Table.Briefing: China

Nato + Reaktorleck + Grüne Wolkenkratzer

  • Nato: China eine “systemische Herausforderung”
  • AKW Taishan: radioaktives Leck oder Normalbetrieb?
  • Grüne Wolkenkratzer
  • Airbus warnt vor Konkurrenz
  • Peking wirft G7 “Einmischung” vor
  • Bundestagswahlprogramm der Grünen
  • Im Portrait: Philipp Böing – ZEW Forscher zu Subventionen für Innovation
  • Personalien: Vorstand Duisburger Hafen und neuer China-Beauftragter
Liebe Leserin, lieber Leser,

es muss ein Kraftakt für die Nato gewesen sein, alle 30 Mitglieder auf eine Linie gegenüber China zu bekommen. Zwar suggeriert die Abschlusserklärung Einigkeit, China wird gar als “systemische Herausforderung” bezeichnet, doch hinter den Kulissen prallten unterschiedlichste Interessen aufeinander, berichtet Amelie Richter. Nato-Generalsekretär Stoltenberg spricht von einem Schlüsselmoment und stellt fest: Der Aufstieg der Volksrepublik ist die größte Sicherheitsherausforderung unserer Zeit. Seine Bilanz: China rückt näher an uns heran. Ob das gut oder schlecht ist, liegt wohl im Auge des jeweiligen Betrachters.

Die Sicht der amerikanischen Regierung auf China ist auch unter US-Präsident Joe Biden klar. Am Montag kursierten in amerikanischen Medien Berichte, wonach das Atomkraftwerk Taishan wegen Sicherheitsproblemen kurz vor der Abschaltung stehe. China reagierte empört, alles sei in bester Ordnung. Finn Mayer-Kuckuk ist mit dem Atommeiler bestens vertraut, 2010 recherchierte er vor Ort: Denn die beiden mit französischer Hilfe gebauten Druckwasserreaktoren in Taishan sind vom Typ EPR und die weltweit einzigen Blöcke dieser Art, die bislang Strom liefern. Unsere Analyse zeigt: Die Wahrheit liegt zwischen der US-Warnung eines radioaktiven Lecks und der chinesischen Replik vom Normalbetrieb.

Etwas Verblüffendes hat Frank Sieren zu berichten: Chinas Wolkenkratzer gehören zu den nachhaltigsten der Welt. Selbst aus Amerika erhält man für seine umweltfreundlichen Innovationen renommierte Preise. Doch bislang sind die Bauherren meist staatlich. Das will Peking nun mit neuen Verordnungen ändern. Wie wichtig das wäre, zeigt ein Blick auf die aktuellen Bauzahlen: In keinem anderen Land der Welt entstehen mehr neue Wolkenkratzer als in China.

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

Analyse

Nato: China eine “systemische Herausforderung”

Wie wichtig das Gipfeltreffen des Nordatlantischen Verteidigungsbündnisses war, machte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sehr deutlich: Die Nato befinde sich in einem Schlüsselmoment (“pivotal moment”) und beginne ein “neues Kapitel”, betonte der Norweger am Montag über den Tag hinweg mehrfach in Brüssel. Nicht nur, weil mit US-Präsident Joe Biden die transatlantische Allianz nach vier Trump-Jahren wieder ein zugewandteres und engagiertes Washington erlebt – sondern auch wegen der Neuausrichtung der Nato gegenüber China. Und die ging von 0 auf 100: Denn die Volksrepublik wurde erst vor gut 18 Monaten überhaupt erstmals in einem Statement des Bündnisses erwähnt. Nun findet sich China gleich an zehn Stellen in dem verabschiedeten Kommuniqué der Nato-Staats- und Regierungschefs wieder. In der Abschlusserklärung wird China erstmals als “systemische Herausforderung” eingestuft.

Die Allianz aus insgesamt 30 Staaten werde China künftig “mit Blick auf die Verteidigung der Sicherheitsinteressen des Bündnisses einbeziehen”, heißt es in dem Abschlusspapier. Der wachsende Einfluss der Volksrepublik und seine internationale Politik könnten Herausforderungen bergen, die als Bündnis gemeinsam angegangen werden müssten. An einem Punkt wird die Nato deutlicher als die G7-Staaten am vergangenen Wochenende: China verfolge eine Zwangspolitik (“coercive policies”), die im Gegensatz zu den Grundwerten des Nordatlantikvertrags stehe.

Merkel spricht sich für Dialog-Format aus

In der Erklärung wird Peking aufgerufen, seine “internationalen Verpflichtungen einzuhalten” und der “Rolle als Großmacht” gerecht zu werden – auch auf See, im Cyberspace und im Weltraum. Zudem soll China hinsichtlich seiner nuklearen Fähigkeiten Transparenz schaffen und vertrauensbildende Maßnahmen ergreifen: China erweitere sein Nukleararsenal mit mehr Sprengköpfen und einer größeren Anzahl ausgeklügelter Trägersysteme, bleibe dabei aber “undurchsichtig”, heißt es weiter in der Abschlusserklärung. Sorgen mache man sich auch wegen des Einsatzes von gezielter Desinformation durch die Volksrepublik, betonte Stoltenberg nach dem Gipfeltreffen.

Mit dem verabschiedeten Text habe die Nato einen langen Weg hinter sich, so der Generalsekretär und verwies auf die erste Erwähnung der Volksrepublik vor gerade mal 18 Monaten. Obwohl China nun als “systemische Herausforderung” gesehen werde, sei es wichtig, weiterhin miteinander zu sprechen, so Stoltenberg. China sei kein “Gegner”. Von dieser Wortwahl wurde auch bewusst in dem gemeinsamen Statement abgesehen. Einige Brüssel-Beobachter hätten sich noch herausfordernde Worte gewünscht – und auch konkretere Vorschläge. “Für mich zählt, dass wir eine gemeinsame und klare Positionierung gegenüber China gefunden haben”, sagte Stoltenberg.

Die Nato verpflichtete sich zu einem Dialog mit Peking, “wo das möglich ist”. Beispielsweise in Klimafragen. Für diese diplomatische Position hatte sich nicht zuletzt auch Deutschland starkgemacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich nach dem Gipfel dafür aus, dass die Allianz ein eigenes Dialogformat mit China entwickle, wie unter anderem Bloomberg berichtete. China spiele zunehmend eine Rolle, sagte Merkel laut Berichten. Das sei jedoch auch der Fall für die gesamte indopazifische Region, räumte sie ein. Das liege vor allem daran, “dass die Vereinigten Staaten auch eine pazifische Nation sind”, gab Politico die Bundeskanzlerin wieder. “Ich denke aber, wir sollten die Bedeutung nicht überbewerten”, sagte Merkel demnach mit Blick auf die Schlussfolgerungen zu China.

Nato richtet Innovations-Fonds ein

Auf die Frage, wie bereit Länder wie Deutschland seien, die wirtschaftlich eng mit China verbunden sind, Peking gegenüber härter vorzugehen, antwortete Stoltenberg: “Wir müssen uns den Herausforderungen stellen, die der Aufstieg Chinas für unsere Sicherheit mit sich bringt, auch wenn viele Verbündete wirtschaftliche Beziehungen zu China haben.” Es gebe nicht nur das eine oder das andere.

Der Nato-Generalsekretär appellierte an die Mitgliedsstaaten und verwies auf deren Verantwortung, wenn es darum gehe, den Herausforderungen zu begegnen: “Es geht auch sehr darum, was wir ‘zu Hause’ machen.” Als Beispiele nannte er den Schutz kritischer Infrastruktur wie Häfen oder die Ausstattung des 5G-Netzes durch Huawei. “China kommt näher zu uns”, sagte Stoltenberg. Um technisch mit China mithalten zu können, kündigte er die Einrichtung des Defence Innovation Accelerator und eines Nato-Innovationsfonds an.

Stoltenberg hat nun den Auftrag, bis zum nächsten Treffen in einem Jahr ein neues strategisches Konzept auszuarbeiten. Die Alliierten beschlossen außerdem acht Kernelemente der “Nato 2030”-Reformagenda. Dazu gehören unter anderem mehr politische Konsultationen im Bündnis und ein Beitrag des Militärs zum Klimaschutz. Der Gemeinschaftshaushalt der Allianz soll zudem nach einer Bedarfsanalyse erhöht werden. Eine genaue Zahl für die Erhöhung gab es noch nicht.

Ist China eine Nato-Angelegenheit? Uneinigkeit im Bündnis

In der Reformagenda verpflichtet sich das Bündnis Partnerschaften auszubauen, beispielsweise mit der Europäischen Union oder mit Staaten im indo-pazifischen Raum. Eine Idee, für die sich auch der kanadische Premierminister Justin Trudeau aussprach: “Wir müssen sicherstellen, dass wir uns als Allianz, obwohl wir viel mehr ‘atlantisch’ als ‘pazifisch’ sind, der globalen Einflüsse Chinas bewusst sind”, so der Kanadier.

Die neu gefundene Aufmerksamkeit für China sah eine wichtiger europäischer Staat aber anders. “Die Nato ist eine nordatlantische Organisation, China hat nichts mit dem Nordatlantik zu tun”, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron Medienberichten zufolge nach dem Gipfel. “Wir sollten nicht von den vielen Herausforderungen ablenken, die wir innerhalb der Nato haben.”

Von US-Präsident Biden, der erstmals seit seinem Amtsantritt Europa besuchte, kam ein klares Bekenntnis zu dem Verteidigungsbündnis: “Unsere Nato-Allianz ist stärker denn je”, schrieb Biden auf Twitter. Biden traf am Montag noch den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Trotz des neuen Interesses der Nato an China bleibt Moskau weiterhin das Top-Thema im Kommuniqué der Alliierten: 63 Erwähnungen entfielen in dem Text auf Russland.

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AKW Taishan: radioaktives Leck oder Normalbetrieb?

Wenn Kernkraftwerksbetreiber der Öffentlichkeit versichern, es bestehe kein Grund zur Beunruhigung, dann wird diese meist erst richtig misstrauisch. Zumal, wenn die Anlage in unmittelbarer Nähe des Perflussdeltas liegt, einer Mega-Metropolregion mit über 100 Millionen Einwohnern auf engstem Raum. Unter anderem liegen Hongkong, Shenzhen und Guangzhou in unmittelbarer Nähe.

