Table.Briefing: China

Komikerin Jamie Wang + Bahntechnik in Europa

Liebe Leserin, lieber Leser,

schlagfertige Komikerinnen und Komiker haben es schwer in China. Das bekommt die gerade erst aufgeblühte Stand-up-Comedy-Szene in den großen Metropolen zu spüren: Bei Missfallen folgen Strafen.

Der Grat ist schmal, auch für Jamie Wang, Comedienne, die Festlandchinesin ist und aktuell in Taiwan studiert. Im Interview mit Fabian Peltsch schwingt die Sorge vor Konsequenzen von zu großer Offenheit mit. Dabei nimmt sie vor allem Themen wie ihre eigene Diskriminierung in Taiwan aufs Korn.

Nicht nur bei der Elektromobilität fährt China Deutschland davon, sondern auch auf der Schiene. Der chinesische Bahnkonzern CRRC tritt inzwischen auch in der EU als Anbieter von Zügen auf. Das ist umso bemerkenswerter, als die Volksrepublik bis vor kurzem noch kein nennenswertes Hochgeschwindigkeits-Schienennetz besaß. Die ersten Hochgeschwindigkeitszüge von Siemens kamen erst 2007. In der Zwischenzeit gab es einen regen Technologietransfer und chinesische Firmen können nun fast alles selbst. Siemens ist nur noch ein Nischenanbieter in der Volksrepublik. Diese strebt auch in der Bahnbranche Technologieführerschaft an, wie Christian Domke-Seidel analysiert.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche!

Ihre
Julia Fiedler
Bild von Julia  Fiedler

Interview

“Meine Hass-Liebe zu Taiwan ist sehr lustig!”

Wer hat mehr Selbstironie, Festlandbewohner oder Taiwaner?

Ich würde sagen, sie gleichen sich in etwa, denn wir sind beide kulturell chinesisch geprägt, und fühlen uns unwohl, wenn wir kritisiert werden.

Bei Ihren Stand-up-Auftritten sprechen Sie unter anderem über Ihr Leben als chinesische Austauschstudentin in Taiwan. Was ist so lustig daran, als Frau aus Shanghai in Taipeh zu leben?

Ich glaube, Taiwan ist der am wenigsten ideale Ort für einen Festlandchinesen, wenn man die Spannungen zwischen den beiden Orten bedenkt – es ist fast so, als hätte ich den schwierigsten Modus in einem Videospiel gewählt. Meine Liebes- und Hassbeziehung zu Taiwan und zu mir selbst ist interessant, schmerzhaft und auch: lustig.

Was ist das Schwierige daran?

Durch die politische Abneigung Taiwans gegenüber dem Festland rechtfertigt man hier Diskriminierung. Das äußert sich zum Beispiel daran, dass ich selbst im Alltag verspottet oder sogar verhöhnt werde. Zudem gibt auch einige diskriminierende Gesetze gegen Menschen vom Festland. Als Studenten vom Festland dürfen wir nicht arbeiten, keine Praktika machen, wir bekommen auch keine staatlichen Stipendien und keine Krankenversicherung. Wir sind von allen Arten von Arbeitsvisa nach unserem Abschluss ausgeschlossen, was bedeutet, dass es für Studenten vom Festland keine andere Möglichkeit gibt, in Taiwan zu bleiben, als einen Taiwaner zu heiraten.

Wie sind Sie überhaupt in Taiwan gelandet?

Ich wurde von einer guten Universität angenommen, also bin ich hin. Ich liebe diese Insel sehr. Sie ist fortschrittlich und konservativ, stark und zerbrechlich zugleich.

Bei ihren Auftritten spielen Sie mit dem Klischee der naiven chinesischen Frau, liefern aber zugleich ziemlich explizite Inhalte. Wie ist diese Bühnenpersönlichkeit zustande gekommen?

Ich glaube, die Rolle ist Teil meiner eigenen Persönlichkeit. Ein Teil von mir ist sehr mutig und unverblümt, aber es gibt auch einen Teil, der unbeholfen ist, ständig Angst hat und leicht von Dingen überfordert ist. Wenn ich auf der Bühne stehe, versuche ich diesen Teil von mir nicht zu kontrollieren, ja, ich lasse ihn sogar ein wenig die Kontrolle übernehmen. So stellte sich mit der Zeit heraus, dass der Kontrast zwischen meiner Bühnenpräsenz und den mutigen Witzen gut funktionierte, weil man nicht erwartet, dass ich mich auf diese Art und Weise äußern würde. Ich denke, dass der Charme des Auftretens auch darin liegt, dass man sich nicht auf eine bestimmte Art und Weise präsentieren muss, die den gesellschaftlichen Normen entspricht. Man kann diese seltsame, unbeholfene Person sein und man kann es übertreiben.

In ihrem Programm finden sich auch Witze über westliche Expats in Asien. Was sind die typische Charaktere, denen Sie da begegnen?

Ich möchte keine Gruppen verallgemeinern, aber ich bin schon sauer über einige weiße Männer, die hier ihre unverdienten Privilegien ohne Scham ausnutzen. In ihren Heimatländern scheinen sie nicht sehr begehrt zu sein, also kommen sie nach Asien und behandeln asiatische Frauen auf die respektloseste und schrecklichste Weise. Wenn man tiefer gräbt, stößt man auf weißes Herrendenken und Frauenfeindlichkeit und auch auf die Fetischisierung asiatischer Frauen. Und wenn ich schon nicht in der Lage bin, das systematisch zu ändern, so ist das Mindeste, was ich tun kann, mich dazu zu äußern. Wir sind keine Trophäen und kein Fetisch und wenn da keine Selbstwahrnehmung stattfindet, kann ich auf provokante und traumatisierende Weise nachhelfen.

Sie haben kürzlich einen Auftritt für die vor allem in den USA bekannte Komikerin Atsuko Okatsuka eröffnet. Wie empfinden Sie den Aufstieg asiatischer Comedians im Westen?

Sie war so bodenständig, und natürlich absolut komisch in ihrem einzigartigen Stil. Es ist schön, immer mehr asiatische Comedians zu sehen, denn das Klischee von Asiaten ist immer das von Strebern und Schüchternen, die ihre Stimme nicht erheben.

Was ist Ihr persönliches Tabu, wenn es um Witze geht?

Ich denke, man sollte über alles scherzen können, solange man es “richtig” anstellt. Ich glaube, es gibt einen Unterschied zwischen einem Rassismus-Witz und einem Witz, der rassistisch ist. Aber man muss etwas riskieren und ausprobieren, damit man herausfindet, wo sich diese feine Linie befindet.

