Table.Briefing: China

Jens Eskelund im Interview + EU-Kammer-Umfrage

Liebe Leserin, lieber Leser,

laut der am Mittwoch vorgestellten “Business Confidence”-Umfrage der Europäischen Handelskammer in China ist die Stimmung der europäischen Unternehmen so schlecht wie seit 20 Jahren nicht mehr. Mehr als jede zehnte Firma hat bereits Investitionen aus China abgezogen. Die Rahmenbedingungen für ausländische Unternehmen bleiben auch nach dem Abflauen der Corona-Pandemie schwierig, schreibt Frank Sieren, der sich die Zahlen genauer angesehen hat. Hinzukommen geopolitische Spannungen. Viele Unternehmen überlegten “wie viele Eier sie in ihrem China-Korb behalten wollen”, erklärte Jens Eskelund, der neue Präsident der EU-Handelskammer in China, zur Veröffentlichung der Umfragewerte.

Im Gespräch mit Christiane Kühl vertieft der Nachfolger von Jörg Wuttke, was der Kammer und den Unternehmen derzeit noch so alles auf den Nägeln brennt. Vor allem der Begriff De-Risking sei nach wie vor in aller Munde, doch sei noch immer nicht klar, was er eigentlich in letzter Konsequenz bedeutet. “Wir sind der Meinung, dass noch einiges getan werden muss, um dieses Konzept mit Inhalt zu füllen – und zugleich darüber nachdenken, wie es auch im chinesischen Kontext gesehen wird.”

Denn China betreibe selbst schon seit Jahren eine Art De-Risking gegenüber westlichen Unternehmen. Nur heiße das dann eben “Made in China 2025”, “Dualer Kreislauf” oder “14. Fünfjahresplan”. Eskelund glaubt: In einigen Sektoren gibt es in China noch immer erhebliche Chancen. Aber auch Peking habe noch einiges zu tun, um zu beweisen, dass man ausländischen Unternehmen ein effizientes und berechenbares Geschäftsumfeld schaffen kann, in dem man sich gerne niederlässt.

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Interview

“Wir müssen unsere Risiken und Schwachstellen analysieren”

Der Däne Jens Eskelund ist seit Ende Mai Präsident der EU-Handelskammer.

Sie haben gerade Ihr Amt angetreten. Was ist Ihrer Meinung nach in dieser frühen Phase Ihrer Amtszeit das drängendste Thema?

Im Moment ist die ganze Diskussion über De-Risking unser Hauptanliegen. In Europa wird viel darüber geredet, in China auch. Wir sind der Meinung, dass noch einiges getan werden muss, um dieses Konzept mit Inhalt zu füllen. Wir müssen uns genauer ansehen, was es in Europa bedeutet – und zugleich darüber nachdenken, wie es im chinesischen Kontext gesehen wird. Tatsächlich betreibt China seit zehn Jahren De-Risking. Sie nennen es nur anders: “Made in China 2025”, “Dualer Kreislauf” oder “14. Fünfjahresplan”.

Wie kann dann das De-Risking der EU klappen?

Wir müssen gründlich analysieren, was als Risiko und als Schwachstelle wahrnehmbar ist. Wir müssen uns die Handels- und Produktionsströme ansehen, um besser zu verstehen, was De-Risking für das eigentliche Geschäft bedeutet. Das hat Priorität. Das wird aber ein wenig Nachdenken erfordern und kann nicht über Nacht gelingen. Die Wortwahl spielt eine große Rolle. De-Risking bestimmt als Konzept die gesamte Agenda – ebenso wie die Einteilung der EU von 2019, China als “Partner, Konkurrenten und strategischen Rivalen” zu sehen. Wir müssen uns wirklich über das Konzept De-Risking selbst und seine Auswirkungen im Klaren sein.

China ist immer noch ein wichtiger Handelspartner für die meisten Länder in Europa, insbesondere für Deutschland. Eine Diversifizierung wird kompliziert werden. Welche Trends erwarten Sie?

Viele Dinge werden sich nicht wirklich ändern. Was das verarbeitende Gewerbe betrifft, so hat China seinen Anteil am weltweiten Export weiter erhöht. Was wir derzeit sehen, ist, dass die Regierung weiterhin einen Schwerpunkt auf angebotsseitige Unterstützung der Exportproduktion legt. Zum Beispiel durch erleichterten Zugang zu Krediten. China wird auch weiterhin eine recht starke Exportproduktion aufweisen, was zusätzlich durch die Abschwächung des Renminbi gefördert wird, zumindest kurzfristig.

Das klingt für die chinesische Konjunktur erstmal nicht schlecht.

Andererseits kommt der schwache Yuan aber den chinesischen Haushalten nicht gerade zugute, denn er verteuert importierte Waren. Das zeigt, dass die staatliche Unterstützung jetzt eher der Angebotsseite als der Nachfrageseite zugutekommt. Derzeit gibt es nicht viele Maßnahmen, die das Konsumwachstum fördern. Aber genau das würden wir gerne sehen.

Was würde helfen, den Konsum anzukurbeln?

Die Menschen in China müssen das Gefühl haben, dass sich der Immobiliensektor stabilisiert. 70 Prozent des Vermögens der privaten Haushalte sind in Immobilien gebunden, und solange die Menschen nicht wissen, wie es mit den Immobilien weitergeht, werden sie sich in ihrem Konsumverhalten zurückhalten.

Wie sehen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage Chinas im Allgemeinen nach dem Ende von Null-Covid?

Es ist noch zu früh für eine Bewertung. Wir haben gesehen, dass die Dinge im ersten Quartal relativ gut liefen, gefolgt von einer gewissen Abschwächung im zweiten Quartal. Wir sind etwas besorgt, denn wir sehen Schwächen in einigen Sektoren – vor allem bei hochwertigen Industriegütern. Die Dienstleistungen schneiden besser ab. In drei Monaten werden wir vielleicht ein klareres Bild haben.

Wie sehr trifft diese Wachstumsunsicherheit die europäischen Unternehmen?

Meiner Beobachtung nach verlieren die BIP-Zahlen immer mehr an Bedeutung. Man muss sich eher einzelne Sektoren genauer ansehen. Als die Wirtschaft der Volksrepublik zwölf Prozent pro Jahr wuchs, konnte jeder dort wachsen. Jetzt, wo sich das Wachstum abschwächt, ist es nicht mehr universell. Aber in einigen Sektoren gibt es in China immer noch erhebliche Chancen.

Welche Sektoren könnten das sein?

Wir haben bereits in einem unserer Papiere darauf hingewiesen, dass China in den verschiedenen Branchen unterschiedliche Bedeutung haben wird. Es gibt Branchen, in denen China in Zukunft mehr als die Hälfte der weltweiten Nachfrage ausmachen wird. Und es gibt andere, die einfach so kompliziert sind, dass man sich fragen könnte: Ist China wirklich etwas für mich? Wenn Sie also Spezialchemikalien herstellen, dann ist China der richtige Ort für Sie. Wenn Sie aber digitale Plattformen oder digitale Inhalte herstellen, dann könnte China etwas schwieriger sein.

Die Unternehmen beklagen sich über die verschiedenen Sicherheitsgesetze, die ihnen das Leben immer schwerer machen. Gleichzeitig arbeitet Europa an Gesetzen, die Unternehmen zwingen, ihre Wertschöpfungsketten im Ausland zu bewerten und zu kontrollieren. Was bedeutet das alles für etablierte oder auch neue Lieferketten in China? Und wie können sich Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere Firmen (KMU) – in diesem komplizierten Umfeld zurechtfinden?

Wenn Sie kein sehr großes Unternehmen sind und den Punkt kommen, an dem Sie zwei getrennte Wertschöpfungsketten aufbauen und betreiben müssen – eine für den Westen und eine für China – könnten die Kosten verschreckend hoch werden. Ich würde lieber in eine Lieferkette investieren, die sehr gut funktioniert, in einem Markt, den ich kenne, als zwei aufzubauen – und die zweite dann in einem Markt zu betreiben, mit dem ich nicht so gut vertraut bin. Das trägt zu der Unsicherheit bei, die viele Unternehmen derzeit empfinden und die sich auch in unserer neuen Umfrage zum Geschäftsklima widerspiegelt.

Hat das konkrete Folgen in den europäischen Unternehmen?

Das beginnt, sich auf Investitionsentscheidungen auszuwirken. Wenn ich nicht mit einem gewissen Maß an Sicherheit vorhersagen kann, wie die Welt in fünf Jahren aussehen wird und ob China dann der richtige Ort für mich ist, werde ich nicht investieren. Ich kenne kein einziges KMU, das sich seit dem Beginn von Covid in China niedergelassen hat. Das hat auch nicht nur mit der Politik zu tun. Viele unserer Unternehmen waren während der Pandemie erschüttert, als sie erkannten, wie anfällig ihre Lieferketten waren und wie abhängig sie von einem einzigen Standort geworden waren.

Was können die Unternehmen in dieser Situation tun?

Die Leute sitzen über ihren Taschenrechnern und versuchen herauszufinden, welche Investitionen sie tätigen müssen – und wie diese Investitionen zu den erwarteten Gewinnen passen, die sie auf dem chinesischen Markt erzielen könnten. Und je mehr die Kosten für eine etwaige Trennung der Lieferkette steigen, desto höher wird die Schwelle, ab der es für Unternehmen interessant wird, sich hier in China niederzulassen.

Wie macht sich das in China bemerkbar?

Das stellt ein Risiko dar und schränkt die Vielfalt an Größe und Art der Unternehmen ein, die ein längerfristiges Interesse an einem Engagement in China haben. Ich denke, das sind genau die Art von Gesprächen, die wir mit der chinesischen Regierung führen müssen: Verordnungen und Beschränkungen haben Konsequenzen im wirklichen Leben und Konsequenzen in Form investierter Euros und US-Dollars. Peking hat noch einiges zu tun, um der internationalen Geschäftswelt zu zeigen, dass China ein effizienter und berechenbarer Ort ist, an dem sich Unternehmen niederlassen können.

Stimmt es, dass die lokalen Regierungen nach wie vor stark bestrebt sind, ausländische Unternehmen anzuziehen – auch wenn die Zentralregierung heutzutage mehr Wert auf Sicherheit und Stabilität als auf die Wirtschaft legt?

