Table.Briefing: China

Interview Marina Rudyak + Friedensplan aus Sicht des Südens

  • Marina Rudyak: Darum braucht China Russland
  • Die blockfreien Staaten mögen die 12 Punkte
  • CNN Team filmt Kampfjet-Zwischenfall
  • Neue Covestro-Fabrik in Zhuhai
  • Patentboom für Auto-Technik
  • Bulgarien zweifelt an Hikvision-Kameras
  • Heads: Karin Betz – Sinologin und DJ
  • Neuer Chef bei Ford in China
  • Zur Sprache über den Chauvi-Krebs
Liebe Leserin, lieber Leser,

das chinesische Papier für den Frieden in der Ukraine beschäftigte auch am Wochenende die Welt. Aus dem Westen kamen vornehmlich Skepsis und Kritik: China könne wegen seiner Nähe zu Russland kein ehrlicher Friedensmakler sein. Gerade in Europas Hauptstädten ist diese Ansicht weit verbreitet.

Ist das Papier also nutzlos? Aus chinesischer Sicht nicht. Die Sinologin Marina Rudyak erläutert im Interview mit Michael Radunski die Motive dahinter. China versucht durchaus, mäßigend auf Russland einzuwirken; es hat schließlich ein reales Interesse an einem Ende des Krieges und der zahlreichen Dilemmata, die damit für die eigene Politik verbunden sind.

Zugleich treibt Peking die Sorge vor einem Kollaps Russlands um. Eine völlige Abkehr von Moskau aber erwartet Rudyak daher nicht. Sie hält es jedoch für gleichermaßen unwahrscheinlich, dass China wirklich Waffen an Russland liefert, auch wenn es Ansätze dazu gegeben haben sollte.

Der wahre Adressat der 12-Punkte-Plans sitzt vielleicht nicht so sehr in Kiew oder Moskau, und auch nicht in Washington oder Brüssel. Es sind vielmehr all die Länder der zweiten Reihe, die das Machtgebaren der althergebrachten Großmächte leid sind. China trifft bei ihnen einen Nerv, wie Frank Sieren analysiert. Es lohnt sich für Peking also, sie zu umgarnen. Die blockfreien Staaten stellen heute die Mehrheit der Welt, sind wirtschaftlich stark – und China möchte sich an ihre Spitze setzen. Ob das gelingt, ist offen.

Wir wünschen Ihnen einen guten Start in die Woche.

Ihre
Christiane Kühl
Bild von Christiane  Kühl

Analyse

“Ohne Russland stünde China gegen die USA ganz alleine da”

Marina Rudyak zu Chinas Papier zur Ukraine
Marina Rudyak beschäftigt sich als Sinologin mit der Interpretation chinesischer Rhetorik.

China hat am Freitag seine mit Spannung erwartete “Position für eine politische Lösung der Ukraine-Krise” vorgelegt. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigen, positiven Punkte?

Positiv an Chinas Papier ist eindeutig die klare Absage an eine nukleare Eskalation. In den Punkten 7 und 8 stellt sich Peking gegen den Einsatz von Nuklearwaffen, wie übrigens auch gegen biologische und chemische Waffen. Auch lehnt Peking entschieden die Bombardierung von Atomanlagen ab. Das ist ein starkes Signal, zumal China selbst eine Nuklearmacht ist.

Was ist enttäuschend am vorliegenden Positionspapier?

China ist in seiner Rhetorik leider genau entlang seiner bisherigen Linien geblieben. So fordert man ein Ende der Feindseligkeiten. Das ist gut. Die Verantwortung dafür gibt China allerdings der Ukraine und Russland gleichermaßen. Damit fehlt wieder ein explizites Benennen der Tatsache, dass Russland die Grenzen eines souveränen Staates verletzt hat. Mehr noch: Die Verantwortung, die Bedingungen für Verhandlungen zu schaffen, liegt aus chinesischer Sicht beim Westen. China selbst geriert sich neutral. 

Chinas Papier stößt im Westen durchweg auf Skepsis. Auch Wolodymyr Selenskyj äußert sich vorsichtig. Der ukrainische Präsident sagt, er erkenne darin keinen Friedensplan, sei aber zu Gesprächen bereit.

Es ist nicht überraschend, dass derzeit fast alles aus China im Westen auf Skepsis stößt, weil Peking schlicht zu eng an Russlands Seite steht. Aber China hätte das ändern können.

Wie?

Wenn es sich tatsächlich als Mediator ins Spiel gebracht hätte. Nur tut China das leider nicht. Stattdessen benennt Peking schlicht, wofür und wogegen man ist. Leider hat China sich nicht angeboten, irgendeine konstruktive Rolle zu spielen.

Was hat es dann getan? Welche Ziele verfolgt China mit diesem Papier?

China will sich mit diesem Papier als Fürsprecher des globalen Südens positionieren. Es will zeigen, dass man sich der großen Anliegen Entwicklung und Sicherheit annimmt. Das spiegelt sich in den Forderungen nach Wiederaufnahme der ukrainischen Weizenexporte und der Sicherung der internationalen Lieferketten wider.

Was ist dann insgesamt von dem chinesischen Vorstoß zu halten?

Ich finde, es muss im Zusammenhang mit den beiden anderen Papieren gesehen werden, die in der gleichen Woche rausgekommen sind: Chinas Positionspapier gegen die globale US-Hegemonie und Chinas Papier zur Globalen Sicherheitsinitiative. Mit diesen Papieren geht es China vor allem um internationalen Status und ein Signal an den Global Süden, dass China eine “verantwortungsvolle Großmacht” ist. Man stellt sich gegen die USA und will sich gleichzeitig als globale Friedensmacht präsentieren.

Warum gelingt es China nicht, selbst in einem vermeintlichen Friedenspapier unparteiisch zu sein?

China befindet sich in einer extrem schwierigen Situation. In Peking hat man die Sorge, dass das Putin-Regime zusammenbrechen könnte. In diesem Fall müsste man fürchten, dass die nächsten Kräfte an der Spitze sehr viel schlimmer und weitaus unberechenbarer wären. Sollte die Ukraine gewinnen, dann fiele Russland als Verbündeter weg. Schlimmstenfalls würde Russland gar auseinanderbrechen – und dann hätte China ein ganz riesiges Problem an seinen Grenzen. Nicht zu vergessen, ohne Russland stünde China im Wettstreit mit den USA plötzlich ganz alleine da.

Soll das heißen, China kann gar nicht anders als mit Russland zu paktieren?

Nein, man könnte durchaus anders. Aber China übersieht bei all dem Europa. Peking glaubt ja, dass Europa keine Autonomie besitze, sondern lediglich ein Anhängsel der USA sei. Dadurch verkennt Peking, dass ein positives Einwirken auf den Ukrainekrieg massive Pluspunkte bei der EU einbringen würde. Stattdessen nimmt man zynisch in Kauf, dass die Kampfhandlungen in der Ukraine weitergehen und so die Aufmerksamkeit der USA gebunden ist. 

Aber ein Ende des Krieges müsste ja nicht zwangsläufig das Ende Putins bedeuten. Gerade China könnte versuchen, Putin einen gesichtswahrenden Ausweg aufzuzeigen. Nur, dafür müsste man kritisch mit ihm reden.

Ich glaube, das versucht China tatsächlich. Es ist auffällig, dass China in seinem Papier nicht das sofortige Ende des Krieges fordert, sondern dass die Parteien Verhandlungen aufnehmen sollen. China fordert also einen langsamen Prozess, aus Rücksichtnahme auf Putin.

Was steckt dahinter?

Das wäre nun Kaffeesatzleserei, aber was wir wissen ist: Wang Yi ist nach Moskau gereist, und zwar sicher mit irgendeiner Art Mediationsangebot. Vermutlich ist Russland darauf nicht eingestiegen. Zumindest wäre so zu erklären, dass es nur ein Positionspapier mit bekannten Positionen gab, und nicht – wie eigentlich erwartet – eine Initiative von Xi Jinping persönlich. Was auch dafür spricht, ist die russische Presseerklärung, die auf das Positionspapier folgte. Da blieb Russland bei seiner Linie, dass die Bedingung für Verhandlungen eine “Denazifizierung” und volle Neutralität der Ukraine sein.

Fast gleichzeitig zu Chinas Friedensinitiative kursieren Berichte über mögliche Waffenlieferungen an Russland. Wie passt das alles zusammen?

Schwierige Frage, gut möglich aber, dass hier einige Militärs in der Volksbefreiungsarmee die Vorgaben aus der Zentrale etwas zu kreativ ausgelegt haben.

Ohne Xis Wissen?

Ja. Sowohl der Zwischenfall um den Ballon als auch die angeblichen Waffenlieferungen an Russland machen nicht den Anschein, von der Zentrale abgesegnet worden zu sein. Auch wenn es anders wirkt, Chinas politisches System ist fragmentiert, und oft bekommt Peking solche Sachen erst aus der westlichen Presse mit. Aber ich glaube, im Militär dachte man, über Mittelsmänner und Tarnfirmen bekomme man das alles schon irgendwie hin.

Spätestens jetzt wird es Xi wissen. Was wird er machen?

Die Leute wurden sicher bereits zurückgepfiffen.

Kommen wir nochmals zurück zum chinesischen Friedenspapier. Wie sollte man nun auf Chinas Vorstoß reagieren?

Man muss weiter darauf drängen, dass China konstruktiven Einfluss auf Russland nimmt, dass es auf Russland einwirken muss, die Kampfhandlungen zu beenden.

