in der vergangenen Woche gab noch Donald Trump den Ton in unseren Nachrichten-Feeds an, unter anderem mit einer riesigen Investition von 500 Milliarden US-Dollar für die KI-Forschung. Wenige Tage später lässt DeepSeek die Stargate-Pläne bereits alt aussehen. Das chinesische AI-Start-up ist in aller Munde. Doch wie war dieser Erfolg überhaupt möglich?
Neben den Besonderheiten des Tech-Ökosystems in China musste das Land auch mit einem Dogma brechen, sagt die Tech-Expertin Karen Hao. Nämlich, dass Fortschritt bei der KI-Entwicklung nur mit mehr Daten, größeren Datenzentren und mehr Energie gelinge. Eine Idee, die schon zuvor scharfe Kritiker hatte. Doch aufgrund der US-Sanktionen für Hochtechnologie musste die chinesische Tech-Landschaft zwangsläufig einen Ausweg finden. “DeepSeek hatte einen existenziellen Antrieb zur Innovation und das Talent, die Handelsbarrieren zu umgehen”. Mehr dazu in der Analyse von Fabian Peltsch.
Wenige Wochen vor den Bundestagswahlen sendete Merz ein deutliches Signal, dass bei der CDU das Vertrauen in die Volksrepublik als Partner deutlich gesunken ist. Seine Forderung nach konsequentem De-Risking der deutschen Wirtschaft hätte Merz klarer nicht formulieren können: China sei Teil einer “Achse von Autokratien”, in denen Rechtsstaatlichkeit nach unseren Maßstäben nicht gegeben sei. Staatlichen Investitionsgarantien erteilte er eine Absage.
“Das sind markige Worte, die Unsicherheit erzeugen”, sagt Jürgen Matthes vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln. Die Ansage, dass Unternehmen bei einer Investition in China ihr Risiko selbst tragen müssen, hält er aber für richtig. Marcel Grzanna zeichnet in seiner Analyse die wachsende Entfremdung zwischen China und Deutschland nach.
Angesichts der Vehemenz solcher Nachrichten könnte man glatt vergessen, dass China heute das Frühlingsfest begeht. Solange Sie, liebe Leserinnen und Leser, nicht selbst in China leben, werden Sie in Ihrem Alltag wohl dennoch vergleichsweise wenig Abwechslung in Ihrer Mittwochs-Routine wahrnehmen. Wir wünschen Ihnen dennoch einen guten Start ins Jahr der Schlange.
KI-Koryphäe Lee Kai-fu fühlt sich vom Erfolg von DeepSeek bestätigt, schreibt er auf X. Er habe schon vor Jahren in seinem Bestseller “AI Superpowers” prophezeit, dass die USA auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz zwar zunächst die wissenschaftlichen Durchbrüche erzielen, China aber besser und schneller bei den Anwendungen sein werde – denn dafür brauche man Ingenieurskunst, die auf den Alltagsgebrauch ausgerichtet ist, und dementsprechend effizient und kostengünstig sei.
DeepSeek, einem erst 2023 gegründeten Startup aus Hangzhou, ist es dank solcher Ingenieurskunst nun offenbar gelungen, mit einem Bruchteil der Kosten und Chip-Ressourcen auf Augenhöhe mit den bislang führenden KI-Plattformen von Google Gemini und OpenAi zu kommen. Das beunruhigt nicht nur Anleger, die nun in Scharen ihre Tech-Aktien abstoßen, sondern auch die US-Regierung, die mit Stargate gerade das größte Tech-Investment ihrer Geschichte getätigt haben – die angeblich geplanten 500 Milliarden US-Dollar für Rechenzentren und andere KI-Technologie übersteigen etwa die Gesamtkosten des Apollo-Weltraumprogramms um Weiten.
DeepSeek lässt großspurige Pläne wie Stargate nun förmlich alt aussehen. Wie konnte das passieren? “Das Unternehmen zeigt, dass Innovation aus der Notwendigkeit entsteht, mit begrenzten Mitteln zu arbeiten“, sagt die mehrfach ausgezeichnete Tech-Journalistin Karen Hao aus Hongkong im Gespräch mit Table.Briefings. Obwohl sie seit Jahren über die KI-Entwicklungen in China schreibt und Vorträge hält, habe Sie die Geschwindigkeit, mit der DeepSeek unüberwindbar geglaubte Hürden geradezu überrannte, nicht kommen sehen. Einige Trends hätten sich aber schon sei längerem abgezeichnet, sagt sie.
Aufgrund der US-Sanktionen für Hochtechnologie habe die chinesische Tech-Landschaft “zwangsläufig” mit dem westlichen Dogma brechen müssen, dass man KI-Modelle aggressiv skalieren müsse, um sie voranzubringen. Dabei hatte die Idee, dass nur mehr Daten, Datenzentren und Energie das Fortschrittstempo gewährleisten könnten, weltweit scharfe Kritiker. In China musste die Industrie jedoch ganz konkret auf steten Nachschub der Chips von Firmen wie Nvidia verzichten, die seit Oktober 2023 US-Exportkontrollen unterliegen. “DeepSeek hatte einen existenziellen Antrieb zur Innovation und das Talent, die Handelsbarrieren zu umgehen.”
Hinzukomme eine weitere Besonderheit des chinesischen KI-Ökosystems: China hat in den vergangenen zehn Jahren massiv in die Forschung und Ausbildung investiert. Rund die Hälfte der weltweiten KI-Absolventen kommen aus der Volksrepublik. “Früher war es so, dass die besten und klügsten chinesischen Köpfe in den USA arbeiten wollten. Aber aus verschiedenen Gründen, einschließlich der strengen Einwanderungsbeschränkungen, bleiben nun viel mehr Forscher in China und arbeiten für chinesische Unternehmen”, sagt Hao. Im Laufe der Zeit habe sich so eine “kritische Masse an unglaublich talentierten Forschern gebildet”, die im eigenen Land tätig sind.
