Felix Lee hatte mit seiner Analyse vor zwei Wochen in ein Wespennest gestochen: Trotz der gesellschaftlichen Übereinkunft, dass mehr China-Kompetenz gefragt ist, kürzen Regierung und Stiftungen ihre Programme zusammen.
Dazu hat ihm nun der China-Verantwortliche der Stiftung Mercator Rede und Antwort gestanden. Christian Straube betont, dass die Stiftung unverändert an ihrem Engagement festhält, es aber als notwendig erachtet, neue Schwerpunkte zu setzen. Der direkte Austausch scheitert oft am Mangel an Partnern vor Ort. Dafür spielt das Land als Querschnittthema mit anderen Stiftungszielen eine immer größere Rolle.
Die Import-Expo startet in Shanghai, und Premier Li Qiang verspricht erneut freien Marktzugang. Fabian Kretschmer beleuchtet das in seiner Analyse kritisch – und zwar unter dem Aspekt des Konsums. Chinas Exportüberschuss ist deshalb so hoch, weil die eigenen Arbeiter nicht in vollem Umfang am Wirtschaftserfolg teilhaben. Sonst würde China auch mehr aus dem Ausland nachfragen.
Das ist völlig richtig. Dazu lässt sich bloß anmerken, dass auch Deutschland jahrelang besonders wettbewerbsfähig war und im Außenhandel hohe Überschüsse erwirtschaftet hat, indem die Löhne im Inland vergleichsweise niedrig geblieben sind. Doch das macht es nicht besser. Und im Falle Chinas unterstellen Ökonomen sogar politische Absicht: Wenn das Volk nicht zu schnell reich wird, muckt es vielleicht auch weniger auf.
Es wird viel über China-Kompetenz gesprochen. Trotzdem fällt auf: Sowohl Regierung als auch Privatstiftungen streichen ihre China-Programme zusammen. Wie passt das zusammen?
Natürlich erfordert der Aufbau von China-Kompetenz finanzielle Mittel. Das passt auf den ersten Blick schlecht zusammen. So heißt es etwa in der China-Strategie der Bundesregierung sinngemäß: Die dort definierten Aufgaben müssten ohne zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts erledigt werden. Aber wird wirklich überall gekürzt? Bei der Stiftung Mercator feiert unser Büro in Peking nächstes Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Wir haben weiter ein umfangreiches China-Portfolio mit zum Beispiel Partnergesellschaften wie dem Mercator Institute for China Studies (Merics) und dem Bildungsnetzwerk China, Förderprojekten wie mit dem European Council on Foreign Relations und eigene operative Projekte wie Delegationsreisen mit Vertreter*innen des chinesischen Stiftungssektors und des Ministeriums für zivile Angelegenheiten.
Mercator hat aber auch die Förderung einiger China-Programme eingestellt.
Mit unserer refokussierten Strategie im Bereich Europa in der Welt hat China eher noch an Bedeutung gewonnen. Wir verstehen China nicht nur als Region, sondern als Querschnittsthema zwischen unseren Handlungsfeldern. Wir bauen Projekte mit China-Bezug also eher aus. Aber natürlich müssen wir auf die aktuelle Lage reagieren und immer wieder überprüfen, ob Projekte mit China auch unseren strategischen Überlegungen und Wirkungserwartungen entsprechen.
Das sicherlich erfolgreichste Projekt von Mercator ist der Aufbau von Merics, dem Mercator Institute for China Studies. Mercator will sich in den nächsten Jahren aber sukzessive aus der Finanzierung zurückziehen.
Die Stiftung hat das Institut über die vergangenen zehn Jahre verteilt bereits mit über 30 Millionen Euro gefördert. Zwar ist es richtig, dass die Bewilligungssummen abnehmen. Aber dies ist nicht spezifisch für Merics, sondern hängt mit der Art zusammen, wie wir als Stiftung Partnergesellschaften aufbauen. Dieser Prozess hat mehrere Förderphasen, bei denen der Finanzierungsanteil der Stiftung auf dem Weg zu einer Verstetigung abnimmt. Innovation ist uns wichtig und wir fördern prinzipiell nicht auf Dauer. Zugleich ist die Stiftung Mercator mit mehrjährigen Förderphasen ein langfristiger Geldgeber. So erstreckt sich die dritte Förderphase für Merics bis 2028.
Wie steht es um das Bildungswerk China, also das zweite große China-Programm, das von der Stiftung Mercator unterstützt wird?
Das Bildungsnetzwerk China ist aktuell in seiner ersten Förderphase und kümmert sich um den Aufbau von China-Kompetenz insbesondere in der Zielgruppe junger Menschen, also Schülerinnen und Schüler. Zudem will es ein Vehikel zum Aufbau von China-Kompetenz für unterschiedlichste Akteure in Deutschland sein. Das Bildungswerk ist auch in Projekten aktiv, die wiederum Fördermittel von anderen erhalten, etwa die Schülerakademien in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt. Wir freuen uns über den Erfolg des Bildungsnetzwerks bei der Einwerbung solcher Drittmittel.
Bleibt die finanzielle Förderung für das Bildungsnetzwerk von Mercator gleich oder wird sie gar erhöht?
Wir haben die Finanzierung des Bildungsnetzwerks zunächst bis 2026 verlängert und planen derzeit wie bei den anderen Partnergesellschaften mit weiteren Förderphasen.
Mercator hat zudem die Bildungsbrücke China-Deutschland finanziell unterstützt, ein Programm für Studierende und Ausbildende in den sogenannten MINT-Fächern, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, die sich über China informieren wollen. Warum wird diese Förderung nach drei Jahren nicht verlängert?
Studierende und Auszubildende gehören nicht zur Kernzielgruppe unserer Austausch- und Begegnungsarbeit mit China. Die Stiftung hatte etwas gefördert, was am Rande unserer Strategie lag.
Sie sprechen von Refokussierung auf Europa mit China als Querschnittthema. Was genau bedeutet das?
Das ist ein Missverständnis, wir konzentrieren uns keineswegs nur auf Europa. Das erste Handlungsfeld unserer refokussierten Strategie lautet: Internationale Neuordnung inklusiver gestalten. Dabei geht es uns um die Frage nach der Rolle Europas in einer sich dynamisch verändernden Weltordnung und wie wir eine vorausschauendere und inklusivere Außenpolitik unterstützen können. Beim zweiten Handlungsfeld wollen wir dazu beizutragen, konstruktive Beziehungen zu China und unserem zweiten Schwerpunktland, der Türkei, aufrechterhalten. Und mit unserem dritten Handlungsfeld wollen wir die europäische Integration vorantreiben. Auch da ist China ganz dezidiert ein Querschnittsthema. Wir wollen über China mit Ländern in der EU und ihrer östlichen und südöstlichen Nachbarschaft ins Gespräch kommen und gemeinsame europäische Positionen entwickeln.
Vorher hatte die Stiftung Mercator Programme unterstützt, die direkt mit China zu tun haben. Jetzt gehen Sie den Umweg über Länder Osteuropas?
Wie gesagt sind wir weiterhin aktiv in der direkten Befassung mit China. Zugleich brauchen wir all diese europäischen Perspektiven, um als Europa handlungsfähiger zu werden. Sie bereichern uns auch, weil sie das Bild von China in Europa diverser machen und wir damit wiederum mehr über China erfahren. Ein Stichwort in der China-Strategie der Bundesregierung lautet: chinapolitische Koordinierung. Diese Koordinierung lässt sich auch auf Europa ausweiten. Das findet derzeit noch nicht ausreichend statt.
Mit der Zukunftsbrücke unterstützte die Stiftung Mercator bis 2019 ein Programm, das mit dem Chinesischen Jugendverband, einer Unterorganisation der Kommunistischen Partei, Nachwuchsführungskräfte aus beiden Ländern zusammenbrachte. Ein solches Programm wäre heute sicherlich nicht mehr möglich.
