Table.Briefing: China

Ilja Poepper von Kempinski + Klimapolitik entwirrt

  • Ilja Poepper von Kempinski zum Hotelmarkt
  • Klimapolitik: Was sind die wahren Pläne für Öl und Kohle?
  • Steuererleichterungen für Ausländer gelten weiter
  • Subventionen für E-Autos laufen wie geplant aus
  • Kritik an Daimler-Werbung wegen asiatischer Augen
  • Hongkongs letzte kritischen Medien schließen
  • Xi lobt Pandemie-Politik in Neujahrsansprache
  • Lockdown in Covid-Regionen verschärft
  • Portrait: Hans-Peter Friedrich, Architekt der China-Brücke
Liebe Leserin, lieber Leser,

ein glückliches, erfolgreiches neues Jahr wünscht der China.Table. In den kommenden vier Wochen nehmen wir nun Anlauf für das chinesische Neujahrsfest am 1. Februar. Die Tiger können kommen.

In unserem CEO-Talk mit Frank Sieren geht es an diesem Montag um das Gastgewerbe. Ilja Poepper ist ein absoluter Kenner des Hotelgeschäfts in China. Er war der einzige europäische Spitzenmanager bei dem chinesischen Großkonzern Dalian Wanda. Heute ist er bei Kempinski als regionaler Vice President für das Marketing in Asien zuständig. Er erzählt uns von reichen Chinesen, die problemlos mehrere Tausend Euro für eine Übernachtung bezahlen – dann allerdings Essen von Lieferdiensten ins Hotel bestellen. Auch darauf muss sich ein kluges Management einstellen. Wer in China mit Marketing zu tun hat, wird auch an anderer Stelle aufhorchen: Poepper sieht in der Ansprache von Influencern den Schlüssel zum Verkaufserfolg in China.

Er erzählt auch vom Umgang mit Wang Jianlin, dem Gründer der Wanda-Gruppe. Dieser pflegt zwar einen fast militärischen Führungsstil. Doch die hohe Disziplin mache es möglich, komplexe Projekte im Zeitplan fertigzustellen. “Da gab es keine Ausreden oder Entwicklungen wie am neuen Berliner Flughafen”, so Poepper.

China bleibt eben gerne im Plan. Wer sich jedoch an diese Erkenntnis klammert, bleibt beim Blick auf die Klimapolitik derzeit verwirrt. Als Beitrag zur internationalen Klimakonferenz hat das Land zwar lauwarme Pläne mitgebracht, könnte diese jedoch weit übertreffen, wie aktuelle Einschätzungen zeigen. Zugleich senden Wirtschaftsplaner widersprüchliche Signale pro Kohle. Christiane Kühl entwirrt in ihrer Analyse den Dschungel der chinesischen Klimapläne.

Am 1. Januar wurde der Freihandelsmechanismus RCEP gestartet – wenn Sie möchten, können Sie hier im China.Table alles Relevante nachlesen. Und falls Sie den China.Table zwischen den Feiertagen nicht geöffnet haben, möchten wir Sie noch einmal auf das Interview mit dem Sinologen Klaus Mühlhahn hinweisen. Er ordnet die Signale der chinesischen Innen- und Außenpolitik in einem Ausblick auf 2022 ein. Der Experte hat eine beunruhigende Botschaft für die Außenwirtschaft: China beginnt nun systematisch, die Lieferkette als Druckmittel einzusetzen.

Einen guten Start in diese besondere Woche wünscht

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

CEO-Talk

“Wir müssen uns in China stets etwas Neues einfallen lassen”

Ilja Poepper, Vice President Sales & Marketing der Kempinski Hotels in Asien redet im CEO-Talk über seine Zeit in China.
Ilja Poepper, Vice President Sales & Marketing der Kempinski Hotels Asien

Ilja Poepper (50) ist Vice President für Sales & Marketing der Kempinski Hotels in Asien. Poepper lebt schon in zweiter Generation in Peking. Sein Vater war China-Chef von Alcatel SEL und hat Mitte der 1980er-Jahre die deutsche Kaufmannschaft in Peking mitbegründet, aus der später die AHK hervorging.

Sohn Ilja ist in Peking zur Deutschen Schule gegangen und durchlief später die Steigenberger Akademie in Bad Reichenhall, eine der besten Schulen für Hotelmanagement der Welt. Dennoch wurde ihm nichts geschenkt – im Gegenteil – hat er sich quer durch die Hotellandschaft in China nach oben gearbeitet: Intercontinental, Holiday Inn, Crowne Plaza und Howard Johnson waren seine Stationen. 2012 wurde er beim chinesischen Immobilienkonzern Wanda zum Vice President ernannt.

Bei Wanda war er am Aufbau der ersten chinesischen Luxus-Hotelgruppe und der Neueröffnung von 76 Hotels in sechs Jahren beteiligt. Poepper hat hier einen Umsatz von 1,1 Milliarden US-Dollar verantwortet und die Gewinnerwartungen stark übertroffen. Nach diesem stressreichen Erfolg konnte er sich schließlich einen Traum erfüllen und ein Jahr lang beim Segeln in Südostasien, aber auch am Bodensee, einfach mal nichts tun. Im Jahr 2019 stieß er dann zu Kempinski, der ältesten europäischen Luxushotel-Gruppe mit Sitz in Genf. Hier können Sie sich das Gespräch in voller Länge als Video ansehen.

Was muss eine deutsche Luxushotel-Gruppe unternehmen, um bei der harten Konkurrenz in Asien erfolgreich zu sein?

Man muss schnell und beweglich sein. Kein anderer Markt ist so dynamisch und verändert sich so schnell wie der asiatische Markt. Viele Hotelgruppen setzen dabei vor allem auf Volumen und werden größer und größer, indem sie andere Hotelgruppen aufkaufen. Selbst die Mitarbeiter dieser Gruppen verlieren dabei schon einmal den Überblick über ihre Marken. Die Marriott Group zum Beispiel hat zehn verschiedene Luxusbrands. Und in diesem Verdrängungsmarkt wollen wir von den Kempinski Hotels anders sein: klein aber fein.

Aber reicht das, um sich im boomenden Asien durchzusetzen?

Das allein reicht nicht, aber wir haben ja auch eine faszinierende Geschichte. Schon vor 125 Jahren hat unser Gründer Berthold Kempinski mit Weinhandel und einem Restaurant in Berlin begonnen, unser Unternehmen aufzubauen. Und immer noch sind heute ausgezeichnete Restaurants Herzstücke unserer Hotels. Allein im Pekinger Kempinski Hotel betreiben wir ein halbes Dutzend erfolgreicher Restaurants, darunter auch das Paulaner, seit Jahrzehnten Anlaufpunkt für gute deutsche Küche in der Stadt. 

Andere Hotels haben doch auch Restaurants?

Allein das reicht sicher nicht. Unsere Hotels sind Ikonen mit individuellem Charakter, sei es das Hotel Adlon Kempinski Berlin am Brandenburger Tor, das Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski in der Münchner Maximilianstrasse oder eben das Pekinger Kempinski im Lufthansa Center, das im modernen Peking nach 30 Jahren nicht mehr wegzudenken ist. In Nanjing wiederum liegt das höchste Kempinski, mit einer Lobby im 53. Stock. Weil wir weniger als 80 Hotels weltweit haben und eben nicht hunderte oder tausende wie manch andere Hotelgruppe, können wir es uns leisten, die Individualität der einzelnen Häuser herauszuarbeiten. Das merken die Kunden.  

Wie viele Hotels betreuen Sie? 

In Asien betreue ich 30 Hotels, eine Zahl, die es noch erlaubt, sich intensiv mit jedem Einzelnen zu beschäftigen und jedes mindestens zweimal im Jahr persönlich zu besuchen – wenn man denn normal reisen kann.

Und ein ziemlich spezielles Hotel haben sie gerade mit dem Beijing Hotel Nuo Forbidden City übernommen. 

Das Hotel ist einzigartig in Peking. Es liegt in unmittelbarer Nähe der Verbotenen Stadt und wurde bereits 1910 im französischen Stil mit Stuck und sehr hohen Decken erbaut. Dort hat Chiang Kai-shek, der Gegenspieler von Mao Zedong, ebenso gewohnt wie Mao. Oder auch Chinas letzter Kaiser oder der frühere US-Präsident Jimmy Carter. Das Hotel hat einen umwerfenden Ballsaal und eine Bar mit einem Holzboden aus der ersten Stunde, auf dem schon viele Generationen getanzt haben. Und: unglaubliche Kronleuchter. Wir haben beim Renovieren die historischen Menüs gefunden und werden diese so wie in alten Zeiten wieder auflegen. 

Wird das bei jungen Chinesen überhaupt gut ankommen? 

Wenn man die richtigen KOLs hat, die Key Opinion Leaders, dann geht das. Auch in diesem Bereich funktioniert China anders als der Westen. Hier ist Social Media alles. Die Influencer sind das A und O des Erfolges. In manchen Luxushotels mieten sich fünf Influencer ein Zimmer und spielen dann reihum reicher Hotelgast. Und so ein historisches Gebäude bringt natürlich jede Menge guter Social-Media-Bilder. 

Dieses Hotel wird nicht Kempinski heißen, sondern Nuo. Warum eine neue Marke?

Wir haben mit unserem chinesischen Partner, der Beijing Tourismus Group, entschieden, eine chinesische Luxusgruppe aufzubauen, die jünger und experimenteller ist. Für uns ist es eine große Herausforderung, dieses chinesische Traditionshotel mit einer so jungen Marke zu verbinden. 

Gleichzeitig haben sie gerade ein anderes Nuo eröffnet, das ganz anders funktioniert. 

Ja, ein Themenhotel mit Big Panda oder Harry Potter Zimmern im Vergnügungspark der Universal Studios, einem der größten der Welt hier in Peking. Hier liegen die Zimmerpreise zwischen 400 und 500 Euro pro Nacht, die Suiten-Preise liegen bei circa 1.000 Euro. Gleich von Anfang an waren wir hier überbucht und der Park hat in den ersten zwölf Stunden der Eröffnung Tickets im Wert von 45 Millionen US-Dollar verkauft. Das ist Wahnsinn. Und so wächst unsere chinesische Hotelmarke mit viel deutschem Know-how. Als wir 1992 unser erstes Kempinski Hotel in China eröffnet haben, mussten unsere Gäste kämpfen, um ein Zimmer zu bekommen, weil es kaum gute Hotels gab. Jetzt müssen wir uns in einem harten Wettbewerb bewähren.

Dazu braucht man gutes Personal.

Das ist eine unserer größten Herausforderungen. Neue Hotels entstehen schneller, als die Hotelfachschulen Personal ausbilden können. Also gehen die Preise nach oben und die Fluktuation ist enorm. 

Wie unterscheiden sich die chinesischen Kunden von den westlichen? 

Die jungen chinesischen Kunden sind weniger loyal als die etwas reiferen Kunden im Westen. Deshalb müssen wir uns in China stets etwas Neues einfallen lassen, während im Westen oft eher das Bewährte und Traditionelle gewünscht wird. Und man muss darauf eingestellt sein, dass sich die Dinge schnell verändern, vor allem in diesen Corona-Zeiten. An einem Tag haben wir eine Belegung von über 70 Prozent in China. In Peking sogar 80 Prozent. Und, dann kommt eine andere Corona-Lage und am nächsten Tag sackt die Belegung plötzlich auf 30 Prozent ab, obwohl es in China nur ganz wenige Corona-Fälle gibt. Das Hotelgeschäft ist durch Corona noch schnelllebiger geworden. Während Buchungen früher zehn Tage vorher gemacht wurden, sind es jetzt null bis drei Tage. Wir haben Konferenzen mit 500 Zimmern für drei Nächte und großem Bankett, die werden zwischen ein und sieben Tagen vorher gebucht. Wenn Sie das nicht flexibel und intelligent managen, haben Sie den Kunden verloren.

