die eine positive Nachricht lautet: Sie reden wieder miteinander. Am Mittwoch trifft US-Präsident Joe Biden den chinesischen Präsidenten Xi Jinping.
Beide Staatschefs werden von Notwendigkeiten zu dem Treffen getrieben. Joe Biden hat mit der Ukraine und Palästina bereits zwei Krisenherde an der Hand und begrüßt alle Einigungen, die den Druck etwas verringern könnten. Xi wiederum hat eine Wirtschaftskrise zu bewältigen und beginnt eine diplomatische Charme-Offensive.
Stehen die Chancen also gut, dass es produktive Ergebnisse gibt? Keineswegs. An den zugrundeliegenden Konflikten hat sich nämlich nichts geändert. China sucht weiter die Nähe zu Russland und distanziert sich von Israel. Die USA wiederum wollen China weiterhin von Hochtechnik abschneiden.
Doch die hohe Aufmerksamkeit für das Treffen Xi-Biden zeigt auch, wie irrelevant Europa geworden ist. Die EU spielt bei großen weltpolitischen Vorgängen kaum noch eine Rolle, sagt der renommierte Politologe Eberhard Sandschneider im Interview mit Michael Radunski. Es gebe in der Realität keine multipolare Welt, auch wenn sich Olaf Scholz das wünscht. Den viel zitierten Dreiklang von China als Partner, Rivale und Wettbewerber hält Sandschneider für sinnlos – weil sich keiner etwas darunter vorstellen kann.
Sandschneider hat auch eine Botschaft an Außenministerin Annalena Baerbock: China wird sich nicht beeinflussen oder belehren lassen. Entscheidend für eine starke Rolle Europas seien dagegen eine erfolgreiche Industrie, und dafür wiederum fortschrittliche Hochtechnik. Doch hier wirkt Europa abgeschlagen.
Am kommenden Mittwoch ist es so weit: US-Präsident Joe Biden und sein chinesischer Kollege Xi Jinping kommen in San Francisco am Rande des Apec-Gipfels zum direkten Gespräch zusammen.
Das Positive vorweg: Sie reden. Fast auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass Chinas Präsident Xi Jinping und sein US-Amtskollege Joe Biden sich das letzte Mal getroffen haben – damals in Bali am Rande des G20-Gipfels. Gerade im Falle Chinas unter Xi Jinping ist das nicht zu unterschätzen. Der “Vorsitzende von allem” hat enorm viel Macht und Kontrolle an sich gezogen. Das suggeriert Einigkeit, verhindert aber unabhängige Vorstöße. Ohne die ausdrückliche Zustimmung Xis ergreift kein Ministerium in China eigenständig die Initiative. Schweigt Xi, dann schweigt derzeit auch China.
So kann das Treffen am Mittwoch auch intern signalisieren, dass die Zeichen wieder auf Gesprächsbereitschaft stehen – beispielsweise im Militärbereich. Hier deutet sich tatsächlich an, dass nach Monaten der Funkstille die Gespräche zwischen den Militärs wieder aufgenommen werden könnten. Es wäre ein wichtiger Schritt, damit ungewollte Zwischenfälle vor der Küste Taiwans oder im Südchinesischen Meer nicht in einer Katastrophe münden.
Doch damit ist das Positive auch schon weitestgehend vorgetragen. Denn auch am Mittwoch gibt es vor allem ein Problem: Die Positionen Chinas und der USA könnten gegensätzlicher kaum sein.
Experten rechnen denn auch nicht mit Ergebnissen in diese heiklen Fragen. “Die Spannungen zwischen China und den USA sind grundlegend”, sagt Alexander Gabuev zu Table.Media. “Was wir jetzt sehen, ist der Versuch von Biden, den zusammenbrechenden Beziehungen einen Boden zu geben, damit sie nicht völlig zerrütten, zumal wir uns dem anstehenden US-Wahlkampf nähern”, erklärt der Direktor des renommierten Carnegie Russia Eurasia Center die US-Sicht auf das Treffen.
Auch die chinesische Seite dämpft die Erwartungen. “Das politische Klima in den USA hat ihre Haltung gegenüber China nicht grundlegend verändert“, sagt Li Yong, leitender Wissenschaftler der China Association of International Trade in der Zeitung Global Times. Die USA hätten einen Technologiekrieg gegen Chinas Hightech-Industrie begonnen und zeigten zugleich keinerlei Absichten, die Handelsbeschränkungen zu reduzieren, die man China auferlegt habe.
Peking macht eindeutig Washington für die Verschlechterung der Beziehungen verantwortlich. Xi Jinping wirft den USA offen vor, die Vereinigten Staaten würden China einkreisen, eindämmen und unterdrücken wollen. Und daran hat sich nichts geändert.
Glenn Tiffert von der Hoover Institution merkt deshalb an: “Pekings Gesprächsbereitschaft ist eine taktische Reaktion auf die sich verschlechternde wirtschaftliche und strategische Lage Chinas und sollte nicht mit einem tieferen, grundlegenden Sinneswandel verwechselt werden.” China versuche, alle Seiten auszubalancieren und zugleich gegeneinander auszuspielen, sagt der Wissenschaftler zu Table.Media.
Und wo bleibt bei all dem Europa, der vermeintliche Mittler zwischen den beiden Supermächten? “Aus vielen chinesischen Delegationen höre die Hoffnung, dass die Europäer so etwas wie ein ausbalancierendes Element zwischen den USA und China sein könnten”, sagt Politikwissenschaftler Eberhard Sandschneider zu Table.Media – und winkt ab. “Aber das ist eine verfehlte Hoffnung. Europa ist abgeschlagen und spielt keine nennenswerte Rolle.”