Dieses Projekt entstand in einer Zeit, als andere Rahmenbedingungen herrschten. Und die haben sich fundamental geändert. Ich persönlich habe dieses Projekt zuletzt nur noch im Rahmen von Alumni- Veranstaltungen erlebt mit starkem deutschem Fokus und nicht mehr als eine gemeinsame deutsch-chinesische Kooperation.
Wäre es nicht gerade in geopolitisch konfliktreichen Zeiten umso wichtiger, mit chinesischen Führungskräften auch persönlich in Kontakt zu treten, um Spannungen abzubauen?
Ja, da haben Sie völlig recht. Die Frage ist nur, wie sich so ein Projekt heutzutage noch aufbauen lässt. Die Rahmenbedingungen für eine Zusammenarbeit sind sehr viel schwieriger geworden. Wir versuchen aber gerade auf einer eher individualisierten Ebene Personen anzusprechen und somit chinesische Perspektiven auf globale Themen im deutschen Sprachraum hörbar zu machen.
Auf chinesischer Seite scheint nach der Pandemie der Wunsch nach mehr Austausch wieder größer zu sein.
Das sind zumindest die Signale. Aber wir müssen schauen, welche Strukturen dahinterstecken und ob sich wirklich Möglichkeiten zum Austausch ergeben.
Zugleich scheint das Interesse in Deutschland an China rapide abzunehmen. Die Zahl der Sinologie-Studierenden ist eingebrochen.
Das ist natürlich bedauerlich. Aber zugleich sehe ich auch verschiedene methodische Ansätze, China-Kompetenz zu fördern. Wir engagieren uns zum Beispiel mit der Entwicklung von Lehrmaterialen für Schulen durch das Bildungsnetzwerk China, einer integrierten China-Beobachtung über Sektoren hinweg bei MERICS und eigenen Dialogprogrammen mit chinesischen Teilnehmer:innen. Mit der China-Strategie der Bundesregierung ist ein wichtiger Schritt getan, weil damit die gesellschaftspolitische Relevanz klar geworden ist. Wir haben natürlich ein riesiges Personalproblem und schlichtweg zu wenig Menschen mit China-Expertise. Und gerade mit Blick auf die nächste Generation sollte auch die Politik klarmachen, dass China relevant ist – und zwar nicht nur als Modethema, sondern dauerhaft.
Christian Straube ist Projektmanager im Bereich Europa in der Welt der Stiftung Mercator und zuständig für das China-Portfolio. Zuvor war er Programm-Manager im China-Programm der Stiftung Asienhaus. Er hat Moderne Sinologie, Politikwissenschaft Südasiens und Volkswirtschaftslehre in Heidelberg und Peking studiert und wurde für seine Forschungsarbeit am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg promoviert.
Wieder einmal hat Chinas Premier den ausländischen Unternehmen das Blaue vom Himmel versprochen. “Wir werden den Marktzugang weiter lockern”, sagte Li Qiang am Sonntag bei der Eröffnungszeremonie der alljährlichen Import-Expo in Shanghai. Unter dem Beifall hunderter Vorstandschefs versprach der 64-Jährige, die Einfuhren der Volksrepublik in den nächsten fünf Jahren auf insgesamt 17 Billionen Dollar zu steigern.
Doch die meisten Unternehmer zeigten sich unbeeindruckt ob der wohlmeinenden Rhetorik. Seit Jahren hören sie schließlich die immer gleich lautenden Ankündigungen der Parteikader, denen jedoch kaum Taten folgen. Besonders deutlich fällt die Kritik von der europäischen Handelskammer aus: Vize-Präsident Carlo D’Andrea bezeichnete die Import-Expo als “politisches Schaufenster”, das vor allem Marketing-Zwecken dienen würde.
Fakt ist: Keine andere Wirtschaftsmacht verzeichnet einen derart unausgeglichenen Außenhandel wie China. Seit Jahrzehnten erzielt die Volksrepublik eklatante Handelsüberschüsse, die insbesondere während der Pandemie alle Rekorde gebrochen haben. Anders ausgedrückt: China überschwemmt die Märkte weltweit mit heimischen Produkten, während die 1,4 Milliarden Konsumenten verhältnismäßig immer weniger aus dem Ausland kaufen. Tatsächlich stellt die Volksrepublik 18 Prozent der weltweiten Wirtschaftsproduktion her, generiert jedoch gleichzeitig nur 13 Prozent des globalen Konsums.
Im Besonderen die Europäische Union, Chinas wichtigster Handelspartner, leidet unter dem zunehmenden Ungleichgewicht. Die Zahlen sind geradezu erdrückend: Derzeit exportiert Peking nahezu viermal mehr in die EU, als es aus der EU importiert. Das Defizit der Europäer beläuft sich auf knapp 400 Milliarden Euro pro Jahr.
Mit der 2018 ins Leben gerufenen Import-Expo in Shanghai will die chinesische Regierung der Außenwelt zeigen, dass man das Problem ernst nimmt. Allein dieses Jahr nehmen laut Angaben der Organisatoren 289 der 500 größten Unternehmen der Welt an der Messe teil, um für höhere Marktanteile auf dem chinesischen Markt zu werben. Und entgegen der politischen Rhetorik ist auch die US-Wirtschaft zahlenmäßig stark vertreten.
Doch die Import-Expo wird wohl kaum für ausgeglichenere Handelsbeziehungen sorgen. Denn die Ursachen liegen viel tiefer – und werden auch von vielen Ökonomen missverstanden. Nach wie vor nämlich interpretieren sie die Handelsüberschüsse als Stärke der chinesischen Volkswirtschaft. Tatsächlich jedoch sind sie ein Symptom ihrer Schwäche: In gesunden Volkswirtschaften würden die Einnahmen nämlich unweigerlich in höheren Löhnen und schlussendlich steigenden Importen münden. In China hingegen passiert nahezu das Gegenteil: Trotz Rekord-Exporten stagnieren die Einfuhren.
Das Problem ist struktureller Natur. In keiner anderen Wirtschaftsmacht der Welt ist der Anteil der Privathaushalte am Bruttoinlandsprodukt derart niedrig wie in China. Durch künstlich niedrig gehaltene Löhne und nur rudimentäre Sozialsysteme bleibt der Bevölkerung – relativ gesehen – wenig verfügbares Einkommen über. Dementsprechend sind ihre Konsumausgaben, anteilig am BIP, mit 38 Prozent deutlich niedriger als in den USA (68 Prozent), Japan (56 Prozent) oder auch Deutschland (etwa 52 Prozent).
Insbesondere seit Ende der “Null Covid”-Politik fordern zunehmend Wirtschaftsexperten im In- und Ausland, dass die Regierung ein massives Stimulus-Paket schüren müsse, um den Konsum wieder anzutreiben. Auch mittelfristig wäre dies der einzige Weg, wie China die Transformation von einer rein Investment-getriebenen Volkswirtschaft hin zum konsumgetriebenen Wachstum vollbringen könnte.
Warum das bislang nicht passiert, hat jedoch vor allem politische Gründe: Damit die Haushalte ein größeres Stück vom Kuchen erhalten, müsste die Regierung zwangsweise einen Teil ihrer finanziellen Ressourcen – und damit schlussendlich auch ihrer politischen Macht – abgeben.
Die Interpretation der Vorgänge fällt ernüchternd aus. “Xi Jinping will gar nicht zu viel Konsum. Er glaubt, dass es den Menschen besser geht, wenn sie sich abmühen und ein hartes Leben führen”, sagt der renommierte Ökonom und jahrzehntelange China-Kenner Barry Naughton. Die Schlussfolgerung des Professors an der University of California: Xi möchte zwar die Leute aus der Armut holen; doch dass sie auch reich werden, ist in seiner Vision von einem modernen, sozialistischen Staat nicht vorgesehen.
Was nach einer kühnen These klingt, behauptet der KP-Parteivorsitzende selbst höchst unverblümt in seinen Reden: Darin fordert Xi regelmäßig das Volk dazu auf, sprichwörtlich “Bitterkeit zu essen” und sich auf schwere Zeiten einzustellen. Gleichzeitig kritisiert er Wohlfahrtsstaaten nach europäischem Vorbild als dekadent, weil sie die Leute “faul” machen würden.
