen USA.
Es ist Putins erste Auslandsreise außerhalb von Ländern der ehemaligen Sowjetunion, seit er wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Dass er in China festgenommen wird, musste Putin nicht befürchten. Die Volksrepublik erkennt das Gericht in Den Haag nicht an, genauso wenig wie Russland.
Xi gibt seinem Freund Putin international Gesicht. “Die große Bühne in Peking ist ohne Zweifel eine gute Plattform für Putin”, sagt Alexander Gabujew, Direktor des renommierten Carnegie Russia Eurasia Center. Putin könne zeigen, dass er keineswegs international so isoliert ist, wie es so mancher Regierungschef im Westen gerne sehen würde.
Die schiere Zahl der Gäste in Peking ist tatsächlich beeindruckend. Regierungsvertreter aus rund 130 Staaten reisen zum zehnjährigen BRI-Jubiläum an. Doch ein genauer Blick auf die Gästeliste zeigt: keinen Regierungschef aus den G7-Staaten. Italien wird zum Jahresende gar aus der Initiative aussteigen. Aus der EU reist lediglich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán an, der sich prompt auch mit Putin traf. Auch aus Chinas Nachbarschaft fehlen wichtige Staaten wie Japan, Südkorea oder Indien.
Und selbst aus vielen südamerikanischen und afrikanischen Staaten nehmen dieses Mal lediglich Minister teil, statt wie früher die Staats- und Regierungschefs. Dafür werden die afghanischen Taliban dieses Mal in Peking dabei sein. Putin ist also der mit Abstand wichtigste Gast.
Die Prioritäten der Gästeliste laden zu deutlicher Kritik ein. “Es spricht Bände über den Zustand der Belt-and-Road-Initiative, wenn der Ehrengast Anführer eines schrecklichen Regimes ist, das in ein Nachbarland einmarschiert und es annektiert, das in der Ukraine Kriegsverbrechen begeht und permanent gegen die Grundsätze des UN-Sicherheitsrates und der UN-Charta verstößt”, urteilt der Russland-China-Kenner Gabujew.
Xi Jinping wird sich dennoch über die Anwesenheit seines “teuren Freundes” freuen, schließlich verleiht Putin dem BRI-Forum eine Art von internationalem Glanz. Trotz aller Kritik ist Putin noch immer der Präsident eines Landes mit permanentem Sitz und Vetorecht im UN-Sicherheitsrat, einer Atommacht mit Interessen und Einfluss auf der ganzen Welt.
Vor allem ist Putin voll des Lobes. In einem Interview mit dem chinesischen Staatsfernsehen CCTV kurz vor dem Gipfel rühmte Putin Chinas Partei- und Staatschef Xi in den höchsten Tönen. Unter Xi setze sich China für gemeinsame internationale Ziele ein und begreife, was in der Welt wichtig sei. Im von Xi initiierten BRI-Projekt erkenne man den Wunsch nach Zusammenarbeit, so Putin. Und das Beste: Bei all dem werde niemandem etwas aufgezwungen.
Putin stellte Xi und sich selbst als uneigennützige Streiter für eine multipolare Weltordnung dar – ganz im Gegensatz zu “Ländern mit schwerem kolonialen Erbe”. Gemeint sind damit die Staaten des Westens. Putin sieht Europa und die USA inzwischen klar als Gegner an, während China weiterhin eine gewisse Zusammenarbeit anstrebt, vor allem mit der EU.
Putin ist jedenfalls nun zum ersten Mal seit den Olympischen Winterspielen im Februar 2022 wieder in Peking. Damals verkündeten er und Xi der Welt ihre “grenzenlose Partnerschaft”. Wenige Tage später überfiel Putin mit zehntausenden Soldaten die Ukraine.
Dass Xi seinen Freund Putin auf dem BRI-Gipfel dennoch als Ehrengast präsentiert, sagt auch etwas über China aus. “Peking zeigt damit, dass man sich kein bisschen um eine regelbasierte Ordnung schert“, urteilt Gabujew. Vielmehr sei China bereit, sämtlichen Regimen der Welt eine Alternative zu bieten. Einzige Bedingung: Man muss sich zu einer freundlichen Haltung gegenüber China verpflichten. Putin zeigt dieser Tage, wie das geht.
Während der Belt-and-Road-Gipfel in Peking mit viel Pomp und hohem Besuch beginnt, zeichnen sich in der ökonomischen Realität des Projekts erneut Verschiebungen ab. Während in der ersten Jahreshälfte noch der arabische Raum im Fokus stand, haben die meisten neuen Projekte nun in Südostasien begonnen. “Die BRI rückt stärker an China selbst heran”, urteilt die Germany Trade & Invest (GTAI). Die GTAI analysiert laufend die Aktivitäten entlang der neuen Seidenstraße.
Mit 99 neuen Vorhaben haben die meisten neuen Projekte demnach in der Asean-Region des Verbunds südostasiatischer Staaten begonnen. Im Vorjahresvergleich ist das ein Zuwachs um gut die Hälfte. Auf den zweiten Platz kommt Zentralasien. Dort hat sich die Zahl der Projekte seit 2021 sogar versechsfacht.
Im Mittleren Osten sank dagegen die Zahl neuer Projekte um 43 Prozent. Mit dem Krieg zwischen Israel und der Hamas kann das allerdings noch nichts zu tun haben: Die Daten betreffen den Zeitraum Juli bis September, deutlich vor den Terror-Anschlägen in Israel.