Das heißt, so enttäuschend das Papier auch sein mag, man sollte es als Ausgangspunkt nehmen, um China zu weiteren Schritten zu drängen?

Man sollte dieses Papier ernst nehmen und China klar sagen: Das ist nicht genug. Es reicht nicht, dass China sich selbst positioniert und andere anmahnt, sich konstruktiv einzubringen. China muss sich selbst endlich konstruktiv einbringen.

Wie könnte man China locken? Was ist drin für Peking?

Europa muss klarmachen, dass eine chinesische Vermittlung einen großen, sehr positiven Beitrag auf die aktuell angespannten EU-China-Beziehungen leisten würde. Denn das ist etwas, was China unbedingt erreichen will.

Marina Rudyak ist Sinologin und derzeit Vertretungsprofessorin für Chinas Gesellschaft und Wirtschaft an der Universität Göttingen.

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Die 12 Punkte haben auch Fans

Die Globale Sicherheits-Initiative (GSI) und das 12-Punkte-Papier zur Ukraine entspringen dem gleichen strategischen Geist. Sie sind Anzeichen für Chinas übergeordnetes Kalkül, zum Kristallisationspunkt für die Interessen all jener Staaten zu werden, die der Agenda von USA und EU nicht folgen wollen – und auch keinen Nutzen daraus ziehen, es zu tun.

Die sogenannten blockfreien Staaten stellen heute die Mehrheit der Welt, sind wirtschaftlich stark und fordern die Minderheit des Westens heraus. China und auch das seit Jahrzehnten blockfreie Indien locken ihre Partner trotz aller Differenzen miteinander mit der Aussicht, dass der globale Süden selbst künftig gemeinsam entscheiden kann, was richtig und was falsch ist.

Einigkeit gegen Russland ist eine Illusion

Der Westen mahnt hingegen, die internationale Weltordnung werde angegriffen, und da müssten alle gegen Russland zusammenhalten. Zuletzt wiederholte die US-Zentralbankchefin Janet Yellen diese Position am vergangenen Wochenende auf dem G20-Treffen. Die Antwort der Aufsteiger: Das ist nicht unsere Weltordnung, nicht unser Krieg.

Das zeigte sich bei der jüngsten Abstimmung der Uno-Vollversammlung über den Krieg. Zwar forderte eine Mehrheit der Länder erwartungsgemäß einen Rückzug Russlands aus der Ukraine. Doch die zweite Abstimmung des Tages offenbarte eine zweite Wahrheit dahinter. Die Staatengemeinschaft lehnte gemeinsame Sanktionen gegen Russland ab. Über 170 von 193 UN-Nationen ziehen bei den Wünschen des Westens nicht mit.

Die Spaltung vertieft sich

Nur rund 15 Prozent der Weltbevölkerung, die 45 Prozent der Wirtschaftskraft vertreten (Nato plus Japan und zum Teil Südkorea), haben Sanktionen gegen Russland verhängt. 84 Prozent der Weltbevölkerung mit 55 Prozent der Wirtschaftskraft halten nichts davon. “Die Spaltung vertieft sich”, stellte die New York Times am vergangenen Wochenende ernüchtert fest. Diese Situation weiß China für sich zu nutzen.

Das Mittel dazu ist zunächst die GSI. 80 Länder und Organisationen unterstützten sie, sagt Peking. Das erscheint nicht übertrieben. Im Zentrum dieser Bewegung stehen Hand in Hand die Diktatur China und die Demokratie Indien. Beide haben sich bei der UN-Abstimmung enthalten.

Nun kommt zusätzlich das Pekinger 12-Punkte-Papier für die Ukraine ins Spiel. Es mag viele Beobachtenden im Westen enttäuscht haben. Doch viel mehr war realistischerweise gar nicht zu erwarten. “Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht”, lautet ein chinesisches Sprichwort. 

Die Forderung nach Waffenstillstand und Gesprächen ohne Voraussetzungen ist bei jener Mehrheit von Ländern, an deren Spitze China sich setzen will, enorm populär. Während der Friedensplan im Westen als große Enttäuschung gilt, spricht er vielen Ländern aus der Seele. Der Westen und Kiew hingegen fordern den völligen Rückzug Russlands aus der Ukraine als Voraussetzung für Friedensgespräche.

Die aufsteigenden Länder unter der Führung Chinas jedenfalls betonen eines: Wir haben keinen Zeitdruck. Der Krieg ist weit weg. Im G20-Abschlussdokument ist denn auch nur von “dem Krieg in der Ukraine”, den “die meisten Mitglieder verurteilen” die Rede sowie “den unterschiedlichen Positionen” zur UN-Resolution. Klar ist: Die westliche Haltung lässt sich in den G20 erst einmal nicht mehr durchsetzen.

Die aufsteigenden Länder, die die GSI unterstützen, haben eben einen anderen Blick auf die Welt als der Westen: Da war erst die Zeit des unerbittlichen Kolonialismus der Europäer, vor allem des British Empire. Gefolgt vom Ringen um die Weltherrschaft von Sowjetunion und USA im Kalten Krieg. Danach kamen die auch militärischen Alleingänge der USA als mächtigste Macht der Welt ab den 1990er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Und nun Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Für die aufsteigenden Länder sind all das ähnliche Muster.

Peking muss enorme Abstimmungsarbeit leisten

Es stellt sich die Frage, ob die neue Welt so übersichtlich ist, wie Peking das vielleicht gerne hätte. Die blockfreien Staaten sind eben genau das: blockfrei – und wollen sich auch von Peking nicht bevormunden lassen. Solange Peking mit Angeboten kommt, die einen Nerv treffen, sind sie an Bord. In anderen Situationen werden sie nach Gutdünken wieder ausscheren.

Hier zeigen sich die Nachteile der aktuellen Initiativen und der chinesischen Strategie, Stimme der blockfreien Staaten sein zu wollen:

  • Die vielen Länder mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und Entwicklungsständen sind schwierig zu managen. Das erfordert sehr viel mehr Abstimmung und Kompromissbereitschaft und kostet Zeit.
  • China hat wenig Erfahrung als Vermittler auf der globalen Bühne. Peking agiert wie eine Schildkröte in neuem Terrain: Sie geht langsam und bleibt im Zweifel stehen und zieht den Kopf ein.
  • Die hegemonialen Züge Chinas im Südchinesischen Meer und in Bezug auf Taiwan fallen der neuen Initiative folgend nicht unter zwischenstaatliche Auseinandersetzungen, sondern unter den Schutz der territorialen Integrität. Diese Umdeutung der Verhältnisse werden Chinas Nachbarn kaum akzeptieren.  
  • Militärisch ist die Minderheit des Westens immer noch viel stärker. Zwar wäre ein Krieg gegen China, die Führungsmacht der Aufsteiger, ein Katastrophenszenario, das niemand will. Doch in der aktuellen Realität haben die USA noch die Oberhand.  
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News

Lukaschenko reist nach Peking

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko wird nach Angaben des chinesischen Außenministeriums am morgigen Dienstag zu einem Staatsbesuch nach Peking reisen. Er werde auf Einladung von Chinas Staatschef Xi Jinping vom 28. Februar bis zum 2. März in China sein, kündigte Außenamtssprecherin Hua Chunying an.

Es wird erwartet, dass Lukaschenko, ein treuer Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Pekings 12-Punkte-Positionspapier zum Ukraine-Krieg unterstützt. Seit Ende 2021 befinden sich russische Truppen in Belarus; Teile der russischen Angriffe auf Kiew starteten von belarussischem Gebiet aus. Lukaschenko selbst geht es in Peking nach Medienberichten um eine Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit seines Landes mit China. ck

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Kampfjet verfolgt US-Jet mit TV-Team an Bord

Ein Team des US-Fernsehsenders CNN ist unfreiwillig Zeuge eines Zwischenfalls zwischen einem US-amerikanischen und einem chinesischen Kampfjet über dem Südchinesischen Meer geworden. Der US-Jet befand sich mit den Reportern an Bord rund 30 Seemeilen von der Paracel-Inselgruppe enfernt, als er über Funk eine Warnung empfing: “Amerikanisches Flugzeug. Der chinesische Luftraum umfasst 12 Seemeilen. Nähern Sie sich nicht weiter oder Sie tragen die volle Verantwortung.”

Danach sei neben dem US-Flugzeug ein mit Luft-Luft-Raketen bewaffneter chinesischer Kampfjet aufgetaucht und habe sie an Backbord phasenweise nur gut 150 Meter entfernt eskortiert, berichten die Journalisten, die den Vorfall auch filmten. Sie konnten nach eigenen Angaben sehen, wie die Piloten zu ihnen herüberschauten. 

“PLA-Kampfflugzeug, hier ist US Navy P-8A”, funkte die Pilotin des US-Jets zurück. “Ich habe Sie an meinem linken Flügel und beabsichtige, nach Westen zu fliegen. Ich bitte Sie, dasselbe zu tun, over.” Die Chinesen hätten nicht geantwortet und das US-Flugzeug 15 weitere Minuten begleitet, bevor sie abdrehten. Der Vorfall ist offenbar nichts Besonderes in diesen Zeiten. “Ich würde sagen, es ist ein ganz normaler Freitagnachmittag über dem Südchinesischen Meer”, sagte der zuständige Marine-Commander Marc Hines dem CNN-Team. Die Paracel-Inselgruppe zählt 130 kleine Koralleninseln und Riffe, verteilt über 15.000 km² Seefläche und ist zwischen China, Vietnam und Taiwan umstritten. Peking kontrolliert die Inseln de facto. ck

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Covestro baut Plastikfabrik in Zhuhai

Der deutsche Chemiekonzern Covestro will im südchinesischen Zhuhai eine Fabrik für Thermoplastische Polyurethane (TPU) errichten. Die Anlage werde Investitionen “im niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich” verlangen und nach ihrer Fertigstellung die größte TPU-Fabrik des Konzerns sein. Wie Covestro mitteilte, erfolgt der Bau in drei Phasen. Die erste Phase werde 2025 fertiggestellt, die letzte 2033 an den Start gehen. Dann solle die Kapazität 120.000 Tonnen TPU pro Jahr betragen. TPU ist ein Kunstoffmaterial, das in verschiedenen Gebrauchsgütern eingesetzt wird, darunter laut Covestro etwa für Sohlen von Sportschuhen, Handygehäuse, sowie Teilen von IT-Geräten oder Automobilen.

