Abgeordneten-Reisen nach Taiwan erhalten derzeit eine gesteigerte Bedeutung. Sie sind zwar reine Routine: Seit 2016 gab es 102 solcher Delegationen. Und doch sind sie etwas Besonderes, denn sie sollen dem immer deutlicher bedrohten Staat den Rücken stärken. Die überzogene Reaktion Pekings, die der Besuch der US-Abgeordneten Nancy Pelosi im August ausgelöst hat, zeigt ihre Wichtigkeit.
Bis Donnerstag befinden sich nun deutsche Bundestagsabgeordnete des Taipeh-Freundeskreises zu Besuch auf der Insel. In der Analyse von David Demes erfahren Sie, wie ein Zitat des Delegationsleiters Klaus-Peter Willsch durch eine aufgemotzte Übersetzung international Karriere gemacht hat – in der Version der Übersetzerin verspricht er Taiwan noch deutlich mehr Beistand als beabsichtigt.
Die sechs MdBs absolvieren unterdessen die üblichen Termine mit Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Doch entscheidend ist, dass die zweieinhalbjährige Corona-Pause deutscher Abgeordnetenbesuche in Taiwan damit endet. Die Regierung in Taipeh muss nun nicht lange auf die nächste Visite aus Deutschland warten. Ende des Monats rückt der Menschenrechtsausschuss mit einer weiteren Delegation an.
Johannes Hack, Präsident der AHK Hongkong, berichtet im Interview mit Ning Wang von der Stimmung deutscher Unternehmen vor Ort in der Südmetropole. Der neue Verwaltungschef John Lee konnte bei der Wirtschaft durch die jüngsten Lockerungen der Einreiseregeln zwar gewaltig punkten. Doch zugleich leidet der Standort darunter, dass Festlandchina die Mauern immer höher zieht. In Hongkong sitzen und in China Geschäfte machen – diese Formel funktioniert nicht mehr wie früher.
Neue Rätsel gibt derweil die Meldung auf, dass Indonesien einem chinesischen mRNA-Impfstoff eine Notzulassung erteilt. Wenn China einen marktreifen Wirkstoff hat – warum lässt es ihn nicht selbst zu? Wenn das Präparat noch nicht reif ist für die Anwendung, warum lässt Indonesien es dann zu, obwohl es mit Biontech und Moderna versorgt ist? Auch wenn China sich mit der Zulassung von mRNA-Medikamenten schwertut: Sobald ein Impfstoff seine Wirksamkeit und Sicherheit bewiesen hat, sollte er auch zum Einsatz kommen. Wenn denn der Ausstieg aus Null-Covid tatsächlich das Ziel ist.
Heute reichen wir auch die Analyse zum Islam in China nach, die bereits für Freitag vorgesehen war, die dann jedoch wegen einer Panne nicht im China.Table erschienen ist. Wir bitten um Entschuldigung für die Verzögerung.
Herr Hack, der neue Regierungschef von Hongkong John Lee hält sich bisher mit Äußerungen zur Zukunft der Stadt sehr zurück. Warum?
Wenn ich es positiv auslege, sucht er tatsächlich im Moment noch die Balance zwischen der offiziellen Linie und einem Weg, wie er auf die gesammelte westliche Industrie hier zugehen will. Einerseits kann man sagen zweieinhalb Monate ist wahnsinnig lang dafür, dass kaum etwas passiert ist. Andererseits hat er schon Dinge zur Verbesserung des Geschäftsumfelds getan. Ein Beispiel: Die Hotelquarantäne fällt jetzt ganz weg. Und die Regierung reklamiert für sich, dass sie in keinem Punkt Rückzieher gemacht hat – und das stimmt auch. Denn die alte Regierung hat gesagt, wir machen eine Woche Quarantäne und dann waren es drei Wochen. Unter John Lee gab es hinsichtlich der Covid-Maßnahmen: Lockerungen, Lockerungen, Lockerungen.
Aber der Standort Hongkong hat nicht nur durch Covid an Attraktivität eingebüßt?
Die Mitgliederzahl der Kammer in Hongkong ist nicht gesunken, sondern gestiegen. Wir haben seit Jahresbeginn circa zwanzig Unternehmen dazugewonnen. Es sind Unternehmen, die auch eine Geschäftstätigkeit hier haben und mit denen wir uns unterhalten. An der Zahl der Unternehmen kann man im Moment nicht feststellen, dass der Standort weniger attraktiv ist. Es gibt immer noch Leute, die nach Hongkong ziehen wollen und nicht nur welche, die gehen. Was wir feststellen ist, dass wir ganz klar im März, April gesehen haben, dass Familien ihre Koffer gepackt haben und gegangen sind. Die Zeit vom Februar bis April war außerordentlich schwierig hier.
Einen einheitlichen Fahrplan, um Covid-Maßnahmen nachzuvollziehen, wie die Handelskammern gefordert haben, gibt es noch immer nicht?
Nein, die von uns immer wieder geforderte sogenannte Road Map mit wirklich klar definierten Punkten, ist nach wie vor nicht erstellt, aber was wir sehen, ist, dass es in eine Richtung geht. Das Verständnis der Hongkonger Regierung dafür, wo es langgehen muss, ist da. Aber man tut sich sehr schwer, denn es muss auch von Festlandchina begleitet werden. Für uns zählt vor allem Verbindlichkeit, damit wir besser planen können.
Wie geht es nun weiter?
Wenn wir nach vorne gucken und einen Zeitrahmen von drei Jahren ansetzen, ist unsere Wahrnehmung, dass Festlandchina die Mauern, die es um sich selbst errichtet hat, gerade immer höher zieht. Sei es die Visaverfügbarkeit, Flüge und generell die Offenheit des Landes. Nach unserer Wahrnehmung wird das enger und schwieriger. Hongkong ist da absolut betrachtet noch meilenweit von entfernt. Und deswegen kann man sich gut einen Zustand vorstellen, wo man in und aus Hongkong mit Festlandchina Geschäfte macht und dort hinreist und seinen Geschäften nachgeht. Um es mit den Worten eines Honkonger Ministers zu sagen: Hongkong will be China´s international city.
Inwiefern spielt Hongkong als internationale Finanzmetropole noch eine Rolle?
China hat harte Kapitalverkehrskontrollen. Diese Hürde wird nicht verschwinden. Shanghai und Shenzhen als Konkurrenz von Hongkong zu sehen, verfehlt das Thema. Nur über Hongkong kann der Transmissionsmechanismus von Kapital am Laufen gehalten werden. Finanzen ist für Hongkong ein ganz großes Thema. Zur Finanzindustrie zählen nicht nur die Banken, sondern auch Versicherungen und Fonds. Dass die Bevölkerung in China zum Beispiel sehr schnell altert, bedeutet für die Amerikaner und Briten, dass es noch viel Luft gibt, für Finanzprodukte wie Rentenfonds, die sie über Hongkong auf dem chinesischen Markt absetzen können. Die Engländer, die zum Beispiel in der Finanzindustrie in Hongkong gut aufgestellt sind, ahnen, dass sie einen ganz anderen Dialog über die Rolle Hongkongs führen, als die deutsche Industrie ihn führt.
Welchen Dialog führt die deutsche Industrie und was ist ihr wichtig?
Es ist zwar super für uns, dass wir hier im internationalen Finanzzentrum sind, aber das ist nicht das Einzige, was zählt. Wir versuchen der Regierung immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass die deutsche Wirtschaft hier andere Themen hat. Gerade viele Unternehmen, die in Hongkong sitzen und Waren aus China beschaffen, stehen unter Druck.
Welche sind das?