Was ärgert Sie an den chinesischen Kunden?

Ärgern ist das falsche Wort, aber die Gäste nehmen sich andere Freiheiten heraus als im Westen. Sie bestellen sich das Essen zum Beispiel von außerhalb ins Hotel. Dann laufen sie in ihrem Bademantel und Hausschuhen durch unser wunderschönes 5-Sterne-Hotel, um am Eingang ihre Nudeln abzuholen. Gleichzeitig zahlen sie für ein Zimmer 3.400 Euro die Nacht. Da müssen wir umdenken. Wir müssen es möglich machen, dass sie über einen Wechat-QR-Code die Nudeln auch über das Hotel bestellen können und diese garantiert in fünf Minuten aufs Zimmer geliefert werden. Das funktioniert, obwohl es nur umgerechnet drei Euro sind, die der Gast so spart.

Wenn Sie das einführen, geht Ihnen aber eine wichtige Einnahmequelle verloren. 

Essen ist wichtig und in China erst recht. Gleichzeitig ist Essen auch eine komplexe Einnahmequelle mit hohen Vorkosten. Man muss Lebensmittel kaufen, braucht Kellner. Und dann bringen die Gäste ihren eigenen Wein oder Schnaps gern zum Essen mit. 

Da sind Menschen wie Sie, die beide Kulturen kennen, besonders gefragt. Sie leben ja schon in der zweiten Generation in China. 

Ja. Über Chinesen, die lange im Westen leben, sagen andere Chinesen, sie seien wie Bananen: außen gelb und innen weiß. Über Menschen wie mich heißt es, sie sind wie Eier, außen weiß und innen gelb. Ich nehme das mal als Kompliment. 

Gab es für Sie nie die Option, wieder dauerhaft in Deutschland zu leben?

Eigentlich nicht. Solange ich arbeite, bin ich gerne da, wo die Musik spielt und das ist hier in China. Und ich glaube, das wird auch in zehn oder 20 Jahren noch so sein. Hier entsteht das Wachstum, die Action. Hier muss man schnell sein. Und wenn man schnell ist, bleibt man jung. Ich kann mich noch erinnern, dass es 24 Stunden gedauert hat, mit dem Nachtzug nach Shanghai zu fahren, heute sind es knapp 5 Stunden. Und bald werden es nur noch 90 Minuten sein.

Und die Nachteile?

Manche Städte haben ihre Seele verloren und sehen alle gleich aus. Und die Ellbogengesellschaft wird stärker. Früher hat man nicht gegeneinander gekämpft, sondern hat miteinander das Neue aus dem Westen aufgesaugt, in den 80er-Jahren waren das Zigaretten, Modern Talking, Kühlschränke oder Richard Clayderman. Und wer einen Ausländer persönlich kannte, war sehr stolz. Dann kamen die Reisen in den Westen.

Nun steht alles still, wegen Corona. 

Ja. Ich habe seit Jahren meine Mutter und meine Brüder nicht mehr gesehen, die nun in Berlin leben. Früher war ich mindestens zweimal im Jahr dort. Das fehlt in Peking: Man merkt die Folgen geschlossener Grenzen bereits im Alltag bei den Chinesen. Sie sind nicht mehr so international wie früher. Rund 150 Millionen Menschen waren 2019 noch im Ausland. Dieses Jahr wären es wahrscheinlich 180 Millionen gewesen. 

Fehlen sie im Adlon in Berlin? 

Ja und nicht nur dort. In Moskau, in St. Petersburg, in Afrika und St. Moritz. Dafür reisen die Chinesen nun mehr innerhalb des Landes. In Peking zum Beispiel 40 Minuten in Richtung der Großen Mauer an den Yanqi Lake, wo wir ein Kempinski Hotel führen, das wie die aufgehende Sonne aussieht. Am Wochenende liegen hier die Zimmerpreise locker zwischen 300 und 400 Euro. Es gibt also viele Destinationen, die laufen derzeit besser als 2019. Wer ein Hotel auf der Tropeninsel Hainan hat, ist besser ausgelastet denn je. Da sprudelt das Geschäft. 

Aber die Branche leidet auch unter Überkapazitäten.

Ja, aber weniger im Luxusbereich. Es gibt noch immer viel weniger Top Hotels pro Kopf als in den USA. In Shanghai zum Beispiel hat unser Hotel 700 Zimmer, eine Belegungsrate von 80 Prozent, mit einer Durchschnittsrate von über 200 US-Dollar. Da lohnt es sich schon, noch weitere Hotels zu eröffnen. 

Gilt das für alle Regionen? 

Nein. Ich würde vorsichtig mit der Region Sanya sein. Die Leute lieben auch Thailand, das von Peking nicht viel weiter entfernt ist. Und wenn die Grenzen wieder geöffnet sind, werden sie erneut dorthin fahren, in eine andere, spannende Kultur. 

Wie verändert sich die Hotellerie? 

Ich will meinen Mitarbeitern keine Angst machen, aber durch die Digitalisierung kann eine Person heute so viel verkaufen wie früher zehn Verkaufsleiter. Und was in zehn Jahren ist, wissen wir heute sowieso noch nicht. Das können wir uns schlicht nicht vorstellen. Es gilt also offen zu bleiben für Veränderungen. 

Aber auch Sie haben bereits schnellere Zeiten erlebt, in denen sie jeden Monat ein neues Hotel eröffnet haben.

Ja, als ich bei der Wanda Group gearbeitet habe. Das war wahrscheinlich die am schnellsten wachsende Hotelgruppe in der Weltgeschichte. 76 Hotels in sechs Jahren und jedes hatte durchschnittlich rund 300 Zimmer. Ich hatte Monate, da habe ich drei Hotels parallel eröffnet. Das war eine Zeit, die unglaublich anstrengend war, die ich aber nicht missen möchte, weil ich unglaublich viel gelernt habe. Und ich durfte eng mit Wang Jianlin, Gründer der Gruppe und einer der reichsten Chinesen, zusammenzuarbeiten. Das war eine sehr bereichernde Zeit, auf die ich sehr stolz bin. Aber für immer macht man so etwas nicht. 

Er war bestimmt nicht einfach als Chef. 

Gewöhnungsbedürftig war die militärische Art, wie er das Unternehmen geführt hat. Wer fünf Minuten zu spät zu einem Meeting mit ihm kam, musste damit rechnen, dass ein Teil des Bonus gekürzt wurde. Doch nur mit dieser eisernen Disziplin ist ein solches Wachstum möglich. Wenn ein neues Haus am 1. Oktober aufgemacht werden sollte, dann war es auch tatsächlich zu diesem Termin. Da gab es keine Ausreden oder Entwicklungen wie am neuen Berliner Flughafen. Wenn man bei solchen Projekten keinen Druck aufbaut, kann man das Tempo nicht halten. Und damit klar ist, was eine Verspätung kostet und dass es unmöglich ist, den zukünftigen Gast im Stich zu lassen, ließ Wang schon Monate vorher Banketts für diesen Zeitraum verkaufen. 

Ein anderes Beispiel?

Ich habe während meiner Zeit bei Wanda von einem Headhunter erfahren, dass mein Job ausgeschrieben wurde. Ich war erschrocken, denn ich war loyal und hatte eine super Beurteilung bekommen. Da haben die mir gesagt, wir sind auch sehr zufrieden mit ihnen. Aber wissen Sie, bei Wanda sollte man sich nie wohlfühlen. Man soll immer ein bisschen Angst haben. Denn wenn man sich sicher glaubt, macht man seinen Job nicht gut. Dann wird man faul. Kein Wunder also, dass ich nach den sechs Jahren erst einmal eine Auszeit brauchte.

Ist das bei Kempinski auch so?

Nein. Bei Kempinski Hotels weiß man, dass der Fortschritt nicht nur durch Druck entsteht, sondern auch dadurch, dass man in Ruhe überlegt, wohin die Reise gehen soll. Und dass eine vernünftige Work-Life-Balance auch für die Qualität der Arbeit gut ist. 

2019 wurde die Steigenberger Gruppe an Chinesen verkauft. Kann das funktionieren?

Wenn sie das als Sahnehäubchen auf ihrem Hotelkonzern mit rund 500 Hotels betrachten, die Kundendaten nutzen und das Management in Ruhe lassen, ja. Aber daraus ein chinesisches Unternehmen zu machen, wäre falsch. 

Wenn Sie jetzt fünf Jahre in die Zukunft schauen, was sind dann Ihre größten Herausforderungen? Woran müssen Sie richtig arbeiten?

Ich glaube, es geht mindestens noch für die nächsten zehn Jahre weiter, dass wir mit dem Virus leben müssen. Das Geschäft mit Geschäftsreisenden, aber auch mit Events und Konferenzen wird nicht wieder so zurückkommen wie früher. Wir müssen uns auf mehr individuelles Geschäft einstellen, mehr für Familien anbieten, die für ein Wochenende kommen. Dafür müssen wir die Küche anpassen, denn Familienessen sind anders als Geschäftsessen. Da müssen nicht mehr tausende Kalorien auf den Tisch kommen.

Und, wenn Sie nicht mehr arbeiten müssen, wo werden sie dann leben? In einem chinesischen Luxus-Resort?

Nein. Ich werde im größten Luxus leben, den es gibt: in der Natur. Ich würde dann am Bodensee leben, die gute Luft, die Ruhe und die gesunde Bodenseeküche genießen. Das fehlt mir heute schon: Die tolle Sicht auf die Schweizer Berge, Spaziergänge in den Weinbergen und dann am späten Nachmittag ein “Viertele schlotzen”, wie man dort sagt. Aber bis dahin will ich noch eine Weile auf der Welle des faszinierenden chinesischen Wachstums surfen. 

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    Analyse

    Dschungel der Klimapläne

    Auch China ringt um die effizientesten Regeln für den Übergang zur Klimaneutralität. Die Transformation des Energiesektors und der Schwerindustrie sind dabei die schwierigsten Brocken. Derzeit sieht es so aus, als stände ein Teil der chinesischen Führung auf dem Gaspedal und ein anderer auf der Bremse. Über die Neujahrstage veröffentlichte das Entwicklungsforschungszentrum (Development Research Center) der Regierung einen Bericht, demzufolge die CO2-Wende zwei Jahre früher kommen könnte als bisher erwartet. Der Höhepunkte der Treibhausgas-Emissionen könne schon 2028 erfolgen, nicht erst 2030, so die staatlichen Forscher. Gründe sind geringeres Wachstum und ein schnelleres Greifen der Klimaschutz-Maßnahmen.

    Im Dezember hatte die Central Economic Work Conference der Kommunistischen Führungsspitze jedoch noch ganz andere Signale gesendet: Bedeutet die Betonung von Kohle als “Basis” der Energieversorgung bis 2030 einen bevorstehenden Boom fossiler Energieträger? Verabschiedet sich China mit dem Ende von Energiespar-Deckeln auch von den Klimazielen? Oder sind die stattdessen einzuführenden Emissions-Quoten nicht ohnehin die bessere Größe? Beobachter zeigten sich zunächst sowohl besorgt als auch optimistisch.