Der neue Standort entsteht in der Zhuhai Gaolan Port Economic Development Zone in der Provinz Guangdong und wird eine Fläche von 45.000 Quadratmetern umfassen. Dazu soll auch ein Innovtationszentrum gehören. “Mit dieser neuen Anlage für TPU wollen wir das erwartete schnelle und hohe Marktwachstum des TPU-Marktes weltweit und insbesondere in Asien und China nutzen”, zitierte das Unternehmen Chief Customer Officer (CCO) Sucheta Govil. ck

  • Industrie

Mehr Patente für Autotechnik angemeldet

Im Jahr 2022 ist die Zahl der veröffentlichten Patente in Chinas Autosektor stark gestiegen. Grund dafür sei vor allem der verschärfte Wettbewerb bei der Entwicklung von Technologien für Elektrofahrzeuge und vernetzte Autos, berichtete Caixin am Freitag. Demnach wurden rund 362.200 Patente im Zusammenhang mit der Automobilindustrie veröffentlicht, 13 Prozent mehr als 2021, schreibt das Finanzmagazin unter Berufung auf Daten des China Automobile IP Utilization Promotion Center (CAIPUPC). Die Zahl der Patente im Elektro-Segment legte um den gleichen Wert zu und hatte mit 21,4 Prozent den größten Anteil an der Gesamtzahl.

Der weltgrößte Batteriehersteller Contemporary Amperex Technology (CATL) forscht besonders eifrig. Er meldete mit 1.205 Patenten 268 Prozent mehr an als im Vorjahr. In diesem Segment liegt CATL damit laut Caixin auf Rang eins. Im Vorjahr hatte CATL noch den vierten Platz in diesem Ranking inne. Die Konkurrenten SVOLT liegt mit 1.049 Patenten auf Rang zwei. Der südkoreanische Riese LG hat seine Forschungstätigkeit in China derweil massiv ausgeweitet, was sich an einem starken Anstieg der Patentanmeldungen zeigt. ck

  • Autoindustrie
  • CATL
  • Elektromobilität
  • Patente
  • Technologie

Bulgarien debattiert über Hikvision-Kameras

Chinesische Überwachungskameras kommen nun auch in Bulgarien in die Kritik. Der Parlamentsabgeordnete Bozhidar Bojanov der oppositionellen Demokratischen Partei Bulgariens hat angekündigt, die Staatliche Agentur für Nationale Sicherheit um eine Überprüfung neuer Überwachungskameras der Firma Hikvison im öffentlichen Nahverkehr der Hauptstadt Sofia zu bitten. “Durch chinesische und russische Technologie, die potenziell kompromittiert werden kann, können strategische Aktivitäten – der öffentliche Verkehr in der Hauptstadt – negativ beeinflusst werden”, zitierte der Sender Radio Free Europe Bojanovs Blog.

Die Kontroverse in Bulgarien konzentriert sich nach dem Bericht auf Schwachstellen der Hikvision-Kameras sowie Bedenken wegen mangelnder Aufsicht bei der Beschaffung der Kameras, die seit 2020 in Betrieb sind. Der Verkehrsbetrieb antwortete auf Anfrage von Radio Free Europe, dass es nicht das Recht habe, bei Verträgen Einschränkungen oder Anforderungen in Bezug auf das Herkunftsland oder bestimmte Marken für Gerätehersteller festzulegen. Das Konsortium hat sich nach eigenen Angaben von “Bedürfnissen, Zuverlässigkeit und Sicherheit” leiten lassen und nicht vom Herkunftsland oder der Marke.

Hikvision ist der weltweit größte Hersteller von Videoüberwachungsanlagen. Das Unternehmen steht wegen seiner Verbindungen zum chinesischen Militär und seiner Rolle bei der Entwicklung einer speziellen Technologie zur Überwachung und Verfolgung von Uiguren und anderen Minderheiten in Xinjiang in einigen Ländern in der Kritik. Die USA erließen Sanktionen gegen das Unternehmen.In der EU gibt es keine offiziellen Beschränkungen für Hikvision, aber das Europäische Parlament hat von dem Unternehmen hergestellte Geräte aus seinen Gebäuden entfernt. Auch gab es Kritik wegen laxen Datenschutzes und von Forschern entdeckter Pannen bei Hikvision-Kameras unter die Lupe genommen. ck

  • Hikvision
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Presseschau

Heads

Karin Betz – Übersetzerin und Tänzerin

Karin Betz ist Sinologin, Übersetzerin, Tänzerin und DJ.
Karin Betz ist Sinologin, Übersetzerin, Tänzerin und DJ.

“Beim Übersetzen fließen alles Wissen und alle Lebenserfahrung mit ein”, sagt Karin Betz. Ihr Beruf: Sie überträgt chinesische Literatur ins Deutsche. Sie hat dem deutschen Publikum bereits bedeutende Arbeiten von Liu Cixin, Liao Yiwu und des chinesischen Literaturpreisträgers Mo Yan zugänglich gemacht.

Dass chinesische Literatur sich in Deutschland bislang schwertut, liegt aus ihrer Sicht an den Erwartungen der deutschen Leserschaft, die häufig in Schubladen denkt. “Chinesische Literatur soll entweder politisch sein, im Sinne von regierungskritisch, oder esoterisch oder möglichst chinesisch klingen”, sagt sie. “Einfach nur als Literatur gelesen wird sie nicht.”

Erschwerend komme hinzu, dass die chinesische Zensur einige spannende Themen zurückhalte und modernen Autoren die Förderung verweigere. “Autoren sind, bevor sie erfolgreich werden, auf staatliche Förderung angewiesen. Wenn die ausbleibt, werden bestimmte Stimmen nicht gehört.”

China durch Reisen erschlossen

Betz hat Sinologie, Philosophie und Politik in Frankfurt am Main, Chengdu und Tokio studiert. Während ihrer ersten China-Aufenthalte reiste sie Anfang der 1990er-Jahre allein mit dem Zug durchs Land – auch in abgelegene Regionen, nach Xinjiang, Tibet und in die Innere Mongolei. “Das bewusste und langsame Kennenlernen der großen Unterschiede in diesem Land, ethnisch, geografisch, politisch und wirtschaftlich, aber auch sprachlich, war für mich entscheidend”, sagt sie rückblickend.

Nach dem Magister arbeitete Betz in verschiedenen beruflichen Positionen, auch in Japan. Anders als die Arbeit im internationalen Austausch und in der Wirtschaft empfand sie den Hochschulbetrieb eher als einengend: “Da herrscht nach meiner Erfahrung leider immer noch zu viel Fachidiotie statt Synergie”, sagt sie – und ist stattdessen lieber ihren eigenen Weg gegangen. Als jüngstes von fünf Geschwistern hatte sie den nötigen Schneid längst im Gepäck.

Tanzen als Übersetzerhandwerk

Aktuell arbeitet Betz an einer Übersetzung poetischer Miniaturen über Katzen von Yu Youyou, einer jungen Dichterin aus Sichuan. Gleichzeitig beschäftigt sie sich mit einem komplexen Science-Fiction-Roman von Han Song.

Um in ihrer Arbeit erfolgreich zu sein, gehört für sie die Beschäftigung mit anderen Künsten dazu. Seit mehr als 20 Jahren tanzt Betz Tango Argentino und legt als DJ auf. “Es gehört zu meinem Handwerk”, erklärt sie. “Dabei geht es nicht nur um Wissen, sondern auch um Emotionen. Tanz und Bewegung sind eine wunderbare Schule für Empathie, Intuition und Fantasie.” Svenja Napp

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Personalien

Sam Wu wird neuer Leiter des China-Geschäfts des US-Autokonzerns Ford. Wu soll am 1. März von seiner derzeitigen Position als Geschäftsführer und Chief Operating Officer in die Rolle des Präsidenten und Chief Executive aufsteigen, teilte Ford mit. Wu folgt Anning Chen nach, der am 1. Oktober aus dem Unternehmen ausscheidet.

Die Nobel Sustainability Trust Foundation hat Chinas Klima-Sondergesandten Xie Zhenhua als einen von drei Preisträgern mit ihrem Nachhaltigkeitspreis auszgezeichnet. Die von vier Mitgliedern der Nobel-Familie geführte Stiftung begründete die Ehrung mit Xies Beitrag zum Klimaschutz und zum Aufbau globaler Kooperationen für nachhaltige Entwicklung. Xie Zhenhua hatte China auf mehreren COP-Klimakonferenzen vertreten.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Zur Sprache

Chauvi-Cancer

直男癌 – zhínán’ái – Chauvi-Cancer

Sie finden Frauen gehören hinter den heimischen Herd und nicht in den Hörsaal? Heiße Hotpants und dreiste Dekolletés provozieren doch selbst prüdeste Männerseelen und ihre Trägerinnen tragen daher selbst die Verantwortung für alle Konsequenzen? MeToo ist für Sie eine Mache des Mephisto und ein Task für den Teufelsaustreiber? Dann seien Sie jetzt bitte ganz tapfer. Denn Ihre Diagnose lautet: Chauvi-Cancer, leider im Endstadium. 