Beispielsweise die Einkaufsbüros der großen deutschen Einzelhändler. Die stellen sich die Frage, wie sie das Sourcing-Geschäft weiter betreiben können, wenn sie derzeit durch die akuten Covid-Probleme nicht nach Festlandchina reisen können. In Bangkok und Singapur sind längst wieder Messen möglich und sie können ihre Waren ausstellen. Ein anderes Thema ist auch, sich aus Hongkong heraus nach Festlandchina zu öffnen. Denn viele Waren muss man immer noch vor Ort in der Fabrik prüfen. Wenn aus Hongkong heraus das Reisen für Ausländer nach China so schwierig bleibt, dann stellt sich sicherlich die Frage, was genau macht man eigentlich in Hongkong.
Und was macht Hongkong aus?
Hongkong ist überall da wichtig, wo wir über Handel, Export und Import von Waren reden, die die chinesische Grenze überqueren. Das sind natürlich Aspekte, bei denen Hongkong eine Sonderrolle hat, weil man hier im Waren- und Kapitalverkehr vieles anders machen kann als man das von Festlandchina aus macht.
Wie reagieren die zuständigen Behörden?
Es dringt langsam ein bisschen durch. Wir hatten zu Beginn des Jahres mit mehreren Kammern ein Gespräch mit dem Liaison Office. Unsere Ansprechpartner haben direkt gefragt: Wo drückt denn der Schuh? Und wenn man sich die Ideen jetzt anhört, ist die Rede von Hongkong als Global Financial, Shipping and Trading Center und vom Transportation Hub. Es ist erkannt worden dass Finance allein Hongkong nicht glücklich machen wird.
Doch scheinen ja “rote Linien” immer mehr das Leben nicht nur der Hongkonger, sondern auch der Expats vor Ort zu bestimmen.
Ich glaube, was die Wahrnehmung angeht und wie wir uns alle hier in Hongkong immer wieder vor Augen halten: Der Mensch nimmt Beschleunigungen ganz anders wahr als Geschwindigkeit. Will heißen: In Peking, Shanghai und Shenzhen gibt es all “die roten Linien” schon seit zehn Jahren, die Leute dort haben sie gar nicht mehr wahrgenommen. Das ist durch den Lockdown in Shanghai anders geworden. Die Leute haben nochmal gespiegelt bekommen, wo sie da genau leben.
Was hier in Hongkong im Moment so viel Reibung erzeugt, ist, dass wir uns in einem Prozess befinden: erst durch die Gesetzesänderung seit dem 30. Juni 2020 (Anmerkung der Redaktion: dem Tag der Verabschiedung des Nationalen Sicherheitsgesetzes) und nun, insbesondere durch Covid. Diese Beschleunigungsveränderung nehmen wir alle ganz anders wahr und deswegen wäre es gut auch mal in die Zukunft zu schauen und sich die Frage zu stellen: Wenn das Ganze ein Jahr Zeit hat, sich zu setzen, wo stehen wir dann eigentlich? Wir sollten nicht die Momentaufnahme nehmen und daraus schlussfolgern: Das fährt jetzt gerade ganz ungebremst in die falsche Richtung. Das halte ich für zu kurz gedacht.
Johannes Hack ist Präsident der German Chamber of Commerce in Hongkong und kennt daher die Sorgen der deutschen Unternehmen vor Ort bestens. Hack lebt seit 2018 in der südchinesischen Metropole. Die Kammer in Hongkong hat mehr als 400 Mitglieder – deutsche Unternehmen, Verbände und Einzelpersonen. Hack ist im Hauptberuf Leiter der DZ Bank in Hongkong; er hat das Interview in seiner Rolle als Kammerpräsident gegeben.
Seit Sonntagmorgen befindet sich eine Delegation des Parlamentarischen Freundeskreises Berlin-Taipei zu Besuch in Taiwan. Dabei handelt es sich um die Parlamentariergruppe, die sich dem Austausch mit Taiwan verschrieben hat. Bei der fünftägigen Reise solle es neben Wirtschafts- und sozialen Fragen vor allem um die angespannte Sicherheitslage in der Region gehen. China kritisierte den Besuch erwartungsgemäß und forderte die Bundestagsabgeordneten dazu auf, keine “falschen Signale” an “separatistische Kräfte” auf der Insel zu senden. Die Delegation solle die Interaktion mit Taiwans Unabhängigkeitskräften sofort beenden.
Delegationsleiter Klaus-Peter Willsch von der CDU wies die chinesische Kritik bei einem Empfang im Präsidialamt in Taipeh am Montag zurück. “Wir haben wahrgenommen, dass es nicht jedermann gefällt, dass wir hier sind diese Woche, aber das kümmert uns nicht weiter,” so der hessische CDU-Politiker. An anderer Stelle sprach er von “völliger Überreaktion einer nervösen Diktatur”. Der Deutsche Bundestag entscheide selbst über seine Beziehungen zu befreundeten Parlamenten. Willsch hob außerdem die Bedeutung von Taiwans Halbleiterindustrie für die deutsche Wirtschaft hervor, diese sei für die Digitalisierung entscheidend.
Die Delegation wurde am Montagvormittag sowohl von Präsidentin Tsai Ing-wen (蔡英文) als auch von Vizepräsident Lai Ching-te (賴清德) empfangen. In ihrem Grußwort bedankte sich Tsai bei der deutschen Regierung für ihre Unterstützung. Nach den chinesischen Militär-Manövern Anfang August hatte Berlin in seiner Rolle als G7-Vorsitz eine gemeinsame Erklärung der G7-Außenminister zur Bewahrung des Friedens in der Taiwan-Straße initiiert.
Willsch nahm Bezug auf den Krieg in der Ukraine, bei dem ein großes Land einen kleineren Nachbarn überfallen und versucht habe, diesem “mit militärischer Gewalt seinen politischen Willen aufzuzwingen”. Der Bundestag habe in Debatten wiederholt deutlich gemacht, dass militärische Drohungen Chinas gegenüber Taiwan für das deutsche Parlament nicht akzeptabel seien, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Freundeskreises.
Dieses Zitat von Willsch fand in einer aufgepeppten Version weite Verbreitung. In der chinesischen Übersetzung der von der deutschen Seite beauftragten Dolmetscherin wurde es zu: “Wenn Taiwan militärisch bedroht werden sollte, werden wir mutig aufstehen und Taiwan helfen und Beistand leisten.” (如果台灣收到武力的威脅,我們也會勇敢地站出來協助台灣、支援台灣。) Über eine Meldung der taiwanischen Nachrichtenagentur CNA gelangte es in viele nationale und internationale Medien. Selbst die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA Novosti berichtete über das angebliche Willsch-Zitat.
Willschs ursprüngliche Äußerungen erinnerte an die Rede von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock vor den Vereinten Nationen Anfang August, bei der sie China indirekt vor einer Eskalation in der Taiwan-Straße gewarnt hat. Tatsächlich geht aber auch das so nie gefallene Zitat Willschs sinngemäß nicht weit über die Äußerungen der Außenministerin hinaus. Das mag auch der Grund dafür sein, warum es keine Richtigstellung von der deutschen Auslandsvertretung in Taipeh gab. In einem Facebook-Post der taiwanischen Präsidentin wurde der Begriff “Beistand leisten” (支援) schließlich in “unterstützen” (支持) abgeändert.
Vizepräsident Lai Ching-te äußerte in einem Gespräch mit den Abgeordneten laut CNA die Hoffnung, dass Deutschland Taiwan in die Diskussion über eine neue nationale Sicherheitsstrategie und China-Politik einbeziehe.