Ja, die meisten Provinzen und Gemeinden sind sehr daran interessiert, ausländische Investitionen anzuziehen – vor allem unter den derzeitigen Umständen einer sich abschwächenden Wirtschaft. Ich denke, alles, was die Wirtschaftstätigkeit ankurbelt, ist willkommen. Das stelle ich persönlich fest, wenn ich auf Reisen bin. Es gibt ein großes Interesse daran, mit der ausländischen Geschäftswelt in Kontakt zu treten – und wir wissen das natürlich zu schätzen.

Peking sendet eine nicht ganz so offene Botschaft.

Ehrlich gesagt, waren viele von uns nach dem KPCh-Kongress im Oktober etwas besorgt, weil der Schwerpunkt so sehr auf Sicherheit und Eigenständigkeit lag, was in eine andere Richtung zu gehen schien. Aber dann hatten wir den Nationalen Volkskongress im März, auf dem viel mehr über die unerschütterliche Unterstützung von Reformen und Öffnung gesprochen wurde, was schön zu hören war.

Was denken Sie, in welche Richtung es künftig gehen wird?

Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir nicht wirklich, welche Seite sich durchsetzen wird. Es ist wunderbar, dass die lokalen Regierungen mit uns reden wollen. Wir freuen uns über die Aufmerksamkeit. Aber wird das auch zu Ergebnissen vor Ort führen? Ich denke, das bleibt abzuwarten.

Jens Eskelund lebt seit 25 Jahren in China und ist Hauptvertreter der dänischen Unternehmensgruppe Maersk. Er war bereits zwei Amtszeiten lang Vizepräsident der EU-Kammer – von 2019 bis 2021 und von Oktober 2022 bis Mai 2023 – und war seit der Gründung der Kammer auch aktiv an den Arbeitsgruppen beteiligt. Er war außerdem Vorstandsmitglied und Vorsitzender der dänischen Handelskammer in China.

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Analyse

EU-Kammer-Umfrage: Durchwachsene Stimmung

Die Spuren des vergangenen Jahres mit Covid-Chaos, Ideologieschüben rund um den 20. Parteitag und niedrigem Wirtschaftswachstum haben Spuren hinterlassen: 64 Prozent der befragten europäischen Unternehmen in China haben bei der jüngsten European Business in China Confidence Survey (BCS) angegeben, dass ihre Geschäftsabwicklung im vergangenen Jahr noch schwieriger gewesen sei als im Corona-Jahr 2021.

Das ist der höchste Wert seit Beginn der jährlichen Umfrage, die die Europäische Handelskammer zusammen mit der Unternehmensberatung Roland Berger am Mittwoch in Peking vorgestellt hat. In der Regel pendelt der Wert der Firmen, die eher eine Verschlechterung ihrer Geschäfte im vergangenen Jahr sehen, um die 50 Prozent. In der aktuellen Befragung gab mehr als jede zehnte Firma an, Investitionen aus China abgezogen zu haben. 

Die Gesamtlage bleibt unsicher

Für den neuen EU-Kammer-Präsidenten, den Dänen Jens Eskelund, der den langjährigen deutschen Präsidenten Jörg Wuttke kürzlich abgelöst hat, sind diese negativen Trends “besorgniserregend“.

Als Grund für die Entwicklung nennt er die Unsicherheiten in der chinesischen Politik, die zunehmenden geopolitischen Spannungen und die Marktzugangsbarrieren. Damit europäische Unternehmen ihr volles Potenzial entfalten und auch ihren Beitrag zum chinesischen Wachstum leisten könnten, “müssen wir nun konkretes Handeln sehen”, erklärte Eskelund.

An der Umfrage teilgenommen haben 570 Unternehmen. Das ist kaum die Hälfte (46 Prozent) der angefragten Firmen. Da in der Regel diejenigen Firmenvertreter eher antworten, die Sorgen und Probleme haben, kann dies durchaus zu Verzerrungen führen. Die Umfrage wurde im Februar und März dieses Jahres durchgeführt. 

Umsätze bleiben stabil

Immerhin hat für mehr als zwei Drittel der Befragten (70 Prozent) dieses schlechteste Jahr seit zwei Dekaden dennoch nicht dazu geführt, dass ihre Umsätze gesunken sind. Die rund 30 Prozent, die einen Einbruch zu verzeichnen hatten, bilden allerdings ebenfalls den höchsten Wert in der Umfragegeschichte. In der Vor-Covid-Zeit war dieser Wert maximal auf 15 Prozent gestiegen. In sehr guten Jahren wie etwa 2011 lag er sogar nur bei fünf Prozent. Solche Zahlen sind nicht gut für die Stimmung.

Am stärksten betroffen sind dabei die kleinen und mittelständischen Unternehmen, von welchen 36 Prozent einen Einbruch zu verzeichnen hatten. Bei den großen Konzernen sind es hingegen nur 21 Prozent.

Besonders leidet das Baugeschäft: 42 Prozent vermelden Probleme und 30 Prozent sogar starke Einbrüche. Auch den Einzelhandel hat es hart getroffen, wobei 36 Prozent starke Einbrüche verzeichnen mussten. Ob das ein neuer Trend oder ein einzelner Post-Covid-Ausreißer ist, wird sich in den Umfragen der kommenden Jahre zeigen. Ein Trend, der sich während der Covid-Pandemie abzeichnete, war die Abwanderung von Expat-Mitarbeitern. 16 Prozent gaben an, gar keine in ihrem Unternehmen arbeitenden Ausländer mehr zu beschäftigen – fünf Prozent mehr als im Vorjahr. 

EU-Firmen glauben weiterhin an den chinesischen Markt

Auch die EBIT-Profite, also die Gewinne vor Steuern, gingen nach unten. Zwar haben noch immer 70 Prozent der Unternehmen gute Gewinne gemacht, aber der Wert liegt um zehn Prozent niedriger als im vergangenen Jahr. Die Zahl derjenigen, die Verluste gemacht haben, stieg auf 15 Prozent – auch das der schlechteste Wert seit 2015.

Dennoch äußerten nur neun Prozent der Befragten einen negativen Ausblick für die nächsten beiden Jahre. Ein Hinweis darauf, dass es sich in den Augen der Manager beim Jahr 2022 um ein Ausnahmejahr gehandelt hat und nicht um die neue Normalität. In den Jahren 2016 (15 Prozent), 2017 (elf Prozent), 2019 (15 Prozent) und 2020 (17 Prozent) waren die Befragten deutlich skeptischer. Die meisten (59 Prozent) wollen oder müssen demnach auch ihre Kosten nicht senken. Allerdings ist auch dieser Wert um elf Prozentpunkte gesunken.   

Die EU-Firmen glauben tendenziell weiterhin an den chinesischen Markt. 89 Prozent haben ihre existierenden Investitionen in China belassen. 92 Prozent wollen ihre zukünftigen, für China geplanten Investitionen nicht verlagern. Und nur zehn Prozent wollen ihre Business-Units oder gar die Asienzentralen aus Festland-China nach Hongkong oder in asiatische Nachbarländer verlegen. Allerdings plant die Mehrheit (53 Prozent) der befragten Unternehmen nicht, ihre Investitionen in der Volksrepublik in diesem Jahr auszuweiten. Auch erklärte mehr als jeder vierte Betrieb, dass erzwungene Technologietransfers weiterhin ein Problem seien.

Revision der Lieferketten

Für die Unternehmen, die verlegen wollen, ist Singapur (43 Prozent) die erste Wahl, gefolgt von Malaysia (17 Prozent), Japan (11 Prozent) und durchaus auch Hongkong (neun Prozent). Indien gilt erstaunlicherweise nur bei ganz wenigen (drei Prozent) als Alternative.

Es wählen zwar beunruhigende sieben Prozent weniger der Befragten China unter die Top 3 der Ziele ihrer Investitionen. Allerdings reicht es dennoch für eine Mehrheit der Befragten (59 Prozent), für die China ein Topinvestitionsland bleibt. Die ganz rosigen Zeiten sind allerdings erstmal vorbei. Fast zwei Drittel der Unternehmen gaben an, dass ihnen aufgrund von Marktzugangsbeschränkungen oder regulatorischen Hürden oder Geschäfte entgangen sind.

Rivalität USA-China bereitet Probleme

Drei von vier Unternehmen haben in den vergangenen beiden Jahren eine Revision ihrer Lieferketten durchgeführt, nachdem es ausführliche Debatten gegeben hatte, ob sich China vom Rest der Welt abkoppelt oder der Westen sich von China abkoppeln solle. Zwölf Prozent haben bereits Teile davon aus China verlagert, während fast ein Viertel der Befragten (24 Prozent) plant, ihre Lieferketten zumindest teilweise nach China zu verlagern.

Die Folgen des geopolitischen Machtkampfes zwischen den USA und China machen sich ebenfalls bemerkbar. 59 Prozent erklärten, dass das Umfeld zunehmend politisiert sei – ein Zuwachs um neun Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Die Folgen der russischen Invasion in der Ukraine haben auch den Blick auf den chinesischen Markt verändert, indem sie Unternehmen gezwungen haben, ernsthaft darüber nachzudenken, ob oder wie sie im Falle einer Eskalation der Spannungen in der Taiwanstraße betroffen sein könnten”, erklärte die Kammer.

Nur vier Prozent der Befragten sind demnach vom Uyghur Forced Labor Prevention Act direkt betroffen und neun Prozent kennen Partner, die davon betroffen sind. Der Act wurde bereits im Dezember 2021 in den USA eingeführt.   

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News

Politiker entsetzt vom “Kotau” des Kanzlers

Für ihre Entscheidung, bei dem Pressetermin von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang am Dienstag, keine Fragen von Journalisten zuzulassen, müssen Scholz und sein Regierungssprecher Steffen Hebestreit nun jede Menge Kritik einstecken.

Der Bundestagsabgeordnete Michael Brand, Sprecher für Menschenrechte der CDU/CSU, sprach von einer “Schande für eine Demokratie”, wenn der Regierungschef wegen der Intervention einer Diktatur den eigenen Medien einen Maulkorb verpasst und keine Fragen zulässt. Er sei “entsetzt vom Kotau von Bundeskanzler Scholz vor der chinesischen Führung und seinem Maulkorb für deutsche Medien“.

Scholz habe einen “schweren Fehler” begangen und “Deutschland vor der ganzen freien Welt blamiert, nur um chinesischen Diktatoren die Nerven zu schonen”. Brand kündigte an, dieses “in dieser Form einzigartige Verhalten eines deutschen Bundeskanzlers in geeigneter Form im Deutschen Bundestag zu thematisieren“.