Am Mittwoch trifft US-Präsident Joe Biden seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping – zum ersten Mal seit fast einem Jahr. Gibt es Grund zur Hoffnung, dass sich die Beziehungen verbessern werden?
Es ist wichtig, dass das Treffen zwischen Biden und Xi überhaupt stattfindet. Nur in persönlichen Gesprächen lässt sich die notwendige Atmosphäre schaffen, um die großen Differenzen zu diskutieren. Aber niemand sollte falsche Hoffnungen hegen. Das Treffen wird nichts an der amerikanischen Technologiepolitik ändern und auch nichts an Chinas Politik gegenüber Taiwan.
Warum nicht? Wenn überhaupt, dann doch wohl bei einem Treffen der beiden Staatschefs.
Die Beziehungen sind schlicht zu sehr angespannt. Es besteht leider ein großes Risiko. Beide Seiten spielen mit dem Feuer und irgendwann – und sei es unbeabsichtigt durch Zufall – könnte sich jemand die Finger verbrennen. Die militärischen Manöver in der Taiwan-Straße sind hochgefährlich. Wir könnten jederzeit unbeabsichtigt in eine militärische Konfrontation schlittern. Ich fürchte, wir befinden uns in einer Situation wie vor dem Ersten Weltkrieg, ich sehe viele Schlafwandler.
Dann sollte man sich das Treffen also sparen?
Im Gegenteil, genau deshalb ist das Gespräch zwischen Biden und Xi so wichtig. Die Gespräche, gerade auch zwischen den Militärs, müssen wieder aufgenommen werden. Das ist im Krisenfall lebensnotwendig. Insofern zeichnet sich derzeit eine leichte Deeskalation ab. Aber am Grundkonflikt ändert das nichts: China marschiert voller Selbstbewusstsein voran auf seinem Weg, den vermeintlichen Platz an der Sonne zu erreichen, und die Vereinigten Staaten versuchen so viel wie möglich Schatten auf diesen Weg zu werfen.
Wir reden von China und den USA. Wo bleibt da Europa?
Wir dürfen uns nichts vormachen. Europa spielt hierbei überhaupt keine Rolle. Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen liegen hier mit ihren blumigen Worten von der multipolaren Welt völlig falsch. Ein realistischer Blick zeigt, dass Europa im technologischen Wettlauf zwischen China und den USA längst den Anschluss verloren hat. Gleiches droht uns industriepolitisch.
Europa selbst sieht sich als Mittler zwischen den beiden Supermächten.
Aus vielen chinesischen Delegationen höre ich tatsächlich die Hoffnung, dass die Europäer so etwas wie ein ausbalancierendes Element zwischen den USA und China sein könnten. Aber das ist eine verfehlte Hoffnung. Europa ist abgeschlagen und spielt keine nennenswerte Rolle.
Woran liegt das?
Ich befürchte, die Europäer wollen und können nicht mehr. Seit Jahren höre und lese ich, dass Europa mit einer Stimme sprechen sollte. Ja, Europa könnte, wenn es sich zusammenreißen würde, tatsächlich eine Rolle spielen. Aber Europa tut es nicht. Wir erleben den machtpolitischen Abstieg Europas, den viele hierzulande schlicht verleugnen und deshalb nichts daran ändern.
Wie kommen wir aus dieser Situation heraus?
Ein erster Schritt wäre die nüchterne Einsicht, dass es gegen China nicht funktionieren wird, genauso wenig wie es gegen die USA funktionieren würde. Wir werden lernen müssen, mit beiden zu kooperieren, ohne schwachsinnige Worthülsen zu wiederholen: Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen – die meisten, die das immer wieder aufsagen, wissen gar nicht, was sich dahinter verbergen soll geschweige denn, wie sie das in praktische Politik umsetzen sollen.
Aber ist der Ansatz “Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen” nicht genau die Mittelposition, die Europa wichtig macht?
Diese leeren Formulierungen reichen nicht aus. Das ist keine pragmatische Politik in der Welt des 21. Jahrhunderts, wo es leider an vielen Ecken brennt. Wenn Deutschland und Europa technologisch, wissenschaftlich und ökonomisch überleben wollen, werden wir am größten Markt der Zukunft nicht vorbeikommen. Das ist China. Damit wird sich Europa arrangieren müssen.
Also nochmals, was können wir tun?
Wir müssen aufhören mit den Fehlern, die wir seit 20 Jahren machen und immer zu wiederholen. Wir müssen aufhören, auf eine Konvergenz mit China zu warten. Stattdessen sollten wir endlich einsehen, dass China nicht so wird wie wir. China wird sich nicht ohne Weiteres einbinden lassen in unsere Regeln. Und vor allen Dingen müssen wir lernen, dass China sich nicht eindämmen und von außen belehren lässt. Wenn Außenministerin Baerbock anfangen würde, das einzusehen, wäre schon viel gewonnen.
Eberhard Sandschneider war von 1998 bis 2020 Professor für Politik Chinas und internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin. Von 2003 bis 2016 war er zudem Otto-Wolff-Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Inzwischen ist er Partner bei der Beratungsfirma “Berlin Global Advisors”.
Seit Sonntag läuft ein Militärmanöver der Volksbefreiungsarmee zusammen mit Kambodscha, Laos, Malaysia, Thailand und Vietnam. Die gemeinsame Übung trägt den Namen “Friede und Freundschaft” 和平友谊 und findet zum vierten Mal statt. Offizielle Ziele sind “die Bekämpfung des Terrorismus und die Wahrung maritimer Sicherheit”. Sowohl die Landstreitkräfte als auch die Marine sind beteiligt.