Zu der Delegation gehören neben Willsch auch
Am Sonntagabend waren die Abgeordneten bereits mit ihren Gegenübern aus der Taiwanisch-Deutschen Freundschaftsgruppe im Legislativ-Yuan zusammengetroffen, dem taiwanischen Parlament. Die Gruppe, der aktuell 41 Mitglieder angehören, hatte sich erst kürzlich neu konstituiert. Neben dem Vorsitzenden Chang Hung-lu (張宏陸) aus der regierenden DPP-Fraktion nahmen auch Abgeordnete der Opposition teil, darunter Vertreter der KMT. Taiwans Repräsentant in Deutschland, Shieh Jhy-Wey, begleitete die Delegation und war auch bei dem Abendessen dabei. David Demes
Auf Online-Reiseplattformen wird die Nanguan-Moschee nach wie vor als Touristenattraktion beworben. Und in der Tat mutet das Gebäude auf den Bildern wie ein islamischer Prachtbau an: grüne Kuppeln, goldene Ornamente und mehrere Minarette, deren Spitzen von Halbmonden geziert sind.
An diesem kühlen Septemberabend ist die Moschee im Stadtzentrum von Yinchuan jedoch kaum wiederzuerkennen: Hinter dem vergitterten Eingang lässt sich lediglich ein schlichter Funktionsbau ausmachen. Sämtliche arabische Schriftzeichen und dekorative Elemente wurden kurz vor der Pandemie im Zuge einer “Renovierung” entfernt. Statt Minaretten ragt hier nun die rote Flagge der Volksrepublik China in den Himmel.
Wenn es in den Medien um den Islam in China geht, wird meist über die muslimische Minderheit der Uiguren berichtet. Das Turkvolk, beheimatet in der Region Xinjiang, wird in der Tat seit Jahren brutal vom chinesischen Staat unterdrückt. Doch weit weniger bekannt ist, dass der Großteil der Muslime im Reich der Mitte einer anderen Ethnie angehört. Die über zehn Millionen Hui sind in ihrem Äußeren kaum von Han-Chinesen zu unterscheiden. Sowohl kulturell als auch religiös sind sie weitgehend assimiliert. Und dennoch sind auch die Hui in den letzten Jahren vermehrt ins Visier der Behörden geraten.
Nirgendwo lässt sich dies anschaulicher beobachten als im nordwestchinesischen Yinchuan, wo die muslimische Minderheit immerhin ein Viertel der Bevölkerung stellt: Gebetsrufe sind wegen “Lärmschutz” verboten, der Koran wurden aus den Läden entfernt.
Und auch das Stadtbild hat sich nachhaltig verändert: Der idyllische Aiyi-Fluss, der behäbig durch die Zwei-Millionen-Metropole fließt, wurde 2018 von den Behörden wegen seines “arabisch klingenden Namens” kurzerhand umgetauft. Wie ein Experte der örtlichen Ningxia Universität für Hui-Studien in den Staatsmedien damals erklärte, würde “Aiyi” in den Ohren der Chinesen zu sehr nach “Aisha” tönen – einer der fünf Ehefrauen des Propheten Mohammed. Das wiederum verstoße gegen das Gesetz: Bereits 2013 hatte die Lokalregierung beschlossen, dass Örtlichkeiten in Yinchuan nicht nach ausländischen Personen benannt werden dürfen.
Auch die Prachtstraße – vormals als “Sino-arabische Achse” errichtet – wurde 2018 in “Straße der Einheit” umbenannt. Im benachbarten Park, der einst Touristen aus dem Mittleren Osten anlocken sollte, haben die Behörden die riesige Halbmond-Statue niedergerissen.
All jene Maßnahmen sind Teil der “Sinisierung von Religionen”, die Staatschef Xi Jinping bereits 2016 in einer Grundsatzrede gefordert hat: “Religionen in China müssen chinesisch ausgerichtet sein” und “sich an die sozialistische Gesellschaft anpassen”, sagte der 69-Jährige damals. In seinen Worten klingt zwar einerseits an, dass Xi die Existenz der Religionsgemeinschaften grundsätzlich anerkennt – diese jedoch gleichzeitig kontrolliert und reguliert werden müssen.
Der Slogan ist keine rhetorische Worthülse, sondern hochpolitisch: Die “Sinisierung von Religionen” soll sicherstellen, dass auch jene Gesellschaftsbereiche, die nicht direkt der Partei unterstellt sind, effektiv überwacht werden können. Religionen sind in den Augen der KP schließlich immer auch eine potenzielle Bedrohung für die Herrschaft des Systems, da sie als Brutstätte für oppositionelle Kräfte dienen können. Etliche historische Beispiele belegen dies, etwa die katholische Kirche im kommunistischen Polen.
Wie die “Sinisierung” anno 2022 umgesetzt wird, ließ sich Ende August eindrücklich beobachten. Als die “Katholische Patriotische Vereinigung” – Chinas staatlich abgesegnete Kirche – bei einer Abstimmung in Wuhan eine neue Führung wählte, wurden die Bischöfe prompt ins Pekinger Regierungsviertel vorgeladen. Beim gemeinsamen Tee mit Wang Yan, Mitglied des Ständigen Ausschuss des Politbüros, wurden ihnen mehrere ideologische Treuegelübde abgerungen – unter anderem, dass es “notwendig” sei, “der Gedankenlehre Xi Jinpings über den Sozialismus chinesischer Prägung zu folgen”. Ebenfalls forderte der ranghohe Parteikader Wang, dass die Kirche aktiv dabei helfen müsse, “Infiltrierungen durch feindliche Kräfte aus dem Ausland abzuwehren”.
Dass der Staat an erster Stelle steht, lässt sich auch im muslimischen Niujie-Viertel in Peking beobachten. Hier sind ebenfalls sämtliche arabische Schriftzeichen von den Wänden der Halal-Restaurants verschwunden. Aus den Häuserfassaden ragen zwar nach wie vor geschwungene Dachsparren hervor. Doch statt eine gewisse Historizität zu vermitteln, bleibt nur Touri-Kitsch.
Und an der Moschee werden derzeit Renovierungen durchgeführt. Die Bauarbeiter haben den Eingangsbereich in Plastikplanen gehüllt, auf denen in chinesischen Schriftzeichen die “12 Kernwerte des Sozialismus” prangen, die Xi Jinping vor zehn Jahren auf dem 18. Parteikongress propagiert hat – darunter “Patriotismus”, “Demokratie” und “Gerechtigkeit”. Fabian Kretschmer
Chinas erster mRNA-Impfstoff gegen das Coronavirus hat eine Notfallzulassung in Indonesien erhalten. Der Impfstoff namens AWcorna wurde für Menschen ab 18 Jahren zugelassen und darf als Erst- sowie als Boosterimpfung benutzt werden. Das Vakzin wurde von Walvax Biotechnology, Suzhou Abogen Biosciences und dem chinesischen Militär entwickelt, wie Bloomberg berichtet.
Walvax gab demnach bekannt, dass die Zulassung auf laufenden klinischen Studien der Phase 3 basiere. Der Leiter der indonesischen Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde sagte, zwei Impfungen mit dem Vakzin würden eine Wirksamkeitsrate von 71 Prozent gegen die Omikron-Variante haben – vergleichbar mit Impfstoffen westlicher Anbieter. Allerdings wurden noch keine Daten veröffentlicht. Auch ist noch unklar, wie gut das Vakzin gegen schwere Verläufe schützt. Der Impfstoff soll in Indonesien produziert werden. In China ist er – wie westliche mRNA-Impfstoffe – noch nicht zugelassen. nib
Die chinesische Handelskammer in der EU sieht die Geschäftsstimmung auf einem Tief. Ein zunehmend komplizierteres politisches Umfeld, neue Handels-Tools der EU und eine sich verschlechternde öffentliche Meinung über China seien dafür die Hauptfaktoren, hieß es im Jahresbericht der chinesischen Handelskammer in Brüssel (CCCEU) in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Roland Berger. Die Handelskammer drückte zudem Besorgnis über Rufe nach Decoupling und über zunehmenden Protektionismus aus.