Kritik kam auch aus der eigenen Ampelkoalition. “Der chinesische Premierminister Li Qiang kann sehr zufrieden nach Hause fahren”, schreibt der Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer von den Grünen. “Das wichtigste Land der EU hat sich gegenüber der immer aggressiveren Großmacht China als Schmusekätzchen aufgeführt.” Scholz habe bewusst Worte wie “Pressefreiheit” oder “systemische Rivalität” vermieden, an denen sich der chinesische Gast hätte stören können. “So, als müsse man sich gegenüber Chinas Hegemonialanspruch um besonders ehrerbietige Sprache bemühen.”

Die FDP teilt die kritische Haltung. “Die Tatsache, dass der deutsche Bundeskanzler zulässt, dass dem chinesischen Ministerpräsidenten keine Fragen gestellt werden dürfen? In einem freien Land? Das finde ich schon bemerkenswert”, sagte die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann in der ARD-Sendung Maischberger. Bei derartigen Bedingungen für eine Pressekonferenz hätte Scholz “zumindest sagen müssen, da machen wir gar keine”.

Hebestreit verteidigte am Mittwoch die Entscheidung. Die deutsche Seite habe sich für eine Pressekonferenz eingesetzt, bei der auch Fragen der Journalisten und Journalisten zugelassen werden. Die chinesische Seite sei aber dagegen gewesen. Premier Li hätte in dem Fall gänzlich auf eine Pressebegegnung verzichten wollen. Die Alternative, dass Scholz dann allein vor die Presse trete, habe Hebestreit wiederum für falsch gehalten. Er räumte ein, dass die Situation “ungut” gewesen sei.

Der Umgang mit westlichen Medien war auch bei den vielen Peking-Besuchen unter Kanzlerin Angela Merkel regelmäßiger Streitpunkt. Doch Merkel konnte stets erreichen, dass Journalisten von beiden Ländern jeweils mindestens zwei Fragen stellen durften. flee

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EU sanktioniert Firmen mit Sitz in Hongkong

Die EU hat neue Sanktionen wegen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine beschlossen. Mit dem elften Sanktionspaket sollen auch Unternehmen getroffen werden, die die bisherigen Strafmaßnahmen umgehen. Auf der Liste betroffener Firmen sollen auch drei russische Unternehmen mit Sitz in Hongkong stehen, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch berichtete. Brüssel hatte die Liste zunächst nicht öffentlich freigegeben. Der Rat der EU-Botschafter hatte das Sanktionspaket am Mittwoch abgesegnet.

Bereits seit einigen Wochen waren die Namen einiger Firmen im Umlauf, die von den Sanktionen betroffen sein könnten, auch aus China. Medienberichten zufolge hatten chinesische Diplomaten in Brüssel die Streichung von fünf Firmen erreicht. Die Maßnahmen sollen auf Unternehmen abzielen, die Technologie und Materialien an Russland liefern, die zur Herstellung von Waffen genutzt werden könnten.

China gibt an, keine Waffen an Russland zu liefern und sicherte bei einem Besuch des US-Außenministers Antony Blinken in Peking zuletzt zu, sich weiter an das Versprechen zu halten. ari

Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes wegen Zwangsarbeit

Das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) hat Beschwerde gegen die Autokonzerne VW, BMW und Mercedes beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eingereicht, wie die Organisation am Mittwoch mitteilte. Die Firmen hätten bis heute keine Beweise dafür vorgelegt, dass sie ihre Zulieferer in Xinjiang ausreichend auf Fälle von Zwangsarbeit prüfen.

Seit dem 1. Januar 2023 müssen Unternehmen in Deutschland ab einer bestimmten Größe Sorgfaltsprüfungsverfahren einrichten, einschließlich einer jährlichen Risikoanalyse, die Menschenrechts- und Umweltverstöße innerhalb ihrer globalen Lieferketten verhindern. Das Bafa kann als Kontrollbehörde Unternehmen wegen Verstößen gegen ihre Sorgfaltspflichten sanktionieren.

VW zeigte sich überrascht von der ECCHR-Beschwerde und erklärte, man werde sich nach einer Prüfung dazu äußern. Volkswagen hatte mehrfach erklärt, nicht an Menschenrechtsverletzungen beteiligt zu sein. Mercedes-Benz erklärte, man nehme solche Berichte sehr ernst, sei in der Uiguren-Region aber nicht direkt tätig. Man stehe jedoch in Kontakt mit den Lieferanten und dränge diese bei Bedenken zur Klärung. BMW äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen. fpe/rtr

  • Menschenrechte
  • Xinjiang

Stärkung der Klima-Zusammenarbeit

Bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen wurde ein neuer Klima- und Transformationsdialog zwischen Deutschland und China beschlossen. Der Dialog soll bestehende Formate der Zusammenarbeit in den Bereichen bündeln und verstärken: 

  • Energiewende
  • Dekarbonisierung der Industrie
  • erneuerbare Energien
  • Emissionshandel
  • Energieeffizienz
  • Mobilität und 
  • grüne Finanzmärkte 

Der Mechanismus wird vom deutschen Wirtschaftsministerium und der Nationalen Reform- und Entwicklungskommission Chinas (NDRC), die Ministerialrang hat, koordiniert. Es ist ein jährliches Plenartreffen vorgesehen.

Laut der Entwicklungsorganisation Germanwatch stellt der Dialog eine “wichtige Aufwertung des Themas” dar, er sei ein “beachtlicher Erfolg deutscher Klimadiplomatie”. Denn China habe sich sehr deutlich zur Orientierung am 1,5-Grad-Ziel und zur Notwendigkeit beschleunigter Emissionsreduktionen noch in diesem Jahrzehnt bekannt, so die Organisation.

Während Kanzler Olaf Scholz erklärte, man habe sich mit China auch über Erfahrungen zum Kohleausstieg ausgetauscht, finden sich in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Staaten dazu keinerlei Inhalte. China ist der mit Abstand größte Kohleproduzent und -verbraucher weltweit. Es bleibe abzuwarten, welche Ergebnisse der Dialog bezüglich der Emissionsminderung haben werde, so Lutz Weischer von Germanwatch. nib

  • Klimaschutz
  • Nachhaltigkeit
  • Regierungskonsultationen

Biden nennt Xi einen Diktator

US-Präsident Joe Biden hat Staats- und Parteichef Xi Jinping mit einem Diktatoren gleichgesetzt. Bei einer Spendenveranstaltung in Kalifornien kam Biden am Dienstag auf die Ballon-Affäre zu sprechen.

Im Februar hatte das US-Militär in amerikanischem Luftraum einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon abgeschossen. Xi habe sich darüber aufgeregt, weil er zum Zeitpunkt des Abschusses nicht gewusst habe, wo sich der Ballon befunden habe, da dieser vom Kurs abgekommen sei, sagte Biden und fügte hinzu: “Das ist sehr peinlich für Diktatoren, wenn sie nicht wissen, was passiert ist.” Anschließend sagte Biden unter anderem auch, dass China “echte wirtschaftliche Schwierigkeiten” habe.

China reagierte verärgert. Biden habe die politische Würde der Volksrepublik ernsthaft verletzt, indem er Xi einen Diktator genannt habe, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Mao Ning, in Peking am Mittwoch. Das komme einer öffentlichen, politischen Provokation gleich. China sei erheblich unzufrieden und lehne die Äußerung ab.

Biden äußerte sich nur einen Tag nach einem China-Besuch von US-Außenminister Antony Blinken, bei dem dieser versuchte, die angespannten Beziehungen zwischen den beiden Ländern zumindest etwas zu verbessern. Blinken hatte während seines Aufenthalts unter anderem Präsident Xi getroffen. rtr/flee

  • Geopolitik
  • Joe Biden
  • USA
  • Xi Jinping

Neue Steuerleichterungen für E-Autos

Die chinesische Regierung will die Nachfrage nach Elektroautos und anderen umweltfreundlichen Fahrzeugen mit milliardenschweren Subventionen ankurbeln. Dazu wurde ein 520 Milliarden Yuan (66 Milliarden Euro) großes Paket beschlossen, mit dem die zuletzt nachlassende Nachfrage auf dem weltgrößten Automarkt angefacht werden soll.

Elektrisch betriebene Fahrzeuge, die 2024 und 2025 erworben werden, sollen von der Kaufsteuer in Höhe von bis zu 30.000 Yuan befreit werden, wie das Finanzministerium am Mittwoch in Peking mitteilte. 2026 und 2027 soll der Nachlass dann nur noch halb so groß ausfallen. Die gesamten Steuererleichterungen summierten sich auf 520 Milliarden Yuan, sagte der stellvertretende Finanzminister Xu Hongcai.

Bereits jetzt werden sogenannte New Energy Vehicles (NEVs) – zu denen batteriebetriebene Elektrofahrzeuge, benzinelektrische Plug-in-Hybride und Wasserstoff-Brennstoffzellenautos gehören – bis Ende 2023 von der Kaufsteuer befreit. Diese Maßnahme wird nun verlängert. “Die Verlängerung um weitere vier Jahre hat die Markterwartungen übertroffen”, sagte der Generalsekretär des Verbandes China Passenger Car Association, Cui Dongshu.

Experten stimmen dem Verband zu. “Dies wird das Wachstum von Elektrofahrzeugen in China fördern“, sagt die Vizepräsidentin des Marktforschungsunternehmens Rystad Energy, Susan Zou. Sie rechnet damit, dass der Absatz 2024 um 30 Prozent steigen werden, doppelt so stark wie die erwarteten 15 Prozent in diesem Jahr.