Was schlagen Sie vor, um den Konflikt in der Taiwan-Straße zu lösen?

Wenn ich das wüsste, wäre ich nicht hier und würde Peniswitze erzählen.

Jamie Wang, Stand-up-Komikerin aus Shanghai, erzählt bei Ihren Auftritten entwaffnende Anekdoten über ihr Leben als Festlandchinesin in Taiwan. Derzeit macht sie ihren Masterabschluss in Philosophie an der National Taiwan University (NTU) in Taipeh.

  • Gesellschaft
  • Taiwan

Analyse

Bahnanbieter CRRC: Vom Schüler zum Meister

Der Schienenverkehr ist für Europa und China gleichermaßen eine große Chance, die Mobilitätswende zu erreichen. Hinter der chinesischen Strategie steckt aber auch politisches Kalkül, weswegen Staatsbetriebe die Entwicklung deutlich schneller vorantreiben, als das in Europa geschieht.

Mittlerweile ist chinesische Technik sogar in Europa gefragt. Und das nicht nur, wie oft vermutet wird, am östlichen Rand der EU. Im Jahr 2021 mietete die österreichische Westbahn, ein Privatanbieter, vier Elektrotriebzüge von der China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) an. CRRC ist ein Staatsbetrieb und mittlerweile der größte Schienenfahrzeughersteller der Welt.

CRRC setzte sich damals mit seinem Angebot gegen Alstom und Siemens durch. Die beiden Konzerne wollten sich im Jahr 2019 zusammenschließen, bekamen von EU-Kommissarin Margrethe Vestager aber keine Freigabe. Derweil reüssiert CRRC. Auch die Deutsche Bahn kaufte zwanzig Hybrid-Lokomotiven. Und 18 Nahverkehrszüge gingen an die portugiesische Eisenbahn.

Vom Schüler zum Meister

Damit hat sich Verhältnis von Anbieter und Abnehmer innerhalb von anderthalb Jahrzehnten umgekehrt. Im Jahr 2007 kam der erste Siemens-Zug nach China. Damals existierte kein Hochgeschwindigkeits-Schienennetz, und es gab kaum Erfahrung mit schnellen Zügen. Seitdem hat China nicht nur die Technik gemeistert, es ist vom Schüler zum Meister geworden.

Chinesische Firmen produzieren alle Produkte selbst und Siemens wurde zu einem Nischenanbieter degradiert. “Im Bahnbau war Siemens sehr aktiv, die sind aber fast aus dem chinesischen Markt gedrängt worden. Dabei war der Konzern ein wichtiger Technologielieferant im Highspeed-Bereich”, fasst Gregor Sebastian, Analyst beim Mercator Institute for China Studies (Merics), im Gespräch mit Table.Media die Situation zusammen. 

Ziel ist die Technologie-Vorherrschaft

CRRC ist heute aber auch deswegen so groß, weil in China in diesem Sektor viele Staatsbetriebe wieder fusionieren mussten. “In den 1990er-Jahren wurden in China Staatsbetriebe aufgespalten, um Konkurrenz zu schaffen und Marktkräfte zu nutzen. Diese aktuellen Zusammenlegungen sind ein Signal, dass sich Chinas Fokus auf die internationale Ebene verlagert”, sagt Merics-Experte Sebastian.

Tatsächlich spielt auch in China der Schienenverkehr eine wichtige Rolle, um die Kosten in der Logistik zu senken, die Dekarbonisierung voranzutreiben und strukturschwache Regionen anzubinden. Zudem gehört der Eisenbahnbau zu den zentralen Mitteln der Konjunkturförderung. Doch verfolgt die Kommunistische Partei eben auch das Ziel, in zentralen Sektoren – und dazu gehört der Schienenverkehr – nicht nur international konkurrenzfähig, sondern Technologieführer zu werden.

Schweigen zwischen den Schienen

Wie Chinas Strategen das erreichen wollen, verdeutlichen die Aktivitäten der chinesischen Eisenbahnbranche in Europa.

  • Der Stahlkocher British Steel gehört seit 2020 der chinesischen Jingye Group. Britisch Steel ist ein führender Hersteller von Eisenbahnschienen.
  • In Deutschland gehört die Lokfabrik Vossloh in Kiel mittlerweile zum CRRC-Konglomerat.
  • Der 180 Jahre alte Stahlguss-Spezialist Bochumer Verein gehört seit dem Jahr 2017 dem chinesischen Investor Full Hill Enterprises. Die chinesischen Auftraggeber lassen dort unter anderem Radsätze für Zugwaggons herstellen. 

Die chinesischen Akteure mit CRRC im Mittelpunkt des Netzwerks haben sich also systematisch Kenntnisse zugekauft und Kontrolle über die Wertschöpfungskette verschafft.

Neue Konkurrenz für die Deutsche Bahn

Auch die Deutsche Bahn muss sich zunehmend mit China auseinandersetzen. So baut das Unternehmen sein China-Geschäft weiter aus. Die Eisenbahn “ist zu einer der Hauptschlagadern im Warenstrom zwischen Europa und Asien gewachsen, die die bedeutendsten Industrieregionen beider Kontinente verbindet. Die Zugverbindung zwischen Europa und China ist eines der größten Globalisierungsprojekte der Welt“, schrieb das Unternehmen im Jahr 2020. “Für die Deutsche Bahn läuft das China-Geschäft gut, weil es von beiden Seiten den Willen gibt, die Routen auszubauen. Das eröffnet Möglichkeiten, in den chinesischen Markt einzusteigen”, ergänzt Merics-Experte Sebastian.

Er gibt jedoch auch zu bedenken, dass Chinas Fünfjahresplan vorsieht, ein chinesisches Logistikunternehmen zu schaffen, das international konkurrenzfähig ist. Ähnlich wie Cosco im Bereich der Schifffahrt. Auch hier könnte es also passieren, dass die Deutsche Bahn – ähnlich wie Siemens – sich ihre eigene Konkurrenz heranzieht. 

CRRC und Deutsche Bahn zeigen sich schmallippig

Ein Problem, über das die Unternehmen allerdings nicht sprechen wollen. Weder CRRC noch die Deutsche Bahn oder der Verband der Bahnindustrie waren zu einem Interview über das China-Geschäft bereit. Kein Wunder. Als jüngst herauskam, dass mittlerweile 40 Prozent der Komponenten des unternehmenseigenen Mobilfunknetzes der Deutschen Bahn von Huawei stammen, führte das zu einem kleinen politischen Aufschrei. CDU und CSU forderten, dass das Unternehmen die Technologie ausbaue und durch europäische ersetzen. 