Aber jetzt noch einmal ganz langsam, zum Mitschreiben: 直男癌 zhínán’ái – “straight man cancer” – das ist der Befund, den sich Chines:innen neuerdings kopfschüttelnd zuraunen, wann immer sie auf unverbesserliche Machos und Sexisten treffen. Die Wortneuschöpfung setzt sich zusammen aus dem Zeichen für “Krebs” (癌 ái, in der Langform 癌症 áizhèng) und dem chinesischen Ausdruck für “heterosexueller Mann” (直男 zhínán). Letzterer ist wiederum wörtlich dem englischen “straight man” entlehnt, denn 直 zhí bedeutet “gerade, nicht gekrümmt”. Das Gegenteil ist in der chinesischen Umgangssprache folgerichtig ein “gebogener” oder “krummer Mann” (wie im Englischen “bent man”), nämlich der 弯男 wānnán, also ein “homosexueller Mann”. 

Aber zurück zum Macho-Malignom. Dieses wuchert nach Meinung chinesischer Feministinnen (女权主义者 nǚquán zhǔyìzhě) in Männerbirnen, die argumentativ nicht mehr zugänglich und somit “nicht mehr zu retten sind” (auf Chinesisch: 没救 méi jiù). Die Krebsmetapher passt dabei bestens zu einem bereits gut eingebürgerten Sprachrezept. Nämlich der Schimpffloskel 你有病!Nǐ yǒu bìng! – “Du hast eine Krankheit!”. Das ist Chinas Pendant für “Du hast doch nicht mehr alle Tassen im Schrank” oder “Du bist ein Fall für die Klapse”. Im genannten Fall krankt der Patient eben an Chauvinisten-Cancer. Symptome: eine extrem sexistische Einstellung gepaart mit einem übersteigerten Männlichkeitsgefühl. 

Das geistige Pascha-Geschwulst hat dabei einiges mit der Medizinmetapher gemein (zumindest in den Augen der Verwender:innen des Kampfbegriffes). So wuchern Macho-Malignome hartnäckig und unkontrolliert, streuen kräftig in alle Denk- und Lebensbereiche und sind unter Y-Chromosom-Trägern eine vermeintliche Volkskrankheit. Heilungsversuche durch feministische Social-Media-Strahlungstherapie führen leider selten zum gewünschten Erfolg. Im Gegenteil: In China schienen sie die Bildung bösartiger Männlichkeitsmetastasen und den “Genderkrieg” nur noch weiter zu befeuern. Im Netz holte Chinas Macho-Männerwelt (大男子 dànánzǐ “Macho, Chauvinist”) nämlich verbal zum Gegenschlag aus und prägte das Gegenschlagwort des “feminist cancer” (女权癌 nǚquán’ái), das chinesische Äquivalent zum englischen “Feminazi”, ein Kofferwort aus “feminist” und “Nazi”. 

Wer sich in die Debatte zu sehr hineinsteigert, läuft – unabhängig vom Chromosomentyp – übrigens Gefahr, sich noch mit einer anderen chronischen Malaise zu infizieren: Männer- oder Frauenhass. Im chinesischen Internetjargon ist auch dieser linguistisch pathologisiert, nämlich als “Männer-” beziehungsweise “Frauenhasssyndrom” (厌男症yànnánzhèng / 厌女症 yànnǚzhèng). 

Aber wenn wir schon mal dabei sind, klopfen wir doch enthusiastisch den Staub aus den Polstern und schauen, welche Männerexemplare potenziell noch so auf unserer sprachlichen Therapiecouch Platz nehmen könnten. Denn die chinesische Internetsprache hat in den letzten Jahren eine umfassende Typen-Typologie mit kreativen Gattungsbezeichnungen entwickelt. Im Folgenden eine Auswahl der begrifflichen Herren-Highlights:      

1. 普信男 pǔxìnnán – der selbstbewusste Normalo 

Diese Typenbezeichnung wurde von der feministischen Stand-up-Komödiantin Yang Li (杨笠 Yáng Lì) (Hier Link zur Kolumne Tuokouxiu einfügen) geprägt und hat sich mittlerweile zu einem festen sprachlichen Label etabliert. Gemeint sind Selbstbewusstseinsbolzen, die letztlich nichts auf dem Kasten haben. Große Klappe, wenig dahinter also. Ganz wie der chinesische Begriff schon sagt: ein “stinknormaler” (普 pǔ von 普通 pǔtōng “gewöhnlich, mittelmäßig”) aber “superselbstsicherer” (信 xìn von 自信 zìxìn “selbstbewusst”) Mann (男 nán).   

2. 妈宝男 mābǎonán – das Muttersöhnchen 

Mama ist die Beste, hat immer recht und verwöhnt im Gegenzug ihren Sprössling nach Strich und Faden bis ins Erwachsenenalter? Diese Beschreibung trifft eins zu eins auf unser Muttersöhnchen zu, auf Neuchinesisch leicht abgewandelt zum “Mamaschätzchen” (妈宝 mābǎo – von 妈 mā “Mama” und 宝 bǎo “Schatz, Schätzchen”). 

3. 凤凰男 fènghuángnán – der Phönixmann 

Er ist “aus der Asche emporgestiegen” und hat es im Erwachsenenalter zu Glanz und Gloria gebracht – der Phönixmann (von 凤凰 fènghuáng “Phönix”). So nennt man in China Männer, die sich aus einfachen bis ärmlichen Verhältnissen durch Köpfchen, zähen Fleiß und gute Schulbildung mühsam emporgearbeitet und die sich später bis in die Dachgiebel der Metropolenwolkenkratzer aufgeschwungen haben. Leider holt diese Herren die Erinnerung aus dem Hühnerstall der Vergangenheit allzu oft ein, und zwar in Form von Minderwertigkeitskomplexen. Und diese versuchen sie dann durch mannigfaltige Marotten zwanghaft zu kompensieren oder zu übertünchen, beruflich wie privat. Auch hier also ein klarer Fall für die Männercouch. 

4. 软饭男 ruǎnfànnán – der Softreis-Gigolo 

Dieser Beau nutzt seinen Charme, um betuchte Ladies um den Finger zu wickeln und sich von ihnen durchfüttern zu lassen. Auf Chinesisch heißt das “weichen Reis essen” (吃软饭 chī ruǎnfàn). Wir haben es also mit einem opportunistischen und fügsamen “Softreis-Gigolo” (软饭男 ruǎnfànnán) zu tun. 

5. 甘蔗男 gānzhènán – der Zuckerrohr-Rowdy  

Diesem Zuckerstück sollten Sie nicht auf den Leim gehen! Der Zuckerrohr-Rowdy gibt sich zwar als Softie – auf Chinesisch streng genommen eigentlich als “Warmie” (暖男 nuǎnnán für “Softie, Frauenversteher”). Tatsächlich aber hat er es faustdick hinter den Ohren und ist ein waschechter “Krümelmann” (渣男 zhānán) (Hier Link zur Kolumne zhanan einfügen), ein untreues Charakterschwein also. Und was hat das mit Zuckerrohr (甘蔗 gānzhè) zu tun? Nun, wer schon einmal an frischen Zuckerrohrstauden gekaut hat – in China ein beliebter Sommerstraßensnack – der weiß ein Lied davon zu singen: am Anfang sind die Bissen süß und saftig, doch am Schluss verbleiben nur noch krümelige, ungenießbare Fasern im Mund, die es bei nächster Gelegenheit auszuspeien gilt. 

6. 画饼男 huàbǐngnán – der Kekskünstlerkerl   

Und zu guter Letzt: der Kekskünstlerkerl. Hochzeit, Auto, Wohnung – dieser Bursche verspricht Bellas das Blaue vom Himmel. Am Schluss stellen sich alle Lockrufe aber nur als Luftschlösser heraus, weil der Möchtegern-Macker seine Versprechen gar nicht einlösen kann. Auf Chinesisch nennt man solche leeren Versprechungen und unrealistischen Hoffnungen “einen Kuchen malen” (auch: einen Kecks oder ein Fladenbrot zeichnen – 画饼 huàbǐng). Der entsprechende Männertyp wurde deshalb von der Netzgemeinde “Kuchenmalmacker” oder “Kekskünstlerkerl” – sprich 画饼男 huàbǐngnán – getauft. Auch in Anlehnung an das alte chinesische Sprichwort 画饼充饥 huàbǐng-chōngjī “mit gemalten Fladen den Hunger stillen” – auf gut Deutsch: sich zum Trost selbst etwas vormachen. 

Und welche Typen toben so durch Ihren Kollegen- oder Bekanntenkreis? Es fehlt Ihnen jetzt sicher noch eine weibliche Wesenstypologie als Handbuch. Auch die ließe sich natürlich auf Chinesisch erstellen – aber das ist ein Fall für eine weitere Sprachkolumne. 

Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.