Auch der 1985 geborene Unternehmensgründer Liang Wenfeng ist so ein kluger Kopf. In China wurde er schon länger als Genie gefeiert. Sein Erfolg mit DeepSeek rückte ihn dort in den vergangenen Tagen jedoch fast in den Rang eines Heiligen. Dabei hatte Liang DeepSeek 2023 zunächst nur als Nebenprojekt gegründet. Bis dahin war der heute 40-Jährige erfolgreicher Betreiber des Hedgefonds High-Flyer, der Analysen für den Finanzmarkt erstellte und Liang schon vor DeepSeek zum Milliardär machte. Dementsprechend ist sein Unternehmen nicht unmittelbar von externen Investoren oder kommerziellem Druck abhängig. Auch das brachte DeepSeek mehr Raum, um zu experimentieren. Üblich ist solcher Spielraum in Chinas hart umkämpfter Tech-Landschaft aber ebenso wenig wie in den USA.
Laut Berichten arbeiten bei DeepSeek heute nicht mehr als 200 Menschen. Und dort hört das Understatement nicht auf. Ein Video, das auf Social Media die Runde macht, zeigt den Gründer im Gespräch mit Chinas Premier Li Qiang. Man kann kaum glauben, dass dieser bescheiden und jungenhaft wirkende Unternehmer die Tech-Welt das Fürchten lehrt – so sehr erinnert er an einen Informatik-Schüler, der für ein Lob ins Direktorenzimmer gebeten wurde.
Unternehmen wie OpenAI haben nun nicht nur Erklärungsbedarf, sie stehen auch vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. “Mit DeepSeek wird der Druck voraussichtlich noch größer“, glaubt Hao. “Trotzdem werden US-Unternehmen weiterhin auf bekannten Wegen experimentieren.” Langfristig müssten Google und Co jedoch abrücken von der alten Idee, die KI-Entwicklung mit purem Materialeinsatz nach vorne wuchten zu können. “Aber ich bin nicht überzeugt, dass das in der aktuellen Administration passieren wird.”
Eins wird laut Hao in den USA aber nun mit Sicherheit passieren: DeepSeek werde beschuldigt werden, abgekupfert zu haben und obendrein ein Sicherheitsrisiko darzustellen – zwei Vorwürfe, die man differenziert betrachten müsse, wie sie sagt. DeepSeek tue schlussendlich, was Unternehmen wie Google, Anthropic oder OpenAI auch tun: “Sie implementieren, optimieren und kombinieren bestehende Forschungsideen, statt durchgehend fundamentale Durchbrüche zu schaffen.” DeepSeek habe verschiedene bestehende Methoden dabei jedoch in einer Weise kombiniert und optimiert, die die Effizienz dramatisch gesteigert habe. Und das sei so eben bislang keinem anderen Unternehmen gelungen.
Dass DeepSeek der staatlichen Zensur unterliegt, lasse sich ebenfalls nicht bestreiten. “In der ursprünglichen Version des Modells werden Inhalte gemäß chinesischem Recht moderiert. Das heißt, dass dieses Modell nicht über den Tiananmen-Platz und ähnliche Dinge spricht”, sagt Hao. Auch weisen die Datenschutzrichtlinie von DeepSeek darauf hin, dass gesammelte Nutzerdaten auf Servern in China gespeichert werden und den dortigen Gesetzen unterliegen. Da DeepSeek jedoch im Gegensatz zu etwa OpenAi Open-Source verfügbar ist, können Forscher und Entwickler außerhalb Chinas das Modell herunterladen, die Moderationsfilter entfernen oder anpassen und das Modell nach ihren Wünschen modifizieren.
DeepSeek ist trotzdem automatisch chinesischer als die Konkurrenz, weil es mit mehr chinesischen Datensätzen gelernt hat. Wenn ein chinesisches Unternehmen entwickelt, wird es von Natur aus mit bestimmten Arten von chinesischen Datensätzen vertrauter sein als amerikanische Unternehmen. Ein Nutzer berichtete etwa davon, dass er bei Anfragen auf DeepSeek viel detailliertere Ergebnisse zu chinesischer Literatur und Philosophie erzielen konnte als anderswo.
Als ehemalige Mitarbeiterin eines Tech-Unternehmens hofft Karen Hao, dass sich durch den Erfolg von DeepSeek das Bewusstsein durchsetzen wird, dass zu große Investitionen in ein Start-up seiner Innovationsfähigkeit auch schaden können.
“Wenn ein Start-up zu viel Kapital erhält, sterben zwei Dinge: Erstens der notwendige Antrieb, wirklich zu innovieren und die Technologie zu verbessern, und zweitens der Drang, ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu finden.” Durch den Erfolg von DeepSeek würden die Risse des bisherigen Modells nun noch sichtbarer.
Die lange Jahre propagierte bedingungslose Freundschaft zwischen Deutschland und der Volksrepublik China entwickelt sich zunehmend zu einer rein pragmatischen Zweckbeziehung. Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz gab kürzlich mit seiner Warnung an deutsche Unternehmen einen Fingerzeig für die Zukunft.
Merz hatte China-Investitionen zuletzt pauschal als “großes Risiko” bezeichnet. Deswegen betonte der CDU-Chef: “Und kommt unter keinen Umständen, bitte, zum Staat, zur Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland, um euch in einer solchen ökonomischen Situation zu helfen.” Das klingt nicht nur ernüchtert, sondern ist Ausdruck einer Desillusionierung, die Deutschland erfasst hat. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass sich deutsche Automobilkonzerne und andere längst in große Abhängigkeiten vom chinesischen Markt manövriert haben.
