Xi bei Putin: Vereint gegen den Westen
Mutiger Taiwan-Besuch der Ministerin
Sinolytics.Radar: Neuausrichtung der Forschungsstrategie
RWE: US-Sanktionen gefährden Energiewende
Peking fördert noch stärker heimische Chip-Industrie
Chinesischer Botschafter warnt Niederlande
Auch Niederlande schließen sich Tiktok-Verbot an
Heads: Philosoph Ole Döring über Forschungsfreiheit in China
schlimmer können die Bilder aus westlicher und vor allem auch ukrainischer Sicht nicht sein. Xi und Putin, offenbar glücklich und vereint, schwören sich “ewige Freundschaft”. Die Stimmung ist: gemeinsam gegen den Westen. Dieses Sentiment eint die einstigen Rivalen. Eine Blockbildung bahnt sich mit diesen Bildern aus Moskau an, die die Welt spalten wird, wie wir es seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht erlebt haben.
Noch ließe sich eine solche Blockbildung noch verhindern. Viele in Peking wissen, dass die globale Spaltung dem Exportweltmeister China schwer schaden würde. Umso wichtiger ist es, dass auch der Westen mit Xi redet, allen voran die USA. Nicht nur zum Wohle der Ukrainer, sondern der ganzen Welt.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger bezeichnet ihren Besuch in Taiwan zwar als reinen Fachbesuch. Dass Peking empört ist, dürfte auch sie nicht überraschen – haben sie und ihre FDP diese Empörung bewusst in Kauf genommen. Pekings Protestnote ließ denn auch nicht lange auf sich warten.
Berechtigt ist Pekings Protestschreiben aber noch lange nicht. Im Gegenteil: Der Besuch der Ministerin ist gut und richtig. Denn sie bewegt sich ganz im Rahmen der von Deutschland anerkannten Ein-China-Politik, die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Austausch mit Taiwan ausdrücklich zulässt. Es ist die Führung in Peking, die die Grenzen stetig verschoben hat. Davon sollte sich in Berlin niemand einschüchtern lassen.
Wer darauf gehofft hatte, Xi Jinping könnte bei seinem Besuch in Moskau etwas von Wladimir Putin abrücken oder gar den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine kritisieren, wurde auch am zweiten Tag des Staatsbesuchs enttäuscht. Stattdessen war es Putin, der nach Gesprächen mit Xi Kritik übte – und zwar an der Ukraine. Der russische Staatschef beklagte die mangelnde Bereitschaft der Ukraine und des Westens, auf Chinas “Friedensplan” einzugehen. Die im Februar von Peking vorgelegten 12-Punkte könnten durchaus als “Grundlage einer friedlichen Lösung dienen, wenn Kiew und der Westen dazu bereit sind”, erklärte Putin.
Xi bekräftige seinerseits, China sei “immer für Frieden und Dialog”, fördere eine “friedliche Beilegung der Kämpfe in der Ukraine” und lasse sich dabei “von den Grundsätzen der Vereinten Nationen leiten”. Als Erfolg muss man festhalten, dass Xi und Putin sich in einer gemeinsamen Erklärung festhielten, dass ein Atomkrieg “niemals entfesselt” werden dürfe. In einer nuklearen Auseinandersetzung könne es “keine Sieger” geben.
Ansonsten arbeiteten die beiden Staatsführer am Dienstag intensiv daran, ihre “grenzenlose Freundschaft” politisch zu festigen und wirtschaftlich weiter auszubauen. Politisch wird abermals deutlich, wie sehr Xi und Putin auf einer Wellenlänge liegen. Wirtschaftlich fällt auf, wie kühl China seinen wachsenden Einfluss auf Russland monetarisiert – durch enorme Rabatte, durch steigende Rohstofflieferungen oder schlicht durch harte Devisen.
Auch beim Treffen von Xi Jinping mit Russlands Ministerpräsidenten Michail Mischustin stand die Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Vordergrund. Dabei bezifferte Mischustin den Wert bilateraler Investitionsprojekte auf mehr als 154 Milliarden Euro.
Wie wichtig China schon jetzt für Russlands Wirtschaft ist, zeigt ein Blick ins vergangene Jahr: 2022 entfielen fast 30 Prozent der russischen Exporte und 40 Prozent der Importe auf China. Da der Westen seine Abhängigkeit von russischen Bodenschätzen schnell abbaut, wird diese Abhängigkeit weiter zunehmen. Ebenfalls wichtig: Putin zufolge werden schon zwei Drittel des bilateralen Handels in russischem Rubel und chinesischen Yuan abgewickelt, da der Westen Russlands Zugang zu Dollar und Euro sanktioniert. Zukünftig werde man Yuan auch im Handel mit Ländern in Asien, Afrika und Südamerika bevorzugen, kündigte Putin am Dienstag an.
Passend dazu meldete am Dienstag der russische Energieriese Gazprom einen Rekord bei den täglichen Gaslieferungen nach China über die Pipeline “Kraft Sibiriens”. Zu Wochenbeginn habe Chinas Nachfrage nach russischen Gaslieferungen die bestehenden täglichen vertraglichen Verpflichtungen erheblich überstiegen, erklärte der Konzern. Man habe die angeforderten Mengen geliefert und damit einen neuen historischen Rekord für tägliche Gaslieferungen nach China aufgestellt. Angaben über das konkrete Volumen der Lieferung machte Gazprom allerdings nicht.
Schon im vergangenen Jahr hatten die Gaslieferungen durch die “Kraft Sibiriens” nach China mit 15,5 Milliarden Kubikmetern Gas einen Höchststand erreicht. Bis 2025 will Moskau seine Exporte über diesen Weg um das 2,5-fache auf 38 Milliarden Kubikmeter pro Jahr steigern. Wladimir Putin bezeichnete die Gasleitung unlängst als “Geschäft des Jahrhunderts”. Am Montag hatte der chinesische Zoll bekannt gegeben, dass Russland in diesem Jahr Saudi-Arabien als Chinas wichtigsten Öllieferanten überholt hat. Und Putin erklärte am Dienstag eilig, selbstverständlich werde sein Land auch in Zukunft den wachsenden Energiebedarf Chinas befriedigen können. Dass Xi dabei immer auf satte Preisnachlässe pocht, wurden allerdings nicht explizit thematisiert.