Korrektur

In China.Table Nummer 529 vom vergangenen Freitag waren zwei Zahlen in der Grafik zum Seidenstraßen-Handel vertauscht. Saudi-Arabien ist mit 30 Milliarden US-Dollar der wichtigste Empfänger von Investitionen, Russland kommt mit 15 Milliarden erst auf Platz zwei.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Bulgarien zweifelt an Hikvision-Kameras
    • Heads: Karin Betz – Sinologin und DJ
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    • Zur Sprache über den Chauvi-Krebs
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    das chinesische Papier für den Frieden in der Ukraine beschäftigte auch am Wochenende die Welt. Aus dem Westen kamen vornehmlich Skepsis und Kritik: China könne wegen seiner Nähe zu Russland kein ehrlicher Friedensmakler sein. Gerade in Europas Hauptstädten ist diese Ansicht weit verbreitet.

    Ist das Papier also nutzlos? Aus chinesischer Sicht nicht. Die Sinologin Marina Rudyak erläutert im Interview mit Michael Radunski die Motive dahinter. China versucht durchaus, mäßigend auf Russland einzuwirken; es hat schließlich ein reales Interesse an einem Ende des Krieges und der zahlreichen Dilemmata, die damit für die eigene Politik verbunden sind.

    Zugleich treibt Peking die Sorge vor einem Kollaps Russlands um. Eine völlige Abkehr von Moskau aber erwartet Rudyak daher nicht. Sie hält es jedoch für gleichermaßen unwahrscheinlich, dass China wirklich Waffen an Russland liefert, auch wenn es Ansätze dazu gegeben haben sollte.

    Der wahre Adressat der 12-Punkte-Plans sitzt vielleicht nicht so sehr in Kiew oder Moskau, und auch nicht in Washington oder Brüssel. Es sind vielmehr all die Länder der zweiten Reihe, die das Machtgebaren der althergebrachten Großmächte leid sind. China trifft bei ihnen einen Nerv, wie Frank Sieren analysiert. Es lohnt sich für Peking also, sie zu umgarnen. Die blockfreien Staaten stellen heute die Mehrheit der Welt, sind wirtschaftlich stark – und China möchte sich an ihre Spitze setzen. Ob das gelingt, ist offen.

    Wir wünschen Ihnen einen guten Start in die Woche.

    Ihre
    Christiane Kühl
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    Analyse

    “Ohne Russland stünde China gegen die USA ganz alleine da”

    Marina Rudyak zu Chinas Papier zur Ukraine
    Marina Rudyak beschäftigt sich als Sinologin mit der Interpretation chinesischer Rhetorik.

    China hat am Freitag seine mit Spannung erwartete “Position für eine politische Lösung der Ukraine-Krise” vorgelegt. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigen, positiven Punkte?

    Positiv an Chinas Papier ist eindeutig die klare Absage an eine nukleare Eskalation. In den Punkten 7 und 8 stellt sich Peking gegen den Einsatz von Nuklearwaffen, wie übrigens auch gegen biologische und chemische Waffen. Auch lehnt Peking entschieden die Bombardierung von Atomanlagen ab. Das ist ein starkes Signal, zumal China selbst eine Nuklearmacht ist.

    Was ist enttäuschend am vorliegenden Positionspapier?

    China ist in seiner Rhetorik leider genau entlang seiner bisherigen Linien geblieben. So fordert man ein Ende der Feindseligkeiten. Das ist gut. Die Verantwortung dafür gibt China allerdings der Ukraine und Russland gleichermaßen. Damit fehlt wieder ein explizites Benennen der Tatsache, dass Russland die Grenzen eines souveränen Staates verletzt hat. Mehr noch: Die Verantwortung, die Bedingungen für Verhandlungen zu schaffen, liegt aus chinesischer Sicht beim Westen. China selbst geriert sich neutral. 

    Chinas Papier stößt im Westen durchweg auf Skepsis. Auch Wolodymyr Selenskyj äußert sich vorsichtig. Der ukrainische Präsident sagt, er erkenne darin keinen Friedensplan, sei aber zu Gesprächen bereit.

    Es ist nicht überraschend, dass derzeit fast alles aus China im Westen auf Skepsis stößt, weil Peking schlicht zu eng an Russlands Seite steht. Aber China hätte das ändern können.

    Wie?

    Wenn es sich tatsächlich als Mediator ins Spiel gebracht hätte. Nur tut China das leider nicht. Stattdessen benennt Peking schlicht, wofür und wogegen man ist. Leider hat China sich nicht angeboten, irgendeine konstruktive Rolle zu spielen.

    Was hat es dann getan? Welche Ziele verfolgt China mit diesem Papier?

    China will sich mit diesem Papier als Fürsprecher des globalen Südens positionieren. Es will zeigen, dass man sich der großen Anliegen Entwicklung und Sicherheit annimmt. Das spiegelt sich in den Forderungen nach Wiederaufnahme der ukrainischen Weizenexporte und der Sicherung der internationalen Lieferketten wider.

    Was ist dann insgesamt von dem chinesischen Vorstoß zu halten?

    Ich finde, es muss im Zusammenhang mit den beiden anderen Papieren gesehen werden, die in der gleichen Woche rausgekommen sind: Chinas Positionspapier gegen die globale US-Hegemonie und Chinas Papier zur Globalen Sicherheitsinitiative. Mit diesen Papieren geht es China vor allem um internationalen Status und ein Signal an den Global Süden, dass China eine “verantwortungsvolle Großmacht” ist. Man stellt sich gegen die USA und will sich gleichzeitig als globale Friedensmacht präsentieren.

    Warum gelingt es China nicht, selbst in einem vermeintlichen Friedenspapier unparteiisch zu sein?

    China befindet sich in einer extrem schwierigen Situation. In Peking hat man die Sorge, dass das Putin-Regime zusammenbrechen könnte. In diesem Fall müsste man fürchten, dass die nächsten Kräfte an der Spitze sehr viel schlimmer und weitaus unberechenbarer wären. Sollte die Ukraine gewinnen, dann fiele Russland als Verbündeter weg. Schlimmstenfalls würde Russland gar auseinanderbrechen – und dann hätte China ein ganz riesiges Problem an seinen Grenzen. Nicht zu vergessen, ohne Russland stünde China im Wettstreit mit den USA plötzlich ganz alleine da.

    Soll das heißen, China kann gar nicht anders als mit Russland zu paktieren?

    Nein, man könnte durchaus anders. Aber China übersieht bei all dem Europa. Peking glaubt ja, dass Europa keine Autonomie besitze, sondern lediglich ein Anhängsel der USA sei. Dadurch verkennt Peking, dass ein positives Einwirken auf den Ukrainekrieg massive Pluspunkte bei der EU einbringen würde. Stattdessen nimmt man zynisch in Kauf, dass die Kampfhandlungen in der Ukraine weitergehen und so die Aufmerksamkeit der USA gebunden ist. 

    Aber ein Ende des Krieges müsste ja nicht zwangsläufig das Ende Putins bedeuten. Gerade China könnte versuchen, Putin einen gesichtswahrenden Ausweg aufzuzeigen. Nur, dafür müsste man kritisch mit ihm reden.

    Ich glaube, das versucht China tatsächlich. Es ist auffällig, dass China in seinem Papier nicht das sofortige Ende des Krieges fordert, sondern dass die Parteien Verhandlungen aufnehmen sollen. China fordert also einen langsamen Prozess, aus Rücksichtnahme auf Putin.

    Was steckt dahinter?

    Das wäre nun Kaffeesatzleserei, aber was wir wissen ist: Wang Yi ist nach Moskau gereist, und zwar sicher mit irgendeiner Art Mediationsangebot. Vermutlich ist Russland darauf nicht eingestiegen. Zumindest wäre so zu erklären, dass es nur ein Positionspapier mit bekannten Positionen gab, und nicht – wie eigentlich erwartet – eine Initiative von Xi Jinping persönlich. Was auch dafür spricht, ist die russische Presseerklärung, die auf das Positionspapier folgte. Da blieb Russland bei seiner Linie, dass die Bedingung für Verhandlungen eine “Denazifizierung” und volle Neutralität der Ukraine sein.

    Fast gleichzeitig zu Chinas Friedensinitiative kursieren Berichte über mögliche Waffenlieferungen an Russland. Wie passt das alles zusammen?

    Schwierige Frage, gut möglich aber, dass hier einige Militärs in der Volksbefreiungsarmee die Vorgaben aus der Zentrale etwas zu kreativ ausgelegt haben.

    Ohne Xis Wissen?

    Ja. Sowohl der Zwischenfall um den Ballon als auch die angeblichen Waffenlieferungen an Russland machen nicht den Anschein, von der Zentrale abgesegnet worden zu sein. Auch wenn es anders wirkt, Chinas politisches System ist fragmentiert, und oft bekommt Peking solche Sachen erst aus der westlichen Presse mit. Aber ich glaube, im Militär dachte man, über Mittelsmänner und Tarnfirmen bekomme man das alles schon irgendwie hin.

    Spätestens jetzt wird es Xi wissen. Was wird er machen?

    Die Leute wurden sicher bereits zurückgepfiffen.

    Kommen wir nochmals zurück zum chinesischen Friedenspapier. Wie sollte man nun auf Chinas Vorstoß reagieren?

    Man muss weiter darauf drängen, dass China konstruktiven Einfluss auf Russland nimmt, dass es auf Russland einwirken muss, die Kampfhandlungen zu beenden.

    Das heißt, so enttäuschend das Papier auch sein mag, man sollte es als Ausgangspunkt nehmen, um China zu weiteren Schritten zu drängen?

    Man sollte dieses Papier ernst nehmen und China klar sagen: Das ist nicht genug. Es reicht nicht, dass China sich selbst positioniert und andere anmahnt, sich konstruktiv einzubringen. China muss sich selbst endlich konstruktiv einbringen.

