wer künftig auf den Campus des umstrittenen Ablegers der Fudan-Universität in Budapest möchte, erreicht diesen womöglich über die “Dalai-Lama-Straße”. Oder die “Freies-Hongkong-Straße”. Man kann aber auch über die “Straße der Uigurischen Märtyrer” in Richtung Uni laufen. Denn die ungarische Hauptstadt und ihr 9. Stadtbezirk haben die Straßenzüge rund um das bisher noch unbebaute Areal umbenannt – und der Regierung von Premier Viktor Orbán damit ihre Meinung zu dem Projekt klargemacht. Ein heikles Manöver: Ungarn ist angesichts hoher chinesischer Kredite auf das Wohlwollen Pekings angewiesen. Und wenn es um den Dalai Lama geht, ist die Führung für ihre nachtragenden Reaktionen bekannt.
Schuldenprobleme kennt die Volksrepublik aber auch selbst. Der chinesische Staat hat während der Corona-Epidemie den Lokalregierungen Kredite auf Rekordniveau ermöglicht, um so die Konjunktur anzukurbeln. Frank Sieren wirft nun einen Blick auf die Schuldenlast Pekings und wie diese im Vergleich mit den USA dasteht. Er kommt zu dem Schluss: China hat seine Verbindlichkeiten deutlich besser im Griff als die alte Supermacht.
Finn Mayer-Kuckuk stellt das neue Handy-Betriebssystem von Huawei vor. HarmonyOS soll der Android-Killer sein und den Konzern von einem Teil seiner US-Abhängigkeit befreien. Aber hat der chinesische Technikgigant es wirklich von Grund auf neu programmiert? Experten wittern einen Etikettenschwindel.
Die USA und China versuchen derzeit beide mit großen Infrastrukturprogrammen ihr jeweiliges Wirtschaftswachstum anzukurbeln und ihre Wirtschaftssysteme wieder wettbewerbsfähiger werden zu lassen – auch im Wettstreit gegeneinander. Doch so sehr sich die Lage der beiden Schwergewichte ähnelt, so groß sind auch die Unterschiede. Denn die Wachstumswirtschaft China baut ihre Staatsschulden aus einer völlig anderen Situation heraus auf als die USA.
Die Bestandsaufnahme: Im Corona-Jahr 2020 ist das Verhältnis der Schulden des amerikanischen Zentralstaates zum Bruttoinlandsprodukt deutlich gestiegen. Diese wichtige Kennzahl überschreitet in diesem Jahr mit dem neuen Haushalt die psychologisch auffällige Marke von 100 Prozent, was entsprechende Aufmerksamkeit der Medien weckt. Im Jahr 2019 lag sie noch bei 79 Prozent. Der Schuldenstand im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ist also um mehr als 20 Prozentpunkte hochgegangen.
Der Vergleich mit China ist nicht ganz leicht, weil sich die Systeme unterscheiden. Zunächst bietet sich der direkte Vergleich mit den Staatsschulden an. Diese steigen in China seit Jahren von einem moderaten Ausgangsniveau steil an. Sie erreichen wegen Corona derzeit die Marke von 46 Prozent. In Deutschland sind es 70 Prozent.
Der chinesische Wert klingt also niedrig, ist im kommunistischen System aber nicht die ganze Wahrheit. Peking kann auch die Staatsbetriebe anweisen sich höher zu verschulden. Und in vielen Gemeinden liegen Schulden bei den örtlichen Staatsfirmen, die anderswo bei der öffentlichen Hand angefallen wären. Es hat also durchaus Sinn, hier die Gesamtverschuldung anzusehen, die auch Firmenschulden (ohne den Finanzsektor) berücksichtigt. Sie lagen am Ende des ersten Quartals bei 277 Prozent des BIP, wie die Zentralbank berichtet. Das sind bereits wieder 2,6 Prozentpunkte weniger als im Vorjahresquartal. Vor der Pandemie waren es 255 Prozent. Den Anstieg während der Pandemie bewerten Ökonomen als international üblich. Besorgniserregend sind jedoch weiterhin die Bankschulden in der Größenordnung von 30 Prozent des BIP.