Der große Investitionsschub im Bereich des Schienenverkehrs stehe außerdem erst noch bevor, vermutet Sebastian. “Schienenausbau – das haben wir vor allem beim Highspeed-Rail-Netzwerk gesehen – ist ein Stimulus-Instrument für die Binnennachfrage. Im ersten Quartal sind die Ausgaben für den Schienenverkehr auf ein Zehn-Jahreshoch geschossen.” Weil es anderen Sektoren wie der Immobilienbranche gerade nicht so gut gehe, werde der Schienenverkehr besonders gefördert. 

  • CRRC
  • Neue Seidenstraße
  • Schienenverkehr

News

Militär rüstet nuklear auf

Inmitten wachsender geopolitischer Spannungen hat China sein Arsenal an einsatzfähigen Atomsprengköpfen seit 2022 von 350 auf 410 erhöht. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf einen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri

Die Sipri-Forscher beklagen, dass seit der russischen Invasion in der Ukraine die Atomwaffenkontrolle und -abrüstung Rückschläge erlitten habe, unter anderem, da Washington seinen “bilateralen strategischen Stabilitätsdialog” mit Moskau beendet habe. Russland habe zudem im Februar angekündigt, seine Beteiligung am 2010 abgeschlossenen Atomwaffen-Kontrollvertrag New Start zu beenden. jul

  • Atomwaffen
  • Geopolitik
  • Militär

USA bestätigen Spionage-Stellungen auf Kuba

China spioniert laut einer mit der Angelegenheit vertrauten Person schon seit längerer Zeit von Kuba aus. “Es handelt sich um ein laufendes Problem und nicht um eine neue Entwicklung”, sagte ein Beamter der Biden-Administration am Samstag als Reaktionen auf einen Bericht des Wall Street Journal über eine neue Spionage-Basis auf der Insel. “Die Volksrepublik China hat 2019 ihre nachrichtendienstlichen Strukturen in Kuba aufgerüstet. Dies ist in den Geheimdienstunterlagen gut dokumentiert.”

Im Zuge dieser eindeutigen Bestätigung des Berichts bemühte sich die US-Regierung in etwas widersprüchlicher Weise, ihn herunterzuspielen und als veraltet darzustellen. Die Darstellungen in den Medien “stimmen nicht mit unserem Kenntnisstand überein”, sagte der Insider gegenüber Reuters. Er gab aber nicht an, inwiefern der Bericht falsch sei. “Unsere Experten sind der Meinung, dass unsere diplomatischen Bemühungen China gebremst haben. Wir glauben, dass China nicht ganz da ist, wo es zu sein hoffte.” rtr

  • Spionage
  • USA

Honduras eröffnet Botschaft in China

Honduras hat in Peking eine Botschaft eröffnet. Die Präsidentin des zentralamerikanischen Landes, Xiomara Castro, hatte erst im März ihre jahrzehntelangen Beziehungen zu Taiwan beendet. Sie begründete dies damit, dass es mit China mehr Investitionen und Arbeitsplätze in Honduras geben werde. 

Am Sonntag zierten Fahnen von Honduras wegen des Staatsbesuchs den Tiananmen-Platz.

Vize-Außenminister Garcia erklärte, man müsse sich China zuwenden, “um die großen Projekte zu erkunden, die China uns geben kann”. China könne rund zehn Milliarden Dollar in Honduras investieren, was für die einheimischen Arbeiter großartig sei. Zudem hieß es, honduranische Studenten mit Stipendien in Taiwan könnten ihr Studium nach China verlegen. Die Opposition in Honduras hat angekündigt, die Hinwendung zu China rückgängig zu machen, sollte sie gewählt werden. rtr/jul

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  • Honduras
  • Taiwan

Verkäufe von Xiaomi brechen stark ein

Bei Xiaomi, einem der größten Smartphone-Hersteller der Welt, sind die Verkaufszahlen im ersten Quartal 2023 massiv gesunken. Das Unternehmen musste seinen dritten Platz hinter Samsung und Apple für das Unternehmen Oppo räumen.  Oppo ist eine Tochtergesellschaft des chinesischen BBK-Electronics-Konzerns.

Laut TrendForce ging es für Xiaomi im Vergleich zum Vorjahres-Quartal um 28 Prozent nach unten, der Marktanteil liegt nur noch bei elf Prozent. Allerdings hat die gesamte Branche bei den Verkaufszahlen im ersten Quartal eingebüßt. Xiaomi hat seine Smartphone-Strategie kürzlich geändert und will mehr auf Premium setzen. Erste Zahlen deuten auf einen Erfolg dieser Umstellung hin. jul

  • Oppo
  • Smartphone
  • Xiaomi

Abrutschen in die Deflation droht

Während Europa unter hoher Inflation leidet, entwickelt sich in China das gegenteilige Problem. Die Verbraucherpreise in China steigen kaum und lassen auf eine holprige Konjunkturerholung nach der Corona-Krise schließen.

Die Teuerungsrate lag im Mai bei 0,2 Prozent. Die Erzeugerpreise, die als wichtige Indikatoren für die weitere Inflationsentwicklung dienen, befinden sich seit acht Monaten im Sinkflug: Im Mai fielen sie um 4,6 Prozent und damit so rasant wie seit sieben Jahren nicht mehr.

Dies gilt als Alarmsignal, zumal die Verbraucherpreise (CPI) im April mit einem Plus von 0,1 Prozent so langsam gestiegen waren wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr. “Mit einer Teuerung nahe dem Nullpunkt und weiter fallenden Erzeugerpreisen besteht in China die Gefahr eines Abkippens in die Deflation“, warnte Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. Unter einer Deflation verstehen Volkswirte eine Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und Löhnen, die zur Zurückhaltung bei Konsum sowie Investitionen führt und die Wirtschaft am Boden hält. rtr