Schon am Montag hatte Xi deutlich gemacht, wie wichtig ihm die Beziehungen zu Russland sind:
“Die Konsolidierung und Entwicklung der chinesisch-russischen Beziehungen ist eine strategische Entscheidung, die China auf der Grundlage seiner eigenen grundlegenden Interessen und der vorherrschenden Trends in der Welt getroffen hat.”
把中俄关系巩固好、发展好,是中方基于自身根本利益和世界发展大势作出的战略抉择。
Am Dienstag legten Xi und Putin nach und machten deutlich, wie eng ihre beiden Länder zueinanderstehen – auch in Zukunft. So lud Xi seinen “alten Freund” Putin und dessen Ministerpräsidenten Mischustin zum Gegenbesuch nach Peking ein. Putin solle doch so bald wie möglich nach China kommen, auf jeden Fall noch in diesem Jahr.
Und dass, obwohl gegen den Kremlchef seit vergangener Woche ein internationaler Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine besteht. Doch weder China noch Russland erkennen die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs nicht an – ebenso wenig wie die USA. Würde Putin hingegen nach Deutschland reisen, müsste er fürchten, festgenommen zu werden.
“Wenn überhaupt, dann erhöht der Haftbefehl gegen Putin nur den Einfluss von China auf Russland. Xi Jinping ist es nicht peinlich, Putin zu treffen. Durch den Haftbefehl rutscht Xis lieber Freund im Kreml nur noch tiefer in Xis Tasche”, urteilt Alexander Gabuev von der Carnegie Stiftung für Internationalen Frieden.
Wie weit die beiden in ihrer Zusammenarbeit vorausblicken, wurde in einer anderen Episode des Besuchs deutlich. So sicherte Xi Jinping zu, Putins Kandidatur bei der russischen Präsidentenwahl 2024 zu unterstützen. Xi sagte: “Unter Ihrer starken Führung hat Russland große Fortschritte in seiner prosperierenden Entwicklung gemacht. Ich bin zuversichtlich, dass das russische Volk Sie weiterhin fest unterstützen wird.” Pikant: Putin hat offiziell noch gar nicht angekündigt, bei der Wahl im kommenden Jahr überhaupt antreten zu wollen.
Für Xi ist das offenbar eine Selbstverständlichkeit. Schließlich hat er selbst unlängst die Begrenzung der Amtszeiten für chinesische Präsidenten aufgehoben und wurde vor kurzem für eine dritte Amtszeit bestätigt. Auch hier passen Xi und Putin bestens zusammen. Beide sind überzeugt, die besten Anführer ihres jeweiligen Landes zu sein. Russland-Experte Gabuev verweist auf “Chinas bemerkenswerte Fähigkeit, das russische Ego zu massieren und Putin ein öffentliches Gesicht zu geben, auch durch den Staatsbesuch von Xi.”
So bleibt am Ende des zweiten Tages von Xis Besuch in Moskau festzuhalten: China und Russland stehen weiter geeint gegen den Westen. Für Xis politische Unterstützung nimmt Putin eine noch stärkere wirtschaftliche Abhängigkeit in Kauf.
Offizielle Reisen nach Taiwan sind immer etwas Hochpolitisches. Das muss auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) feststellen. Zwar bezeichnete die Ministerin ihren am Montag begonnenen Aufenthalt auf der demokratisch regierten Insel als reinen “Fachbesuch”. Doch China sieht die Visite des ersten deutschen Regierungsmitglieds seit 1997 als Affront – und vermutlich auch als politisches Statement.
Denn Stark-Watzinger reiht sich ein in einen stetigen Strom ausländischer Delegationen nach Taipeh – die allerdings bisher meist aus Parlamentariern bestehen und vor allem anreisen, um Taiwan der Unterstützung ihrer Regierungen zu versichern. Abgeordnete der drei baltischen Staaten waren in den letzten Monaten da, ebenso wie eine FDP-Bundestagsdelegation um die Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Und, sozusagen als Mutter aller Affronts, im August 2022 die damalige Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi.
Das Außenministerium in Peking erklärte nun, man lehne den “böswilligen” Besuch der Ministerin entschieden ab. China habe Protest eingelegt, sagte Sprecher Wang Wenbin am Dienstag. Deutschland solle “sofort” seine Zusammenarbeit mit den “separatistischen Kräften” in Taiwan beenden.
Stark-Watzinger sagte dazu nur: “Die Chinastrategie der Bundesregierung ist unverändert.” Ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin hatte schon am Freitag darauf hingewiesen, dass Deutschland “unterhalb der Schwelle der völkerrechtlichen Anerkennung” enge und gute Beziehungen zu Taiwan unterhalte. Regelmäßiger Austausch und auch ein gegenseitiger Besuch von zuständigen Ministern sei dabei “völlig normal” – und auch im Einklang mit der von Peking geforderten Ein-China-Politik.
Stark-Watzinger betont ohnehin, sie sei “nicht aus Gründen geopolitischer Natur” in Taiwan, sondern für “Forschung und Innovation”. Am Dienstag unterzeichnete sie mit ihrem Amtskollegen Wu Tsung-tsong ein Wissenschafts- und Technologie-Abkommen. Dieses stehe für “den Ausbau der Zusammenarbeit auf der Basis demokratischer Werte wie Transparenz, Offenheit, Reziprozität und Wissenschaftsfreiheit”, sagte Stark-Watzinger am Dienstag in Taipeh. Es öffne ein “neues Kapitel im Bereich Forschung und Innovation” in den Beziehungen zu Taiwan.
Stark-Watzinger wollte noch mit Digitalministerin Audrey Tang zusammenkommen. Für den heutigen Mittwoch stehen dann noch der Besuch einer Schule sowie ein Gespräch mit Bildungsminister Pan Wen Chung auf dem Programm, sowie eine Pressekonferenz.
Die FDP verteidigte die Reise ihrer Ministerin gegenüber kritischen Stimmen in der deutschen Politik, die ihre Visite als unnötige Provokation Chinas ansehen, etwa aus der SPD-Fraktion. Eine engere Kooperation in den Bereichen Bildung, Forschung und Technologie mit Taiwan sei sehr sinnvoll, twitterte FDP-Fraktionschef Christian Dürr.