Die Vorstellung, dass ein deutscher Politiker vor einem China-Risiko warnt, wäre vor zehn Jahren undenkbar gewesen. Um jeden Preis in China dabei sein – so hieß die Losung ins Glück. Auf ins Eldorado des 21. Jahrhunderts. Der Staat war viele Jahre gerne bereit, den Firmen Garantien in Milliardenhöhe zu geben, um deren Risiken mitzutragen und ihren Mut zu fördern, nach China zu expandieren und sich den Bedingungen auszuliefern. Sinnbildlich dafür steht die Vertragsunterzeichnung für den Bau einer VW-Fabrik in Xinjiang vor den Augen von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2012.
Doch staatliche Investitionsgarantien könnten sehr bald Geschichte sein – zumindest wenn es um Geld geht, das in die Volksrepublik fließen soll. Das Bundeswirtschaftsministerium stellte bereits vor mehr als zwei Jahren konkrete Überlegungen in diese Richtung an, beließ es zunächst aber bei einer Gebührenerhöhung für die staatliche Absicherung. Volkswagen handelte sich mit Habecks Verweis auf chinesische Menschenrechtsverletzungen sogar schon eine Absage für Kreditbürgschaften ein. Und auch in der China-Strategie der Bundesregierung fanden die “Risiken auf dem chinesischen Markt” (4.4) eine besondere Erwähnung.
Wenige Wochen vor den Bundestagswahlen sendete Merz jetzt ein deutliches Signal, dass nach der Ampel auch das Vertrauen der CDU in die Volksrepublik als Partner deutlich gesunken ist. Eine Forderung nach konsequentem De-Risking der deutschen Wirtschaft hätte Merz klarer nicht formulieren können. China sei Teil einer “Achse von Autokratien”, in denen Rechtsstaatlichkeit nach unseren Maßstäben nicht gegeben sei, mahnte er.
“Das sind markige Worte, die Unsicherheit erzeugen. Manager, Eigentümer und Investoren sollten ihre Risiken noch genauer abwägen als zuvor”, sagt Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Grundsätzlich habe der Staat zwar nichts dabei zu melden, wo und wann ein Unternehmen Investitionen plant, doch die unmissverständliche und “richtige Ansage”, dass die Unternehmen ihr China-Risiko bei einer Regierungsbeteiligung der Union selbst tragen müssen, habe “Durchschlagskraft”.
“Wir hoffen, dass die deutsche Seite Chinas Entwicklung objektiv und rational betrachtet und an der Tradition der deutsch-chinesischen Freundschaft festhält”, hieß es seitens des chinesischen Außenamtes. Deutsche Politiker seien außerdem eingeladen, in die Volksrepublik zu kommen, um das “wahre China” zu erleben.
Doch zunehmend fehlt in Deutschland der Glaube, dass hinter solchen chinesischen Aussagen mehr als Plattitüden stecken. Sie wiederholen sich seit Jahren, reichen aber nicht aus, um den Vertrauensverlust in der Politik aufzuhalten.
Der Prozess der kritischen Betrachtung ist eine Geschichte in mehreren Kapiteln. Das Positionspapier 2019 des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) bezeichnet IW-Ökonom Matthes als “bahnbrechend”. Es zeigte Dutzende Probleme in den wirtschaftlichen Beziehungen auf. Später folgte der Dreiklang der Europäischen Kommission, der China unter anderem als Rivale einstuft. Berichte über die Existenz von Internierungslagern in Xinijang und die Eskalation zwischen Staat und Zivilgesellschaft in Hongkong beschleunigten die Entfremdung.
Corona tat sein Übrigens. “Mit der Corona-Pandemie hat die Verlässlichkeit in der Zusammenarbeit mit chinesischen Zulieferern, aber auch das Vertrauen in den chinesischen Absatzmarkt enorm gelitten. Der Marktzugang für deutsche Firmen wurde weiter erschwert, der Zwang zu Kooperationen oder Minderheitsbeteiligungen und der damit verbundene Abfluss von Know-how wurden forciert. Das sind alles Dinge, die auch bei den Mittelständlern zu einer Desillusionierung beim China-Geschäft geführt haben”, sagt Chef-Volkswirt Hans-Jürgen Völz vom Bundesverband mittelständischer Wirtschaft (BVMW).
Deswegen sei die Diversifizierung der Investitionen im Mittelstand längst in vollem Gange. Viele Unternehmen seien bereit, die Kosten dafür zu tragen. “Ständige Verfügbarkeit eines Produkts in der Lieferkette wird höher gewertet als der Preis.” Für den Mittelstand seien staatliche Bürgschaften ohnehin kein hinreichend überzeugendes Argument, in China zu investieren. “Was die Unternehmen wollen, ist Reziprozität – die gleichen Bedingungen auf beiden Seiten, nicht in Sonntagsreden, sondern in der Realität”, sagt Völz.
Der Ökonom wertet die Aussagen vor Merz insofern auch unmittelbar als Nachricht an die chinesische Seite, dass man in Deutschland nicht mehr bereit ist, chinesische Strategien, Wünsche oder Regularien widerstandslos zu akzeptieren. Völz sieht zudem ein Signal an mögliche Koalitionspartner einer neuen Bundesregierung – so und nicht anders wolle er das Verhältnis zu China gestalten. “Denn”, so Völz, “zu glauben, dass China in Fragen wirtschaftlicher Interessen handzahm wird, ist falsch.”
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Der Autobauer Mercedes-Benz schließt sich einer Klage seines chinesischen Joint-Venture-Partners Geely gegen die EU-Strafzölle auf Elektroautos aus China an. Das Gemeinschaftsunternehmen produziert den elektrischen Smart in China, auch für den europäischen Markt. Zuvor wurde bekannt, dass neben Geely und anderen chinesischen Herstellern wie BYD und SAIC auch Tesla und BMW gegen die EU-Zölle klagen. Bei BMW ist der elektrische Mini betroffen.