  • Deflation
  • Inflation
  • Konjunktur

Presseschau

Bericht aus US-Regierungskreisen: China soll seit Jahren Spionageposten auf Kuba haben RND
“Akute Gefahr”: Experten warnen vor Spionen aus China LÜBECKER NACHRICHTEN
“Radikalste Neuerung”: China macht sich Unsicherheit zunutze – und drängt in Russlands “Hinterhof” MERKUR
Ukraine-Krieg: China soll wohl Panzerfahrzeuge an Kadyrow liefern TAGESSCHAU
Konflikt mit China: Taiwans Streitkräfte halten Militärübung an der Küste ab ZEIT
Nach Bruch mit Taiwan: Honduras eröffnet Botschaft in China DEUTSCHLANDFUNK
China bestellt südkoreanischen Botschafter ein ARIVA
Penghu-Inseln: Kriegsspiele, wo Taiwaner Urlaub machen TAGESSCHAU
Zahl der Eheschließungen in China auf Rekordtief ORF
Chinas wirtschaftliche Schwäche ist auch für Deutschland ein Problem SUEDDEUTSCHE
Korruption: Ermittlungen gegen Audi in China AUTOMOBILWOCHE
“Glücksenten” sind Hitze Hongkongs nicht gewachsen ORF
French Open: Damen-Doppel aus Taiwan und China holt Titel TAGESSCHAU

Heads

Wang Aizhong – In Haft wegen Posts auf Sozialmedien

Wang Aizhong wurde in Guangzhou zu drei Jahren Haft verurteilt.

Soziale Medien wirkten vor einigen Jahren noch wie ein Licht am Ende des Tunnels für die chinesische Zivilgesellschaft. Sie lieferten ein Forum, in dem Diskussionen zu Themen angestoßen wurden, die üblicherweise keinen Weg in die breite Öffentlichkeit fanden.

Wang Aizhong gehörte zu jenen Aktivisten, die das Potenzial der digitalen Verknüpfung von Millionen von Menschen einst nutzen wollten. 2013 gehörte er zu einer Gruppe, die im Rahmen der sogenannten Guangzhou-Proteste über Sozialmedien größere politische Freiheiten im Land forderte.

Schon damals erfuhr Wang die Angst des Regimes vor Veränderungen am eigenen Leib. Erstmals in Gewahrsam genommen wurde kurz vor dem 25. Jahrestag des Tiananmen-Massakers, weil die Behörden fürchteten, er und Gleichgesinnte könnten versuchen, ihre Landsleute an das Blutvergießen zu erinnern.

Verbreitung ausländischer Medienberichte

Damals kam Wang ohne Gefängnisstrafe davon, zumal sein vermeintliches Vergehen gemäß chinesischer Verfassung nicht illegal war, wie chinesische Menschenrechtsanwälte regelmäßig betonen. Doch was zum Beginn der Amtszeit von Xi Jinping in China noch vergleichsweise milde geahndet wurde, wird heutzutage wie ein schweres Verbrechen bestraft.

Wang wurde vor wenigen Tagen von einem Gericht in Guangzhou zu drei Jahren Haft verurteilt. Konkret wurde Wang vorgeworfen, ausländische Medienberichte über chinesische Sozialmedien verbreitet und damit aus Sicht der Justiz “Streit angezettelt und Unruhe gestiftet” zu haben. Ein Vergehen, das so vage formuliert ist, dass es von den Ermittlungsbehörden willkürlich ausgelegt werden kann, um politische Gegner hinter Gitter zu bringen. Wangs Frau Wang Henan bezeichnete das Urteil gegenüber Radio Free Asia als einen “Witz”.

Zahl inhaftierter Bürgerrechtler explodiert

Die potenzielle Reichweite von Aktivisten auf Sozialmedien fürchtet die chinesische Regierung so sehr, dass die Zahl derer, die sie als Sprachrohr nutzten und dafür in Haft gingen, dramatisch gestiegen ist. Schon vor zwei Jahren war die Zahl der Fälle förmlich explodiert.

Die Chinese Human Rights Defenders (CHRD) hatten vor drei Jahren 144 Fälle zusammengetragen, in denen Aktivisten inhaftiert wurden oder schlicht verschwanden. In fast allen Fällen lieferten deren Aktivitäten in sozialen Medien einen wichtigen Grund zur Verurteilung.

“Da die Familienangehörigen von politischen Gefangenen in einigen Fällen aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen und der weit verbreiteten Zensur in den Medien und sozialen Medien nicht bereit sind, an die Öffentlichkeit zu gehen, sind diese Zahlen möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs”, vermuten die CHRD. Bis ins Jahr 2011, als Hu Jintao noch Parteichef war, belief sich die Zahl auf gerade einmal vier Fälle.

Führende Köpfe besonders hart bestraft

Die strenge und konsequente Ahndung jeglichen Dissens im digitalen Raum hat dafür gesorgt, dass die chinesische Zivilgesellschaft so gut wie am Ende ist. Verbliebene Kritiker werden drangsaliert und zum Schweigen gebracht. Wer sich den Drohungen der Sicherheitsbehörden widersetzt, geht ein großes Risiko ein, für mehrere Jahre im Gefängnis zu sitzen.

Die Haftzeit, so berichten viele Betroffene, findet oft unter menschenunwürdigen Bedingungen statt. Folter gilt als probates Mittel, um den Willen der Regimekritiker zu brechen und sie für alle Zeit zum Schweigen zu bringen. An führenden Köpfen der Menschenrechtsbewegung werden zudem Exempel statuiert. Aktuelles Beispiel sind die Juristen Ding Jiaxi und Xu Zhiyong, die einst die Neue Bürgerbewegung gegründet hatten und kürzlich zu zwölf und 14 Jahren Haft verurteilt wurden.

Wang Aizhong saß bereits zwei Jahren in Haft, ehe ihm der Prozess gemacht wurde. Im kommenden Jahr dürfte er wieder auf freien Fuß kommen. Durch die lange Ungewissheit eines schwebenden Verfahrens verschafft sich die Justiz zusätzlich Zeit, ihre Kritiker ohne große internationale Aufmerksamkeit wegzusperren, ehe die Fälle publik werden. Marcel Grzanna

  • Menschenrechte
  • Soziale Medien
  • Tiananmen-Massaker
  • Zivilgesellschaft

Personalie

Tony Tang, bisher China-Chef von Blackrock, verlässt das Unternehmen. Tang hatte die Position im Juli 2019 übernommen. Seine Aufgaben übernimmt vorerst Susan Chan.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Sie ist zurück – und hat noch jemanden mitgebracht: Zehn Jahre nach ihrem ersten Auftauchen schwimmt die berühmte Gummiente des niederländischen Künstlers Florentijn Hofman wieder im Hafen von Hongkong. Für die Ausstellung Double Ducks” hat sie noch einen Doppelgänger an die Seite bekommen. Die beiden Riesen-Quietscheenten sind offiziell ab dem 10. Juni für zwei Wochen in der Nähe des Tamar Parks und der Central and Western District Promenade zu sehen.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    schlagfertige Komikerinnen und Komiker haben es schwer in China. Das bekommt die gerade erst aufgeblühte Stand-up-Comedy-Szene in den großen Metropolen zu spüren: Bei Missfallen folgen Strafen.