Die Verkäufe der Elektroautos erlitten zu Beginn dieses Jahres einen Einbruch, nachdem die Regierung eine mehr als zehn Jahre währende Subvention für ihren Kauf von E-Fahrzeugen eingestellt hatte. Sie erholten sich aber wieder, nachdem Autohersteller wie Tesla die Preise gesenkt hatten, um ihren Marktanteil zu verteidigen. rtr/flee

  • Autoindustrie

Presseschau

China reagiert empört: Biden nennt Xi einen “Diktator” ZDF
Europäische Firmen fahren ihre Investitionen in China zurück ZEIT
China subventioniert bei E-Autos kräftig weiter N-TV
Ärger um deutsch-chinesische Regierungskonsultationen HANDELSBLATT
Norbert Röttgen im Interview: “Die Bundesregierung knickt vor China ein” FAZ
Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes wegen Zwangsarbeit in Uiguren-Provinz WELT
China is state most dangerous to its own citizens’ civil rights, report finds THEGUARDIAN
Chinesischer Weltmarktführer: Longi plant erstes Solarwerk in Deutschland TAGESSPIEGEL
Ein Jahr nach Verkauf an Chinesen: Porsche-Zulieferer Allgaier ist insolvent SPIEGEL
MAN Energy Solutions verkauft Gasturbinen-Geschäft an Chinesen HANDELSBLATT
Cooperation or competition? China’s security industry sees the US, not AI, as the bigger threat APNEWS
Inside China’s spy war on American corporations CNBC
‘India is now a linchpin’: US looks to Narendra Modi’s visit to counter China THEGUARDIAN
China surpasses US in popularity among Arab youth as Beijing expands Middle East footprint CNN
Strange thing found in student’s meal is rat head, Chinese officials rule after food scare anger CNN
Chinese culinary craze of stir-fried stones rocks the internet THEGUARDIAN

Standpunkt

ASEAN zwischen USA und China

Von Lili Yan Ing
Lili Yan Ing ist Ökonomin am Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (ERIA) in Jakarta.

Der jüngste G7-Gipfel in Hiroshima und das anschließende G20-Tourismustreffen in Kaschmir haben den krassen Gegensatz zwischen der Rhetorik der beiden Gruppen verdeutlicht. Während die G20 ihr Motto “Eine Erde, eine Familie, eine Zukunft” betonte, könnte man die streitlustige Haltung der G7 zusammenfassen als “Wir müssen uns von China trennen”.

Für die Mitgliedsstaaten des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) ist das keine Option. Während die Region von einer Verlagerung von Produktion und Investitionen weg von China in die ASEAN-Länder profitieren könnte, könnte eine komplette wirtschaftliche Entkoppelung der chinesischen Volkswirtschaft und des Westens langfristig auch zur Umlenkung von Handelsströmen, höheren Produktionskosten und einer Verringerung des Wohlstands führen.

Das Bemühen um eine Abkoppelung der amerikanischen und europäischen Volkswirtschaften von China scheint derzeit auf Sektoren wie Energie, Halbleiter, Informations- und Kommunikationstechnologie, Bergbau und Mineralien beschränkt zu sein. Doch dürfte eine Entkoppelung nahezu jede Branche in Mitleidenschaft ziehen, darunter Maschinen, mechanische Geräte, elektrische Komponenten und Autos.

Südostasien navigiert zwischen den großen Blöcken

Da die ASEAN-Volkswirtschaften gleichermaßen von den USA, der EU, China und Ostasien abhängig sind, muss der Block Neutralität wahren, davon absehen, Partei zu ergreifen, und die Zusammenarbeit stärken. Durch Nutzung ihres wachsenden wirtschaftlichen und politischen Einflusses könnten die Mitgliedstaaten Frieden und Zusammenarbeit fördern und das Engagement mit der internationalen Gemeinschaft verstärken.

Zudem müssen die ASEAN-Länder angesichts der sich intensivierenden geopolitischen Rivalität zwischen den USA und China die regionale Wirtschaftsintegration vertiefen. In den letzten beiden Jahrzehnten stagnierte der ASEAN-interne Handel als Anteil des Gesamthandelsvolumens der Mitgliedsstaaten bei etwa 22-23 Prozent. Natürlich erhöhten sich die Exporte der Mitglieder in die übrige Welt während dieses Zeitraums, doch ist der Anteil der ASEAN-Länder am Welthandel in den Jahren 2000-2022 nur geringfügig von 6,4 Prozent auf 7,8 Prozent gestiegen.

Es gibt drei mögliche Erklärungen für die Stagnation des ASEAN-internen Handels seit der Jahrhundertwende. Die erste ist die geringe Integrationstiefe der Region. Weil die meisten in ASEAN-Ländern hergestellten Produkte einander ersetzen und nicht ergänzen, ist der Spielraum zur Ausweitung des Handels zwischen den Mitgliedern per se begrenzt.

Zweitens könnten strengere Herkunftsregeln und nichttarifäre Maßnahmen als Handelsbarrieren wirken. Während diese Regeln und Verfahren auf den Schutz von Gesundheit, Arbeitssicherheit und Umwelt ausgelegt sind, können ihre Gestaltung und Umsetzung Handel und Investitionen ungewollt behindern.

Drittens schließlich ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass die ASEAN keine in sich geschlossene Region darstellt. Die Mitgliedsstaaten sind stark auf Investitionen und Technologie aus Ländern wie Japan, Südkorea und China angewiesen. Und während der Block als geeinte Gruppe agiert, ist er keine Zollunion, d. h., die Mitgliedstaaten können eigenständig mit anderen Ländern oder Blöcken interagieren. Diese Flexibilität versetzt sie in die Lage, eigene Interessen zu verfolgen, sich um unterschiedliche Partnerschaften und Übereinkünfte zu bemühen und dabei zugleich den Zusammenhalt und die Vitalität der ASEAN-Gemeinschaft zu wahren.

Unsymmetrischer Freihandel

Die Regionale umfassende Wirtschaftspartnerschaft (RCEP), die alle zehn ASEAN-Länder, China, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland umfasst, ist ein Paradebeispiel dafür. Sie repräsentiert rund ein Drittel des globalen BIP und ein Viertel des weltweiten Handels- und Investitionsvolumens insgesamt. Das macht die RCEP zur weltgrößten Freihandelszone. Ziel der RCEP ist es, durch Senkung der Zölle für 90 Prozent der Produktlinien eine größere Integration beim Handel zu erreichen.

Die Umfassende und fortschrittliche Vereinbarung für eine Trans-Pazifische Partnerschaft (CPTPP; vormals als Trans-Pazifische Partnerschaft bezeichnet) ist ein weiteres Beispiel. Seit 2018 sind vier ASEAN-Länder – Singapur, Vietnam, Brunei und Malaysia – der CPTPP beigetreten, auf die rund 13 Prozent des globalen BIP entfallen und die darauf zielt, die Zölle für 98 Prozent der Produktlinien zu senken.

Auch der Indo-Pazifik-Wirtschaftsrahmen für Wohlstand (IPEF), eine von der Biden-Regierung im Mai 2022 ins Leben gerufene Gruppierung, ist um die Förderung regionaler Partnerschaften bemüht. Doch wird die Übereinkunft als ausschließend und spaltend kritisiert. Neben den USA, Japan, Südkorea, Indien, Australien und Neuseeland sind sieben ASEAN-Länder dem IPEF beigetreten: Singapur, Thailand, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Vietnam und Brunei. Doch Kambodscha, Laos und Myanmar blieben außen vor.

Derartige Ausschlüsse könnten die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den ASEAN-Mitgliedern verschärfen und die regionalen Spannungen erhöhen. Das könnte die Vorteile bestehender megaregionaler Handelsabkommen wie der RCEP zunichtemachen. Einige Kritiker haben argumentiert, dass der IPEF weitgehend symbolischer Art und an die US-Wähler gerichtet sei, statt wirksame politische Maßnahmen zugunsten der Mitglieder umzusetzen. In ähnlicher Weise sind vor kurzem Handelsminister aus der Indopazifik-Region in Detroit zusammengekommen, um eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der Lieferketten für wesentliche Güter wie Halbleiter und wichtige Mineralien zu diskutieren. Doch mangelt es der von ihnen erzielten Einigung an klaren, über eine Verringerung der Abhängigkeit von China hinausreichenden politischen Zielen.

China übertrifft den Handel mit dem Westen bei weitem

Da sie sich eine Entkoppelung von einer der beiden Seiten nicht leisten können, bringt die sich verschärfende Rivalität zwischen China und dem Westen die ASEAN-Länder in eine schwierige Lage. Der Handel zwischen den Mitgliedsstaaten des Blocks und Europa hat sich zwischen 2000 und 2022 von 111 Milliarden Dollar auf 342 Milliarden Dollar mehr als verdreifacht. In ähnlicher Weise ist der Handel der ASEAN mit den USA von 135 Milliarden Dollar auf 452 Milliarden Dollar gestiegen. Die ASEAN-Exporte in die USA haben sich im selben Zeitraum nahezu vervierfacht: von 88 Milliarden Dollar auf 357 Milliarden Dollar.

Zugleich erreichte der Handel zwischen der ASEAN und China 2022 ein Volumen von 975 Milliarden Dollar, eine verblüffende Zunahme auf das 24-fache gegenüber dem Jahr 2000. Die Exporte der ASEAN-Länder nach China stiegen in diesem Zeitraum um den Faktor 18 von 22 Milliarden Dollar auf 408 Milliarden Dollar.

Darüber hinaus sind Ostasien, die USA und die EU sämtlich wichtige Quellen ausländischer Direktinvestitionen in den ASEAN-Ländern. Im Jahr 2021 entfielen 33 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in der Region auf ostasiatische Länder, 22 Prozent auf die USA und 15 Prozent auf die EU.

Angesichts der Tiefe dieser Wirtschaftsbeziehungen ist es zutiefst unfair, zu verlangen, dass die ASEAN-Länder sich von China abkoppeln. Es ist zudem kurzsichtig, weil eine derartige Entkoppelung die Handels- und Wirtschaftsentwicklung innerhalb des Blocks untergraben und in der gesamten Region die politische Instabilität anheizen würde. Aus dem Englischen von Jan Doolan

Lili Yan Ing ist Generalsekretärin der International Economic Association und Chefberaterin am Economic Research Institute for ASEAN and East Asia für die Region Südostasien.

Copyright: Project Syndicate, 2023

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Personalien

Lea Quadflieg ist seit April Senior Consultant bei der MPR China Certification GmbH für Automotive und Lebensmittel. Quadflieg war zuvor bereits zwei Jahre als Consultant ebenfalls bei MPR tätig.

Felix Hagenmeyer ist seit Beginn des Monats Projektmanager für ADAS system China bei Mercedes-Benz in Sindelfingen. Hagenmeyer war zuvor auf verschiedenen Positionen für Mercedes in der Volksrepublik tätig.