Die Manöver gelten als außenpolitisches Instrument, um eine militärische Bindung der Asean-Nachbarn an die USA zu verhindern. China hat nur wenig echte Verbündete in der Region und liegt an seinen Seegrenzen in chronischem Streit um Territorien. fin
Die Muttergesellschaft der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) hat ihrer US-Einheit nach einem Ransomeware-Angriff in der vergangenen Woche offenbar frisches Kapital zugeführt. Wie am Freitag mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen verrieten, sollen mit dem Geld Schäden bei dem Finanzdienstleister Bank of New York Mellon (BNY Mellon) ausgeglichen werden, die durch die Hanldungsunfähigkeit der ICBC-Tochter in den USA verursacht wurden. Die ICBC hat zudem die Dienste einer Cybersicherheitsfirma in Anspruch genommen.
Die ICBC hatten den Cyber-Angriff in den USA am Donnerstag gemeldet. Der Vorgang hatte daraufhin den Markt für US-Staatsanleihen erschüttert, auf dem die ICBC als Makler für Hedgefonds und andere Marktteilnehmer tätig ist. Die ICBC konnte nicht auf ihre Systeme zugreifen, sodass sie BNY Mellon vorübergehend neun Milliarden Dollar für nicht abgewickelte Geschäfte schuldete. rtr
Der ehemalige Chef der China Citic Bank, einer der größten Banken Chinas, ist nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP wegen Korruption zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Sun Deshun führte von 2016 bis 2019 das Geldinstitut.
Sun hatte demnach über einen Zeitraum von 16 Jahren 980 Millionen Yuan (130 Millionen Euro) illegal erhalten. “Die Umstände des Verbrechens waren besonders schwerwiegend, und die sozialen Auswirkungen waren besonders schlimm”, erklärte das Gericht laut CCTV. Sun erhielt demnach die Todesstrafe auf Bewährung. Im Regelfall bedeutete dies, dass die Strafe nach zwei Jahren in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt wird. flee
Chinas überarbeitete Exportbeschränkungen für Grafit treffen die USA und ihre Verbündeten an einem besonders verwundbaren Punkt: in der Versorgungskette für Batterien und Elektrofahrzeuge. Denn China ist der einzige Hersteller für sphärisches Grafit, Grundmaterial für die Anoden in Lithiumbatterien.
Damit ist das Ziel klar: China will den Aufbau einer unabhängigen Batterie-Industrie im Ausland verzögern, wenn nicht gar verhindern. Ohne chinesisches Grafit geht nichts. Die zaghaften Versuche in den USA und Europa, eine unabhängige Batterie-Industrie aufzubauen, werden erheblich erschwert. Und etablierte koreanische und japanische Anodenhersteller wie POSCO werden auf eine angespannte Versorgungslage treffen.
Der Beschränkungen sind damit Chinas Gegenschlag im Technologie-Konflikt mit den USA und die Abschirmung Chinas von fortschrittlicher Halbleitertechnologie. Was die Halbleiter für China sind, das könnten für den Westen die Batterien werden. Die Automobilindustrie wird damit zu einer weiteren Arena im geopolitischen Schlagabtausch.
Die angepassten Exportbeschränkungen sind Teil von Chinas neuer Strategie, seine Dominanz in Lieferketten für Hochtechnologien als politisches Druckmittel einzusetzen. Zunächst drohte China Ende vergangenen Jahres, den Export wichtiger Produktionstechnologien für die Fertigung von Solarzellen zu beschränken und damit die Ambitionen einer eigenständigen europäischen Solarindustrie zunichtezumachen. Diese Maßnahmen wurden letztlich nicht umgesetzt. Dann folgten im Juli die Exportbeschränkungen für Gallium und Germanium, die unter anderem in der Halbleiterindustrie verwendet werden.
China hat diese Strategie zwar erst in den letzten Jahren in Reaktion auf die amerikanischen Exportkontrollen aktiviert. Sie geht aber auf ein Paradigma zurück, das Xi Jinping schon 2013 als asymmetrische Abhängigkeiten formuliert hatte. Demnach müsse China auf sogenannte “Trumpfkarten” (杀手锏) setzen, also Technologien, in denen es seine Dominanz politisch ausspielen kann. Die Abhängigkeiten des Auslands von China müssten in diesen Bereichen gezielt gesteigert werden.
Exporteure von Grafit müssen bereits seit 2006 eine Dual-Use-Lizenz erwerben. Die Lizenzvergabe war bislang jedoch sehr locker und die Regeln vage. Zudem konnten lokale Außenstellen des Handelsministeriums die Lizenzen nach eigenem Ermessen vergeben. Die angepassten Regeln sind deutlich umfassender, genaue Angaben zum Kaufvertrag und Endnutzer sind notwendig. Es ist davon auszugehen, dass Exporteure ihre Lizenzen ab dem 1. Dezember unter den neuen Regeln erneuern müssen. Da die Lizenzen je nach Käufer und Endnutzer für Einzelexporte vergeben werden, kann China sehr genau steuern, wer im Ausland an chinesisches Grafit kommt und wer nicht.
Die angepassten Exportbeschränkungen auf Grafit sind vor diesem Kontext ein ernsthafter Eingriff. Das große Beben sind sie jedoch noch nicht. Wahrscheinlich wird China in der zukünftigen Lizenzvergabe rigoroser agieren als bislang. Aber offen ist noch, welche Härte China dabei tatsächlich an den Tag legen wird und ob es zu langfristigen Versorgungsengpässen kommt. Das Verhalten Chinas in den nächsten Monaten wird wesentlich die Gangart im geopolitischen Konflikt bestimmen.