Die USA und China haben also pandemiebedingt beide größenordnungsmäßig 20 Prozentpunkte an neuer Verschuldung im Verhältnis zum BIP draufgelegt. Doch China hat sich damit ein BIP-Wachstum von plus 2,3 Prozent erkauft, während es den USA lediglich gelungen ist, den Absturz auf minus 3,5 Prozent zu bremsen. Das ist zwar auch mit dem unterschiedlichen Verlauf der Pandemie zu erklären, die in China bekanntlich viel früher vorbei war. Doch Schulden bei gleichzeitigem Wachstum gelten als deutlich gesünder als Schulden bei Schrumpfung.
Die US-Schulden werden aber noch aus einem weiteren Grund mit größerer Sorge gesehen. Die USA haben anders als China massive Auslandsschulden. Rund ein Drittel der Schulden werden von ausländischen Gläubigern gehalten. Vor allem von Japan und ausgerechnet von China. Vor 20 Jahren waren es noch unter 10 Prozent.
Solange die USA eine Art Monopol bei der Weltwährung hat, ist dies mangels Alternativen kein so großes Problem. Doch der stärker werdende Yuan, der in diesen Tagen den höchsten Stand zum Dollar seit drei Jahren erreicht hat, erzählt davon, dass dies nicht für immer so bleiben wird. Damit die USA nicht mehr die Leitwährung haben, müsste China zwar volle Konvertierbarkeit zulassen. Doch der Prozess in diese Richtung schreitet durchaus weiter voran.
Egal wie schnell oder langsam der Yuan international wichtiger wird, eines ist klar: Was die Schulden betrifft sind die USA sehr viel abhängiger von internationalen Entwicklungen als China. Peking kann jederzeit seine US-Dollar massenhaft auf den internationalen Markt werfen und den US-Dollar in den Keller schicken – wenn auch nur unter Verlusten bei den übrigen eigenen US-Dollar Reserven. Der Schaden wäre für Washington allerdings in jedem Fall größer. Die USA verfügen nicht über diesen Hebel.
Wenn es Peking gelingt, die soziale Stabilität im Land aufrecht zu erhalten und zu verhindern, dass die Massen in China plötzlich ihre Konten leeren, kann der Regierung die steigende Verschuldung erst einmal nur wenig anhaben. Überdies verhindern strenge Kapitalverkehrskontrollen den Abfluss liquider Mittel ins Ausland. China kann also – anders als Volkswirtschaften wie Italien – nicht ausbluten, auch wenn das Vertrauen schwinden würde.
Dennoch will Peking auf Nummer sicher gehen. Die Zentralregierung hat sich für 2021 ein Wirtschaftswachstumsziel von über 6 Prozent gesetzt, den Schuldenabbau jedoch als eine Hauptaufgabe definiert. Denn einige der chinesischen Unternehmen haben sich im Coronajahr mehr geliehen als sie sollten: Die Ausfälle chinesischer Onshore-Anleihen sind laut Zahlen des National Institution for Finance & Development im ersten Quartal um 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die Steigerung ist hoch, aber noch nicht besorgniserregend. Insgesamt liegt die Summe aller faulen Bankkredite bei nicht einmal zwei Prozent aller Kredite.
Auch, wenn die faulen Kredite bisher kein großes Problem sind, ist die Unternehmensverschuldung dennoch besorgniserregend. Sie ist mit rund 150 Prozent des BIP ungewöhnlich hoch. Im vergangenen Herbst ließ Peking eine Reihe von Staatsunternehmen an die Wand fahren, nachdem sie ihre Schuldenprobleme nicht mehr in den Griff bekamen.
Nicht zu unterschätzen sind jedoch auch die Schulden der Provinz-, Kreis- und Kommunalregierungen. Viele gehen dabei auf sogenannte Local Government Financing Vehicles (LGFV) zurück, zu Deutsch: Finanzierungsmechanismen der Gebietskörperschaften. Worum handelt es sich?
Die Zentralregierung ist auf die Lokalregierungen angewiesen, um neue Infrastruktur zu finanzieren. In China fehlt es den Provinz- und Kommunalregierungen jedoch an umfassenden Steuerbefugnissen. Mit der Einrichtung von LGFVs konnten Kommunalverwaltungen jahrelang über ihre begrenzten Mittel hinaus Geld aufnehmen.