    Der Grat ist schmal, auch für Jamie Wang, Comedienne, die Festlandchinesin ist und aktuell in Taiwan studiert. Im Interview mit Fabian Peltsch schwingt die Sorge vor Konsequenzen von zu großer Offenheit mit. Dabei nimmt sie vor allem Themen wie ihre eigene Diskriminierung in Taiwan aufs Korn.

    Nicht nur bei der Elektromobilität fährt China Deutschland davon, sondern auch auf der Schiene. Der chinesische Bahnkonzern CRRC tritt inzwischen auch in der EU als Anbieter von Zügen auf. Das ist umso bemerkenswerter, als die Volksrepublik bis vor kurzem noch kein nennenswertes Hochgeschwindigkeits-Schienennetz besaß. Die ersten Hochgeschwindigkeitszüge von Siemens kamen erst 2007. In der Zwischenzeit gab es einen regen Technologietransfer und chinesische Firmen können nun fast alles selbst. Siemens ist nur noch ein Nischenanbieter in der Volksrepublik. Diese strebt auch in der Bahnbranche Technologieführerschaft an, wie Christian Domke-Seidel analysiert.

    Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche!

    Ihre
    Julia Fiedler
    Bild von Julia  Fiedler

    Interview

    “Meine Hass-Liebe zu Taiwan ist sehr lustig!”

    Wer hat mehr Selbstironie, Festlandbewohner oder Taiwaner?

    Ich würde sagen, sie gleichen sich in etwa, denn wir sind beide kulturell chinesisch geprägt, und fühlen uns unwohl, wenn wir kritisiert werden.

    Bei Ihren Stand-up-Auftritten sprechen Sie unter anderem über Ihr Leben als chinesische Austauschstudentin in Taiwan. Was ist so lustig daran, als Frau aus Shanghai in Taipeh zu leben?

    Ich glaube, Taiwan ist der am wenigsten ideale Ort für einen Festlandchinesen, wenn man die Spannungen zwischen den beiden Orten bedenkt – es ist fast so, als hätte ich den schwierigsten Modus in einem Videospiel gewählt. Meine Liebes- und Hassbeziehung zu Taiwan und zu mir selbst ist interessant, schmerzhaft und auch: lustig.

    Was ist das Schwierige daran?

    Durch die politische Abneigung Taiwans gegenüber dem Festland rechtfertigt man hier Diskriminierung. Das äußert sich zum Beispiel daran, dass ich selbst im Alltag verspottet oder sogar verhöhnt werde. Zudem gibt auch einige diskriminierende Gesetze gegen Menschen vom Festland. Als Studenten vom Festland dürfen wir nicht arbeiten, keine Praktika machen, wir bekommen auch keine staatlichen Stipendien und keine Krankenversicherung. Wir sind von allen Arten von Arbeitsvisa nach unserem Abschluss ausgeschlossen, was bedeutet, dass es für Studenten vom Festland keine andere Möglichkeit gibt, in Taiwan zu bleiben, als einen Taiwaner zu heiraten.

    Wie sind Sie überhaupt in Taiwan gelandet?

    Ich wurde von einer guten Universität angenommen, also bin ich hin. Ich liebe diese Insel sehr. Sie ist fortschrittlich und konservativ, stark und zerbrechlich zugleich.

    Bei ihren Auftritten spielen Sie mit dem Klischee der naiven chinesischen Frau, liefern aber zugleich ziemlich explizite Inhalte. Wie ist diese Bühnenpersönlichkeit zustande gekommen?

    Ich glaube, die Rolle ist Teil meiner eigenen Persönlichkeit. Ein Teil von mir ist sehr mutig und unverblümt, aber es gibt auch einen Teil, der unbeholfen ist, ständig Angst hat und leicht von Dingen überfordert ist. Wenn ich auf der Bühne stehe, versuche ich diesen Teil von mir nicht zu kontrollieren, ja, ich lasse ihn sogar ein wenig die Kontrolle übernehmen. So stellte sich mit der Zeit heraus, dass der Kontrast zwischen meiner Bühnenpräsenz und den mutigen Witzen gut funktionierte, weil man nicht erwartet, dass ich mich auf diese Art und Weise äußern würde. Ich denke, dass der Charme des Auftretens auch darin liegt, dass man sich nicht auf eine bestimmte Art und Weise präsentieren muss, die den gesellschaftlichen Normen entspricht. Man kann diese seltsame, unbeholfene Person sein und man kann es übertreiben.

    In ihrem Programm finden sich auch Witze über westliche Expats in Asien. Was sind die typische Charaktere, denen Sie da begegnen?

    Ich möchte keine Gruppen verallgemeinern, aber ich bin schon sauer über einige weiße Männer, die hier ihre unverdienten Privilegien ohne Scham ausnutzen. In ihren Heimatländern scheinen sie nicht sehr begehrt zu sein, also kommen sie nach Asien und behandeln asiatische Frauen auf die respektloseste und schrecklichste Weise. Wenn man tiefer gräbt, stößt man auf weißes Herrendenken und Frauenfeindlichkeit und auch auf die Fetischisierung asiatischer Frauen. Und wenn ich schon nicht in der Lage bin, das systematisch zu ändern, so ist das Mindeste, was ich tun kann, mich dazu zu äußern. Wir sind keine Trophäen und kein Fetisch und wenn da keine Selbstwahrnehmung stattfindet, kann ich auf provokante und traumatisierende Weise nachhelfen.

    Sie haben kürzlich einen Auftritt für die vor allem in den USA bekannte Komikerin Atsuko Okatsuka eröffnet. Wie empfinden Sie den Aufstieg asiatischer Comedians im Westen?

    Sie war so bodenständig, und natürlich absolut komisch in ihrem einzigartigen Stil. Es ist schön, immer mehr asiatische Comedians zu sehen, denn das Klischee von Asiaten ist immer das von Strebern und Schüchternen, die ihre Stimme nicht erheben.

    Was ist Ihr persönliches Tabu, wenn es um Witze geht?

    Ich denke, man sollte über alles scherzen können, solange man es “richtig” anstellt. Ich glaube, es gibt einen Unterschied zwischen einem Rassismus-Witz und einem Witz, der rassistisch ist. Aber man muss etwas riskieren und ausprobieren, damit man herausfindet, wo sich diese feine Linie befindet.