Nach Berichten über ein Leck im chinesischen AKW Taishan haben die Betreiber nun Spekulationen über mögliche Gefahren und Umweltschäden vehement zurückgewiesen (China.Table berichtet). Die China General Nuclear Power Group (CGN) teilte in der Nacht zum Montag mit, die Umweltdaten in dem Atomkraftwerk sowie in dessen Umgebung seien allesamt “normal”.

Die Behörden und die Betreiber messen regelmäßig die Werte des AKW in der südchinesischen Provinz Guangdong, beide Blöcke arbeiten entsprechend den Sicherheitsvorschriften, ließ CGN mitteilen. Neben der China General Nuclear Power Group ist auch das französische Atomunternehmen Framatome an dem Kraftwerk beteiligt.

Auch der Energiekonzern Electricité de France (EDF), der einst beim Bau der Anlage beteiligt war, gab am Montag Entwarnung. Er bestätigte zu Wochenbeginn die Einhaltung der Grenzwerte für die Freisetzung von Gasen in die Atmosphäre. “Wir haben keine Dynamik eines Unfalls mit Kernschmelze”, sagte ein Sprecher. EDF ist zu 30 Prozent an dem Kraftwerk beteiligt. Das Unternehmen ist die Konzernmutter von Mitbetreiber Framatome.

Die Betreiber berichten von einer “Beschädigung der Umhüllung” einiger Brennstäbe. Dadurch gelangen radioaktive Edelgase in den inneren Kühlkreislauf, erläutert EDF. Das ist nicht erwünscht, aber in dieser Form auch nicht gefährlich. Wie viele Brennstäbe betroffen sind, sagten die beteiligten Unternehmen nicht. Nur soviel: “Wir haben es nicht mit einer Kontamination zu tun, sondern mit einer kontrollierten Freisetzung”, ergänzte der EDF-Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Die Edelgase Xenon und Krypton entstehen in dem Reaktor aus Uran. Unter dem Bombardement der Neutronen während der Kettenreaktion spalten die Atomkerne des Urans sich in leichtere Elemente auf. Dabei entstehen zahlreiche Isotope. Neben Metallen und anderen Elementen sind das auch kleine Mengen an Edelgasen. Sie spielen für die Sicherheit insofern eine Rolle, als Gase naturgemäß besonders leicht in die Umwelt gelangen. Andererseits verteilen sie sich schnell in der Luft und gelangen kaum in die menschliche Nahrungskette.

Framatome sah nukleare Bedrohung

Ein Block des Kraftwerks wurde ab 2009 von Framatome errichtet, das sich damals noch Areva nannte. Den identischen zweiten Block baute CGN wenige Monate zeitversetzt nach – gewissermaßen als Lernprojekt. Die Bauzeit sollte nur drei Jahre betragen, doch tatsächlich gingen die Blöcke nach etlichen Verzögerungen und zusätzlichen Sicherheitsprüfungen erst 2018 und 2019 ans Netz.

Am Montag hatte der amerikanische Nachrichtensender CNN die Weltöffentlichkeit mit Berichten über eine “bevorstehende radioaktive Bedrohung” in China aufgescheucht. Die US-Regierung habe einen Hilferuf von Framatome erhalten, weil im AKW Taishan eine gefährliche Lage eingetreten sein. CNN berichtete, die chinesischen Behörden haben die Grenzwerte angehoben, weil sie sonst die Anlage hätten abschalten müssen.

Ein kritisches Niveau sei aber nicht erreicht worden, betonte auch CNN. Gegenwärtig liege keine schwere Bedrohung vor – weder für die Arbeiter in dem Werk noch für die Öffentlichkeit in der Umgebung des AKW. Dennoch müsse die Lage weiter beobachtet werden.

CNN zitiert auch amerikanische Experten, die sich um eine Einschätzung der Lage bemühen. Demnach übersteigen die Mengen an Edelgasen – die nicht da sind, wo sie sein sollen – eben doch die EU-Standards, an die sich die Betreiber gebunden fühlen. Das ist eine Situation, in der nach Einschätzung von Framatome zumindest Gesprächsbedarf bestehe. China besteht aber reflexartig darauf, dass alles vollständig in Ordnung sei – und will die Diskussion möglichst schnell abwürgen.

Die Situation ist jedoch immerhin so ernst, dass der Sicherheitsrat des US-Präsidenten sich vergangene Woche mehrmals mit dem Vorfall beschäftigt habe, berichtet CNN. Die Regierung unter Joe Biden habe die Lage mit der französischen Regierung besprochen. Auch Chinas Regierung sei kontaktiert worden. Auf welcher Ebene und in welchem Umfang blieb zunächst unklar.

Derweil teilte EDF am Montag weiter mit, man habe um eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung mit den chinesischen Betreibern gebeten, um alle verfügbaren Daten auswerten und notwendige Entscheidungen treffen zu können. Anlass für den Alarmhinweis von Framatome an die US-Behörden sei ein Antrag am 8. Juni gewesen, dringend eine Ausnahmeerlaubnis zu erhalten, amerikanische technische Daten und Unterstützung teilen zu dürfen, um das Problem zu lösen, berichtete CNN.

Sicherer Reaktor mit Praxisproblemen

Das AKW Taishan liegt westlich von Macao und Zhuhai in Yaogu an der Küste der chinesischen Provinz Guangdong. Der Name klingt ähnlich wie das unter Touristen beliebte Gebirge (泰山) im Nordosten des Landes, wird jedoch mit anderen Schriftzeichen geschrieben (台山).

Die beiden mit französischer Hilfe gebauten Druckwasserreaktoren des neuen Typs (EPR) sind bisher die weltweit einzigen Blöcke dieser Art, die Strom liefern. Weitere Kraftwerke mit solchen Reaktoren werden unter anderem in Großbritannien und Frankreich errichtet. Ein Neubau im nordfranzösischen Flamanville hatte sich wegen Sicherheitspannen jedoch verzögert. Die französische Atomaufsicht bemängelte unter anderem Risse im Mantel des Reaktors.

Auch ein Projekt im finnischen Olkiluoto hatte wegen Sicherheitsbedenken mit massiven Verzögerungen zu kämpfen. Der dortige Block 3, der dem Projekt im AKW Taishan technisch sehr ähnlich ist, konnte erst in diesem Jahr fertiggestellt werden – nach 16 Jahren Bauzeit. Die finnischen Inspektoren fanden immer neue Probleme, unter anderem mit dem Beton und mit Schweißnähten; angelieferte Teile passten nicht zusammen. In der Rückschau gilt das Vorhaben als Desaster, das Areva in den Ruin getrieben habe. Ein neuer EPR-Block im britischen Kraftwerk Hinkley Point befindet sich ebenfalls über den Budgetvorgaben und hinter dem Zeitplan. Er soll 2026 ans Netz gehen.

Auch in China war das Projekt von Kritik am Sicherheitsniveau überschattet. Dort waren die Prüfungen im Vergleich zum Bau in Olkiluoto jedoch wesentlich weniger engmaschig, was den Baufortschritt begünstigte. Dennoch ist auch im AKW Taishan die Liste der Unregelmäßigkeiten lang: Auch hier war es die Materialqualität an entscheidenden Bauteilen wie dem Druckbehälter, die zwischenzeitlich in Frage stand. Am Ende erhielten aber alle Komponenten die Freigabe.

Der Europäische Druckwasserreaktor (EPR) der dritten Generation gehört indessen zu den sichersten Atomkraftwerkstypen der Welt. Gerade die Diskussion um die Risiken der Kernenergie hat die Ingenieure hier zu hohen Leistungen angespornt. Selbst im Fall eines totalen Stromausfalles wie in Fukushima, bliebe das nötige Mindestmaß an Kühlung erhalten. Das macht eine Kernschmelze sehr unwahrscheinlich. Tritt sie doch ein, fängt ein hitzebeständiger “Core-Catcher” unter dem Reaktor die glühende Masse aus geschmolzenem Uran auf. Die Sensoren und Computer überwachen die Anlage im Normalbetrieb besonders kleinteilig und warnen selbsttätig vor unsicheren Situationen.

Auch in Deutschland entweichen radioaktive Edelgase

Die Entstehung radioaktiver Edelgase im Kraftwerksbetrieb ist normal – sie sollten bloß nicht in zu großer Menge in die Umgebung entweichen. Uran 235 zerfällt im Reaktor zunächst in Uran 236 und dann in das Gas Krypton 89 und in Barium 144. Krypton 89 existiert wegen seines schnellen Zerfalls jedoch nur wenige Minuten lang. Durch Kernspaltung entsteht jedoch auch Krypton 85, das mit 10.000 Jahren Halbwertzeit wesentlich stabiler ist. In Reaktoren entsteht auch radioaktives Xenon, ein weiteres Edelgas. Auch Wasserstoff existiert in einer strahlenden Variante, die in Kernkraftwerken anfällt.

Auch in Deutschland dürfen Kernkraftwerke daher kleinste Mengen dieser Gase in die Umwelt entweichen lassen. Die genaue Menge unterliegt ständiger Überwachung durch die Betreiber und die Behörden und wird regelmäßig veröffentlicht. Eine versehentliche Freisetzung von Krypton 85, wie sie erst im April in der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt in Braunschweig passiert ist, gilt jedoch als ernstzunehmendes Ereignis. Michael Radunski/ Finn Mayer-Kuckuk

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Grüne Wolkenkratzer

Ende vergangener Woche hat das Washingtoner US Green Building Council (USGBC) den Leadership Award für nachhaltiges Bauen an Gensler China verliehen. Der chinesische Ableger des amerikanischen Architekturbüros hat unter anderem eines der nachhaltigsten Wolkenkratzer der Welt gebaut: den Shanghai Tower, mit seinen 632 Metern das zweithöchste Gebäude der Welt nach dem Burj Khalifa in Dubai. Auftraggeber des Towers war die Stadtverwaltung von Shanghai. 

Der Tower hat den LEED Platin Standard erreicht. Der LEED ist die höchste Umweltzertifizierung weltweit, die vom USGBC seit mehr als 20 Jahren vergeben wird. Dass die Preisverleihung im Umfeld des G7-Gipfels stattfindet, ist kein Zufall. Es ist ein gelungenes Beispiel der Zusammenarbeit der USA und China. Trotz aller unterschiedlichen Auffassungen, die auch beim G7-Gipfel sichtbar wurden, ist Washington und Peking an einer Zusammenarbeit im Klimaschutzbereich gelegen.    