Die wichtigsten neuen Seidenstraßen-Projekte begannen auf den Philippinen, in Indonesien, in Laos und in Malaysia. Die Art der Bauvorhaben entspricht sehr dem Ursprungsgedanken der BRI, grundlegende Infrastruktur zu finanzieren:
In Europa bleibt das BRI-Geschehen mit 27 Projekten vergleichsweise schwach, auch wenn hier eine leichte Erholung eingetreten ist. Beispielhaft für die Schwierigkeiten der chinesischen Investoren in der EU stehen die Probleme des Bahnprojekts von Belgrad nach Budapest. China hat die Finanzierung vorerst eingestellt.
Das rund zwei Milliarden Euro teure Vorhaben war vermutlich auch Thema der Gespräche zwischen Ungarns Premier Viktor Orbán am Rande des BRI-Gipfels in Peking.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Die Zahl der ausländischen Einkäufer auf Chinas wichtigster Exportmesse in Guangzhou, der Canton Fair, hat nach einem Bericht des Wirtschaftsmagazins Caixin fast wieder das Niveau erreicht, das es vor der Pandemie hatte. Demnach kamen schon am ersten Tag, dem Sonntag, mehr als 50.000 ausländische Geschäftsleute aus mehr als 200 Ländern auf die Messe und damit deutlich mehr als am Starttag der Frühjahresausgabe der Messe. Anmeldungen aus Europa und Nordamerika seien im Vergleich zur Messe im April um 8,6 Prozent gestiegen, schreibt Caixin unter Berufung auf einen Messesprecher. Die Anmeldungen aus den Ländern der “Belt and Road”-Initiative nahmen um 11,2 Prozent zu.
Die Canton Fair gilt als Barometer für den chinesischen Außenhandel. Vor der Pandemie zog sie in der Regel mehr als 200.000 Einkäufer aus der ganzen Welt an. Die Frühjahrsmesse, die nach drei Jahren virtueller Aktivitäten in diesem Jahr erstmals wieder vor Ort stattfand, besuchten laut dem Bericht immerhin 129.000 Einkäufer. Diese platzierten Aufträge im Wert von 21,7 Milliarden US-Dollar, verglichen mit 29,3 Milliarden Dollar zur Herbstmesse 2019. Chinas Außenhandel schwächelt seit der Pandemie, zeigte zuletzt aber erste Anzeichen für einen leichten Aufschwung. ck
Das Europaparlament fordert von Peking mehr Transparenz über die chinesische Hochseefischerei. Die chinesischen Behörden seien nicht offen in Bezug auf die Hochseefischerei-Flotte der Volksrepublik, kritisierten die EU-Abgeordneten am Dienstag in einer Resolution. Auch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) bestehe auf transparente Angaben zu den Flotten, betonten die EU-Parlamentarier. Schätzungen gingen von Zahlen von 2.900 bis zu 16.966 Schiffen aus, heißt es in dem Text. Chinas Hochseeflotte stelle eine “Bedrohung für die Lebensfähigkeit des europäischen Fischereisektors” dar.
Das EU-Parlament zeigte sich zudem besorgt, dass Teile des Südchinesischen Meeres, eines der am meisten befischten Meere der Welt, von China als “inländische Gewässer” betrachtet würden. So müssten Schiffe, die dort fischten, nicht zur Fernwasserflotte gezählt werden. “Das hat schwerwiegende wirtschaftliche und arbeitsrechtliche Auswirkungen auf die Unternehmen in der Branche und in der gesamten Lieferkette”, heißt es in der Resolution.
In einer Rede am Montag sagte der EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung, Johannes Hahn, dass die EU-Kommission eine Studie zu Billigflaggen in die Wege leiten werde. Dabei geht es um den Vorwurf an chinesische Fischereischiffe, unter nicht-chinesischen Flaggen zu fahren, um illegale Fischerei zu erleichtern. Die Intransparenz sowie Subventionen an die chinesische Fischereiindustrie würden “die Wettbewerbsfähigkeit des EU-Binnenmarkts erheblich untergraben”, so Hahn.
Chinas Fischerei war auch Thema in der Debatte zu einem Einfuhrverbot für Produkte aus Zwangsarbeit. Jüngst veröffentlichte Berichte legten nahe, dass beispielsweise Uiguren zu Arbeit auf chinesischen Fischereischiffen gezwungen werden. Am Montagabend stimmten die Abgeordnete der Ausschüsse für Außen- und Innenhandel im EU-Parlament nun für einen Entwurf, nach dem entsprechende Produkte an den EU-Grenzen aus dem Verkehr gezogen werden sollen.
“Zwangsarbeit ist eine schwere Menschenrechtsverletzung”, erklärte die niederländische Berichterstatterin im Parlament, Samira Rafaela, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Das Verbot sei unerlässlich, um gegen “moderne Sklaverei” in Lieferketten vorzugehen. Die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission sollen demnach Untersuchungen einleiten, wenn sie in der Lieferkette eines Produktes Zwangsarbeit vermuten. Bestätigt sich der Verdacht, sollen Waren an den EU-Grenzen beschlagnahmt und vom europäischen Markt zurückgezogen werden.