Für den Bericht wurden demnach 150 chinesische Unternehmen in der EU befragt. Rund 53 Prozent der befragten Firmen gaben an, dass sich das Geschäftsumfeld innerhalb des vergangenen Jahres verschlechtert habe. Damit gab es das dritte Jahr in Folge einen Abwärtstrend in diesem Bereich. 38 Prozent der Befragten waren laut dem Report der Meinung, dass ein feindliches politisches Umfeld ihre Geschäftstätigkeit beeinträchtigt habe. Insgesamt gaben 80 Prozent der befragten Unternehmen an, dass die geopolitische Dynamik, die Covid-19-Pandemie und Unterbrechungen der Lieferkette einen zunehmenden negativen Effekt auf die in der EU tätigen chinesischen Unternehmen hatten.
Unter anderem der Ausschluss des Telekom-Ausrüsters Huawei von zahlreichen Märkten wird demnach als Abschottung gesehen: “Die Mauer, die um den Hightech- und Telekommunikationssektor in Europa errichtet wurde, erschwert die Situation für chinesische Unternehmen, die in der EU tätig sind”, heißt es in dem Bericht. Die chinesischen Unternehmen äußerten sich besorgt über die “einseitigen wirtschafts- und handelspolitischen Instrumente” der EU, einschließlich der 5G-Cybersicherheits-Toolbox und dem verstärkten Screening ausländischer Direktinvestitionen.
Europa bleibt der Umfrage zufolge aber dennoch attraktiv für chinesische Investoren: 70 Prozent der Unternehmen glauben demnach, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China wieder verbessern werden. 80 Prozent der Befragten gaben an, dass die EU in der globalen Strategie ihrer Unternehmen an Bedeutung gewinnen würde, wobei die Mehrheit plant, ihre Präsenz in der gesamten Industriekette auszubauen. ari
Chinas Zentralregierung hat einen Steuer-Anreiz für den Kauf von Wohn-Immobilien beschlossen, berichtet Bloomberg. Allerdings gilt der Steuerrabatt nur sehr begrenzt. Käufer erhalten eine Rückerstattung bei der Einkommenssteuer, wenn sie nach dem Verkauf einer Immobilie binnen eines Jahres eine neue kaufen. Das gab das Finanzministerium am Freitag bekannt.
Um den Immobiliensektor anzukurbeln, werden auch die Hypotheken-Anforderungen aufgeweicht. Die Zentralregierung erlaubt es ausgewählten Städten, die Anforderungen für Erstwohnungskäufer zu lockern. In den Städten dürfen die Banken dann selbst entscheiden, ob sie die Untergrenze für Hypothekenzinsen für Erstwohnungskäufer bis zum Jahresende beibehalten, senken oder abschaffen wollen. Das gab die chinesische Zentralbank Ende letzter Woche bekannt, wie Caixin berichtet. Zudem wolle die Zentralbank Sonder-Kredite für die schnellere Fertigstellung verzögerter Bauprojekte bereitstellen. Laut Analysten von Goldman Sachs brauche es jedoch weitere Maßnahmen, um den Immobiliensektor anzuschieben. nib
“Das Büro in Taipeh war ein wichtiger Schritt für unsere Redaktion”, sagt Philipp Bilsky. Er ist bei der Deutschen Welle verantwortlich für alles, was auf Chinesisch erscheint. Der 45-Jährige hat in Taipeh das erste Büro seiner Redaktion im chinesischsprachigen Raum aufgebaut. Dort hat er ab 2018 mehr als vier Jahre lang gearbeitet, inzwischen ist er zurück in Bonn. An der täglichen Arbeit habe sich aber kaum etwas geändert.
In Taipeh arbeiten aktuell fünf Journalistinnen und Journalisten für die Deutsche Welle. Ein Wettbewerbsvorteil, sagt Bilsky: “Die Deutsche Welle war der erste internationale Medienanbieter, der ein Büro in Taipeh eröffnet hat.” Von dort aus berichten die Reporterinnen und Reporter auch auf Englisch, drehen Reportagen und Schalten ins Fernsehen, und betreuen die auf Chinesisch erscheinenden Online-Inhalte der Deutschen Welle.
Andere internationale Medien sitzen meist auf dem chinesischen Festland. “Das hat die Deutsche Welle ebenfalls jahrelang erfolglos versucht”, sagt Bilsky. Eine Genehmigung gab es nie. Die chinesische Berichterstattung kommt deshalb aus Taipeh und aus Deutschland, für Informationen aus Peking arbeitet die Deutsche Welle auch mit der ARD zusammen.
Die Deutsche Welle unterliegt in China der Zensur. Wer als Medienanbieter für ein chinesisches Publikum arbeiten wolle, der habe nur zwei Optionen. Entweder, man berichte nur im Sinne der chinesischen Regierung. “Oder Sie beugen sich der Zensur nicht und berichten journalistisch unabhängig – dann wird Ihre Webseite in China blockiert”, sagt Bilsky. “Dass wir uns vorschreiben lassen, was wir berichten und was nicht, das ist für die Deutsche Welle keine Option.” Wegen der Zensur sei es schwierig, in China eine breite Masse zu erreichen. Wer die Seiten der Deutschen Welle aufrufen will, muss einen VPN-Tunnel benutzen. “Wer zu uns kommt, kennt uns häufig schon und weiß, wonach er sucht”, sagt Bilsky.
Außerdem sei es in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, Interviewpartner zu kritischen Themen zu finden. “Falls sich doch jemand für ein Interview bereit erklärt, bekommen wir häufig nur Aussagen, die sich mit dem decken, was von Regierungsseite kommt”, sagt Bilsky.
In der Redaktion der Deutschen Welle arbeiten Menschen aus Taiwan, aus Hongkong und vom chinesischen Festland. Darauf legt Bilsky Wert. “Das ist extrem hilfreich für den Mix der Themenwahl.”
Kritik an den Inhalten komme immer von verschiedenen Seiten: “Für die einen sind wir anti-Chinesisch, für die anderen sind wir pro-Peking.” Bilsky sieht das positiv. Die Deutsche Welle wolle Informationen zur Verfügung stellen, damit sich jede und jeder eine eigene Meinung bilden kann. “Wenn wir von beiden Seiten kritisiert werden, dann liegen wir wahrscheinlich ganz gut.” Jana Hemmersmeier
Christian Straube verlässt die NGO Stiftung Asienhaus zum 31. Oktober. Ab Anfang November wird er Projektmanager bei der Stiftung Mercator und wird dort weiter zu den Themen China und dem zivilgesellschaftlichen Dialog mit der Volksrepublik arbeiten (Zum Portrait über Christian Straube).
Jing Wang ist mit sofortiger Wirkung neuer CEO des chinesischen Wertpapier-Gemeinschaftsunternehmens der Großbank Credit Suisse. Zuletzt war er Leiter der chinesischen Onshore-Vermögensverwaltung bei Credit Suisse.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
An Chinas Nationalfeiertag am 1. Oktober zeigt diese Frau eindeutig Flagge. Am Bund in Shanghai herrscht zu Beginn der Feiertagswoche bereits gehöriges Gedränge. Da will man mit seiner patriotischen Botschaft nicht untergehen.