    Nis Grünberg, Klimaexperte vom Mercator Institute for China Studies (Merics) sieht in den jüngsten Entwicklungen eine Fortführung der bisherigen Klimapolitik. Die formulierten Sätze stehen demnach Chinas sogenannten 30/60-Zielen nicht entgegen: Emissionshöhepunkt vor 2030, Klimaneutralität spätestens 2060. “Eine Schwierigkeit bei der Analyse ist, dass derzeit vieles auf verschiedenen Gleisen zugleich passiert”, sagt Grünberg. Auf der Central Economic Work Conference sei es um makroökonomische Fragen gegangen und die Rolle von Energieverbrauch und Treibhausgasen in der Industrie. “Dabei werden Themen wie Klima oder Umwelt eher nur grob umrissen.”

    Viele Köche für den Klimaschutz

    Parallel befassen sich weitere Stellen von Partei und Regierung mit dem Klimaschutz. So beinhalten sowohl die Fünfjahrespläne der Zentralregierung, als auch die Einzelpläne für bestimmte Industrien oder Ministerien Klimavorgaben. Am konkretesten aber seien die sogenannten 1+N-Pläne, sagt Grünberg: “Sie bilden das oberste Rahmenwerk für die Dekarbonisierung. Diese Pläne zeigen, wie Chinas Wirtschaft in Richtung der 30/60-Ziele getrimmt werden soll. Darin geht es um Sektoren, Industrien und Technologien.” Der erste N-Aktionsplan wurde im Oktober herausgegeben und befasst sich mit dem Pfad bis 2030 (China.Table berichtete). Grünberg erwartet, dass schon bald weitere N-Pläne folgen: “Vier andere Pläne sind bereits bestätigt und liegen in den letzten Zügen, mindestens zehn wurden insgesamt angekündigt.”

    Noch seien diese Maßnahmenpakete der verschiedenen Akteure nicht aneinander angeglichen, sagt Grünberg. “All dies ist Neuland für die verschiedenen Politik-Bereiche. Die Detailschärfe wird weiter wachsen, und da wird es sicher immer mal wieder zu vorübergehenden Widersprüchen kommen.” Das sei aber eigentlich ein gutes Zeichen, findet der Merics-Experte. “Denn die Widersprüche zeigen, wie viel Aktivität es gerade gibt. Alle haben das Signal gehört und bauen jetzt ihre eigenen Klimaschutz-Pläne. Die Koordinierung all dieser Policies ist eben extrem kompliziert.” Das brauche Zeit.

    Wirtschaftliche Trends und Krisen, sowie die Reaktionen der Politik darauf, haben zudem sofort Auswirkungen auf den Energieverbrauch und die Emissionen. Im dritten Quartal gingen Chinas Emissionen im Jahresvergleich erstmals wieder zurück. Sie lagen um 0,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Im ersten Halbjahr waren sie im Vorjahresvergleich wegen der Corona-Pandemie Anfang 2020 und der raschen Erholung Anfang 2021 noch neun Prozent höher gewesen als Anfang 2020.

    Andere Experten sehen hinter den krisenbedingten Schwankungen aber auch den insgesamt positiven Trend. “Der Rückgang der Emissionen aus fossilen Brennstoffen und Zement im Vergleich zum Vorjahr ist eine deutliche Trendwende”, urteilt der China-Experte Lauri Myllyvirta vom Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) in Helsinki. Die Gründe, die Myllyvirta dafür sieht, sind eine Gemengelage aus politischen Entscheidungen: “Bemühungen zur Zähmung des außer Kontrolle geratenen Immobilienbaus, himmelhohe Kohlepreise und die Stromrationierung.” Stahl- und Zementproduktion seien infolge des lahmenden Bausektors rückläufig.

    China: Wirtschaftskonferenz setzt auf Stabilität und Klimapäne

    Was genau hat die Wirtschaftskonferenz also beschlossen? Sie hat in erwartbarer Weise Stabilität im Wirtschaftssystem beschworen. Das Wort kam im Abschlusspapier 25 Mal vor. Selbst im Covid-Jahr waren es nur 13 Erwähnungen. Peking identifizierte die sichere Versorgung mit Primärgütern wie Agrarprodukten, Mineralien und Energie als eine von fünf “bedeutenden theoretischen und praktischen Fragen”. Zu diesen fünf zählte das Papier aber auch die angepeilte Klimaneutralität.

    Nur ein paar Sätze stehen zum Klima in dem Dokument. Doch diese beinhalten zwei bedeutende Änderungen:

    • Die klimarelevanten Vorgaben etwa für die Provinzen oder Industrien zielen nicht mehr auf den absoluten Energieverbrauch ab. Stattdessen werden künftig die CO2-Emissionen gedeckelt. Statt auf Energie-Effizienz wird auf CO2-Intensität abgezielt.
    • Fossile Rohstoffe sind dann von jeglicher Deckelung ausgenommen, wenn sie nicht als Brennstoff für die Energiegewinnung eingesetzt werden, sondern als Rohstoff in der Industrieproduktion, etwa im Chemiesektor. Zum Beispiel basieren große Teile der Kunststoffproduktion auf Rohöl.

    Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen soll laut Papier auf Basis “sicherer und zuverlässiger alternativer Energiequellen” erfolgen. Doch es hieß darin auch, China solle Kohle auf “saubere und effiziente Weise nutzen”, denn sie sei bis auf Weiteres die Basis der Stromerzeugung. Nach der Konferenz forderte Staatschef Xi Jinping lokale Kader auf, ihren Ansatz für die Umsetzung nationaler CO2-Emissionsziele anzupassen. Dass die Provinzen im Sommer und Herbst den Strom abdrehten, um ihre Energieverbrauchsziele für 2021 doch noch zu erreichen, war eine der Ursachen für die aktuelle Stromkrise.

    Auslaufen fossiler Brennstoffe anvisiert

    Das Papier sei das erste offizielle Dokument, das von einem “Auslaufen” fossiler Brennstoffe spreche, lobte Lauri Myllyvirta. Doch zugleich preise der Text “saubere Kohle”. Es sei also vieles unklar. “Die Schlüsselfrage für Chinas Klimaschutzbemühungen wird sein, ob tatsächlich neue Investitionen in kohlenstoffarme und saubere Projekte fließen.”

    Dass fossile Rohstoffe für die Infustrieproduktion künftig keinen Begrenzungen mehr unterliegen, hat Folgen für die verschiedensten Sektoren. Die Klima-Analystin Yan Qin von Refinitiv sieht in der Regel “einen ziemlichen Schub für Kohlechemikalien”. Profitieren werden interessanterweise nach einem Bericht der South China Morning Post aber auch die Lieferketten für den Ausbau von Wind- und Fotovoltaikanlagen. Denn auch diese beinhalten fossile Rohstoffe, die bislang gedeckelt waren. Das habe gelegentlich zu Lieferengpässen geführt, schreibt das Blatt unter Berufung auf Citic-Analysten.

    Emissionen statt Energieverbrauch im Fokus

    Vernünftig ist jedenfalls der Umstieg vom Energieverbrauch auf CO2-Emissionen als Parameter für die Dekarbonisierung. “Man möchte nicht mehr vorschreiben, wie viel Energie eine Firma oder eine Branche verbrauchen dürfen”, sagt Grünberg: “Sondern wie klimaschädlich diese Energie sein darf.” Das sei sinnvoll, denn der Energieverbrauch werde in China auf jeden Fall weiter steigen. “Es würde wenig Sinn machen, die wirtschaftliche Entwicklung zu deckeln, wenn die eingesetzte Energie sauber ist.” 

    Auch Ma Jun, Direktor des unabhängigen Institute of Public and Environmental Affairs in Peking begrüßte die Reform. Jetzt müsse es allerdings schnell auch eine konkrete Obergrenze für den CO2-Ausstoß geben, “die ein klares Signal an lokale Regierungen, Unternehmen und die Gesellschaft sendet, und damit Transformation und Investitionen besser steuert.”

    Pro Kopf verbrauchen Chinesen laut Grünberg derzeit nur etwa halb so viel Energie wie im OECD-Durchschnitt. Bisher tragen Wind und Sonne aber nur rund neun Prozent zu Chinas Stromerzeugung bei. Auch deshalb ist ein Ausbau dringend nötig – und zugleich ein rasches Ende der Kohle wenig realistisch.

    Der Wandel wird laut Grünberg auch dadurch erschwert, dass es dabei nicht allein um das Klima geht, sondern neben Wirtschaft und Energie auch um soziale Fragen. “Die Schwerindustrie, Gas- oder Kohlenproduktionen sind riesig und haben einen gewaltigen sozialen Fußabdruck”, sagt Grünberg. Wo die in diesen Industrien voraussichtlich verschwindenden Arbeitsplätze (China.Table berichtete) neu geschaffen werden können, ist völlig unklar. Kohleprovinzen wie Shanxi haben daher eine Transformation vor sich, die die Übergangsprobleme deutscher Kohlereviere wohl weit in den Schatten stellen dürften.

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      • Emissionen
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      • Klima
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      News

      Steuer-Vorteile für Ausländer um ein Jahr verlängert

      Expats in China haben offenbar noch ein weiteres Jahr Schonfrist, bevor ihre Steuervergünstigungen wegfallen. Die Vorteile, die eigentlich zum 1. Januar 2022 wegfallen sollten, gelten nun weiter bis 31. Dezember, teilte das Finanzministerium auf seiner Website mit. Die kurze Mitteilung enthielt jedoch keine Details.

      Die geplante Änderung des Steuerrechts verärgert ausländische Mitarbeiter in China und ihre Arbeitgeber (China.Table berichtete). Zwar handelt es sich im Kern lediglich um eine Angleichung an die allgemein geltenden Regeln. Doch Entsendungen von Mitarbeitern sind teurer geworden und China wirkt als Arbeitsplatz ohnehin weniger attraktiv als früher. Wohn- und Schulgeld wären künftig als Teil des Einkommens zu versteuern. Interessenvertreter hatten daher einen Erhalt der Steuerausnahmen gefordert. Ihre Lobbyarbeit wird sich nun auf den neuen Termin am 31. Dezember 2022 konzentrieren. fin

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        • Finanzen
        • Steuern

        Subventionen für E-Autos laufen aus

        China kürzt die Subventionen für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben im kommenden Jahr. Die Regierung hatte bereits im April 2020 angekündigt, die staatlichen Beihilfen für diese Autos schrittweise zu kürzen, erst um zehn Prozent, dann 20 Prozent und 2022 schließlich um 30 Prozent. Die Förderung läuft nun am 31. Dezember 2022 komplett aus, teilte das Finanzministerium auf seiner Internetseite mit. Fahrzeuge, die nach diesem Datum zugelassen werden, erhalten keinen Zuschuss mehr. Ziel sei ein “sanfter Subventionsrückgang” mit einem Übergang zu anderen wirksamen Instrumenten zur Förderung von Autos mit alternativen Antrieben.

        Unter die Fahrzeuge mit alternativen Antrieben (auch: New Energy Vehicles (NEV)) fallen Fahrzeuge mit Elektro-, Hybrid- und Wasserstoffantrieb. Zudem kündigte das Ministerium an, die Sicherheitskontrollen für solche Autos zu verstärken, um Unfälle zu vermeiden. China, weltgrößter Automarkt, hat das Ziel, dass bis 2025 ein Fünftel aller Neuzulassungen auf Elektro-, Hybrid- und Wasserstoffautos entfallen. rtr/fin

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          • Autoindustrie

          Daimler wegen Werbung in der Kritik

          Werbefotos mit chinesischen Models haben in China eine Diskussion über die Korrektheit der Verwendung betont asiatischer Looks ausgelöst. Der Gesamteindruck der Bilder fördere schädliche Stereotype über Asiaten, lauten die Vorwürfe auf der Sozialplattform Weibo. Unter anderem betroffen ist eine Kampagne des Autoherstellers Daimler. Auch der chinesische Snack-Versender Three Squirrels war von der Kritik betroffen.