Von der politischen Warte des 70-Jährigen hat eine solche Sichtweise durchaus Sinn. Haben die Chinesen erstmal ihre grundlegenden Bedürfnisse im Alltag befriedigt, steigt nämlich auch ihr Drang nach Selbstverwirklichung und politischer Teilhabe. Nirgendwo lässt sich das deutlicher sehen als in Shanghai, Chinas wohlhabendster und Konsum-orientierter Stadt.
Dort zeigt die Bevölkerung trotz der flächendeckenden Repressionen immer wieder Züge der Rebellion. Beim Halloween-Fest vor wenigen Tagen zogen etliche junge Menschen in provokanten Kostümen durch die Straßen der französischen Konzession: Manche Shanghaier hüllten sich etwa in weiße Seuchenschutzanzüge, um die radikalen Lockdowns des Vorjahrs anzuprangern. Ein anderer Teilnehmer verkleidete sich als personifizierte Überwachungskamera. Und mindestens eine Frau klebte sich dutzende weiße Blätter auf ihren Körper – das Symbol der Anti-Regierungsproteste vom vergangenen Dezember. Fabian Kretschmer
Der chinesische Joint-Venture-Partner von BASF steht einer Medienrecherche zufolge unter dem Verdacht, in Xinjiang Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Der deutsche Chemiekonzern will deshalb nun eine weitere Überprüfung durchführen lassen, wie das Handelsblatt am Sonntag berichtete. Demnach stehen Anteilseigner von Markor, dem Joint-Venture-Partner von BASF in Xinjiang, unter dem Verdacht, Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Bei ihnen handelt es sich um die Zhongtai Group und deren Tochterfirma Zhongtai Chemical.
Die Zhongtai Group wurde von den USA auf Basis des Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA) im September auf eine US-Sanktionsliste für Produkte aus Xinjiang gesetzt. Zhongtai Chemical befindet sich seit Juni auf der Sanktionsliste.
BASF betreibt in der Industriezone der Stadt Korla zwei Joint Ventures. Dem Bericht zufolge hält die Zhongtai Group nach BASF-Angaben indirekt über zwei Beteiligungsgesellschaften Minderheitsanteile an dem Joint-Venture-Partner Markor. Zhongtai Chemical soll demnach 24 Prozent der Anteile von Markor halten. Das ging dem Bericht zufolge aus einer Analyse des Softwareunternehmens Datenna hervor, das Daten aus öffentlichen Quellen auswertet.
BASF nehme die Veröffentlichungen zu Xinjiang “sehr ernst” und zum Anlass, die Arbeitsbeziehungen an den Standorten der Joint Ventures in Korla regelmäßig zu überprüfen, wird das Unternehmen in dem Bericht zitiert. Nach einem internen Audit im Jahr 2019 und einem externen Audit im Jahr 2020 sei Anfang 2023 ein weiteres internes Audit bei den Joint-Venture-Betrieben durchgeführt worden. “Im Ergebnis können wir feststellen, dass bei keiner dieser Überprüfungen Hinweise auf Zwangsarbeit oder andere Menschenrechtsverletzungen gefunden wurden“, heißt es in dem Bericht. BASF steht demnach auch im Austausch mit Markor zu dem Thema.
BASF will außerdem eine weitere Überprüfung durchführen lassen: “Aktuell stehen wir in konkreten Gesprächen mit einer renommierten Prüfungsgesellschaft zur Erneuerung unseres Joint-Venture-Audits aus dem Jahr 2020”, erklärte der Konzern dem Handelsblatt zufolge. ari
EU-Staat Estland bekommt eine taiwanische Vertretung. Das Taipeh-Büro ist allerdings keine offizielle diplomatische Botschaft oder Konsulat. “Genau wie viele andere Länder der Europäischen Union ist Estland bereit, die Einrichtung einer nicht-diplomatischen Wirtschafts- oder Kulturvertretung Taipehs zu akzeptieren, um solche Beziehungen zu fördern”, erklärte Außenminister Margus Tsahkna in einem Statement. Das Außenministerium betonte, Estland verfolge weiterhin die Ein-China-Politik, erkenne Taiwan nicht als Staat an und werde keine politischen Beziehungen mit dem Land aufbauen.
“Gleichzeitig halten wir es für wichtig, die Beziehungen zu Taiwan in den Bereichen Wirtschaft, Bildung, Kultur, Beziehungen zwischen Organisationen der Zivilgesellschaft und anderen Bereichen dieser Art zu stärken”, sagte Tsahkna. “Wir unterstützen auch Taiwans Beteiligung an internationalen Angelegenheiten in Bereichen von globalem Interesse, wie dem Kampf gegen Pandemien und Taiwans Beteiligung an der Weltgesundheitsorganisation. Die Wiederbelebung der Beziehungen zu Taiwan steht nicht im Widerspruch zur ‘Ein-China-Politik’”, fügte der Minister hinzu.
Das Ein-China-Prinzip ist die Position der Kommunistischen Partei Chinas, dass es nur einen souveränen Staat unter dem Namen China gibt und Taiwan ein unveräußerlicher Teil dessen ist. Der baltische Staat Litauen hatte vor gut zwei Jahren ein Taiwan-Büro in Vilnius eröffnet und dieses auch mit “Taiwan” benannt. Peking sah darin eine Provokation und verhängte eine De-facto-Handelsblockade gegen Litauen. Vorgehen wie dieses soll mit dem neu geschaffenen EU-Handelsinstrument gegen wirtschaftlichen Zwang gekontert werden können. ari
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich am Freitag per Videokonferenz mit Chinas Staatschef Xi Jinping über die aktuelle Lage im Nahen Osten und der Ukraine ausgetauscht. Weitere Themen seien die bilateralen Beziehungen und die Zusammenarbeit im Wirtschaftsbereich gewesen, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit. Weitere Angaben wurden von der Bundesregierung nicht gemacht.
Die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, Xi habe in dem Gespräch gesagt, die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien stabiler geworden. Dies betreffe auch den Dialog über Fragen des Klimaschutzes, der schnellstmöglich fortgesetzt werden solle. Deutschland und China sollten zudem gemeinsam die internationale Ordnung und den Multilateralismus verteidigen und bei globalen Herausforderungen zusammenarbeiten. China betrachte Europa als einen strategischen Partner. Beide Seiten sollten darauf hinwirken, Konflikte und Spannungen zu deeskalieren, sagte Xi laut Xinhua. rtr
Fast die Hälfte der deutschen Maschinenbaufirmen überdenkt nach Angaben des Branchenverbandes VDMA ihr China-Geschäft. Zugleich planten 42 Prozent der befragten Firmen aber einen Ausbau ihrer Tätigkeiten in China, teilte der Verband zu einer Umfrage unter 304 Mitglieds-Firmen in Deutschland und China mit.
Hauptgründe für das Abwägen der Unternehmen sind laut VDMA die erschwerte Geschäftslage vor Ort, die Verschärfung der geopolitischen Spannungen und der Druck auf chinesische Unternehmen, einheimische Lieferanten und Produkte zu bevorzugen. “Wir beobachten eine deutliche Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit von lokalen Unternehmen aufgrund einer erhöhten Qualität und Technologie der Produkte, aber auch verstärkte industriepolitische Eingriffe des Staates”, sagte Ulrich Ackermann, Abteilungsleiter Außenwirtschaft im VDMA.
Die Firmen prüften eine stärkere Fokussierung auf die Märkte in den USA und Indien, sagte er. Zudem würden Unternehmen stärker an eine Lokalisierung des Geschäfts denken, also Lieferketten ganz auf China zu beschränken – nach dem Prinzip “in China, für China”. Die früher häufig angedachte Strategie, aus China heraus den Weltmarkt zu beliefern, werde damit aufgegeben.