Vorbildlich nachhaltig

Neuste Technologie ist bei dem Turm verbaut worden, der bereits 2015 in Betrieb genommen wurde und noch immer als vorbildlich gilt: Die Fassade dreht sich in sich um 120 Grad und mindert damit die Angriffsfläche für den Wind. Damit kommt das Gebäude mit 25 Prozent weniger Stahl aus, was 58 Millionen US-Dollar an Kosten gespart hat. 

270 vertikale Windturbinen sind in der Fassade verbaut, die 350.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr generieren. Das sind immerhin zehn Prozent des Strombedarfs. Die doppelte Glas-Fassade schützt vor zu großer Erhitzung des Gebäudes, was im subtropischen Shanghai wichtig ist. Die Klimaanlagen müssen entsprechend weniger arbeiten. Gekühlt und geheizt wird auf Basis von Geothermie. Das Wasser wird weitgehend recycelt. Regenwasser gesammelt. 

Der Shanghai Tower ist jedoch nicht das einzige Gebäude, das vom Green Building Council als besonders nachhaltig zertifiziert wurde. 

Grüne Highlights

Der Kingkey 100 Tower in Shenzhen gehört ebenso dazu wie der Jinmao-Tower, das dritthöchste Gebäude in Shanghai-Pudong und eines der schönsten zeitgenössischen Wolkenkratzer. Es steht direkt neben dem Shanghai Tower. Das vom Amerikaner Adrian Smith aus dem Architekturbüro SOM entworfene Gebäude, das schon mehr als 20 Jahre alt ist, recycelt laut des amerikanischen Umweltmagazins EcoWatch unter anderem 70 Prozent des Abfalls und Abwassers aus seinen 88 Stockwerken. Der Jinmao Tower zeigt also, dass Nachhaltigkeit bei Wolkenkratzern in China nicht erst gestern entdeckt wurde – und, dass die Amerikaner dabei auch noch eine zentrale Rolle spielen. 

Auch in Hongkong gibt es vorbildliche Wolkenkratzer, wenn auch nicht so spektakulär wie in Shanghai oder Shenzhen: Das 48-stöckige One Taikoo Place gehört ebenso dazu wie das International Commerce Centre mit seinen 108 Etagen. Mit dem LEED Gold Zertifikat gehören die Gebäude laut USGBC zu den Top drei Prozent der grünen Wolkenkratzer weltweit. Seit 2012 hat der Öko-Turm One Taikoo den jährlichen Stromverbrauch von 4500 Drei-Personen-Haushalten eingespart.

Auf dem Festland werden solche Häuser meist vom Staat als Bauherr selbst nachgefragt. Den privaten Bauherren sind die Umweltinvestitionen oft noch zu teuer. 

Strengere Regeln

Peking zwingt die Bauherren zu mehr Umweltschutz mit einer neuen Verordnung die bereits am 27. April 2020 in Kraft getreten ist und zusammen von Ministerium Wohnungsbau und Stadt-Land Entwicklung sowie der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission herausgebracht wurde. Dabei wurde ein Limit von 500 Metern Höhe eingeführt, bei dem die beiden Behörden die Umweltstandards aber auch Erdbebensicherheit besonders streng überprüfen. Auch das Sammeln und Recyclen von Wasser spielt eine Rolle. Und es geht um die Aufheizung der Fassaden oder um Fragen der Dämmung, um Temperaturschwankungen zu verringern. Aber auch schon bei Gebäuden über 100 Metern wird seitdem genauer hingesehen.

Statt auf Höhe und Prestige sollten die Städte ihre Architektur verstärkt danach ausrichten, ob sie “für die Nutzung geeignet, wirtschaftlich, grün und künstlerisch ansprechend” sind, erklärte das Ministerium für Wohnungsbau und Stadt-Land-Entwicklung. Die Zeiten, in denen Peking “hoch” genügt hat, um der Welt die Wirtschaftskraft Chinas deutlich zu machen, sind vorbei. Inzwischen geht es um Lebensqualität.

Einige Entwickler reagierten bereits auf die Direktive, indem sie die Höhe laufender Projekte kurzerhand zurückstutzten. So wurde das Zhongnan Center in Suzhou von 729 Metern auf 499 Meter reduziert. Das Wuhan Greenland Center in der Provinz Hubei, das mehr als 600 Meter hoch werden sollte, wurde im vergangenen Jahr auf 475 Meter verkürzt. Der China Resources Hubei Landmark Tower im Luohu-Distrikt in Shenzhen war mit einer Höhe von 830 Metern geplant, soll nun aber “nur” noch 500 Meter messen. So geht neue Bescheidenheit.

Wolkenkratzer als Umweltverschmutzer 

Nach Schätzungen von EcoWatch produzieren die Wolkenkratzer der Welt 40 Prozent der CO2-Emissionen. Dennoch seien Wolkenkratzer nicht grundsätzlich umweltschädlich. Eine amerikanische Studie hat herausgefunden, dass Vorstadtpendler, selbst wenn sie in der Nähe einer S-Bahn wohnen, 27 Prozent mehr Energie verbrauchen als Menschen die in umweltfreundlichen Hochhäusern wohnen und zu Fuß zur Arbeit gehen können. 

Das China nachhaltige Wolkenkratzer baut, ist also nicht nur wichtig für China, sondern auch wichtig für die Welt. Laut einer Erhebung des Council on Tall Buildings and Urban Habitat, einer in Chicago ansässigen Non-Profit-Organisation, die sich auf die Planung und den Bau von Hochhäusern spezialisiert hat, befinden sich fünf der zehn höchsten Gebäude der Welt derzeit in China. Dazu gehören neben dem Shanghai Tower das Ping An Finance Center (599 Meter) in Shenzhen, das Guangzhou CTF Finance Center und das Tianjin CTF Finance Center (beide 530m) sowie der Citic Tower in Peking (528 Meter). 

Zudem liegen heute 44 der 100 höchsten Gebäude der Welt in China. Mehr als die Hälfte der im vergangenen Jahr neu gebauten Gebäude mit einer Höhe von 200 Metern oder mehr lagen demnach ebenfalls in China. Als Stadt liegt allerdings noch Dubai mit zwölf Wolkenkratzer-Fertigstellungen vorne, gefolgt von den chinesischen Städten Shenzhen und Shenyang mit neun beziehungsweise acht Neubauten.

Bei den Gebäuden, die derzeit gebaut werden, liegt China höhenmäßig ebenfalls weit vorne. 18 der 25 neu geplanten Rekordhochhäuser werden in der Volksrepublik gebaut, darunter das Tianshan Gate of the World in Shijiazhuang (450 Meter, Fertigstellung: 2025). Das höchste derzeit im Bau befindliche Gebäude der Volksrepublik ist laut der US-Skyscraper-Datenbank das Greenland Jinmao International Financial Center in Nanjing mit 499,8 Metern (Fertigstellung: 2025). 

Doch noch sind nicht alle diese Gebäude nachhaltig. Zu den grünen Bauten auf dem chinesischen Festland, die derzeit am meisten Aufsehen erregen, gehören die Vertical-Forest-Gebäude des italienischen Architekturbüros Stefano Boeri in den Städten in Huanggang und Nanjing. 

Doch solche Konzepte gehen nicht immer auf. In der Stadt Chengdu etwa konnten acht Wohntürme zeitweilig nicht bezogen werden, da sich Massen von Insekten in den üppig begrünten Fassaden und Balkonen niedergelassen hatten. 

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News

Airbus warnt vor Konkurrenz aus China

Der europäische Flugzeughersteller Airbus erwartet wachsende Konkurrenz aus China. Die Luftfahrt werde zunehmend von digitalen Technologien und vom Eintritt neuer Wettbewerber in den Markt beeinflusst, sagte Airbus-Verwaltungschef René Obermann dem Handelsblatt. Obermann nannte dabei den neuen chinesischen Flugzeugbauer Comac, der mit dem C919 derzeit ein Flugzeug in der Größe von Airbus’ Verkaufsschlager A320 entwickelt. 2017 hob die C919 erstmals ab; inzwischen laufen Testflüge für die Zulassung. Diese könnte nach einem Bericht des Fachmagazins Simple Flying noch 2021 erfolgen. Die Triebwerke stammen laut Handelsblatt von CFM, einem Gemeinschaftsunternehmen des US-Konzerns General Electric und des französischen Herstellers Safran.

Airbus droht vor allem auf dem gigantischen Flugzeugmarkt China Konkurrenz durch Comac (China.Table berichtete). Chinas Airlines fliegen eine große Zahl an Airbus-Maschinen, dürften aber in der Zukunft auch verstärkt die C919 bestellen. Im März bestellte die China Eastern Airlines fünf C919-Jets. Dies sei die erste C919-Order weltweit gewesen, berichtete damals die staatliche Zeitung China Daily.

Auch bei der Telekommunikation habe “die chinesische Konkurrenz, insbesondere Huawei, innerhalb eines Jahrzehnts die globale Branche mehr oder weniger erobert”, sagte Obermann, der früher Chef der Deutschen Telekom war. Wenn der Airbus-Konzern seine Weltmarktführerschaft in der Luftfahrt auch in 10 oder 15 Jahren noch verteidigen wolle, müsse er daher alle möglichen Effizienz- und Innovationsanstrengungen unternehmen. ck

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Peking wirft G7 “Einmischung” vor

Peking hat der Gruppe der sieben Industrienationen (G7) nach ihrem Gipfeltreffen in England “Einmischung in innere Angelegenheiten” vorgeworfen. Der Sprecher der chinesischen Botschaft in London sagte am Montag, das Kommuniqué verdrehe Fakten zu Xinjiang, Hongkong und Taiwan und verunglimpfe China. Es enthülle “die finsteren Absichten der USA und einiger anderer Länder”.

Die G7 sind in ihrer Abschlusserklärung ungewöhnlich kritisch auf China eingegangen und haben angekündigt, gemeinsam gegen unfaire Handelspraktiken, Menschenrechtsverstöße und das harte Vorgehen Pekings in der früheren britischen Kronkolonie Hongkong vorzugehen.