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Dessert

Namaste, willkommen zum Welt-Yoga-Tag. Diese Yogis führen ihre Virabhadrasana-II-Übung im Lotus-Teich des Tiande-Park in Taizhou durch. Der 21. Juni ist seit 2015 internationaler Tag für den spirituell angehauchten Sport.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    laut der am Mittwoch vorgestellten “Business Confidence”-Umfrage der Europäischen Handelskammer in China ist die Stimmung der europäischen Unternehmen so schlecht wie seit 20 Jahren nicht mehr. Mehr als jede zehnte Firma hat bereits Investitionen aus China abgezogen. Die Rahmenbedingungen für ausländische Unternehmen bleiben auch nach dem Abflauen der Corona-Pandemie schwierig, schreibt Frank Sieren, der sich die Zahlen genauer angesehen hat. Hinzukommen geopolitische Spannungen. Viele Unternehmen überlegten “wie viele Eier sie in ihrem China-Korb behalten wollen”, erklärte Jens Eskelund, der neue Präsident der EU-Handelskammer in China, zur Veröffentlichung der Umfragewerte.

    Im Gespräch mit Christiane Kühl vertieft der Nachfolger von Jörg Wuttke, was der Kammer und den Unternehmen derzeit noch so alles auf den Nägeln brennt. Vor allem der Begriff De-Risking sei nach wie vor in aller Munde, doch sei noch immer nicht klar, was er eigentlich in letzter Konsequenz bedeutet. “Wir sind der Meinung, dass noch einiges getan werden muss, um dieses Konzept mit Inhalt zu füllen – und zugleich darüber nachdenken, wie es auch im chinesischen Kontext gesehen wird.”

    Denn China betreibe selbst schon seit Jahren eine Art De-Risking gegenüber westlichen Unternehmen. Nur heiße das dann eben “Made in China 2025”, “Dualer Kreislauf” oder “14. Fünfjahresplan”. Eskelund glaubt: In einigen Sektoren gibt es in China noch immer erhebliche Chancen. Aber auch Peking habe noch einiges zu tun, um zu beweisen, dass man ausländischen Unternehmen ein effizientes und berechenbares Geschäftsumfeld schaffen kann, in dem man sich gerne niederlässt.

    Ihr
    Fabian Peltsch
    Bild von Fabian  Peltsch

    Interview

    “Wir müssen unsere Risiken und Schwachstellen analysieren”

    Der Däne Jens Eskelund ist seit Ende Mai Präsident der EU-Handelskammer.

    Sie haben gerade Ihr Amt angetreten. Was ist Ihrer Meinung nach in dieser frühen Phase Ihrer Amtszeit das drängendste Thema?

    Im Moment ist die ganze Diskussion über De-Risking unser Hauptanliegen. In Europa wird viel darüber geredet, in China auch. Wir sind der Meinung, dass noch einiges getan werden muss, um dieses Konzept mit Inhalt zu füllen. Wir müssen uns genauer ansehen, was es in Europa bedeutet – und zugleich darüber nachdenken, wie es im chinesischen Kontext gesehen wird. Tatsächlich betreibt China seit zehn Jahren De-Risking. Sie nennen es nur anders: “Made in China 2025”, “Dualer Kreislauf” oder “14. Fünfjahresplan”.

    Wie kann dann das De-Risking der EU klappen?

    Wir müssen gründlich analysieren, was als Risiko und als Schwachstelle wahrnehmbar ist. Wir müssen uns die Handels- und Produktionsströme ansehen, um besser zu verstehen, was De-Risking für das eigentliche Geschäft bedeutet. Das hat Priorität. Das wird aber ein wenig Nachdenken erfordern und kann nicht über Nacht gelingen. Die Wortwahl spielt eine große Rolle. De-Risking bestimmt als Konzept die gesamte Agenda – ebenso wie die Einteilung der EU von 2019, China als “Partner, Konkurrenten und strategischen Rivalen” zu sehen. Wir müssen uns wirklich über das Konzept De-Risking selbst und seine Auswirkungen im Klaren sein.

    China ist immer noch ein wichtiger Handelspartner für die meisten Länder in Europa, insbesondere für Deutschland. Eine Diversifizierung wird kompliziert werden. Welche Trends erwarten Sie?

    Viele Dinge werden sich nicht wirklich ändern. Was das verarbeitende Gewerbe betrifft, so hat China seinen Anteil am weltweiten Export weiter erhöht. Was wir derzeit sehen, ist, dass die Regierung weiterhin einen Schwerpunkt auf angebotsseitige Unterstützung der Exportproduktion legt. Zum Beispiel durch erleichterten Zugang zu Krediten. China wird auch weiterhin eine recht starke Exportproduktion aufweisen, was zusätzlich durch die Abschwächung des Renminbi gefördert wird, zumindest kurzfristig.

    Das klingt für die chinesische Konjunktur erstmal nicht schlecht.

    Andererseits kommt der schwache Yuan aber den chinesischen Haushalten nicht gerade zugute, denn er verteuert importierte Waren. Das zeigt, dass die staatliche Unterstützung jetzt eher der Angebotsseite als der Nachfrageseite zugutekommt. Derzeit gibt es nicht viele Maßnahmen, die das Konsumwachstum fördern. Aber genau das würden wir gerne sehen.

    Was würde helfen, den Konsum anzukurbeln?

    Die Menschen in China müssen das Gefühl haben, dass sich der Immobiliensektor stabilisiert. 70 Prozent des Vermögens der privaten Haushalte sind in Immobilien gebunden, und solange die Menschen nicht wissen, wie es mit den Immobilien weitergeht, werden sie sich in ihrem Konsumverhalten zurückhalten.

    Wie sehen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage Chinas im Allgemeinen nach dem Ende von Null-Covid?

    Es ist noch zu früh für eine Bewertung. Wir haben gesehen, dass die Dinge im ersten Quartal relativ gut liefen, gefolgt von einer gewissen Abschwächung im zweiten Quartal. Wir sind etwas besorgt, denn wir sehen Schwächen in einigen Sektoren – vor allem bei hochwertigen Industriegütern. Die Dienstleistungen schneiden besser ab. In drei Monaten werden wir vielleicht ein klareres Bild haben.

    Wie sehr trifft diese Wachstumsunsicherheit die europäischen Unternehmen?

    Meiner Beobachtung nach verlieren die BIP-Zahlen immer mehr an Bedeutung. Man muss sich eher einzelne Sektoren genauer ansehen. Als die Wirtschaft der Volksrepublik zwölf Prozent pro Jahr wuchs, konnte jeder dort wachsen. Jetzt, wo sich das Wachstum abschwächt, ist es nicht mehr universell. Aber in einigen Sektoren gibt es in China immer noch erhebliche Chancen.

    Welche Sektoren könnten das sein?

    Wir haben bereits in einem unserer Papiere darauf hingewiesen, dass China in den verschiedenen Branchen unterschiedliche Bedeutung haben wird. Es gibt Branchen, in denen China in Zukunft mehr als die Hälfte der weltweiten Nachfrage ausmachen wird. Und es gibt andere, die einfach so kompliziert sind, dass man sich fragen könnte: Ist China wirklich etwas für mich? Wenn Sie also Spezialchemikalien herstellen, dann ist China der richtige Ort für Sie. Wenn Sie aber digitale Plattformen oder digitale Inhalte herstellen, dann könnte China etwas schwieriger sein.

    Die Unternehmen beklagen sich über die verschiedenen Sicherheitsgesetze, die ihnen das Leben immer schwerer machen. Gleichzeitig arbeitet Europa an Gesetzen, die Unternehmen zwingen, ihre Wertschöpfungsketten im Ausland zu bewerten und zu kontrollieren. Was bedeutet das alles für etablierte oder auch neue Lieferketten in China? Und wie können sich Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere Firmen (KMU) – in diesem komplizierten Umfeld zurechtfinden?

    Wenn Sie kein sehr großes Unternehmen sind und den Punkt kommen, an dem Sie zwei getrennte Wertschöpfungsketten aufbauen und betreiben müssen – eine für den Westen und eine für China – könnten die Kosten verschreckend hoch werden. Ich würde lieber in eine Lieferkette investieren, die sehr gut funktioniert, in einem Markt, den ich kenne, als zwei aufzubauen – und die zweite dann in einem Markt zu betreiben, mit dem ich nicht so gut vertraut bin. Das trägt zu der Unsicherheit bei, die viele Unternehmen derzeit empfinden und die sich auch in unserer neuen Umfrage zum Geschäftsklima widerspiegelt.

    Hat das konkrete Folgen in den europäischen Unternehmen?

    Das beginnt, sich auf Investitionsentscheidungen auszuwirken. Wenn ich nicht mit einem gewissen Maß an Sicherheit vorhersagen kann, wie die Welt in fünf Jahren aussehen wird und ob China dann der richtige Ort für mich ist, werde ich nicht investieren. Ich kenne kein einziges KMU, das sich seit dem Beginn von Covid in China niedergelassen hat. Das hat auch nicht nur mit der Politik zu tun. Viele unserer Unternehmen waren während der Pandemie erschüttert, als sie erkannten, wie anfällig ihre Lieferketten waren und wie abhängig sie von einem einzigen Standort geworden waren.

    Was können die Unternehmen in dieser Situation tun?

    Die Leute sitzen über ihren Taschenrechnern und versuchen herauszufinden, welche Investitionen sie tätigen müssen – und wie diese Investitionen zu den erwarteten Gewinnen passen, die sie auf dem chinesischen Markt erzielen könnten. Und je mehr die Kosten für eine etwaige Trennung der Lieferkette steigen, desto höher wird die Schwelle, ab der es für Unternehmen interessant wird, sich hier in China niederzulassen.

    Wie macht sich das in China bemerkbar?

    Das stellt ein Risiko dar und schränkt die Vielfalt an Größe und Art der Unternehmen ein, die ein längerfristiges Interesse an einem Engagement in China haben. Ich denke, das sind genau die Art von Gesprächen, die wir mit der chinesischen Regierung führen müssen: Verordnungen und Beschränkungen haben Konsequenzen im wirklichen Leben und Konsequenzen in Form investierter Euros und US-Dollars. Peking hat noch einiges zu tun, um der internationalen Geschäftswelt zu zeigen, dass China ein effizienter und berechenbarer Ort ist, an dem sich Unternehmen niederlassen können.

    Stimmt es, dass die lokalen Regierungen nach wie vor stark bestrebt sind, ausländische Unternehmen anzuziehen – auch wenn die Zentralregierung heutzutage mehr Wert auf Sicherheit und Stabilität als auf die Wirtschaft legt?