Die EU hat die Zusatzzölle im vergangenen Jahr nach Anti-Subventionsermittlungen eingeführt. Sie liegen zwischen 17 Prozent für BYD und 35,3 Prozent für SAIC, dazu kommen noch die regulären Abgaben von zehn Prozent. Der Zollaufschlag auf den Smart liegt bei knapp 19 Prozent. Die deutsche Autoindustrie lehnt die Zölle ab, da sie chinesische Gegenmaßnahmen befürchtet. rtr
Europäische Unternehmen, die ihre Produktion von China nach Südostasien diversifizieren, sind dort zunehmend auf eine Zusammenarbeit mit China angewiesen. Dies geht aus der Studie Transport & Logistics Barometer des Wirtschaftsprüfers PwC Deutschland hervor. Demnach sichern sich chinesische Unternehmen dort immer mehr Einfluss auf Häfen in Südostasien.
Zu den wichtigsten chinesischen Investitionen gehören der Studie zufolge Mehrheitsbeteiligungen in Brunei (Muara Port Project) und Myanmar (Kyaukpyu). Außerdem halten chinesische Staatsunternehmen Anteile von bis zu 49 Prozent an Häfen in Singapur, Malaysia und Thailand sowie an mehreren Häfen in Vietnam, Kambodscha, Indonesien und auf den Philippinen.
In Kyaukpyu treiben chinesische Staatsunternehmen den Bau eines neuen Megahafens mit einer Umschlagskapazität von rund 4,8 Millionen Containereinheiten (TEU), voran. Derzeit werden im größten Hafen Myanmars nur etwa eine Million TEU umgeschlagen. Der Bau soll China unter Umgehung der strategisch wichtigen Straße von Malakka einen direkten Zugang zum Indischen Ozean verschaffen. Die Arbeiten an dem Projekt, Teil von Chinas Belt-and-Road-Initiative, verzögerten sich in den letzten Jahren jedoch, auch infolge des Bürgerkriegs in Myanmar, immer wieder.
Die Region Südostasien wird laut der PwC-Studie als globales Logistik-Drehkreuz immer wichtiger. Von 2013 bis 2023 stiegen die EU-Einfuhren aus Südostasien von 82 Milliarden Euro, damals 5 Prozent der Gesamteinfuhren, auf rund 151 Milliarden Euro, das entspricht 6,3 Prozent der Gesamteinfuhren. lp
Indien und China wollen nach fast fünf Jahren wieder Direktflüge aufnehmen und an der Beilegung von Differenzen in Handels- und Wirtschaftsfragen arbeiten. Dies teilten die Regierungen beider Länder nach einem Treffen der Außenminister Vikram Misri und Wang Yi in Peking mit.
Laut einer Mitteilung des chinesischen Außenministeriums sagte Wang seinem indischen Amtskollegen, China und Indien sollten sich zu “gegenseitiger Unterstützung und gegenseitigem Erfolg” verpflichten und nicht zu “Misstrauen” und “Entfremdung”. In der indischen Erklärung hieß es, “Anliegen in den Bereichen Wirtschaft und Handel wurden mit dem Ziel erörtert, diese Probleme zu lösen und die langfristige Transparenz und Vorhersehbarkeit der Politik zu fördern”.
Die beiden Länder wollen auch auf die Wiederaufnahme von Pilgerreisen von Indern zu den heiligen Bergen und Seen Tibets im Jahr 2025 hinarbeiten. China teilte zudem mit, bei einem separaten Treffen am Montag zwischen Beamten auf Vizeministerebene sei vereinbart worden, den Austausch von Journalisten zwischen beiden Ländern zu erleichtern.
Nach einem Zusammenstoß zwischen Truppen entlang der umstrittenen Grenze im Himalaja im Jahr 2020 hatten sich die Spannungen zwischen Indien und China verschärft. Dabei starben mindestens 20 indische Soldaten und vier Chinesen. In der Folge erschwerte Indien chinesischen Unternehmen Investitionen im Land, verbot Hunderte Apps und strich Passagierflüge aus China.
Die Beziehungen haben sich verbessert, seit im Oktober eine Vereinbarung zur Entschärfung des militärischen Konflikts entlang der bergigen Grenze getroffen wurde. Im selben Monat führten Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und der indische Premierminister Narendra Modi Gespräche in Russland. lp/rtr
Stephan Galla ist seit Dezember Head of Marketing bei Aston Martin Greater China. Er wechselt von Porsche China, wo er zuvor als Director Marketing Communications & Dealer Marketing tätig war. Sein Einsatzort ist Shanghai.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Ungewöhnliche Tanzpartner: Bei der jährlichen Gala zum Frühlingsfest im chinesischen Staatsfernsehen führten humanoide Roboter Seite an Seite mit menschlichen Tänzerinnen den Errenzhuan (二人转, wörtlich: Zwei-Menschen-Rotation) auf – einen traditionellen Tanz aus dem kalten Nordosten Chinas. Dabei wirbelten Mensch und Maschine mit jeweils zwei roten Papiertaschentüchern. Die Humanoiden hatten offensichtlich gut geölte Gelenke: Sie schafften die Kunststücke übermenschlich schnell und wurden damit in den sozialen Medien zur Attraktion des Abends. Die Performance ersonnen hatte kein Geringerer als Starregisseur Zhang Yimou. Was es sonst noch gab? Unter anderem einen Gastauftritt der berühmten Videobloggerin Li Ziqi, Lobpreisungen des chinesischen Militärs und Beschwörungen der “ethnischen Harmonie”. Dann war das Jahr des Drachen auch schon vorbei. Wir wünschen Ihnen an dieser Stelle alles Gute zum Jahr der Holzschlange!
in der vergangenen Woche gab noch Donald Trump den Ton in unseren Nachrichten-Feeds an, unter anderem mit einer riesigen Investition von 500 Milliarden US-Dollar für die KI-Forschung. Wenige Tage später lässt DeepSeek die Stargate-Pläne bereits alt aussehen. Das chinesische AI-Start-up ist in aller Munde. Doch wie war dieser Erfolg überhaupt möglich?