Auch treffen die Exportbeschränkungen noch nicht den kritischsten Bereich der Batterie-Industrie. Lithium und Kobalt sind deutlich knapper und teurer als Grafit. Eine Exportbeschränkung dieser beiden Rohstoffe hätte also einen ungleich höheren Effekt – China ist auch hier in der Verarbeitung führend. Zudem hat China den Export von Anodenmaterial selbst nicht beschränkt. Ausländische Zellfertiger werden von der Versorgung mit diesem wichtigen Material also nicht abgeschnitten.
Dennoch sind die Auswirkungen ernsthaft: Eine unabhängige europäische und amerikanische Fertigung von Grafitanoden wird deutlich erschwert. Außerdem sind von jetzt ab bis Ende Januar Engpässe in der Grafitversorgung zu erwarten. Im Dezember tritt die Verordnung in Kraft, bis die ersten Lizenzen vergeben werden, wird es eineinhalb bis zwei Monate dauern. Erst dann können die Exporte wieder anlaufen. Das Resultat sind kurzfristige Preissprünge.
Die Beschränkungen sind dabei alles andere als überraschend. Regierungen und Unternehmen außerhalb Chinas bemühen sich intensiv um De-Risking in der Batterieindustrie. So wirbt die U.S.-Firma Anovion mit einer kompletten inneramerikanischen Grafit-Lieferkette. Viele Projekte für synthetische Grafitprojekte werden in den kommenden Jahren außerhalb Chinas entstehen. Natürlicher Grafit eignet sich aufgrund der ungeordneten Struktur nur bedingt für Batterien.
Und doch wird das nicht reichen. Der Grafit-Bedarf wird mit der großen Nachfrage nach Elektrofahrzeugen weiter steigen. China baut große Grafit-Überkapazitäten auf und kann je nach Gutdünken auch wieder den Grafit-Preis nach unten drücken, indem es kurzfristig mehr Lizenzen vergibt, und so nichtchinesische Projekte unprofitabel machen. Die Abhängigkeit wird daher wahrscheinlich hoch bleiben. Chinas Magnetwirkung ist zu groß. Ein Ausweg könnten Silizium-Anoden sein, da Silizium deutlich breiter verfügbar ist. Sie werden jedoch noch nicht in der Breite angewendet.
Doch viel gravierender könnte das sein, was noch kommt. Chinas frühere Vize-Handelsminister Wei Jianguo sagte im Juli, die Restriktionen auf Gallium und Germanium seien “erst der Anfang”. So drängt sich auch jetzt das Gefühl auf, das Ende der Fahnenstange sei noch nicht erreicht. Neben Grafit hat China hat viele weitere Hebel, um die ausländische Batterieindustrie zu treffen.
Am wahrscheinlichsten sind die Beschränkung weiterer Rohstoffexporte, etwa von Lithium- und Kobaltprodukten, und – jenseits von Batterien – Dysprosium, Neodym und Terbium für Permanentmagnete. Selbst Anoden- und Kathodenmaterialien könnte China beschränken. Das ist jedoch weniger wahrscheinlich, denn ähnlich wie für die Zellfertigung selbst sollen hier chinesische Unternehmen global expandieren und für Wertschöpfung im Land sorgen.
Ganz machtlos sind die USA, Europa und weitere Verbündete jedoch auch nicht. Denn für die Herstellung von synthetischem Grafit ist China teilweise auf Importe von Nadelkoks angewiesen. Und das kommt vor allem aus Großbritannien, Japan, Südkorea und den USA. Teilweise importiert China Lithium auch aus Australien. Diese Länder könnten also Gegenmaßnahmen treffen.
Insofern wird sich das Katz- und Mausspiel der Exportkontrollen insbesondere zwischen China und den USA weiter fortsetzen. Die Spirale des Technologiekonflikts könnte sich nun von Halbleitern auf den Automobilsektor ausdehnen – gerade auch in Hinblick auf die Untersuchungen der EU-Kommission zu Subventionen chinesischer Automobilhersteller.
Für Unternehmen und die Wirtschaft verheißt das nichts Gutes. Die Ausfallrisiken steigen und vieles wird teurer. In der Batterieindustrie erscheint ein Umdenken besonders dringlich, insbesondere in der Extraktion und Verarbeitung von Rohstoffen sowie der Herstellung von Anoden- und Kathodenmaterialien. Der Erfolg der außerchinesischen Automobilindustrie hängt auch vom Erfolg dieser Maßnahmen ab.
Jost Wübbeke ist Direktor bei Sinolytics, einem europäischen, auf China spezialisierten Forschungs- und Beratungsunternehmen mit Büros in Berlin, Zürich und Peking. Vorher war er Leiter des Programmbereichs Wirtschaft & Technologie am Mercator Institut für Chinastudien (Merics) in Berlin.
Bai Xiaoqing übernimmt die Leitung für Nordamerika bei der China Investment Corp (CIC). Sie tritt bei dem Staatsfonds die Nachfolge von Zhang Hong an, der die CIC Ende letzten Jahres verließ und nach China zurückkehrte. Wie Reuters berichtet, deutet die Besetzung der monatelang vakanten Stelle darauf hin, dass Peking den Außenposten trotz der Spannungen zwischen den USA und China aufrechterhalten will.
Gregor Koch ist seit Oktober Head of China bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Koch war zuvor als Senior Expert Automotive & Transport bei der Commerzbank AG tätig. Nach fünf Monaten in Frankfurt ist sein Einsatzort nun wieder Shanghai.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Einsam waren diese Lieferanten in der Stadt Shijiazhuang am Samstag ganz sicher nicht. Wegen der vielen Einsen erkor Alibaba-Gründer Jack Ma den 11.11. einst zum “Tag der einsamen Herzen” und versüßte den vielen Singles in China diesen Tag mit zahlreichen Rabatten auf seinen Einkaufsplattformen. Inzwischen ist der 11. November der umsatzstärkste Tag des Jahres – für die Lieferanten der betriebsamste.