Zu Hongkong betonte der chinesische Botschaftssprecher, dass die G7 sich der Realität stellen sollten, Hongkong sei schon vor 24 Jahren an China zurückgegeben worden. Zum G7-Treffen sagt er: Das Gipfeltreffen zeige “der Welt die Praxis ‘kleiner Zirkel’ und der Block- und Machtpolitik, die künstlich Konfrontation und Spaltung” schaffe.

Xinjiang sei nicht eine Frage von Menschenrechten, vielmehr gehe es in Chinas Nordwestregion um den Kampf gegen Gewalt, Separatismus und Extremismus. Neben den USA haben auch die EU und andere Staaten Sanktionen gegen China wegen der Menschenrechtslage der Uiguren in Xinjiang ausgesprochen (China.Table berichtete). Peking konterte seinerseits mit Sanktionen und Strafmaßnahmen gegen westliche Politiker und Organisationen.

Auch den Vorwurf unfairer Handelspraktiken wies der Botschaftssprecher zurück und warf den USA vor, unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit chinesische Firmen zu schikanieren. niw

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Was die Grünen mit China vorhaben

Die Grünen um ihre Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock haben ihr Wahlprogramm verabschiedet. 98 Prozent der Delegierten stimmten auf dem Bundesparteitag für das Programm mit dem Slogan “Deutschland. Alles ist drin”.

Doch was steht tatsächlich drin? China.Table hat die wichtigsten Passagen mit China-Bezug herausgesucht:

  • China ist Europas Wettbewerber, Partner, systemischer Rivale.  
  • Wir verlangen von China ein Ende seiner eklatanten Menschenrechtsverletzungen etwa in Xinjiang und Tibet und zunehmend auch in Hongkong.
  • Es braucht einen konstruktiven Klima-Dialog mit China und wir streben gemeinsame politische, wirtschaftliche und technologische Anstrengungen sowie eine Einhaltung von nachhaltigen Produktstandards und einen transparenten Fahrplan zur Bekämpfung der Klimakrise, beispielsweise durch einen Kohleausstieg in China an.
  • Kooperation mit China darf nicht zu Lasten von Drittstaaten oder von Menschen- und Bürger*innenrechten gehen.
  • Wir halten uns an die “Ein-China-Politik” der Europäischen Union und betonen, dass die Vereinigung mit Taiwan nicht gegen den Willen der Bevölkerung Taiwans erzwungen werden darf. Gleichzeitig wollen wir den politischen Austausch mit Taiwan ausbauen.
  • Unsere Handelsbeziehungen mit China wollen wir nutzen, um fairen Marktzugang für ausländische Investitionen, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen einzufordern (China.Table berichtete).
  • Wir erwarten, dass China die entscheidenden Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO ratifiziert und jede Form von Zwangsarbeit beendet. Das europäische Lieferkettengesetz muss angesichts der Menschenrechtsverletzung – etwa in Xinjiang – Waren aus Zwangsarbeit den Zugang zum Binnenmarkt ebenso verwehren, wie es Unternehmen für ihre Produkte in Haftung nimmt.
  • Dem europäisch-chinesischen Investitionsabkommen CAI können wir in seiner jetzigen Form nicht zustimmen.
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Portrait

Philipp Böing – ZEW Forscher zu Subventionen für Innovation

Senior Researcher ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim

Als Philipp Böing 2010 in Peking saß und Patentpapiere analysierte, interessierten sich noch wenige für chinesische Innovationsförderung. Die Forschergemeinde befasste sich nicht damit, die Daten musste er mühsam suchen. “Ich kann mich erinnern, dass ich tagelang im Kopierraum des nationalen Statistikbüros zugebracht habe, um mir aus den Jahrbüchern die Zahlen zusammenzusammeln.” Aber Philipp Böing wollte für seine Masterarbeit unbedingt herausfinden, wie viel Innovationspotenzial in diesem Land steckte, das 15 Jahre zuvor noch eine Planwirtschaft war. Sein Schluss damals: Da ist deutlich Luft nach oben.

Das Thema chinesische Innovation hat den Wirtschaftswissenschaftler, der inzwischen Senior Researcher im ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim ist, nicht losgelassen. Nach seiner Masterarbeit an der Frankfurt School of Finance and Management machte er seinen Doktor summa cum laude in der Wirtschaftswissenschaft an ebenjener. Immer mit der Frage: Wie gut funktioniert die Innovationsförderung Chinas und was bedeutet die innovationsgetriebene Entwicklung des Landes für den Rest der Welt. Damit beschäftigten sich noch zu wenige seiner deutschen Kollegen, sagt Böing. Seit 2014 ist der nun 38-Jährige am ZEW, bis 2019 forschte er zwei Jahre lang als Gastprofessor an der Pekinger Universität. “Man hat dort das Gefühl, man bekommt Weltgeschichte im Vorbeifahren mit”, sagt Böing. “Es ist so dynamisch, es passiert so unheimlich viel.” Seine Erkenntnisse darüber will er teilen. Er beriet schon unter anderem die Weltbank und die US-China-Kommission.

China versuche gerade effizienter zu werden in der Innovationsförderung. Für ihr Geld mehr Innovation und dadurch Produktivität und Wirtschaftswachstum herauszubekommen. Die Subventionspolitik Chinas sei gut designt und könne das schaffen, sagt Böing. Das habe seine neueste, noch nicht veröffentlichte Forschungsarbeit ergeben. “Allerdings wurde in der Vergangenheit ein nicht unerheblicher Teil der chinesischen Subventionen in Forschung und Innovation von den chinesischen Firmen zweckentfremdet.” China sehe sich zwar gerne als Innovationsweltmeister, sagt Böing. Viele Innovationen kämen aber aus der Not. Zum Beispiel mobiles Bezahlen, das sich in China entwickelt habe, weil der höchste Geldschein 100 Renminbi war und es schon einmal passieren konnte, dass das Portemonnaie nach dem Geldautomaten “so dick war, dass es in keine Hose passte.”

Ob die chinesischen Innovationen es trotzdem schaffen können, deutsche Mitbewerber vom Markt zu verdrängen oder zu mehr Investitionen zu motivieren, will Böing in den nächsten drei Jahren gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung herausfinden. Privat ist es die chinesische Vergangenheit, die ihn fesselt. Morgens, wenn er Chen Thai Chi mit dem Schwert auf seiner Terrasse übt oder nachmittags, wenn er einen chinesischen Tee trinkt, am liebsten angebaut auf dem Wuyi-Berg. “Das sind klassische Aspekte der chinesischen Kultur, die ich sehr bereichernd finde und die teilweise über das Wohl und Weh der Tagesarbeit mit China hinweghelfen”, sagt Böing. Marita Wehlus

  • Finanzen
  • Innenpolitik der KP China

Presseschau

Delta variant of Covid spreading rapidly and detected in 74 countries THE GUARDIAN
Win or Lose, U.S. War Against China or Russia Won’t Be Short BLOOMBERG
Hong Kong-Taiwan spat threatens cross-Strait business FT (PAY)
NATO nations ready to jointly respond to attacks in space INDEPENDENT
Nato says China presents ‘systemic challenges’ and vows to counter its rise SCMP
NATO Leaders Focus on China’s Military Ambitions NYTIMES
China’s space race gathers pace: next stop, Jupiter? SCMP
China verurteilt “Lügen, Gerüchte und grundlose Vorwürfe” der G7 ZEIT
China weist Berichte über Leck in Atomkraftwerk zurück FAZ
Nato-Gipfelerklärung-Nato will Russland und China in Schach halten ZDF
Stoltenberg will China nicht als »Gegner« bezeichnen SPIEGEL
China als neuer Lieblingsgegner der Nato DER STANDARD
Möglicher Nuklearunfall in China: Konzern ermittelt nach Bericht über AKW-Leck N-TV
China-Rover Zhurong schickt einzigartiges Selfie vom Mars T3N

Personalien

Markus Bangen is to become the new Chief Executive Officer of Duisburger Hafen AG. He will be responsible for managing the inland port from Dec. 1, 2021. Bangen succeeds Erich Staake, who is retiring. Bangen (born 1972) studied law and has been head of the legal department at the Port of Duisburg since 2000 and also of the human resources department since 2003. In 2008, he moved up to the Executive Board, where he was responsible not only for legal affairs and human resources but also for purchasing, industrial logistics, superstructure and terminals. As a logistics hub in Europe, the Port of Duisburg is an important part of the Chinese Belt and Road Initiative.

Carsten Hinne (born 1975) has been appointed to the Executive Board of Duisburger Hafen AG. Hinne was most recently Senior Vice President of DB Cargo AG, responsible for the realignment and organization of the newly created business unit along the Eurasian corridor. “At DB Cargo, Carsten Hinne gained extensive expertise in corridor development to China. I am sure that the Port of Duisburg will benefit from this in the future,” says Supervisory Board Chairman Hendrik Schulte.

Markus Teuber is the new China Representative of the City of Duisburg. Teuber, who has a degree in law, worked for Duisburger Hafen AG from 1982 to 2019, most recently as Chief Representative. During his time at the Port of Duisburg, he also oversaw the establishment and expansion of business relations with Chinese companies. In the future, Teuber will take care of the strategic expansion in the area of China to attract more Chinese companies to the city. “Relations with China and the associated economic benefits for the city of Duisburg are playing an increasingly important role. I am very pleased that with Markus Teuber, we have been able to gain a proven expert to continue the work of Johannes Pflug. Together we will further strengthen Duisburg as a China city,” said Soeren Link, Lord Mayor of the City of Duisburg.

