Table.Briefing: China

Ma Ying-jeou bereist erneut China + App Xiaohongshu hat besonderes Erfolgsrezept

Liebe Leserin, lieber Leser,

seit Ostermontag ist Taiwans früherer Präsident Ma Ying-jeou in China unterwegs – bereits zum zweiten Mal seit März 2023. Wieder ist er offiziell privat dort, aber seine Mission ist es, die Verbundenheit beider Seiten der Taiwanstraße zu beschwören. Und so wird Ma auf seiner elftägigen Reise auch wieder politische Gespräche führen – und kommende Woche voraussichtlich sogar Staatschef Xi Jinping treffen.

Zwar hat Ma kein politisches Amt mehr, doch seine Reise hat hohen symbolischen Wert. Er hatte sich im Amt für den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu China und die Betonung der kulturellen Identität Taiwans als chinesisch eingesetzt, wie Leonardo Pape erklärt.

Beides sorgt in Taiwan bis heute für Diskussionen und Zwist. Und so kritisiert nicht nur die regierende DPP die Reise des Ex-Präsidenten; auch in seiner eigenen Partei, der KMT, ist die China-Tour ihres früheren Chefs durchaus umstritten.

Der chinesischen App Xiaohongshu ist gelungen, was westlichen Anbietern wie Instagram bislang nicht geglückt ist: Social-Media-Lifestyle und E-Commerce voll zu verbinden. Anonyme Bewertungen sind in der App tabu. Nutzende sollen den Influencern dort vollstes Vertrauen schenken können, wie Fabian Peltsch beschreibt.

Laut eigenen Angaben hatte Xiaohongshu 2023 mehr als 300 Millionen monatlich aktive User – 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten sind jung und leben in Metropolen wie Shanghai. Auch deutsche Marken beginnen, die App für Verkäufe zu nutzen.

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Christiane Kühl
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Analyse

Taiwans Ex-Präsident Ma Ying-jeou sorgt mit China-Reise erneut für Zwist

Zum Auftakt seiner elftägigen China-Reise hat der ehemalige taiwanische Präsident Ma Ying-jeou von der Kuomintang-Partei (KMT) zu mehr Austausch und Zusammenarbeit zwischen Taiwan und China aufgerufen. So traf Ma auf seiner ersten Station im südchinesischen Shenzhen unter anderem Song Tao, den Vorsitzenden des Büros für Taiwan-Angelegenheiten des Staatsrats.

Song überbrachte Grüße von Staatschef Xi Jinping und nutzte die Gelegenheit, die politische Linie der Kommunistischen Partei zu bekräftigen: China stelle sich gegen alle “separatistischen Aktivitäten” in Taiwan und gegen jede externe Einmischung. Die Führung in Peking hat in den letzten Jahren den politischen und militärischen Druck auf Taiwan erhöht.

Ma steht für Annäherung an Peking

Ma, von 2008 bis 2016 Taiwans Präsident, strebt noch heute die wirtschaftliche und politische Annäherung an China an. Vor einem Jahr hatte er schon mal die Volksrepublik bereist – als Privatmensch, wie er selbst betonte. Aber auch damals hatte Ma politische Gespräche. Derzeit bekleidet Ma kein hohes Parteiamt mehr, organisiert wird die Reise nach China von seiner privaten Stiftung. Begleitet wird er von einer Jugenddelegation, die für den zivilgesellschaftlichen Austausch mit China stehen soll.

Die KMT-Führung ist nach eigenen Angaben nicht an der Planung der Reise beteiligt. Abgeordnete der Partei begrüßten jedoch die Aussicht auf politischen Dialog mit Chinas Führung. Kritik gab es dagegen aus der chinakritischen Regierungspartei DPP. Die Parlamentsabgeordnete Wu Su-yao verwies unter anderem darauf, dass Ma mit seiner Delegation den Digitalkonzern Tencent und den Drohnenproduzenten Shenzhen DJI Sciences and Technologies besucht habe, die beide von den USA sanktioniert worden seien. Die Drohnen von Shenzhen DJI Sciences and Technologies werden unter anderem von beiden Seiten im Ukraine-Krieg eingesetzt.

Treffen mit Xi noch nicht bestätigt

Präsidentin Tsai Ing-wen und ihr Vizepräsident Lai Ching-te, der im Januar die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte, kommentierten den Besuch nicht. Lai wird am 20. Mai als Nachfolger von Tsai im Amt vereidigt.

Taiwanische Medien berichteten in den letzten Tagen unter Berufung auf anonyme Quellen von einem geplanten Treffen Mas mit Xi Jinping gegen Ende seiner China-Reise. Weder Ma noch die chinesische Führung haben dies bisher bestätigt. Der Vorsitzende von Mas Stiftung sagte auf Nachfrage nur, Ma hoffe, in China mit seinem “alten Freund” zusammenzutreffen. Den “alten Freund” hat Ma bisher nur einmal öffentlich getroffen. Das Zusammentreffen Mas und Xis 2015 in Singapur sollte damals den Höhepunkt der Annäherung zwischen Taiwan und China darstellen. Zu der Zeit war Ma innenpolitisch jedoch bereits deutlich geschwächt.

Im Jahr zuvor hatten sich Studierende in der Sonnenblumenbewegung gegen ein von der KMT-Regierung mit China ausgehandeltes Dienstleistungsabkommen gewendet. Sie fürchteten, dass stärkere wirtschaftliche Abhängigkeiten auch Taiwans politische Souveränität bedrohen würden. Unter dem Druck der Proteste wurde die Ratifizierung des Abkommens im Parlament gekippt, Mas Zustimmungswerte brachen ein. Das Treffen mit Xi Jinping geriet danach zu einer leeren, symbolpolitischen Geste. 2016 wählte die taiwanische Bevölkerung mit großer Mehrheit die DPP-Politikerin Tsai Ing-wen zur Präsidentin.

KMT will kulturelle Verbindung mit China wahren

Mas Familie stammt vom Festland. Sie floh 1949 als Teil der KMT-Gefolgschaft nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten nach Taiwan. Vor diesem Hintergrund sieht Ma sich und seine Partei berufen, die chinesische kulturelle Identität Taiwans zu bewahren –  eine Identität, die die KMT während der Diktaturzeit unter General Chiang Kai-shek bis Ende der Achtzigerjahre der gesamten Bevölkerung aufoktroyiert hatte – auch denjenigen, die gar nicht vom Festland stammten. Die chinesische Identität prägt die KMT bis heute, während die DPP eine taiwanische Identität pflegt.

Als Ma im März 2023 China besuchte, war die Meinung in der taiwanischen Bevölkerung hierzu geteilt. Viel Kritik erntete Ma vor allem für Äußerungen wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl diesen Januar: Wenn es um die Beziehungen zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße gehe, müsse man Xi Jinping vertrauen, sagte Ma im Interview mit der Deutschen Welle. Die KMT-Führung veranlasste daraufhin, dass Ma bei den letzten großen Wahlkampfveranstaltungen nicht mehr öffentlich auftrat. 

Parteiintern hat Ma Ying-jeou also an Einfluss eingebüßt. Ein Treffen mit Xi Jinping könnte daher vor allem darüber Aufschluss geben, ob und unter welchen Bedingungen Chinas Führung derzeit noch politischen Dialog mit Taiwan anstrebt.

China könnte Polarisung in Taiwan für sich nutzen

Mit der DPP-Regierung verweigert die Führung in Peking den Dialog. Diese ist nach den Wahlen im Januar geschwächt: Lai Ching-te hatte bei seinem Wahlsieg nur etwas mehr als 40 Prozent der Stimmen erhalten; die DPP verlor zudem ihre Mehrheit im Parlament. Chinas Regierung könnte nun durch Dialogangebote gegenüber Ma und anderen chinafreundlichen politischen Akteuren die politische Polarisierung in Taiwan für sich nutzen und vertiefen. Nach innen hin ist Mas Besuch für die Kommunistische Partei daher vor allem eine willkommene Gelegenheit, ihre Erzählung von der untrennbaren Verbindung Taiwans und Chinas zu verbreiten.

Nach den Präsidentschaftswahlen im Januar hatte das chinesische Außenministerium verlautbaren lassen, die DPP repräsentiere nicht die Mehrheitsmeinung der taiwanischen Bevölkerung. Die überwältigende Mehrheit im Volk ist sich jedoch trotz der politischen Polarisierung einig darin, Taiwans demokratisches System und faktische Souveränität zu erhalten. Leonardo Pape

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Xiaohongshu: Trends und E-Commerce für die Generation Z in einer einzigen App

Eine Live-Streamerin verkauft Kosmetik auf der Plattform Xiaohongshu.
Eine Live-Streamerin verkauft Kosmetik auf der Plattform Xiaohongshu.