Die Händler setzten in der aktuellen Wirtschaftskrise auf besonders große Rabatte, um sich der Konsumverweigerung entgegenzustellen. Dennoch scheint es keine neuen Rekorde gegeben zu haben. JD.com hat am Sonntag noch nicht einmal Zahlen zum Handelsumsatz am Singles Day veröffentlicht.
die eine positive Nachricht lautet: Sie reden wieder miteinander. Am Mittwoch trifft US-Präsident Joe Biden den chinesischen Präsidenten Xi Jinping.
Beide Staatschefs werden von Notwendigkeiten zu dem Treffen getrieben. Joe Biden hat mit der Ukraine und Palästina bereits zwei Krisenherde an der Hand und begrüßt alle Einigungen, die den Druck etwas verringern könnten. Xi wiederum hat eine Wirtschaftskrise zu bewältigen und beginnt eine diplomatische Charme-Offensive.
Stehen die Chancen also gut, dass es produktive Ergebnisse gibt? Keineswegs. An den zugrundeliegenden Konflikten hat sich nämlich nichts geändert. China sucht weiter die Nähe zu Russland und distanziert sich von Israel. Die USA wiederum wollen China weiterhin von Hochtechnik abschneiden.
Doch die hohe Aufmerksamkeit für das Treffen Xi-Biden zeigt auch, wie irrelevant Europa geworden ist. Die EU spielt bei großen weltpolitischen Vorgängen kaum noch eine Rolle, sagt der renommierte Politologe Eberhard Sandschneider im Interview mit Michael Radunski. Es gebe in der Realität keine multipolare Welt, auch wenn sich Olaf Scholz das wünscht. Den viel zitierten Dreiklang von China als Partner, Rivale und Wettbewerber hält Sandschneider für sinnlos – weil sich keiner etwas darunter vorstellen kann.
Sandschneider hat auch eine Botschaft an Außenministerin Annalena Baerbock: China wird sich nicht beeinflussen oder belehren lassen. Entscheidend für eine starke Rolle Europas seien dagegen eine erfolgreiche Industrie, und dafür wiederum fortschrittliche Hochtechnik. Doch hier wirkt Europa abgeschlagen.
Am kommenden Mittwoch ist es so weit: US-Präsident Joe Biden und sein chinesischer Kollege Xi Jinping kommen in San Francisco am Rande des Apec-Gipfels zum direkten Gespräch zusammen.
Das Positive vorweg: Sie reden. Fast auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass Chinas Präsident Xi Jinping und sein US-Amtskollege Joe Biden sich das letzte Mal getroffen haben – damals in Bali am Rande des G20-Gipfels. Gerade im Falle Chinas unter Xi Jinping ist das nicht zu unterschätzen. Der “Vorsitzende von allem” hat enorm viel Macht und Kontrolle an sich gezogen. Das suggeriert Einigkeit, verhindert aber unabhängige Vorstöße. Ohne die ausdrückliche Zustimmung Xis ergreift kein Ministerium in China eigenständig die Initiative. Schweigt Xi, dann schweigt derzeit auch China.
So kann das Treffen am Mittwoch auch intern signalisieren, dass die Zeichen wieder auf Gesprächsbereitschaft stehen – beispielsweise im Militärbereich. Hier deutet sich tatsächlich an, dass nach Monaten der Funkstille die Gespräche zwischen den Militärs wieder aufgenommen werden könnten. Es wäre ein wichtiger Schritt, damit ungewollte Zwischenfälle vor der Küste Taiwans oder im Südchinesischen Meer nicht in einer Katastrophe münden.
Doch damit ist das Positive auch schon weitestgehend vorgetragen. Denn auch am Mittwoch gibt es vor allem ein Problem: Die Positionen Chinas und der USA könnten gegensätzlicher kaum sein.
Experten rechnen denn auch nicht mit Ergebnissen in diese heiklen Fragen. “Die Spannungen zwischen China und den USA sind grundlegend”, sagt Alexander Gabuev zu Table.Media. “Was wir jetzt sehen, ist der Versuch von Biden, den zusammenbrechenden Beziehungen einen Boden zu geben, damit sie nicht völlig zerrütten, zumal wir uns dem anstehenden US-Wahlkampf nähern”, erklärt der Direktor des renommierten Carnegie Russia Eurasia Center die US-Sicht auf das Treffen.
Auch die chinesische Seite dämpft die Erwartungen. “Das politische Klima in den USA hat ihre Haltung gegenüber China nicht grundlegend verändert“, sagt Li Yong, leitender Wissenschaftler der China Association of International Trade in der Zeitung Global Times. Die USA hätten einen Technologiekrieg gegen Chinas Hightech-Industrie begonnen und zeigten zugleich keinerlei Absichten, die Handelsbeschränkungen zu reduzieren, die man China auferlegt habe.
Peking macht eindeutig Washington für die Verschlechterung der Beziehungen verantwortlich. Xi Jinping wirft den USA offen vor, die Vereinigten Staaten würden China einkreisen, eindämmen und unterdrücken wollen. Und daran hat sich nichts geändert.
Glenn Tiffert von der Hoover Institution merkt deshalb an: “Pekings Gesprächsbereitschaft ist eine taktische Reaktion auf die sich verschlechternde wirtschaftliche und strategische Lage Chinas und sollte nicht mit einem tieferen, grundlegenden Sinneswandel verwechselt werden.” China versuche, alle Seiten auszubalancieren und zugleich gegeneinander auszuspielen, sagt der Wissenschaftler zu Table.Media.