China ist für die deutsche Maschinenbauindustrie derzeit mit großem Abstand der größte Absatzmarkt außerhalb Europas. flee/rtr
Der chinesische Elektroautoriese BYD favorisiert einem Medienbericht zufolge Ungarn als Standort für seine erste Autofabrik in Europa. Intern sei die Entscheidung gefallen, dass die Autofabrik in Ungarn entstehen solle, schreibt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS). Das Blatt beruft sich dabei auf nicht näher genannte Quellen aus dem Umfeld des Unternehmens.
Laut einer amtlichen chinesischen Internetseite hatte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán kürzlich die BYD-Zentrale im chinesischen Shenzhen besucht und dort Unternehmenschef Wang Chuanfu getroffen. Orbán war Mitte Oktober in China. Er hatte dort als einer von wenigen europäischen Vertretern an einem Gipfeltreffen zum zehnjährigen Bestehen des chinesischen Handelsprojekts der Neuen Seidenstraße teilgenommen.
BYD erklärte auf Anfrage von Reuters, dass die Standortsuche noch laufe und eine Entscheidung Ende des Jahres bekannt gegeben werden solle. Von der ungarischen Regierung lag zunächst keine Stellungnahme vor. In Medienberichten wurde BYD zuletzt auch als ein möglicher Interessent für das von der Schließung bedrohte Ford-Werk in Saarlouis gehandelt. rtr
Der defizitäre chinesische Elektroautobauer Nio streicht zehn Prozent der Jobs und setzt bei Investitionen den Rotstift an. Wegen des wachsenden Wettbewerbs müsse das Unternehmen die Effizienz steigern und die Kosten senken, teilte Nio mit. “Dies ist eine harte, aber notwendige Entscheidung angesichts des harten Wettbewerbs“, schrieb Nio an die Beschäftigten in einer der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden E-Mail.
Der Stellenabbau solle noch im November abgeschlossen werden. Zudem kürzt Nio die langfristigen Investitionen. Projekte, die nicht binnen drei Jahren zum Ergebnis beitrügen, würden aufgeschoben oder gestrichen.
Die Nachfrage nach Elektroautos hat sich in China abgeschwächt, da die Verbraucher günstigere Plug-in-Hybride bevorzugen. Zugleich setzt der von Tesla angezettelte Preiskrieg den Autobauern in dem hart umkämpften Markt zu.
Nio gehört zu den chinesischen Autobauern, die in Europa schon präsent sind. Insidern zufolge zieht Nio zum Ausbau seines Europageschäftes den Vertrieb über Händler in Betracht, um den Absatz anzukurbeln. Zuletzt betrieb Nio sechs Filialen in Deutschland, Norwegen, Schweden, Dänemark und den Niederlanden. flee/rtr
In Deutschland wissen erstaunlich wenige Menschen von der deutschen Kolonialgeschichte in China, sagt Charlotte Ming. In ihrer Heimat, dem ostchinesischen Qingdao, sieht das ganz anders aus. Die Hafenstadt war von 1898 bis 1919 erzwungenes Pachtgebiet des Deutschen Reiches, der sogenannten Kolonie Kiautschou.
“Die Menschen in Qingdao haben heute ein eher rosiges Bild dieser Kolonialgeschichte”, sagt Ming. Zum Beispiel mache bei starken Regenfällen immer noch regelmäßig das Gerücht die Runde, das von den Deutschen angelegte Abwassersystem mache die Stadt praktisch immun gegen Überflutung. Gǔ lì gài – 古力盖 – “Gullideckel” – fand als Lehnwort sogar Eingang in den Qingdao-Dialekt. “Dabei ist ihre Wirkung mehr als übertrieben”, lacht Ming.
Zumal die Abwasserkanäle nur einen kleinen Teil des Abwassersystems der Neun-Millionen-Stadt ausmachen und damals vor allem den Kolonialherren dienen sollten. “In der Stadtplanung herrschte strikte Segregation”, erklärt Ming. “Der Rassismus gegenüber Chinesen war stark ausgeprägt.”
Trotzdem wurde das deutsche Erbe eine Art touristisches Alleinstellungsmerkmal für Qingdao, das für viele Bewohner bis heute die Identität der Stadt ausmacht. Ming selbst ging in Qingdao auf eine Schule, die vom berühmten deutschen Sinologen und Missionar Richard Wilhelm gegründet worden war. “Es stand eine Statue von ihm auf dem Campus. Sein altes Studierzimmer, in dem er chinesische Klassiker übersetze, diente uns als Musikzimmer. Damals dachte ich aber noch nicht viel darüber nach.”
Mit 18 verließ Ming China und studierte unter anderem an der renommierten Columbia-University in New York Journalismus. Zehn Jahre war sie in den USA als Journalistin tätig, anderem für die Fotoredaktionen des Time Magazins und Getty Images.
Nach Deutschland kam Ming 2018. In Berlin fiel ihr auf, dass erstaunlich wenige Menschen mit dem Namen ihrer Heimatstadt etwas anfangen konnten. Als freischaffende Journalistin begann sie zu recherchieren, wie präsent die Kolonialgeschichte der Deutschen in China tatsächlich ist. “Deutschland ist bekannt für seine Erinnerungskultur. Von diesem Teil der Geschichte wird im Schulunterricht aber wenig gesagt. Viele wissen zum Beispiel nicht, dass die Deutschen am Boxerkrieg beteiligt waren, der Zehntausende von Toten forderte und zu umfangreichen Plünderungen von chinesischen Kulturgütern führte.”
Neben zahlreichen Artikeln hat Ming gerade zusammen mit dem Bildungsnetzwerk China einen Audiowalk in Berlin mitgestaltet, der die Geschichte einiger Straßennamen im Stadtteil Wedding beleuchtet. Dort gibt es die Kiautschou-Straße und den Pekinger Platz, so getauft im Jahr 1905 als direkte Erinnerung an die militärische Besetzung Pekings durch die westlichen Großmächte unter Führung eines deutschen Generalfeldmarschalls.
Der Spaziergang endet am Robert-Koch-Institut und schlägt damit einen Bogen in die Gegenwart. “Bestimmte Stereotype aus der Kolonial-Ära haben sich bis heute gehalten, was zum Beispiel während der Corona-Zeit in anti-asiatischem Rassismus deutlich wurde”, erklärt Ming. “Dass sie seltsame Essgewohnheiten haben, ungebildet und unhygienisch sind. Diese Vorurteile gab es schon damals in Qingdao.”
Der Titel des Projekts lautet “Ěrinnern”, – ein Wortspiel mit Ěr 耳, dem chinesischen Wort für Ohr. Es ginge ihr bei alldem nicht nur um die Geschichte an sich, sondern auch darum, wie die Menschen in Deutschland und China sich an sie erinnern, sagt Ming.
Die in den USA ausgebildete Journalistin schreibt hauptsächlich auf Englisch, hat aber auch einige Artikel auf Chinesisch zum Thema verfasst, zum Beispiel über die kolonialen Straßennamen in Berlin, die mit großem Interesse aufgenommen wurden, nicht zuletzt von Chinesen, die in Deutschland leben. “In China sagt man oft, die Deutschen gingen verantwortungsvoll mit ihrer Geschichte um, etwa im Gegensatz zu den Japanern. Und das sehe ich auch so im Zusammenhang mit dem Holocaust: Nicht viele Weltmächte haben diesen Grad von Reflexion ihrer eigenen Vergangenheit erreicht. Aber ich denke, die Erinnerungskultur in Deutschland ist nicht komplett, wenn sie die koloniale Geschichte nicht auch zum Thema macht.” Fabian Peltsch
Claus Soong ist neuer Analyst beim Thinktank Merics. Soong wird sich mit Chinas Außenpolitik, vor allem Indopazifik-Raum und Globalen Süden, befassen.
Andy Janz ist neuer Head of Commercial-China beim in Dubai ansässigen Tourismus-Anbieter HTS. Er war zuvor Director of Marketing & Digital Commerce bei Gebeco.