          In China hat sich wie in westlichen Ländern die Empfindlichkeit gegenüber Symbolen, die als rassistisch oder anderweitig als ausgrenzend empfunden werden können, in den vergangenen Jahren enorm gesteigert (China.Table berichtete). Auch die Luxusmarke Dior sah sich bereits mit dem Vorwurf konfrontiert, in der Augenform seiner Models auf westliche Vorurteile über chinesisches Aussehen zurückzugreifen. Walmart, Dolce & Gabbana sowie Hennes & Mauritz waren zuletzt ebenfalls vom Verbrauchernationalismus betroffen. Solche Vorgänge sind durchaus relevant für das Markenimage. fin

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            • Autoindustrie

            Letzte pro-demokratische Medien in Hongkong geben auf

            Mit dem Medium “Citizen News” stellt am Dienstag eine der letzten Nachrichtenquellen in Hongkong ihren Betrieb ein, die der Demokratiebewegung nahestand. “Mit schwerem Herzen geben wir bekannt, dass Citizen News den Betrieb ab Dienstag, 4. Januar 2022, einstellen wird”, teilte die Redaktion auf Facebook mit. “Auf unserem kleinen Boot müssen wir in Wind und Wellen und einer düsteren Lage zunächst sicherstellen, dass alle in Bord in Sicherheit sind.”

            Damit ist die kritische Medienszene in Hongkong tot. In der vergangenen Woche hatte bereits das Hongkonger “Stand News” schließen müssen, nachdem die Polizei mehrere Journalisten des Mediums verhaftet hatte. Die Behörden haben inzwischen Anklage gegen zwei ehemalige Chefredakteure erhoben. Den beiden Journalisten wird Verschwörung und Anstiftung zum Aufruhr vorgeworfen, teilte das Amt für Nationale Sicherheit am Silvestertag mit.

            Rund 200 Polizisten hatten zuvor die Redaktionsräume von “Stand News” durchsucht und sieben Personen verhaftet. Dabei handelt es sich um aktuelle und ehemalige leitende Redakteure sowie frühere Vorstandsmitglieder. Das Medienportal hatte nach der Razzia sein Aus erklärt. Im Juni hatte die Zeitung Apple Daily aufgegeben (China.Table berichtete).

            Die Bundesregierung verurteilt die Verhaftungen bei Stand News als Schlag gegen die Demokratiebewegung. “Die Vorgänge illustrieren aus unserer Sicht aufs Neue, dass es eine stetige Erosion gibt von Pluralismus, Meinungs- und Pressefreiheit in Hongkong“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Das Sicherheitsgesetz und auch andere Bestimmungen würden “willkürlich und selektiv angewandt”, um gegen kritische Stimmen vorzugehen. “Aus unserer Sicht ist ganz klar, dass kritischer Journalismus nicht unter Generalverdacht gestellt werden darf”, sagte die Sprecherin. US-Außenminister Antony Blinken forderten die Freilassung der Journalisten.

            Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam betonte dagegen, das Vorgehen habe nichts mit einer Unterdrückung der Pressefreiheit zu tun. “Journalismus ist nicht aufrührerisch, aber aufrührerische Aktivitäten können nicht unter dem Deckmantel der Nachrichtenberichterstattung geduldet werden.” Stand News sei keine Nachrichtenquelle gewesen, sondern eine politische Organisation. rtr/fin

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              Xis Ansprache: Echo der Geschichts-Resolution

              Chinas Staatspräsident Xi Jinping hat in seiner Neujahrsrede die Erfolge seines Landes bei der Eindämmung der Covid19-Pandemie gelobt. Das Land habe sich “fest geeint” in seiner Reaktion auf die Pandemie gezeigt. Zusammen mit anderen Erfolgen des Jahres 2021 zeige das, wie weit China schon auf dem Weg zur Erneuerung der Nation gekommen sei. Xi nannte hier die Weltraummissionen zu Mars und Sonne, sportliche Höchstleistungen und den schnellen Wiederaufbau nach den Flutkatastrophen.

              Weite Teile der Rede waren theoretischen Betrachtungen zur Zukunft der Kommunistischen Partei gewidmet. Xi bezog sich hier auf die Resolution der Partei zu ihrer hundertjährigen Geschichte (China.Table berichtete). Er erinnerte daran, dass er sich in Vorbereitung der Resolution auf ein berühmtes Gespräch von Mao Zedong mit dem ideologischen Vordenker Huang Yanpei bezogen hatte. Mao hatte seinerzeit postuliert, dass China aus den Kreisläufen von Dynastiewechseln ausgebrochen sei und die KP jetzt für immer regiere. Xi erwähnte in seiner Neujahrsrede auch Taiwan. Die “vollständige Wiedervereinigung” des Mutterlandes sei ein Ziel von Menschen auf beiden Seiten der Taiwan-Straße. fin

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                Regierung intensiviert Kampf gegen Covid

                Der Covid-Ausbruch in der nordwestchinesischen Stadt Xi’an zieht sich trotz Testaktionen und striktem Lockdown hin. Am Wochenende wurden erneut zahlreiche Fälle bestätigt. Die Behörden begannen mit der Verteilung von Lebensmitteln in der Stadt, die sich seit über einer Woche in strengem Lockdown befindet.

                In den letzten Tagen des alten Jahres hatte China bekräftigt, nicht von seiner Null-Covid-Strategie abzuweichen. Die Hauptstadt Peking beschränkte den Zugang zum Stadtgebiet für alle, die in den vergangenen drei Wochen eine Auslandsreise gemacht haben. Behörden in der südlichen Stadt Jingxi trieben derweil mehrere Männer, die Pandemiemaßnahmen missachtet hatte, öffentlichkeitswirksam durch die Straßen – als Warnung an andere Covid-Sünder. Die Männer sollen Personen ohne Test und Quarantäne über die Grenze geschmuggelt haben. fin

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                  Portrait

                  Hans-Peter Friedrich – Architekt der China-Brücke

                  Hans-Peter Friedrich, CSU, hat vor zwei Jahren den Verein China-Brücke gegründet.
                  Der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Friedrich hat die Beziehungen zu China zu seinem Anliegen gemacht

                  Die Idee, eine Dialogplattform mit China zu errichten, kam dem CSU-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Friedrich bei einem Besuch im Reich der Mitte vor zwei Jahren – damals noch in der Funktion des Vizepräsidenten des Deutschen Bundestags. Das Vorbild des nur wenige Monate später gegründeten Vereins lässt sich am Namen ablesen: Die China-Brücke soll das östliche Pendant zur Atlantik-Brücke im Westen werden.

                  Vergleichen lassen sich beide Initiativen trotzdem kaum. Die Atlantik-Brücke will die Zusammenarbeit zwischen zwei Staaten auf Basis eines gemeinsamen Wertesystems stärken. “Die China-Brücke ist eine Organisation, die in Anbetracht der gemeinsamen globalen Verantwortung von Europa und China gegründet wurde”, sagt Friedrich. Es gehe darum, gemeinsame Wege und Standards im Zusammenleben zu finden.

                  Die Gründungsphase des Vereins zwischen Herbst 2019 und Anfang 2020 war denkbar ungünstig. Die China-Brücke lebt von Vernetzung und Austausch – doch dann kam die Pandemie mit ihren Einschränkungen. Dennoch wächst die China-Brücke konstant. “Mittlerweile haben wir 60 bis 70 Mitglieder, jeder mit einem riesigen Netzwerk in China wie in Deutschland”, erzählt Friedrich. Fachspezifische Dialogforen werden in der aktuellen Situation dann eben digital durchgeführt. Es gebe Expertengespräche in den Bereichen Finanz- und Wirtschaftspolitik, aber auch Kultur und Gesundheit. Friedrich verantwortet das Gesprächsforum Politik. Unlängst war der Deutschland-Chef des chinesischen Elektroautobauers Nio zu Gast.

                  Bewusster Verzicht auf Finanzierung aus China

                  Doch der Geldbeutel des Vereins ist derzeit noch recht schmal. Das sei allerdings durchaus gewollt, erklärt Friedrich: “Wir finanzieren uns nur über die Mitgliedsbeiträge sowie Gelder zweier kleiner deutscher Mittelständler.” Auf Mittel aus China verzichtet der Verein bewusst – auch um den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, die Brücke sei der verlängerte Arm Xi Jinpings nach Berlin. Trotzdem war die Kritik zum Start des Vereins deutlich. Friedrich kommentiert das ironisch: “Ich habe mich gefragt, warum nicht schon früher jemand ein Pendant zur Atlantik-Brücke gegründet hat. Nach der hysterischen und unfairen Kritik, die es gab, weiß ich jetzt warum.”

                  Das erste Mal in China war Friedrich vor mehr als 20 Jahren in Wuhan. Sein Umgang mit China ist geprägt von seiner Arbeit als Innen- und Wirtschaftspolitiker. Ihm geht es nicht um den geopolitischen Systemwettkampf, sondern um einen Weg zur Zusammenarbeit.

                  “Ich habe großen Respekt vor dieser Kultur, die ganz abseits unserer europäischen entstanden ist”, sagt Friedrich. “Ich glaube nicht an Wandel durch Handel. Die Chinesen werden in der Zusammenarbeit nicht auf ihre Werte verzichten und wir auch nicht.” Es gehe ihm um gegenseitigen Respekt im Umgang. Sobald es die Situation wieder zulässt, soll der persönliche Austausch endlich auch nach China anlaufen. “Die Idee war, auch einmal eine Delegation hinzuschicken”, sagt Friedrich. “Gerade wären wir aber auch schon glücklich, wenn wir unsere Mitgliederversammlung in Deutschland in Präsenz veranstalten könnten”. David Renke

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                    Personalien

                    Sirma Boshnakova ist zum 1. Januar als Verantwortliche für die Region Asien in den Vorstand des Versicherungskonzerns Allianz aufgerückt. Die 50-jährige Bulgarin wird damit das elfte Vorstandsmitglied. Nach dem Ausscheiden ihres Vorgängers Sergio Balbinot aus dem Vorstand im kommenden Jahr wird niemand nachrücken, sodass das Gremium wieder auf seine übliche Größe von zehn Mitgliedern schrumpft. Boshnakova ist bisher CEO von Allianz Partners, dem operativen Arm des Konzerns. In China kämpft die Tochtergesellschaft Allianz China Life um Marktanteile.

                    Dessert

                    Kindergartenkinder in Suining begrüßen das neue Kalenderjahr. Tiger sind noch keine zu sehen, die gibt es zum chinesischen Neujahrsfest am 1. Februar. Aber China darf eben zweimal auf ein glückliches Jahr 2022 anstoßen.

                    China.Table Redaktion

                    CHINA.TABLE REDAKTION

                    Licenses:
                      • Ilja Poepper von Kempinski zum Hotelmarkt
                      • Klimapolitik: Was sind die wahren Pläne für Öl und Kohle?
                      • Steuererleichterungen für Ausländer gelten weiter
                      • Subventionen für E-Autos laufen wie geplant aus
                      • Kritik an Daimler-Werbung wegen asiatischer Augen
                      • Hongkongs letzte kritischen Medien schließen
                      • Xi lobt Pandemie-Politik in Neujahrsansprache
                      • Lockdown in Covid-Regionen verschärft
                      • Portrait: Hans-Peter Friedrich, Architekt der China-Brücke
                      Liebe Leserin, lieber Leser,

                      ein glückliches, erfolgreiches neues Jahr wünscht der China.Table. In den kommenden vier Wochen nehmen wir nun Anlauf für das chinesische Neujahrsfest am 1. Februar. Die Tiger können kommen.