Und wo bleibt bei all dem Europa, der vermeintliche Mittler zwischen den beiden Supermächten? “Aus vielen chinesischen Delegationen höre die Hoffnung, dass die Europäer so etwas wie ein ausbalancierendes Element zwischen den USA und China sein könnten”, sagt Politikwissenschaftler Eberhard Sandschneider zu Table.Media – und winkt ab. “Aber das ist eine verfehlte Hoffnung. Europa ist abgeschlagen und spielt keine nennenswerte Rolle.”
Am Mittwoch trifft US-Präsident Joe Biden seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping – zum ersten Mal seit fast einem Jahr. Gibt es Grund zur Hoffnung, dass sich die Beziehungen verbessern werden?
Es ist wichtig, dass das Treffen zwischen Biden und Xi überhaupt stattfindet. Nur in persönlichen Gesprächen lässt sich die notwendige Atmosphäre schaffen, um die großen Differenzen zu diskutieren. Aber niemand sollte falsche Hoffnungen hegen. Das Treffen wird nichts an der amerikanischen Technologiepolitik ändern und auch nichts an Chinas Politik gegenüber Taiwan.
Warum nicht? Wenn überhaupt, dann doch wohl bei einem Treffen der beiden Staatschefs.
Die Beziehungen sind schlicht zu sehr angespannt. Es besteht leider ein großes Risiko. Beide Seiten spielen mit dem Feuer und irgendwann – und sei es unbeabsichtigt durch Zufall – könnte sich jemand die Finger verbrennen. Die militärischen Manöver in der Taiwan-Straße sind hochgefährlich. Wir könnten jederzeit unbeabsichtigt in eine militärische Konfrontation schlittern. Ich fürchte, wir befinden uns in einer Situation wie vor dem Ersten Weltkrieg, ich sehe viele Schlafwandler.
Dann sollte man sich das Treffen also sparen?
Im Gegenteil, genau deshalb ist das Gespräch zwischen Biden und Xi so wichtig. Die Gespräche, gerade auch zwischen den Militärs, müssen wieder aufgenommen werden. Das ist im Krisenfall lebensnotwendig. Insofern zeichnet sich derzeit eine leichte Deeskalation ab. Aber am Grundkonflikt ändert das nichts: China marschiert voller Selbstbewusstsein voran auf seinem Weg, den vermeintlichen Platz an der Sonne zu erreichen, und die Vereinigten Staaten versuchen so viel wie möglich Schatten auf diesen Weg zu werfen.
Wir reden von China und den USA. Wo bleibt da Europa?
Wir dürfen uns nichts vormachen. Europa spielt hierbei überhaupt keine Rolle. Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen liegen hier mit ihren blumigen Worten von der multipolaren Welt völlig falsch. Ein realistischer Blick zeigt, dass Europa im technologischen Wettlauf zwischen China und den USA längst den Anschluss verloren hat. Gleiches droht uns industriepolitisch.
Europa selbst sieht sich als Mittler zwischen den beiden Supermächten.
Aus vielen chinesischen Delegationen höre ich tatsächlich die Hoffnung, dass die Europäer so etwas wie ein ausbalancierendes Element zwischen den USA und China sein könnten. Aber das ist eine verfehlte Hoffnung. Europa ist abgeschlagen und spielt keine nennenswerte Rolle.
Woran liegt das?
Ich befürchte, die Europäer wollen und können nicht mehr. Seit Jahren höre und lese ich, dass Europa mit einer Stimme sprechen sollte. Ja, Europa könnte, wenn es sich zusammenreißen würde, tatsächlich eine Rolle spielen. Aber Europa tut es nicht. Wir erleben den machtpolitischen Abstieg Europas, den viele hierzulande schlicht verleugnen und deshalb nichts daran ändern.
Wie kommen wir aus dieser Situation heraus?
Ein erster Schritt wäre die nüchterne Einsicht, dass es gegen China nicht funktionieren wird, genauso wenig wie es gegen die USA funktionieren würde. Wir werden lernen müssen, mit beiden zu kooperieren, ohne schwachsinnige Worthülsen zu wiederholen: Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen – die meisten, die das immer wieder aufsagen, wissen gar nicht, was sich dahinter verbergen soll geschweige denn, wie sie das in praktische Politik umsetzen sollen.
Aber ist der Ansatz “Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen” nicht genau die Mittelposition, die Europa wichtig macht?
Diese leeren Formulierungen reichen nicht aus. Das ist keine pragmatische Politik in der Welt des 21. Jahrhunderts, wo es leider an vielen Ecken brennt. Wenn Deutschland und Europa technologisch, wissenschaftlich und ökonomisch überleben wollen, werden wir am größten Markt der Zukunft nicht vorbeikommen. Das ist China. Damit wird sich Europa arrangieren müssen.
Also nochmals, was können wir tun?
Wir müssen aufhören mit den Fehlern, die wir seit 20 Jahren machen und immer zu wiederholen. Wir müssen aufhören, auf eine Konvergenz mit China zu warten. Stattdessen sollten wir endlich einsehen, dass China nicht so wird wie wir. China wird sich nicht ohne Weiteres einbinden lassen in unsere Regeln. Und vor allen Dingen müssen wir lernen, dass China sich nicht eindämmen und von außen belehren lässt. Wenn Außenministerin Baerbock anfangen würde, das einzusehen, wäre schon viel gewonnen.
Eberhard Sandschneider war von 1998 bis 2020 Professor für Politik Chinas und internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin. Von 2003 bis 2016 war er zudem Otto-Wolff-Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Inzwischen ist er Partner bei der Beratungsfirma “Berlin Global Advisors”.