Abgeordneten-Reisen nach Taiwan erhalten derzeit eine gesteigerte Bedeutung. Sie sind zwar reine Routine: Seit 2016 gab es 102 solcher Delegationen. Und doch sind sie etwas Besonderes, denn sie sollen dem immer deutlicher bedrohten Staat den Rücken stärken. Die überzogene Reaktion Pekings, die der Besuch der US-Abgeordneten Nancy Pelosi im August ausgelöst hat, zeigt ihre Wichtigkeit.
Bis Donnerstag befinden sich nun deutsche Bundestagsabgeordnete des Taipeh-Freundeskreises zu Besuch auf der Insel. In der Analyse von David Demes erfahren Sie, wie ein Zitat des Delegationsleiters Klaus-Peter Willsch durch eine aufgemotzte Übersetzung international Karriere gemacht hat – in der Version der Übersetzerin verspricht er Taiwan noch deutlich mehr Beistand als beabsichtigt.
Die sechs MdBs absolvieren unterdessen die üblichen Termine mit Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Doch entscheidend ist, dass die zweieinhalbjährige Corona-Pause deutscher Abgeordnetenbesuche in Taiwan damit endet. Die Regierung in Taipeh muss nun nicht lange auf die nächste Visite aus Deutschland warten. Ende des Monats rückt der Menschenrechtsausschuss mit einer weiteren Delegation an.
Johannes Hack, Präsident der AHK Hongkong, berichtet im Interview mit Ning Wang von der Stimmung deutscher Unternehmen vor Ort in der Südmetropole. Der neue Verwaltungschef John Lee konnte bei der Wirtschaft durch die jüngsten Lockerungen der Einreiseregeln zwar gewaltig punkten. Doch zugleich leidet der Standort darunter, dass Festlandchina die Mauern immer höher zieht. In Hongkong sitzen und in China Geschäfte machen – diese Formel funktioniert nicht mehr wie früher.
Neue Rätsel gibt derweil die Meldung auf, dass Indonesien einem chinesischen mRNA-Impfstoff eine Notzulassung erteilt. Wenn China einen marktreifen Wirkstoff hat – warum lässt es ihn nicht selbst zu? Wenn das Präparat noch nicht reif ist für die Anwendung, warum lässt Indonesien es dann zu, obwohl es mit Biontech und Moderna versorgt ist? Auch wenn China sich mit der Zulassung von mRNA-Medikamenten schwertut: Sobald ein Impfstoff seine Wirksamkeit und Sicherheit bewiesen hat, sollte er auch zum Einsatz kommen. Wenn denn der Ausstieg aus Null-Covid tatsächlich das Ziel ist.
Heute reichen wir auch die Analyse zum Islam in China nach, die bereits für Freitag vorgesehen war, die dann jedoch wegen einer Panne nicht im China.Table erschienen ist. Wir bitten um Entschuldigung für die Verzögerung.
Herr Hack, der neue Regierungschef von Hongkong John Lee hält sich bisher mit Äußerungen zur Zukunft der Stadt sehr zurück. Warum?
Wenn ich es positiv auslege, sucht er tatsächlich im Moment noch die Balance zwischen der offiziellen Linie und einem Weg, wie er auf die gesammelte westliche Industrie hier zugehen will. Einerseits kann man sagen zweieinhalb Monate ist wahnsinnig lang dafür, dass kaum etwas passiert ist. Andererseits hat er schon Dinge zur Verbesserung des Geschäftsumfelds getan. Ein Beispiel: Die Hotelquarantäne fällt jetzt ganz weg. Und die Regierung reklamiert für sich, dass sie in keinem Punkt Rückzieher gemacht hat – und das stimmt auch. Denn die alte Regierung hat gesagt, wir machen eine Woche Quarantäne und dann waren es drei Wochen. Unter John Lee gab es hinsichtlich der Covid-Maßnahmen: Lockerungen, Lockerungen, Lockerungen.
Aber der Standort Hongkong hat nicht nur durch Covid an Attraktivität eingebüßt?
Die Mitgliederzahl der Kammer in Hongkong ist nicht gesunken, sondern gestiegen. Wir haben seit Jahresbeginn circa zwanzig Unternehmen dazugewonnen. Es sind Unternehmen, die auch eine Geschäftstätigkeit hier haben und mit denen wir uns unterhalten. An der Zahl der Unternehmen kann man im Moment nicht feststellen, dass der Standort weniger attraktiv ist. Es gibt immer noch Leute, die nach Hongkong ziehen wollen und nicht nur welche, die gehen. Was wir feststellen ist, dass wir ganz klar im März, April gesehen haben, dass Familien ihre Koffer gepackt haben und gegangen sind. Die Zeit vom Februar bis April war außerordentlich schwierig hier.
Einen einheitlichen Fahrplan, um Covid-Maßnahmen nachzuvollziehen, wie die Handelskammern gefordert haben, gibt es noch immer nicht?
Nein, die von uns immer wieder geforderte sogenannte Road Map mit wirklich klar definierten Punkten, ist nach wie vor nicht erstellt, aber was wir sehen, ist, dass es in eine Richtung geht. Das Verständnis der Hongkonger Regierung dafür, wo es langgehen muss, ist da. Aber man tut sich sehr schwer, denn es muss auch von Festlandchina begleitet werden. Für uns zählt vor allem Verbindlichkeit, damit wir besser planen können.
Wie geht es nun weiter?
Wenn wir nach vorne gucken und einen Zeitrahmen von drei Jahren ansetzen, ist unsere Wahrnehmung, dass Festlandchina die Mauern, die es um sich selbst errichtet hat, gerade immer höher zieht. Sei es die Visaverfügbarkeit, Flüge und generell die Offenheit des Landes. Nach unserer Wahrnehmung wird das enger und schwieriger. Hongkong ist da absolut betrachtet noch meilenweit von entfernt. Und deswegen kann man sich gut einen Zustand vorstellen, wo man in und aus Hongkong mit Festlandchina Geschäfte macht und dort hinreist und seinen Geschäften nachgeht. Um es mit den Worten eines Honkonger Ministers zu sagen: Hongkong will be China´s international city.
Inwiefern spielt Hongkong als internationale Finanzmetropole noch eine Rolle?
China hat harte Kapitalverkehrskontrollen. Diese Hürde wird nicht verschwinden. Shanghai und Shenzhen als Konkurrenz von Hongkong zu sehen, verfehlt das Thema. Nur über Hongkong kann der Transmissionsmechanismus von Kapital am Laufen gehalten werden. Finanzen ist für Hongkong ein ganz großes Thema. Zur Finanzindustrie zählen nicht nur die Banken, sondern auch Versicherungen und Fonds. Dass die Bevölkerung in China zum Beispiel sehr schnell altert, bedeutet für die Amerikaner und Briten, dass es noch viel Luft gibt, für Finanzprodukte wie Rentenfonds, die sie über Hongkong auf dem chinesischen Markt absetzen können. Die Engländer, die zum Beispiel in der Finanzindustrie in Hongkong gut aufgestellt sind, ahnen, dass sie einen ganz anderen Dialog über die Rolle Hongkongs führen, als die deutsche Industrie ihn führt.
Welchen Dialog führt die deutsche Industrie und was ist ihr wichtig?
Es ist zwar super für uns, dass wir hier im internationalen Finanzzentrum sind, aber das ist nicht das Einzige, was zählt. Wir versuchen der Regierung immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass die deutsche Wirtschaft hier andere Themen hat. Gerade viele Unternehmen, die in Hongkong sitzen und Waren aus China beschaffen, stehen unter Druck.
Welche sind das?