Unter Auslandschinesen avancierte Düsseldorf im vergangenen Jahr zur kulinarischen Hauptstadt Deutschlands, wenn nicht gar Europas. Zahlreich verabredeten sie sich in der Rheinmetropole, um mal so richtig zu schlemmen. Zurückzuführen war die Popularität vor allem auf die Socal-Media- und E-Commerce-App Xiaohongshu 小红书, auf der die Nutzer sich darüber austauschten, dass man an japanisch geprägten Orten wie der Immermannstraße auch authentisch zubereitete chinesische Spezialitäten bekommt.

Das “kleine rote Buch” – so lautet der Name der Shanghaier App geschichtsvergessen – war in den vergangenen fünf Jahren der wirkmächtigste Newcomer unter den chinesischen Apps. Irgendwo zwischen Instagram und Pinterest hat sie vor allem bei jüngeren Frauen der Post-95er-Generation den Platzhirschen wie Wechat und Douyin das Wasser abgegraben.

Xiaonhongshu wurde 2013 als Shopping-Guide für Wochenendtrips nach Hongkong gegründet. Erst mit der Zeit entwickelte sich daraus ein Kanal, auf dem Nutzende mit Fotos und Kurzvideos Empfehlungen, Tutorials und Bewertungen für Produkte, Restaurants und Hotspots aus aller Welt teilen können. Doch die App ist noch viel mehr. Viele Chinesen nutzen sie als eine Art Suchmaschine, um den Alltag zu optimieren, aber auch als Kompass, um über neueste Trends informiert zu sein. Der Unique Selling Point ist dabei neben den Algorithmen die Schwarmintelligenz der organisch gewachsenen Community.

Wer sich zum Beispiel mit der App durch Berlin navigieren will, findet unter dem entsprechenden Keyword User-Anleitungen, was man in einschlägigen Clubs wie dem Berghain anziehen sollte, wo man die besten Vintage-Kleider kaufen kann oder was Asiaten so alles in türkischen Supermärkten finden können. Wer selbst regelmäßig beliebte Inhalte postet, kann Provisionen verdienen. Anonyme Bewertungen sind tabu. Man soll den KOLs, den Key Opinion Leadern, vollstes Vertrauen schenken können. Laut eigenen Angaben hatte Xiaohongshu 2023 mehr als 300 Millionen monatlich aktive Nutzer – 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Über 50 Prozent sind zwischen 18 und 35 Jahre alt und leben in den wohlhabenderen Städten Chinas wie Shenzhen oder Shanghai. Das macht die App für inländische, aber auch ausländische Marken hochinteressant, um sich auf dem chinesischen Markt als hochwertige Unternehmen zu präsentieren.

Die Community als Vertrauensbasis

Xiaohongshu gelingt, was Instagram und Pinterest bislang nicht geschafft haben: Lifestyle mit E-Commerce zu verbinden. Wer durch die Videos scrollt, kann einzelne Produkte mit einem Klick auf der integrierten “RED Mall” erwerben. Das Vertrauen der Community soll dabei auf die dort angebotenen Waren abstrahlen. Die Botschaft: Hier geht es nicht um Kommerz, sondern um Qualität. Dazu passt, dass Xiaohongshu auch zwischen Influencern und Marken vermittelt, die in der App auftauchen wollen. Die Idee ist, das KI-generierte Ramsch-Image anderer Anbieter zu vermeiden. Marken und Einzelhändler müssen für ein offizielles Markenkonto eine Bewerbung einreichen. Influencer wiederum müssen Werbepartnerschaften anmelden und offenlegen, ob sie für ein Video bezahlt wurden. Andernfalls drohen Abmahnungen und Sperrung. Auch das Einfügen von Links zu anderen E-Commerce-Anbietern ist verboten.

Im Jahr 2023 hat Xiaohongshu laut neuesten Schätzungen der Financial Times erstmals Profit gemacht. Bei einem Umsatz von 3,7 Milliarden US-Dollar erwirtschaftete die App demnach einen Nettogewinn von 500 Millionen US-Dollar. Im Jahr zuvor hatte Xiaohongshu noch einen Verlust von 200 Millionen US-Dollar verbucht, bei einem Umsatz von etwa zwei Milliarden. Die Lifestyle-App wird von Investoren wie Alibaba, Tencent und Temasek unterstützt und erzielte bei der letzten Finanzierungsrunde im Jahr 2021 eine Bewertung von 20 Milliarden US-Dollar. Die Zahl der Händler, die auf Xiaohongshu Waren im Gesamtwert von über 100 Millionen Yuan verkauft haben, hat sich im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr verfünffacht, teilte die Plattform Anfang des Jahres mit.

Potenzial für ausländische Marken

Xiaohongshu ist gerade für Luxusmarken ein geeigneter Ort, um sich in einem guten Licht zu präsentieren. Ausländische Firmen wie Chanel, Gucci und Dior, aber auch westliche Celebrities wie Kim Kardashian haben hier bereits offizielle Accounts eingerichtet. Im März veranstaltete die App am Rande der Pariser Modewoche zusammen mit der französischen Vogue sogar eine Konferenz plus Gala-Dinner für die Modebranche. In Deutschland nutzen bislang nur wenige Firmen das Potenzial der Plattform. Zu ihnen zählt die deutsche Drogeriekette Rossmann, was angesichts der Nachfrage junger Chinesen nach Kosmetik durchaus Sinn ergibt.

“Xiaohongshu ist eines der wichtigsten Mittel, um unsere potenziellen Kunden mit hochqualitativem Content zu erreichen”, antwortet Rossmann auf eine Anfrage von Table.Briefings. Das Unternehmen spreche die verschiedenste Zielgruppen dort “maßgeschneidert mit eigenen Postings oder Blogger (KOL)-Kooperationen an”. Das heißt in dem Fall zum Beispiel, dass eine chinesische Influencerin den Zuschauern erklärt, was sich hinter Produkten wie “Doppelherz Magen-Gel” oder “Bad Heilbrunner Verdauungstee” verbirgt.

Imageschaden und verhinderter Börsengang

Doch es gibt auch Hürden und Probleme. Ein geplanter Börsengang von Xiaohongshu wurde 2021 verschoben, nachdem die chinesische Regierung im Rahmen eines Crackdowns mehreren Tech-Firmen nahegelegt hatte, eine Börsennotierung in den USA zu überdenken und auf Hongkong als Alternative auszuweichen. Die schiere Menge an gespeicherten Nutzerdaten, die ins Ausland wandern könnten, macht Peking nervös. Ende 2023 erklärte das Unternehmen, dass auch ein Börsengang in Hongkong weiterhin auf Eis liegt.

Auch eine englische Version gibt es bislang nicht, was mit den Sicherheitsbedenken gegenüber Tiktok im Ausland zu tun haben dürfte. Im Dezember 2022 verbot die taiwanische Regierung Angestellten des öffentlichen Dienstes die Nutzung von Xiaohongshu auf offiziellen Geräten aufgrund von Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit.

Auch wurde der App wiederholt vorgeworfen, unrealistische Schönheitsideale zu propagieren. Touristische Hotspots würden auf der App zudem ausschließlich positiv dargestellt, ohne auf potenzielle Gefahren hinzuweisen. Anfang 2022 wurde Xiaohongshu von den lokalen Behörden in Shanghai mit einer Geldstrafe in Höhe von 300.000 Yuan belegt, weil die App es versäumt habe, jugendgefährdende Inhalte zu entfernen. Auch Betrüger hätten sich immer wieder in die Community eingeschlichen. Angesichts der wachsenden Größe der Nutzerzahlen ist das kein Wunder. Konkurrierende Unternehmen wie der Tiktok-Mutterkonzern Bytedance stehen bereit, um Xiaohongshu Marktanteile abzunehmen.