Seit Sonntag läuft ein Militärmanöver der Volksbefreiungsarmee zusammen mit Kambodscha, Laos, Malaysia, Thailand und Vietnam. Die gemeinsame Übung trägt den Namen “Friede und Freundschaft” 和平友谊 und findet zum vierten Mal statt. Offizielle Ziele sind “die Bekämpfung des Terrorismus und die Wahrung maritimer Sicherheit”. Sowohl die Landstreitkräfte als auch die Marine sind beteiligt.
Die Manöver gelten als außenpolitisches Instrument, um eine militärische Bindung der Asean-Nachbarn an die USA zu verhindern. China hat nur wenig echte Verbündete in der Region und liegt an seinen Seegrenzen in chronischem Streit um Territorien. fin
Die Muttergesellschaft der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) hat ihrer US-Einheit nach einem Ransomeware-Angriff in der vergangenen Woche offenbar frisches Kapital zugeführt. Wie am Freitag mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen verrieten, sollen mit dem Geld Schäden bei dem Finanzdienstleister Bank of New York Mellon (BNY Mellon) ausgeglichen werden, die durch die Hanldungsunfähigkeit der ICBC-Tochter in den USA verursacht wurden. Die ICBC hat zudem die Dienste einer Cybersicherheitsfirma in Anspruch genommen.
Die ICBC hatten den Cyber-Angriff in den USA am Donnerstag gemeldet. Der Vorgang hatte daraufhin den Markt für US-Staatsanleihen erschüttert, auf dem die ICBC als Makler für Hedgefonds und andere Marktteilnehmer tätig ist. Die ICBC konnte nicht auf ihre Systeme zugreifen, sodass sie BNY Mellon vorübergehend neun Milliarden Dollar für nicht abgewickelte Geschäfte schuldete. rtr
Der ehemalige Chef der China Citic Bank, einer der größten Banken Chinas, ist nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP wegen Korruption zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Sun Deshun führte von 2016 bis 2019 das Geldinstitut.
Sun hatte demnach über einen Zeitraum von 16 Jahren 980 Millionen Yuan (130 Millionen Euro) illegal erhalten. “Die Umstände des Verbrechens waren besonders schwerwiegend, und die sozialen Auswirkungen waren besonders schlimm”, erklärte das Gericht laut CCTV. Sun erhielt demnach die Todesstrafe auf Bewährung. Im Regelfall bedeutete dies, dass die Strafe nach zwei Jahren in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt wird. flee
Chinas überarbeitete Exportbeschränkungen für Grafit treffen die USA und ihre Verbündeten an einem besonders verwundbaren Punkt: in der Versorgungskette für Batterien und Elektrofahrzeuge. Denn China ist der einzige Hersteller für sphärisches Grafit, Grundmaterial für die Anoden in Lithiumbatterien.
Damit ist das Ziel klar: China will den Aufbau einer unabhängigen Batterie-Industrie im Ausland verzögern, wenn nicht gar verhindern. Ohne chinesisches Grafit geht nichts. Die zaghaften Versuche in den USA und Europa, eine unabhängige Batterie-Industrie aufzubauen, werden erheblich erschwert. Und etablierte koreanische und japanische Anodenhersteller wie POSCO werden auf eine angespannte Versorgungslage treffen.
Der Beschränkungen sind damit Chinas Gegenschlag im Technologie-Konflikt mit den USA und die Abschirmung Chinas von fortschrittlicher Halbleitertechnologie. Was die Halbleiter für China sind, das könnten für den Westen die Batterien werden. Die Automobilindustrie wird damit zu einer weiteren Arena im geopolitischen Schlagabtausch.
Die angepassten Exportbeschränkungen sind Teil von Chinas neuer Strategie, seine Dominanz in Lieferketten für Hochtechnologien als politisches Druckmittel einzusetzen. Zunächst drohte China Ende vergangenen Jahres, den Export wichtiger Produktionstechnologien für die Fertigung von Solarzellen zu beschränken und damit die Ambitionen einer eigenständigen europäischen Solarindustrie zunichtezumachen. Diese Maßnahmen wurden letztlich nicht umgesetzt. Dann folgten im Juli die Exportbeschränkungen für Gallium und Germanium, die unter anderem in der Halbleiterindustrie verwendet werden.
China hat diese Strategie zwar erst in den letzten Jahren in Reaktion auf die amerikanischen Exportkontrollen aktiviert. Sie geht aber auf ein Paradigma zurück, das Xi Jinping schon 2013 als asymmetrische Abhängigkeiten formuliert hatte. Demnach müsse China auf sogenannte “Trumpfkarten” (杀手锏) setzen, also Technologien, in denen es seine Dominanz politisch ausspielen kann. Die Abhängigkeiten des Auslands von China müssten in diesen Bereichen gezielt gesteigert werden.
Exporteure von Grafit müssen bereits seit 2006 eine Dual-Use-Lizenz erwerben. Die Lizenzvergabe war bislang jedoch sehr locker und die Regeln vage. Zudem konnten lokale Außenstellen des Handelsministeriums die Lizenzen nach eigenem Ermessen vergeben. Die angepassten Regeln sind deutlich umfassender, genaue Angaben zum Kaufvertrag und Endnutzer sind notwendig. Es ist davon auszugehen, dass Exporteure ihre Lizenzen ab dem 1. Dezember unter den neuen Regeln erneuern müssen. Da die Lizenzen je nach Käufer und Endnutzer für Einzelexporte vergeben werden, kann China sehr genau steuern, wer im Ausland an chinesisches Grafit kommt und wer nicht.
Die angepassten Exportbeschränkungen auf Grafit sind vor diesem Kontext ein ernsthafter Eingriff. Das große Beben sind sie jedoch noch nicht. Wahrscheinlich wird China in der zukünftigen Lizenzvergabe rigoroser agieren als bislang. Aber offen ist noch, welche Härte China dabei tatsächlich an den Tag legen wird und ob es zu langfristigen Versorgungsengpässen kommt. Das Verhalten Chinas in den nächsten Monaten wird wesentlich die Gangart im geopolitischen Konflikt bestimmen.