Im April dieses Jahres jedoch erklärte der Staatsrat, dass LGFVs, die von den lokalen Regierungen zur Umgehung von Kreditlimits verwendet werden, umstrukturiert werden oder gleich bankrottgehen sollen, wenn sie nicht in der Lage sind, ihre Schulden zurückzuzahlen. Ein Großteil der LFGV-Kredite wird nicht erfasst, und die Transparenz über die Verwendung der Mittel ist gering. Standard & Poor’s schätzte 2018 den Wert dieser “versteckten Schulden” auf 30 bis 40 Billionen Yuan (rund fünf Billionen US-Dollar).
Seit April haben die Börsen in Shanghai und Shenzhen zudem die Richtlinien für die Emission von Unternehmensanleihen verschärfen müssen, um die Möglichkeit schwacher Unternehmen zu begrenzen, Zugang zum Onshore-Anleihemarkt zu erhalten und zusätzliche Schulden aufzunehmen. Diese Maßnahmen betreffen auch LGFVs. Bereits seit 2019 sind alle Provinzbeamten angewiesen, ihre Kreditaufnahmen regelmäßig in einem zentralisierten System zu melden. Zudem will die Regierung die Vergabe von Bankkrediten eindämmen. Damit beginnt eine weitere Runde in der Verwaltung der Lokalschulden, die auf der einen Seite immer weiter ansteigen, die aber zugleich immer professioneller und transparenter gehandhabt werden sollen.
Auch Washington steht nicht mit dem Rücken zur Wand. Der US-Kongress hat seit Ausbruch der Pandemie Nothilfen in Höhe von rund 5,4 Billionen Dollar verabschiedet. Da das Coronavirus immer noch eine Bedrohung für die US-Wirtschaft darstellt, hat die Biden-Regierung nun einen massiv aufgestockten Staatshaushalt beantragt, der insgesamt Ausgaben von mehr als sechs Billionen US-Dollar umfasst. Mit der langfristigen Erhöhung will der Staat Investitionen in Straßen, Brücken, Elektrofahrzeuge, Flughäfen, städtische Verkehrssysteme, energieeffizientes Wohnen, moderne Wasserleitungen, Stromnetze, Breitband, eine grüne Energiewende und andere Innovationen finanzieren.
Finanziert werden sollen die Pläne neben der Aufnahme neuer Schulden auch durch eine höhere Besteuerung von Unternehmen und Reichen. Die Zustimmung des Kongresses zum Plan ist noch erforderlich, sodass sich Details gegenüber der aktuellen Form noch ändern können. Er ist jedoch überfällig. Die Vereinigten Staaten haben jahrelang nicht in die Infrastruktur investiert. Seit 2010 werden durchschnittlich rund 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) dafür ausgegeben – weit unter Chinas 8 Prozent. Langfristiges Ziel der Maßnahmen ist auch die USA unabhängiger von China zu machen. Beobachter sehen China durchaus als Vorbild für die Infrasturkturpolitik Bidens.
Auch hier ergeben sich bei einer aktuell ähnlichen Ausgabenpolitik jedoch Unterschiede. China und die USA befinden sich in unterschiedlichen Stadien ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und haben dementsprechend andere Ziele für ihre Infrastrukturausgaben.
Ländliche Gebiete und kleinere Städte haben noch immer großen Nachholbedarf. Das hat den Vorteil, dass viele Projekte nicht zum Selbstzweck entstehen, etwa die neuen Zugstrecken, auf die der größte Anteil der Ausgaben im vergangenen Jahr entfiel. Sie tragen zum langfristigen Wirtschaftswachstum bei. Ähnliches gilt für den Ausbau der Telekommunikationsnetze oder der Stromversorgung aus erneuerbaren Energiequellen.
In den USA handelt es sich dagegen oft um nötige Sanierungsmaßnahmen. Laut der American Society of Civil Engineers (ASCE) ist der Zustand der amerikanischen Infrastruktur desolat. Löchrige Leitungen ließen jeden Tag mehr als 22 Milliarden Liter Wasser versickern, heißt es in ihrem Bericht. 43 Prozent der amerikanischen Straßen seien in schlechter oder gerade noch durchschnittlicher Verfassung. Derzeit rangiert keine amerikanische Destination mehr auf der Liste der 25 besten Flughäfen der Welt. 45 Prozent der US-Bevölkerung hat der Auswertung zufolge überhaupt keinen Zugriff auf Busse und Bahnen. Das bedeutet: Die Amerikaner reparieren vornehmlich das vorhandene. Die Chinesen bauen aus.