                      In unserem CEO-Talk mit Frank Sieren geht es an diesem Montag um das Gastgewerbe. Ilja Poepper ist ein absoluter Kenner des Hotelgeschäfts in China. Er war der einzige europäische Spitzenmanager bei dem chinesischen Großkonzern Dalian Wanda. Heute ist er bei Kempinski als regionaler Vice President für das Marketing in Asien zuständig. Er erzählt uns von reichen Chinesen, die problemlos mehrere Tausend Euro für eine Übernachtung bezahlen – dann allerdings Essen von Lieferdiensten ins Hotel bestellen. Auch darauf muss sich ein kluges Management einstellen. Wer in China mit Marketing zu tun hat, wird auch an anderer Stelle aufhorchen: Poepper sieht in der Ansprache von Influencern den Schlüssel zum Verkaufserfolg in China.

                      Er erzählt auch vom Umgang mit Wang Jianlin, dem Gründer der Wanda-Gruppe. Dieser pflegt zwar einen fast militärischen Führungsstil. Doch die hohe Disziplin mache es möglich, komplexe Projekte im Zeitplan fertigzustellen. “Da gab es keine Ausreden oder Entwicklungen wie am neuen Berliner Flughafen”, so Poepper.

                      China bleibt eben gerne im Plan. Wer sich jedoch an diese Erkenntnis klammert, bleibt beim Blick auf die Klimapolitik derzeit verwirrt. Als Beitrag zur internationalen Klimakonferenz hat das Land zwar lauwarme Pläne mitgebracht, könnte diese jedoch weit übertreffen, wie aktuelle Einschätzungen zeigen. Zugleich senden Wirtschaftsplaner widersprüchliche Signale pro Kohle. Christiane Kühl entwirrt in ihrer Analyse den Dschungel der chinesischen Klimapläne.

                      Am 1. Januar wurde der Freihandelsmechanismus RCEP gestartet – wenn Sie möchten, können Sie hier im China.Table alles Relevante nachlesen. Und falls Sie den China.Table zwischen den Feiertagen nicht geöffnet haben, möchten wir Sie noch einmal auf das Interview mit dem Sinologen Klaus Mühlhahn hinweisen. Er ordnet die Signale der chinesischen Innen- und Außenpolitik in einem Ausblick auf 2022 ein. Der Experte hat eine beunruhigende Botschaft für die Außenwirtschaft: China beginnt nun systematisch, die Lieferkette als Druckmittel einzusetzen.

                      Einen guten Start in diese besondere Woche wünscht

                      Ihr
                      Finn Mayer-Kuckuk
                      Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

                      CEO-Talk

                      “Wir müssen uns in China stets etwas Neues einfallen lassen”

                      Ilja Poepper, Vice President Sales & Marketing der Kempinski Hotels in Asien redet im CEO-Talk über seine Zeit in China.
                      Ilja Poepper, Vice President Sales & Marketing der Kempinski Hotels Asien

                      Ilja Poepper (50) ist Vice President für Sales & Marketing der Kempinski Hotels in Asien. Poepper lebt schon in zweiter Generation in Peking. Sein Vater war China-Chef von Alcatel SEL und hat Mitte der 1980er-Jahre die deutsche Kaufmannschaft in Peking mitbegründet, aus der später die AHK hervorging.

                      Sohn Ilja ist in Peking zur Deutschen Schule gegangen und durchlief später die Steigenberger Akademie in Bad Reichenhall, eine der besten Schulen für Hotelmanagement der Welt. Dennoch wurde ihm nichts geschenkt – im Gegenteil – hat er sich quer durch die Hotellandschaft in China nach oben gearbeitet: Intercontinental, Holiday Inn, Crowne Plaza und Howard Johnson waren seine Stationen. 2012 wurde er beim chinesischen Immobilienkonzern Wanda zum Vice President ernannt.

                      Bei Wanda war er am Aufbau der ersten chinesischen Luxus-Hotelgruppe und der Neueröffnung von 76 Hotels in sechs Jahren beteiligt. Poepper hat hier einen Umsatz von 1,1 Milliarden US-Dollar verantwortet und die Gewinnerwartungen stark übertroffen. Nach diesem stressreichen Erfolg konnte er sich schließlich einen Traum erfüllen und ein Jahr lang beim Segeln in Südostasien, aber auch am Bodensee, einfach mal nichts tun. Im Jahr 2019 stieß er dann zu Kempinski, der ältesten europäischen Luxushotel-Gruppe mit Sitz in Genf. Hier können Sie sich das Gespräch in voller Länge als Video ansehen.

                      Was muss eine deutsche Luxushotel-Gruppe unternehmen, um bei der harten Konkurrenz in Asien erfolgreich zu sein?

                      Man muss schnell und beweglich sein. Kein anderer Markt ist so dynamisch und verändert sich so schnell wie der asiatische Markt. Viele Hotelgruppen setzen dabei vor allem auf Volumen und werden größer und größer, indem sie andere Hotelgruppen aufkaufen. Selbst die Mitarbeiter dieser Gruppen verlieren dabei schon einmal den Überblick über ihre Marken. Die Marriott Group zum Beispiel hat zehn verschiedene Luxusbrands. Und in diesem Verdrängungsmarkt wollen wir von den Kempinski Hotels anders sein: klein aber fein.

                      Aber reicht das, um sich im boomenden Asien durchzusetzen?

                      Das allein reicht nicht, aber wir haben ja auch eine faszinierende Geschichte. Schon vor 125 Jahren hat unser Gründer Berthold Kempinski mit Weinhandel und einem Restaurant in Berlin begonnen, unser Unternehmen aufzubauen. Und immer noch sind heute ausgezeichnete Restaurants Herzstücke unserer Hotels. Allein im Pekinger Kempinski Hotel betreiben wir ein halbes Dutzend erfolgreicher Restaurants, darunter auch das Paulaner, seit Jahrzehnten Anlaufpunkt für gute deutsche Küche in der Stadt. 

                      Andere Hotels haben doch auch Restaurants?

                      Allein das reicht sicher nicht. Unsere Hotels sind Ikonen mit individuellem Charakter, sei es das Hotel Adlon Kempinski Berlin am Brandenburger Tor, das Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski in der Münchner Maximilianstrasse oder eben das Pekinger Kempinski im Lufthansa Center, das im modernen Peking nach 30 Jahren nicht mehr wegzudenken ist. In Nanjing wiederum liegt das höchste Kempinski, mit einer Lobby im 53. Stock. Weil wir weniger als 80 Hotels weltweit haben und eben nicht hunderte oder tausende wie manch andere Hotelgruppe, können wir es uns leisten, die Individualität der einzelnen Häuser herauszuarbeiten. Das merken die Kunden.  

                      Wie viele Hotels betreuen Sie? 

                      In Asien betreue ich 30 Hotels, eine Zahl, die es noch erlaubt, sich intensiv mit jedem Einzelnen zu beschäftigen und jedes mindestens zweimal im Jahr persönlich zu besuchen – wenn man denn normal reisen kann.

                      Und ein ziemlich spezielles Hotel haben sie gerade mit dem Beijing Hotel Nuo Forbidden City übernommen. 

                      Das Hotel ist einzigartig in Peking. Es liegt in unmittelbarer Nähe der Verbotenen Stadt und wurde bereits 1910 im französischen Stil mit Stuck und sehr hohen Decken erbaut. Dort hat Chiang Kai-shek, der Gegenspieler von Mao Zedong, ebenso gewohnt wie Mao. Oder auch Chinas letzter Kaiser oder der frühere US-Präsident Jimmy Carter. Das Hotel hat einen umwerfenden Ballsaal und eine Bar mit einem Holzboden aus der ersten Stunde, auf dem schon viele Generationen getanzt haben. Und: unglaubliche Kronleuchter. Wir haben beim Renovieren die historischen Menüs gefunden und werden diese so wie in alten Zeiten wieder auflegen. 

                      Wird das bei jungen Chinesen überhaupt gut ankommen? 

                      Wenn man die richtigen KOLs hat, die Key Opinion Leaders, dann geht das. Auch in diesem Bereich funktioniert China anders als der Westen. Hier ist Social Media alles. Die Influencer sind das A und O des Erfolges. In manchen Luxushotels mieten sich fünf Influencer ein Zimmer und spielen dann reihum reicher Hotelgast. Und so ein historisches Gebäude bringt natürlich jede Menge guter Social-Media-Bilder. 

                      Dieses Hotel wird nicht Kempinski heißen, sondern Nuo. Warum eine neue Marke?

                      Wir haben mit unserem chinesischen Partner, der Beijing Tourismus Group, entschieden, eine chinesische Luxusgruppe aufzubauen, die jünger und experimenteller ist. Für uns ist es eine große Herausforderung, dieses chinesische Traditionshotel mit einer so jungen Marke zu verbinden. 

                      Gleichzeitig haben sie gerade ein anderes Nuo eröffnet, das ganz anders funktioniert. 

                      Ja, ein Themenhotel mit Big Panda oder Harry Potter Zimmern im Vergnügungspark der Universal Studios, einem der größten der Welt hier in Peking. Hier liegen die Zimmerpreise zwischen 400 und 500 Euro pro Nacht, die Suiten-Preise liegen bei circa 1.000 Euro. Gleich von Anfang an waren wir hier überbucht und der Park hat in den ersten zwölf Stunden der Eröffnung Tickets im Wert von 45 Millionen US-Dollar verkauft. Das ist Wahnsinn. Und so wächst unsere chinesische Hotelmarke mit viel deutschem Know-how. Als wir 1992 unser erstes Kempinski Hotel in China eröffnet haben, mussten unsere Gäste kämpfen, um ein Zimmer zu bekommen, weil es kaum gute Hotels gab. Jetzt müssen wir uns in einem harten Wettbewerb bewähren.

                      Dazu braucht man gutes Personal.

                      Das ist eine unserer größten Herausforderungen. Neue Hotels entstehen schneller, als die Hotelfachschulen Personal ausbilden können. Also gehen die Preise nach oben und die Fluktuation ist enorm. 

                      Wie unterscheiden sich die chinesischen Kunden von den westlichen? 

                      Die jungen chinesischen Kunden sind weniger loyal als die etwas reiferen Kunden im Westen. Deshalb müssen wir uns in China stets etwas Neues einfallen lassen, während im Westen oft eher das Bewährte und Traditionelle gewünscht wird. Und man muss darauf eingestellt sein, dass sich die Dinge schnell verändern, vor allem in diesen Corona-Zeiten. An einem Tag haben wir eine Belegung von über 70 Prozent in China. In Peking sogar 80 Prozent. Und, dann kommt eine andere Corona-Lage und am nächsten Tag sackt die Belegung plötzlich auf 30 Prozent ab, obwohl es in China nur ganz wenige Corona-Fälle gibt. Das Hotelgeschäft ist durch Corona noch schnelllebiger geworden. Während Buchungen früher zehn Tage vorher gemacht wurden, sind es jetzt null bis drei Tage. Wir haben Konferenzen mit 500 Zimmern für drei Nächte und großem Bankett, die werden zwischen ein und sieben Tagen vorher gebucht. Wenn Sie das nicht flexibel und intelligent managen, haben Sie den Kunden verloren.