Soeren Link has set up a unit for China affairs in his department. It will not only support Teuber, the new China representative, in his tasks but will also take care of all China-related issues within the administration. niw

  • Duisburger Hafen AG
  • Markus Bangen

Dessert

Drachenbootrennen sind der Höhepunkt des Duanwu-Feiertags. Traditionell wird dabei an den Dichter Qu Yuan erinnert. Um ihm aus dem Wasser zu retten, paddelten Fischer um die Wette zum Unglücksort. Mittlerweile werden überall auf der Welt Drachenbootwettkämpfe organsiert.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Nato: China eine “systemische Herausforderung”
    • AKW Taishan: radioaktives Leck oder Normalbetrieb?
    • Grüne Wolkenkratzer
    • Airbus warnt vor Konkurrenz
    • Peking wirft G7 “Einmischung” vor
    • Bundestagswahlprogramm der Grünen
    • Im Portrait: Philipp Böing – ZEW Forscher zu Subventionen für Innovation
    • Personalien: Vorstand Duisburger Hafen und neuer China-Beauftragter
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    es muss ein Kraftakt für die Nato gewesen sein, alle 30 Mitglieder auf eine Linie gegenüber China zu bekommen. Zwar suggeriert die Abschlusserklärung Einigkeit, China wird gar als “systemische Herausforderung” bezeichnet, doch hinter den Kulissen prallten unterschiedlichste Interessen aufeinander, berichtet Amelie Richter. Nato-Generalsekretär Stoltenberg spricht von einem Schlüsselmoment und stellt fest: Der Aufstieg der Volksrepublik ist die größte Sicherheitsherausforderung unserer Zeit. Seine Bilanz: China rückt näher an uns heran. Ob das gut oder schlecht ist, liegt wohl im Auge des jeweiligen Betrachters.

    Die Sicht der amerikanischen Regierung auf China ist auch unter US-Präsident Joe Biden klar. Am Montag kursierten in amerikanischen Medien Berichte, wonach das Atomkraftwerk Taishan wegen Sicherheitsproblemen kurz vor der Abschaltung stehe. China reagierte empört, alles sei in bester Ordnung. Finn Mayer-Kuckuk ist mit dem Atommeiler bestens vertraut, 2010 recherchierte er vor Ort: Denn die beiden mit französischer Hilfe gebauten Druckwasserreaktoren in Taishan sind vom Typ EPR und die weltweit einzigen Blöcke dieser Art, die bislang Strom liefern. Unsere Analyse zeigt: Die Wahrheit liegt zwischen der US-Warnung eines radioaktiven Lecks und der chinesischen Replik vom Normalbetrieb.

    Etwas Verblüffendes hat Frank Sieren zu berichten: Chinas Wolkenkratzer gehören zu den nachhaltigsten der Welt. Selbst aus Amerika erhält man für seine umweltfreundlichen Innovationen renommierte Preise. Doch bislang sind die Bauherren meist staatlich. Das will Peking nun mit neuen Verordnungen ändern. Wie wichtig das wäre, zeigt ein Blick auf die aktuellen Bauzahlen: In keinem anderen Land der Welt entstehen mehr neue Wolkenkratzer als in China.

    Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

    Ihr
    Michael Radunski
    Bild von Michael  Radunski

    Analyse

    Nato: China eine “systemische Herausforderung”

    Wie wichtig das Gipfeltreffen des Nordatlantischen Verteidigungsbündnisses war, machte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sehr deutlich: Die Nato befinde sich in einem Schlüsselmoment (“pivotal moment”) und beginne ein “neues Kapitel”, betonte der Norweger am Montag über den Tag hinweg mehrfach in Brüssel. Nicht nur, weil mit US-Präsident Joe Biden die transatlantische Allianz nach vier Trump-Jahren wieder ein zugewandteres und engagiertes Washington erlebt – sondern auch wegen der Neuausrichtung der Nato gegenüber China. Und die ging von 0 auf 100: Denn die Volksrepublik wurde erst vor gut 18 Monaten überhaupt erstmals in einem Statement des Bündnisses erwähnt. Nun findet sich China gleich an zehn Stellen in dem verabschiedeten Kommuniqué der Nato-Staats- und Regierungschefs wieder. In der Abschlusserklärung wird China erstmals als “systemische Herausforderung” eingestuft.

    Die Allianz aus insgesamt 30 Staaten werde China künftig “mit Blick auf die Verteidigung der Sicherheitsinteressen des Bündnisses einbeziehen”, heißt es in dem Abschlusspapier. Der wachsende Einfluss der Volksrepublik und seine internationale Politik könnten Herausforderungen bergen, die als Bündnis gemeinsam angegangen werden müssten. An einem Punkt wird die Nato deutlicher als die G7-Staaten am vergangenen Wochenende: China verfolge eine Zwangspolitik (“coercive policies”), die im Gegensatz zu den Grundwerten des Nordatlantikvertrags stehe.

    Merkel spricht sich für Dialog-Format aus

    In der Erklärung wird Peking aufgerufen, seine “internationalen Verpflichtungen einzuhalten” und der “Rolle als Großmacht” gerecht zu werden – auch auf See, im Cyberspace und im Weltraum. Zudem soll China hinsichtlich seiner nuklearen Fähigkeiten Transparenz schaffen und vertrauensbildende Maßnahmen ergreifen: China erweitere sein Nukleararsenal mit mehr Sprengköpfen und einer größeren Anzahl ausgeklügelter Trägersysteme, bleibe dabei aber “undurchsichtig”, heißt es weiter in der Abschlusserklärung. Sorgen mache man sich auch wegen des Einsatzes von gezielter Desinformation durch die Volksrepublik, betonte Stoltenberg nach dem Gipfeltreffen.

    Mit dem verabschiedeten Text habe die Nato einen langen Weg hinter sich, so der Generalsekretär und verwies auf die erste Erwähnung der Volksrepublik vor gerade mal 18 Monaten. Obwohl China nun als “systemische Herausforderung” gesehen werde, sei es wichtig, weiterhin miteinander zu sprechen, so Stoltenberg. China sei kein “Gegner”. Von dieser Wortwahl wurde auch bewusst in dem gemeinsamen Statement abgesehen. Einige Brüssel-Beobachter hätten sich noch herausfordernde Worte gewünscht – und auch konkretere Vorschläge. “Für mich zählt, dass wir eine gemeinsame und klare Positionierung gegenüber China gefunden haben”, sagte Stoltenberg.

    Die Nato verpflichtete sich zu einem Dialog mit Peking, “wo das möglich ist”. Beispielsweise in Klimafragen. Für diese diplomatische Position hatte sich nicht zuletzt auch Deutschland starkgemacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich nach dem Gipfel dafür aus, dass die Allianz ein eigenes Dialogformat mit China entwickle, wie unter anderem Bloomberg berichtete. China spiele zunehmend eine Rolle, sagte Merkel laut Berichten. Das sei jedoch auch der Fall für die gesamte indopazifische Region, räumte sie ein. Das liege vor allem daran, “dass die Vereinigten Staaten auch eine pazifische Nation sind”, gab Politico die Bundeskanzlerin wieder. “Ich denke aber, wir sollten die Bedeutung nicht überbewerten”, sagte Merkel demnach mit Blick auf die Schlussfolgerungen zu China.

    Nato richtet Innovations-Fonds ein

    Auf die Frage, wie bereit Länder wie Deutschland seien, die wirtschaftlich eng mit China verbunden sind, Peking gegenüber härter vorzugehen, antwortete Stoltenberg: “Wir müssen uns den Herausforderungen stellen, die der Aufstieg Chinas für unsere Sicherheit mit sich bringt, auch wenn viele Verbündete wirtschaftliche Beziehungen zu China haben.” Es gebe nicht nur das eine oder das andere.

    Der Nato-Generalsekretär appellierte an die Mitgliedsstaaten und verwies auf deren Verantwortung, wenn es darum gehe, den Herausforderungen zu begegnen: “Es geht auch sehr darum, was wir ‘zu Hause’ machen.” Als Beispiele nannte er den Schutz kritischer Infrastruktur wie Häfen oder die Ausstattung des 5G-Netzes durch Huawei. “China kommt näher zu uns”, sagte Stoltenberg. Um technisch mit China mithalten zu können, kündigte er die Einrichtung des Defence Innovation Accelerator und eines Nato-Innovationsfonds an.

    Stoltenberg hat nun den Auftrag, bis zum nächsten Treffen in einem Jahr ein neues strategisches Konzept auszuarbeiten. Die Alliierten beschlossen außerdem acht Kernelemente der “Nato 2030”-Reformagenda. Dazu gehören unter anderem mehr politische Konsultationen im Bündnis und ein Beitrag des Militärs zum Klimaschutz. Der Gemeinschaftshaushalt der Allianz soll zudem nach einer Bedarfsanalyse erhöht werden. Eine genaue Zahl für die Erhöhung gab es noch nicht.

    Ist China eine Nato-Angelegenheit? Uneinigkeit im Bündnis

    In der Reformagenda verpflichtet sich das Bündnis Partnerschaften auszubauen, beispielsweise mit der Europäischen Union oder mit Staaten im indo-pazifischen Raum. Eine Idee, für die sich auch der kanadische Premierminister Justin Trudeau aussprach: “Wir müssen sicherstellen, dass wir uns als Allianz, obwohl wir viel mehr ‘atlantisch’ als ‘pazifisch’ sind, der globalen Einflüsse Chinas bewusst sind”, so der Kanadier.

    Die neu gefundene Aufmerksamkeit für China sah eine wichtiger europäischer Staat aber anders. “Die Nato ist eine nordatlantische Organisation, China hat nichts mit dem Nordatlantik zu tun”, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron Medienberichten zufolge nach dem Gipfel. “Wir sollten nicht von den vielen Herausforderungen ablenken, die wir innerhalb der Nato haben.”

    Von US-Präsident Biden, der erstmals seit seinem Amtsantritt Europa besuchte, kam ein klares Bekenntnis zu dem Verteidigungsbündnis: “Unsere Nato-Allianz ist stärker denn je”, schrieb Biden auf Twitter. Biden traf am Montag noch den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Trotz des neuen Interesses der Nato an China bleibt Moskau weiterhin das Top-Thema im Kommuniqué der Alliierten: 63 Erwähnungen entfielen in dem Text auf Russland.

    • Geopolitik
    • Nato

    AKW Taishan: radioaktives Leck oder Normalbetrieb?

    Wenn Kernkraftwerksbetreiber der Öffentlichkeit versichern, es bestehe kein Grund zur Beunruhigung, dann wird diese meist erst richtig misstrauisch. Zumal, wenn die Anlage in unmittelbarer Nähe des Perflussdeltas liegt, einer Mega-Metropolregion mit über 100 Millionen Einwohnern auf engstem Raum. Unter anderem liegen Hongkong, Shenzhen und Guangzhou in unmittelbarer Nähe.