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Sinolytics.Radar

Chinesische Unternehmen drängen auf internationale Märkte

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  • Angesichts der nachlassenden Nachfrage im Inland, der Überkapazitäten, der politischen Ambitionen und der gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit expandieren chinesische Unternehmen auf ausländische Märkte.
  • Drei wesentliche Sektoren treiben Chinas Exporte an, die zusammen fast 30 Prozent des Exportwachstums im Jahr 2023 ausmachten: Elektrofahrzeuge, Batterien und Photovoltaik. Aber auch andere Branchen, insbesondere der Maschinenbau, sehen sich einer starken Expansion chinesischer Wettbewerber auf Drittmärkten gegenüber.
  • Mithilfe staatlicher finanzieller Unterstützung verfolgen viele chinesische Unternehmen nachdrücklich eine “Marktanteil vor Gewinn”-Strategie, bei der die rasche Gewinnung von Marktanteilen durch niedrige Preise Vorrang vor Rentabilität und Gewinnspannen hat.
  • Durch die Kombination von niedrigen Preisen mit einem raschen Aufholen in Sachen Produktqualität und Technologie – ergänzt durch staatliche Unterstützung – hat sich die wachsende chinesische Konkurrenz weltweit als schwierige Herausforderung für EU- und US-Unternehmen erwiesen.
  • Zusätzlich zur breiteren finanziellen Unterstützung durch direkte und indirekte Subventionen (niedrige Inputpreise für Strom, Land, Stahl usw.) hat die chinesische Regierung ein mehrstufiges System der gezielten Exportförderung geschaffen. Es umfasst Anreize von der nationalen Ebene bis hinunter zu den Stadtbezirken und beinhaltet sehr spezifische Maßnahmen wie Subventionen für die Teilnahme an Handelsmessen, für den Abschluss von Exportkreditversicherungen und für die Zahlung von Anwaltskosten im Falle von Handelsstreitigkeiten.
  • Auch wenn diese Exportanreize nur einen sehr kleinen Teil der Gesamtsubventionen für chinesische Unternehmen ausmachen, so sind sie doch gezielt genug, um eine detaillierte Steuerung der chinesischen “Going-Global” Bemühungen, einschließlich der Priorisierung bestimmter Länder, zu ermöglichen.
  • Auch die Höhe der gezielten Exportförderung hat in den letzten Jahren stark zugenommen: Für an der Börse in Shanghai notierte chinesische Maschinenbauunternehmen waren die gemeldeten Exportsubventionen im Jahr 2022 fünfmal so hoch wie in 2018.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

News

Xi und Biden sprechen über rote Linie in Taiwan-Frage

Erstmals seit ihrem Krisentreffen im vergangenen November in Kalifornien haben US-Präsident Joe Biden und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping wieder miteinander gesprochen. Das bestätigte das Weiße Haus am Dienstag im Anschluss an das Telefonat. Themen waren Taiwan, die Sicherheit im Indopazifik und Handelsfragen. Wie US-Medien berichten, soll es recht kontrovers zugegangen sein. US-Angaben zufolge dauerte das Telefonat eine Stunde und 45 Minuten. 

Die beiden Präsidenten waren im vergangenen November nach einem Jahr kompletter Funkstille in San Francisco zu einem persönlichen Treffen zusammengekommen. Dort hatten sie vereinbart, wieder regelmäßig miteinander zu telefonieren. Dem sind sie am Dienstag zum ersten Mal nachgekommen.

Der chinesische Staatssender CCTV berichtete von einem “offenen und ausführlichen Austausch” zwischen den beiden Staatsoberhäuptern. Xi habe Biden jedoch gesagt, dass die Taiwan-Frage eine “unüberschreitbare rote Linie” sei. Das Weiße Haus teilte mit, dass Biden in dem Gespräch “Frieden und Stabilität” in der Taiwanstraße gefordert habe.

Ebenfalls kontrovers soll es in Handels- und Sanktionsfragen zugegangen sein. Xi hat staatlichen Medien zufolge seinen US-Kollegen vor den Folgen der eingeschränkten Technologielieferungen gewarnt. Damit “bauen die USA nicht Risiken ab, sondern schaffen Risiken”, habe Xi laut Nachrichtenagentur Xinhua erklärt. Die Beziehungen zwischen beiden Staaten seien zwar dabei, sich zu stabilisieren. Sie könnten jedoch “in einen Konflikt oder eine Konfrontation abgleiten”. Biden sprach sich gegen Chinas Forderungen nach einer Lockerung der Exportbestimmungen für Hochleistungs-Chips aus. In einer Erklärung des US-Präsidialamts hieß es, man werde weiter die notwendigen Schritte unternehmen, um zu verhindern, dass die nationale Sicherheit des Landes mit US-Technologie untergraben werde.

Insbesondere die im November vereinbarte Wiederaufnahme der militärischen Kommunikation zwischen den Ländern wird von Beobachtern als wichtig erachtet. Das US-Verteidigungsministerium hatte zuvor beklagt, dass der sonst übliche direkte Austausch zwischen den Streitkräften beider Mächte nicht funktioniere und dies zu gefährlichen Missverständnissen und Fehlkalkulationen in krisenhaften Situationen führen könnte. Die Verteidigungsminister beider Länder sollen schon in den nächsten Tagen miteinander sprechen.

Wie ein Vertreter der US-Regierung bestätigte, haben die beiden Präsidenten weitere Treffen zwischen Kabinettsmitgliedern beider Staaten vereinbart. Bereits in den kommenden Tagen soll US-Finanzministerin Janet Yellen nach Peking reisen, um dringende Handelsfragen zu erörtern. Auch US-Außenminister Antony Blinken wird in den kommenden Tagen in der chinesischen Hauptstadt erwartet. Umgekehrt seien Besuche von hochrangigen Vertretern der chinesischen Regierung in den USA geplant. flee

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Umfrage in Asean-Staaten zeigt Hinwendung zu China – und zugleich Sorge vor Pekings Einfluss

Mehr als die Hälfte der Menschen in Südostasien zieht in einer neuen Umfrage China als Verbündeten den USA vor, wenn sie sich für eine der beiden Supermächte entscheiden müssten. In der am Dienstag vom ISEAS Yusof Ishak Institute in Singapur veröffentlichten Umfrage “State of Southeast Asia 2024” votierten mit 50,5 Prozent der knapp 2.000 Befragten erstmals mehr Menschen für die Volksrepublik als für die USA, die bei 49,5 Prozent lag. 2023 hatten sich noch 61,1 Prozent für die USA und 38,9 Prozent für China als bevorzugten Partner ausgesprochen. 2020 hatte das Institut in seiner Stimmungsumfrage erstmals diese Frage gestellt.

Das wäre eine echte Kehrtwende in einer Region, die sich traditionell nicht zwischen China und den USA entscheiden will – während viele der Asean-Staaten gerade in der Sicherheitspolitik aber vielfach auf Washington setzen. Ein Grund für die Ergebnisse ist die Enttäuschung über das schwache wirtschaftliche Engagement der USA in der Region.

Damit rächt sich, dass Washington keine Pläne für eine ökonomische Einbindung Südostasiens entworfen hat. Die Menschen dort sind laut der Umfrage “zunehmend verunsichert”, was die Wirksamkeit des Indo-Pacific Economic Framework for Prosperity (IPEF) angeht. Die USA bieten Bündnisse an, aber keine zusätzlichen Marktzugänge in die USA. Dafür wurde Washington vielfach kritisiert. Mit China ist Südostasien dagegen ebenso wie mit Indien in der riesigen Freihandelszone RCEP verbunden.

So ist die Präferenz für China auch in Ländern besonders ausgeprägt, die wirtschaftlich eng mit der Volksrepublik zusammenarbeiten und etwa Empfänger von Investitionen der Neuen Seidenstraße sind. In Malaysia zogen 75,1 Prozent China den USA vor, am deutlichsten, gefolgt von 73,2 Prozent in Indonesien und 70,6 Prozent in Laos. China ist seit über einem Jahrzehnt der wichtigste Handelspartner Malaysias und hat dort Milliarden in Schlüsselsektoren investiert.

Dass die Haltung zu China aber nach wie vor ambivalent ist, zeigen die Antworten zum Einfluss Pekings in der Region. 67,4 Prozent der Befragten zeigten sich besorgt über Chinas wachsenden ökonomischen Einfluss. Und sogar 73,5 Prozent der Befragten äußerten Unbehagen über Chinas wachsenden politischen und strategischen Einfluss. 59 Prozent sehen allerdings auch die wachsende politische und strategische Rolle der USA mit Sorge. Beide Werte sind höher als 2023, was darauf hindeutet, dass sich die Asean-Staaten zunehmend in den geopolitischen Konflikt der Großmächte hineingezogen fühlen. Umgekehrt begrüßen daher 58,4 Prozent das wachsende Gewicht des Staatenbundes Asean in der Region. ck

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China benennt Orte in umstrittener Grenzregion um

Wegen Chinas Umbenennung von rund 30 Orten in einer umstrittenen Region an der Grenze zu Indien hat die Regierung Neu Delhi heftigen Protest eingelegt. Das von China beanspruchte Gebiet sei ein Teil des Bundesstaates Arunachal Pradesh und gehöre damit Indien, betonte ein Sprecher des Außenministeriums in Neu-Delhi. Er verurteilte das Vorgehen Chinas als “sinnlos”. Indiens Premierminister Narendra Modi hatte erst vor wenigen Wochen in der Region neue Infrastrukturprojekte eingeweiht, was Peking scharf kritisierte. China beansprucht hingegen den gesamten Bundesstaat für sich.