    Was schlagen Sie vor, um den Konflikt in der Taiwan-Straße zu lösen?

    Wenn ich das wüsste, wäre ich nicht hier und würde Peniswitze erzählen.

    Jamie Wang, Stand-up-Komikerin aus Shanghai, erzählt bei Ihren Auftritten entwaffnende Anekdoten über ihr Leben als Festlandchinesin in Taiwan. Derzeit macht sie ihren Masterabschluss in Philosophie an der National Taiwan University (NTU) in Taipeh.

    • Gesellschaft
    • Taiwan

    Analyse

    Bahnanbieter CRRC: Vom Schüler zum Meister

    Der Schienenverkehr ist für Europa und China gleichermaßen eine große Chance, die Mobilitätswende zu erreichen. Hinter der chinesischen Strategie steckt aber auch politisches Kalkül, weswegen Staatsbetriebe die Entwicklung deutlich schneller vorantreiben, als das in Europa geschieht.

    Mittlerweile ist chinesische Technik sogar in Europa gefragt. Und das nicht nur, wie oft vermutet wird, am östlichen Rand der EU. Im Jahr 2021 mietete die österreichische Westbahn, ein Privatanbieter, vier Elektrotriebzüge von der China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) an. CRRC ist ein Staatsbetrieb und mittlerweile der größte Schienenfahrzeughersteller der Welt.

    CRRC setzte sich damals mit seinem Angebot gegen Alstom und Siemens durch. Die beiden Konzerne wollten sich im Jahr 2019 zusammenschließen, bekamen von EU-Kommissarin Margrethe Vestager aber keine Freigabe. Derweil reüssiert CRRC. Auch die Deutsche Bahn kaufte zwanzig Hybrid-Lokomotiven. Und 18 Nahverkehrszüge gingen an die portugiesische Eisenbahn.

    Vom Schüler zum Meister

    Damit hat sich Verhältnis von Anbieter und Abnehmer innerhalb von anderthalb Jahrzehnten umgekehrt. Im Jahr 2007 kam der erste Siemens-Zug nach China. Damals existierte kein Hochgeschwindigkeits-Schienennetz, und es gab kaum Erfahrung mit schnellen Zügen. Seitdem hat China nicht nur die Technik gemeistert, es ist vom Schüler zum Meister geworden.

    Chinesische Firmen produzieren alle Produkte selbst und Siemens wurde zu einem Nischenanbieter degradiert. “Im Bahnbau war Siemens sehr aktiv, die sind aber fast aus dem chinesischen Markt gedrängt worden. Dabei war der Konzern ein wichtiger Technologielieferant im Highspeed-Bereich”, fasst Gregor Sebastian, Analyst beim Mercator Institute for China Studies (Merics), im Gespräch mit Table.Media die Situation zusammen. 

    Ziel ist die Technologie-Vorherrschaft

    CRRC ist heute aber auch deswegen so groß, weil in China in diesem Sektor viele Staatsbetriebe wieder fusionieren mussten. “In den 1990er-Jahren wurden in China Staatsbetriebe aufgespalten, um Konkurrenz zu schaffen und Marktkräfte zu nutzen. Diese aktuellen Zusammenlegungen sind ein Signal, dass sich Chinas Fokus auf die internationale Ebene verlagert”, sagt Merics-Experte Sebastian.

    Tatsächlich spielt auch in China der Schienenverkehr eine wichtige Rolle, um die Kosten in der Logistik zu senken, die Dekarbonisierung voranzutreiben und strukturschwache Regionen anzubinden. Zudem gehört der Eisenbahnbau zu den zentralen Mitteln der Konjunkturförderung. Doch verfolgt die Kommunistische Partei eben auch das Ziel, in zentralen Sektoren – und dazu gehört der Schienenverkehr – nicht nur international konkurrenzfähig, sondern Technologieführer zu werden.

    Schweigen zwischen den Schienen

    Wie Chinas Strategen das erreichen wollen, verdeutlichen die Aktivitäten der chinesischen Eisenbahnbranche in Europa.

    • Der Stahlkocher British Steel gehört seit 2020 der chinesischen Jingye Group. Britisch Steel ist ein führender Hersteller von Eisenbahnschienen.
    • In Deutschland gehört die Lokfabrik Vossloh in Kiel mittlerweile zum CRRC-Konglomerat.
    • Der 180 Jahre alte Stahlguss-Spezialist Bochumer Verein gehört seit dem Jahr 2017 dem chinesischen Investor Full Hill Enterprises. Die chinesischen Auftraggeber lassen dort unter anderem Radsätze für Zugwaggons herstellen. 

    Die chinesischen Akteure mit CRRC im Mittelpunkt des Netzwerks haben sich also systematisch Kenntnisse zugekauft und Kontrolle über die Wertschöpfungskette verschafft.

    Neue Konkurrenz für die Deutsche Bahn

    Auch die Deutsche Bahn muss sich zunehmend mit China auseinandersetzen. So baut das Unternehmen sein China-Geschäft weiter aus. Die Eisenbahn “ist zu einer der Hauptschlagadern im Warenstrom zwischen Europa und Asien gewachsen, die die bedeutendsten Industrieregionen beider Kontinente verbindet. Die Zugverbindung zwischen Europa und China ist eines der größten Globalisierungsprojekte der Welt“, schrieb das Unternehmen im Jahr 2020. “Für die Deutsche Bahn läuft das China-Geschäft gut, weil es von beiden Seiten den Willen gibt, die Routen auszubauen. Das eröffnet Möglichkeiten, in den chinesischen Markt einzusteigen”, ergänzt Merics-Experte Sebastian.

    Er gibt jedoch auch zu bedenken, dass Chinas Fünfjahresplan vorsieht, ein chinesisches Logistikunternehmen zu schaffen, das international konkurrenzfähig ist. Ähnlich wie Cosco im Bereich der Schifffahrt. Auch hier könnte es also passieren, dass die Deutsche Bahn – ähnlich wie Siemens – sich ihre eigene Konkurrenz heranzieht. 

    CRRC und Deutsche Bahn zeigen sich schmallippig

    Ein Problem, über das die Unternehmen allerdings nicht sprechen wollen. Weder CRRC noch die Deutsche Bahn oder der Verband der Bahnindustrie waren zu einem Interview über das China-Geschäft bereit. Kein Wunder. Als jüngst herauskam, dass mittlerweile 40 Prozent der Komponenten des unternehmenseigenen Mobilfunknetzes der Deutschen Bahn von Huawei stammen, führte das zu einem kleinen politischen Aufschrei. CDU und CSU forderten, dass das Unternehmen die Technologie ausbaue und durch europäische ersetzen. 