Neben den Besonderheiten des Tech-Ökosystems in China musste das Land auch mit einem Dogma brechen, sagt die Tech-Expertin Karen Hao. Nämlich, dass Fortschritt bei der KI-Entwicklung nur mit mehr Daten, größeren Datenzentren und mehr Energie gelinge. Eine Idee, die schon zuvor scharfe Kritiker hatte. Doch aufgrund der US-Sanktionen für Hochtechnologie musste die chinesische Tech-Landschaft zwangsläufig einen Ausweg finden. “DeepSeek hatte einen existenziellen Antrieb zur Innovation und das Talent, die Handelsbarrieren zu umgehen”. Mehr dazu in der Analyse von Fabian Peltsch.
Wenige Wochen vor den Bundestagswahlen sendete Merz ein deutliches Signal, dass bei der CDU das Vertrauen in die Volksrepublik als Partner deutlich gesunken ist. Seine Forderung nach konsequentem De-Risking der deutschen Wirtschaft hätte Merz klarer nicht formulieren können: China sei Teil einer “Achse von Autokratien”, in denen Rechtsstaatlichkeit nach unseren Maßstäben nicht gegeben sei. Staatlichen Investitionsgarantien erteilte er eine Absage.
“Das sind markige Worte, die Unsicherheit erzeugen”, sagt Jürgen Matthes vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln. Die Ansage, dass Unternehmen bei einer Investition in China ihr Risiko selbst tragen müssen, hält er aber für richtig. Marcel Grzanna zeichnet in seiner Analyse die wachsende Entfremdung zwischen China und Deutschland nach.
Angesichts der Vehemenz solcher Nachrichten könnte man glatt vergessen, dass China heute das Frühlingsfest begeht. Solange Sie, liebe Leserinnen und Leser, nicht selbst in China leben, werden Sie in Ihrem Alltag wohl dennoch vergleichsweise wenig Abwechslung in Ihrer Mittwochs-Routine wahrnehmen. Wir wünschen Ihnen dennoch einen guten Start ins Jahr der Schlange.
KI-Koryphäe Lee Kai-fu fühlt sich vom Erfolg von DeepSeek bestätigt, schreibt er auf X. Er habe schon vor Jahren in seinem Bestseller “AI Superpowers” prophezeit, dass die USA auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz zwar zunächst die wissenschaftlichen Durchbrüche erzielen, China aber besser und schneller bei den Anwendungen sein werde – denn dafür brauche man Ingenieurskunst, die auf den Alltagsgebrauch ausgerichtet ist, und dementsprechend effizient und kostengünstig sei.
DeepSeek, einem erst 2023 gegründeten Startup aus Hangzhou, ist es dank solcher Ingenieurskunst nun offenbar gelungen, mit einem Bruchteil der Kosten und Chip-Ressourcen auf Augenhöhe mit den bislang führenden KI-Plattformen von Google Gemini und OpenAi zu kommen. Das beunruhigt nicht nur Anleger, die nun in Scharen ihre Tech-Aktien abstoßen, sondern auch die US-Regierung, die mit Stargate gerade das größte Tech-Investment ihrer Geschichte getätigt haben – die angeblich geplanten 500 Milliarden US-Dollar für Rechenzentren und andere KI-Technologie übersteigen etwa die Gesamtkosten des Apollo-Weltraumprogramms um Weiten.
DeepSeek lässt großspurige Pläne wie Stargate nun förmlich alt aussehen. Wie konnte das passieren? “Das Unternehmen zeigt, dass Innovation aus der Notwendigkeit entsteht, mit begrenzten Mitteln zu arbeiten“, sagt die mehrfach ausgezeichnete Tech-Journalistin Karen Hao aus Hongkong im Gespräch mit Table.Briefings. Obwohl sie seit Jahren über die KI-Entwicklungen in China schreibt und Vorträge hält, habe Sie die Geschwindigkeit, mit der DeepSeek unüberwindbar geglaubte Hürden geradezu überrannte, nicht kommen sehen. Einige Trends hätten sich aber schon sei längerem abgezeichnet, sagt sie.
Aufgrund der US-Sanktionen für Hochtechnologie habe die chinesische Tech-Landschaft “zwangsläufig” mit dem westlichen Dogma brechen müssen, dass man KI-Modelle aggressiv skalieren müsse, um sie voranzubringen. Dabei hatte die Idee, dass nur mehr Daten, Datenzentren und Energie das Fortschrittstempo gewährleisten könnten, weltweit scharfe Kritiker. In China musste die Industrie jedoch ganz konkret auf steten Nachschub der Chips von Firmen wie Nvidia verzichten, die seit Oktober 2023 US-Exportkontrollen unterliegen. “DeepSeek hatte einen existenziellen Antrieb zur Innovation und das Talent, die Handelsbarrieren zu umgehen.”
Hinzukomme eine weitere Besonderheit des chinesischen KI-Ökosystems: China hat in den vergangenen zehn Jahren massiv in die Forschung und Ausbildung investiert. Rund die Hälfte der weltweiten KI-Absolventen kommen aus der Volksrepublik. “Früher war es so, dass die besten und klügsten chinesischen Köpfe in den USA arbeiten wollten. Aber aus verschiedenen Gründen, einschließlich der strengen Einwanderungsbeschränkungen, bleiben nun viel mehr Forscher in China und arbeiten für chinesische Unternehmen”, sagt Hao. Im Laufe der Zeit habe sich so eine “kritische Masse an unglaublich talentierten Forschern gebildet”, die im eigenen Land tätig sind.