Dass das technologisch innovative Taiwan für konkrete Projekte ein attraktiver Partner ist, steht außer Frage. “Für die Bewältigung großer Herausforderungen wie der Klimakrise, für die Sicherung deutscher und europäischer technologischer Souveränität sowie den Ausbau unserer Innovationsökosysteme ist eine engere Kooperation mit Taiwan in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Forschung und Digitalisierung sehr sinnvoll”, kommentiert Kai Gehring, Vorsitzender des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, gegenüber Table.Media. “Im Rahmen der deutschen Ein-China-Politik gilt es, die wissenschaftliche, innovations- und technologiepolitische Zusammenarbeit zwischen Berlin und Taipeh zum Nutzen beider Seiten intensiv fortzusetzen und ihre weitere Vertiefung auszuloten”, so der Grünen-Politiker.
Trotzdem bleibt die Frage: Kann ein Besuch in Taiwan überhaupt völlig unpolitischer Natur sein? Die Geopolitik spielt ja schon mit, wenn jemand nur die Worte “Chips” und “Taiwan” in einem Satz verwendet. Dabei geht es nicht einmal nur darum, Peking die Stirn zu bieten, sondern auch um Einfluss in Taipeh.
“Natürlich besucht eine deutsche Ministerin Taiwan nicht zufällig. Es ist klar, dass der Besuch darauf abzielt, die Räder im Hinblick auf den Zugang Deutschlands zu Chips zu schmieren”, kommentiert etwa Chang Meng-jen, Koordinator für Diplomatie und internationale Beziehungen an der Fu Jen Catholic University, in der DPP-nahen Zeitung Taipei Times ihre Reise – mit Blick auf Taiwans Halbleiter-Giganten TSMC, der den Bau einer Fabrik in Dresden erwägt, aber auch von Singapur umworben wird.
Auffällig ist das Interesse speziell der FDP für Taiwan: Schon der 1997 als letztes Kabinettsmitglied nach Taiwan gereiste damalige Wirtschaftsminister Günter Rexrodt, war ein Freidemokrat. Und Tsai Ing-wens DPP gehört ebenso wie die FDP selbst der Liberalen Internationalen an, es gibt also auch eine gewisse parteipolitische Loyalität. Die FDP hat sich ebenso wie die Grünen zudem schon länger für eine härtere Linie Berlins gegenüber der Volksrepublik starkgemacht.
Und so nannte der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Müller-Rosentritt – der als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Januar selbst mit Strack-Zimmermann in Taiwan gewesen war – Stark-Watzingers Reise ein “starkes Signal dem Rest der Welt gegenüber”. Das klingt nicht nach reinem Fachbesuch.
Müller-Rosentritt hatte sich schon kurz nach seiner Reise beeindruckt gezeigt von Resilienz und Vitalität der Taiwaner angesichts der Bedrohung durch Peking. Taiwan müsse täglich hundertfach Cyber-Attacken und Desinformationskampagnen der Kommunistischen Partei Chinas abwehren, sagte er damals im Gespräch mit Table.Media. “An dieser Stelle kann Deutschland viel von Taiwan lernen, in dem es durch eine verstärkte Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden von den Erfahrungen, wie Cyber-Attacken abgewehrt werden, profitiert.” Auch auf diesem Gebiet vermischen sich Technologiefortschritt, Zusammenarbeit und große Geopolitik. Mitarbeit: Tim Gabel
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Der deutsche Energieversorger RWE hat davor gewarnt, dass ein US-Importverbot für die chinesische Region Xinjiang die europäischen Pläne zum Aufbau einer grünen Energieinfrastruktur “erheblich behindern” könnte. Der Import von Solarmodulen aus Asien unterliege nun “strengen Kontrollen”, seit Washington 2022 ein Verbot aller Importe aus Xinjiang (Uyghur Forced Labour Prevention Act, kurz UFLPA) erlassen habe, schreibt der Konzern in seinem Jahresbericht. “Wenn die USA die Beschaffung von Solarmodulen weiter behindern, ist es möglich, dass unsere Fotovoltaik-Ausbauinitiativen in Verzug geraten.”
Das Unternehmen will sich aber dennoch nicht als Gegner des US-Importverbots verstanden wissen. RWE trete nicht dafür ein, dass UFLPA aufgeweicht werde, betonte der Vorstandsvorsitzende Markus Krebber nach einem Bericht der Financial Times. Mark Noyes, Leiter der in den USA ansässigen Clean Energy Division von RWE, fügte demnach hinzu: “Diese Kontrollen sind entscheidend, um sicherzustellen, dass das, was in die USA oder an irgendein anderes Land gelangt, unter ethischen Bedingungen hergestellt und bezogen wird.” Die Lösung besteht laut Vorstandschef Krebber vielmehr darin, die Solar-Lieferketten in den USA und Europa zu stärken. ari
China erleichtert zur Abfederung der Folgen des US-Chipembargos der heimischen Halbleiter-Industrie den Zugang zu Subventionen. Die bisherige Verknüpfung mit dem Erfüllen bestimmter Ziele entfalle, schreibt die Financial Times. Außerdem wolle man die Firmen stärker in staatlich finanzierte Forschungsprojekte einbinden. Zu den Nutznießern gehörten Chip-Produzenten wie SMIC und Hua Hong, der Elektronik-Konzern Huawei sowie Chip-Zulieferer wie Naura oder Advanced Micro-Fabrication Equipment, schrieb das Blatt unter Berufung auf Insider.
Früheren Reuters-Informationen zufolge pumpt die Volksrepublik umgerechnet 136 Milliarden Dollar in den eigenen Halbleiter-Sektor. Das Geld solle zur Modernisierung der Industrie sowie für Forschung und Entwicklung genutzt werden. rtr
Chinas Botschafter in den Niederlanden hat vor einer Verschlechterung der bilateralen Beziehungen gewarnt, falls das EU-Land das geplante Export-Verbot für den Halbleiter-Maschinenhersteller ASML umsetzen sollte. Die Niederlande würden so ihre Führung in der Chiptechnologie aufs Spiel setzen, indem sie sich selbst vom größten Markt der Welt abschneiden, sagte der chinesische Botschafter Tan Jian laut dem Financieele Dagblad. Solche Beschränkungen bei der Ausfuhr wären “schlecht für China, schlecht für die Niederlande und den Welthandel – und werden sich negativ auf unsere Beziehungen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit auswirken”, sagte Tan. “Das wird nicht ohne Folgen bleiben. Ich werde nicht über Gegenmaßnahmen spekulieren, aber China wird das nicht auf die leichte Schulter nehmen.”