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Felix Lee hatte mit seiner Analyse vor zwei Wochen in ein Wespennest gestochen: Trotz der gesellschaftlichen Übereinkunft, dass mehr China-Kompetenz gefragt ist, kürzen Regierung und Stiftungen ihre Programme zusammen.
Dazu hat ihm nun der China-Verantwortliche der Stiftung Mercator Rede und Antwort gestanden. Christian Straube betont, dass die Stiftung unverändert an ihrem Engagement festhält, es aber als notwendig erachtet, neue Schwerpunkte zu setzen. Der direkte Austausch scheitert oft am Mangel an Partnern vor Ort. Dafür spielt das Land als Querschnittthema mit anderen Stiftungszielen eine immer größere Rolle.
Die Import-Expo startet in Shanghai, und Premier Li Qiang verspricht erneut freien Marktzugang. Fabian Kretschmer beleuchtet das in seiner Analyse kritisch – und zwar unter dem Aspekt des Konsums. Chinas Exportüberschuss ist deshalb so hoch, weil die eigenen Arbeiter nicht in vollem Umfang am Wirtschaftserfolg teilhaben. Sonst würde China auch mehr aus dem Ausland nachfragen.
Das ist völlig richtig. Dazu lässt sich bloß anmerken, dass auch Deutschland jahrelang besonders wettbewerbsfähig war und im Außenhandel hohe Überschüsse erwirtschaftet hat, indem die Löhne im Inland vergleichsweise niedrig geblieben sind. Doch das macht es nicht besser. Und im Falle Chinas unterstellen Ökonomen sogar politische Absicht: Wenn das Volk nicht zu schnell reich wird, muckt es vielleicht auch weniger auf.
Es wird viel über China-Kompetenz gesprochen. Trotzdem fällt auf: Sowohl Regierung als auch Privatstiftungen streichen ihre China-Programme zusammen. Wie passt das zusammen?
Natürlich erfordert der Aufbau von China-Kompetenz finanzielle Mittel. Das passt auf den ersten Blick schlecht zusammen. So heißt es etwa in der China-Strategie der Bundesregierung sinngemäß: Die dort definierten Aufgaben müssten ohne zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts erledigt werden. Aber wird wirklich überall gekürzt? Bei der Stiftung Mercator feiert unser Büro in Peking nächstes Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Wir haben weiter ein umfangreiches China-Portfolio mit zum Beispiel Partnergesellschaften wie dem Mercator Institute for China Studies (Merics) und dem Bildungsnetzwerk China, Förderprojekten wie mit dem European Council on Foreign Relations und eigene operative Projekte wie Delegationsreisen mit Vertreter*innen des chinesischen Stiftungssektors und des Ministeriums für zivile Angelegenheiten.
Mercator hat aber auch die Förderung einiger China-Programme eingestellt.
Mit unserer refokussierten Strategie im Bereich Europa in der Welt hat China eher noch an Bedeutung gewonnen. Wir verstehen China nicht nur als Region, sondern als Querschnittsthema zwischen unseren Handlungsfeldern. Wir bauen Projekte mit China-Bezug also eher aus. Aber natürlich müssen wir auf die aktuelle Lage reagieren und immer wieder überprüfen, ob Projekte mit China auch unseren strategischen Überlegungen und Wirkungserwartungen entsprechen.
Das sicherlich erfolgreichste Projekt von Mercator ist der Aufbau von Merics, dem Mercator Institute for China Studies. Mercator will sich in den nächsten Jahren aber sukzessive aus der Finanzierung zurückziehen.
Die Stiftung hat das Institut über die vergangenen zehn Jahre verteilt bereits mit über 30 Millionen Euro gefördert. Zwar ist es richtig, dass die Bewilligungssummen abnehmen. Aber dies ist nicht spezifisch für Merics, sondern hängt mit der Art zusammen, wie wir als Stiftung Partnergesellschaften aufbauen. Dieser Prozess hat mehrere Förderphasen, bei denen der Finanzierungsanteil der Stiftung auf dem Weg zu einer Verstetigung abnimmt. Innovation ist uns wichtig und wir fördern prinzipiell nicht auf Dauer. Zugleich ist die Stiftung Mercator mit mehrjährigen Förderphasen ein langfristiger Geldgeber. So erstreckt sich die dritte Förderphase für Merics bis 2028.
Wie steht es um das Bildungswerk China, also das zweite große China-Programm, das von der Stiftung Mercator unterstützt wird?
Das Bildungsnetzwerk China ist aktuell in seiner ersten Förderphase und kümmert sich um den Aufbau von China-Kompetenz insbesondere in der Zielgruppe junger Menschen, also Schülerinnen und Schüler. Zudem will es ein Vehikel zum Aufbau von China-Kompetenz für unterschiedlichste Akteure in Deutschland sein. Das Bildungswerk ist auch in Projekten aktiv, die wiederum Fördermittel von anderen erhalten, etwa die Schülerakademien in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt. Wir freuen uns über den Erfolg des Bildungsnetzwerks bei der Einwerbung solcher Drittmittel.
Bleibt die finanzielle Förderung für das Bildungsnetzwerk von Mercator gleich oder wird sie gar erhöht?
Wir haben die Finanzierung des Bildungsnetzwerks zunächst bis 2026 verlängert und planen derzeit wie bei den anderen Partnergesellschaften mit weiteren Förderphasen.
Mercator hat zudem die Bildungsbrücke China-Deutschland finanziell unterstützt, ein Programm für Studierende und Ausbildende in den sogenannten MINT-Fächern, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, die sich über China informieren wollen. Warum wird diese Förderung nach drei Jahren nicht verlängert?
Studierende und Auszubildende gehören nicht zur Kernzielgruppe unserer Austausch- und Begegnungsarbeit mit China. Die Stiftung hatte etwas gefördert, was am Rande unserer Strategie lag.
Sie sprechen von Refokussierung auf Europa mit China als Querschnittthema. Was genau bedeutet das?
Das ist ein Missverständnis, wir konzentrieren uns keineswegs nur auf Europa. Das erste Handlungsfeld unserer refokussierten Strategie lautet: Internationale Neuordnung inklusiver gestalten. Dabei geht es uns um die Frage nach der Rolle Europas in einer sich dynamisch verändernden Weltordnung und wie wir eine vorausschauendere und inklusivere Außenpolitik unterstützen können. Beim zweiten Handlungsfeld wollen wir dazu beizutragen, konstruktive Beziehungen zu China und unserem zweiten Schwerpunktland, der Türkei, aufrechterhalten. Und mit unserem dritten Handlungsfeld wollen wir die europäische Integration vorantreiben. Auch da ist China ganz dezidiert ein Querschnittsthema. Wir wollen über China mit Ländern in der EU und ihrer östlichen und südöstlichen Nachbarschaft ins Gespräch kommen und gemeinsame europäische Positionen entwickeln.
Vorher hatte die Stiftung Mercator Programme unterstützt, die direkt mit China zu tun haben. Jetzt gehen Sie den Umweg über Länder Osteuropas?
Wie gesagt sind wir weiterhin aktiv in der direkten Befassung mit China. Zugleich brauchen wir all diese europäischen Perspektiven, um als Europa handlungsfähiger zu werden. Sie bereichern uns auch, weil sie das Bild von China in Europa diverser machen und wir damit wiederum mehr über China erfahren. Ein Stichwort in der China-Strategie der Bundesregierung lautet: chinapolitische Koordinierung. Diese Koordinierung lässt sich auch auf Europa ausweiten. Das findet derzeit noch nicht ausreichend statt.
Mit der Zukunftsbrücke unterstützte die Stiftung Mercator bis 2019 ein Programm, das mit dem Chinesischen Jugendverband, einer Unterorganisation der Kommunistischen Partei, Nachwuchsführungskräfte aus beiden Ländern zusammenbrachte. Ein solches Programm wäre heute sicherlich nicht mehr möglich.