Auch der 1985 geborene Unternehmensgründer Liang Wenfeng ist so ein kluger Kopf. In China wurde er schon länger als Genie gefeiert. Sein Erfolg mit DeepSeek rückte ihn dort in den vergangenen Tagen jedoch fast in den Rang eines Heiligen. Dabei hatte Liang DeepSeek 2023 zunächst nur als Nebenprojekt gegründet. Bis dahin war der heute 40-Jährige erfolgreicher Betreiber des Hedgefonds High-Flyer, der Analysen für den Finanzmarkt erstellte und Liang schon vor DeepSeek zum Milliardär machte. Dementsprechend ist sein Unternehmen nicht unmittelbar von externen Investoren oder kommerziellem Druck abhängig. Auch das brachte DeepSeek mehr Raum, um zu experimentieren. Üblich ist solcher Spielraum in Chinas hart umkämpfter Tech-Landschaft aber ebenso wenig wie in den USA.
Laut Berichten arbeiten bei DeepSeek heute nicht mehr als 200 Menschen. Und dort hört das Understatement nicht auf. Ein Video, das auf Social Media die Runde macht, zeigt den Gründer im Gespräch mit Chinas Premier Li Qiang. Man kann kaum glauben, dass dieser bescheiden und jungenhaft wirkende Unternehmer die Tech-Welt das Fürchten lehrt – so sehr erinnert er an einen Informatik-Schüler, der für ein Lob ins Direktorenzimmer gebeten wurde.
Unternehmen wie OpenAI haben nun nicht nur Erklärungsbedarf, sie stehen auch vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. “Mit DeepSeek wird der Druck voraussichtlich noch größer“, glaubt Hao. “Trotzdem werden US-Unternehmen weiterhin auf bekannten Wegen experimentieren.” Langfristig müssten Google und Co jedoch abrücken von der alten Idee, die KI-Entwicklung mit purem Materialeinsatz nach vorne wuchten zu können. “Aber ich bin nicht überzeugt, dass das in der aktuellen Administration passieren wird.”
Eins wird laut Hao in den USA aber nun mit Sicherheit passieren: DeepSeek werde beschuldigt werden, abgekupfert zu haben und obendrein ein Sicherheitsrisiko darzustellen – zwei Vorwürfe, die man differenziert betrachten müsse, wie sie sagt. DeepSeek tue schlussendlich, was Unternehmen wie Google, Anthropic oder OpenAI auch tun: “Sie implementieren, optimieren und kombinieren bestehende Forschungsideen, statt durchgehend fundamentale Durchbrüche zu schaffen.” DeepSeek habe verschiedene bestehende Methoden dabei jedoch in einer Weise kombiniert und optimiert, die die Effizienz dramatisch gesteigert habe. Und das sei so eben bislang keinem anderen Unternehmen gelungen.
Dass DeepSeek der staatlichen Zensur unterliegt, lasse sich ebenfalls nicht bestreiten. “In der ursprünglichen Version des Modells werden Inhalte gemäß chinesischem Recht moderiert. Das heißt, dass dieses Modell nicht über den Tiananmen-Platz und ähnliche Dinge spricht”, sagt Hao. Auch weisen die Datenschutzrichtlinie von DeepSeek darauf hin, dass gesammelte Nutzerdaten auf Servern in China gespeichert werden und den dortigen Gesetzen unterliegen. Da DeepSeek jedoch im Gegensatz zu etwa OpenAi Open-Source verfügbar ist, können Forscher und Entwickler außerhalb Chinas das Modell herunterladen, die Moderationsfilter entfernen oder anpassen und das Modell nach ihren Wünschen modifizieren.
DeepSeek ist trotzdem automatisch chinesischer als die Konkurrenz, weil es mit mehr chinesischen Datensätzen gelernt hat. Wenn ein chinesisches Unternehmen entwickelt, wird es von Natur aus mit bestimmten Arten von chinesischen Datensätzen vertrauter sein als amerikanische Unternehmen. Ein Nutzer berichtete etwa davon, dass er bei Anfragen auf DeepSeek viel detailliertere Ergebnisse zu chinesischer Literatur und Philosophie erzielen konnte als anderswo.
Als ehemalige Mitarbeiterin eines Tech-Unternehmens hofft Karen Hao, dass sich durch den Erfolg von DeepSeek das Bewusstsein durchsetzen wird, dass zu große Investitionen in ein Start-up seiner Innovationsfähigkeit auch schaden können.
“Wenn ein Start-up zu viel Kapital erhält, sterben zwei Dinge: Erstens der notwendige Antrieb, wirklich zu innovieren und die Technologie zu verbessern, und zweitens der Drang, ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu finden.” Durch den Erfolg von DeepSeek würden die Risse des bisherigen Modells nun noch sichtbarer.
Die lange Jahre propagierte bedingungslose Freundschaft zwischen Deutschland und der Volksrepublik China entwickelt sich zunehmend zu einer rein pragmatischen Zweckbeziehung. Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz gab kürzlich mit seiner Warnung an deutsche Unternehmen einen Fingerzeig für die Zukunft.
Merz hatte China-Investitionen zuletzt pauschal als “großes Risiko” bezeichnet. Deswegen betonte der CDU-Chef: “Und kommt unter keinen Umständen, bitte, zum Staat, zur Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland, um euch in einer solchen ökonomischen Situation zu helfen.” Das klingt nicht nur ernüchtert, sondern ist Ausdruck einer Desillusionierung, die Deutschland erfasst hat. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass sich deutsche Automobilkonzerne und andere längst in große Abhängigkeiten vom chinesischen Markt manövriert haben.