Anfang März hatte Außenhandelsministerin Liesje Schreinemacher angekündigt, dass die Niederlande den Verkauf von ASML- und ASMI-Maschinen, die fortschrittliche Chips herstellen, weiter einschränken würden. Die Niederlande wollten damit “verhindern, dass niederländische Waren zu unerwünschten Endverwendungen wie dem Militäreinsatz oder in Massenvernichtungswaffen beitragen”, erklärte sie. Die Niederlande würden damit den Chip-Sanktionen der Vereinigten Staaten folgen.
Laut Tan würde der Boykott die internationalen Handelsregeln und die Spitzenposition von ASML in der globalen Technologie untergraben. “Sie sind ein kleines Land, und Sie waren immer der Fahnenträger für den Freihandel. Sie behalten Ihren Vorsprung, indem Sie nach China verkaufen und den Erlös reinvestieren”, sagte der Diplomat in Richtung Den Haag. Wenn China die ASML-Maschinen nicht kaufen könne, werde die Volksrepublik keine andere Wahl haben, als ihre eigenen zu bauen. ari
Nun auch die Niederlande: Nachdem die USA, Großbritannien, Belgien und die EU ihre Regierungsbeamte angewiesen hat, Tiktok von ihren Diensthandys zu verbannen, schließt sich auch die niederländische Regierung diesem Schritt an. Beamte müssten die umstrittene Kurzvideo-App der Online-Plattform auf allen mobilen Apparaten sofort löschen.
Es gebe ein erhöhtes Spionagerisiko, begründete die zuständige Staatssekretärin Alexandra van Huffelen die Anordnung. Über Tiktok könnten Daten der Nutzer in die Hände des chinesischen Staates gelangen. flee
“Philosophie interessiert in Deutschland kaum jemanden”, sagt Ole Döring. In China hingegen ziehe sich eine Hochachtung für das Fach durch alle Gesellschaftsschichten. Döring ist seit zwei Jahren Professor für Komparative Kulturstudien an der Shifan Universität in Changsha, in der Provinz Hunan. Er wirbt dafür, “dass mehr Deutsche nach China kommen, einfach um hier zu studieren, um die Freiheiten zu erleben, die man hier in der Forschung hat, gerade als Ausländer”.
Schon früh interessiert sich Döring für klassische chinesische Philosophie – zunächst studiert er an der Universität in Tübingen, später in Göttingen. Schließlich verschlägt es ihn an das damals noch existierende Hamburger Institut für Asienkunde. Dieses habe ihm die Möglichkeit eröffnet, “eine ganz eigene Forschungslinie aufzubauen”, berichtet der Wissenschaftler, der sich unter anderem mit Fragen zum Umgang mit Sterben und lebensverlängernden Maßnahmen beschäftigt. Vor allem aber auch mit Fragen der Eugenik, wie beispielsweise: “Was ist der Mensch? Was darf man mit dem Menschen (nicht) machen? Und was passiert, wenn wir irgendwas tun mit den Menschen durch Medizin, durch Biotechnik?”
Ein Forschungsauftrag führt Döring nach China. Er entwickelte ein interdisziplinäres und internationales Format, bei dem er ganz unterschiedliche Gruppen zusammenbringt, darunter Ärzte, Grundlagenforscher, Gesetzgeber, Menschenrechtsaktivisten und Patienten. Eine zentrale Erkenntnis, die er aus diesem Projekt gewinnt: “Wir haben keinerlei Anlass davon auszugehen, dass in China von den moralisch-ethischen Grundannahmen her irgendein gravierender Unterschied besteht zu dem, was wir in Deutschland und Europa denken.”
Worin China sich allerdings deutlich unterscheidet, sei die Art und Weise, wie Recht geformt und implementiert wird. Was bereits als Norm gelte, gebe es nicht immer auch in Gesetzesform. Dieser Unterschied lasse sich kulturell, aber auch historisch erklären, berichtet Döring. Schließlich habe China “erst vor wenigen Jahren angefangen, seinen Rechtstaat zu erfinden, und das mit deutscher Hilfe”. Die Chinesen hätten sehr früh gemerkt, dass gerade das deutsche Grundgesetz und auch die deutsche Erfahrung im Umgang mit diesen Fragen ihnen sehr nahekommen.
Zurück zur Philosophie: In China beziehungsweise Südostasien haben sich die Menschen schon sehr früh – im fünften Jahrhundert vor der christlichen Zeitrechnung – entscheidende ethisch-philosophische Fragen gestellt, die noch heute sehr wertvoll sind, wie der Professor betont. “Da ist ein Schatz von Wissen entstanden, von dem wir kaum etwas wahrnehmen. Auch die Chinesen haben nur das Kanonisierte davon im Blick.” Dieser “Menschheitsschatz”, wie er sagt, gehöre endlich gehoben und wissenschaftlich aufgearbeitet.
Ein zentrales Anliegen, nicht nur auf dem Gebiet der Ethik, aber besonders hier, ist für Döring die Verständigung zwischen den Kulturen: “Es ist entscheidend, dass der Prozess des gegenseitigen Kennenlernens und Verstehens vollzogen wird”, erklärt er. Vordergründig sei nicht die Frage, wer Recht habe, sondern vielmehr die Frage: “Wer bist du, wer bin ich?” Dabei spielt insbesondere das Klären von Begriffen eine wichtige Rolle, um abzustecken, worüber genau man sich gerade unterhält. Entsprechendes versucht der habilitierte Philosoph auch seinen Studenten mit auf den Weg zu geben. Juliane Scholübbers
Felix van Aerssen ist seit Beginn des Monats Coordinator für 2.0L TFSI Engine Development bei Volkswagen in Dalian. Er war zuvor Development Engineer bei der Audi AG in Ingolstadt.
Qi Mei ist neue Botschafterin der Volksrepublik China in der Republik Österreich. Sie folgt Li Xiaosi nach.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Es ist Teezeit in der südchinesischen Region Changning, Provinz Hunan. Oder genau genommen: Dort hat die Erntezeit begonnen. Die Teepflückenden haben nur wenige Tage Zeit, die frischen Blätter von den Sträuchern zu zupfen und sie in großen Gefäßen nach einem festgelegten Rührverfahren anzubraten. Erst das verschafft dem in China berühmten Tee aus Changning das besondere Aroma.