Dieses Projekt entstand in einer Zeit, als andere Rahmenbedingungen herrschten. Und die haben sich fundamental geändert. Ich persönlich habe dieses Projekt zuletzt nur noch im Rahmen von Alumni- Veranstaltungen erlebt mit starkem deutschem Fokus und nicht mehr als eine gemeinsame deutsch-chinesische Kooperation.
Wäre es nicht gerade in geopolitisch konfliktreichen Zeiten umso wichtiger, mit chinesischen Führungskräften auch persönlich in Kontakt zu treten, um Spannungen abzubauen?
Ja, da haben Sie völlig recht. Die Frage ist nur, wie sich so ein Projekt heutzutage noch aufbauen lässt. Die Rahmenbedingungen für eine Zusammenarbeit sind sehr viel schwieriger geworden. Wir versuchen aber gerade auf einer eher individualisierten Ebene Personen anzusprechen und somit chinesische Perspektiven auf globale Themen im deutschen Sprachraum hörbar zu machen.
Auf chinesischer Seite scheint nach der Pandemie der Wunsch nach mehr Austausch wieder größer zu sein.
Das sind zumindest die Signale. Aber wir müssen schauen, welche Strukturen dahinterstecken und ob sich wirklich Möglichkeiten zum Austausch ergeben.
Zugleich scheint das Interesse in Deutschland an China rapide abzunehmen. Die Zahl der Sinologie-Studierenden ist eingebrochen.
Das ist natürlich bedauerlich. Aber zugleich sehe ich auch verschiedene methodische Ansätze, China-Kompetenz zu fördern. Wir engagieren uns zum Beispiel mit der Entwicklung von Lehrmaterialen für Schulen durch das Bildungsnetzwerk China, einer integrierten China-Beobachtung über Sektoren hinweg bei MERICS und eigenen Dialogprogrammen mit chinesischen Teilnehmer:innen. Mit der China-Strategie der Bundesregierung ist ein wichtiger Schritt getan, weil damit die gesellschaftspolitische Relevanz klar geworden ist. Wir haben natürlich ein riesiges Personalproblem und schlichtweg zu wenig Menschen mit China-Expertise. Und gerade mit Blick auf die nächste Generation sollte auch die Politik klarmachen, dass China relevant ist – und zwar nicht nur als Modethema, sondern dauerhaft.
Christian Straube ist Projektmanager im Bereich Europa in der Welt der Stiftung Mercator und zuständig für das China-Portfolio. Zuvor war er Programm-Manager im China-Programm der Stiftung Asienhaus. Er hat Moderne Sinologie, Politikwissenschaft Südasiens und Volkswirtschaftslehre in Heidelberg und Peking studiert und wurde für seine Forschungsarbeit am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg promoviert.
Wieder einmal hat Chinas Premier den ausländischen Unternehmen das Blaue vom Himmel versprochen. “Wir werden den Marktzugang weiter lockern”, sagte Li Qiang am Sonntag bei der Eröffnungszeremonie der alljährlichen Import-Expo in Shanghai. Unter dem Beifall hunderter Vorstandschefs versprach der 64-Jährige, die Einfuhren der Volksrepublik in den nächsten fünf Jahren auf insgesamt 17 Billionen Dollar zu steigern.
Doch die meisten Unternehmer zeigten sich unbeeindruckt ob der wohlmeinenden Rhetorik. Seit Jahren hören sie schließlich die immer gleich lautenden Ankündigungen der Parteikader, denen jedoch kaum Taten folgen. Besonders deutlich fällt die Kritik von der europäischen Handelskammer aus: Vize-Präsident Carlo D’Andrea bezeichnete die Import-Expo als “politisches Schaufenster”, das vor allem Marketing-Zwecken dienen würde.
Fakt ist: Keine andere Wirtschaftsmacht verzeichnet einen derart unausgeglichenen Außenhandel wie China. Seit Jahrzehnten erzielt die Volksrepublik eklatante Handelsüberschüsse, die insbesondere während der Pandemie alle Rekorde gebrochen haben. Anders ausgedrückt: China überschwemmt die Märkte weltweit mit heimischen Produkten, während die 1,4 Milliarden Konsumenten verhältnismäßig immer weniger aus dem Ausland kaufen. Tatsächlich stellt die Volksrepublik 18 Prozent der weltweiten Wirtschaftsproduktion her, generiert jedoch gleichzeitig nur 13 Prozent des globalen Konsums.
Im Besonderen die Europäische Union, Chinas wichtigster Handelspartner, leidet unter dem zunehmenden Ungleichgewicht. Die Zahlen sind geradezu erdrückend: Derzeit exportiert Peking nahezu viermal mehr in die EU, als es aus der EU importiert. Das Defizit der Europäer beläuft sich auf knapp 400 Milliarden Euro pro Jahr.
Mit der 2018 ins Leben gerufenen Import-Expo in Shanghai will die chinesische Regierung der Außenwelt zeigen, dass man das Problem ernst nimmt. Allein dieses Jahr nehmen laut Angaben der Organisatoren 289 der 500 größten Unternehmen der Welt an der Messe teil, um für höhere Marktanteile auf dem chinesischen Markt zu werben. Und entgegen der politischen Rhetorik ist auch die US-Wirtschaft zahlenmäßig stark vertreten.
Doch die Import-Expo wird wohl kaum für ausgeglichenere Handelsbeziehungen sorgen. Denn die Ursachen liegen viel tiefer – und werden auch von vielen Ökonomen missverstanden. Nach wie vor nämlich interpretieren sie die Handelsüberschüsse als Stärke der chinesischen Volkswirtschaft. Tatsächlich jedoch sind sie ein Symptom ihrer Schwäche: In gesunden Volkswirtschaften würden die Einnahmen nämlich unweigerlich in höheren Löhnen und schlussendlich steigenden Importen münden. In China hingegen passiert nahezu das Gegenteil: Trotz Rekord-Exporten stagnieren die Einfuhren.
Das Problem ist struktureller Natur. In keiner anderen Wirtschaftsmacht der Welt ist der Anteil der Privathaushalte am Bruttoinlandsprodukt derart niedrig wie in China. Durch künstlich niedrig gehaltene Löhne und nur rudimentäre Sozialsysteme bleibt der Bevölkerung – relativ gesehen – wenig verfügbares Einkommen über. Dementsprechend sind ihre Konsumausgaben, anteilig am BIP, mit 38 Prozent deutlich niedriger als in den USA (68 Prozent), Japan (56 Prozent) oder auch Deutschland (etwa 52 Prozent).
Insbesondere seit Ende der “Null Covid”-Politik fordern zunehmend Wirtschaftsexperten im In- und Ausland, dass die Regierung ein massives Stimulus-Paket schüren müsse, um den Konsum wieder anzutreiben. Auch mittelfristig wäre dies der einzige Weg, wie China die Transformation von einer rein Investment-getriebenen Volkswirtschaft hin zum konsumgetriebenen Wachstum vollbringen könnte.
Warum das bislang nicht passiert, hat jedoch vor allem politische Gründe: Damit die Haushalte ein größeres Stück vom Kuchen erhalten, müsste die Regierung zwangsweise einen Teil ihrer finanziellen Ressourcen – und damit schlussendlich auch ihrer politischen Macht – abgeben.
Die Interpretation der Vorgänge fällt ernüchternd aus. “Xi Jinping will gar nicht zu viel Konsum. Er glaubt, dass es den Menschen besser geht, wenn sie sich abmühen und ein hartes Leben führen”, sagt der renommierte Ökonom und jahrzehntelange China-Kenner Barry Naughton. Die Schlussfolgerung des Professors an der University of California: Xi möchte zwar die Leute aus der Armut holen; doch dass sie auch reich werden, ist in seiner Vision von einem modernen, sozialistischen Staat nicht vorgesehen.
Was nach einer kühnen These klingt, behauptet der KP-Parteivorsitzende selbst höchst unverblümt in seinen Reden: Darin fordert Xi regelmäßig das Volk dazu auf, sprichwörtlich “Bitterkeit zu essen” und sich auf schwere Zeiten einzustellen. Gleichzeitig kritisiert er Wohlfahrtsstaaten nach europäischem Vorbild als dekadent, weil sie die Leute “faul” machen würden.