Als Faustregel kann man dazu feststellen: Wenn der Wachstumsspielraum da ist, und der ist in China vorhanden bei einem Pro Kopf BIP das rund sechs Mal kleiner ist als das der USA, dann schafft Ausbauen meist mehr Wachstum als Reparieren.
Oder noch allgemeiner formuliert: Bei einem hohen Pro Kopf BIP lassen sich Konjunkturprogramme viel schwieriger in Wirtschaftswachstum umsetzen als bei Ländern mit einem niedrigen Pro-Kopf BIP. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass China im Nachgang der Corona-Krise noch schneller zu den USA aufschließt.
Der Technikkonzern Huawei hat am Dienstag in einer großen Präsentation sein neues Smartphone-Betriebssystem offiziell vorgestellt: HarmonyOS soll “neue Produktreihen für die Ära des Internet of Everything” möglich machen, sagte Richard Yu, Vorstandsmitglied für das Endkundengeschäft, in Shenzhen. In China sollen bis 2022 über 200 Millionen Geräte mit dem neuen Betriebssystem ausgeliefert werden. Als erstes wird eine Reihe etablierter Modelle auf das neue Betriebssystem umgestellt. Danach kommen brandneue Handys damit heraus. Ein Verkaufsstart für Europa steht noch nicht fest.
Die erfolgreiche Einführung eines wirklich neuen Betriebssystems für Smartphones wäre eine kleine Sensation. Bisher haben sich nur zwei Anbieter wirklich im Markt verankert: Apple und Google. Beide hatten reichlich Zeit, den Kuchen unter sich aufzuteilen. iOS ist seit 2007 auf dem Markt, Android seit 2008. Seitdem gab es Versuche von Microsoft und anderen Anbietern, den Platzhirschen etwas an die Seite zu stellen. Doch die neue Konkurrenz scheiterte an ihrer Marktmacht, während etablierte Anbieter wie Nokia und Blackberry schlicht verschwanden.
Es gibt zwei konkrete Gründe für die Konzentration auf zwei Spieler am Markt.
1. Es ist höllisch schwer, ein ausgereiftes Computer-Betriebssystem von den Anfängen her neu zu entwickeln. Selbst Google hat das bei Android nicht getan, sondern bei dem Kern des freien Betriebssystems Linux angesetzt. Bis alles nahtlos ineinandergreift und all die Funktionen beisammen sind, die der Kunde erwartet, vergehen Hunderttausende von Programmierstunden. Die Fehler der ersten Versionen auszumerzen, kann Jahre dauern.
2. Die Vielfalt an Programmen ist der größte Schatz jeder IT-Plattform. Auf Smartphones bezogen ist es die Auswahl im App-Store, die das Gerät erst attraktiv macht. Apple kommt hier auf zwei Millionen Apps, Google sogar auf drei Millionen. Wer wirklich neu einsteigt, fängt technisch gesehen mit 0 Apps an.
Ohne Zwang wäre Huawei aus genau diesen Gründen nie auf die Idee gekommen, sich von Android zu verabschieden. Denn der Aufwand für eine Neuentwicklung ist hoch, während die Käufer anfangs mit nur wenigen Apps dastehen. Die US-Regierung hat dem chinesischen Anbieter diesen Schritt jedoch praktisch aufgezwungen. Donald Trump hat amerikanischen Unternehmen verboten, Huawei mit Waren und Diensten zu beliefern (China.Table berichtete). Dazu gehören Lizenzen für Android von Google.
Bisher sieht es gleichwohl so aus, als habe sich Huawei eines kleinen Tricks bedient, um beide Probleme auf einmal zu umgehen. Das glauben zumindest Programmierer, die sich bereits Zugriff auf die Entwicklungsumgebung für die Apps unter dem neuen System verschafft haben. “HarmonyOS ist im Wesentlichen von Android abgeleitet”, schreibt der Betriebssystem-Experte Ron Amadeo aus dem Portal Arstechnica. Es handele sich um einen “Fork”, also die Abspaltung einer Softwareversion in einen neuen Entwicklungszweig.