    Der große Investitionsschub im Bereich des Schienenverkehrs stehe außerdem erst noch bevor, vermutet Sebastian. “Schienenausbau – das haben wir vor allem beim Highspeed-Rail-Netzwerk gesehen – ist ein Stimulus-Instrument für die Binnennachfrage. Im ersten Quartal sind die Ausgaben für den Schienenverkehr auf ein Zehn-Jahreshoch geschossen.” Weil es anderen Sektoren wie der Immobilienbranche gerade nicht so gut gehe, werde der Schienenverkehr besonders gefördert. 

    • CRRC
    • Neue Seidenstraße
    • Schienenverkehr

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    Militär rüstet nuklear auf

    Inmitten wachsender geopolitischer Spannungen hat China sein Arsenal an einsatzfähigen Atomsprengköpfen seit 2022 von 350 auf 410 erhöht. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf einen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri

    Die Sipri-Forscher beklagen, dass seit der russischen Invasion in der Ukraine die Atomwaffenkontrolle und -abrüstung Rückschläge erlitten habe, unter anderem, da Washington seinen “bilateralen strategischen Stabilitätsdialog” mit Moskau beendet habe. Russland habe zudem im Februar angekündigt, seine Beteiligung am 2010 abgeschlossenen Atomwaffen-Kontrollvertrag New Start zu beenden. jul

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    USA bestätigen Spionage-Stellungen auf Kuba

    China spioniert laut einer mit der Angelegenheit vertrauten Person schon seit längerer Zeit von Kuba aus. “Es handelt sich um ein laufendes Problem und nicht um eine neue Entwicklung”, sagte ein Beamter der Biden-Administration am Samstag als Reaktionen auf einen Bericht des Wall Street Journal über eine neue Spionage-Basis auf der Insel. “Die Volksrepublik China hat 2019 ihre nachrichtendienstlichen Strukturen in Kuba aufgerüstet. Dies ist in den Geheimdienstunterlagen gut dokumentiert.”

    Im Zuge dieser eindeutigen Bestätigung des Berichts bemühte sich die US-Regierung in etwas widersprüchlicher Weise, ihn herunterzuspielen und als veraltet darzustellen. Die Darstellungen in den Medien “stimmen nicht mit unserem Kenntnisstand überein”, sagte der Insider gegenüber Reuters. Er gab aber nicht an, inwiefern der Bericht falsch sei. “Unsere Experten sind der Meinung, dass unsere diplomatischen Bemühungen China gebremst haben. Wir glauben, dass China nicht ganz da ist, wo es zu sein hoffte.” rtr

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    Honduras eröffnet Botschaft in China

    Honduras hat in Peking eine Botschaft eröffnet. Die Präsidentin des zentralamerikanischen Landes, Xiomara Castro, hatte erst im März ihre jahrzehntelangen Beziehungen zu Taiwan beendet. Sie begründete dies damit, dass es mit China mehr Investitionen und Arbeitsplätze in Honduras geben werde. 

    Am Sonntag zierten Fahnen von Honduras wegen des Staatsbesuchs den Tiananmen-Platz.

    Vize-Außenminister Garcia erklärte, man müsse sich China zuwenden, “um die großen Projekte zu erkunden, die China uns geben kann”. China könne rund zehn Milliarden Dollar in Honduras investieren, was für die einheimischen Arbeiter großartig sei. Zudem hieß es, honduranische Studenten mit Stipendien in Taiwan könnten ihr Studium nach China verlegen. Die Opposition in Honduras hat angekündigt, die Hinwendung zu China rückgängig zu machen, sollte sie gewählt werden. rtr/jul

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    Verkäufe von Xiaomi brechen stark ein

    Bei Xiaomi, einem der größten Smartphone-Hersteller der Welt, sind die Verkaufszahlen im ersten Quartal 2023 massiv gesunken. Das Unternehmen musste seinen dritten Platz hinter Samsung und Apple für das Unternehmen Oppo räumen.  Oppo ist eine Tochtergesellschaft des chinesischen BBK-Electronics-Konzerns.

    Laut TrendForce ging es für Xiaomi im Vergleich zum Vorjahres-Quartal um 28 Prozent nach unten, der Marktanteil liegt nur noch bei elf Prozent. Allerdings hat die gesamte Branche bei den Verkaufszahlen im ersten Quartal eingebüßt. Xiaomi hat seine Smartphone-Strategie kürzlich geändert und will mehr auf Premium setzen. Erste Zahlen deuten auf einen Erfolg dieser Umstellung hin. jul

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    Abrutschen in die Deflation droht

    Während Europa unter hoher Inflation leidet, entwickelt sich in China das gegenteilige Problem. Die Verbraucherpreise in China steigen kaum und lassen auf eine holprige Konjunkturerholung nach der Corona-Krise schließen.

    Die Teuerungsrate lag im Mai bei 0,2 Prozent. Die Erzeugerpreise, die als wichtige Indikatoren für die weitere Inflationsentwicklung dienen, befinden sich seit acht Monaten im Sinkflug: Im Mai fielen sie um 4,6 Prozent und damit so rasant wie seit sieben Jahren nicht mehr.

    Dies gilt als Alarmsignal, zumal die Verbraucherpreise (CPI) im April mit einem Plus von 0,1 Prozent so langsam gestiegen waren wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr. “Mit einer Teuerung nahe dem Nullpunkt und weiter fallenden Erzeugerpreisen besteht in China die Gefahr eines Abkippens in die Deflation“, warnte Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. Unter einer Deflation verstehen Volkswirte eine Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und Löhnen, die zur Zurückhaltung bei Konsum sowie Investitionen führt und die Wirtschaft am Boden hält. rtr