Von der politischen Warte des 70-Jährigen hat eine solche Sichtweise durchaus Sinn. Haben die Chinesen erstmal ihre grundlegenden Bedürfnisse im Alltag befriedigt, steigt nämlich auch ihr Drang nach Selbstverwirklichung und politischer Teilhabe. Nirgendwo lässt sich das deutlicher sehen als in Shanghai, Chinas wohlhabendster und Konsum-orientierter Stadt.
Dort zeigt die Bevölkerung trotz der flächendeckenden Repressionen immer wieder Züge der Rebellion. Beim Halloween-Fest vor wenigen Tagen zogen etliche junge Menschen in provokanten Kostümen durch die Straßen der französischen Konzession: Manche Shanghaier hüllten sich etwa in weiße Seuchenschutzanzüge, um die radikalen Lockdowns des Vorjahrs anzuprangern. Ein anderer Teilnehmer verkleidete sich als personifizierte Überwachungskamera. Und mindestens eine Frau klebte sich dutzende weiße Blätter auf ihren Körper – das Symbol der Anti-Regierungsproteste vom vergangenen Dezember. Fabian Kretschmer
Der chinesische Joint-Venture-Partner von BASF steht einer Medienrecherche zufolge unter dem Verdacht, in Xinjiang Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Der deutsche Chemiekonzern will deshalb nun eine weitere Überprüfung durchführen lassen, wie das Handelsblatt am Sonntag berichtete. Demnach stehen Anteilseigner von Markor, dem Joint-Venture-Partner von BASF in Xinjiang, unter dem Verdacht, Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Bei ihnen handelt es sich um die Zhongtai Group und deren Tochterfirma Zhongtai Chemical.
Die Zhongtai Group wurde von den USA auf Basis des Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA) im September auf eine US-Sanktionsliste für Produkte aus Xinjiang gesetzt. Zhongtai Chemical befindet sich seit Juni auf der Sanktionsliste.
BASF betreibt in der Industriezone der Stadt Korla zwei Joint Ventures. Dem Bericht zufolge hält die Zhongtai Group nach BASF-Angaben indirekt über zwei Beteiligungsgesellschaften Minderheitsanteile an dem Joint-Venture-Partner Markor. Zhongtai Chemical soll demnach 24 Prozent der Anteile von Markor halten. Das ging dem Bericht zufolge aus einer Analyse des Softwareunternehmens Datenna hervor, das Daten aus öffentlichen Quellen auswertet.
BASF nehme die Veröffentlichungen zu Xinjiang “sehr ernst” und zum Anlass, die Arbeitsbeziehungen an den Standorten der Joint Ventures in Korla regelmäßig zu überprüfen, wird das Unternehmen in dem Bericht zitiert. Nach einem internen Audit im Jahr 2019 und einem externen Audit im Jahr 2020 sei Anfang 2023 ein weiteres internes Audit bei den Joint-Venture-Betrieben durchgeführt worden. “Im Ergebnis können wir feststellen, dass bei keiner dieser Überprüfungen Hinweise auf Zwangsarbeit oder andere Menschenrechtsverletzungen gefunden wurden“, heißt es in dem Bericht. BASF steht demnach auch im Austausch mit Markor zu dem Thema.
BASF will außerdem eine weitere Überprüfung durchführen lassen: “Aktuell stehen wir in konkreten Gesprächen mit einer renommierten Prüfungsgesellschaft zur Erneuerung unseres Joint-Venture-Audits aus dem Jahr 2020”, erklärte der Konzern dem Handelsblatt zufolge. ari
EU-Staat Estland bekommt eine taiwanische Vertretung. Das Taipeh-Büro ist allerdings keine offizielle diplomatische Botschaft oder Konsulat. “Genau wie viele andere Länder der Europäischen Union ist Estland bereit, die Einrichtung einer nicht-diplomatischen Wirtschafts- oder Kulturvertretung Taipehs zu akzeptieren, um solche Beziehungen zu fördern”, erklärte Außenminister Margus Tsahkna in einem Statement. Das Außenministerium betonte, Estland verfolge weiterhin die Ein-China-Politik, erkenne Taiwan nicht als Staat an und werde keine politischen Beziehungen mit dem Land aufbauen.
“Gleichzeitig halten wir es für wichtig, die Beziehungen zu Taiwan in den Bereichen Wirtschaft, Bildung, Kultur, Beziehungen zwischen Organisationen der Zivilgesellschaft und anderen Bereichen dieser Art zu stärken”, sagte Tsahkna. “Wir unterstützen auch Taiwans Beteiligung an internationalen Angelegenheiten in Bereichen von globalem Interesse, wie dem Kampf gegen Pandemien und Taiwans Beteiligung an der Weltgesundheitsorganisation. Die Wiederbelebung der Beziehungen zu Taiwan steht nicht im Widerspruch zur ‘Ein-China-Politik’”, fügte der Minister hinzu.
Das Ein-China-Prinzip ist die Position der Kommunistischen Partei Chinas, dass es nur einen souveränen Staat unter dem Namen China gibt und Taiwan ein unveräußerlicher Teil dessen ist. Der baltische Staat Litauen hatte vor gut zwei Jahren ein Taiwan-Büro in Vilnius eröffnet und dieses auch mit “Taiwan” benannt. Peking sah darin eine Provokation und verhängte eine De-facto-Handelsblockade gegen Litauen. Vorgehen wie dieses soll mit dem neu geschaffenen EU-Handelsinstrument gegen wirtschaftlichen Zwang gekontert werden können. ari
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich am Freitag per Videokonferenz mit Chinas Staatschef Xi Jinping über die aktuelle Lage im Nahen Osten und der Ukraine ausgetauscht. Weitere Themen seien die bilateralen Beziehungen und die Zusammenarbeit im Wirtschaftsbereich gewesen, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit. Weitere Angaben wurden von der Bundesregierung nicht gemacht.
Die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, Xi habe in dem Gespräch gesagt, die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien stabiler geworden. Dies betreffe auch den Dialog über Fragen des Klimaschutzes, der schnellstmöglich fortgesetzt werden solle. Deutschland und China sollten zudem gemeinsam die internationale Ordnung und den Multilateralismus verteidigen und bei globalen Herausforderungen zusammenarbeiten. China betrachte Europa als einen strategischen Partner. Beide Seiten sollten darauf hinwirken, Konflikte und Spannungen zu deeskalieren, sagte Xi laut Xinhua. rtr
Fast die Hälfte der deutschen Maschinenbaufirmen überdenkt nach Angaben des Branchenverbandes VDMA ihr China-Geschäft. Zugleich planten 42 Prozent der befragten Firmen aber einen Ausbau ihrer Tätigkeiten in China, teilte der Verband zu einer Umfrage unter 304 Mitglieds-Firmen in Deutschland und China mit.
Hauptgründe für das Abwägen der Unternehmen sind laut VDMA die erschwerte Geschäftslage vor Ort, die Verschärfung der geopolitischen Spannungen und der Druck auf chinesische Unternehmen, einheimische Lieferanten und Produkte zu bevorzugen. “Wir beobachten eine deutliche Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit von lokalen Unternehmen aufgrund einer erhöhten Qualität und Technologie der Produkte, aber auch verstärkte industriepolitische Eingriffe des Staates”, sagte Ulrich Ackermann, Abteilungsleiter Außenwirtschaft im VDMA.
Die Firmen prüften eine stärkere Fokussierung auf die Märkte in den USA und Indien, sagte er. Zudem würden Unternehmen stärker an eine Lokalisierung des Geschäfts denken, also Lieferketten ganz auf China zu beschränken – nach dem Prinzip “in China, für China”. Die früher häufig angedachte Strategie, aus China heraus den Weltmarkt zu beliefern, werde damit aufgegeben.