    Ja, die meisten Provinzen und Gemeinden sind sehr daran interessiert, ausländische Investitionen anzuziehen – vor allem unter den derzeitigen Umständen einer sich abschwächenden Wirtschaft. Ich denke, alles, was die Wirtschaftstätigkeit ankurbelt, ist willkommen. Das stelle ich persönlich fest, wenn ich auf Reisen bin. Es gibt ein großes Interesse daran, mit der ausländischen Geschäftswelt in Kontakt zu treten – und wir wissen das natürlich zu schätzen.

    Peking sendet eine nicht ganz so offene Botschaft.

    Ehrlich gesagt, waren viele von uns nach dem KPCh-Kongress im Oktober etwas besorgt, weil der Schwerpunkt so sehr auf Sicherheit und Eigenständigkeit lag, was in eine andere Richtung zu gehen schien. Aber dann hatten wir den Nationalen Volkskongress im März, auf dem viel mehr über die unerschütterliche Unterstützung von Reformen und Öffnung gesprochen wurde, was schön zu hören war.

    Was denken Sie, in welche Richtung es künftig gehen wird?

    Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir nicht wirklich, welche Seite sich durchsetzen wird. Es ist wunderbar, dass die lokalen Regierungen mit uns reden wollen. Wir freuen uns über die Aufmerksamkeit. Aber wird das auch zu Ergebnissen vor Ort führen? Ich denke, das bleibt abzuwarten.

    Jens Eskelund lebt seit 25 Jahren in China und ist Hauptvertreter der dänischen Unternehmensgruppe Maersk. Er war bereits zwei Amtszeiten lang Vizepräsident der EU-Kammer – von 2019 bis 2021 und von Oktober 2022 bis Mai 2023 – und war seit der Gründung der Kammer auch aktiv an den Arbeitsgruppen beteiligt. Er war außerdem Vorstandsmitglied und Vorsitzender der dänischen Handelskammer in China.

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    Analyse

    EU-Kammer-Umfrage: Durchwachsene Stimmung

    Die Spuren des vergangenen Jahres mit Covid-Chaos, Ideologieschüben rund um den 20. Parteitag und niedrigem Wirtschaftswachstum haben Spuren hinterlassen: 64 Prozent der befragten europäischen Unternehmen in China haben bei der jüngsten European Business in China Confidence Survey (BCS) angegeben, dass ihre Geschäftsabwicklung im vergangenen Jahr noch schwieriger gewesen sei als im Corona-Jahr 2021.

    Das ist der höchste Wert seit Beginn der jährlichen Umfrage, die die Europäische Handelskammer zusammen mit der Unternehmensberatung Roland Berger am Mittwoch in Peking vorgestellt hat. In der Regel pendelt der Wert der Firmen, die eher eine Verschlechterung ihrer Geschäfte im vergangenen Jahr sehen, um die 50 Prozent. In der aktuellen Befragung gab mehr als jede zehnte Firma an, Investitionen aus China abgezogen zu haben. 

    Die Gesamtlage bleibt unsicher

    Für den neuen EU-Kammer-Präsidenten, den Dänen Jens Eskelund, der den langjährigen deutschen Präsidenten Jörg Wuttke kürzlich abgelöst hat, sind diese negativen Trends “besorgniserregend“.

    Als Grund für die Entwicklung nennt er die Unsicherheiten in der chinesischen Politik, die zunehmenden geopolitischen Spannungen und die Marktzugangsbarrieren. Damit europäische Unternehmen ihr volles Potenzial entfalten und auch ihren Beitrag zum chinesischen Wachstum leisten könnten, “müssen wir nun konkretes Handeln sehen”, erklärte Eskelund.

    An der Umfrage teilgenommen haben 570 Unternehmen. Das ist kaum die Hälfte (46 Prozent) der angefragten Firmen. Da in der Regel diejenigen Firmenvertreter eher antworten, die Sorgen und Probleme haben, kann dies durchaus zu Verzerrungen führen. Die Umfrage wurde im Februar und März dieses Jahres durchgeführt. 

    Umsätze bleiben stabil

    Immerhin hat für mehr als zwei Drittel der Befragten (70 Prozent) dieses schlechteste Jahr seit zwei Dekaden dennoch nicht dazu geführt, dass ihre Umsätze gesunken sind. Die rund 30 Prozent, die einen Einbruch zu verzeichnen hatten, bilden allerdings ebenfalls den höchsten Wert in der Umfragegeschichte. In der Vor-Covid-Zeit war dieser Wert maximal auf 15 Prozent gestiegen. In sehr guten Jahren wie etwa 2011 lag er sogar nur bei fünf Prozent. Solche Zahlen sind nicht gut für die Stimmung.

    Am stärksten betroffen sind dabei die kleinen und mittelständischen Unternehmen, von welchen 36 Prozent einen Einbruch zu verzeichnen hatten. Bei den großen Konzernen sind es hingegen nur 21 Prozent.

    Besonders leidet das Baugeschäft: 42 Prozent vermelden Probleme und 30 Prozent sogar starke Einbrüche. Auch den Einzelhandel hat es hart getroffen, wobei 36 Prozent starke Einbrüche verzeichnen mussten. Ob das ein neuer Trend oder ein einzelner Post-Covid-Ausreißer ist, wird sich in den Umfragen der kommenden Jahre zeigen. Ein Trend, der sich während der Covid-Pandemie abzeichnete, war die Abwanderung von Expat-Mitarbeitern. 16 Prozent gaben an, gar keine in ihrem Unternehmen arbeitenden Ausländer mehr zu beschäftigen – fünf Prozent mehr als im Vorjahr. 

    EU-Firmen glauben weiterhin an den chinesischen Markt

    Auch die EBIT-Profite, also die Gewinne vor Steuern, gingen nach unten. Zwar haben noch immer 70 Prozent der Unternehmen gute Gewinne gemacht, aber der Wert liegt um zehn Prozent niedriger als im vergangenen Jahr. Die Zahl derjenigen, die Verluste gemacht haben, stieg auf 15 Prozent – auch das der schlechteste Wert seit 2015.

    Dennoch äußerten nur neun Prozent der Befragten einen negativen Ausblick für die nächsten beiden Jahre. Ein Hinweis darauf, dass es sich in den Augen der Manager beim Jahr 2022 um ein Ausnahmejahr gehandelt hat und nicht um die neue Normalität. In den Jahren 2016 (15 Prozent), 2017 (elf Prozent), 2019 (15 Prozent) und 2020 (17 Prozent) waren die Befragten deutlich skeptischer. Die meisten (59 Prozent) wollen oder müssen demnach auch ihre Kosten nicht senken. Allerdings ist auch dieser Wert um elf Prozentpunkte gesunken.   

    Die EU-Firmen glauben tendenziell weiterhin an den chinesischen Markt. 89 Prozent haben ihre existierenden Investitionen in China belassen. 92 Prozent wollen ihre zukünftigen, für China geplanten Investitionen nicht verlagern. Und nur zehn Prozent wollen ihre Business-Units oder gar die Asienzentralen aus Festland-China nach Hongkong oder in asiatische Nachbarländer verlegen. Allerdings plant die Mehrheit (53 Prozent) der befragten Unternehmen nicht, ihre Investitionen in der Volksrepublik in diesem Jahr auszuweiten. Auch erklärte mehr als jeder vierte Betrieb, dass erzwungene Technologietransfers weiterhin ein Problem seien.

    Revision der Lieferketten

    Für die Unternehmen, die verlegen wollen, ist Singapur (43 Prozent) die erste Wahl, gefolgt von Malaysia (17 Prozent), Japan (11 Prozent) und durchaus auch Hongkong (neun Prozent). Indien gilt erstaunlicherweise nur bei ganz wenigen (drei Prozent) als Alternative.

    Es wählen zwar beunruhigende sieben Prozent weniger der Befragten China unter die Top 3 der Ziele ihrer Investitionen. Allerdings reicht es dennoch für eine Mehrheit der Befragten (59 Prozent), für die China ein Topinvestitionsland bleibt. Die ganz rosigen Zeiten sind allerdings erstmal vorbei. Fast zwei Drittel der Unternehmen gaben an, dass ihnen aufgrund von Marktzugangsbeschränkungen oder regulatorischen Hürden oder Geschäfte entgangen sind.

    Rivalität USA-China bereitet Probleme

    Drei von vier Unternehmen haben in den vergangenen beiden Jahren eine Revision ihrer Lieferketten durchgeführt, nachdem es ausführliche Debatten gegeben hatte, ob sich China vom Rest der Welt abkoppelt oder der Westen sich von China abkoppeln solle. Zwölf Prozent haben bereits Teile davon aus China verlagert, während fast ein Viertel der Befragten (24 Prozent) plant, ihre Lieferketten zumindest teilweise nach China zu verlagern.

    Die Folgen des geopolitischen Machtkampfes zwischen den USA und China machen sich ebenfalls bemerkbar. 59 Prozent erklärten, dass das Umfeld zunehmend politisiert sei – ein Zuwachs um neun Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Die Folgen der russischen Invasion in der Ukraine haben auch den Blick auf den chinesischen Markt verändert, indem sie Unternehmen gezwungen haben, ernsthaft darüber nachzudenken, ob oder wie sie im Falle einer Eskalation der Spannungen in der Taiwanstraße betroffen sein könnten”, erklärte die Kammer.

    Nur vier Prozent der Befragten sind demnach vom Uyghur Forced Labor Prevention Act direkt betroffen und neun Prozent kennen Partner, die davon betroffen sind. Der Act wurde bereits im Dezember 2021 in den USA eingeführt.   

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    News

    Politiker entsetzt vom “Kotau” des Kanzlers

    Für ihre Entscheidung, bei dem Pressetermin von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang am Dienstag, keine Fragen von Journalisten zuzulassen, müssen Scholz und sein Regierungssprecher Steffen Hebestreit nun jede Menge Kritik einstecken.

    Der Bundestagsabgeordnete Michael Brand, Sprecher für Menschenrechte der CDU/CSU, sprach von einer “Schande für eine Demokratie”, wenn der Regierungschef wegen der Intervention einer Diktatur den eigenen Medien einen Maulkorb verpasst und keine Fragen zulässt. Er sei “entsetzt vom Kotau von Bundeskanzler Scholz vor der chinesischen Führung und seinem Maulkorb für deutsche Medien“.

    Scholz habe einen “schweren Fehler” begangen und “Deutschland vor der ganzen freien Welt blamiert, nur um chinesischen Diktatoren die Nerven zu schonen”. Brand kündigte an, dieses “in dieser Form einzigartige Verhalten eines deutschen Bundeskanzlers in geeigneter Form im Deutschen Bundestag zu thematisieren“.