Die Kommission soll dem Parlamentsvorschlag zufolge eine Liste von Regionen und Wirtschaftsbereichen erstellen, in denen das Risiko für Zwangsarbeit besonders hoch ist. Kommt ein Produkt aus einer solchen Region, soll sich die Beweislast umkehren. Unternehmen müssten dann nachweisen, dass es in ihrer Lieferkette keine Zwangsarbeit gibt. Eine betroffene Region könnte etwa die chinesische Provinz Xinjiang sein. Das EU-Parlament muss noch über den Vorschlag abstimmen, bevor das EU-Parlament mit den anderen EU-Institutionen in Verhandlung treten kann. ari
Ein chinesischer Kampfjet hat einem kanadischen Patrouillenflugzeug den Weg abgeschnitten und anschließend Leuchtraketen in dessen Flugbahn abgeworfen. Der Zwischenfall ereignete sich nach kanadischen Angaben vor der Küste der Volksrepublik in internationalem Luftraum, wie Bloomberg am Dienstag berichtete. Chinesische Kampfflugzeuge flogen bis auf fünf Meter an das Flugzeug heran, in dem Journalisten des kanadischen Nachrichtensenders Global News saßen. “Sie wurden in einem Maße aggressiv, das wir als unsicher und unprofessionell ansehen”, sagte Generalmajor Iain Huddleston dem Sender.
Das kanadische Flugzeug war nach Angaben der Regierung in Ottawa Teil einer UN-Mission, welche die Einhaltung der Sanktionen gegen Nordkorea durchsetzen soll. Die Sanktionen sind wegen des nordkoreanischen Atomprogramms seit Jahren in Kraft. Die Missionen, an denen sich auch Japan, Frankreich und die USA beteiligen, zielen demnach darauf ab, Aktivitäten zur Umgehung von Sanktionen aufzuspüren, “insbesondere Schiff-zu-Schiff-Transfers von Treibstoff und anderen Gütern”. Die Operation ist also nicht gegen China gerichtet, das die meisten der Sanktionen mitträgt.
Der Vorfall verdeutlicht aber einmal mehr Chinas Frustration über westliche Militärflüge in der Nähe seiner Küste. Immer wieder kommt es deswegen zu gefährlichen Zwischenfällen. Im Mai wich ein chinesischer Kampfjet einem US-Aufklärungsflugzeug auf engem Raum aus, in einem laut Pentagon “unnötig aggressiven Manöver”. 2022 haben chinesische Kampfflugzeuge laut Bloomberg einmal kanadische Flugzeuge in der Region umkreist und einmal kleine Aluminiumteile vor australischen Flugzeugen abgeworfen. ck
In einem exklusiven Interview mit Sky News Australia hat die australische Journalistin Cheng Lei erstmals den Grund für ihre dreijährige Haft in einem chinesischen Gefängnis offengelegt: Demnach hatte sie die Sperrfrist für ein Briefing der chinesischen Regierung um nur wenige Minuten verletzt. “In China ist das eine große Sünde”, sagte Cheng. Im Interview äußerte sie sich nicht zu den Einzelheiten des von ihr veröffentlichten Briefing-Dokuments.
Cheng war im Sommer 2020 festgenommen und im April vergangenen Jahres in einem nicht-öffentlichen Gerichtsverfahren schuldig gesprochen worden. Man warf ihr vor, während ihrer Zeit als Moderatorin beim chinesischen TV-Auslandssender CGTN Staatsgeheimnisse ins Ausland weitergegeben zu haben. In dem TV-Interview am Dienstag sagte Cheng, ihr sei während ihrer sechsmonatigen Isolationshaft gesagt worden, sie habe die Autorität des Staates untergraben und durch ihre Handlungen “das Mutterland verletzt”. cyb
Bis zu seinem 32. Lebensjahr verlief der berufliche Weg von Sebastian Hahn geradlinig: Nach dem BWL-Studium an der Humboldt-Universität Berlin arbeitete er als Projektmanager im Logistik-Bereich. Das war fordernd und interessant, doch nach jedem abgeschlossenen Projekt ging es erneut von vorne los. Nach und nach beschlich Sebastian Hahn das Gefühl, immer nur das Gleiche zu tun.
Während des Studiums hatte der im Jahr 1982 geborene Berliner zwei Jahre in Russland, Belarus und der Ukraine verbracht und Russisch gelernt. Nun fragte er sich: Wieso lernen nur Schüler und Studenten Fremdsprachen und gehen ins Ausland? Seine Lust auf frische Ideen und ein weiteres Abenteuer wuchs. Vietnam, Brasilien, China – das Land war eigentlich egal, die Entscheidung für die Volksrepublik fiel willkürlich. Sebastian Hahn kündigte seinen Job und flog nach China, um ein Jahr lang die Sprache zu lernen. Nach einem kurzen Stopp in Berlin ging es gleich wieder zurück – dieses Mal auf die chinesische Tropeninsel Hainan, wo er noch ein Masterstudium absolvierte. Das Leben ohne Berliner Winter gefiel ihm, und er beschloss, zu bleiben.
Hainan hat rund zehn Millionen Einwohner; die Insel ist so groß wie Belgien und die Hauptinsel von Chinas gleichnamiger südlichster Provinz. Bis 1988 gehörte Hainan zur Provinz Guangdong und wurde im Zuge von Deng Xiaopings wirtschaftlichen Reformen eine eigenständige Provinz und Chinas größte Sonderwirtschaftszone. Viele Chinesen lieben an Hainan vor allem Sanya, den Touristenort auf der Südseite mit seinen weißen Sandstränden und der bunten Unterwasserwelt.
Die Inselhauptstadt Haikou liegt im Norden der Insel, hier betreibt Sebastian Hahn seit ein paar Jahren die kleine Sprachschule Hainan Mandarin Academy. Er bietet Chinesisch-Intensivkurse und ein kleines Kulturprogramm an. Zielgruppe sind vor allem Ausländer, die für ein paar Wochen nach Hainan kommen und Sprachunterricht mit einem Trip über die Insel verknüpfen.