Die Technikwelt stört sich dabei nicht etwa daran, dass Huawei bei einem bewährten Vorbild ansetzt. Schließlich ist das Google-Produkt ausdrücklich für eigene Weiterentwicklungen offen. Als störend wird vielmehr die Kommunikation empfunden. “HarmonyOS wird etwas völlig Neues”, hatte Yu 2019 bei den ersten Ankündigungen gesagt. Jetzt kommt zwar ein tolles neues Produkt, aber unter der Haube finden die Techniker doch wieder Android. “Man sollte bei so etwas ehrlich sein”, kommentiert Technik-Journalist Amadeo. Die Sache rieche wegen der Intransparenz ein wenig nach Plagiat. Schließlich gebe Huawei hier eine Software als Eigenentwicklung aus, die auf der Arbeit von Google basiere.
Es fällt auf, dass im Huawei-Store für HarmonyOS vom ersten Tag an die üblichen beliebten Apps zu finden sein sollen, die Huawei bisher für seine offizielle Android-Variante angeboten hat. Der Produktverantwortliche Wang Chenlu hat denn auch bei der Präsentation nur wenig über die Technik im Hintergrund geredet und viel über die Ideen und Vorteile für den Nutzer.
Tatsächlich hat HarmonyOS hier viel zu bieten. Am mächtigsten wird das Produkt im Zusammenspiel mit vielen anderen smarten Huawei-Geräten. Im Huawei Control Panel finden sich all die vernetzten Geräte, auf denen ebenfalls das neue Betriebssystem läuft, wie Drohnen, Fernseher, Uhren oder Kopfhörer. Wer auf dem Balkon auf dem Tablet eine Serie schaut und den Ton über einen Lautsprecher abspielt, kann Bild und Klang mit einem Wisch ins Wohnzimmer umlenken, wenn eine dunkle Wolke aufzieht. Wenn dann die Kinder ins Bett müssen, soll der Übergang auf Kopfhörer genauso nahtlos laufen. Die technische Leistung dahinter: Alles muss synchron laufen, sonst stimmen Ton und Bild nicht mehr überein.
Wang präsentierte jedoch auch viele vermeintliche Lösungen für Probleme, die vermutlich niemand hat. Die Apps auf Harmony-Geräten sollen dem Anwender nach dem Einkaufen helfen, die Lebensmittel in die richtige Kältezone im smarten Kühlschrank einzusortieren. Vielleicht wird die Menschheit einmal so unselbständig sein, dass sie dafür eine Anleitung braucht – bisher ist sie es hoffentlich noch nicht.
Auffälliger an all diesen konkreten Ankündigungen ist jedoch, dass sie nur wenig mit dem Betriebssystem zu tun haben. Kühlschrank-Apps sind typischerweise Anwendungen, also Apps, die unter – oder auf – dem Betriebssystem laufen. Es bietet grundsätzlich nur den Rahmen, in dem sie funktionieren. In Wangs Präsentation ging es generell viel um solche Funktionen auf Anwenderebene und gar nicht um Dinge, die wirklich nur mit einem grundsätzlich neuen Betriebssystem möglich wären. Er pries etwa die schlaue Anordnung der App-Symbole in thematischen Gruppen an. Hier hat aber jeder Android-Anbieter ebenfalls einen optischen Trick auf Lager..
Die Einführung HarmonyOS ist aber auf jeden Fall ein schlauer Zug, nachdem die US-Regierung Huawei erst einmal Schachmatt gesetzt hatte. Ob der Code jetzt neu programmiert ist oder auf einem vorhandenen Produkt aufsetzt, ist dafür gleichgültig. Die Kunden in China, wo es HongmengOS heißt, werden ohnehin kaum einen Unterschied zum herkömmlichen Huawei-Android bemerkten. Sie haben sich schon immer in einer anderen App-Welt bewegt als die Kunden im Westen. In China war es bisher schon üblich, dass jeder Hersteller seinen eigenen App-Store mit typischen chinesischen Programmen aufgespielt hatte.
Die Bundesregierung lehnt eine Abwendung von China trotz der zunehmenden Konflikte mit der kommunistischen Führung in Peking ab. “Angesichts der starken, weltweiten Verflechtung der Volkswirtschaften und der Komplexität globaler Herausforderungen wie Klimawandel, Friedenssicherung und fragiler Staatlichkeit” hält die Bundesregierung “Eindämmungs- und Entkoppelungsstrategien gegenüber China als aufstrebender Weltmacht für nicht zielführend”, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag.