    Kritik kam auch aus der eigenen Ampelkoalition. “Der chinesische Premierminister Li Qiang kann sehr zufrieden nach Hause fahren”, schreibt der Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer von den Grünen. “Das wichtigste Land der EU hat sich gegenüber der immer aggressiveren Großmacht China als Schmusekätzchen aufgeführt.” Scholz habe bewusst Worte wie “Pressefreiheit” oder “systemische Rivalität” vermieden, an denen sich der chinesische Gast hätte stören können. “So, als müsse man sich gegenüber Chinas Hegemonialanspruch um besonders ehrerbietige Sprache bemühen.”

    Die FDP teilt die kritische Haltung. “Die Tatsache, dass der deutsche Bundeskanzler zulässt, dass dem chinesischen Ministerpräsidenten keine Fragen gestellt werden dürfen? In einem freien Land? Das finde ich schon bemerkenswert”, sagte die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann in der ARD-Sendung Maischberger. Bei derartigen Bedingungen für eine Pressekonferenz hätte Scholz “zumindest sagen müssen, da machen wir gar keine”.

    Hebestreit verteidigte am Mittwoch die Entscheidung. Die deutsche Seite habe sich für eine Pressekonferenz eingesetzt, bei der auch Fragen der Journalisten und Journalisten zugelassen werden. Die chinesische Seite sei aber dagegen gewesen. Premier Li hätte in dem Fall gänzlich auf eine Pressebegegnung verzichten wollen. Die Alternative, dass Scholz dann allein vor die Presse trete, habe Hebestreit wiederum für falsch gehalten. Er räumte ein, dass die Situation “ungut” gewesen sei.

    Der Umgang mit westlichen Medien war auch bei den vielen Peking-Besuchen unter Kanzlerin Angela Merkel regelmäßiger Streitpunkt. Doch Merkel konnte stets erreichen, dass Journalisten von beiden Ländern jeweils mindestens zwei Fragen stellen durften. flee

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    EU sanktioniert Firmen mit Sitz in Hongkong

    Die EU hat neue Sanktionen wegen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine beschlossen. Mit dem elften Sanktionspaket sollen auch Unternehmen getroffen werden, die die bisherigen Strafmaßnahmen umgehen. Auf der Liste betroffener Firmen sollen auch drei russische Unternehmen mit Sitz in Hongkong stehen, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch berichtete. Brüssel hatte die Liste zunächst nicht öffentlich freigegeben. Der Rat der EU-Botschafter hatte das Sanktionspaket am Mittwoch abgesegnet.

    Bereits seit einigen Wochen waren die Namen einiger Firmen im Umlauf, die von den Sanktionen betroffen sein könnten, auch aus China. Medienberichten zufolge hatten chinesische Diplomaten in Brüssel die Streichung von fünf Firmen erreicht. Die Maßnahmen sollen auf Unternehmen abzielen, die Technologie und Materialien an Russland liefern, die zur Herstellung von Waffen genutzt werden könnten.

    China gibt an, keine Waffen an Russland zu liefern und sicherte bei einem Besuch des US-Außenministers Antony Blinken in Peking zuletzt zu, sich weiter an das Versprechen zu halten. ari

    Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes wegen Zwangsarbeit

    Das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) hat Beschwerde gegen die Autokonzerne VW, BMW und Mercedes beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eingereicht, wie die Organisation am Mittwoch mitteilte. Die Firmen hätten bis heute keine Beweise dafür vorgelegt, dass sie ihre Zulieferer in Xinjiang ausreichend auf Fälle von Zwangsarbeit prüfen.

    Seit dem 1. Januar 2023 müssen Unternehmen in Deutschland ab einer bestimmten Größe Sorgfaltsprüfungsverfahren einrichten, einschließlich einer jährlichen Risikoanalyse, die Menschenrechts- und Umweltverstöße innerhalb ihrer globalen Lieferketten verhindern. Das Bafa kann als Kontrollbehörde Unternehmen wegen Verstößen gegen ihre Sorgfaltspflichten sanktionieren.

    VW zeigte sich überrascht von der ECCHR-Beschwerde und erklärte, man werde sich nach einer Prüfung dazu äußern. Volkswagen hatte mehrfach erklärt, nicht an Menschenrechtsverletzungen beteiligt zu sein. Mercedes-Benz erklärte, man nehme solche Berichte sehr ernst, sei in der Uiguren-Region aber nicht direkt tätig. Man stehe jedoch in Kontakt mit den Lieferanten und dränge diese bei Bedenken zur Klärung. BMW äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen. fpe/rtr

    • Menschenrechte
    • Xinjiang

    Stärkung der Klima-Zusammenarbeit

    Bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen wurde ein neuer Klima- und Transformationsdialog zwischen Deutschland und China beschlossen. Der Dialog soll bestehende Formate der Zusammenarbeit in den Bereichen bündeln und verstärken: 

    • Energiewende
    • Dekarbonisierung der Industrie
    • erneuerbare Energien
    • Emissionshandel
    • Energieeffizienz
    • Mobilität und 
    • grüne Finanzmärkte 

    Der Mechanismus wird vom deutschen Wirtschaftsministerium und der Nationalen Reform- und Entwicklungskommission Chinas (NDRC), die Ministerialrang hat, koordiniert. Es ist ein jährliches Plenartreffen vorgesehen.

    Laut der Entwicklungsorganisation Germanwatch stellt der Dialog eine “wichtige Aufwertung des Themas” dar, er sei ein “beachtlicher Erfolg deutscher Klimadiplomatie”. Denn China habe sich sehr deutlich zur Orientierung am 1,5-Grad-Ziel und zur Notwendigkeit beschleunigter Emissionsreduktionen noch in diesem Jahrzehnt bekannt, so die Organisation.

    Während Kanzler Olaf Scholz erklärte, man habe sich mit China auch über Erfahrungen zum Kohleausstieg ausgetauscht, finden sich in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Staaten dazu keinerlei Inhalte. China ist der mit Abstand größte Kohleproduzent und -verbraucher weltweit. Es bleibe abzuwarten, welche Ergebnisse der Dialog bezüglich der Emissionsminderung haben werde, so Lutz Weischer von Germanwatch. nib

    • Klimaschutz
    • Nachhaltigkeit
    • Regierungskonsultationen

    Biden nennt Xi einen Diktator

    US-Präsident Joe Biden hat Staats- und Parteichef Xi Jinping mit einem Diktatoren gleichgesetzt. Bei einer Spendenveranstaltung in Kalifornien kam Biden am Dienstag auf die Ballon-Affäre zu sprechen.

    Im Februar hatte das US-Militär in amerikanischem Luftraum einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon abgeschossen. Xi habe sich darüber aufgeregt, weil er zum Zeitpunkt des Abschusses nicht gewusst habe, wo sich der Ballon befunden habe, da dieser vom Kurs abgekommen sei, sagte Biden und fügte hinzu: “Das ist sehr peinlich für Diktatoren, wenn sie nicht wissen, was passiert ist.” Anschließend sagte Biden unter anderem auch, dass China “echte wirtschaftliche Schwierigkeiten” habe.

    China reagierte verärgert. Biden habe die politische Würde der Volksrepublik ernsthaft verletzt, indem er Xi einen Diktator genannt habe, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Mao Ning, in Peking am Mittwoch. Das komme einer öffentlichen, politischen Provokation gleich. China sei erheblich unzufrieden und lehne die Äußerung ab.

    Biden äußerte sich nur einen Tag nach einem China-Besuch von US-Außenminister Antony Blinken, bei dem dieser versuchte, die angespannten Beziehungen zwischen den beiden Ländern zumindest etwas zu verbessern. Blinken hatte während seines Aufenthalts unter anderem Präsident Xi getroffen. rtr/flee

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    Neue Steuerleichterungen für E-Autos

    Die chinesische Regierung will die Nachfrage nach Elektroautos und anderen umweltfreundlichen Fahrzeugen mit milliardenschweren Subventionen ankurbeln. Dazu wurde ein 520 Milliarden Yuan (66 Milliarden Euro) großes Paket beschlossen, mit dem die zuletzt nachlassende Nachfrage auf dem weltgrößten Automarkt angefacht werden soll.

    Elektrisch betriebene Fahrzeuge, die 2024 und 2025 erworben werden, sollen von der Kaufsteuer in Höhe von bis zu 30.000 Yuan befreit werden, wie das Finanzministerium am Mittwoch in Peking mitteilte. 2026 und 2027 soll der Nachlass dann nur noch halb so groß ausfallen. Die gesamten Steuererleichterungen summierten sich auf 520 Milliarden Yuan, sagte der stellvertretende Finanzminister Xu Hongcai.

    Bereits jetzt werden sogenannte New Energy Vehicles (NEVs) – zu denen batteriebetriebene Elektrofahrzeuge, benzinelektrische Plug-in-Hybride und Wasserstoff-Brennstoffzellenautos gehören – bis Ende 2023 von der Kaufsteuer befreit. Diese Maßnahme wird nun verlängert. “Die Verlängerung um weitere vier Jahre hat die Markterwartungen übertroffen”, sagte der Generalsekretär des Verbandes China Passenger Car Association, Cui Dongshu.

    Experten stimmen dem Verband zu. “Dies wird das Wachstum von Elektrofahrzeugen in China fördern“, sagt die Vizepräsidentin des Marktforschungsunternehmens Rystad Energy, Susan Zou. Sie rechnet damit, dass der Absatz 2024 um 30 Prozent steigen werden, doppelt so stark wie die erwarteten 15 Prozent in diesem Jahr.