Die Erinnerung an seine eigenen ersten Schritte mit der chinesischen Sprache ist bei Sebastian Hahn noch frisch. Die Lehrmaterialien, mit denen er selbst sich herumschlagen musste, empfand er als sperrig und viel zu wenig an seine eigenen Bedürfnisse angepasst. Ihm kam die Idee, eine Sprachschule zu gründen und es besser zu machen. Auch wenn das Konzept nicht gerade neu ist, hat Hahn im Gegensatz zu Sprachschulen in Peking oder Shanghai einen großen Vorteil: Touristen aus 59 Ländern, darunter aus Deutschland, können seit 2018 ohne Visum nach Hainan einreisen und bis zu 30 Tage bleiben.
Die besondere Visaregelung ist eine von vielen Maßnahmen der chinesischen Regierung, die Hainan nicht nur als Tourismus-Hotspot, sondern auch als Wirtschaftsstandort attraktiv machen will. Bisher war die Inselprovinz stark vom landwirtschaftlichen Sektor geprägt. Hier wachsen Kokos und Pfeffer, auch die Fischerei spielt eine tragende Rolle. Doch die Ambitionen für Hainan sind groß: Die Insel soll massiv ausländische Direktinvestitionen anziehen und als Teil der Seidenstraßen-Initiative Chinas Handel boosten. Bis Ende 2025 soll eine separate Zollzone eingerichtet sein, bis 2050 Hainan der weltgrößte Freihandelshafen werden.
So lockt die Insel mit vorteilhaften Bedingungen, etwa auch einem reduzierten Unternehmenssteuersatz. Als Standort ist Hainan in Deutschland trotzdem noch nicht so bekannt wie Guangzhou, Shanghai oder Peking. Hier sieht Sebastian Hahn eine Chance – er möchte in diesem Gefüge selbst eine Rolle spielen.
Neben der Sprachschule betreibt er also mit einem chinesischen Partner seit 2019 den Business Association of South China in Europe e.V. Mit ihren Kontakten und Standortkenntnissen wollen die beiden kleine und mittelständische deutsche Unternehmen davon überzeugen, auf die Insel zu kommen. Sebastian Hahn erzählt von einigen erfolgreichen Projekten im Medizin-Bereich. Ärzte aus Deutschland haben sie an Kliniken in Hainan vermittelt, um Weiterbildungen für medizinisches Personal zum Thema Reha von Kindern und Jugendlichen durchzuführen, dort gibt es einen großen Bedarf. Es wurde aber auch ein Austausch in die andere Richtung organisiert – Ärzte aus Hainan gingen für Lehrgänge an die Berliner Charité. Für Kliniken auf der Insel haben die beiden den Import medizinischer Geräte wie Röntgengeräte und Computertomografen organisiert. Und bald soll auch traditionelle chinesische Medizin eine Rolle spielen.
Dass die Stimmung in Deutschland gegenüber Investitionen in China skeptischer geworden ist, sieht Sebastian Hahn für seine eigenen Pläne nicht als problematisch an. Für den Fall, dass es nicht so gut laufen sollte, hat er aber noch ein weiteres Standbein.
Neben Sprachschule und Business Association betreibt er gemeinsam mit seiner Freundin ein eigenes Café, bald eröffnen sie ein zweites. Als kleine Hommage an die Heimat bietet das Café Eisbein an, allerdings in kleinen Stücken, damit man es mit Stäbchen essen kann. Auch eine weitere “typisch deutsche Spezialität” gibt es im Café, die in Wirklichkeit keine ist: Bier-Latte-Macchiato, die Erfindung eines chinesischen Mitarbeiters. Und so hat Sebastian Hahn auf Hainan zwei Dinge bereits sicher erreicht: Immer nur das Gleiche ist seine Arbeit nun nicht mehr. Und dem Berliner Winter ist er auch entkommen. Julia Fiedler
Michael Kruppe hat seinen Vertrag als CEO beim Messezentrum Shanghai New International Expo Centre (SNIEC) um weitere fünf Jahre bis 2028 verlängert.
Song Kai ist neuer Präsident des chinesischen Fußballverbandes CFA. Er war zuvor Chef der Sportbehörde der Provinz Liaoning. China hatte vor knapp einem Jahr eine Kampagne gegen die grassierende Korruption in der Fußballindustrie des Landes eingeleitet. Dabei verloren diverse Fußballfunktionäre ihre Posten.
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So schön kann Klimaschutz aussehen – zumindest aus der Vogelperspektive: Blick von ganz weit oben auf eine Fotovoltaik-Stromerzeugungsanlage in der südwestchinesischen Provinz Guizhou. Kein Land baut derzeit die Solarenergie so rasant aus wie China.
Wladimir Putin ist zum Jubiläumsgipfel der “Belt and Road”-Initiative (BRI) eingetroffen. Peking rollt dem “teuren Freund” – der als Kriegsverbrecher mit internationalem Haftbefehl gesucht wird – nicht nur buchstäblich den roten Teppich aus. Das liegt auch daran, weil die Gästebilanz des BRI-Forums nicht ganz so berauschend ist, erläutert Michael Radunski: Zwar reisen Regierungsvertreter aus 130 Staaten an – eine erst mal beeindruckende Zahl. Aber: kein G7-Regierungschef, und aus der EU nur Ungarns Orbán. Von den direkten Nachbarn fehlen Japan, Südkorea und Indien. Und viele südamerikanische und afrikanische Staaten haben dieses Mal lediglich Minister geschickt. All das stärkt die Leuchtkraft des russischen Ehrengasts.