Xi bei Putin: Vereint gegen den Westen
Mutiger Taiwan-Besuch der Ministerin
Sinolytics.Radar: Neuausrichtung der Forschungsstrategie
RWE: US-Sanktionen gefährden Energiewende
Peking fördert noch stärker heimische Chip-Industrie
Chinesischer Botschafter warnt Niederlande
Auch Niederlande schließen sich Tiktok-Verbot an
Heads: Philosoph Ole Döring über Forschungsfreiheit in China
schlimmer können die Bilder aus westlicher und vor allem auch ukrainischer Sicht nicht sein. Xi und Putin, offenbar glücklich und vereint, schwören sich “ewige Freundschaft”. Die Stimmung ist: gemeinsam gegen den Westen. Dieses Sentiment eint die einstigen Rivalen. Eine Blockbildung bahnt sich mit diesen Bildern aus Moskau an, die die Welt spalten wird, wie wir es seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht erlebt haben.
Noch ließe sich eine solche Blockbildung noch verhindern. Viele in Peking wissen, dass die globale Spaltung dem Exportweltmeister China schwer schaden würde. Umso wichtiger ist es, dass auch der Westen mit Xi redet, allen voran die USA. Nicht nur zum Wohle der Ukrainer, sondern der ganzen Welt.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger bezeichnet ihren Besuch in Taiwan zwar als reinen Fachbesuch. Dass Peking empört ist, dürfte auch sie nicht überraschen – haben sie und ihre FDP diese Empörung bewusst in Kauf genommen. Pekings Protestnote ließ denn auch nicht lange auf sich warten.
Berechtigt ist Pekings Protestschreiben aber noch lange nicht. Im Gegenteil: Der Besuch der Ministerin ist gut und richtig. Denn sie bewegt sich ganz im Rahmen der von Deutschland anerkannten Ein-China-Politik, die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Austausch mit Taiwan ausdrücklich zulässt. Es ist die Führung in Peking, die die Grenzen stetig verschoben hat. Davon sollte sich in Berlin niemand einschüchtern lassen.
Wer darauf gehofft hatte, Xi Jinping könnte bei seinem Besuch in Moskau etwas von Wladimir Putin abrücken oder gar den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine kritisieren, wurde auch am zweiten Tag des Staatsbesuchs enttäuscht. Stattdessen war es Putin, der nach Gesprächen mit Xi Kritik übte – und zwar an der Ukraine. Der russische Staatschef beklagte die mangelnde Bereitschaft der Ukraine und des Westens, auf Chinas “Friedensplan” einzugehen. Die im Februar von Peking vorgelegten 12-Punkte könnten durchaus als “Grundlage einer friedlichen Lösung dienen, wenn Kiew und der Westen dazu bereit sind”, erklärte Putin.
Xi bekräftige seinerseits, China sei “immer für Frieden und Dialog”, fördere eine “friedliche Beilegung der Kämpfe in der Ukraine” und lasse sich dabei “von den Grundsätzen der Vereinten Nationen leiten”. Als Erfolg muss man festhalten, dass Xi und Putin sich in einer gemeinsamen Erklärung festhielten, dass ein Atomkrieg “niemals entfesselt” werden dürfe. In einer nuklearen Auseinandersetzung könne es “keine Sieger” geben.
Ansonsten arbeiteten die beiden Staatsführer am Dienstag intensiv daran, ihre “grenzenlose Freundschaft” politisch zu festigen und wirtschaftlich weiter auszubauen. Politisch wird abermals deutlich, wie sehr Xi und Putin auf einer Wellenlänge liegen. Wirtschaftlich fällt auf, wie kühl China seinen wachsenden Einfluss auf Russland monetarisiert – durch enorme Rabatte, durch steigende Rohstofflieferungen oder schlicht durch harte Devisen.
Auch beim Treffen von Xi Jinping mit Russlands Ministerpräsidenten Michail Mischustin stand die Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Vordergrund. Dabei bezifferte Mischustin den Wert bilateraler Investitionsprojekte auf mehr als 154 Milliarden Euro.
Wie wichtig China schon jetzt für Russlands Wirtschaft ist, zeigt ein Blick ins vergangene Jahr: 2022 entfielen fast 30 Prozent der russischen Exporte und 40 Prozent der Importe auf China. Da der Westen seine Abhängigkeit von russischen Bodenschätzen schnell abbaut, wird diese Abhängigkeit weiter zunehmen. Ebenfalls wichtig: Putin zufolge werden schon zwei Drittel des bilateralen Handels in russischem Rubel und chinesischen Yuan abgewickelt, da der Westen Russlands Zugang zu Dollar und Euro sanktioniert. Zukünftig werde man Yuan auch im Handel mit Ländern in Asien, Afrika und Südamerika bevorzugen, kündigte Putin am Dienstag an.
Passend dazu meldete am Dienstag der russische Energieriese Gazprom einen Rekord bei den täglichen Gaslieferungen nach China über die Pipeline “Kraft Sibiriens”. Zu Wochenbeginn habe Chinas Nachfrage nach russischen Gaslieferungen die bestehenden täglichen vertraglichen Verpflichtungen erheblich überstiegen, erklärte der Konzern. Man habe die angeforderten Mengen geliefert und damit einen neuen historischen Rekord für tägliche Gaslieferungen nach China aufgestellt. Angaben über das konkrete Volumen der Lieferung machte Gazprom allerdings nicht.
Schon im vergangenen Jahr hatten die Gaslieferungen durch die “Kraft Sibiriens” nach China mit 15,5 Milliarden Kubikmetern Gas einen Höchststand erreicht. Bis 2025 will Moskau seine Exporte über diesen Weg um das 2,5-fache auf 38 Milliarden Kubikmeter pro Jahr steigern. Wladimir Putin bezeichnete die Gasleitung unlängst als “Geschäft des Jahrhunderts”. Am Montag hatte der chinesische Zoll bekannt gegeben, dass Russland in diesem Jahr Saudi-Arabien als Chinas wichtigsten Öllieferanten überholt hat. Und Putin erklärte am Dienstag eilig, selbstverständlich werde sein Land auch in Zukunft den wachsenden Energiebedarf Chinas befriedigen können. Dass Xi dabei immer auf satte Preisnachlässe pocht, wurden allerdings nicht explizit thematisiert.