    Die Verkäufe der Elektroautos erlitten zu Beginn dieses Jahres einen Einbruch, nachdem die Regierung eine mehr als zehn Jahre währende Subvention für ihren Kauf von E-Fahrzeugen eingestellt hatte. Sie erholten sich aber wieder, nachdem Autohersteller wie Tesla die Preise gesenkt hatten, um ihren Marktanteil zu verteidigen. rtr/flee

    • Autoindustrie

    Presseschau

    China reagiert empört: Biden nennt Xi einen “Diktator” ZDF
    Europäische Firmen fahren ihre Investitionen in China zurück ZEIT
    China subventioniert bei E-Autos kräftig weiter N-TV
    Ärger um deutsch-chinesische Regierungskonsultationen HANDELSBLATT
    Norbert Röttgen im Interview: “Die Bundesregierung knickt vor China ein” FAZ
    Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes wegen Zwangsarbeit in Uiguren-Provinz WELT
    China is state most dangerous to its own citizens’ civil rights, report finds THEGUARDIAN
    Chinesischer Weltmarktführer: Longi plant erstes Solarwerk in Deutschland TAGESSPIEGEL
    Ein Jahr nach Verkauf an Chinesen: Porsche-Zulieferer Allgaier ist insolvent SPIEGEL
    MAN Energy Solutions verkauft Gasturbinen-Geschäft an Chinesen HANDELSBLATT
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    ‘India is now a linchpin’: US looks to Narendra Modi’s visit to counter China THEGUARDIAN
    China surpasses US in popularity among Arab youth as Beijing expands Middle East footprint CNN
    Strange thing found in student’s meal is rat head, Chinese officials rule after food scare anger CNN
    Chinese culinary craze of stir-fried stones rocks the internet THEGUARDIAN

    Standpunkt

    ASEAN zwischen USA und China

    Von Lili Yan Ing
    Lili Yan Ing ist Ökonomin am Economic Research Institute for ASEAN and East Asia (ERIA) in Jakarta.

    Der jüngste G7-Gipfel in Hiroshima und das anschließende G20-Tourismustreffen in Kaschmir haben den krassen Gegensatz zwischen der Rhetorik der beiden Gruppen verdeutlicht. Während die G20 ihr Motto “Eine Erde, eine Familie, eine Zukunft” betonte, könnte man die streitlustige Haltung der G7 zusammenfassen als “Wir müssen uns von China trennen”.

    Für die Mitgliedsstaaten des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) ist das keine Option. Während die Region von einer Verlagerung von Produktion und Investitionen weg von China in die ASEAN-Länder profitieren könnte, könnte eine komplette wirtschaftliche Entkoppelung der chinesischen Volkswirtschaft und des Westens langfristig auch zur Umlenkung von Handelsströmen, höheren Produktionskosten und einer Verringerung des Wohlstands führen.

    Das Bemühen um eine Abkoppelung der amerikanischen und europäischen Volkswirtschaften von China scheint derzeit auf Sektoren wie Energie, Halbleiter, Informations- und Kommunikationstechnologie, Bergbau und Mineralien beschränkt zu sein. Doch dürfte eine Entkoppelung nahezu jede Branche in Mitleidenschaft ziehen, darunter Maschinen, mechanische Geräte, elektrische Komponenten und Autos.

    Südostasien navigiert zwischen den großen Blöcken

    Da die ASEAN-Volkswirtschaften gleichermaßen von den USA, der EU, China und Ostasien abhängig sind, muss der Block Neutralität wahren, davon absehen, Partei zu ergreifen, und die Zusammenarbeit stärken. Durch Nutzung ihres wachsenden wirtschaftlichen und politischen Einflusses könnten die Mitgliedstaaten Frieden und Zusammenarbeit fördern und das Engagement mit der internationalen Gemeinschaft verstärken.

    Zudem müssen die ASEAN-Länder angesichts der sich intensivierenden geopolitischen Rivalität zwischen den USA und China die regionale Wirtschaftsintegration vertiefen. In den letzten beiden Jahrzehnten stagnierte der ASEAN-interne Handel als Anteil des Gesamthandelsvolumens der Mitgliedsstaaten bei etwa 22-23 Prozent. Natürlich erhöhten sich die Exporte der Mitglieder in die übrige Welt während dieses Zeitraums, doch ist der Anteil der ASEAN-Länder am Welthandel in den Jahren 2000-2022 nur geringfügig von 6,4 Prozent auf 7,8 Prozent gestiegen.

    Es gibt drei mögliche Erklärungen für die Stagnation des ASEAN-internen Handels seit der Jahrhundertwende. Die erste ist die geringe Integrationstiefe der Region. Weil die meisten in ASEAN-Ländern hergestellten Produkte einander ersetzen und nicht ergänzen, ist der Spielraum zur Ausweitung des Handels zwischen den Mitgliedern per se begrenzt.

    Zweitens könnten strengere Herkunftsregeln und nichttarifäre Maßnahmen als Handelsbarrieren wirken. Während diese Regeln und Verfahren auf den Schutz von Gesundheit, Arbeitssicherheit und Umwelt ausgelegt sind, können ihre Gestaltung und Umsetzung Handel und Investitionen ungewollt behindern.

    Drittens schließlich ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass die ASEAN keine in sich geschlossene Region darstellt. Die Mitgliedsstaaten sind stark auf Investitionen und Technologie aus Ländern wie Japan, Südkorea und China angewiesen. Und während der Block als geeinte Gruppe agiert, ist er keine Zollunion, d. h., die Mitgliedstaaten können eigenständig mit anderen Ländern oder Blöcken interagieren. Diese Flexibilität versetzt sie in die Lage, eigene Interessen zu verfolgen, sich um unterschiedliche Partnerschaften und Übereinkünfte zu bemühen und dabei zugleich den Zusammenhalt und die Vitalität der ASEAN-Gemeinschaft zu wahren.

    Unsymmetrischer Freihandel

    Die Regionale umfassende Wirtschaftspartnerschaft (RCEP), die alle zehn ASEAN-Länder, China, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland umfasst, ist ein Paradebeispiel dafür. Sie repräsentiert rund ein Drittel des globalen BIP und ein Viertel des weltweiten Handels- und Investitionsvolumens insgesamt. Das macht die RCEP zur weltgrößten Freihandelszone. Ziel der RCEP ist es, durch Senkung der Zölle für 90 Prozent der Produktlinien eine größere Integration beim Handel zu erreichen.

    Die Umfassende und fortschrittliche Vereinbarung für eine Trans-Pazifische Partnerschaft (CPTPP; vormals als Trans-Pazifische Partnerschaft bezeichnet) ist ein weiteres Beispiel. Seit 2018 sind vier ASEAN-Länder – Singapur, Vietnam, Brunei und Malaysia – der CPTPP beigetreten, auf die rund 13 Prozent des globalen BIP entfallen und die darauf zielt, die Zölle für 98 Prozent der Produktlinien zu senken.

    Auch der Indo-Pazifik-Wirtschaftsrahmen für Wohlstand (IPEF), eine von der Biden-Regierung im Mai 2022 ins Leben gerufene Gruppierung, ist um die Förderung regionaler Partnerschaften bemüht. Doch wird die Übereinkunft als ausschließend und spaltend kritisiert. Neben den USA, Japan, Südkorea, Indien, Australien und Neuseeland sind sieben ASEAN-Länder dem IPEF beigetreten: Singapur, Thailand, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Vietnam und Brunei. Doch Kambodscha, Laos und Myanmar blieben außen vor.

    Derartige Ausschlüsse könnten die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den ASEAN-Mitgliedern verschärfen und die regionalen Spannungen erhöhen. Das könnte die Vorteile bestehender megaregionaler Handelsabkommen wie der RCEP zunichtemachen. Einige Kritiker haben argumentiert, dass der IPEF weitgehend symbolischer Art und an die US-Wähler gerichtet sei, statt wirksame politische Maßnahmen zugunsten der Mitglieder umzusetzen. In ähnlicher Weise sind vor kurzem Handelsminister aus der Indopazifik-Region in Detroit zusammengekommen, um eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der Lieferketten für wesentliche Güter wie Halbleiter und wichtige Mineralien zu diskutieren. Doch mangelt es der von ihnen erzielten Einigung an klaren, über eine Verringerung der Abhängigkeit von China hinausreichenden politischen Zielen.

    China übertrifft den Handel mit dem Westen bei weitem

    Da sie sich eine Entkoppelung von einer der beiden Seiten nicht leisten können, bringt die sich verschärfende Rivalität zwischen China und dem Westen die ASEAN-Länder in eine schwierige Lage. Der Handel zwischen den Mitgliedsstaaten des Blocks und Europa hat sich zwischen 2000 und 2022 von 111 Milliarden Dollar auf 342 Milliarden Dollar mehr als verdreifacht. In ähnlicher Weise ist der Handel der ASEAN mit den USA von 135 Milliarden Dollar auf 452 Milliarden Dollar gestiegen. Die ASEAN-Exporte in die USA haben sich im selben Zeitraum nahezu vervierfacht: von 88 Milliarden Dollar auf 357 Milliarden Dollar.

    Zugleich erreichte der Handel zwischen der ASEAN und China 2022 ein Volumen von 975 Milliarden Dollar, eine verblüffende Zunahme auf das 24-fache gegenüber dem Jahr 2000. Die Exporte der ASEAN-Länder nach China stiegen in diesem Zeitraum um den Faktor 18 von 22 Milliarden Dollar auf 408 Milliarden Dollar.

    Darüber hinaus sind Ostasien, die USA und die EU sämtlich wichtige Quellen ausländischer Direktinvestitionen in den ASEAN-Ländern. Im Jahr 2021 entfielen 33 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in der Region auf ostasiatische Länder, 22 Prozent auf die USA und 15 Prozent auf die EU.

    Angesichts der Tiefe dieser Wirtschaftsbeziehungen ist es zutiefst unfair, zu verlangen, dass die ASEAN-Länder sich von China abkoppeln. Es ist zudem kurzsichtig, weil eine derartige Entkoppelung die Handels- und Wirtschaftsentwicklung innerhalb des Blocks untergraben und in der gesamten Region die politische Instabilität anheizen würde. Aus dem Englischen von Jan Doolan

    Lili Yan Ing ist Generalsekretärin der International Economic Association und Chefberaterin am Economic Research Institute for ASEAN and East Asia für die Region Südostasien.

    Copyright: Project Syndicate, 2023

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    Personalien

    Lea Quadflieg ist seit April Senior Consultant bei der MPR China Certification GmbH für Automotive und Lebensmittel. Quadflieg war zuvor bereits zwei Jahre als Consultant ebenfalls bei MPR tätig.

    Felix Hagenmeyer ist seit Beginn des Monats Projektmanager für ADAS system China bei Mercedes-Benz in Sindelfingen. Hagenmeyer war zuvor auf verschiedenen Positionen für Mercedes in der Volksrepublik tätig.

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    Dessert

    Namaste, willkommen zum Welt-Yoga-Tag. Diese Yogis führen ihre Virabhadrasana-II-Übung im Lotus-Teich des Tiande-Park in Taizhou durch. Der 21. Juni ist seit 2015 internationaler Tag für den spirituell angehauchten Sport.

    China.Table Redaktion

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