                      Was ärgert Sie an den chinesischen Kunden?

                      Ärgern ist das falsche Wort, aber die Gäste nehmen sich andere Freiheiten heraus als im Westen. Sie bestellen sich das Essen zum Beispiel von außerhalb ins Hotel. Dann laufen sie in ihrem Bademantel und Hausschuhen durch unser wunderschönes 5-Sterne-Hotel, um am Eingang ihre Nudeln abzuholen. Gleichzeitig zahlen sie für ein Zimmer 3.400 Euro die Nacht. Da müssen wir umdenken. Wir müssen es möglich machen, dass sie über einen Wechat-QR-Code die Nudeln auch über das Hotel bestellen können und diese garantiert in fünf Minuten aufs Zimmer geliefert werden. Das funktioniert, obwohl es nur umgerechnet drei Euro sind, die der Gast so spart.

                      Wenn Sie das einführen, geht Ihnen aber eine wichtige Einnahmequelle verloren. 

                      Essen ist wichtig und in China erst recht. Gleichzeitig ist Essen auch eine komplexe Einnahmequelle mit hohen Vorkosten. Man muss Lebensmittel kaufen, braucht Kellner. Und dann bringen die Gäste ihren eigenen Wein oder Schnaps gern zum Essen mit. 

                      Da sind Menschen wie Sie, die beide Kulturen kennen, besonders gefragt. Sie leben ja schon in der zweiten Generation in China. 

                      Ja. Über Chinesen, die lange im Westen leben, sagen andere Chinesen, sie seien wie Bananen: außen gelb und innen weiß. Über Menschen wie mich heißt es, sie sind wie Eier, außen weiß und innen gelb. Ich nehme das mal als Kompliment. 

                      Gab es für Sie nie die Option, wieder dauerhaft in Deutschland zu leben?

                      Eigentlich nicht. Solange ich arbeite, bin ich gerne da, wo die Musik spielt und das ist hier in China. Und ich glaube, das wird auch in zehn oder 20 Jahren noch so sein. Hier entsteht das Wachstum, die Action. Hier muss man schnell sein. Und wenn man schnell ist, bleibt man jung. Ich kann mich noch erinnern, dass es 24 Stunden gedauert hat, mit dem Nachtzug nach Shanghai zu fahren, heute sind es knapp 5 Stunden. Und bald werden es nur noch 90 Minuten sein.

                      Und die Nachteile?

                      Manche Städte haben ihre Seele verloren und sehen alle gleich aus. Und die Ellbogengesellschaft wird stärker. Früher hat man nicht gegeneinander gekämpft, sondern hat miteinander das Neue aus dem Westen aufgesaugt, in den 80er-Jahren waren das Zigaretten, Modern Talking, Kühlschränke oder Richard Clayderman. Und wer einen Ausländer persönlich kannte, war sehr stolz. Dann kamen die Reisen in den Westen.

                      Nun steht alles still, wegen Corona. 

                      Ja. Ich habe seit Jahren meine Mutter und meine Brüder nicht mehr gesehen, die nun in Berlin leben. Früher war ich mindestens zweimal im Jahr dort. Das fehlt in Peking: Man merkt die Folgen geschlossener Grenzen bereits im Alltag bei den Chinesen. Sie sind nicht mehr so international wie früher. Rund 150 Millionen Menschen waren 2019 noch im Ausland. Dieses Jahr wären es wahrscheinlich 180 Millionen gewesen. 

                      Fehlen sie im Adlon in Berlin? 

                      Ja und nicht nur dort. In Moskau, in St. Petersburg, in Afrika und St. Moritz. Dafür reisen die Chinesen nun mehr innerhalb des Landes. In Peking zum Beispiel 40 Minuten in Richtung der Großen Mauer an den Yanqi Lake, wo wir ein Kempinski Hotel führen, das wie die aufgehende Sonne aussieht. Am Wochenende liegen hier die Zimmerpreise locker zwischen 300 und 400 Euro. Es gibt also viele Destinationen, die laufen derzeit besser als 2019. Wer ein Hotel auf der Tropeninsel Hainan hat, ist besser ausgelastet denn je. Da sprudelt das Geschäft. 

                      Aber die Branche leidet auch unter Überkapazitäten.

                      Ja, aber weniger im Luxusbereich. Es gibt noch immer viel weniger Top Hotels pro Kopf als in den USA. In Shanghai zum Beispiel hat unser Hotel 700 Zimmer, eine Belegungsrate von 80 Prozent, mit einer Durchschnittsrate von über 200 US-Dollar. Da lohnt es sich schon, noch weitere Hotels zu eröffnen. 

                      Gilt das für alle Regionen? 

                      Nein. Ich würde vorsichtig mit der Region Sanya sein. Die Leute lieben auch Thailand, das von Peking nicht viel weiter entfernt ist. Und wenn die Grenzen wieder geöffnet sind, werden sie erneut dorthin fahren, in eine andere, spannende Kultur. 

                      Wie verändert sich die Hotellerie? 

                      Ich will meinen Mitarbeitern keine Angst machen, aber durch die Digitalisierung kann eine Person heute so viel verkaufen wie früher zehn Verkaufsleiter. Und was in zehn Jahren ist, wissen wir heute sowieso noch nicht. Das können wir uns schlicht nicht vorstellen. Es gilt also offen zu bleiben für Veränderungen. 

                      Aber auch Sie haben bereits schnellere Zeiten erlebt, in denen sie jeden Monat ein neues Hotel eröffnet haben.

                      Ja, als ich bei der Wanda Group gearbeitet habe. Das war wahrscheinlich die am schnellsten wachsende Hotelgruppe in der Weltgeschichte. 76 Hotels in sechs Jahren und jedes hatte durchschnittlich rund 300 Zimmer. Ich hatte Monate, da habe ich drei Hotels parallel eröffnet. Das war eine Zeit, die unglaublich anstrengend war, die ich aber nicht missen möchte, weil ich unglaublich viel gelernt habe. Und ich durfte eng mit Wang Jianlin, Gründer der Gruppe und einer der reichsten Chinesen, zusammenzuarbeiten. Das war eine sehr bereichernde Zeit, auf die ich sehr stolz bin. Aber für immer macht man so etwas nicht. 

                      Er war bestimmt nicht einfach als Chef. 

                      Gewöhnungsbedürftig war die militärische Art, wie er das Unternehmen geführt hat. Wer fünf Minuten zu spät zu einem Meeting mit ihm kam, musste damit rechnen, dass ein Teil des Bonus gekürzt wurde. Doch nur mit dieser eisernen Disziplin ist ein solches Wachstum möglich. Wenn ein neues Haus am 1. Oktober aufgemacht werden sollte, dann war es auch tatsächlich zu diesem Termin. Da gab es keine Ausreden oder Entwicklungen wie am neuen Berliner Flughafen. Wenn man bei solchen Projekten keinen Druck aufbaut, kann man das Tempo nicht halten. Und damit klar ist, was eine Verspätung kostet und dass es unmöglich ist, den zukünftigen Gast im Stich zu lassen, ließ Wang schon Monate vorher Banketts für diesen Zeitraum verkaufen. 

                      Ein anderes Beispiel?

                      Ich habe während meiner Zeit bei Wanda von einem Headhunter erfahren, dass mein Job ausgeschrieben wurde. Ich war erschrocken, denn ich war loyal und hatte eine super Beurteilung bekommen. Da haben die mir gesagt, wir sind auch sehr zufrieden mit ihnen. Aber wissen Sie, bei Wanda sollte man sich nie wohlfühlen. Man soll immer ein bisschen Angst haben. Denn wenn man sich sicher glaubt, macht man seinen Job nicht gut. Dann wird man faul. Kein Wunder also, dass ich nach den sechs Jahren erst einmal eine Auszeit brauchte.

                      Ist das bei Kempinski auch so?

                      Nein. Bei Kempinski Hotels weiß man, dass der Fortschritt nicht nur durch Druck entsteht, sondern auch dadurch, dass man in Ruhe überlegt, wohin die Reise gehen soll. Und dass eine vernünftige Work-Life-Balance auch für die Qualität der Arbeit gut ist. 

                      2019 wurde die Steigenberger Gruppe an Chinesen verkauft. Kann das funktionieren?

                      Wenn sie das als Sahnehäubchen auf ihrem Hotelkonzern mit rund 500 Hotels betrachten, die Kundendaten nutzen und das Management in Ruhe lassen, ja. Aber daraus ein chinesisches Unternehmen zu machen, wäre falsch. 

                      Wenn Sie jetzt fünf Jahre in die Zukunft schauen, was sind dann Ihre größten Herausforderungen? Woran müssen Sie richtig arbeiten?

                      Ich glaube, es geht mindestens noch für die nächsten zehn Jahre weiter, dass wir mit dem Virus leben müssen. Das Geschäft mit Geschäftsreisenden, aber auch mit Events und Konferenzen wird nicht wieder so zurückkommen wie früher. Wir müssen uns auf mehr individuelles Geschäft einstellen, mehr für Familien anbieten, die für ein Wochenende kommen. Dafür müssen wir die Küche anpassen, denn Familienessen sind anders als Geschäftsessen. Da müssen nicht mehr tausende Kalorien auf den Tisch kommen.

                      Und, wenn Sie nicht mehr arbeiten müssen, wo werden sie dann leben? In einem chinesischen Luxus-Resort?

                      Nein. Ich werde im größten Luxus leben, den es gibt: in der Natur. Ich würde dann am Bodensee leben, die gute Luft, die Ruhe und die gesunde Bodenseeküche genießen. Das fehlt mir heute schon: Die tolle Sicht auf die Schweizer Berge, Spaziergänge in den Weinbergen und dann am späten Nachmittag ein “Viertele schlotzen”, wie man dort sagt. Aber bis dahin will ich noch eine Weile auf der Welle des faszinierenden chinesischen Wachstums surfen. 

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                        Dschungel der Klimapläne

                        Auch China ringt um die effizientesten Regeln für den Übergang zur Klimaneutralität. Die Transformation des Energiesektors und der Schwerindustrie sind dabei die schwierigsten Brocken. Derzeit sieht es so aus, als stände ein Teil der chinesischen Führung auf dem Gaspedal und ein anderer auf der Bremse. Über die Neujahrstage veröffentlichte das Entwicklungsforschungszentrum (Development Research Center) der Regierung einen Bericht, demzufolge die CO2-Wende zwei Jahre früher kommen könnte als bisher erwartet. Der Höhepunkte der Treibhausgas-Emissionen könne schon 2028 erfolgen, nicht erst 2030, so die staatlichen Forscher. Gründe sind geringeres Wachstum und ein schnelleres Greifen der Klimaschutz-Maßnahmen.

                        Im Dezember hatte die Central Economic Work Conference der Kommunistischen Führungsspitze jedoch noch ganz andere Signale gesendet: Bedeutet die Betonung von Kohle als “Basis” der Energieversorgung bis 2030 einen bevorstehenden Boom fossiler Energieträger? Verabschiedet sich China mit dem Ende von Energiespar-Deckeln auch von den Klimazielen? Oder sind die stattdessen einzuführenden Emissions-Quoten nicht ohnehin die bessere Größe? Beobachter zeigten sich zunächst sowohl besorgt als auch optimistisch.