Chinas Ministerium für zivile Angelegenheiten hatte am Wochenende per Mitteilung die neuen Namen in der Region bekannt gegeben. Konkret geht es um die Umbenennung von rund 30 Siedlungen, Bergen, Flüssen, einem See und einem Bergpass. Sie erhielten allesamt chinesische oder tibetische Bezeichnungen. Die Region bezeichnet die Führung in Peking schon seit einiger Zeit als Zangnan (藏南), was Südtibet bedeutet. Zudem gab Peking 2023 eine neue offizielle Landkarte heraus, die den gesamten Bundesstaat Arunachal Pradesh als chinesisches Territorium ausweist und für mehrere Siedlungen bereits chinesische Namen einführte.

Die beiden Atommächte teilen eine etwa 3.500 Kilometer lange Grenze. Seit einem tödlichen Grenzzwischenfall vor vier Jahren ist die Beziehung der Länder angespannt. Soldaten beider Nationen waren damals mit Steinen, Stöcken und Fäusten aufeinander losgegangen. Offiziellen Angaben zufolge kamen in dieser Auseinandersetzung 20 indische und vier chinesische Soldaten ums Leben. flee

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Tesla holt BYD auf dem Weltmarkt für E-Autos wieder ein

Der Autobauer BYD hat im ersten Quartal 2024 die Position des weltgrößten Elektroautoherstellers voraussichtlich wieder an den US-Rivalen Tesla verloren. Von Januar bis März verkaufte BYD gut 300.000 E-Autos. Das war gegenüber dem Rekordvolumen im Vorquartal ein Rückgang von 43 Prozent. Von Tesla erwarten Analysten im Schnitt in den ersten drei Monaten des Jahres einen Absatz von gut 458.000 Fahrzeugen. Der Elektroautopionier aus den USA veröffentlicht am Dienstag seine Verkaufszahlen.

Im letzten Quartal 2023 hatte BYD Tesla erstmals übertrumpft. Der für BYD entscheidende chinesische Elektro-Markt schwächelt allerdings derzeit, auch beharken sich die Konkurrenzen mit einem erbitterten Preiskampf. BYD ist vor allem in China selbst stark, der Rückfall auf den zweiten Platz hat also auch stark mit der Lage am Heimatmarkt zu tun – der aufgrund des Neujahrsfestes generell eher schwach performt in den ersten zwei Monaten jeden Jahres. BYD hat sich für 2024 ein Absatzwachstum von 20 Prozent auf 3,6 Millionen Fahrzeuge vorgenommen. 

Unterdessen hatte Tesla in China am Montag den Preis für sein populärstes Modell, den E-SUV Model Y erhöht – und ist damit erstmals aus dem Kreislauf der Rabattschlacht ausgebrochen, die das Unternehmen selbst angestoßen hatte. Nio und Xpeng reagierten allerdings mit weiteren Preissenkungen. Weitere Ursache für die Unruhe ist der Marktstart des Newcomers Xiaomi mit einem sportlichen E-Modell SU7 vor wenigen Tagen. Die Vorbestellungen für das Modell überstiegen laut Xiaomi innerhalb von 24 Stunden 88.898 Fahrzeuge. Xiaomis Aktienkurs schoss seit der Vorstellung des Autos in die Höhe. flee/ck

  • Autoindustrie
  • Technologie

Hongkonger Börse setzt Handel der Aktien von Country Garden aus

Die Hongkonger Börse hat den Handel mit Papieren des angeschlagenen Immobilienkonzerns Country Garden gestoppt. Der Grund: Am Donnerstag hatte die einstige Branchengröße in China überraschend mitgeteilt, die Veröffentlichung seiner Bilanz für 2023 verschieben zu müssen, um weitere Informationen zu sammeln – und verstieß damit gegen die Regeln der Hongkonger Börse.

Country Garden ist neben Evergrande der bisher größte Problemfall in der chinesischen Immobilienkrise. Der hoch verschuldete Konzern hatte 2023 eine Zahlung an Gläubiger im Ausland verpasst. Mittlerweile hat ein Geldgeber laut der Nachrichtenagentur dpa vor einem Hongkonger Gericht die Zerschlagung des Unternehmens beantragt. Mitte Mai soll dazu die erste Verhandlung beginnen. 

Derweil lahmt Chinas Immobilienmarkt weiter, eine Erholung ist nicht in Sicht. Zwar lagen im März die Wohnungsverkäufe höher als im traditionell ruhigen Februar – doch der Wert der durch die 100 größten Immobilienfirmen verkauften Wohnungen lag nach vorläufigen Daten der China Real Estate Information Corp mit 358 Milliarden Yuan (rund 46 Milliarden Euro) um 46 Prozent unter dem Vorjahresmonat. Der Immobilienkonzern China Vanke, einst die größte gelistete Entwicklerfirma, musste kürzlich mitteilen, dass ihr Nettogewinn 2023 um 46 Prozent gesunken ist, und damit stärker als von Analysten erwartet. ck

  • Immobilien
  • Immobilienkrise
  • Wirtschaft

Presseschau

Spannungen zwischen China und USA: Biden und Xi sprechen erstmals seit November miteinander SPIEGEL
Biden tells China”s Xi to stay out of US elections VOA NEWS
Yellen to Visit China for Top-Level Economic Talks NEW YORK TIMES
Lawmakers urge Biden to call out more Chinese biotech firms REUTERS
Verräterische Satellitenfotos aufgetaucht: Bereitet China eine Taiwan-Invasion vor? FR
US-Handelsbarrieren: Wie Chinas Autohersteller die USA überlisten HANDELSBLATT
BYD schickt eigene Frachter: Droht Deutschland die China-Auto-Flut? N-TV
Raketenwissenschaftler erhöhen Sicherheit von chinesischen Hochgeschwindigkeitszügen INGENIEUR
China could drive Africa”s renewable energy revolution, report says REUTERS
Wo sind die Chinesen hin? Mehr als 170 000 chinesische Arbeiter haben Afrika in den letzten Jahren verlassen NZZ
Indien kritisiert Ortsumbenennungen Chinas in Grenzregion ORF
Kampf um die Antarktis: China bereitet sich auf den Kollaps vor T-ONLINE
Chinas Frauen: Xi Jinping und die Angst vor dem Feminismus DEUTSCHLANDFUNK

Personalien

Grzegorz Stec ist neuer Leiter des Brüsseler Büros der China-Denkfabrik Merics. Als Analyst befasst er sich mit den EU-China-Beziehungen.

Hong Xiaoye ist seit Anfang März Teil des Semikron China Project Management bei Semikron Danfoss in Hamburg. Das dänische Unternehmen stellt Wärme- und Kältetechnik sowie Hydraulik- und Elektromotoren her. Sie war zuvor im Portfolio-Management bei Danfoss tätig. 

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Dessert

“Digitale Eltern” werden in Chinas Social-Media-Parallelwelt immer beliebter. Dabei handelt es sich um Influencer älteren Semesters, die ihre Follower als “Söhne und Töchter” adressieren, sie trösten, ihnen vor einer Prüfung Mut zusprechen oder einfache Ratschläge fürs Leben geben.

Die immer verfügbaren Mamas und Papas befriedigen offenbar ein Bedürfnis. Laut einem Unicef-Bericht über China aus dem Jahr 2018 klagten 26 Prozent der befragten Minderjährigen über elterliche Vernachlässigung. Die Zahl von Scheidungskindern steigt in der Volksrepublik seit Jahren an.

Hinzukommt die Sehnsucht nach einem einfacheren Leben. Einige der beliebtesten Eltern-Accounts stammen aus ländlichen Provinzen und nehmen die Zuschauer mit auf Spaziergänge durchs Dorfidyll. Das erhöht den Nostalgie-Faktor, selbst wenn viele der “Adoptivkinder” gar nicht selbst auf dem Land aufgewachsen sind.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    seit Ostermontag ist Taiwans früherer Präsident Ma Ying-jeou in China unterwegs – bereits zum zweiten Mal seit März 2023. Wieder ist er offiziell privat dort, aber seine Mission ist es, die Verbundenheit beider Seiten der Taiwanstraße zu beschwören. Und so wird Ma auf seiner elftägigen Reise auch wieder politische Gespräche führen – und kommende Woche voraussichtlich sogar Staatschef Xi Jinping treffen.