Die Vorstellung, dass ein deutscher Politiker vor einem China-Risiko warnt, wäre vor zehn Jahren undenkbar gewesen. Um jeden Preis in China dabei sein – so hieß die Losung ins Glück. Auf ins Eldorado des 21. Jahrhunderts. Der Staat war viele Jahre gerne bereit, den Firmen Garantien in Milliardenhöhe zu geben, um deren Risiken mitzutragen und ihren Mut zu fördern, nach China zu expandieren und sich den Bedingungen auszuliefern. Sinnbildlich dafür steht die Vertragsunterzeichnung für den Bau einer VW-Fabrik in Xinjiang vor den Augen von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2012.
Doch staatliche Investitionsgarantien könnten sehr bald Geschichte sein – zumindest wenn es um Geld geht, das in die Volksrepublik fließen soll. Das Bundeswirtschaftsministerium stellte bereits vor mehr als zwei Jahren konkrete Überlegungen in diese Richtung an, beließ es zunächst aber bei einer Gebührenerhöhung für die staatliche Absicherung. Volkswagen handelte sich mit Habecks Verweis auf chinesische Menschenrechtsverletzungen sogar schon eine Absage für Kreditbürgschaften ein. Und auch in der China-Strategie der Bundesregierung fanden die “Risiken auf dem chinesischen Markt” (4.4) eine besondere Erwähnung.
Wenige Wochen vor den Bundestagswahlen sendete Merz jetzt ein deutliches Signal, dass nach der Ampel auch das Vertrauen der CDU in die Volksrepublik als Partner deutlich gesunken ist. Eine Forderung nach konsequentem De-Risking der deutschen Wirtschaft hätte Merz klarer nicht formulieren können. China sei Teil einer “Achse von Autokratien”, in denen Rechtsstaatlichkeit nach unseren Maßstäben nicht gegeben sei, mahnte er.
“Das sind markige Worte, die Unsicherheit erzeugen. Manager, Eigentümer und Investoren sollten ihre Risiken noch genauer abwägen als zuvor”, sagt Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Grundsätzlich habe der Staat zwar nichts dabei zu melden, wo und wann ein Unternehmen Investitionen plant, doch die unmissverständliche und “richtige Ansage”, dass die Unternehmen ihr China-Risiko bei einer Regierungsbeteiligung der Union selbst tragen müssen, habe “Durchschlagskraft”.
“Wir hoffen, dass die deutsche Seite Chinas Entwicklung objektiv und rational betrachtet und an der Tradition der deutsch-chinesischen Freundschaft festhält”, hieß es seitens des chinesischen Außenamtes. Deutsche Politiker seien außerdem eingeladen, in die Volksrepublik zu kommen, um das “wahre China” zu erleben.
Doch zunehmend fehlt in Deutschland der Glaube, dass hinter solchen chinesischen Aussagen mehr als Plattitüden stecken. Sie wiederholen sich seit Jahren, reichen aber nicht aus, um den Vertrauensverlust in der Politik aufzuhalten.
Der Prozess der kritischen Betrachtung ist eine Geschichte in mehreren Kapiteln. Das Positionspapier 2019 des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) bezeichnet IW-Ökonom Matthes als “bahnbrechend”. Es zeigte Dutzende Probleme in den wirtschaftlichen Beziehungen auf. Später folgte der Dreiklang der Europäischen Kommission, der China unter anderem als Rivale einstuft. Berichte über die Existenz von Internierungslagern in Xinijang und die Eskalation zwischen Staat und Zivilgesellschaft in Hongkong beschleunigten die Entfremdung.
Corona tat sein Übrigens. “Mit der Corona-Pandemie hat die Verlässlichkeit in der Zusammenarbeit mit chinesischen Zulieferern, aber auch das Vertrauen in den chinesischen Absatzmarkt enorm gelitten. Der Marktzugang für deutsche Firmen wurde weiter erschwert, der Zwang zu Kooperationen oder Minderheitsbeteiligungen und der damit verbundene Abfluss von Know-how wurden forciert. Das sind alles Dinge, die auch bei den Mittelständlern zu einer Desillusionierung beim China-Geschäft geführt haben”, sagt Chef-Volkswirt Hans-Jürgen Völz vom Bundesverband mittelständischer Wirtschaft (BVMW).
Deswegen sei die Diversifizierung der Investitionen im Mittelstand längst in vollem Gange. Viele Unternehmen seien bereit, die Kosten dafür zu tragen. “Ständige Verfügbarkeit eines Produkts in der Lieferkette wird höher gewertet als der Preis.” Für den Mittelstand seien staatliche Bürgschaften ohnehin kein hinreichend überzeugendes Argument, in China zu investieren. “Was die Unternehmen wollen, ist Reziprozität – die gleichen Bedingungen auf beiden Seiten, nicht in Sonntagsreden, sondern in der Realität”, sagt Völz.
Der Ökonom wertet die Aussagen vor Merz insofern auch unmittelbar als Nachricht an die chinesische Seite, dass man in Deutschland nicht mehr bereit ist, chinesische Strategien, Wünsche oder Regularien widerstandslos zu akzeptieren. Völz sieht zudem ein Signal an mögliche Koalitionspartner einer neuen Bundesregierung – so und nicht anders wolle er das Verhältnis zu China gestalten. “Denn”, so Völz, “zu glauben, dass China in Fragen wirtschaftlicher Interessen handzahm wird, ist falsch.”
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Der Autobauer Mercedes-Benz schließt sich einer Klage seines chinesischen Joint-Venture-Partners Geely gegen die EU-Strafzölle auf Elektroautos aus China an. Das Gemeinschaftsunternehmen produziert den elektrischen Smart in China, auch für den europäischen Markt. Zuvor wurde bekannt, dass neben Geely und anderen chinesischen Herstellern wie BYD und SAIC auch Tesla und BMW gegen die EU-Zölle klagen. Bei BMW ist der elektrische Mini betroffen.