    Nach Berichten über ein Leck im chinesischen AKW Taishan haben die Betreiber nun Spekulationen über mögliche Gefahren und Umweltschäden vehement zurückgewiesen (China.Table berichtet). Die China General Nuclear Power Group (CGN) teilte in der Nacht zum Montag mit, die Umweltdaten in dem Atomkraftwerk sowie in dessen Umgebung seien allesamt “normal”.

    Die Behörden und die Betreiber messen regelmäßig die Werte des AKW in der südchinesischen Provinz Guangdong, beide Blöcke arbeiten entsprechend den Sicherheitsvorschriften, ließ CGN mitteilen. Neben der China General Nuclear Power Group ist auch das französische Atomunternehmen Framatome an dem Kraftwerk beteiligt.

    Auch der Energiekonzern Electricité de France (EDF), der einst beim Bau der Anlage beteiligt war, gab am Montag Entwarnung. Er bestätigte zu Wochenbeginn die Einhaltung der Grenzwerte für die Freisetzung von Gasen in die Atmosphäre. “Wir haben keine Dynamik eines Unfalls mit Kernschmelze”, sagte ein Sprecher. EDF ist zu 30 Prozent an dem Kraftwerk beteiligt. Das Unternehmen ist die Konzernmutter von Mitbetreiber Framatome.

    Die Betreiber berichten von einer “Beschädigung der Umhüllung” einiger Brennstäbe. Dadurch gelangen radioaktive Edelgase in den inneren Kühlkreislauf, erläutert EDF. Das ist nicht erwünscht, aber in dieser Form auch nicht gefährlich. Wie viele Brennstäbe betroffen sind, sagten die beteiligten Unternehmen nicht. Nur soviel: “Wir haben es nicht mit einer Kontamination zu tun, sondern mit einer kontrollierten Freisetzung”, ergänzte der EDF-Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

    Die Edelgase Xenon und Krypton entstehen in dem Reaktor aus Uran. Unter dem Bombardement der Neutronen während der Kettenreaktion spalten die Atomkerne des Urans sich in leichtere Elemente auf. Dabei entstehen zahlreiche Isotope. Neben Metallen und anderen Elementen sind das auch kleine Mengen an Edelgasen. Sie spielen für die Sicherheit insofern eine Rolle, als Gase naturgemäß besonders leicht in die Umwelt gelangen. Andererseits verteilen sie sich schnell in der Luft und gelangen kaum in die menschliche Nahrungskette.

    Framatome sah nukleare Bedrohung

    Ein Block des Kraftwerks wurde ab 2009 von Framatome errichtet, das sich damals noch Areva nannte. Den identischen zweiten Block baute CGN wenige Monate zeitversetzt nach – gewissermaßen als Lernprojekt. Die Bauzeit sollte nur drei Jahre betragen, doch tatsächlich gingen die Blöcke nach etlichen Verzögerungen und zusätzlichen Sicherheitsprüfungen erst 2018 und 2019 ans Netz.

    Am Montag hatte der amerikanische Nachrichtensender CNN die Weltöffentlichkeit mit Berichten über eine “bevorstehende radioaktive Bedrohung” in China aufgescheucht. Die US-Regierung habe einen Hilferuf von Framatome erhalten, weil im AKW Taishan eine gefährliche Lage eingetreten sein. CNN berichtete, die chinesischen Behörden haben die Grenzwerte angehoben, weil sie sonst die Anlage hätten abschalten müssen.

    Ein kritisches Niveau sei aber nicht erreicht worden, betonte auch CNN. Gegenwärtig liege keine schwere Bedrohung vor – weder für die Arbeiter in dem Werk noch für die Öffentlichkeit in der Umgebung des AKW. Dennoch müsse die Lage weiter beobachtet werden.

    CNN zitiert auch amerikanische Experten, die sich um eine Einschätzung der Lage bemühen. Demnach übersteigen die Mengen an Edelgasen – die nicht da sind, wo sie sein sollen – eben doch die EU-Standards, an die sich die Betreiber gebunden fühlen. Das ist eine Situation, in der nach Einschätzung von Framatome zumindest Gesprächsbedarf bestehe. China besteht aber reflexartig darauf, dass alles vollständig in Ordnung sei – und will die Diskussion möglichst schnell abwürgen.

    Die Situation ist jedoch immerhin so ernst, dass der Sicherheitsrat des US-Präsidenten sich vergangene Woche mehrmals mit dem Vorfall beschäftigt habe, berichtet CNN. Die Regierung unter Joe Biden habe die Lage mit der französischen Regierung besprochen. Auch Chinas Regierung sei kontaktiert worden. Auf welcher Ebene und in welchem Umfang blieb zunächst unklar.

    Derweil teilte EDF am Montag weiter mit, man habe um eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung mit den chinesischen Betreibern gebeten, um alle verfügbaren Daten auswerten und notwendige Entscheidungen treffen zu können. Anlass für den Alarmhinweis von Framatome an die US-Behörden sei ein Antrag am 8. Juni gewesen, dringend eine Ausnahmeerlaubnis zu erhalten, amerikanische technische Daten und Unterstützung teilen zu dürfen, um das Problem zu lösen, berichtete CNN.

    Sicherer Reaktor mit Praxisproblemen

    Das AKW Taishan liegt westlich von Macao und Zhuhai in Yaogu an der Küste der chinesischen Provinz Guangdong. Der Name klingt ähnlich wie das unter Touristen beliebte Gebirge (泰山) im Nordosten des Landes, wird jedoch mit anderen Schriftzeichen geschrieben (台山).

    Die beiden mit französischer Hilfe gebauten Druckwasserreaktoren des neuen Typs (EPR) sind bisher die weltweit einzigen Blöcke dieser Art, die Strom liefern. Weitere Kraftwerke mit solchen Reaktoren werden unter anderem in Großbritannien und Frankreich errichtet. Ein Neubau im nordfranzösischen Flamanville hatte sich wegen Sicherheitspannen jedoch verzögert. Die französische Atomaufsicht bemängelte unter anderem Risse im Mantel des Reaktors.

    Auch ein Projekt im finnischen Olkiluoto hatte wegen Sicherheitsbedenken mit massiven Verzögerungen zu kämpfen. Der dortige Block 3, der dem Projekt im AKW Taishan technisch sehr ähnlich ist, konnte erst in diesem Jahr fertiggestellt werden – nach 16 Jahren Bauzeit. Die finnischen Inspektoren fanden immer neue Probleme, unter anderem mit dem Beton und mit Schweißnähten; angelieferte Teile passten nicht zusammen. In der Rückschau gilt das Vorhaben als Desaster, das Areva in den Ruin getrieben habe. Ein neuer EPR-Block im britischen Kraftwerk Hinkley Point befindet sich ebenfalls über den Budgetvorgaben und hinter dem Zeitplan. Er soll 2026 ans Netz gehen.

    Auch in China war das Projekt von Kritik am Sicherheitsniveau überschattet. Dort waren die Prüfungen im Vergleich zum Bau in Olkiluoto jedoch wesentlich weniger engmaschig, was den Baufortschritt begünstigte. Dennoch ist auch im AKW Taishan die Liste der Unregelmäßigkeiten lang: Auch hier war es die Materialqualität an entscheidenden Bauteilen wie dem Druckbehälter, die zwischenzeitlich in Frage stand. Am Ende erhielten aber alle Komponenten die Freigabe.

    Der Europäische Druckwasserreaktor (EPR) der dritten Generation gehört indessen zu den sichersten Atomkraftwerkstypen der Welt. Gerade die Diskussion um die Risiken der Kernenergie hat die Ingenieure hier zu hohen Leistungen angespornt. Selbst im Fall eines totalen Stromausfalles wie in Fukushima, bliebe das nötige Mindestmaß an Kühlung erhalten. Das macht eine Kernschmelze sehr unwahrscheinlich. Tritt sie doch ein, fängt ein hitzebeständiger “Core-Catcher” unter dem Reaktor die glühende Masse aus geschmolzenem Uran auf. Die Sensoren und Computer überwachen die Anlage im Normalbetrieb besonders kleinteilig und warnen selbsttätig vor unsicheren Situationen.

    Auch in Deutschland entweichen radioaktive Edelgase

    Die Entstehung radioaktiver Edelgase im Kraftwerksbetrieb ist normal – sie sollten bloß nicht in zu großer Menge in die Umgebung entweichen. Uran 235 zerfällt im Reaktor zunächst in Uran 236 und dann in das Gas Krypton 89 und in Barium 144. Krypton 89 existiert wegen seines schnellen Zerfalls jedoch nur wenige Minuten lang. Durch Kernspaltung entsteht jedoch auch Krypton 85, das mit 10.000 Jahren Halbwertzeit wesentlich stabiler ist. In Reaktoren entsteht auch radioaktives Xenon, ein weiteres Edelgas. Auch Wasserstoff existiert in einer strahlenden Variante, die in Kernkraftwerken anfällt.

    Auch in Deutschland dürfen Kernkraftwerke daher kleinste Mengen dieser Gase in die Umwelt entweichen lassen. Die genaue Menge unterliegt ständiger Überwachung durch die Betreiber und die Behörden und wird regelmäßig veröffentlicht. Eine versehentliche Freisetzung von Krypton 85, wie sie erst im April in der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt in Braunschweig passiert ist, gilt jedoch als ernstzunehmendes Ereignis. Michael Radunski/ Finn Mayer-Kuckuk

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    Grüne Wolkenkratzer

    Ende vergangener Woche hat das Washingtoner US Green Building Council (USGBC) den Leadership Award für nachhaltiges Bauen an Gensler China verliehen. Der chinesische Ableger des amerikanischen Architekturbüros hat unter anderem eines der nachhaltigsten Wolkenkratzer der Welt gebaut: den Shanghai Tower, mit seinen 632 Metern das zweithöchste Gebäude der Welt nach dem Burj Khalifa in Dubai. Auftraggeber des Towers war die Stadtverwaltung von Shanghai. 

    Der Tower hat den LEED Platin Standard erreicht. Der LEED ist die höchste Umweltzertifizierung weltweit, die vom USGBC seit mehr als 20 Jahren vergeben wird. Dass die Preisverleihung im Umfeld des G7-Gipfels stattfindet, ist kein Zufall. Es ist ein gelungenes Beispiel der Zusammenarbeit der USA und China. Trotz aller unterschiedlichen Auffassungen, die auch beim G7-Gipfel sichtbar wurden, ist Washington und Peking an einer Zusammenarbeit im Klimaschutzbereich gelegen.    