    Wie könnte man China locken? Was ist drin für Peking?

    Europa muss klarmachen, dass eine chinesische Vermittlung einen großen, sehr positiven Beitrag auf die aktuell angespannten EU-China-Beziehungen leisten würde. Denn das ist etwas, was China unbedingt erreichen will.

    Marina Rudyak ist Sinologin und derzeit Vertretungsprofessorin für Chinas Gesellschaft und Wirtschaft an der Universität Göttingen.

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    Die 12 Punkte haben auch Fans

    Die Globale Sicherheits-Initiative (GSI) und das 12-Punkte-Papier zur Ukraine entspringen dem gleichen strategischen Geist. Sie sind Anzeichen für Chinas übergeordnetes Kalkül, zum Kristallisationspunkt für die Interessen all jener Staaten zu werden, die der Agenda von USA und EU nicht folgen wollen – und auch keinen Nutzen daraus ziehen, es zu tun.

    Die sogenannten blockfreien Staaten stellen heute die Mehrheit der Welt, sind wirtschaftlich stark und fordern die Minderheit des Westens heraus. China und auch das seit Jahrzehnten blockfreie Indien locken ihre Partner trotz aller Differenzen miteinander mit der Aussicht, dass der globale Süden selbst künftig gemeinsam entscheiden kann, was richtig und was falsch ist.

    Einigkeit gegen Russland ist eine Illusion

    Der Westen mahnt hingegen, die internationale Weltordnung werde angegriffen, und da müssten alle gegen Russland zusammenhalten. Zuletzt wiederholte die US-Zentralbankchefin Janet Yellen diese Position am vergangenen Wochenende auf dem G20-Treffen. Die Antwort der Aufsteiger: Das ist nicht unsere Weltordnung, nicht unser Krieg.

    Das zeigte sich bei der jüngsten Abstimmung der Uno-Vollversammlung über den Krieg. Zwar forderte eine Mehrheit der Länder erwartungsgemäß einen Rückzug Russlands aus der Ukraine. Doch die zweite Abstimmung des Tages offenbarte eine zweite Wahrheit dahinter. Die Staatengemeinschaft lehnte gemeinsame Sanktionen gegen Russland ab. Über 170 von 193 UN-Nationen ziehen bei den Wünschen des Westens nicht mit.

    Die Spaltung vertieft sich

    Nur rund 15 Prozent der Weltbevölkerung, die 45 Prozent der Wirtschaftskraft vertreten (Nato plus Japan und zum Teil Südkorea), haben Sanktionen gegen Russland verhängt. 84 Prozent der Weltbevölkerung mit 55 Prozent der Wirtschaftskraft halten nichts davon. “Die Spaltung vertieft sich”, stellte die New York Times am vergangenen Wochenende ernüchtert fest. Diese Situation weiß China für sich zu nutzen.

    Das Mittel dazu ist zunächst die GSI. 80 Länder und Organisationen unterstützten sie, sagt Peking. Das erscheint nicht übertrieben. Im Zentrum dieser Bewegung stehen Hand in Hand die Diktatur China und die Demokratie Indien. Beide haben sich bei der UN-Abstimmung enthalten.

    Nun kommt zusätzlich das Pekinger 12-Punkte-Papier für die Ukraine ins Spiel. Es mag viele Beobachtenden im Westen enttäuscht haben. Doch viel mehr war realistischerweise gar nicht zu erwarten. “Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht”, lautet ein chinesisches Sprichwort. 

    Die Forderung nach Waffenstillstand und Gesprächen ohne Voraussetzungen ist bei jener Mehrheit von Ländern, an deren Spitze China sich setzen will, enorm populär. Während der Friedensplan im Westen als große Enttäuschung gilt, spricht er vielen Ländern aus der Seele. Der Westen und Kiew hingegen fordern den völligen Rückzug Russlands aus der Ukraine als Voraussetzung für Friedensgespräche.

    Die aufsteigenden Länder unter der Führung Chinas jedenfalls betonen eines: Wir haben keinen Zeitdruck. Der Krieg ist weit weg. Im G20-Abschlussdokument ist denn auch nur von “dem Krieg in der Ukraine”, den “die meisten Mitglieder verurteilen” die Rede sowie “den unterschiedlichen Positionen” zur UN-Resolution. Klar ist: Die westliche Haltung lässt sich in den G20 erst einmal nicht mehr durchsetzen.

    Die aufsteigenden Länder, die die GSI unterstützen, haben eben einen anderen Blick auf die Welt als der Westen: Da war erst die Zeit des unerbittlichen Kolonialismus der Europäer, vor allem des British Empire. Gefolgt vom Ringen um die Weltherrschaft von Sowjetunion und USA im Kalten Krieg. Danach kamen die auch militärischen Alleingänge der USA als mächtigste Macht der Welt ab den 1990er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Und nun Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Für die aufsteigenden Länder sind all das ähnliche Muster.

    Peking muss enorme Abstimmungsarbeit leisten

    Es stellt sich die Frage, ob die neue Welt so übersichtlich ist, wie Peking das vielleicht gerne hätte. Die blockfreien Staaten sind eben genau das: blockfrei – und wollen sich auch von Peking nicht bevormunden lassen. Solange Peking mit Angeboten kommt, die einen Nerv treffen, sind sie an Bord. In anderen Situationen werden sie nach Gutdünken wieder ausscheren.

    Hier zeigen sich die Nachteile der aktuellen Initiativen und der chinesischen Strategie, Stimme der blockfreien Staaten sein zu wollen:

    • Die vielen Länder mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und Entwicklungsständen sind schwierig zu managen. Das erfordert sehr viel mehr Abstimmung und Kompromissbereitschaft und kostet Zeit.
    • China hat wenig Erfahrung als Vermittler auf der globalen Bühne. Peking agiert wie eine Schildkröte in neuem Terrain: Sie geht langsam und bleibt im Zweifel stehen und zieht den Kopf ein.
    • Die hegemonialen Züge Chinas im Südchinesischen Meer und in Bezug auf Taiwan fallen der neuen Initiative folgend nicht unter zwischenstaatliche Auseinandersetzungen, sondern unter den Schutz der territorialen Integrität. Diese Umdeutung der Verhältnisse werden Chinas Nachbarn kaum akzeptieren.  
    • Militärisch ist die Minderheit des Westens immer noch viel stärker. Zwar wäre ein Krieg gegen China, die Führungsmacht der Aufsteiger, ein Katastrophenszenario, das niemand will. Doch in der aktuellen Realität haben die USA noch die Oberhand.  
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    News

    Lukaschenko reist nach Peking

    Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko wird nach Angaben des chinesischen Außenministeriums am morgigen Dienstag zu einem Staatsbesuch nach Peking reisen. Er werde auf Einladung von Chinas Staatschef Xi Jinping vom 28. Februar bis zum 2. März in China sein, kündigte Außenamtssprecherin Hua Chunying an.

    Es wird erwartet, dass Lukaschenko, ein treuer Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Pekings 12-Punkte-Positionspapier zum Ukraine-Krieg unterstützt. Seit Ende 2021 befinden sich russische Truppen in Belarus; Teile der russischen Angriffe auf Kiew starteten von belarussischem Gebiet aus. Lukaschenko selbst geht es in Peking nach Medienberichten um eine Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit seines Landes mit China. ck

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    Kampfjet verfolgt US-Jet mit TV-Team an Bord

    Ein Team des US-Fernsehsenders CNN ist unfreiwillig Zeuge eines Zwischenfalls zwischen einem US-amerikanischen und einem chinesischen Kampfjet über dem Südchinesischen Meer geworden. Der US-Jet befand sich mit den Reportern an Bord rund 30 Seemeilen von der Paracel-Inselgruppe enfernt, als er über Funk eine Warnung empfing: “Amerikanisches Flugzeug. Der chinesische Luftraum umfasst 12 Seemeilen. Nähern Sie sich nicht weiter oder Sie tragen die volle Verantwortung.”

    Danach sei neben dem US-Flugzeug ein mit Luft-Luft-Raketen bewaffneter chinesischer Kampfjet aufgetaucht und habe sie an Backbord phasenweise nur gut 150 Meter entfernt eskortiert, berichten die Journalisten, die den Vorfall auch filmten. Sie konnten nach eigenen Angaben sehen, wie die Piloten zu ihnen herüberschauten. 

    “PLA-Kampfflugzeug, hier ist US Navy P-8A”, funkte die Pilotin des US-Jets zurück. “Ich habe Sie an meinem linken Flügel und beabsichtige, nach Westen zu fliegen. Ich bitte Sie, dasselbe zu tun, over.” Die Chinesen hätten nicht geantwortet und das US-Flugzeug 15 weitere Minuten begleitet, bevor sie abdrehten. Der Vorfall ist offenbar nichts Besonderes in diesen Zeiten. “Ich würde sagen, es ist ein ganz normaler Freitagnachmittag über dem Südchinesischen Meer”, sagte der zuständige Marine-Commander Marc Hines dem CNN-Team. Die Paracel-Inselgruppe zählt 130 kleine Koralleninseln und Riffe, verteilt über 15.000 km² Seefläche und ist zwischen China, Vietnam und Taiwan umstritten. Peking kontrolliert die Inseln de facto. ck

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    Covestro baut Plastikfabrik in Zhuhai

    Der deutsche Chemiekonzern Covestro will im südchinesischen Zhuhai eine Fabrik für Thermoplastische Polyurethane (TPU) errichten. Die Anlage werde Investitionen “im niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich” verlangen und nach ihrer Fertigstellung die größte TPU-Fabrik des Konzerns sein. Wie Covestro mitteilte, erfolgt der Bau in drei Phasen. Die erste Phase werde 2025 fertiggestellt, die letzte 2033 an den Start gehen. Dann solle die Kapazität 120.000 Tonnen TPU pro Jahr betragen. TPU ist ein Kunstoffmaterial, das in verschiedenen Gebrauchsgütern eingesetzt wird, darunter laut Covestro etwa für Sohlen von Sportschuhen, Handygehäuse, sowie Teilen von IT-Geräten oder Automobilen.