Die EU hat die Zusatzzölle im vergangenen Jahr nach Anti-Subventionsermittlungen eingeführt. Sie liegen zwischen 17 Prozent für BYD und 35,3 Prozent für SAIC, dazu kommen noch die regulären Abgaben von zehn Prozent. Der Zollaufschlag auf den Smart liegt bei knapp 19 Prozent. Die deutsche Autoindustrie lehnt die Zölle ab, da sie chinesische Gegenmaßnahmen befürchtet. rtr
Europäische Unternehmen, die ihre Produktion von China nach Südostasien diversifizieren, sind dort zunehmend auf eine Zusammenarbeit mit China angewiesen. Dies geht aus der Studie Transport & Logistics Barometer des Wirtschaftsprüfers PwC Deutschland hervor. Demnach sichern sich chinesische Unternehmen dort immer mehr Einfluss auf Häfen in Südostasien.
Zu den wichtigsten chinesischen Investitionen gehören der Studie zufolge Mehrheitsbeteiligungen in Brunei (Muara Port Project) und Myanmar (Kyaukpyu). Außerdem halten chinesische Staatsunternehmen Anteile von bis zu 49 Prozent an Häfen in Singapur, Malaysia und Thailand sowie an mehreren Häfen in Vietnam, Kambodscha, Indonesien und auf den Philippinen.
In Kyaukpyu treiben chinesische Staatsunternehmen den Bau eines neuen Megahafens mit einer Umschlagskapazität von rund 4,8 Millionen Containereinheiten (TEU), voran. Derzeit werden im größten Hafen Myanmars nur etwa eine Million TEU umgeschlagen. Der Bau soll China unter Umgehung der strategisch wichtigen Straße von Malakka einen direkten Zugang zum Indischen Ozean verschaffen. Die Arbeiten an dem Projekt, Teil von Chinas Belt-and-Road-Initiative, verzögerten sich in den letzten Jahren jedoch, auch infolge des Bürgerkriegs in Myanmar, immer wieder.
Die Region Südostasien wird laut der PwC-Studie als globales Logistik-Drehkreuz immer wichtiger. Von 2013 bis 2023 stiegen die EU-Einfuhren aus Südostasien von 82 Milliarden Euro, damals 5 Prozent der Gesamteinfuhren, auf rund 151 Milliarden Euro, das entspricht 6,3 Prozent der Gesamteinfuhren. lp
Indien und China wollen nach fast fünf Jahren wieder Direktflüge aufnehmen und an der Beilegung von Differenzen in Handels- und Wirtschaftsfragen arbeiten. Dies teilten die Regierungen beider Länder nach einem Treffen der Außenminister Vikram Misri und Wang Yi in Peking mit.
Laut einer Mitteilung des chinesischen Außenministeriums sagte Wang seinem indischen Amtskollegen, China und Indien sollten sich zu “gegenseitiger Unterstützung und gegenseitigem Erfolg” verpflichten und nicht zu “Misstrauen” und “Entfremdung”. In der indischen Erklärung hieß es, “Anliegen in den Bereichen Wirtschaft und Handel wurden mit dem Ziel erörtert, diese Probleme zu lösen und die langfristige Transparenz und Vorhersehbarkeit der Politik zu fördern”.
Die beiden Länder wollen auch auf die Wiederaufnahme von Pilgerreisen von Indern zu den heiligen Bergen und Seen Tibets im Jahr 2025 hinarbeiten. China teilte zudem mit, bei einem separaten Treffen am Montag zwischen Beamten auf Vizeministerebene sei vereinbart worden, den Austausch von Journalisten zwischen beiden Ländern zu erleichtern.
Nach einem Zusammenstoß zwischen Truppen entlang der umstrittenen Grenze im Himalaja im Jahr 2020 hatten sich die Spannungen zwischen Indien und China verschärft. Dabei starben mindestens 20 indische Soldaten und vier Chinesen. In der Folge erschwerte Indien chinesischen Unternehmen Investitionen im Land, verbot Hunderte Apps und strich Passagierflüge aus China.
Die Beziehungen haben sich verbessert, seit im Oktober eine Vereinbarung zur Entschärfung des militärischen Konflikts entlang der bergigen Grenze getroffen wurde. Im selben Monat führten Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und der indische Premierminister Narendra Modi Gespräche in Russland. lp/rtr
Stephan Galla ist seit Dezember Head of Marketing bei Aston Martin Greater China. Er wechselt von Porsche China, wo er zuvor als Director Marketing Communications & Dealer Marketing tätig war. Sein Einsatzort ist Shanghai.
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Ungewöhnliche Tanzpartner: Bei der jährlichen Gala zum Frühlingsfest im chinesischen Staatsfernsehen führten humanoide Roboter Seite an Seite mit menschlichen Tänzerinnen den Errenzhuan (二人转, wörtlich: Zwei-Menschen-Rotation) auf – einen traditionellen Tanz aus dem kalten Nordosten Chinas. Dabei wirbelten Mensch und Maschine mit jeweils zwei roten Papiertaschentüchern. Die Humanoiden hatten offensichtlich gut geölte Gelenke: Sie schafften die Kunststücke übermenschlich schnell und wurden damit in den sozialen Medien zur Attraktion des Abends. Die Performance ersonnen hatte kein Geringerer als Starregisseur Zhang Yimou. Was es sonst noch gab? Unter anderem einen Gastauftritt der berühmten Videobloggerin Li Ziqi, Lobpreisungen des chinesischen Militärs und Beschwörungen der “ethnischen Harmonie”. Dann war das Jahr des Drachen auch schon vorbei. Wir wünschen Ihnen an dieser Stelle alles Gute zum Jahr der Holzschlange!