    Zwar hat Ma kein politisches Amt mehr, doch seine Reise hat hohen symbolischen Wert. Er hatte sich im Amt für den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu China und die Betonung der kulturellen Identität Taiwans als chinesisch eingesetzt, wie Leonardo Pape erklärt.

    Beides sorgt in Taiwan bis heute für Diskussionen und Zwist. Und so kritisiert nicht nur die regierende DPP die Reise des Ex-Präsidenten; auch in seiner eigenen Partei, der KMT, ist die China-Tour ihres früheren Chefs durchaus umstritten.

    Der chinesischen App Xiaohongshu ist gelungen, was westlichen Anbietern wie Instagram bislang nicht geglückt ist: Social-Media-Lifestyle und E-Commerce voll zu verbinden. Anonyme Bewertungen sind in der App tabu. Nutzende sollen den Influencern dort vollstes Vertrauen schenken können, wie Fabian Peltsch beschreibt.

    Laut eigenen Angaben hatte Xiaohongshu 2023 mehr als 300 Millionen monatlich aktive User – 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten sind jung und leben in Metropolen wie Shanghai. Auch deutsche Marken beginnen, die App für Verkäufe zu nutzen.

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    Christiane Kühl
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    Analyse

    Taiwans Ex-Präsident Ma Ying-jeou sorgt mit China-Reise erneut für Zwist

    Zum Auftakt seiner elftägigen China-Reise hat der ehemalige taiwanische Präsident Ma Ying-jeou von der Kuomintang-Partei (KMT) zu mehr Austausch und Zusammenarbeit zwischen Taiwan und China aufgerufen. So traf Ma auf seiner ersten Station im südchinesischen Shenzhen unter anderem Song Tao, den Vorsitzenden des Büros für Taiwan-Angelegenheiten des Staatsrats.

    Song überbrachte Grüße von Staatschef Xi Jinping und nutzte die Gelegenheit, die politische Linie der Kommunistischen Partei zu bekräftigen: China stelle sich gegen alle “separatistischen Aktivitäten” in Taiwan und gegen jede externe Einmischung. Die Führung in Peking hat in den letzten Jahren den politischen und militärischen Druck auf Taiwan erhöht.

    Ma steht für Annäherung an Peking

    Ma, von 2008 bis 2016 Taiwans Präsident, strebt noch heute die wirtschaftliche und politische Annäherung an China an. Vor einem Jahr hatte er schon mal die Volksrepublik bereist – als Privatmensch, wie er selbst betonte. Aber auch damals hatte Ma politische Gespräche. Derzeit bekleidet Ma kein hohes Parteiamt mehr, organisiert wird die Reise nach China von seiner privaten Stiftung. Begleitet wird er von einer Jugenddelegation, die für den zivilgesellschaftlichen Austausch mit China stehen soll.

    Die KMT-Führung ist nach eigenen Angaben nicht an der Planung der Reise beteiligt. Abgeordnete der Partei begrüßten jedoch die Aussicht auf politischen Dialog mit Chinas Führung. Kritik gab es dagegen aus der chinakritischen Regierungspartei DPP. Die Parlamentsabgeordnete Wu Su-yao verwies unter anderem darauf, dass Ma mit seiner Delegation den Digitalkonzern Tencent und den Drohnenproduzenten Shenzhen DJI Sciences and Technologies besucht habe, die beide von den USA sanktioniert worden seien. Die Drohnen von Shenzhen DJI Sciences and Technologies werden unter anderem von beiden Seiten im Ukraine-Krieg eingesetzt.

    Treffen mit Xi noch nicht bestätigt

    Präsidentin Tsai Ing-wen und ihr Vizepräsident Lai Ching-te, der im Januar die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte, kommentierten den Besuch nicht. Lai wird am 20. Mai als Nachfolger von Tsai im Amt vereidigt.

    Taiwanische Medien berichteten in den letzten Tagen unter Berufung auf anonyme Quellen von einem geplanten Treffen Mas mit Xi Jinping gegen Ende seiner China-Reise. Weder Ma noch die chinesische Führung haben dies bisher bestätigt. Der Vorsitzende von Mas Stiftung sagte auf Nachfrage nur, Ma hoffe, in China mit seinem “alten Freund” zusammenzutreffen. Den “alten Freund” hat Ma bisher nur einmal öffentlich getroffen. Das Zusammentreffen Mas und Xis 2015 in Singapur sollte damals den Höhepunkt der Annäherung zwischen Taiwan und China darstellen. Zu der Zeit war Ma innenpolitisch jedoch bereits deutlich geschwächt.

    Im Jahr zuvor hatten sich Studierende in der Sonnenblumenbewegung gegen ein von der KMT-Regierung mit China ausgehandeltes Dienstleistungsabkommen gewendet. Sie fürchteten, dass stärkere wirtschaftliche Abhängigkeiten auch Taiwans politische Souveränität bedrohen würden. Unter dem Druck der Proteste wurde die Ratifizierung des Abkommens im Parlament gekippt, Mas Zustimmungswerte brachen ein. Das Treffen mit Xi Jinping geriet danach zu einer leeren, symbolpolitischen Geste. 2016 wählte die taiwanische Bevölkerung mit großer Mehrheit die DPP-Politikerin Tsai Ing-wen zur Präsidentin.

    KMT will kulturelle Verbindung mit China wahren

    Mas Familie stammt vom Festland. Sie floh 1949 als Teil der KMT-Gefolgschaft nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten nach Taiwan. Vor diesem Hintergrund sieht Ma sich und seine Partei berufen, die chinesische kulturelle Identität Taiwans zu bewahren –  eine Identität, die die KMT während der Diktaturzeit unter General Chiang Kai-shek bis Ende der Achtzigerjahre der gesamten Bevölkerung aufoktroyiert hatte – auch denjenigen, die gar nicht vom Festland stammten. Die chinesische Identität prägt die KMT bis heute, während die DPP eine taiwanische Identität pflegt.

    Als Ma im März 2023 China besuchte, war die Meinung in der taiwanischen Bevölkerung hierzu geteilt. Viel Kritik erntete Ma vor allem für Äußerungen wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl diesen Januar: Wenn es um die Beziehungen zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße gehe, müsse man Xi Jinping vertrauen, sagte Ma im Interview mit der Deutschen Welle. Die KMT-Führung veranlasste daraufhin, dass Ma bei den letzten großen Wahlkampfveranstaltungen nicht mehr öffentlich auftrat. 

    Parteiintern hat Ma Ying-jeou also an Einfluss eingebüßt. Ein Treffen mit Xi Jinping könnte daher vor allem darüber Aufschluss geben, ob und unter welchen Bedingungen Chinas Führung derzeit noch politischen Dialog mit Taiwan anstrebt.

    China könnte Polarisung in Taiwan für sich nutzen

    Mit der DPP-Regierung verweigert die Führung in Peking den Dialog. Diese ist nach den Wahlen im Januar geschwächt: Lai Ching-te hatte bei seinem Wahlsieg nur etwas mehr als 40 Prozent der Stimmen erhalten; die DPP verlor zudem ihre Mehrheit im Parlament. Chinas Regierung könnte nun durch Dialogangebote gegenüber Ma und anderen chinafreundlichen politischen Akteuren die politische Polarisierung in Taiwan für sich nutzen und vertiefen. Nach innen hin ist Mas Besuch für die Kommunistische Partei daher vor allem eine willkommene Gelegenheit, ihre Erzählung von der untrennbaren Verbindung Taiwans und Chinas zu verbreiten.

    Nach den Präsidentschaftswahlen im Januar hatte das chinesische Außenministerium verlautbaren lassen, die DPP repräsentiere nicht die Mehrheitsmeinung der taiwanischen Bevölkerung. Die überwältigende Mehrheit im Volk ist sich jedoch trotz der politischen Polarisierung einig darin, Taiwans demokratisches System und faktische Souveränität zu erhalten. Leonardo Pape

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    Xiaohongshu: Trends und E-Commerce für die Generation Z in einer einzigen App

    Eine Live-Streamerin verkauft Kosmetik auf der Plattform Xiaohongshu.
    Eine Live-Streamerin verkauft Kosmetik auf der Plattform Xiaohongshu.