    Vorbildlich nachhaltig

    Neuste Technologie ist bei dem Turm verbaut worden, der bereits 2015 in Betrieb genommen wurde und noch immer als vorbildlich gilt: Die Fassade dreht sich in sich um 120 Grad und mindert damit die Angriffsfläche für den Wind. Damit kommt das Gebäude mit 25 Prozent weniger Stahl aus, was 58 Millionen US-Dollar an Kosten gespart hat. 

    270 vertikale Windturbinen sind in der Fassade verbaut, die 350.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr generieren. Das sind immerhin zehn Prozent des Strombedarfs. Die doppelte Glas-Fassade schützt vor zu großer Erhitzung des Gebäudes, was im subtropischen Shanghai wichtig ist. Die Klimaanlagen müssen entsprechend weniger arbeiten. Gekühlt und geheizt wird auf Basis von Geothermie. Das Wasser wird weitgehend recycelt. Regenwasser gesammelt. 

    Der Shanghai Tower ist jedoch nicht das einzige Gebäude, das vom Green Building Council als besonders nachhaltig zertifiziert wurde. 

    Grüne Highlights

    Der Kingkey 100 Tower in Shenzhen gehört ebenso dazu wie der Jinmao-Tower, das dritthöchste Gebäude in Shanghai-Pudong und eines der schönsten zeitgenössischen Wolkenkratzer. Es steht direkt neben dem Shanghai Tower. Das vom Amerikaner Adrian Smith aus dem Architekturbüro SOM entworfene Gebäude, das schon mehr als 20 Jahre alt ist, recycelt laut des amerikanischen Umweltmagazins EcoWatch unter anderem 70 Prozent des Abfalls und Abwassers aus seinen 88 Stockwerken. Der Jinmao Tower zeigt also, dass Nachhaltigkeit bei Wolkenkratzern in China nicht erst gestern entdeckt wurde – und, dass die Amerikaner dabei auch noch eine zentrale Rolle spielen. 

    Auch in Hongkong gibt es vorbildliche Wolkenkratzer, wenn auch nicht so spektakulär wie in Shanghai oder Shenzhen: Das 48-stöckige One Taikoo Place gehört ebenso dazu wie das International Commerce Centre mit seinen 108 Etagen. Mit dem LEED Gold Zertifikat gehören die Gebäude laut USGBC zu den Top drei Prozent der grünen Wolkenkratzer weltweit. Seit 2012 hat der Öko-Turm One Taikoo den jährlichen Stromverbrauch von 4500 Drei-Personen-Haushalten eingespart.

    Auf dem Festland werden solche Häuser meist vom Staat als Bauherr selbst nachgefragt. Den privaten Bauherren sind die Umweltinvestitionen oft noch zu teuer. 

    Strengere Regeln

    Peking zwingt die Bauherren zu mehr Umweltschutz mit einer neuen Verordnung die bereits am 27. April 2020 in Kraft getreten ist und zusammen von Ministerium Wohnungsbau und Stadt-Land Entwicklung sowie der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission herausgebracht wurde. Dabei wurde ein Limit von 500 Metern Höhe eingeführt, bei dem die beiden Behörden die Umweltstandards aber auch Erdbebensicherheit besonders streng überprüfen. Auch das Sammeln und Recyclen von Wasser spielt eine Rolle. Und es geht um die Aufheizung der Fassaden oder um Fragen der Dämmung, um Temperaturschwankungen zu verringern. Aber auch schon bei Gebäuden über 100 Metern wird seitdem genauer hingesehen.

    Statt auf Höhe und Prestige sollten die Städte ihre Architektur verstärkt danach ausrichten, ob sie “für die Nutzung geeignet, wirtschaftlich, grün und künstlerisch ansprechend” sind, erklärte das Ministerium für Wohnungsbau und Stadt-Land-Entwicklung. Die Zeiten, in denen Peking “hoch” genügt hat, um der Welt die Wirtschaftskraft Chinas deutlich zu machen, sind vorbei. Inzwischen geht es um Lebensqualität.

    Einige Entwickler reagierten bereits auf die Direktive, indem sie die Höhe laufender Projekte kurzerhand zurückstutzten. So wurde das Zhongnan Center in Suzhou von 729 Metern auf 499 Meter reduziert. Das Wuhan Greenland Center in der Provinz Hubei, das mehr als 600 Meter hoch werden sollte, wurde im vergangenen Jahr auf 475 Meter verkürzt. Der China Resources Hubei Landmark Tower im Luohu-Distrikt in Shenzhen war mit einer Höhe von 830 Metern geplant, soll nun aber “nur” noch 500 Meter messen. So geht neue Bescheidenheit.

    Wolkenkratzer als Umweltverschmutzer 

    Nach Schätzungen von EcoWatch produzieren die Wolkenkratzer der Welt 40 Prozent der CO2-Emissionen. Dennoch seien Wolkenkratzer nicht grundsätzlich umweltschädlich. Eine amerikanische Studie hat herausgefunden, dass Vorstadtpendler, selbst wenn sie in der Nähe einer S-Bahn wohnen, 27 Prozent mehr Energie verbrauchen als Menschen die in umweltfreundlichen Hochhäusern wohnen und zu Fuß zur Arbeit gehen können. 

    Das China nachhaltige Wolkenkratzer baut, ist also nicht nur wichtig für China, sondern auch wichtig für die Welt. Laut einer Erhebung des Council on Tall Buildings and Urban Habitat, einer in Chicago ansässigen Non-Profit-Organisation, die sich auf die Planung und den Bau von Hochhäusern spezialisiert hat, befinden sich fünf der zehn höchsten Gebäude der Welt derzeit in China. Dazu gehören neben dem Shanghai Tower das Ping An Finance Center (599 Meter) in Shenzhen, das Guangzhou CTF Finance Center und das Tianjin CTF Finance Center (beide 530m) sowie der Citic Tower in Peking (528 Meter). 

    Zudem liegen heute 44 der 100 höchsten Gebäude der Welt in China. Mehr als die Hälfte der im vergangenen Jahr neu gebauten Gebäude mit einer Höhe von 200 Metern oder mehr lagen demnach ebenfalls in China. Als Stadt liegt allerdings noch Dubai mit zwölf Wolkenkratzer-Fertigstellungen vorne, gefolgt von den chinesischen Städten Shenzhen und Shenyang mit neun beziehungsweise acht Neubauten.

    Bei den Gebäuden, die derzeit gebaut werden, liegt China höhenmäßig ebenfalls weit vorne. 18 der 25 neu geplanten Rekordhochhäuser werden in der Volksrepublik gebaut, darunter das Tianshan Gate of the World in Shijiazhuang (450 Meter, Fertigstellung: 2025). Das höchste derzeit im Bau befindliche Gebäude der Volksrepublik ist laut der US-Skyscraper-Datenbank das Greenland Jinmao International Financial Center in Nanjing mit 499,8 Metern (Fertigstellung: 2025). 

    Doch noch sind nicht alle diese Gebäude nachhaltig. Zu den grünen Bauten auf dem chinesischen Festland, die derzeit am meisten Aufsehen erregen, gehören die Vertical-Forest-Gebäude des italienischen Architekturbüros Stefano Boeri in den Städten in Huanggang und Nanjing. 

    Doch solche Konzepte gehen nicht immer auf. In der Stadt Chengdu etwa konnten acht Wohntürme zeitweilig nicht bezogen werden, da sich Massen von Insekten in den üppig begrünten Fassaden und Balkonen niedergelassen hatten. 

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    News

    Airbus warnt vor Konkurrenz aus China

    Der europäische Flugzeughersteller Airbus erwartet wachsende Konkurrenz aus China. Die Luftfahrt werde zunehmend von digitalen Technologien und vom Eintritt neuer Wettbewerber in den Markt beeinflusst, sagte Airbus-Verwaltungschef René Obermann dem Handelsblatt. Obermann nannte dabei den neuen chinesischen Flugzeugbauer Comac, der mit dem C919 derzeit ein Flugzeug in der Größe von Airbus’ Verkaufsschlager A320 entwickelt. 2017 hob die C919 erstmals ab; inzwischen laufen Testflüge für die Zulassung. Diese könnte nach einem Bericht des Fachmagazins Simple Flying noch 2021 erfolgen. Die Triebwerke stammen laut Handelsblatt von CFM, einem Gemeinschaftsunternehmen des US-Konzerns General Electric und des französischen Herstellers Safran.

    Airbus droht vor allem auf dem gigantischen Flugzeugmarkt China Konkurrenz durch Comac (China.Table berichtete). Chinas Airlines fliegen eine große Zahl an Airbus-Maschinen, dürften aber in der Zukunft auch verstärkt die C919 bestellen. Im März bestellte die China Eastern Airlines fünf C919-Jets. Dies sei die erste C919-Order weltweit gewesen, berichtete damals die staatliche Zeitung China Daily.

    Auch bei der Telekommunikation habe “die chinesische Konkurrenz, insbesondere Huawei, innerhalb eines Jahrzehnts die globale Branche mehr oder weniger erobert”, sagte Obermann, der früher Chef der Deutschen Telekom war. Wenn der Airbus-Konzern seine Weltmarktführerschaft in der Luftfahrt auch in 10 oder 15 Jahren noch verteidigen wolle, müsse er daher alle möglichen Effizienz- und Innovationsanstrengungen unternehmen. ck

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    Peking wirft G7 “Einmischung” vor

    Peking hat der Gruppe der sieben Industrienationen (G7) nach ihrem Gipfeltreffen in England “Einmischung in innere Angelegenheiten” vorgeworfen. Der Sprecher der chinesischen Botschaft in London sagte am Montag, das Kommuniqué verdrehe Fakten zu Xinjiang, Hongkong und Taiwan und verunglimpfe China. Es enthülle “die finsteren Absichten der USA und einiger anderer Länder”.

    Die G7 sind in ihrer Abschlusserklärung ungewöhnlich kritisch auf China eingegangen und haben angekündigt, gemeinsam gegen unfaire Handelspraktiken, Menschenrechtsverstöße und das harte Vorgehen Pekings in der früheren britischen Kronkolonie Hongkong vorzugehen.