Beispielsweise die Einkaufsbüros der großen deutschen Einzelhändler. Die stellen sich die Frage, wie sie das Sourcing-Geschäft weiter betreiben können, wenn sie derzeit durch die akuten Covid-Probleme nicht nach Festlandchina reisen können. In Bangkok und Singapur sind längst wieder Messen möglich und sie können ihre Waren ausstellen. Ein anderes Thema ist auch, sich aus Hongkong heraus nach Festlandchina zu öffnen. Denn viele Waren muss man immer noch vor Ort in der Fabrik prüfen. Wenn aus Hongkong heraus das Reisen für Ausländer nach China so schwierig bleibt, dann stellt sich sicherlich die Frage, was genau macht man eigentlich in Hongkong.
Und was macht Hongkong aus?
Hongkong ist überall da wichtig, wo wir über Handel, Export und Import von Waren reden, die die chinesische Grenze überqueren. Das sind natürlich Aspekte, bei denen Hongkong eine Sonderrolle hat, weil man hier im Waren- und Kapitalverkehr vieles anders machen kann als man das von Festlandchina aus macht.
Wie reagieren die zuständigen Behörden?
Es dringt langsam ein bisschen durch. Wir hatten zu Beginn des Jahres mit mehreren Kammern ein Gespräch mit dem Liaison Office. Unsere Ansprechpartner haben direkt gefragt: Wo drückt denn der Schuh? Und wenn man sich die Ideen jetzt anhört, ist die Rede von Hongkong als Global Financial, Shipping and Trading Center und vom Transportation Hub. Es ist erkannt worden dass Finance allein Hongkong nicht glücklich machen wird.
Doch scheinen ja “rote Linien” immer mehr das Leben nicht nur der Hongkonger, sondern auch der Expats vor Ort zu bestimmen.
Ich glaube, was die Wahrnehmung angeht und wie wir uns alle hier in Hongkong immer wieder vor Augen halten: Der Mensch nimmt Beschleunigungen ganz anders wahr als Geschwindigkeit. Will heißen: In Peking, Shanghai und Shenzhen gibt es all “die roten Linien” schon seit zehn Jahren, die Leute dort haben sie gar nicht mehr wahrgenommen. Das ist durch den Lockdown in Shanghai anders geworden. Die Leute haben nochmal gespiegelt bekommen, wo sie da genau leben.
Was hier in Hongkong im Moment so viel Reibung erzeugt, ist, dass wir uns in einem Prozess befinden: erst durch die Gesetzesänderung seit dem 30. Juni 2020 (Anmerkung der Redaktion: dem Tag der Verabschiedung des Nationalen Sicherheitsgesetzes) und nun, insbesondere durch Covid. Diese Beschleunigungsveränderung nehmen wir alle ganz anders wahr und deswegen wäre es gut auch mal in die Zukunft zu schauen und sich die Frage zu stellen: Wenn das Ganze ein Jahr Zeit hat, sich zu setzen, wo stehen wir dann eigentlich? Wir sollten nicht die Momentaufnahme nehmen und daraus schlussfolgern: Das fährt jetzt gerade ganz ungebremst in die falsche Richtung. Das halte ich für zu kurz gedacht.
Johannes Hack ist Präsident der German Chamber of Commerce in Hongkong und kennt daher die Sorgen der deutschen Unternehmen vor Ort bestens. Hack lebt seit 2018 in der südchinesischen Metropole. Die Kammer in Hongkong hat mehr als 400 Mitglieder – deutsche Unternehmen, Verbände und Einzelpersonen. Hack ist im Hauptberuf Leiter der DZ Bank in Hongkong; er hat das Interview in seiner Rolle als Kammerpräsident gegeben.
Seit Sonntagmorgen befindet sich eine Delegation des Parlamentarischen Freundeskreises Berlin-Taipei zu Besuch in Taiwan. Dabei handelt es sich um die Parlamentariergruppe, die sich dem Austausch mit Taiwan verschrieben hat. Bei der fünftägigen Reise solle es neben Wirtschafts- und sozialen Fragen vor allem um die angespannte Sicherheitslage in der Region gehen. China kritisierte den Besuch erwartungsgemäß und forderte die Bundestagsabgeordneten dazu auf, keine “falschen Signale” an “separatistische Kräfte” auf der Insel zu senden. Die Delegation solle die Interaktion mit Taiwans Unabhängigkeitskräften sofort beenden.
Delegationsleiter Klaus-Peter Willsch von der CDU wies die chinesische Kritik bei einem Empfang im Präsidialamt in Taipeh am Montag zurück. “Wir haben wahrgenommen, dass es nicht jedermann gefällt, dass wir hier sind diese Woche, aber das kümmert uns nicht weiter,” so der hessische CDU-Politiker. An anderer Stelle sprach er von “völliger Überreaktion einer nervösen Diktatur”. Der Deutsche Bundestag entscheide selbst über seine Beziehungen zu befreundeten Parlamenten. Willsch hob außerdem die Bedeutung von Taiwans Halbleiterindustrie für die deutsche Wirtschaft hervor, diese sei für die Digitalisierung entscheidend.
Die Delegation wurde am Montagvormittag sowohl von Präsidentin Tsai Ing-wen (蔡英文) als auch von Vizepräsident Lai Ching-te (賴清德) empfangen. In ihrem Grußwort bedankte sich Tsai bei der deutschen Regierung für ihre Unterstützung. Nach den chinesischen Militär-Manövern Anfang August hatte Berlin in seiner Rolle als G7-Vorsitz eine gemeinsame Erklärung der G7-Außenminister zur Bewahrung des Friedens in der Taiwan-Straße initiiert.
Willsch nahm Bezug auf den Krieg in der Ukraine, bei dem ein großes Land einen kleineren Nachbarn überfallen und versucht habe, diesem “mit militärischer Gewalt seinen politischen Willen aufzuzwingen”. Der Bundestag habe in Debatten wiederholt deutlich gemacht, dass militärische Drohungen Chinas gegenüber Taiwan für das deutsche Parlament nicht akzeptabel seien, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Freundeskreises.
Dieses Zitat von Willsch fand in einer aufgepeppten Version weite Verbreitung. In der chinesischen Übersetzung der von der deutschen Seite beauftragten Dolmetscherin wurde es zu: “Wenn Taiwan militärisch bedroht werden sollte, werden wir mutig aufstehen und Taiwan helfen und Beistand leisten.” (如果台灣收到武力的威脅,我們也會勇敢地站出來協助台灣、支援台灣。) Über eine Meldung der taiwanischen Nachrichtenagentur CNA gelangte es in viele nationale und internationale Medien. Selbst die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA Novosti berichtete über das angebliche Willsch-Zitat.
Willschs ursprüngliche Äußerungen erinnerte an die Rede von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock vor den Vereinten Nationen Anfang August, bei der sie China indirekt vor einer Eskalation in der Taiwan-Straße gewarnt hat. Tatsächlich geht aber auch das so nie gefallene Zitat Willschs sinngemäß nicht weit über die Äußerungen der Außenministerin hinaus. Das mag auch der Grund dafür sein, warum es keine Richtigstellung von der deutschen Auslandsvertretung in Taipeh gab. In einem Facebook-Post der taiwanischen Präsidentin wurde der Begriff “Beistand leisten” (支援) schließlich in “unterstützen” (支持) abgeändert.
Vizepräsident Lai Ching-te äußerte in einem Gespräch mit den Abgeordneten laut CNA die Hoffnung, dass Deutschland Taiwan in die Diskussion über eine neue nationale Sicherheitsstrategie und China-Politik einbeziehe.