    Unter Auslandschinesen avancierte Düsseldorf im vergangenen Jahr zur kulinarischen Hauptstadt Deutschlands, wenn nicht gar Europas. Zahlreich verabredeten sie sich in der Rheinmetropole, um mal so richtig zu schlemmen. Zurückzuführen war die Popularität vor allem auf die Socal-Media- und E-Commerce-App Xiaohongshu 小红书, auf der die Nutzer sich darüber austauschten, dass man an japanisch geprägten Orten wie der Immermannstraße auch authentisch zubereitete chinesische Spezialitäten bekommt.

    Das “kleine rote Buch” – so lautet der Name der Shanghaier App geschichtsvergessen – war in den vergangenen fünf Jahren der wirkmächtigste Newcomer unter den chinesischen Apps. Irgendwo zwischen Instagram und Pinterest hat sie vor allem bei jüngeren Frauen der Post-95er-Generation den Platzhirschen wie Wechat und Douyin das Wasser abgegraben.

    Xiaonhongshu wurde 2013 als Shopping-Guide für Wochenendtrips nach Hongkong gegründet. Erst mit der Zeit entwickelte sich daraus ein Kanal, auf dem Nutzende mit Fotos und Kurzvideos Empfehlungen, Tutorials und Bewertungen für Produkte, Restaurants und Hotspots aus aller Welt teilen können. Doch die App ist noch viel mehr. Viele Chinesen nutzen sie als eine Art Suchmaschine, um den Alltag zu optimieren, aber auch als Kompass, um über neueste Trends informiert zu sein. Der Unique Selling Point ist dabei neben den Algorithmen die Schwarmintelligenz der organisch gewachsenen Community.

    Wer sich zum Beispiel mit der App durch Berlin navigieren will, findet unter dem entsprechenden Keyword User-Anleitungen, was man in einschlägigen Clubs wie dem Berghain anziehen sollte, wo man die besten Vintage-Kleider kaufen kann oder was Asiaten so alles in türkischen Supermärkten finden können. Wer selbst regelmäßig beliebte Inhalte postet, kann Provisionen verdienen. Anonyme Bewertungen sind tabu. Man soll den KOLs, den Key Opinion Leadern, vollstes Vertrauen schenken können. Laut eigenen Angaben hatte Xiaohongshu 2023 mehr als 300 Millionen monatlich aktive Nutzer – 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Über 50 Prozent sind zwischen 18 und 35 Jahre alt und leben in den wohlhabenderen Städten Chinas wie Shenzhen oder Shanghai. Das macht die App für inländische, aber auch ausländische Marken hochinteressant, um sich auf dem chinesischen Markt als hochwertige Unternehmen zu präsentieren.

    Die Community als Vertrauensbasis

    Xiaohongshu gelingt, was Instagram und Pinterest bislang nicht geschafft haben: Lifestyle mit E-Commerce zu verbinden. Wer durch die Videos scrollt, kann einzelne Produkte mit einem Klick auf der integrierten “RED Mall” erwerben. Das Vertrauen der Community soll dabei auf die dort angebotenen Waren abstrahlen. Die Botschaft: Hier geht es nicht um Kommerz, sondern um Qualität. Dazu passt, dass Xiaohongshu auch zwischen Influencern und Marken vermittelt, die in der App auftauchen wollen. Die Idee ist, das KI-generierte Ramsch-Image anderer Anbieter zu vermeiden. Marken und Einzelhändler müssen für ein offizielles Markenkonto eine Bewerbung einreichen. Influencer wiederum müssen Werbepartnerschaften anmelden und offenlegen, ob sie für ein Video bezahlt wurden. Andernfalls drohen Abmahnungen und Sperrung. Auch das Einfügen von Links zu anderen E-Commerce-Anbietern ist verboten.

    Im Jahr 2023 hat Xiaohongshu laut neuesten Schätzungen der Financial Times erstmals Profit gemacht. Bei einem Umsatz von 3,7 Milliarden US-Dollar erwirtschaftete die App demnach einen Nettogewinn von 500 Millionen US-Dollar. Im Jahr zuvor hatte Xiaohongshu noch einen Verlust von 200 Millionen US-Dollar verbucht, bei einem Umsatz von etwa zwei Milliarden. Die Lifestyle-App wird von Investoren wie Alibaba, Tencent und Temasek unterstützt und erzielte bei der letzten Finanzierungsrunde im Jahr 2021 eine Bewertung von 20 Milliarden US-Dollar. Die Zahl der Händler, die auf Xiaohongshu Waren im Gesamtwert von über 100 Millionen Yuan verkauft haben, hat sich im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr verfünffacht, teilte die Plattform Anfang des Jahres mit.

    Potenzial für ausländische Marken

    Xiaohongshu ist gerade für Luxusmarken ein geeigneter Ort, um sich in einem guten Licht zu präsentieren. Ausländische Firmen wie Chanel, Gucci und Dior, aber auch westliche Celebrities wie Kim Kardashian haben hier bereits offizielle Accounts eingerichtet. Im März veranstaltete die App am Rande der Pariser Modewoche zusammen mit der französischen Vogue sogar eine Konferenz plus Gala-Dinner für die Modebranche. In Deutschland nutzen bislang nur wenige Firmen das Potenzial der Plattform. Zu ihnen zählt die deutsche Drogeriekette Rossmann, was angesichts der Nachfrage junger Chinesen nach Kosmetik durchaus Sinn ergibt.

    “Xiaohongshu ist eines der wichtigsten Mittel, um unsere potenziellen Kunden mit hochqualitativem Content zu erreichen”, antwortet Rossmann auf eine Anfrage von Table.Briefings. Das Unternehmen spreche die verschiedenste Zielgruppen dort “maßgeschneidert mit eigenen Postings oder Blogger (KOL)-Kooperationen an”. Das heißt in dem Fall zum Beispiel, dass eine chinesische Influencerin den Zuschauern erklärt, was sich hinter Produkten wie “Doppelherz Magen-Gel” oder “Bad Heilbrunner Verdauungstee” verbirgt.

    Imageschaden und verhinderter Börsengang

    Doch es gibt auch Hürden und Probleme. Ein geplanter Börsengang von Xiaohongshu wurde 2021 verschoben, nachdem die chinesische Regierung im Rahmen eines Crackdowns mehreren Tech-Firmen nahegelegt hatte, eine Börsennotierung in den USA zu überdenken und auf Hongkong als Alternative auszuweichen. Die schiere Menge an gespeicherten Nutzerdaten, die ins Ausland wandern könnten, macht Peking nervös. Ende 2023 erklärte das Unternehmen, dass auch ein Börsengang in Hongkong weiterhin auf Eis liegt.

    Auch eine englische Version gibt es bislang nicht, was mit den Sicherheitsbedenken gegenüber Tiktok im Ausland zu tun haben dürfte. Im Dezember 2022 verbot die taiwanische Regierung Angestellten des öffentlichen Dienstes die Nutzung von Xiaohongshu auf offiziellen Geräten aufgrund von Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit.

    Auch wurde der App wiederholt vorgeworfen, unrealistische Schönheitsideale zu propagieren. Touristische Hotspots würden auf der App zudem ausschließlich positiv dargestellt, ohne auf potenzielle Gefahren hinzuweisen. Anfang 2022 wurde Xiaohongshu von den lokalen Behörden in Shanghai mit einer Geldstrafe in Höhe von 300.000 Yuan belegt, weil die App es versäumt habe, jugendgefährdende Inhalte zu entfernen. Auch Betrüger hätten sich immer wieder in die Community eingeschlichen. Angesichts der wachsenden Größe der Nutzerzahlen ist das kein Wunder. Konkurrierende Unternehmen wie der Tiktok-Mutterkonzern Bytedance stehen bereit, um Xiaohongshu Marktanteile abzunehmen.