Wie die Neue Seidenstraßen-Initiative derzeit ganz konkret performt, zeigen die Zahlen der aktuellen GTAI-Analyse. Deren Schwerpunkt hat sich im zweiten Quartal 2023 hin zu Chinas Nachbarn, insbesondere in Südostasien, verschoben. Wo sich derzeit die wichtigsten neuen BRI-Projekte finden und wie die Initiative in Europa läuft, hat Finn Mayer-Kuckuk ausgewertet.
Spannende neue Einsichten bei der Lektüre wünscht
Als Wladimir Putin am Dienstag auf Beijing Capital International Airport ankommt, liegt der rote Teppich schon bereit. Das ist bei Besuchen von Staats- und Regierungschefs eine formale Selbstverständlichkeit. Doch im Falle des russischen Präsidenten wirkt es aktuell dennoch befremdlich.
Denn für den Internationalen Strafgerichtshof ist Putin ein Kriegsverbrecher, der per Haftbefehl gesucht wird. Für Chinas Machthaber Xi Jinping hingegen ist er ein “teurer Freund”, mit dem er große Veränderungen in der Welt erreichen will. Zudem ist Putin dieser Tage der prominenteste Gast auf dem Gipfel der “Belt and Road”-Initiative (BRI) in Peking.
Das zweitägige BRI-Forum ist der größte internationale Gipfel, den die Volksrepublik seit dem Ende der strikten Null-Covid-Politik abhält. China will sich als Land präsentieren, das in vielen Staaten die wirtschaftliche Entwicklung aktiv vorbringt – stets zum Nutzen aller Beteiligten. China als selbstlose Alternative zu den egoistischen USA.
Es ist Putins erste Auslandsreise außerhalb von Ländern der ehemaligen Sowjetunion, seit er wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Dass er in China festgenommen wird, musste Putin nicht befürchten. Die Volksrepublik erkennt das Gericht in Den Haag nicht an, genauso wenig wie Russland.
Xi gibt seinem Freund Putin international Gesicht. “Die große Bühne in Peking ist ohne Zweifel eine gute Plattform für Putin”, sagt Alexander Gabujew, Direktor des renommierten Carnegie Russia Eurasia Center. Putin könne zeigen, dass er keineswegs international so isoliert ist, wie es so mancher Regierungschef im Westen gerne sehen würde.
Die schiere Zahl der Gäste in Peking ist tatsächlich beeindruckend. Regierungsvertreter aus rund 130 Staaten reisen zum zehnjährigen BRI-Jubiläum an. Doch ein genauer Blick auf die Gästeliste zeigt: keinen Regierungschef aus den G7-Staaten. Italien wird zum Jahresende gar aus der Initiative aussteigen. Aus der EU reist lediglich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán an, der sich prompt auch mit Putin traf. Auch aus Chinas Nachbarschaft fehlen wichtige Staaten wie Japan, Südkorea oder Indien.
Und selbst aus vielen südamerikanischen und afrikanischen Staaten nehmen dieses Mal lediglich Minister teil, statt wie früher die Staats- und Regierungschefs. Dafür werden die afghanischen Taliban dieses Mal in Peking dabei sein. Putin ist also der mit Abstand wichtigste Gast.
Die Prioritäten der Gästeliste laden zu deutlicher Kritik ein. “Es spricht Bände über den Zustand der Belt-and-Road-Initiative, wenn der Ehrengast Anführer eines schrecklichen Regimes ist, das in ein Nachbarland einmarschiert und es annektiert, das in der Ukraine Kriegsverbrechen begeht und permanent gegen die Grundsätze des UN-Sicherheitsrates und der UN-Charta verstößt”, urteilt der Russland-China-Kenner Gabujew.
Xi Jinping wird sich dennoch über die Anwesenheit seines “teuren Freundes” freuen, schließlich verleiht Putin dem BRI-Forum eine Art von internationalem Glanz. Trotz aller Kritik ist Putin noch immer der Präsident eines Landes mit permanentem Sitz und Vetorecht im UN-Sicherheitsrat, einer Atommacht mit Interessen und Einfluss auf der ganzen Welt.
Vor allem ist Putin voll des Lobes. In einem Interview mit dem chinesischen Staatsfernsehen CCTV kurz vor dem Gipfel rühmte Putin Chinas Partei- und Staatschef Xi in den höchsten Tönen. Unter Xi setze sich China für gemeinsame internationale Ziele ein und begreife, was in der Welt wichtig sei. Im von Xi initiierten BRI-Projekt erkenne man den Wunsch nach Zusammenarbeit, so Putin. Und das Beste: Bei all dem werde niemandem etwas aufgezwungen.
Putin stellte Xi und sich selbst als uneigennützige Streiter für eine multipolare Weltordnung dar – ganz im Gegensatz zu “Ländern mit schwerem kolonialen Erbe”. Gemeint sind damit die Staaten des Westens. Putin sieht Europa und die USA inzwischen klar als Gegner an, während China weiterhin eine gewisse Zusammenarbeit anstrebt, vor allem mit der EU.
Putin ist jedenfalls nun zum ersten Mal seit den Olympischen Winterspielen im Februar 2022 wieder in Peking. Damals verkündeten er und Xi der Welt ihre “grenzenlose Partnerschaft”. Wenige Tage später überfiel Putin mit zehntausenden Soldaten die Ukraine.