    Der neue Standort entsteht in der Zhuhai Gaolan Port Economic Development Zone in der Provinz Guangdong und wird eine Fläche von 45.000 Quadratmetern umfassen. Dazu soll auch ein Innovtationszentrum gehören. “Mit dieser neuen Anlage für TPU wollen wir das erwartete schnelle und hohe Marktwachstum des TPU-Marktes weltweit und insbesondere in Asien und China nutzen”, zitierte das Unternehmen Chief Customer Officer (CCO) Sucheta Govil. ck

    • Industrie

    Mehr Patente für Autotechnik angemeldet

    Im Jahr 2022 ist die Zahl der veröffentlichten Patente in Chinas Autosektor stark gestiegen. Grund dafür sei vor allem der verschärfte Wettbewerb bei der Entwicklung von Technologien für Elektrofahrzeuge und vernetzte Autos, berichtete Caixin am Freitag. Demnach wurden rund 362.200 Patente im Zusammenhang mit der Automobilindustrie veröffentlicht, 13 Prozent mehr als 2021, schreibt das Finanzmagazin unter Berufung auf Daten des China Automobile IP Utilization Promotion Center (CAIPUPC). Die Zahl der Patente im Elektro-Segment legte um den gleichen Wert zu und hatte mit 21,4 Prozent den größten Anteil an der Gesamtzahl.

    Der weltgrößte Batteriehersteller Contemporary Amperex Technology (CATL) forscht besonders eifrig. Er meldete mit 1.205 Patenten 268 Prozent mehr an als im Vorjahr. In diesem Segment liegt CATL damit laut Caixin auf Rang eins. Im Vorjahr hatte CATL noch den vierten Platz in diesem Ranking inne. Die Konkurrenten SVOLT liegt mit 1.049 Patenten auf Rang zwei. Der südkoreanische Riese LG hat seine Forschungstätigkeit in China derweil massiv ausgeweitet, was sich an einem starken Anstieg der Patentanmeldungen zeigt. ck

    • Autoindustrie
    • CATL
    • Elektromobilität
    • Patente
    • Technologie

    Bulgarien debattiert über Hikvision-Kameras

    Chinesische Überwachungskameras kommen nun auch in Bulgarien in die Kritik. Der Parlamentsabgeordnete Bozhidar Bojanov der oppositionellen Demokratischen Partei Bulgariens hat angekündigt, die Staatliche Agentur für Nationale Sicherheit um eine Überprüfung neuer Überwachungskameras der Firma Hikvison im öffentlichen Nahverkehr der Hauptstadt Sofia zu bitten. “Durch chinesische und russische Technologie, die potenziell kompromittiert werden kann, können strategische Aktivitäten – der öffentliche Verkehr in der Hauptstadt – negativ beeinflusst werden”, zitierte der Sender Radio Free Europe Bojanovs Blog.

    Die Kontroverse in Bulgarien konzentriert sich nach dem Bericht auf Schwachstellen der Hikvision-Kameras sowie Bedenken wegen mangelnder Aufsicht bei der Beschaffung der Kameras, die seit 2020 in Betrieb sind. Der Verkehrsbetrieb antwortete auf Anfrage von Radio Free Europe, dass es nicht das Recht habe, bei Verträgen Einschränkungen oder Anforderungen in Bezug auf das Herkunftsland oder bestimmte Marken für Gerätehersteller festzulegen. Das Konsortium hat sich nach eigenen Angaben von “Bedürfnissen, Zuverlässigkeit und Sicherheit” leiten lassen und nicht vom Herkunftsland oder der Marke.

    Hikvision ist der weltweit größte Hersteller von Videoüberwachungsanlagen. Das Unternehmen steht wegen seiner Verbindungen zum chinesischen Militär und seiner Rolle bei der Entwicklung einer speziellen Technologie zur Überwachung und Verfolgung von Uiguren und anderen Minderheiten in Xinjiang in einigen Ländern in der Kritik. Die USA erließen Sanktionen gegen das Unternehmen.In der EU gibt es keine offiziellen Beschränkungen für Hikvision, aber das Europäische Parlament hat von dem Unternehmen hergestellte Geräte aus seinen Gebäuden entfernt. Auch gab es Kritik wegen laxen Datenschutzes und von Forschern entdeckter Pannen bei Hikvision-Kameras unter die Lupe genommen. ck

    • Hikvision
    • Technologie

    Presseschau

    Heads

    Karin Betz – Übersetzerin und Tänzerin

    Karin Betz ist Sinologin, Übersetzerin, Tänzerin und DJ.
    Karin Betz ist Sinologin, Übersetzerin, Tänzerin und DJ.

    “Beim Übersetzen fließen alles Wissen und alle Lebenserfahrung mit ein”, sagt Karin Betz. Ihr Beruf: Sie überträgt chinesische Literatur ins Deutsche. Sie hat dem deutschen Publikum bereits bedeutende Arbeiten von Liu Cixin, Liao Yiwu und des chinesischen Literaturpreisträgers Mo Yan zugänglich gemacht.

    Dass chinesische Literatur sich in Deutschland bislang schwertut, liegt aus ihrer Sicht an den Erwartungen der deutschen Leserschaft, die häufig in Schubladen denkt. “Chinesische Literatur soll entweder politisch sein, im Sinne von regierungskritisch, oder esoterisch oder möglichst chinesisch klingen”, sagt sie. “Einfach nur als Literatur gelesen wird sie nicht.”

    Erschwerend komme hinzu, dass die chinesische Zensur einige spannende Themen zurückhalte und modernen Autoren die Förderung verweigere. “Autoren sind, bevor sie erfolgreich werden, auf staatliche Förderung angewiesen. Wenn die ausbleibt, werden bestimmte Stimmen nicht gehört.”

    China durch Reisen erschlossen

    Betz hat Sinologie, Philosophie und Politik in Frankfurt am Main, Chengdu und Tokio studiert. Während ihrer ersten China-Aufenthalte reiste sie Anfang der 1990er-Jahre allein mit dem Zug durchs Land – auch in abgelegene Regionen, nach Xinjiang, Tibet und in die Innere Mongolei. “Das bewusste und langsame Kennenlernen der großen Unterschiede in diesem Land, ethnisch, geografisch, politisch und wirtschaftlich, aber auch sprachlich, war für mich entscheidend”, sagt sie rückblickend.

    Nach dem Magister arbeitete Betz in verschiedenen beruflichen Positionen, auch in Japan. Anders als die Arbeit im internationalen Austausch und in der Wirtschaft empfand sie den Hochschulbetrieb eher als einengend: “Da herrscht nach meiner Erfahrung leider immer noch zu viel Fachidiotie statt Synergie”, sagt sie – und ist stattdessen lieber ihren eigenen Weg gegangen. Als jüngstes von fünf Geschwistern hatte sie den nötigen Schneid längst im Gepäck.

    Tanzen als Übersetzerhandwerk

    Aktuell arbeitet Betz an einer Übersetzung poetischer Miniaturen über Katzen von Yu Youyou, einer jungen Dichterin aus Sichuan. Gleichzeitig beschäftigt sie sich mit einem komplexen Science-Fiction-Roman von Han Song.

    Um in ihrer Arbeit erfolgreich zu sein, gehört für sie die Beschäftigung mit anderen Künsten dazu. Seit mehr als 20 Jahren tanzt Betz Tango Argentino und legt als DJ auf. “Es gehört zu meinem Handwerk”, erklärt sie. “Dabei geht es nicht nur um Wissen, sondern auch um Emotionen. Tanz und Bewegung sind eine wunderbare Schule für Empathie, Intuition und Fantasie.” Svenja Napp

    • Gesellschaft
    • Kultur
    • Literatur

    Personalien

    Sam Wu wird neuer Leiter des China-Geschäfts des US-Autokonzerns Ford. Wu soll am 1. März von seiner derzeitigen Position als Geschäftsführer und Chief Operating Officer in die Rolle des Präsidenten und Chief Executive aufsteigen, teilte Ford mit. Wu folgt Anning Chen nach, der am 1. Oktober aus dem Unternehmen ausscheidet.

    Die Nobel Sustainability Trust Foundation hat Chinas Klima-Sondergesandten Xie Zhenhua als einen von drei Preisträgern mit ihrem Nachhaltigkeitspreis auszgezeichnet. Die von vier Mitgliedern der Nobel-Familie geführte Stiftung begründete die Ehrung mit Xies Beitrag zum Klimaschutz und zum Aufbau globaler Kooperationen für nachhaltige Entwicklung. Xie Zhenhua hatte China auf mehreren COP-Klimakonferenzen vertreten.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

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    Chauvi-Cancer

    直男癌 – zhínán’ái – Chauvi-Cancer

    Sie finden Frauen gehören hinter den heimischen Herd und nicht in den Hörsaal? Heiße Hotpants und dreiste Dekolletés provozieren doch selbst prüdeste Männerseelen und ihre Trägerinnen tragen daher selbst die Verantwortung für alle Konsequenzen? MeToo ist für Sie eine Mache des Mephisto und ein Task für den Teufelsaustreiber? Dann seien Sie jetzt bitte ganz tapfer. Denn Ihre Diagnose lautet: Chauvi-Cancer, leider im Endstadium. 