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    Sinolytics.Radar

    Chinesische Unternehmen drängen auf internationale Märkte

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    • Angesichts der nachlassenden Nachfrage im Inland, der Überkapazitäten, der politischen Ambitionen und der gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit expandieren chinesische Unternehmen auf ausländische Märkte.
    • Drei wesentliche Sektoren treiben Chinas Exporte an, die zusammen fast 30 Prozent des Exportwachstums im Jahr 2023 ausmachten: Elektrofahrzeuge, Batterien und Photovoltaik. Aber auch andere Branchen, insbesondere der Maschinenbau, sehen sich einer starken Expansion chinesischer Wettbewerber auf Drittmärkten gegenüber.
    • Mithilfe staatlicher finanzieller Unterstützung verfolgen viele chinesische Unternehmen nachdrücklich eine “Marktanteil vor Gewinn”-Strategie, bei der die rasche Gewinnung von Marktanteilen durch niedrige Preise Vorrang vor Rentabilität und Gewinnspannen hat.
    • Durch die Kombination von niedrigen Preisen mit einem raschen Aufholen in Sachen Produktqualität und Technologie – ergänzt durch staatliche Unterstützung – hat sich die wachsende chinesische Konkurrenz weltweit als schwierige Herausforderung für EU- und US-Unternehmen erwiesen.
    • Zusätzlich zur breiteren finanziellen Unterstützung durch direkte und indirekte Subventionen (niedrige Inputpreise für Strom, Land, Stahl usw.) hat die chinesische Regierung ein mehrstufiges System der gezielten Exportförderung geschaffen. Es umfasst Anreize von der nationalen Ebene bis hinunter zu den Stadtbezirken und beinhaltet sehr spezifische Maßnahmen wie Subventionen für die Teilnahme an Handelsmessen, für den Abschluss von Exportkreditversicherungen und für die Zahlung von Anwaltskosten im Falle von Handelsstreitigkeiten.
    • Auch wenn diese Exportanreize nur einen sehr kleinen Teil der Gesamtsubventionen für chinesische Unternehmen ausmachen, so sind sie doch gezielt genug, um eine detaillierte Steuerung der chinesischen “Going-Global” Bemühungen, einschließlich der Priorisierung bestimmter Länder, zu ermöglichen.
    • Auch die Höhe der gezielten Exportförderung hat in den letzten Jahren stark zugenommen: Für an der Börse in Shanghai notierte chinesische Maschinenbauunternehmen waren die gemeldeten Exportsubventionen im Jahr 2022 fünfmal so hoch wie in 2018.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    News

    Xi und Biden sprechen über rote Linie in Taiwan-Frage

    Erstmals seit ihrem Krisentreffen im vergangenen November in Kalifornien haben US-Präsident Joe Biden und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping wieder miteinander gesprochen. Das bestätigte das Weiße Haus am Dienstag im Anschluss an das Telefonat. Themen waren Taiwan, die Sicherheit im Indopazifik und Handelsfragen. Wie US-Medien berichten, soll es recht kontrovers zugegangen sein. US-Angaben zufolge dauerte das Telefonat eine Stunde und 45 Minuten. 

    Die beiden Präsidenten waren im vergangenen November nach einem Jahr kompletter Funkstille in San Francisco zu einem persönlichen Treffen zusammengekommen. Dort hatten sie vereinbart, wieder regelmäßig miteinander zu telefonieren. Dem sind sie am Dienstag zum ersten Mal nachgekommen.

    Der chinesische Staatssender CCTV berichtete von einem “offenen und ausführlichen Austausch” zwischen den beiden Staatsoberhäuptern. Xi habe Biden jedoch gesagt, dass die Taiwan-Frage eine “unüberschreitbare rote Linie” sei. Das Weiße Haus teilte mit, dass Biden in dem Gespräch “Frieden und Stabilität” in der Taiwanstraße gefordert habe.

    Ebenfalls kontrovers soll es in Handels- und Sanktionsfragen zugegangen sein. Xi hat staatlichen Medien zufolge seinen US-Kollegen vor den Folgen der eingeschränkten Technologielieferungen gewarnt. Damit “bauen die USA nicht Risiken ab, sondern schaffen Risiken”, habe Xi laut Nachrichtenagentur Xinhua erklärt. Die Beziehungen zwischen beiden Staaten seien zwar dabei, sich zu stabilisieren. Sie könnten jedoch “in einen Konflikt oder eine Konfrontation abgleiten”. Biden sprach sich gegen Chinas Forderungen nach einer Lockerung der Exportbestimmungen für Hochleistungs-Chips aus. In einer Erklärung des US-Präsidialamts hieß es, man werde weiter die notwendigen Schritte unternehmen, um zu verhindern, dass die nationale Sicherheit des Landes mit US-Technologie untergraben werde.

    Insbesondere die im November vereinbarte Wiederaufnahme der militärischen Kommunikation zwischen den Ländern wird von Beobachtern als wichtig erachtet. Das US-Verteidigungsministerium hatte zuvor beklagt, dass der sonst übliche direkte Austausch zwischen den Streitkräften beider Mächte nicht funktioniere und dies zu gefährlichen Missverständnissen und Fehlkalkulationen in krisenhaften Situationen führen könnte. Die Verteidigungsminister beider Länder sollen schon in den nächsten Tagen miteinander sprechen.

    Wie ein Vertreter der US-Regierung bestätigte, haben die beiden Präsidenten weitere Treffen zwischen Kabinettsmitgliedern beider Staaten vereinbart. Bereits in den kommenden Tagen soll US-Finanzministerin Janet Yellen nach Peking reisen, um dringende Handelsfragen zu erörtern. Auch US-Außenminister Antony Blinken wird in den kommenden Tagen in der chinesischen Hauptstadt erwartet. Umgekehrt seien Besuche von hochrangigen Vertretern der chinesischen Regierung in den USA geplant. flee

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    Umfrage in Asean-Staaten zeigt Hinwendung zu China – und zugleich Sorge vor Pekings Einfluss

    Mehr als die Hälfte der Menschen in Südostasien zieht in einer neuen Umfrage China als Verbündeten den USA vor, wenn sie sich für eine der beiden Supermächte entscheiden müssten. In der am Dienstag vom ISEAS Yusof Ishak Institute in Singapur veröffentlichten Umfrage “State of Southeast Asia 2024” votierten mit 50,5 Prozent der knapp 2.000 Befragten erstmals mehr Menschen für die Volksrepublik als für die USA, die bei 49,5 Prozent lag. 2023 hatten sich noch 61,1 Prozent für die USA und 38,9 Prozent für China als bevorzugten Partner ausgesprochen. 2020 hatte das Institut in seiner Stimmungsumfrage erstmals diese Frage gestellt.

    Das wäre eine echte Kehrtwende in einer Region, die sich traditionell nicht zwischen China und den USA entscheiden will – während viele der Asean-Staaten gerade in der Sicherheitspolitik aber vielfach auf Washington setzen. Ein Grund für die Ergebnisse ist die Enttäuschung über das schwache wirtschaftliche Engagement der USA in der Region.

    Damit rächt sich, dass Washington keine Pläne für eine ökonomische Einbindung Südostasiens entworfen hat. Die Menschen dort sind laut der Umfrage “zunehmend verunsichert”, was die Wirksamkeit des Indo-Pacific Economic Framework for Prosperity (IPEF) angeht. Die USA bieten Bündnisse an, aber keine zusätzlichen Marktzugänge in die USA. Dafür wurde Washington vielfach kritisiert. Mit China ist Südostasien dagegen ebenso wie mit Indien in der riesigen Freihandelszone RCEP verbunden.

    So ist die Präferenz für China auch in Ländern besonders ausgeprägt, die wirtschaftlich eng mit der Volksrepublik zusammenarbeiten und etwa Empfänger von Investitionen der Neuen Seidenstraße sind. In Malaysia zogen 75,1 Prozent China den USA vor, am deutlichsten, gefolgt von 73,2 Prozent in Indonesien und 70,6 Prozent in Laos. China ist seit über einem Jahrzehnt der wichtigste Handelspartner Malaysias und hat dort Milliarden in Schlüsselsektoren investiert.

    Dass die Haltung zu China aber nach wie vor ambivalent ist, zeigen die Antworten zum Einfluss Pekings in der Region. 67,4 Prozent der Befragten zeigten sich besorgt über Chinas wachsenden ökonomischen Einfluss. Und sogar 73,5 Prozent der Befragten äußerten Unbehagen über Chinas wachsenden politischen und strategischen Einfluss. 59 Prozent sehen allerdings auch die wachsende politische und strategische Rolle der USA mit Sorge. Beide Werte sind höher als 2023, was darauf hindeutet, dass sich die Asean-Staaten zunehmend in den geopolitischen Konflikt der Großmächte hineingezogen fühlen. Umgekehrt begrüßen daher 58,4 Prozent das wachsende Gewicht des Staatenbundes Asean in der Region. ck

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    • Handel
    • Neue Seidenstraße
    • RCEP
    • Wirtschaftspolitik

    China benennt Orte in umstrittener Grenzregion um

    Wegen Chinas Umbenennung von rund 30 Orten in einer umstrittenen Region an der Grenze zu Indien hat die Regierung Neu Delhi heftigen Protest eingelegt. Das von China beanspruchte Gebiet sei ein Teil des Bundesstaates Arunachal Pradesh und gehöre damit Indien, betonte ein Sprecher des Außenministeriums in Neu-Delhi. Er verurteilte das Vorgehen Chinas als “sinnlos”. Indiens Premierminister Narendra Modi hatte erst vor wenigen Wochen in der Region neue Infrastrukturprojekte eingeweiht, was Peking scharf kritisierte. China beansprucht hingegen den gesamten Bundesstaat für sich.