                        Nis Grünberg, Klimaexperte vom Mercator Institute for China Studies (Merics) sieht in den jüngsten Entwicklungen eine Fortführung der bisherigen Klimapolitik. Die formulierten Sätze stehen demnach Chinas sogenannten 30/60-Zielen nicht entgegen: Emissionshöhepunkt vor 2030, Klimaneutralität spätestens 2060. “Eine Schwierigkeit bei der Analyse ist, dass derzeit vieles auf verschiedenen Gleisen zugleich passiert”, sagt Grünberg. Auf der Central Economic Work Conference sei es um makroökonomische Fragen gegangen und die Rolle von Energieverbrauch und Treibhausgasen in der Industrie. “Dabei werden Themen wie Klima oder Umwelt eher nur grob umrissen.”

                        Viele Köche für den Klimaschutz

                        Parallel befassen sich weitere Stellen von Partei und Regierung mit dem Klimaschutz. So beinhalten sowohl die Fünfjahrespläne der Zentralregierung, als auch die Einzelpläne für bestimmte Industrien oder Ministerien Klimavorgaben. Am konkretesten aber seien die sogenannten 1+N-Pläne, sagt Grünberg: “Sie bilden das oberste Rahmenwerk für die Dekarbonisierung. Diese Pläne zeigen, wie Chinas Wirtschaft in Richtung der 30/60-Ziele getrimmt werden soll. Darin geht es um Sektoren, Industrien und Technologien.” Der erste N-Aktionsplan wurde im Oktober herausgegeben und befasst sich mit dem Pfad bis 2030 (China.Table berichtete). Grünberg erwartet, dass schon bald weitere N-Pläne folgen: “Vier andere Pläne sind bereits bestätigt und liegen in den letzten Zügen, mindestens zehn wurden insgesamt angekündigt.”

                        Noch seien diese Maßnahmenpakete der verschiedenen Akteure nicht aneinander angeglichen, sagt Grünberg. “All dies ist Neuland für die verschiedenen Politik-Bereiche. Die Detailschärfe wird weiter wachsen, und da wird es sicher immer mal wieder zu vorübergehenden Widersprüchen kommen.” Das sei aber eigentlich ein gutes Zeichen, findet der Merics-Experte. “Denn die Widersprüche zeigen, wie viel Aktivität es gerade gibt. Alle haben das Signal gehört und bauen jetzt ihre eigenen Klimaschutz-Pläne. Die Koordinierung all dieser Policies ist eben extrem kompliziert.” Das brauche Zeit.

                        Wirtschaftliche Trends und Krisen, sowie die Reaktionen der Politik darauf, haben zudem sofort Auswirkungen auf den Energieverbrauch und die Emissionen. Im dritten Quartal gingen Chinas Emissionen im Jahresvergleich erstmals wieder zurück. Sie lagen um 0,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Im ersten Halbjahr waren sie im Vorjahresvergleich wegen der Corona-Pandemie Anfang 2020 und der raschen Erholung Anfang 2021 noch neun Prozent höher gewesen als Anfang 2020.

                        Andere Experten sehen hinter den krisenbedingten Schwankungen aber auch den insgesamt positiven Trend. “Der Rückgang der Emissionen aus fossilen Brennstoffen und Zement im Vergleich zum Vorjahr ist eine deutliche Trendwende”, urteilt der China-Experte Lauri Myllyvirta vom Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) in Helsinki. Die Gründe, die Myllyvirta dafür sieht, sind eine Gemengelage aus politischen Entscheidungen: “Bemühungen zur Zähmung des außer Kontrolle geratenen Immobilienbaus, himmelhohe Kohlepreise und die Stromrationierung.” Stahl- und Zementproduktion seien infolge des lahmenden Bausektors rückläufig.

                        China: Wirtschaftskonferenz setzt auf Stabilität und Klimapäne

                        Was genau hat die Wirtschaftskonferenz also beschlossen? Sie hat in erwartbarer Weise Stabilität im Wirtschaftssystem beschworen. Das Wort kam im Abschlusspapier 25 Mal vor. Selbst im Covid-Jahr waren es nur 13 Erwähnungen. Peking identifizierte die sichere Versorgung mit Primärgütern wie Agrarprodukten, Mineralien und Energie als eine von fünf “bedeutenden theoretischen und praktischen Fragen”. Zu diesen fünf zählte das Papier aber auch die angepeilte Klimaneutralität.

                        Nur ein paar Sätze stehen zum Klima in dem Dokument. Doch diese beinhalten zwei bedeutende Änderungen:

                        • Die klimarelevanten Vorgaben etwa für die Provinzen oder Industrien zielen nicht mehr auf den absoluten Energieverbrauch ab. Stattdessen werden künftig die CO2-Emissionen gedeckelt. Statt auf Energie-Effizienz wird auf CO2-Intensität abgezielt.
                        • Fossile Rohstoffe sind dann von jeglicher Deckelung ausgenommen, wenn sie nicht als Brennstoff für die Energiegewinnung eingesetzt werden, sondern als Rohstoff in der Industrieproduktion, etwa im Chemiesektor. Zum Beispiel basieren große Teile der Kunststoffproduktion auf Rohöl.

                        Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen soll laut Papier auf Basis “sicherer und zuverlässiger alternativer Energiequellen” erfolgen. Doch es hieß darin auch, China solle Kohle auf “saubere und effiziente Weise nutzen”, denn sie sei bis auf Weiteres die Basis der Stromerzeugung. Nach der Konferenz forderte Staatschef Xi Jinping lokale Kader auf, ihren Ansatz für die Umsetzung nationaler CO2-Emissionsziele anzupassen. Dass die Provinzen im Sommer und Herbst den Strom abdrehten, um ihre Energieverbrauchsziele für 2021 doch noch zu erreichen, war eine der Ursachen für die aktuelle Stromkrise.

                        Auslaufen fossiler Brennstoffe anvisiert

                        Das Papier sei das erste offizielle Dokument, das von einem “Auslaufen” fossiler Brennstoffe spreche, lobte Lauri Myllyvirta. Doch zugleich preise der Text “saubere Kohle”. Es sei also vieles unklar. “Die Schlüsselfrage für Chinas Klimaschutzbemühungen wird sein, ob tatsächlich neue Investitionen in kohlenstoffarme und saubere Projekte fließen.”

                        Dass fossile Rohstoffe für die Infustrieproduktion künftig keinen Begrenzungen mehr unterliegen, hat Folgen für die verschiedensten Sektoren. Die Klima-Analystin Yan Qin von Refinitiv sieht in der Regel “einen ziemlichen Schub für Kohlechemikalien”. Profitieren werden interessanterweise nach einem Bericht der South China Morning Post aber auch die Lieferketten für den Ausbau von Wind- und Fotovoltaikanlagen. Denn auch diese beinhalten fossile Rohstoffe, die bislang gedeckelt waren. Das habe gelegentlich zu Lieferengpässen geführt, schreibt das Blatt unter Berufung auf Citic-Analysten.

                        Emissionen statt Energieverbrauch im Fokus

                        Vernünftig ist jedenfalls der Umstieg vom Energieverbrauch auf CO2-Emissionen als Parameter für die Dekarbonisierung. “Man möchte nicht mehr vorschreiben, wie viel Energie eine Firma oder eine Branche verbrauchen dürfen”, sagt Grünberg: “Sondern wie klimaschädlich diese Energie sein darf.” Das sei sinnvoll, denn der Energieverbrauch werde in China auf jeden Fall weiter steigen. “Es würde wenig Sinn machen, die wirtschaftliche Entwicklung zu deckeln, wenn die eingesetzte Energie sauber ist.” 

                        Auch Ma Jun, Direktor des unabhängigen Institute of Public and Environmental Affairs in Peking begrüßte die Reform. Jetzt müsse es allerdings schnell auch eine konkrete Obergrenze für den CO2-Ausstoß geben, “die ein klares Signal an lokale Regierungen, Unternehmen und die Gesellschaft sendet, und damit Transformation und Investitionen besser steuert.”

                        Pro Kopf verbrauchen Chinesen laut Grünberg derzeit nur etwa halb so viel Energie wie im OECD-Durchschnitt. Bisher tragen Wind und Sonne aber nur rund neun Prozent zu Chinas Stromerzeugung bei. Auch deshalb ist ein Ausbau dringend nötig – und zugleich ein rasches Ende der Kohle wenig realistisch.

                        Der Wandel wird laut Grünberg auch dadurch erschwert, dass es dabei nicht allein um das Klima geht, sondern neben Wirtschaft und Energie auch um soziale Fragen. “Die Schwerindustrie, Gas- oder Kohlenproduktionen sind riesig und haben einen gewaltigen sozialen Fußabdruck”, sagt Grünberg. Wo die in diesen Industrien voraussichtlich verschwindenden Arbeitsplätze (China.Table berichtete) neu geschaffen werden können, ist völlig unklar. Kohleprovinzen wie Shanxi haben daher eine Transformation vor sich, die die Übergangsprobleme deutscher Kohlereviere wohl weit in den Schatten stellen dürften.

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                          News

                          Steuer-Vorteile für Ausländer um ein Jahr verlängert

                          Expats in China haben offenbar noch ein weiteres Jahr Schonfrist, bevor ihre Steuervergünstigungen wegfallen. Die Vorteile, die eigentlich zum 1. Januar 2022 wegfallen sollten, gelten nun weiter bis 31. Dezember, teilte das Finanzministerium auf seiner Website mit. Die kurze Mitteilung enthielt jedoch keine Details.

                          Die geplante Änderung des Steuerrechts verärgert ausländische Mitarbeiter in China und ihre Arbeitgeber (China.Table berichtete). Zwar handelt es sich im Kern lediglich um eine Angleichung an die allgemein geltenden Regeln. Doch Entsendungen von Mitarbeitern sind teurer geworden und China wirkt als Arbeitsplatz ohnehin weniger attraktiv als früher. Wohn- und Schulgeld wären künftig als Teil des Einkommens zu versteuern. Interessenvertreter hatten daher einen Erhalt der Steuerausnahmen gefordert. Ihre Lobbyarbeit wird sich nun auf den neuen Termin am 31. Dezember 2022 konzentrieren. fin

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                            Subventionen für E-Autos laufen aus

                            China kürzt die Subventionen für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben im kommenden Jahr. Die Regierung hatte bereits im April 2020 angekündigt, die staatlichen Beihilfen für diese Autos schrittweise zu kürzen, erst um zehn Prozent, dann 20 Prozent und 2022 schließlich um 30 Prozent. Die Förderung läuft nun am 31. Dezember 2022 komplett aus, teilte das Finanzministerium auf seiner Internetseite mit. Fahrzeuge, die nach diesem Datum zugelassen werden, erhalten keinen Zuschuss mehr. Ziel sei ein “sanfter Subventionsrückgang” mit einem Übergang zu anderen wirksamen Instrumenten zur Förderung von Autos mit alternativen Antrieben.

                            Unter die Fahrzeuge mit alternativen Antrieben (auch: New Energy Vehicles (NEV)) fallen Fahrzeuge mit Elektro-, Hybrid- und Wasserstoffantrieb. Zudem kündigte das Ministerium an, die Sicherheitskontrollen für solche Autos zu verstärken, um Unfälle zu vermeiden. China, weltgrößter Automarkt, hat das Ziel, dass bis 2025 ein Fünftel aller Neuzulassungen auf Elektro-, Hybrid- und Wasserstoffautos entfallen. rtr/fin

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                              • Autoindustrie

                              Daimler wegen Werbung in der Kritik

                              Werbefotos mit chinesischen Models haben in China eine Diskussion über die Korrektheit der Verwendung betont asiatischer Looks ausgelöst. Der Gesamteindruck der Bilder fördere schädliche Stereotype über Asiaten, lauten die Vorwürfe auf der Sozialplattform Weibo. Unter anderem betroffen ist eine Kampagne des Autoherstellers Daimler. Auch der chinesische Snack-Versender Three Squirrels war von der Kritik betroffen.