Dass Xi seinen Freund Putin auf dem BRI-Gipfel dennoch als Ehrengast präsentiert, sagt auch etwas über China aus. “Peking zeigt damit, dass man sich kein bisschen um eine regelbasierte Ordnung schert“, urteilt Gabujew. Vielmehr sei China bereit, sämtlichen Regimen der Welt eine Alternative zu bieten. Einzige Bedingung: Man muss sich zu einer freundlichen Haltung gegenüber China verpflichten. Putin zeigt dieser Tage, wie das geht.
Während der Belt-and-Road-Gipfel in Peking mit viel Pomp und hohem Besuch beginnt, zeichnen sich in der ökonomischen Realität des Projekts erneut Verschiebungen ab. Während in der ersten Jahreshälfte noch der arabische Raum im Fokus stand, haben die meisten neuen Projekte nun in Südostasien begonnen. “Die BRI rückt stärker an China selbst heran”, urteilt die Germany Trade & Invest (GTAI). Die GTAI analysiert laufend die Aktivitäten entlang der neuen Seidenstraße.
Mit 99 neuen Vorhaben haben die meisten neuen Projekte demnach in der Asean-Region des Verbunds südostasiatischer Staaten begonnen. Im Vorjahresvergleich ist das ein Zuwachs um gut die Hälfte. Auf den zweiten Platz kommt Zentralasien. Dort hat sich die Zahl der Projekte seit 2021 sogar versechsfacht.
Im Mittleren Osten sank dagegen die Zahl neuer Projekte um 43 Prozent. Mit dem Krieg zwischen Israel und der Hamas kann das allerdings noch nichts zu tun haben: Die Daten betreffen den Zeitraum Juli bis September, deutlich vor den Terror-Anschlägen in Israel.
Die wichtigsten neuen Seidenstraßen-Projekte begannen auf den Philippinen, in Indonesien, in Laos und in Malaysia. Die Art der Bauvorhaben entspricht sehr dem Ursprungsgedanken der BRI, grundlegende Infrastruktur zu finanzieren:
In Europa bleibt das BRI-Geschehen mit 27 Projekten vergleichsweise schwach, auch wenn hier eine leichte Erholung eingetreten ist. Beispielhaft für die Schwierigkeiten der chinesischen Investoren in der EU stehen die Probleme des Bahnprojekts von Belgrad nach Budapest. China hat die Finanzierung vorerst eingestellt.
Das rund zwei Milliarden Euro teure Vorhaben war vermutlich auch Thema der Gespräche zwischen Ungarns Premier Viktor Orbán am Rande des BRI-Gipfels in Peking.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Die Zahl der ausländischen Einkäufer auf Chinas wichtigster Exportmesse in Guangzhou, der Canton Fair, hat nach einem Bericht des Wirtschaftsmagazins Caixin fast wieder das Niveau erreicht, das es vor der Pandemie hatte. Demnach kamen schon am ersten Tag, dem Sonntag, mehr als 50.000 ausländische Geschäftsleute aus mehr als 200 Ländern auf die Messe und damit deutlich mehr als am Starttag der Frühjahresausgabe der Messe. Anmeldungen aus Europa und Nordamerika seien im Vergleich zur Messe im April um 8,6 Prozent gestiegen, schreibt Caixin unter Berufung auf einen Messesprecher. Die Anmeldungen aus den Ländern der “Belt and Road”-Initiative nahmen um 11,2 Prozent zu.
Die Canton Fair gilt als Barometer für den chinesischen Außenhandel. Vor der Pandemie zog sie in der Regel mehr als 200.000 Einkäufer aus der ganzen Welt an. Die Frühjahrsmesse, die nach drei Jahren virtueller Aktivitäten in diesem Jahr erstmals wieder vor Ort stattfand, besuchten laut dem Bericht immerhin 129.000 Einkäufer. Diese platzierten Aufträge im Wert von 21,7 Milliarden US-Dollar, verglichen mit 29,3 Milliarden Dollar zur Herbstmesse 2019. Chinas Außenhandel schwächelt seit der Pandemie, zeigte zuletzt aber erste Anzeichen für einen leichten Aufschwung. ck
Das Europaparlament fordert von Peking mehr Transparenz über die chinesische Hochseefischerei. Die chinesischen Behörden seien nicht offen in Bezug auf die Hochseefischerei-Flotte der Volksrepublik, kritisierten die EU-Abgeordneten am Dienstag in einer Resolution. Auch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) bestehe auf transparente Angaben zu den Flotten, betonten die EU-Parlamentarier. Schätzungen gingen von Zahlen von 2.900 bis zu 16.966 Schiffen aus, heißt es in dem Text. Chinas Hochseeflotte stelle eine “Bedrohung für die Lebensfähigkeit des europäischen Fischereisektors” dar.
Das EU-Parlament zeigte sich zudem besorgt, dass Teile des Südchinesischen Meeres, eines der am meisten befischten Meere der Welt, von China als “inländische Gewässer” betrachtet würden. So müssten Schiffe, die dort fischten, nicht zur Fernwasserflotte gezählt werden. “Das hat schwerwiegende wirtschaftliche und arbeitsrechtliche Auswirkungen auf die Unternehmen in der Branche und in der gesamten Lieferkette”, heißt es in der Resolution.
In einer Rede am Montag sagte der EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung, Johannes Hahn, dass die EU-Kommission eine Studie zu Billigflaggen in die Wege leiten werde. Dabei geht es um den Vorwurf an chinesische Fischereischiffe, unter nicht-chinesischen Flaggen zu fahren, um illegale Fischerei zu erleichtern. Die Intransparenz sowie Subventionen an die chinesische Fischereiindustrie würden “die Wettbewerbsfähigkeit des EU-Binnenmarkts erheblich untergraben”, so Hahn.