Zu der Delegation gehören neben Willsch auch
Am Sonntagabend waren die Abgeordneten bereits mit ihren Gegenübern aus der Taiwanisch-Deutschen Freundschaftsgruppe im Legislativ-Yuan zusammengetroffen, dem taiwanischen Parlament. Die Gruppe, der aktuell 41 Mitglieder angehören, hatte sich erst kürzlich neu konstituiert. Neben dem Vorsitzenden Chang Hung-lu (張宏陸) aus der regierenden DPP-Fraktion nahmen auch Abgeordnete der Opposition teil, darunter Vertreter der KMT. Taiwans Repräsentant in Deutschland, Shieh Jhy-Wey, begleitete die Delegation und war auch bei dem Abendessen dabei. David Demes
Auf Online-Reiseplattformen wird die Nanguan-Moschee nach wie vor als Touristenattraktion beworben. Und in der Tat mutet das Gebäude auf den Bildern wie ein islamischer Prachtbau an: grüne Kuppeln, goldene Ornamente und mehrere Minarette, deren Spitzen von Halbmonden geziert sind.
An diesem kühlen Septemberabend ist die Moschee im Stadtzentrum von Yinchuan jedoch kaum wiederzuerkennen: Hinter dem vergitterten Eingang lässt sich lediglich ein schlichter Funktionsbau ausmachen. Sämtliche arabische Schriftzeichen und dekorative Elemente wurden kurz vor der Pandemie im Zuge einer “Renovierung” entfernt. Statt Minaretten ragt hier nun die rote Flagge der Volksrepublik China in den Himmel.
Wenn es in den Medien um den Islam in China geht, wird meist über die muslimische Minderheit der Uiguren berichtet. Das Turkvolk, beheimatet in der Region Xinjiang, wird in der Tat seit Jahren brutal vom chinesischen Staat unterdrückt. Doch weit weniger bekannt ist, dass der Großteil der Muslime im Reich der Mitte einer anderen Ethnie angehört. Die über zehn Millionen Hui sind in ihrem Äußeren kaum von Han-Chinesen zu unterscheiden. Sowohl kulturell als auch religiös sind sie weitgehend assimiliert. Und dennoch sind auch die Hui in den letzten Jahren vermehrt ins Visier der Behörden geraten.
Nirgendwo lässt sich dies anschaulicher beobachten als im nordwestchinesischen Yinchuan, wo die muslimische Minderheit immerhin ein Viertel der Bevölkerung stellt: Gebetsrufe sind wegen “Lärmschutz” verboten, der Koran wurden aus den Läden entfernt.
Und auch das Stadtbild hat sich nachhaltig verändert: Der idyllische Aiyi-Fluss, der behäbig durch die Zwei-Millionen-Metropole fließt, wurde 2018 von den Behörden wegen seines “arabisch klingenden Namens” kurzerhand umgetauft. Wie ein Experte der örtlichen Ningxia Universität für Hui-Studien in den Staatsmedien damals erklärte, würde “Aiyi” in den Ohren der Chinesen zu sehr nach “Aisha” tönen – einer der fünf Ehefrauen des Propheten Mohammed. Das wiederum verstoße gegen das Gesetz: Bereits 2013 hatte die Lokalregierung beschlossen, dass Örtlichkeiten in Yinchuan nicht nach ausländischen Personen benannt werden dürfen.
Auch die Prachtstraße – vormals als “Sino-arabische Achse” errichtet – wurde 2018 in “Straße der Einheit” umbenannt. Im benachbarten Park, der einst Touristen aus dem Mittleren Osten anlocken sollte, haben die Behörden die riesige Halbmond-Statue niedergerissen.
All jene Maßnahmen sind Teil der “Sinisierung von Religionen”, die Staatschef Xi Jinping bereits 2016 in einer Grundsatzrede gefordert hat: “Religionen in China müssen chinesisch ausgerichtet sein” und “sich an die sozialistische Gesellschaft anpassen”, sagte der 69-Jährige damals. In seinen Worten klingt zwar einerseits an, dass Xi die Existenz der Religionsgemeinschaften grundsätzlich anerkennt – diese jedoch gleichzeitig kontrolliert und reguliert werden müssen.
Der Slogan ist keine rhetorische Worthülse, sondern hochpolitisch: Die “Sinisierung von Religionen” soll sicherstellen, dass auch jene Gesellschaftsbereiche, die nicht direkt der Partei unterstellt sind, effektiv überwacht werden können. Religionen sind in den Augen der KP schließlich immer auch eine potenzielle Bedrohung für die Herrschaft des Systems, da sie als Brutstätte für oppositionelle Kräfte dienen können. Etliche historische Beispiele belegen dies, etwa die katholische Kirche im kommunistischen Polen.
Wie die “Sinisierung” anno 2022 umgesetzt wird, ließ sich Ende August eindrücklich beobachten. Als die “Katholische Patriotische Vereinigung” – Chinas staatlich abgesegnete Kirche – bei einer Abstimmung in Wuhan eine neue Führung wählte, wurden die Bischöfe prompt ins Pekinger Regierungsviertel vorgeladen. Beim gemeinsamen Tee mit Wang Yan, Mitglied des Ständigen Ausschuss des Politbüros, wurden ihnen mehrere ideologische Treuegelübde abgerungen – unter anderem, dass es “notwendig” sei, “der Gedankenlehre Xi Jinpings über den Sozialismus chinesischer Prägung zu folgen”. Ebenfalls forderte der ranghohe Parteikader Wang, dass die Kirche aktiv dabei helfen müsse, “Infiltrierungen durch feindliche Kräfte aus dem Ausland abzuwehren”.
Dass der Staat an erster Stelle steht, lässt sich auch im muslimischen Niujie-Viertel in Peking beobachten. Hier sind ebenfalls sämtliche arabische Schriftzeichen von den Wänden der Halal-Restaurants verschwunden. Aus den Häuserfassaden ragen zwar nach wie vor geschwungene Dachsparren hervor. Doch statt eine gewisse Historizität zu vermitteln, bleibt nur Touri-Kitsch.
Und an der Moschee werden derzeit Renovierungen durchgeführt. Die Bauarbeiter haben den Eingangsbereich in Plastikplanen gehüllt, auf denen in chinesischen Schriftzeichen die “12 Kernwerte des Sozialismus” prangen, die Xi Jinping vor zehn Jahren auf dem 18. Parteikongress propagiert hat – darunter “Patriotismus”, “Demokratie” und “Gerechtigkeit”. Fabian Kretschmer
Chinas erster mRNA-Impfstoff gegen das Coronavirus hat eine Notfallzulassung in Indonesien erhalten. Der Impfstoff namens AWcorna wurde für Menschen ab 18 Jahren zugelassen und darf als Erst- sowie als Boosterimpfung benutzt werden. Das Vakzin wurde von Walvax Biotechnology, Suzhou Abogen Biosciences und dem chinesischen Militär entwickelt, wie Bloomberg berichtet.
Walvax gab demnach bekannt, dass die Zulassung auf laufenden klinischen Studien der Phase 3 basiere. Der Leiter der indonesischen Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde sagte, zwei Impfungen mit dem Vakzin würden eine Wirksamkeitsrate von 71 Prozent gegen die Omikron-Variante haben – vergleichbar mit Impfstoffen westlicher Anbieter. Allerdings wurden noch keine Daten veröffentlicht. Auch ist noch unklar, wie gut das Vakzin gegen schwere Verläufe schützt. Der Impfstoff soll in Indonesien produziert werden. In China ist er – wie westliche mRNA-Impfstoffe – noch nicht zugelassen. nib
Die chinesische Handelskammer in der EU sieht die Geschäftsstimmung auf einem Tief. Ein zunehmend komplizierteres politisches Umfeld, neue Handels-Tools der EU und eine sich verschlechternde öffentliche Meinung über China seien dafür die Hauptfaktoren, hieß es im Jahresbericht der chinesischen Handelskammer in Brüssel (CCCEU) in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Roland Berger. Die Handelskammer drückte zudem Besorgnis über Rufe nach Decoupling und über zunehmenden Protektionismus aus.