Schon am Montag hatte Xi deutlich gemacht, wie wichtig ihm die Beziehungen zu Russland sind:
“Die Konsolidierung und Entwicklung der chinesisch-russischen Beziehungen ist eine strategische Entscheidung, die China auf der Grundlage seiner eigenen grundlegenden Interessen und der vorherrschenden Trends in der Welt getroffen hat.”
把中俄关系巩固好、发展好,是中方基于自身根本利益和世界发展大势作出的战略抉择。
Am Dienstag legten Xi und Putin nach und machten deutlich, wie eng ihre beiden Länder zueinanderstehen – auch in Zukunft. So lud Xi seinen “alten Freund” Putin und dessen Ministerpräsidenten Mischustin zum Gegenbesuch nach Peking ein. Putin solle doch so bald wie möglich nach China kommen, auf jeden Fall noch in diesem Jahr.
Und dass, obwohl gegen den Kremlchef seit vergangener Woche ein internationaler Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine besteht. Doch weder China noch Russland erkennen die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs nicht an – ebenso wenig wie die USA. Würde Putin hingegen nach Deutschland reisen, müsste er fürchten, festgenommen zu werden.
“Wenn überhaupt, dann erhöht der Haftbefehl gegen Putin nur den Einfluss von China auf Russland. Xi Jinping ist es nicht peinlich, Putin zu treffen. Durch den Haftbefehl rutscht Xis lieber Freund im Kreml nur noch tiefer in Xis Tasche”, urteilt Alexander Gabuev von der Carnegie Stiftung für Internationalen Frieden.
Wie weit die beiden in ihrer Zusammenarbeit vorausblicken, wurde in einer anderen Episode des Besuchs deutlich. So sicherte Xi Jinping zu, Putins Kandidatur bei der russischen Präsidentenwahl 2024 zu unterstützen. Xi sagte: “Unter Ihrer starken Führung hat Russland große Fortschritte in seiner prosperierenden Entwicklung gemacht. Ich bin zuversichtlich, dass das russische Volk Sie weiterhin fest unterstützen wird.” Pikant: Putin hat offiziell noch gar nicht angekündigt, bei der Wahl im kommenden Jahr überhaupt antreten zu wollen.
Für Xi ist das offenbar eine Selbstverständlichkeit. Schließlich hat er selbst unlängst die Begrenzung der Amtszeiten für chinesische Präsidenten aufgehoben und wurde vor kurzem für eine dritte Amtszeit bestätigt. Auch hier passen Xi und Putin bestens zusammen. Beide sind überzeugt, die besten Anführer ihres jeweiligen Landes zu sein. Russland-Experte Gabuev verweist auf “Chinas bemerkenswerte Fähigkeit, das russische Ego zu massieren und Putin ein öffentliches Gesicht zu geben, auch durch den Staatsbesuch von Xi.”
So bleibt am Ende des zweiten Tages von Xis Besuch in Moskau festzuhalten: China und Russland stehen weiter geeint gegen den Westen. Für Xis politische Unterstützung nimmt Putin eine noch stärkere wirtschaftliche Abhängigkeit in Kauf.
Offizielle Reisen nach Taiwan sind immer etwas Hochpolitisches. Das muss auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) feststellen. Zwar bezeichnete die Ministerin ihren am Montag begonnenen Aufenthalt auf der demokratisch regierten Insel als reinen “Fachbesuch”. Doch China sieht die Visite des ersten deutschen Regierungsmitglieds seit 1997 als Affront – und vermutlich auch als politisches Statement.
Denn Stark-Watzinger reiht sich ein in einen stetigen Strom ausländischer Delegationen nach Taipeh – die allerdings bisher meist aus Parlamentariern bestehen und vor allem anreisen, um Taiwan der Unterstützung ihrer Regierungen zu versichern. Abgeordnete der drei baltischen Staaten waren in den letzten Monaten da, ebenso wie eine FDP-Bundestagsdelegation um die Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Und, sozusagen als Mutter aller Affronts, im August 2022 die damalige Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi.
Das Außenministerium in Peking erklärte nun, man lehne den “böswilligen” Besuch der Ministerin entschieden ab. China habe Protest eingelegt, sagte Sprecher Wang Wenbin am Dienstag. Deutschland solle “sofort” seine Zusammenarbeit mit den “separatistischen Kräften” in Taiwan beenden.
Stark-Watzinger sagte dazu nur: “Die Chinastrategie der Bundesregierung ist unverändert.” Ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin hatte schon am Freitag darauf hingewiesen, dass Deutschland “unterhalb der Schwelle der völkerrechtlichen Anerkennung” enge und gute Beziehungen zu Taiwan unterhalte. Regelmäßiger Austausch und auch ein gegenseitiger Besuch von zuständigen Ministern sei dabei “völlig normal” – und auch im Einklang mit der von Peking geforderten Ein-China-Politik.
Stark-Watzinger betont ohnehin, sie sei “nicht aus Gründen geopolitischer Natur” in Taiwan, sondern für “Forschung und Innovation”. Am Dienstag unterzeichnete sie mit ihrem Amtskollegen Wu Tsung-tsong ein Wissenschafts- und Technologie-Abkommen. Dieses stehe für “den Ausbau der Zusammenarbeit auf der Basis demokratischer Werte wie Transparenz, Offenheit, Reziprozität und Wissenschaftsfreiheit”, sagte Stark-Watzinger am Dienstag in Taipeh. Es öffne ein “neues Kapitel im Bereich Forschung und Innovation” in den Beziehungen zu Taiwan.
Stark-Watzinger wollte noch mit Digitalministerin Audrey Tang zusammenkommen. Für den heutigen Mittwoch stehen dann noch der Besuch einer Schule sowie ein Gespräch mit Bildungsminister Pan Wen Chung auf dem Programm, sowie eine Pressekonferenz.
Die FDP verteidigte die Reise ihrer Ministerin gegenüber kritischen Stimmen in der deutschen Politik, die ihre Visite als unnötige Provokation Chinas ansehen, etwa aus der SPD-Fraktion. Eine engere Kooperation in den Bereichen Bildung, Forschung und Technologie mit Taiwan sei sehr sinnvoll, twitterte FDP-Fraktionschef Christian Dürr.