    Zu Hongkong betonte der chinesische Botschaftssprecher, dass die G7 sich der Realität stellen sollten, Hongkong sei schon vor 24 Jahren an China zurückgegeben worden. Zum G7-Treffen sagt er: Das Gipfeltreffen zeige “der Welt die Praxis ‘kleiner Zirkel’ und der Block- und Machtpolitik, die künstlich Konfrontation und Spaltung” schaffe.

    Xinjiang sei nicht eine Frage von Menschenrechten, vielmehr gehe es in Chinas Nordwestregion um den Kampf gegen Gewalt, Separatismus und Extremismus. Neben den USA haben auch die EU und andere Staaten Sanktionen gegen China wegen der Menschenrechtslage der Uiguren in Xinjiang ausgesprochen (China.Table berichtete). Peking konterte seinerseits mit Sanktionen und Strafmaßnahmen gegen westliche Politiker und Organisationen.

    Auch den Vorwurf unfairer Handelspraktiken wies der Botschaftssprecher zurück und warf den USA vor, unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit chinesische Firmen zu schikanieren. niw

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    • Innenpolitik der KP China
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    Was die Grünen mit China vorhaben

    Die Grünen um ihre Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock haben ihr Wahlprogramm verabschiedet. 98 Prozent der Delegierten stimmten auf dem Bundesparteitag für das Programm mit dem Slogan “Deutschland. Alles ist drin”.

    Doch was steht tatsächlich drin? China.Table hat die wichtigsten Passagen mit China-Bezug herausgesucht:

    • China ist Europas Wettbewerber, Partner, systemischer Rivale.  
    • Wir verlangen von China ein Ende seiner eklatanten Menschenrechtsverletzungen etwa in Xinjiang und Tibet und zunehmend auch in Hongkong.
    • Es braucht einen konstruktiven Klima-Dialog mit China und wir streben gemeinsame politische, wirtschaftliche und technologische Anstrengungen sowie eine Einhaltung von nachhaltigen Produktstandards und einen transparenten Fahrplan zur Bekämpfung der Klimakrise, beispielsweise durch einen Kohleausstieg in China an.
    • Kooperation mit China darf nicht zu Lasten von Drittstaaten oder von Menschen- und Bürger*innenrechten gehen.
    • Wir halten uns an die “Ein-China-Politik” der Europäischen Union und betonen, dass die Vereinigung mit Taiwan nicht gegen den Willen der Bevölkerung Taiwans erzwungen werden darf. Gleichzeitig wollen wir den politischen Austausch mit Taiwan ausbauen.
    • Unsere Handelsbeziehungen mit China wollen wir nutzen, um fairen Marktzugang für ausländische Investitionen, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen einzufordern (China.Table berichtete).
    • Wir erwarten, dass China die entscheidenden Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO ratifiziert und jede Form von Zwangsarbeit beendet. Das europäische Lieferkettengesetz muss angesichts der Menschenrechtsverletzung – etwa in Xinjiang – Waren aus Zwangsarbeit den Zugang zum Binnenmarkt ebenso verwehren, wie es Unternehmen für ihre Produkte in Haftung nimmt.
    • Dem europäisch-chinesischen Investitionsabkommen CAI können wir in seiner jetzigen Form nicht zustimmen.
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    Portrait

    Philipp Böing – ZEW Forscher zu Subventionen für Innovation

    Senior Researcher ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim

    Als Philipp Böing 2010 in Peking saß und Patentpapiere analysierte, interessierten sich noch wenige für chinesische Innovationsförderung. Die Forschergemeinde befasste sich nicht damit, die Daten musste er mühsam suchen. “Ich kann mich erinnern, dass ich tagelang im Kopierraum des nationalen Statistikbüros zugebracht habe, um mir aus den Jahrbüchern die Zahlen zusammenzusammeln.” Aber Philipp Böing wollte für seine Masterarbeit unbedingt herausfinden, wie viel Innovationspotenzial in diesem Land steckte, das 15 Jahre zuvor noch eine Planwirtschaft war. Sein Schluss damals: Da ist deutlich Luft nach oben.

    Das Thema chinesische Innovation hat den Wirtschaftswissenschaftler, der inzwischen Senior Researcher im ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim ist, nicht losgelassen. Nach seiner Masterarbeit an der Frankfurt School of Finance and Management machte er seinen Doktor summa cum laude in der Wirtschaftswissenschaft an ebenjener. Immer mit der Frage: Wie gut funktioniert die Innovationsförderung Chinas und was bedeutet die innovationsgetriebene Entwicklung des Landes für den Rest der Welt. Damit beschäftigten sich noch zu wenige seiner deutschen Kollegen, sagt Böing. Seit 2014 ist der nun 38-Jährige am ZEW, bis 2019 forschte er zwei Jahre lang als Gastprofessor an der Pekinger Universität. “Man hat dort das Gefühl, man bekommt Weltgeschichte im Vorbeifahren mit”, sagt Böing. “Es ist so dynamisch, es passiert so unheimlich viel.” Seine Erkenntnisse darüber will er teilen. Er beriet schon unter anderem die Weltbank und die US-China-Kommission.

    China versuche gerade effizienter zu werden in der Innovationsförderung. Für ihr Geld mehr Innovation und dadurch Produktivität und Wirtschaftswachstum herauszubekommen. Die Subventionspolitik Chinas sei gut designt und könne das schaffen, sagt Böing. Das habe seine neueste, noch nicht veröffentlichte Forschungsarbeit ergeben. “Allerdings wurde in der Vergangenheit ein nicht unerheblicher Teil der chinesischen Subventionen in Forschung und Innovation von den chinesischen Firmen zweckentfremdet.” China sehe sich zwar gerne als Innovationsweltmeister, sagt Böing. Viele Innovationen kämen aber aus der Not. Zum Beispiel mobiles Bezahlen, das sich in China entwickelt habe, weil der höchste Geldschein 100 Renminbi war und es schon einmal passieren konnte, dass das Portemonnaie nach dem Geldautomaten “so dick war, dass es in keine Hose passte.”

    Ob die chinesischen Innovationen es trotzdem schaffen können, deutsche Mitbewerber vom Markt zu verdrängen oder zu mehr Investitionen zu motivieren, will Böing in den nächsten drei Jahren gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung herausfinden. Privat ist es die chinesische Vergangenheit, die ihn fesselt. Morgens, wenn er Chen Thai Chi mit dem Schwert auf seiner Terrasse übt oder nachmittags, wenn er einen chinesischen Tee trinkt, am liebsten angebaut auf dem Wuyi-Berg. “Das sind klassische Aspekte der chinesischen Kultur, die ich sehr bereichernd finde und die teilweise über das Wohl und Weh der Tagesarbeit mit China hinweghelfen”, sagt Böing. Marita Wehlus

    • Finanzen
    • Innenpolitik der KP China

    Presseschau

    Delta variant of Covid spreading rapidly and detected in 74 countries THE GUARDIAN
    Win or Lose, U.S. War Against China or Russia Won’t Be Short BLOOMBERG
    Hong Kong-Taiwan spat threatens cross-Strait business FT (PAY)
    NATO nations ready to jointly respond to attacks in space INDEPENDENT
    Nato says China presents ‘systemic challenges’ and vows to counter its rise SCMP
    NATO Leaders Focus on China’s Military Ambitions NYTIMES
    China’s space race gathers pace: next stop, Jupiter? SCMP
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    China weist Berichte über Leck in Atomkraftwerk zurück FAZ
    Nato-Gipfelerklärung-Nato will Russland und China in Schach halten ZDF
    Stoltenberg will China nicht als »Gegner« bezeichnen SPIEGEL
    China als neuer Lieblingsgegner der Nato DER STANDARD
    Möglicher Nuklearunfall in China: Konzern ermittelt nach Bericht über AKW-Leck N-TV
    China-Rover Zhurong schickt einzigartiges Selfie vom Mars T3N

    Personalien

    Markus Bangen is to become the new Chief Executive Officer of Duisburger Hafen AG. He will be responsible for managing the inland port from Dec. 1, 2021. Bangen succeeds Erich Staake, who is retiring. Bangen (born 1972) studied law and has been head of the legal department at the Port of Duisburg since 2000 and also of the human resources department since 2003. In 2008, he moved up to the Executive Board, where he was responsible not only for legal affairs and human resources but also for purchasing, industrial logistics, superstructure and terminals. As a logistics hub in Europe, the Port of Duisburg is an important part of the Chinese Belt and Road Initiative.

    Carsten Hinne (born 1975) has been appointed to the Executive Board of Duisburger Hafen AG. Hinne was most recently Senior Vice President of DB Cargo AG, responsible for the realignment and organization of the newly created business unit along the Eurasian corridor. “At DB Cargo, Carsten Hinne gained extensive expertise in corridor development to China. I am sure that the Port of Duisburg will benefit from this in the future,” says Supervisory Board Chairman Hendrik Schulte.

    Markus Teuber is the new China Representative of the City of Duisburg. Teuber, who has a degree in law, worked for Duisburger Hafen AG from 1982 to 2019, most recently as Chief Representative. During his time at the Port of Duisburg, he also oversaw the establishment and expansion of business relations with Chinese companies. In the future, Teuber will take care of the strategic expansion in the area of China to attract more Chinese companies to the city. “Relations with China and the associated economic benefits for the city of Duisburg are playing an increasingly important role. I am very pleased that with Markus Teuber, we have been able to gain a proven expert to continue the work of Johannes Pflug. Together we will further strengthen Duisburg as a China city,” said Soeren Link, Lord Mayor of the City of Duisburg.

    Soeren Link has set up a unit for China affairs in his department. It will not only support Teuber, the new China representative, in his tasks but will also take care of all China-related issues within the administration. niw

    • Duisburger Hafen AG
    • Markus Bangen

    Dessert

    Drachenbootrennen sind der Höhepunkt des Duanwu-Feiertags. Traditionell wird dabei an den Dichter Qu Yuan erinnert. Um ihm aus dem Wasser zu retten, paddelten Fischer um die Wette zum Unglücksort. Mittlerweile werden überall auf der Welt Drachenbootwettkämpfe organsiert.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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