Auch treffen die Exportbeschränkungen noch nicht den kritischsten Bereich der Batterie-Industrie. Lithium und Kobalt sind deutlich knapper und teurer als Grafit. Eine Exportbeschränkung dieser beiden Rohstoffe hätte also einen ungleich höheren Effekt – China ist auch hier in der Verarbeitung führend. Zudem hat China den Export von Anodenmaterial selbst nicht beschränkt. Ausländische Zellfertiger werden von der Versorgung mit diesem wichtigen Material also nicht abgeschnitten.
Dennoch sind die Auswirkungen ernsthaft: Eine unabhängige europäische und amerikanische Fertigung von Grafitanoden wird deutlich erschwert. Außerdem sind von jetzt ab bis Ende Januar Engpässe in der Grafitversorgung zu erwarten. Im Dezember tritt die Verordnung in Kraft, bis die ersten Lizenzen vergeben werden, wird es eineinhalb bis zwei Monate dauern. Erst dann können die Exporte wieder anlaufen. Das Resultat sind kurzfristige Preissprünge.
Die Beschränkungen sind dabei alles andere als überraschend. Regierungen und Unternehmen außerhalb Chinas bemühen sich intensiv um De-Risking in der Batterieindustrie. So wirbt die U.S.-Firma Anovion mit einer kompletten inneramerikanischen Grafit-Lieferkette. Viele Projekte für synthetische Grafitprojekte werden in den kommenden Jahren außerhalb Chinas entstehen. Natürlicher Grafit eignet sich aufgrund der ungeordneten Struktur nur bedingt für Batterien.
Und doch wird das nicht reichen. Der Grafit-Bedarf wird mit der großen Nachfrage nach Elektrofahrzeugen weiter steigen. China baut große Grafit-Überkapazitäten auf und kann je nach Gutdünken auch wieder den Grafit-Preis nach unten drücken, indem es kurzfristig mehr Lizenzen vergibt, und so nichtchinesische Projekte unprofitabel machen. Die Abhängigkeit wird daher wahrscheinlich hoch bleiben. Chinas Magnetwirkung ist zu groß. Ein Ausweg könnten Silizium-Anoden sein, da Silizium deutlich breiter verfügbar ist. Sie werden jedoch noch nicht in der Breite angewendet.
Doch viel gravierender könnte das sein, was noch kommt. Chinas frühere Vize-Handelsminister Wei Jianguo sagte im Juli, die Restriktionen auf Gallium und Germanium seien “erst der Anfang”. So drängt sich auch jetzt das Gefühl auf, das Ende der Fahnenstange sei noch nicht erreicht. Neben Grafit hat China hat viele weitere Hebel, um die ausländische Batterieindustrie zu treffen.
Am wahrscheinlichsten sind die Beschränkung weiterer Rohstoffexporte, etwa von Lithium- und Kobaltprodukten, und – jenseits von Batterien – Dysprosium, Neodym und Terbium für Permanentmagnete. Selbst Anoden- und Kathodenmaterialien könnte China beschränken. Das ist jedoch weniger wahrscheinlich, denn ähnlich wie für die Zellfertigung selbst sollen hier chinesische Unternehmen global expandieren und für Wertschöpfung im Land sorgen.
Ganz machtlos sind die USA, Europa und weitere Verbündete jedoch auch nicht. Denn für die Herstellung von synthetischem Grafit ist China teilweise auf Importe von Nadelkoks angewiesen. Und das kommt vor allem aus Großbritannien, Japan, Südkorea und den USA. Teilweise importiert China Lithium auch aus Australien. Diese Länder könnten also Gegenmaßnahmen treffen.
Insofern wird sich das Katz- und Mausspiel der Exportkontrollen insbesondere zwischen China und den USA weiter fortsetzen. Die Spirale des Technologiekonflikts könnte sich nun von Halbleitern auf den Automobilsektor ausdehnen – gerade auch in Hinblick auf die Untersuchungen der EU-Kommission zu Subventionen chinesischer Automobilhersteller.
Für Unternehmen und die Wirtschaft verheißt das nichts Gutes. Die Ausfallrisiken steigen und vieles wird teurer. In der Batterieindustrie erscheint ein Umdenken besonders dringlich, insbesondere in der Extraktion und Verarbeitung von Rohstoffen sowie der Herstellung von Anoden- und Kathodenmaterialien. Der Erfolg der außerchinesischen Automobilindustrie hängt auch vom Erfolg dieser Maßnahmen ab.
Jost Wübbeke ist Direktor bei Sinolytics, einem europäischen, auf China spezialisierten Forschungs- und Beratungsunternehmen mit Büros in Berlin, Zürich und Peking. Vorher war er Leiter des Programmbereichs Wirtschaft & Technologie am Mercator Institut für Chinastudien (Merics) in Berlin.
Bai Xiaoqing übernimmt die Leitung für Nordamerika bei der China Investment Corp (CIC). Sie tritt bei dem Staatsfonds die Nachfolge von Zhang Hong an, der die CIC Ende letzten Jahres verließ und nach China zurückkehrte. Wie Reuters berichtet, deutet die Besetzung der monatelang vakanten Stelle darauf hin, dass Peking den Außenposten trotz der Spannungen zwischen den USA und China aufrechterhalten will.
Gregor Koch ist seit Oktober Head of China bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Koch war zuvor als Senior Expert Automotive & Transport bei der Commerzbank AG tätig. Nach fünf Monaten in Frankfurt ist sein Einsatzort nun wieder Shanghai.
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