    Chinas Ministerium für zivile Angelegenheiten hatte am Wochenende per Mitteilung die neuen Namen in der Region bekannt gegeben. Konkret geht es um die Umbenennung von rund 30 Siedlungen, Bergen, Flüssen, einem See und einem Bergpass. Sie erhielten allesamt chinesische oder tibetische Bezeichnungen. Die Region bezeichnet die Führung in Peking schon seit einiger Zeit als Zangnan (藏南), was Südtibet bedeutet. Zudem gab Peking 2023 eine neue offizielle Landkarte heraus, die den gesamten Bundesstaat Arunachal Pradesh als chinesisches Territorium ausweist und für mehrere Siedlungen bereits chinesische Namen einführte.

    Die beiden Atommächte teilen eine etwa 3.500 Kilometer lange Grenze. Seit einem tödlichen Grenzzwischenfall vor vier Jahren ist die Beziehung der Länder angespannt. Soldaten beider Nationen waren damals mit Steinen, Stöcken und Fäusten aufeinander losgegangen. Offiziellen Angaben zufolge kamen in dieser Auseinandersetzung 20 indische und vier chinesische Soldaten ums Leben. flee

    • Geopolitik
    • Indien

    Tesla holt BYD auf dem Weltmarkt für E-Autos wieder ein

    Der Autobauer BYD hat im ersten Quartal 2024 die Position des weltgrößten Elektroautoherstellers voraussichtlich wieder an den US-Rivalen Tesla verloren. Von Januar bis März verkaufte BYD gut 300.000 E-Autos. Das war gegenüber dem Rekordvolumen im Vorquartal ein Rückgang von 43 Prozent. Von Tesla erwarten Analysten im Schnitt in den ersten drei Monaten des Jahres einen Absatz von gut 458.000 Fahrzeugen. Der Elektroautopionier aus den USA veröffentlicht am Dienstag seine Verkaufszahlen.

    Im letzten Quartal 2023 hatte BYD Tesla erstmals übertrumpft. Der für BYD entscheidende chinesische Elektro-Markt schwächelt allerdings derzeit, auch beharken sich die Konkurrenzen mit einem erbitterten Preiskampf. BYD ist vor allem in China selbst stark, der Rückfall auf den zweiten Platz hat also auch stark mit der Lage am Heimatmarkt zu tun – der aufgrund des Neujahrsfestes generell eher schwach performt in den ersten zwei Monaten jeden Jahres. BYD hat sich für 2024 ein Absatzwachstum von 20 Prozent auf 3,6 Millionen Fahrzeuge vorgenommen. 

    Unterdessen hatte Tesla in China am Montag den Preis für sein populärstes Modell, den E-SUV Model Y erhöht – und ist damit erstmals aus dem Kreislauf der Rabattschlacht ausgebrochen, die das Unternehmen selbst angestoßen hatte. Nio und Xpeng reagierten allerdings mit weiteren Preissenkungen. Weitere Ursache für die Unruhe ist der Marktstart des Newcomers Xiaomi mit einem sportlichen E-Modell SU7 vor wenigen Tagen. Die Vorbestellungen für das Modell überstiegen laut Xiaomi innerhalb von 24 Stunden 88.898 Fahrzeuge. Xiaomis Aktienkurs schoss seit der Vorstellung des Autos in die Höhe. flee/ck

    • Autoindustrie
    • Technologie

    Hongkonger Börse setzt Handel der Aktien von Country Garden aus

    Die Hongkonger Börse hat den Handel mit Papieren des angeschlagenen Immobilienkonzerns Country Garden gestoppt. Der Grund: Am Donnerstag hatte die einstige Branchengröße in China überraschend mitgeteilt, die Veröffentlichung seiner Bilanz für 2023 verschieben zu müssen, um weitere Informationen zu sammeln – und verstieß damit gegen die Regeln der Hongkonger Börse.

    Country Garden ist neben Evergrande der bisher größte Problemfall in der chinesischen Immobilienkrise. Der hoch verschuldete Konzern hatte 2023 eine Zahlung an Gläubiger im Ausland verpasst. Mittlerweile hat ein Geldgeber laut der Nachrichtenagentur dpa vor einem Hongkonger Gericht die Zerschlagung des Unternehmens beantragt. Mitte Mai soll dazu die erste Verhandlung beginnen. 

    Derweil lahmt Chinas Immobilienmarkt weiter, eine Erholung ist nicht in Sicht. Zwar lagen im März die Wohnungsverkäufe höher als im traditionell ruhigen Februar – doch der Wert der durch die 100 größten Immobilienfirmen verkauften Wohnungen lag nach vorläufigen Daten der China Real Estate Information Corp mit 358 Milliarden Yuan (rund 46 Milliarden Euro) um 46 Prozent unter dem Vorjahresmonat. Der Immobilienkonzern China Vanke, einst die größte gelistete Entwicklerfirma, musste kürzlich mitteilen, dass ihr Nettogewinn 2023 um 46 Prozent gesunken ist, und damit stärker als von Analysten erwartet. ck

    • Immobilien
    • Immobilienkrise
    • Wirtschaft

    Presseschau

    Spannungen zwischen China und USA: Biden und Xi sprechen erstmals seit November miteinander SPIEGEL
    Biden tells China”s Xi to stay out of US elections VOA NEWS
    Yellen to Visit China for Top-Level Economic Talks NEW YORK TIMES
    Lawmakers urge Biden to call out more Chinese biotech firms REUTERS
    Verräterische Satellitenfotos aufgetaucht: Bereitet China eine Taiwan-Invasion vor? FR
    US-Handelsbarrieren: Wie Chinas Autohersteller die USA überlisten HANDELSBLATT
    BYD schickt eigene Frachter: Droht Deutschland die China-Auto-Flut? N-TV
    Raketenwissenschaftler erhöhen Sicherheit von chinesischen Hochgeschwindigkeitszügen INGENIEUR
    China could drive Africa”s renewable energy revolution, report says REUTERS
    Wo sind die Chinesen hin? Mehr als 170 000 chinesische Arbeiter haben Afrika in den letzten Jahren verlassen NZZ
    Indien kritisiert Ortsumbenennungen Chinas in Grenzregion ORF
    Kampf um die Antarktis: China bereitet sich auf den Kollaps vor T-ONLINE
    Chinas Frauen: Xi Jinping und die Angst vor dem Feminismus DEUTSCHLANDFUNK

    Personalien

    Grzegorz Stec ist neuer Leiter des Brüsseler Büros der China-Denkfabrik Merics. Als Analyst befasst er sich mit den EU-China-Beziehungen.

    Hong Xiaoye ist seit Anfang März Teil des Semikron China Project Management bei Semikron Danfoss in Hamburg. Das dänische Unternehmen stellt Wärme- und Kältetechnik sowie Hydraulik- und Elektromotoren her. Sie war zuvor im Portfolio-Management bei Danfoss tätig. 

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    Dessert

    “Digitale Eltern” werden in Chinas Social-Media-Parallelwelt immer beliebter. Dabei handelt es sich um Influencer älteren Semesters, die ihre Follower als “Söhne und Töchter” adressieren, sie trösten, ihnen vor einer Prüfung Mut zusprechen oder einfache Ratschläge fürs Leben geben.

    Die immer verfügbaren Mamas und Papas befriedigen offenbar ein Bedürfnis. Laut einem Unicef-Bericht über China aus dem Jahr 2018 klagten 26 Prozent der befragten Minderjährigen über elterliche Vernachlässigung. Die Zahl von Scheidungskindern steigt in der Volksrepublik seit Jahren an.

    Hinzukommt die Sehnsucht nach einem einfacheren Leben. Einige der beliebtesten Eltern-Accounts stammen aus ländlichen Provinzen und nehmen die Zuschauer mit auf Spaziergänge durchs Dorfidyll. Das erhöht den Nostalgie-Faktor, selbst wenn viele der “Adoptivkinder” gar nicht selbst auf dem Land aufgewachsen sind.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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