Für den Bericht wurden demnach 150 chinesische Unternehmen in der EU befragt. Rund 53 Prozent der befragten Firmen gaben an, dass sich das Geschäftsumfeld innerhalb des vergangenen Jahres verschlechtert habe. Damit gab es das dritte Jahr in Folge einen Abwärtstrend in diesem Bereich. 38 Prozent der Befragten waren laut dem Report der Meinung, dass ein feindliches politisches Umfeld ihre Geschäftstätigkeit beeinträchtigt habe. Insgesamt gaben 80 Prozent der befragten Unternehmen an, dass die geopolitische Dynamik, die Covid-19-Pandemie und Unterbrechungen der Lieferkette einen zunehmenden negativen Effekt auf die in der EU tätigen chinesischen Unternehmen hatten.
Unter anderem der Ausschluss des Telekom-Ausrüsters Huawei von zahlreichen Märkten wird demnach als Abschottung gesehen: “Die Mauer, die um den Hightech- und Telekommunikationssektor in Europa errichtet wurde, erschwert die Situation für chinesische Unternehmen, die in der EU tätig sind”, heißt es in dem Bericht. Die chinesischen Unternehmen äußerten sich besorgt über die “einseitigen wirtschafts- und handelspolitischen Instrumente” der EU, einschließlich der 5G-Cybersicherheits-Toolbox und dem verstärkten Screening ausländischer Direktinvestitionen.
Europa bleibt der Umfrage zufolge aber dennoch attraktiv für chinesische Investoren: 70 Prozent der Unternehmen glauben demnach, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China wieder verbessern werden. 80 Prozent der Befragten gaben an, dass die EU in der globalen Strategie ihrer Unternehmen an Bedeutung gewinnen würde, wobei die Mehrheit plant, ihre Präsenz in der gesamten Industriekette auszubauen. ari
Chinas Zentralregierung hat einen Steuer-Anreiz für den Kauf von Wohn-Immobilien beschlossen, berichtet Bloomberg. Allerdings gilt der Steuerrabatt nur sehr begrenzt. Käufer erhalten eine Rückerstattung bei der Einkommenssteuer, wenn sie nach dem Verkauf einer Immobilie binnen eines Jahres eine neue kaufen. Das gab das Finanzministerium am Freitag bekannt.
Um den Immobiliensektor anzukurbeln, werden auch die Hypotheken-Anforderungen aufgeweicht. Die Zentralregierung erlaubt es ausgewählten Städten, die Anforderungen für Erstwohnungskäufer zu lockern. In den Städten dürfen die Banken dann selbst entscheiden, ob sie die Untergrenze für Hypothekenzinsen für Erstwohnungskäufer bis zum Jahresende beibehalten, senken oder abschaffen wollen. Das gab die chinesische Zentralbank Ende letzter Woche bekannt, wie Caixin berichtet. Zudem wolle die Zentralbank Sonder-Kredite für die schnellere Fertigstellung verzögerter Bauprojekte bereitstellen. Laut Analysten von Goldman Sachs brauche es jedoch weitere Maßnahmen, um den Immobiliensektor anzuschieben. nib
“Das Büro in Taipeh war ein wichtiger Schritt für unsere Redaktion”, sagt Philipp Bilsky. Er ist bei der Deutschen Welle verantwortlich für alles, was auf Chinesisch erscheint. Der 45-Jährige hat in Taipeh das erste Büro seiner Redaktion im chinesischsprachigen Raum aufgebaut. Dort hat er ab 2018 mehr als vier Jahre lang gearbeitet, inzwischen ist er zurück in Bonn. An der täglichen Arbeit habe sich aber kaum etwas geändert.
In Taipeh arbeiten aktuell fünf Journalistinnen und Journalisten für die Deutsche Welle. Ein Wettbewerbsvorteil, sagt Bilsky: “Die Deutsche Welle war der erste internationale Medienanbieter, der ein Büro in Taipeh eröffnet hat.” Von dort aus berichten die Reporterinnen und Reporter auch auf Englisch, drehen Reportagen und Schalten ins Fernsehen, und betreuen die auf Chinesisch erscheinenden Online-Inhalte der Deutschen Welle.
Andere internationale Medien sitzen meist auf dem chinesischen Festland. “Das hat die Deutsche Welle ebenfalls jahrelang erfolglos versucht”, sagt Bilsky. Eine Genehmigung gab es nie. Die chinesische Berichterstattung kommt deshalb aus Taipeh und aus Deutschland, für Informationen aus Peking arbeitet die Deutsche Welle auch mit der ARD zusammen.
Die Deutsche Welle unterliegt in China der Zensur. Wer als Medienanbieter für ein chinesisches Publikum arbeiten wolle, der habe nur zwei Optionen. Entweder, man berichte nur im Sinne der chinesischen Regierung. “Oder Sie beugen sich der Zensur nicht und berichten journalistisch unabhängig – dann wird Ihre Webseite in China blockiert”, sagt Bilsky. “Dass wir uns vorschreiben lassen, was wir berichten und was nicht, das ist für die Deutsche Welle keine Option.” Wegen der Zensur sei es schwierig, in China eine breite Masse zu erreichen. Wer die Seiten der Deutschen Welle aufrufen will, muss einen VPN-Tunnel benutzen. “Wer zu uns kommt, kennt uns häufig schon und weiß, wonach er sucht”, sagt Bilsky.
Außerdem sei es in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, Interviewpartner zu kritischen Themen zu finden. “Falls sich doch jemand für ein Interview bereit erklärt, bekommen wir häufig nur Aussagen, die sich mit dem decken, was von Regierungsseite kommt”, sagt Bilsky.
In der Redaktion der Deutschen Welle arbeiten Menschen aus Taiwan, aus Hongkong und vom chinesischen Festland. Darauf legt Bilsky Wert. “Das ist extrem hilfreich für den Mix der Themenwahl.”
Kritik an den Inhalten komme immer von verschiedenen Seiten: “Für die einen sind wir anti-Chinesisch, für die anderen sind wir pro-Peking.” Bilsky sieht das positiv. Die Deutsche Welle wolle Informationen zur Verfügung stellen, damit sich jede und jeder eine eigene Meinung bilden kann. “Wenn wir von beiden Seiten kritisiert werden, dann liegen wir wahrscheinlich ganz gut.” Jana Hemmersmeier
Christian Straube verlässt die NGO Stiftung Asienhaus zum 31. Oktober. Ab Anfang November wird er Projektmanager bei der Stiftung Mercator und wird dort weiter zu den Themen China und dem zivilgesellschaftlichen Dialog mit der Volksrepublik arbeiten (Zum Portrait über Christian Straube).
Jing Wang ist mit sofortiger Wirkung neuer CEO des chinesischen Wertpapier-Gemeinschaftsunternehmens der Großbank Credit Suisse. Zuletzt war er Leiter der chinesischen Onshore-Vermögensverwaltung bei Credit Suisse.
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An Chinas Nationalfeiertag am 1. Oktober zeigt diese Frau eindeutig Flagge. Am Bund in Shanghai herrscht zu Beginn der Feiertagswoche bereits gehöriges Gedränge. Da will man mit seiner patriotischen Botschaft nicht untergehen.