Chinas Fischerei war auch Thema in der Debatte zu einem Einfuhrverbot für Produkte aus Zwangsarbeit. Jüngst veröffentlichte Berichte legten nahe, dass beispielsweise Uiguren zu Arbeit auf chinesischen Fischereischiffen gezwungen werden. Am Montagabend stimmten die Abgeordnete der Ausschüsse für Außen- und Innenhandel im EU-Parlament nun für einen Entwurf, nach dem entsprechende Produkte an den EU-Grenzen aus dem Verkehr gezogen werden sollen.
“Zwangsarbeit ist eine schwere Menschenrechtsverletzung”, erklärte die niederländische Berichterstatterin im Parlament, Samira Rafaela, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Das Verbot sei unerlässlich, um gegen “moderne Sklaverei” in Lieferketten vorzugehen. Die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission sollen demnach Untersuchungen einleiten, wenn sie in der Lieferkette eines Produktes Zwangsarbeit vermuten. Bestätigt sich der Verdacht, sollen Waren an den EU-Grenzen beschlagnahmt und vom europäischen Markt zurückgezogen werden.
Die Kommission soll dem Parlamentsvorschlag zufolge eine Liste von Regionen und Wirtschaftsbereichen erstellen, in denen das Risiko für Zwangsarbeit besonders hoch ist. Kommt ein Produkt aus einer solchen Region, soll sich die Beweislast umkehren. Unternehmen müssten dann nachweisen, dass es in ihrer Lieferkette keine Zwangsarbeit gibt. Eine betroffene Region könnte etwa die chinesische Provinz Xinjiang sein. Das EU-Parlament muss noch über den Vorschlag abstimmen, bevor das EU-Parlament mit den anderen EU-Institutionen in Verhandlung treten kann. ari
Ein chinesischer Kampfjet hat einem kanadischen Patrouillenflugzeug den Weg abgeschnitten und anschließend Leuchtraketen in dessen Flugbahn abgeworfen. Der Zwischenfall ereignete sich nach kanadischen Angaben vor der Küste der Volksrepublik in internationalem Luftraum, wie Bloomberg am Dienstag berichtete. Chinesische Kampfflugzeuge flogen bis auf fünf Meter an das Flugzeug heran, in dem Journalisten des kanadischen Nachrichtensenders Global News saßen. “Sie wurden in einem Maße aggressiv, das wir als unsicher und unprofessionell ansehen”, sagte Generalmajor Iain Huddleston dem Sender.
Das kanadische Flugzeug war nach Angaben der Regierung in Ottawa Teil einer UN-Mission, welche die Einhaltung der Sanktionen gegen Nordkorea durchsetzen soll. Die Sanktionen sind wegen des nordkoreanischen Atomprogramms seit Jahren in Kraft. Die Missionen, an denen sich auch Japan, Frankreich und die USA beteiligen, zielen demnach darauf ab, Aktivitäten zur Umgehung von Sanktionen aufzuspüren, “insbesondere Schiff-zu-Schiff-Transfers von Treibstoff und anderen Gütern”. Die Operation ist also nicht gegen China gerichtet, das die meisten der Sanktionen mitträgt.
Der Vorfall verdeutlicht aber einmal mehr Chinas Frustration über westliche Militärflüge in der Nähe seiner Küste. Immer wieder kommt es deswegen zu gefährlichen Zwischenfällen. Im Mai wich ein chinesischer Kampfjet einem US-Aufklärungsflugzeug auf engem Raum aus, in einem laut Pentagon “unnötig aggressiven Manöver”. 2022 haben chinesische Kampfflugzeuge laut Bloomberg einmal kanadische Flugzeuge in der Region umkreist und einmal kleine Aluminiumteile vor australischen Flugzeugen abgeworfen. ck
In einem exklusiven Interview mit Sky News Australia hat die australische Journalistin Cheng Lei erstmals den Grund für ihre dreijährige Haft in einem chinesischen Gefängnis offengelegt: Demnach hatte sie die Sperrfrist für ein Briefing der chinesischen Regierung um nur wenige Minuten verletzt. “In China ist das eine große Sünde”, sagte Cheng. Im Interview äußerte sie sich nicht zu den Einzelheiten des von ihr veröffentlichten Briefing-Dokuments.
Cheng war im Sommer 2020 festgenommen und im April vergangenen Jahres in einem nicht-öffentlichen Gerichtsverfahren schuldig gesprochen worden. Man warf ihr vor, während ihrer Zeit als Moderatorin beim chinesischen TV-Auslandssender CGTN Staatsgeheimnisse ins Ausland weitergegeben zu haben. In dem TV-Interview am Dienstag sagte Cheng, ihr sei während ihrer sechsmonatigen Isolationshaft gesagt worden, sie habe die Autorität des Staates untergraben und durch ihre Handlungen “das Mutterland verletzt”. cyb
Bis zu seinem 32. Lebensjahr verlief der berufliche Weg von Sebastian Hahn geradlinig: Nach dem BWL-Studium an der Humboldt-Universität Berlin arbeitete er als Projektmanager im Logistik-Bereich. Das war fordernd und interessant, doch nach jedem abgeschlossenen Projekt ging es erneut von vorne los. Nach und nach beschlich Sebastian Hahn das Gefühl, immer nur das Gleiche zu tun.