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    Presseschau

    Bericht aus US-Regierungskreisen: China soll seit Jahren Spionageposten auf Kuba haben RND
    “Akute Gefahr”: Experten warnen vor Spionen aus China LÜBECKER NACHRICHTEN
    “Radikalste Neuerung”: China macht sich Unsicherheit zunutze – und drängt in Russlands “Hinterhof” MERKUR
    Ukraine-Krieg: China soll wohl Panzerfahrzeuge an Kadyrow liefern TAGESSCHAU
    Konflikt mit China: Taiwans Streitkräfte halten Militärübung an der Küste ab ZEIT
    Nach Bruch mit Taiwan: Honduras eröffnet Botschaft in China DEUTSCHLANDFUNK
    China bestellt südkoreanischen Botschafter ein ARIVA
    Penghu-Inseln: Kriegsspiele, wo Taiwaner Urlaub machen TAGESSCHAU
    Zahl der Eheschließungen in China auf Rekordtief ORF
    Chinas wirtschaftliche Schwäche ist auch für Deutschland ein Problem SUEDDEUTSCHE
    Korruption: Ermittlungen gegen Audi in China AUTOMOBILWOCHE
    “Glücksenten” sind Hitze Hongkongs nicht gewachsen ORF
    French Open: Damen-Doppel aus Taiwan und China holt Titel TAGESSCHAU

    Heads

    Wang Aizhong – In Haft wegen Posts auf Sozialmedien

    Wang Aizhong wurde in Guangzhou zu drei Jahren Haft verurteilt.

    Soziale Medien wirkten vor einigen Jahren noch wie ein Licht am Ende des Tunnels für die chinesische Zivilgesellschaft. Sie lieferten ein Forum, in dem Diskussionen zu Themen angestoßen wurden, die üblicherweise keinen Weg in die breite Öffentlichkeit fanden.

    Wang Aizhong gehörte zu jenen Aktivisten, die das Potenzial der digitalen Verknüpfung von Millionen von Menschen einst nutzen wollten. 2013 gehörte er zu einer Gruppe, die im Rahmen der sogenannten Guangzhou-Proteste über Sozialmedien größere politische Freiheiten im Land forderte.

    Schon damals erfuhr Wang die Angst des Regimes vor Veränderungen am eigenen Leib. Erstmals in Gewahrsam genommen wurde kurz vor dem 25. Jahrestag des Tiananmen-Massakers, weil die Behörden fürchteten, er und Gleichgesinnte könnten versuchen, ihre Landsleute an das Blutvergießen zu erinnern.

    Verbreitung ausländischer Medienberichte

    Damals kam Wang ohne Gefängnisstrafe davon, zumal sein vermeintliches Vergehen gemäß chinesischer Verfassung nicht illegal war, wie chinesische Menschenrechtsanwälte regelmäßig betonen. Doch was zum Beginn der Amtszeit von Xi Jinping in China noch vergleichsweise milde geahndet wurde, wird heutzutage wie ein schweres Verbrechen bestraft.

    Wang wurde vor wenigen Tagen von einem Gericht in Guangzhou zu drei Jahren Haft verurteilt. Konkret wurde Wang vorgeworfen, ausländische Medienberichte über chinesische Sozialmedien verbreitet und damit aus Sicht der Justiz “Streit angezettelt und Unruhe gestiftet” zu haben. Ein Vergehen, das so vage formuliert ist, dass es von den Ermittlungsbehörden willkürlich ausgelegt werden kann, um politische Gegner hinter Gitter zu bringen. Wangs Frau Wang Henan bezeichnete das Urteil gegenüber Radio Free Asia als einen “Witz”.

    Zahl inhaftierter Bürgerrechtler explodiert

    Die potenzielle Reichweite von Aktivisten auf Sozialmedien fürchtet die chinesische Regierung so sehr, dass die Zahl derer, die sie als Sprachrohr nutzten und dafür in Haft gingen, dramatisch gestiegen ist. Schon vor zwei Jahren war die Zahl der Fälle förmlich explodiert.

    Die Chinese Human Rights Defenders (CHRD) hatten vor drei Jahren 144 Fälle zusammengetragen, in denen Aktivisten inhaftiert wurden oder schlicht verschwanden. In fast allen Fällen lieferten deren Aktivitäten in sozialen Medien einen wichtigen Grund zur Verurteilung.

    “Da die Familienangehörigen von politischen Gefangenen in einigen Fällen aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen und der weit verbreiteten Zensur in den Medien und sozialen Medien nicht bereit sind, an die Öffentlichkeit zu gehen, sind diese Zahlen möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs”, vermuten die CHRD. Bis ins Jahr 2011, als Hu Jintao noch Parteichef war, belief sich die Zahl auf gerade einmal vier Fälle.

    Führende Köpfe besonders hart bestraft

    Die strenge und konsequente Ahndung jeglichen Dissens im digitalen Raum hat dafür gesorgt, dass die chinesische Zivilgesellschaft so gut wie am Ende ist. Verbliebene Kritiker werden drangsaliert und zum Schweigen gebracht. Wer sich den Drohungen der Sicherheitsbehörden widersetzt, geht ein großes Risiko ein, für mehrere Jahre im Gefängnis zu sitzen.

    Die Haftzeit, so berichten viele Betroffene, findet oft unter menschenunwürdigen Bedingungen statt. Folter gilt als probates Mittel, um den Willen der Regimekritiker zu brechen und sie für alle Zeit zum Schweigen zu bringen. An führenden Köpfen der Menschenrechtsbewegung werden zudem Exempel statuiert. Aktuelles Beispiel sind die Juristen Ding Jiaxi und Xu Zhiyong, die einst die Neue Bürgerbewegung gegründet hatten und kürzlich zu zwölf und 14 Jahren Haft verurteilt wurden.

    Wang Aizhong saß bereits zwei Jahren in Haft, ehe ihm der Prozess gemacht wurde. Im kommenden Jahr dürfte er wieder auf freien Fuß kommen. Durch die lange Ungewissheit eines schwebenden Verfahrens verschafft sich die Justiz zusätzlich Zeit, ihre Kritiker ohne große internationale Aufmerksamkeit wegzusperren, ehe die Fälle publik werden. Marcel Grzanna

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    Personalie

    Tony Tang, bisher China-Chef von Blackrock, verlässt das Unternehmen. Tang hatte die Position im Juli 2019 übernommen. Seine Aufgaben übernimmt vorerst Susan Chan.

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    Dessert

    Sie ist zurück – und hat noch jemanden mitgebracht: Zehn Jahre nach ihrem ersten Auftauchen schwimmt die berühmte Gummiente des niederländischen Künstlers Florentijn Hofman wieder im Hafen von Hongkong. Für die Ausstellung Double Ducks” hat sie noch einen Doppelgänger an die Seite bekommen. Die beiden Riesen-Quietscheenten sind offiziell ab dem 10. Juni für zwei Wochen in der Nähe des Tamar Parks und der Central and Western District Promenade zu sehen.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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