Dass das technologisch innovative Taiwan für konkrete Projekte ein attraktiver Partner ist, steht außer Frage. “Für die Bewältigung großer Herausforderungen wie der Klimakrise, für die Sicherung deutscher und europäischer technologischer Souveränität sowie den Ausbau unserer Innovationsökosysteme ist eine engere Kooperation mit Taiwan in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Forschung und Digitalisierung sehr sinnvoll”, kommentiert Kai Gehring, Vorsitzender des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, gegenüber Table.Media. “Im Rahmen der deutschen Ein-China-Politik gilt es, die wissenschaftliche, innovations- und technologiepolitische Zusammenarbeit zwischen Berlin und Taipeh zum Nutzen beider Seiten intensiv fortzusetzen und ihre weitere Vertiefung auszuloten”, so der Grünen-Politiker.
Trotzdem bleibt die Frage: Kann ein Besuch in Taiwan überhaupt völlig unpolitischer Natur sein? Die Geopolitik spielt ja schon mit, wenn jemand nur die Worte “Chips” und “Taiwan” in einem Satz verwendet. Dabei geht es nicht einmal nur darum, Peking die Stirn zu bieten, sondern auch um Einfluss in Taipeh.
“Natürlich besucht eine deutsche Ministerin Taiwan nicht zufällig. Es ist klar, dass der Besuch darauf abzielt, die Räder im Hinblick auf den Zugang Deutschlands zu Chips zu schmieren”, kommentiert etwa Chang Meng-jen, Koordinator für Diplomatie und internationale Beziehungen an der Fu Jen Catholic University, in der DPP-nahen Zeitung Taipei Times ihre Reise – mit Blick auf Taiwans Halbleiter-Giganten TSMC, der den Bau einer Fabrik in Dresden erwägt, aber auch von Singapur umworben wird.
Auffällig ist das Interesse speziell der FDP für Taiwan: Schon der 1997 als letztes Kabinettsmitglied nach Taiwan gereiste damalige Wirtschaftsminister Günter Rexrodt, war ein Freidemokrat. Und Tsai Ing-wens DPP gehört ebenso wie die FDP selbst der Liberalen Internationalen an, es gibt also auch eine gewisse parteipolitische Loyalität. Die FDP hat sich ebenso wie die Grünen zudem schon länger für eine härtere Linie Berlins gegenüber der Volksrepublik starkgemacht.
Und so nannte der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Müller-Rosentritt – der als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Januar selbst mit Strack-Zimmermann in Taiwan gewesen war – Stark-Watzingers Reise ein “starkes Signal dem Rest der Welt gegenüber”. Das klingt nicht nach reinem Fachbesuch.
Müller-Rosentritt hatte sich schon kurz nach seiner Reise beeindruckt gezeigt von Resilienz und Vitalität der Taiwaner angesichts der Bedrohung durch Peking. Taiwan müsse täglich hundertfach Cyber-Attacken und Desinformationskampagnen der Kommunistischen Partei Chinas abwehren, sagte er damals im Gespräch mit Table.Media. “An dieser Stelle kann Deutschland viel von Taiwan lernen, in dem es durch eine verstärkte Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden von den Erfahrungen, wie Cyber-Attacken abgewehrt werden, profitiert.” Auch auf diesem Gebiet vermischen sich Technologiefortschritt, Zusammenarbeit und große Geopolitik. Mitarbeit: Tim Gabel
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Der deutsche Energieversorger RWE hat davor gewarnt, dass ein US-Importverbot für die chinesische Region Xinjiang die europäischen Pläne zum Aufbau einer grünen Energieinfrastruktur “erheblich behindern” könnte. Der Import von Solarmodulen aus Asien unterliege nun “strengen Kontrollen”, seit Washington 2022 ein Verbot aller Importe aus Xinjiang (Uyghur Forced Labour Prevention Act, kurz UFLPA) erlassen habe, schreibt der Konzern in seinem Jahresbericht. “Wenn die USA die Beschaffung von Solarmodulen weiter behindern, ist es möglich, dass unsere Fotovoltaik-Ausbauinitiativen in Verzug geraten.”
Das Unternehmen will sich aber dennoch nicht als Gegner des US-Importverbots verstanden wissen. RWE trete nicht dafür ein, dass UFLPA aufgeweicht werde, betonte der Vorstandsvorsitzende Markus Krebber nach einem Bericht der Financial Times. Mark Noyes, Leiter der in den USA ansässigen Clean Energy Division von RWE, fügte demnach hinzu: “Diese Kontrollen sind entscheidend, um sicherzustellen, dass das, was in die USA oder an irgendein anderes Land gelangt, unter ethischen Bedingungen hergestellt und bezogen wird.” Die Lösung besteht laut Vorstandschef Krebber vielmehr darin, die Solar-Lieferketten in den USA und Europa zu stärken. ari
China erleichtert zur Abfederung der Folgen des US-Chipembargos der heimischen Halbleiter-Industrie den Zugang zu Subventionen. Die bisherige Verknüpfung mit dem Erfüllen bestimmter Ziele entfalle, schreibt die Financial Times. Außerdem wolle man die Firmen stärker in staatlich finanzierte Forschungsprojekte einbinden. Zu den Nutznießern gehörten Chip-Produzenten wie SMIC und Hua Hong, der Elektronik-Konzern Huawei sowie Chip-Zulieferer wie Naura oder Advanced Micro-Fabrication Equipment, schrieb das Blatt unter Berufung auf Insider.
Früheren Reuters-Informationen zufolge pumpt die Volksrepublik umgerechnet 136 Milliarden Dollar in den eigenen Halbleiter-Sektor. Das Geld solle zur Modernisierung der Industrie sowie für Forschung und Entwicklung genutzt werden. rtr
Chinas Botschafter in den Niederlanden hat vor einer Verschlechterung der bilateralen Beziehungen gewarnt, falls das EU-Land das geplante Export-Verbot für den Halbleiter-Maschinenhersteller ASML umsetzen sollte. Die Niederlande würden so ihre Führung in der Chiptechnologie aufs Spiel setzen, indem sie sich selbst vom größten Markt der Welt abschneiden, sagte der chinesische Botschafter Tan Jian laut dem Financieele Dagblad. Solche Beschränkungen bei der Ausfuhr wären “schlecht für China, schlecht für die Niederlande und den Welthandel – und werden sich negativ auf unsere Beziehungen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit auswirken”, sagte Tan. “Das wird nicht ohne Folgen bleiben. Ich werde nicht über Gegenmaßnahmen spekulieren, aber China wird das nicht auf die leichte Schulter nehmen.”