                              In China hat sich wie in westlichen Ländern die Empfindlichkeit gegenüber Symbolen, die als rassistisch oder anderweitig als ausgrenzend empfunden werden können, in den vergangenen Jahren enorm gesteigert (China.Table berichtete). Auch die Luxusmarke Dior sah sich bereits mit dem Vorwurf konfrontiert, in der Augenform seiner Models auf westliche Vorurteile über chinesisches Aussehen zurückzugreifen. Walmart, Dolce & Gabbana sowie Hennes & Mauritz waren zuletzt ebenfalls vom Verbrauchernationalismus betroffen. Solche Vorgänge sind durchaus relevant für das Markenimage. fin

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                                • Autoindustrie

                                Letzte pro-demokratische Medien in Hongkong geben auf

                                Mit dem Medium “Citizen News” stellt am Dienstag eine der letzten Nachrichtenquellen in Hongkong ihren Betrieb ein, die der Demokratiebewegung nahestand. “Mit schwerem Herzen geben wir bekannt, dass Citizen News den Betrieb ab Dienstag, 4. Januar 2022, einstellen wird”, teilte die Redaktion auf Facebook mit. “Auf unserem kleinen Boot müssen wir in Wind und Wellen und einer düsteren Lage zunächst sicherstellen, dass alle in Bord in Sicherheit sind.”

                                Damit ist die kritische Medienszene in Hongkong tot. In der vergangenen Woche hatte bereits das Hongkonger “Stand News” schließen müssen, nachdem die Polizei mehrere Journalisten des Mediums verhaftet hatte. Die Behörden haben inzwischen Anklage gegen zwei ehemalige Chefredakteure erhoben. Den beiden Journalisten wird Verschwörung und Anstiftung zum Aufruhr vorgeworfen, teilte das Amt für Nationale Sicherheit am Silvestertag mit.

                                Rund 200 Polizisten hatten zuvor die Redaktionsräume von “Stand News” durchsucht und sieben Personen verhaftet. Dabei handelt es sich um aktuelle und ehemalige leitende Redakteure sowie frühere Vorstandsmitglieder. Das Medienportal hatte nach der Razzia sein Aus erklärt. Im Juni hatte die Zeitung Apple Daily aufgegeben (China.Table berichtete).

                                Die Bundesregierung verurteilt die Verhaftungen bei Stand News als Schlag gegen die Demokratiebewegung. “Die Vorgänge illustrieren aus unserer Sicht aufs Neue, dass es eine stetige Erosion gibt von Pluralismus, Meinungs- und Pressefreiheit in Hongkong“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Das Sicherheitsgesetz und auch andere Bestimmungen würden “willkürlich und selektiv angewandt”, um gegen kritische Stimmen vorzugehen. “Aus unserer Sicht ist ganz klar, dass kritischer Journalismus nicht unter Generalverdacht gestellt werden darf”, sagte die Sprecherin. US-Außenminister Antony Blinken forderten die Freilassung der Journalisten.

                                Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam betonte dagegen, das Vorgehen habe nichts mit einer Unterdrückung der Pressefreiheit zu tun. “Journalismus ist nicht aufrührerisch, aber aufrührerische Aktivitäten können nicht unter dem Deckmantel der Nachrichtenberichterstattung geduldet werden.” Stand News sei keine Nachrichtenquelle gewesen, sondern eine politische Organisation. rtr/fin

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                                  Xis Ansprache: Echo der Geschichts-Resolution

                                  Chinas Staatspräsident Xi Jinping hat in seiner Neujahrsrede die Erfolge seines Landes bei der Eindämmung der Covid19-Pandemie gelobt. Das Land habe sich “fest geeint” in seiner Reaktion auf die Pandemie gezeigt. Zusammen mit anderen Erfolgen des Jahres 2021 zeige das, wie weit China schon auf dem Weg zur Erneuerung der Nation gekommen sei. Xi nannte hier die Weltraummissionen zu Mars und Sonne, sportliche Höchstleistungen und den schnellen Wiederaufbau nach den Flutkatastrophen.

                                  Weite Teile der Rede waren theoretischen Betrachtungen zur Zukunft der Kommunistischen Partei gewidmet. Xi bezog sich hier auf die Resolution der Partei zu ihrer hundertjährigen Geschichte (China.Table berichtete). Er erinnerte daran, dass er sich in Vorbereitung der Resolution auf ein berühmtes Gespräch von Mao Zedong mit dem ideologischen Vordenker Huang Yanpei bezogen hatte. Mao hatte seinerzeit postuliert, dass China aus den Kreisläufen von Dynastiewechseln ausgebrochen sei und die KP jetzt für immer regiere. Xi erwähnte in seiner Neujahrsrede auch Taiwan. Die “vollständige Wiedervereinigung” des Mutterlandes sei ein Ziel von Menschen auf beiden Seiten der Taiwan-Straße. fin

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                                    Regierung intensiviert Kampf gegen Covid

                                    Der Covid-Ausbruch in der nordwestchinesischen Stadt Xi’an zieht sich trotz Testaktionen und striktem Lockdown hin. Am Wochenende wurden erneut zahlreiche Fälle bestätigt. Die Behörden begannen mit der Verteilung von Lebensmitteln in der Stadt, die sich seit über einer Woche in strengem Lockdown befindet.

                                    In den letzten Tagen des alten Jahres hatte China bekräftigt, nicht von seiner Null-Covid-Strategie abzuweichen. Die Hauptstadt Peking beschränkte den Zugang zum Stadtgebiet für alle, die in den vergangenen drei Wochen eine Auslandsreise gemacht haben. Behörden in der südlichen Stadt Jingxi trieben derweil mehrere Männer, die Pandemiemaßnahmen missachtet hatte, öffentlichkeitswirksam durch die Straßen – als Warnung an andere Covid-Sünder. Die Männer sollen Personen ohne Test und Quarantäne über die Grenze geschmuggelt haben. fin

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                                      Presseschau

                                      China: Präsident Xi schwört in seiner Neujahrsansprache auf langfristige Ziele ein RND
                                      Taiwans Präsidentin fordert Ende der “militärischen Abenteuerpolitik” Chinas FAZ
                                      “CitizenNews” in Hongkong: Weiteres Nachrichtenportal gibt auf TAGESSCHAU
                                      China and Russia Military Cooperation Raises Prospect of New Challenge to American Power WSJ
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                                      Hans-Peter Friedrich – Architekt der China-Brücke

                                      Hans-Peter Friedrich, CSU, hat vor zwei Jahren den Verein China-Brücke gegründet.
                                      Der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Friedrich hat die Beziehungen zu China zu seinem Anliegen gemacht

                                      Die Idee, eine Dialogplattform mit China zu errichten, kam dem CSU-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Friedrich bei einem Besuch im Reich der Mitte vor zwei Jahren – damals noch in der Funktion des Vizepräsidenten des Deutschen Bundestags. Das Vorbild des nur wenige Monate später gegründeten Vereins lässt sich am Namen ablesen: Die China-Brücke soll das östliche Pendant zur Atlantik-Brücke im Westen werden.

                                      Vergleichen lassen sich beide Initiativen trotzdem kaum. Die Atlantik-Brücke will die Zusammenarbeit zwischen zwei Staaten auf Basis eines gemeinsamen Wertesystems stärken. “Die China-Brücke ist eine Organisation, die in Anbetracht der gemeinsamen globalen Verantwortung von Europa und China gegründet wurde”, sagt Friedrich. Es gehe darum, gemeinsame Wege und Standards im Zusammenleben zu finden.

                                      Die Gründungsphase des Vereins zwischen Herbst 2019 und Anfang 2020 war denkbar ungünstig. Die China-Brücke lebt von Vernetzung und Austausch – doch dann kam die Pandemie mit ihren Einschränkungen. Dennoch wächst die China-Brücke konstant. “Mittlerweile haben wir 60 bis 70 Mitglieder, jeder mit einem riesigen Netzwerk in China wie in Deutschland”, erzählt Friedrich. Fachspezifische Dialogforen werden in der aktuellen Situation dann eben digital durchgeführt. Es gebe Expertengespräche in den Bereichen Finanz- und Wirtschaftspolitik, aber auch Kultur und Gesundheit. Friedrich verantwortet das Gesprächsforum Politik. Unlängst war der Deutschland-Chef des chinesischen Elektroautobauers Nio zu Gast.

                                      Bewusster Verzicht auf Finanzierung aus China

                                      Doch der Geldbeutel des Vereins ist derzeit noch recht schmal. Das sei allerdings durchaus gewollt, erklärt Friedrich: “Wir finanzieren uns nur über die Mitgliedsbeiträge sowie Gelder zweier kleiner deutscher Mittelständler.” Auf Mittel aus China verzichtet der Verein bewusst – auch um den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, die Brücke sei der verlängerte Arm Xi Jinpings nach Berlin. Trotzdem war die Kritik zum Start des Vereins deutlich. Friedrich kommentiert das ironisch: “Ich habe mich gefragt, warum nicht schon früher jemand ein Pendant zur Atlantik-Brücke gegründet hat. Nach der hysterischen und unfairen Kritik, die es gab, weiß ich jetzt warum.”

                                      Das erste Mal in China war Friedrich vor mehr als 20 Jahren in Wuhan. Sein Umgang mit China ist geprägt von seiner Arbeit als Innen- und Wirtschaftspolitiker. Ihm geht es nicht um den geopolitischen Systemwettkampf, sondern um einen Weg zur Zusammenarbeit.

                                      “Ich habe großen Respekt vor dieser Kultur, die ganz abseits unserer europäischen entstanden ist”, sagt Friedrich. “Ich glaube nicht an Wandel durch Handel. Die Chinesen werden in der Zusammenarbeit nicht auf ihre Werte verzichten und wir auch nicht.” Es gehe ihm um gegenseitigen Respekt im Umgang. Sobald es die Situation wieder zulässt, soll der persönliche Austausch endlich auch nach China anlaufen. “Die Idee war, auch einmal eine Delegation hinzuschicken”, sagt Friedrich. “Gerade wären wir aber auch schon glücklich, wenn wir unsere Mitgliederversammlung in Deutschland in Präsenz veranstalten könnten”. David Renke

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                                        Personalien

                                        Sirma Boshnakova ist zum 1. Januar als Verantwortliche für die Region Asien in den Vorstand des Versicherungskonzerns Allianz aufgerückt. Die 50-jährige Bulgarin wird damit das elfte Vorstandsmitglied. Nach dem Ausscheiden ihres Vorgängers Sergio Balbinot aus dem Vorstand im kommenden Jahr wird niemand nachrücken, sodass das Gremium wieder auf seine übliche Größe von zehn Mitgliedern schrumpft. Boshnakova ist bisher CEO von Allianz Partners, dem operativen Arm des Konzerns. In China kämpft die Tochtergesellschaft Allianz China Life um Marktanteile.

                                        Dessert

                                        Kindergartenkinder in Suining begrüßen das neue Kalenderjahr. Tiger sind noch keine zu sehen, die gibt es zum chinesischen Neujahrsfest am 1. Februar. Aber China darf eben zweimal auf ein glückliches Jahr 2022 anstoßen.

                                        China.Table Redaktion

                                        CHINA.TABLE REDAKTION

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