China ist für die deutsche Maschinenbauindustrie derzeit mit großem Abstand der größte Absatzmarkt außerhalb Europas. flee/rtr
Der chinesische Elektroautoriese BYD favorisiert einem Medienbericht zufolge Ungarn als Standort für seine erste Autofabrik in Europa. Intern sei die Entscheidung gefallen, dass die Autofabrik in Ungarn entstehen solle, schreibt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS). Das Blatt beruft sich dabei auf nicht näher genannte Quellen aus dem Umfeld des Unternehmens.
Laut einer amtlichen chinesischen Internetseite hatte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán kürzlich die BYD-Zentrale im chinesischen Shenzhen besucht und dort Unternehmenschef Wang Chuanfu getroffen. Orbán war Mitte Oktober in China. Er hatte dort als einer von wenigen europäischen Vertretern an einem Gipfeltreffen zum zehnjährigen Bestehen des chinesischen Handelsprojekts der Neuen Seidenstraße teilgenommen.
BYD erklärte auf Anfrage von Reuters, dass die Standortsuche noch laufe und eine Entscheidung Ende des Jahres bekannt gegeben werden solle. Von der ungarischen Regierung lag zunächst keine Stellungnahme vor. In Medienberichten wurde BYD zuletzt auch als ein möglicher Interessent für das von der Schließung bedrohte Ford-Werk in Saarlouis gehandelt. rtr
Der defizitäre chinesische Elektroautobauer Nio streicht zehn Prozent der Jobs und setzt bei Investitionen den Rotstift an. Wegen des wachsenden Wettbewerbs müsse das Unternehmen die Effizienz steigern und die Kosten senken, teilte Nio mit. “Dies ist eine harte, aber notwendige Entscheidung angesichts des harten Wettbewerbs“, schrieb Nio an die Beschäftigten in einer der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden E-Mail.
Der Stellenabbau solle noch im November abgeschlossen werden. Zudem kürzt Nio die langfristigen Investitionen. Projekte, die nicht binnen drei Jahren zum Ergebnis beitrügen, würden aufgeschoben oder gestrichen.
Die Nachfrage nach Elektroautos hat sich in China abgeschwächt, da die Verbraucher günstigere Plug-in-Hybride bevorzugen. Zugleich setzt der von Tesla angezettelte Preiskrieg den Autobauern in dem hart umkämpften Markt zu.
Nio gehört zu den chinesischen Autobauern, die in Europa schon präsent sind. Insidern zufolge zieht Nio zum Ausbau seines Europageschäftes den Vertrieb über Händler in Betracht, um den Absatz anzukurbeln. Zuletzt betrieb Nio sechs Filialen in Deutschland, Norwegen, Schweden, Dänemark und den Niederlanden. flee/rtr
In Deutschland wissen erstaunlich wenige Menschen von der deutschen Kolonialgeschichte in China, sagt Charlotte Ming. In ihrer Heimat, dem ostchinesischen Qingdao, sieht das ganz anders aus. Die Hafenstadt war von 1898 bis 1919 erzwungenes Pachtgebiet des Deutschen Reiches, der sogenannten Kolonie Kiautschou.
“Die Menschen in Qingdao haben heute ein eher rosiges Bild dieser Kolonialgeschichte”, sagt Ming. Zum Beispiel mache bei starken Regenfällen immer noch regelmäßig das Gerücht die Runde, das von den Deutschen angelegte Abwassersystem mache die Stadt praktisch immun gegen Überflutung. Gǔ lì gài – 古力盖 – “Gullideckel” – fand als Lehnwort sogar Eingang in den Qingdao-Dialekt. “Dabei ist ihre Wirkung mehr als übertrieben”, lacht Ming.
Zumal die Abwasserkanäle nur einen kleinen Teil des Abwassersystems der Neun-Millionen-Stadt ausmachen und damals vor allem den Kolonialherren dienen sollten. “In der Stadtplanung herrschte strikte Segregation”, erklärt Ming. “Der Rassismus gegenüber Chinesen war stark ausgeprägt.”
Trotzdem wurde das deutsche Erbe eine Art touristisches Alleinstellungsmerkmal für Qingdao, das für viele Bewohner bis heute die Identität der Stadt ausmacht. Ming selbst ging in Qingdao auf eine Schule, die vom berühmten deutschen Sinologen und Missionar Richard Wilhelm gegründet worden war. “Es stand eine Statue von ihm auf dem Campus. Sein altes Studierzimmer, in dem er chinesische Klassiker übersetze, diente uns als Musikzimmer. Damals dachte ich aber noch nicht viel darüber nach.”
Mit 18 verließ Ming China und studierte unter anderem an der renommierten Columbia-University in New York Journalismus. Zehn Jahre war sie in den USA als Journalistin tätig, anderem für die Fotoredaktionen des Time Magazins und Getty Images.
Nach Deutschland kam Ming 2018. In Berlin fiel ihr auf, dass erstaunlich wenige Menschen mit dem Namen ihrer Heimatstadt etwas anfangen konnten. Als freischaffende Journalistin begann sie zu recherchieren, wie präsent die Kolonialgeschichte der Deutschen in China tatsächlich ist. “Deutschland ist bekannt für seine Erinnerungskultur. Von diesem Teil der Geschichte wird im Schulunterricht aber wenig gesagt. Viele wissen zum Beispiel nicht, dass die Deutschen am Boxerkrieg beteiligt waren, der Zehntausende von Toten forderte und zu umfangreichen Plünderungen von chinesischen Kulturgütern führte.”
Neben zahlreichen Artikeln hat Ming gerade zusammen mit dem Bildungsnetzwerk China einen Audiowalk in Berlin mitgestaltet, der die Geschichte einiger Straßennamen im Stadtteil Wedding beleuchtet. Dort gibt es die Kiautschou-Straße und den Pekinger Platz, so getauft im Jahr 1905 als direkte Erinnerung an die militärische Besetzung Pekings durch die westlichen Großmächte unter Führung eines deutschen Generalfeldmarschalls.
Der Spaziergang endet am Robert-Koch-Institut und schlägt damit einen Bogen in die Gegenwart. “Bestimmte Stereotype aus der Kolonial-Ära haben sich bis heute gehalten, was zum Beispiel während der Corona-Zeit in anti-asiatischem Rassismus deutlich wurde”, erklärt Ming. “Dass sie seltsame Essgewohnheiten haben, ungebildet und unhygienisch sind. Diese Vorurteile gab es schon damals in Qingdao.”
Der Titel des Projekts lautet “Ěrinnern”, – ein Wortspiel mit Ěr 耳, dem chinesischen Wort für Ohr. Es ginge ihr bei alldem nicht nur um die Geschichte an sich, sondern auch darum, wie die Menschen in Deutschland und China sich an sie erinnern, sagt Ming.
Die in den USA ausgebildete Journalistin schreibt hauptsächlich auf Englisch, hat aber auch einige Artikel auf Chinesisch zum Thema verfasst, zum Beispiel über die kolonialen Straßennamen in Berlin, die mit großem Interesse aufgenommen wurden, nicht zuletzt von Chinesen, die in Deutschland leben. “In China sagt man oft, die Deutschen gingen verantwortungsvoll mit ihrer Geschichte um, etwa im Gegensatz zu den Japanern. Und das sehe ich auch so im Zusammenhang mit dem Holocaust: Nicht viele Weltmächte haben diesen Grad von Reflexion ihrer eigenen Vergangenheit erreicht. Aber ich denke, die Erinnerungskultur in Deutschland ist nicht komplett, wenn sie die koloniale Geschichte nicht auch zum Thema macht.” Fabian Peltsch
Claus Soong ist neuer Analyst beim Thinktank Merics. Soong wird sich mit Chinas Außenpolitik, vor allem Indopazifik-Raum und Globalen Süden, befassen.
Andy Janz ist neuer Head of Commercial-China beim in Dubai ansässigen Tourismus-Anbieter HTS. Er war zuvor Director of Marketing & Digital Commerce bei Gebeco.
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