Anfang März hatte Außenhandelsministerin Liesje Schreinemacher angekündigt, dass die Niederlande den Verkauf von ASML- und ASMI-Maschinen, die fortschrittliche Chips herstellen, weiter einschränken würden. Die Niederlande wollten damit “verhindern, dass niederländische Waren zu unerwünschten Endverwendungen wie dem Militäreinsatz oder in Massenvernichtungswaffen beitragen”, erklärte sie. Die Niederlande würden damit den Chip-Sanktionen der Vereinigten Staaten folgen.
Laut Tan würde der Boykott die internationalen Handelsregeln und die Spitzenposition von ASML in der globalen Technologie untergraben. “Sie sind ein kleines Land, und Sie waren immer der Fahnenträger für den Freihandel. Sie behalten Ihren Vorsprung, indem Sie nach China verkaufen und den Erlös reinvestieren”, sagte der Diplomat in Richtung Den Haag. Wenn China die ASML-Maschinen nicht kaufen könne, werde die Volksrepublik keine andere Wahl haben, als ihre eigenen zu bauen. ari
Nun auch die Niederlande: Nachdem die USA, Großbritannien, Belgien und die EU ihre Regierungsbeamte angewiesen hat, Tiktok von ihren Diensthandys zu verbannen, schließt sich auch die niederländische Regierung diesem Schritt an. Beamte müssten die umstrittene Kurzvideo-App der Online-Plattform auf allen mobilen Apparaten sofort löschen.
Es gebe ein erhöhtes Spionagerisiko, begründete die zuständige Staatssekretärin Alexandra van Huffelen die Anordnung. Über Tiktok könnten Daten der Nutzer in die Hände des chinesischen Staates gelangen. flee
“Philosophie interessiert in Deutschland kaum jemanden”, sagt Ole Döring. In China hingegen ziehe sich eine Hochachtung für das Fach durch alle Gesellschaftsschichten. Döring ist seit zwei Jahren Professor für Komparative Kulturstudien an der Shifan Universität in Changsha, in der Provinz Hunan. Er wirbt dafür, “dass mehr Deutsche nach China kommen, einfach um hier zu studieren, um die Freiheiten zu erleben, die man hier in der Forschung hat, gerade als Ausländer”.
Schon früh interessiert sich Döring für klassische chinesische Philosophie – zunächst studiert er an der Universität in Tübingen, später in Göttingen. Schließlich verschlägt es ihn an das damals noch existierende Hamburger Institut für Asienkunde. Dieses habe ihm die Möglichkeit eröffnet, “eine ganz eigene Forschungslinie aufzubauen”, berichtet der Wissenschaftler, der sich unter anderem mit Fragen zum Umgang mit Sterben und lebensverlängernden Maßnahmen beschäftigt. Vor allem aber auch mit Fragen der Eugenik, wie beispielsweise: “Was ist der Mensch? Was darf man mit dem Menschen (nicht) machen? Und was passiert, wenn wir irgendwas tun mit den Menschen durch Medizin, durch Biotechnik?”
Ein Forschungsauftrag führt Döring nach China. Er entwickelte ein interdisziplinäres und internationales Format, bei dem er ganz unterschiedliche Gruppen zusammenbringt, darunter Ärzte, Grundlagenforscher, Gesetzgeber, Menschenrechtsaktivisten und Patienten. Eine zentrale Erkenntnis, die er aus diesem Projekt gewinnt: “Wir haben keinerlei Anlass davon auszugehen, dass in China von den moralisch-ethischen Grundannahmen her irgendein gravierender Unterschied besteht zu dem, was wir in Deutschland und Europa denken.”
Worin China sich allerdings deutlich unterscheidet, sei die Art und Weise, wie Recht geformt und implementiert wird. Was bereits als Norm gelte, gebe es nicht immer auch in Gesetzesform. Dieser Unterschied lasse sich kulturell, aber auch historisch erklären, berichtet Döring. Schließlich habe China “erst vor wenigen Jahren angefangen, seinen Rechtstaat zu erfinden, und das mit deutscher Hilfe”. Die Chinesen hätten sehr früh gemerkt, dass gerade das deutsche Grundgesetz und auch die deutsche Erfahrung im Umgang mit diesen Fragen ihnen sehr nahekommen.
Zurück zur Philosophie: In China beziehungsweise Südostasien haben sich die Menschen schon sehr früh – im fünften Jahrhundert vor der christlichen Zeitrechnung – entscheidende ethisch-philosophische Fragen gestellt, die noch heute sehr wertvoll sind, wie der Professor betont. “Da ist ein Schatz von Wissen entstanden, von dem wir kaum etwas wahrnehmen. Auch die Chinesen haben nur das Kanonisierte davon im Blick.” Dieser “Menschheitsschatz”, wie er sagt, gehöre endlich gehoben und wissenschaftlich aufgearbeitet.
Ein zentrales Anliegen, nicht nur auf dem Gebiet der Ethik, aber besonders hier, ist für Döring die Verständigung zwischen den Kulturen: “Es ist entscheidend, dass der Prozess des gegenseitigen Kennenlernens und Verstehens vollzogen wird”, erklärt er. Vordergründig sei nicht die Frage, wer Recht habe, sondern vielmehr die Frage: “Wer bist du, wer bin ich?” Dabei spielt insbesondere das Klären von Begriffen eine wichtige Rolle, um abzustecken, worüber genau man sich gerade unterhält. Entsprechendes versucht der habilitierte Philosoph auch seinen Studenten mit auf den Weg zu geben. Juliane Scholübbers
Felix van Aerssen ist seit Beginn des Monats Coordinator für 2.0L TFSI Engine Development bei Volkswagen in Dalian. Er war zuvor Development Engineer bei der Audi AG in Ingolstadt.
Qi Mei ist neue Botschafterin der Volksrepublik China in der Republik Österreich. Sie folgt Li Xiaosi nach.
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Es ist Teezeit in der südchinesischen Region Changning, Provinz Hunan. Oder genau genommen: Dort hat die Erntezeit begonnen. Die Teepflückenden haben nur wenige Tage Zeit, die frischen Blätter von den Sträuchern zu zupfen und sie in großen Gefäßen nach einem festgelegten Rührverfahren anzubraten. Erst das verschafft dem in China berühmten Tee aus Changning das besondere Aroma.