Während des Studiums hatte der im Jahr 1982 geborene Berliner zwei Jahre in Russland, Belarus und der Ukraine verbracht und Russisch gelernt. Nun fragte er sich: Wieso lernen nur Schüler und Studenten Fremdsprachen und gehen ins Ausland? Seine Lust auf frische Ideen und ein weiteres Abenteuer wuchs. Vietnam, Brasilien, China – das Land war eigentlich egal, die Entscheidung für die Volksrepublik fiel willkürlich. Sebastian Hahn kündigte seinen Job und flog nach China, um ein Jahr lang die Sprache zu lernen. Nach einem kurzen Stopp in Berlin ging es gleich wieder zurück – dieses Mal auf die chinesische Tropeninsel Hainan, wo er noch ein Masterstudium absolvierte. Das Leben ohne Berliner Winter gefiel ihm, und er beschloss, zu bleiben.
Hainan hat rund zehn Millionen Einwohner; die Insel ist so groß wie Belgien und die Hauptinsel von Chinas gleichnamiger südlichster Provinz. Bis 1988 gehörte Hainan zur Provinz Guangdong und wurde im Zuge von Deng Xiaopings wirtschaftlichen Reformen eine eigenständige Provinz und Chinas größte Sonderwirtschaftszone. Viele Chinesen lieben an Hainan vor allem Sanya, den Touristenort auf der Südseite mit seinen weißen Sandstränden und der bunten Unterwasserwelt.
Die Inselhauptstadt Haikou liegt im Norden der Insel, hier betreibt Sebastian Hahn seit ein paar Jahren die kleine Sprachschule Hainan Mandarin Academy. Er bietet Chinesisch-Intensivkurse und ein kleines Kulturprogramm an. Zielgruppe sind vor allem Ausländer, die für ein paar Wochen nach Hainan kommen und Sprachunterricht mit einem Trip über die Insel verknüpfen.
Die Erinnerung an seine eigenen ersten Schritte mit der chinesischen Sprache ist bei Sebastian Hahn noch frisch. Die Lehrmaterialien, mit denen er selbst sich herumschlagen musste, empfand er als sperrig und viel zu wenig an seine eigenen Bedürfnisse angepasst. Ihm kam die Idee, eine Sprachschule zu gründen und es besser zu machen. Auch wenn das Konzept nicht gerade neu ist, hat Hahn im Gegensatz zu Sprachschulen in Peking oder Shanghai einen großen Vorteil: Touristen aus 59 Ländern, darunter aus Deutschland, können seit 2018 ohne Visum nach Hainan einreisen und bis zu 30 Tage bleiben.
Die besondere Visaregelung ist eine von vielen Maßnahmen der chinesischen Regierung, die Hainan nicht nur als Tourismus-Hotspot, sondern auch als Wirtschaftsstandort attraktiv machen will. Bisher war die Inselprovinz stark vom landwirtschaftlichen Sektor geprägt. Hier wachsen Kokos und Pfeffer, auch die Fischerei spielt eine tragende Rolle. Doch die Ambitionen für Hainan sind groß: Die Insel soll massiv ausländische Direktinvestitionen anziehen und als Teil der Seidenstraßen-Initiative Chinas Handel boosten. Bis Ende 2025 soll eine separate Zollzone eingerichtet sein, bis 2050 Hainan der weltgrößte Freihandelshafen werden.
So lockt die Insel mit vorteilhaften Bedingungen, etwa auch einem reduzierten Unternehmenssteuersatz. Als Standort ist Hainan in Deutschland trotzdem noch nicht so bekannt wie Guangzhou, Shanghai oder Peking. Hier sieht Sebastian Hahn eine Chance – er möchte in diesem Gefüge selbst eine Rolle spielen.
Neben der Sprachschule betreibt er also mit einem chinesischen Partner seit 2019 den Business Association of South China in Europe e.V. Mit ihren Kontakten und Standortkenntnissen wollen die beiden kleine und mittelständische deutsche Unternehmen davon überzeugen, auf die Insel zu kommen. Sebastian Hahn erzählt von einigen erfolgreichen Projekten im Medizin-Bereich. Ärzte aus Deutschland haben sie an Kliniken in Hainan vermittelt, um Weiterbildungen für medizinisches Personal zum Thema Reha von Kindern und Jugendlichen durchzuführen, dort gibt es einen großen Bedarf. Es wurde aber auch ein Austausch in die andere Richtung organisiert – Ärzte aus Hainan gingen für Lehrgänge an die Berliner Charité. Für Kliniken auf der Insel haben die beiden den Import medizinischer Geräte wie Röntgengeräte und Computertomografen organisiert. Und bald soll auch traditionelle chinesische Medizin eine Rolle spielen.
Dass die Stimmung in Deutschland gegenüber Investitionen in China skeptischer geworden ist, sieht Sebastian Hahn für seine eigenen Pläne nicht als problematisch an. Für den Fall, dass es nicht so gut laufen sollte, hat er aber noch ein weiteres Standbein.
Neben Sprachschule und Business Association betreibt er gemeinsam mit seiner Freundin ein eigenes Café, bald eröffnen sie ein zweites. Als kleine Hommage an die Heimat bietet das Café Eisbein an, allerdings in kleinen Stücken, damit man es mit Stäbchen essen kann. Auch eine weitere “typisch deutsche Spezialität” gibt es im Café, die in Wirklichkeit keine ist: Bier-Latte-Macchiato, die Erfindung eines chinesischen Mitarbeiters. Und so hat Sebastian Hahn auf Hainan zwei Dinge bereits sicher erreicht: Immer nur das Gleiche ist seine Arbeit nun nicht mehr. Und dem Berliner Winter ist er auch entkommen. Julia Fiedler
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