    Aber jetzt noch einmal ganz langsam, zum Mitschreiben: 直男癌 zhínán’ái – “straight man cancer” – das ist der Befund, den sich Chines:innen neuerdings kopfschüttelnd zuraunen, wann immer sie auf unverbesserliche Machos und Sexisten treffen. Die Wortneuschöpfung setzt sich zusammen aus dem Zeichen für “Krebs” (癌 ái, in der Langform 癌症 áizhèng) und dem chinesischen Ausdruck für “heterosexueller Mann” (直男 zhínán). Letzterer ist wiederum wörtlich dem englischen “straight man” entlehnt, denn 直 zhí bedeutet “gerade, nicht gekrümmt”. Das Gegenteil ist in der chinesischen Umgangssprache folgerichtig ein “gebogener” oder “krummer Mann” (wie im Englischen “bent man”), nämlich der 弯男 wānnán, also ein “homosexueller Mann”. 

    Aber zurück zum Macho-Malignom. Dieses wuchert nach Meinung chinesischer Feministinnen (女权主义者 nǚquán zhǔyìzhě) in Männerbirnen, die argumentativ nicht mehr zugänglich und somit “nicht mehr zu retten sind” (auf Chinesisch: 没救 méi jiù). Die Krebsmetapher passt dabei bestens zu einem bereits gut eingebürgerten Sprachrezept. Nämlich der Schimpffloskel 你有病!Nǐ yǒu bìng! – “Du hast eine Krankheit!”. Das ist Chinas Pendant für “Du hast doch nicht mehr alle Tassen im Schrank” oder “Du bist ein Fall für die Klapse”. Im genannten Fall krankt der Patient eben an Chauvinisten-Cancer. Symptome: eine extrem sexistische Einstellung gepaart mit einem übersteigerten Männlichkeitsgefühl. 

    Das geistige Pascha-Geschwulst hat dabei einiges mit der Medizinmetapher gemein (zumindest in den Augen der Verwender:innen des Kampfbegriffes). So wuchern Macho-Malignome hartnäckig und unkontrolliert, streuen kräftig in alle Denk- und Lebensbereiche und sind unter Y-Chromosom-Trägern eine vermeintliche Volkskrankheit. Heilungsversuche durch feministische Social-Media-Strahlungstherapie führen leider selten zum gewünschten Erfolg. Im Gegenteil: In China schienen sie die Bildung bösartiger Männlichkeitsmetastasen und den “Genderkrieg” nur noch weiter zu befeuern. Im Netz holte Chinas Macho-Männerwelt (大男子 dànánzǐ “Macho, Chauvinist”) nämlich verbal zum Gegenschlag aus und prägte das Gegenschlagwort des “feminist cancer” (女权癌 nǚquán’ái), das chinesische Äquivalent zum englischen “Feminazi”, ein Kofferwort aus “feminist” und “Nazi”. 

    Wer sich in die Debatte zu sehr hineinsteigert, läuft – unabhängig vom Chromosomentyp – übrigens Gefahr, sich noch mit einer anderen chronischen Malaise zu infizieren: Männer- oder Frauenhass. Im chinesischen Internetjargon ist auch dieser linguistisch pathologisiert, nämlich als “Männer-” beziehungsweise “Frauenhasssyndrom” (厌男症yànnánzhèng / 厌女症 yànnǚzhèng). 

    Aber wenn wir schon mal dabei sind, klopfen wir doch enthusiastisch den Staub aus den Polstern und schauen, welche Männerexemplare potenziell noch so auf unserer sprachlichen Therapiecouch Platz nehmen könnten. Denn die chinesische Internetsprache hat in den letzten Jahren eine umfassende Typen-Typologie mit kreativen Gattungsbezeichnungen entwickelt. Im Folgenden eine Auswahl der begrifflichen Herren-Highlights:      

    1. 普信男 pǔxìnnán – der selbstbewusste Normalo 

    Diese Typenbezeichnung wurde von der feministischen Stand-up-Komödiantin Yang Li (杨笠 Yáng Lì) (Hier Link zur Kolumne Tuokouxiu einfügen) geprägt und hat sich mittlerweile zu einem festen sprachlichen Label etabliert. Gemeint sind Selbstbewusstseinsbolzen, die letztlich nichts auf dem Kasten haben. Große Klappe, wenig dahinter also. Ganz wie der chinesische Begriff schon sagt: ein “stinknormaler” (普 pǔ von 普通 pǔtōng “gewöhnlich, mittelmäßig”) aber “superselbstsicherer” (信 xìn von 自信 zìxìn “selbstbewusst”) Mann (男 nán).   

    2. 妈宝男 mābǎonán – das Muttersöhnchen 

    Mama ist die Beste, hat immer recht und verwöhnt im Gegenzug ihren Sprössling nach Strich und Faden bis ins Erwachsenenalter? Diese Beschreibung trifft eins zu eins auf unser Muttersöhnchen zu, auf Neuchinesisch leicht abgewandelt zum “Mamaschätzchen” (妈宝 mābǎo – von 妈 mā “Mama” und 宝 bǎo “Schatz, Schätzchen”). 

    3. 凤凰男 fènghuángnán – der Phönixmann 

    Er ist “aus der Asche emporgestiegen” und hat es im Erwachsenenalter zu Glanz und Gloria gebracht – der Phönixmann (von 凤凰 fènghuáng “Phönix”). So nennt man in China Männer, die sich aus einfachen bis ärmlichen Verhältnissen durch Köpfchen, zähen Fleiß und gute Schulbildung mühsam emporgearbeitet und die sich später bis in die Dachgiebel der Metropolenwolkenkratzer aufgeschwungen haben. Leider holt diese Herren die Erinnerung aus dem Hühnerstall der Vergangenheit allzu oft ein, und zwar in Form von Minderwertigkeitskomplexen. Und diese versuchen sie dann durch mannigfaltige Marotten zwanghaft zu kompensieren oder zu übertünchen, beruflich wie privat. Auch hier also ein klarer Fall für die Männercouch. 

    4. 软饭男 ruǎnfànnán – der Softreis-Gigolo 

    Dieser Beau nutzt seinen Charme, um betuchte Ladies um den Finger zu wickeln und sich von ihnen durchfüttern zu lassen. Auf Chinesisch heißt das “weichen Reis essen” (吃软饭 chī ruǎnfàn). Wir haben es also mit einem opportunistischen und fügsamen “Softreis-Gigolo” (软饭男 ruǎnfànnán) zu tun. 

    5. 甘蔗男 gānzhènán – der Zuckerrohr-Rowdy  

    Diesem Zuckerstück sollten Sie nicht auf den Leim gehen! Der Zuckerrohr-Rowdy gibt sich zwar als Softie – auf Chinesisch streng genommen eigentlich als “Warmie” (暖男 nuǎnnán für “Softie, Frauenversteher”). Tatsächlich aber hat er es faustdick hinter den Ohren und ist ein waschechter “Krümelmann” (渣男 zhānán) (Hier Link zur Kolumne zhanan einfügen), ein untreues Charakterschwein also. Und was hat das mit Zuckerrohr (甘蔗 gānzhè) zu tun? Nun, wer schon einmal an frischen Zuckerrohrstauden gekaut hat – in China ein beliebter Sommerstraßensnack – der weiß ein Lied davon zu singen: am Anfang sind die Bissen süß und saftig, doch am Schluss verbleiben nur noch krümelige, ungenießbare Fasern im Mund, die es bei nächster Gelegenheit auszuspeien gilt. 

    6. 画饼男 huàbǐngnán – der Kekskünstlerkerl   

    Und zu guter Letzt: der Kekskünstlerkerl. Hochzeit, Auto, Wohnung – dieser Bursche verspricht Bellas das Blaue vom Himmel. Am Schluss stellen sich alle Lockrufe aber nur als Luftschlösser heraus, weil der Möchtegern-Macker seine Versprechen gar nicht einlösen kann. Auf Chinesisch nennt man solche leeren Versprechungen und unrealistischen Hoffnungen “einen Kuchen malen” (auch: einen Kecks oder ein Fladenbrot zeichnen – 画饼 huàbǐng). Der entsprechende Männertyp wurde deshalb von der Netzgemeinde “Kuchenmalmacker” oder “Kekskünstlerkerl” – sprich 画饼男 huàbǐngnán – getauft. Auch in Anlehnung an das alte chinesische Sprichwort 画饼充饥 huàbǐng-chōngjī “mit gemalten Fladen den Hunger stillen” – auf gut Deutsch: sich zum Trost selbst etwas vormachen. 

    Und welche Typen toben so durch Ihren Kollegen- oder Bekanntenkreis? Es fehlt Ihnen jetzt sicher noch eine weibliche Wesenstypologie als Handbuch. Auch die ließe sich natürlich auf Chinesisch erstellen – aber das ist ein Fall für eine weitere Sprachkolumne. 

    Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.

    Korrektur

    In China.Table Nummer 529 vom vergangenen Freitag waren zwei Zahlen in der Grafik zum Seidenstraßen-Handel vertauscht. Saudi-Arabien ist mit 30 Milliarden US-Dollar der wichtigste Empfänger von Investitionen, Russland kommt mit 15 Milliarden erst auf Platz zwei.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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