Zugleich betonte die Bundesregierung, dass sie sich “in Zukunft allerdings verstärkt an Maßnahmen zu Schutz und Sicherung der regelbasierten Ordnung im Indopazifik” beteiligen werde, etwa an der Einhaltung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen oder der Überwachung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea. In diesem Zusammenhang sei auch die Entsendung der Bundeswehr-Fregatte “Bayern” in den Indo-Pazifik für das zweite Halbjahr 2021 zu verstehen.
Die Bundesregierung hat im September 2020 Leitlinien für die künftige deutsche Außenpolitik in Asien beschlossen. Sie sehen vor, sich nicht nur wie bisher vor allem wirtschaftlich, sondern auch verstärkt geopolitisch in der Region einzubringen. Ob Deutschland sich damit auch gegen Chinas wachsenden Einfluss wendet, ließ die Bundesregierung offen. Mitte April hatten Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bei einer Videoschalte mit ihren japanischen Amtskollegen bekräftigt, dass Deutschland sein sicherheitspolitisches Engagement in Asien weiter verstärken werde und sich vor allem mit westlich-orientierten und demokratischen Ländern wie etwa Japan “enger abstimmen” wolle.
“Um als Deutschland und Europa in Zukunft die Welt weiterhin aktiv mitzugestalten, müssen wir uns gerade auch in Asien stärker engagieren, wo in diesem Jahrhundert wichtige globale Weichenstellungen stattfinden”, hatte Maas nach dem Gespräch betont. “Wenn wir nicht aktiver werden, dann schreiben andere die Regeln der Zukunft – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch und sicherheitspolitisch.” Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer ergänzte: “Die Lage im Indopazifik geht uns alle an. Die Einhaltung der Regeln für freie Handelswege und territoriale Unversehrtheit sowie die Stärkung unserer demokratischen Partner sind in deutschem wie europäischem Interesse.” Anders als Maas sprach sie den Gebietskonflikt im Südchinesischen Meer an und nannte China auch.
Peking beansprucht 80 Prozent des Meeres, durch das einige der wichtigsten Schifffahrtsstraßen der Welt führen. Der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies 2016 die Ansprüche Chinas zurück. Peking ignoriert dieses Urteil. flee
Die G7-Staaten wollen bei ihrem Gipfeltreffen in der kommenden Woche einem Medienbericht zufolge Pläne für eine nachhaltige Alternative zu Chinas BRI bekannt geben. Die Strategie, die den Namen “Clean Green Initiative” trage, soll einen Rahmen bieten, um nachhaltige und klimafreundliche Entwicklungen in Entwicklungsländern zu unterstützen, berichtete Bloomberg unter Berufung auf zwei nicht näher genannte Quellen. Die Initiative werde auch auf der Gipfelagenda der Staats- und Regierungschefs stehen, die sich in der kommenden Woche (11. bis 13. Juni) im britischen Cornwall treffen.
Die Infrastruktur-Strategie der G7-Staaten, die demnach vor allem von US-Seite vorangetrieben wurde, sei bereits Thema bei Gesprächen von Diplomat:innen in Vorbereitung des Gipfels gewesen. Ob in das Projekt neue finanzielle Mittel gesteckt werden sollen, war dem Bericht zufolge noch nicht klar. Es gehe demnach primär darum, einen “strategischen Rahmen” zu schaffen.
Im Vorfeld des Gipfels habe es jedoch auch Unstimmigkeiten darüber gegeben, wo die neue Initiative ihren geografischen Fokus haben soll, hieß es unter Berufung auf eine mit den Vorgängen vertraute Person: Deutschland, Frankreich und Italien wollen demnach Aktivitäten in Afrika unterstützen, während die USA in Lateinamerika und Asien auf Maßnahmen drängten. Japan plädiere hingegen für eine stärkere Konzentration auf die indopazifische Region. Alle Nationen seien sich jedoch weitgehend einig, dass es eine transparente Alternative zur chinesischen BRI geben müsse, zitiert Bloomberg eine Quelle. ari
Leitende Angestellte der Finanzbranche können sich in Hongkong für eine Aussetzung der sonst obligatorischen Quarantäne bei einer Einreise anmelden. Hongkongs Finanzmarktaufsichtsbehörde informierte rund 500 gelistete Banken und andere Finanzdienstleister bereits vergangene Woche über die neuen Ausnahme-Möglichkeiten, berichtet die South China Morning Post (SCMP). Viele der Vertretungen in Hongkong seien ein wichtiger Bestandteil für globale oder regionale Aufstellung der Finanzinstitute, sagte eine Regierungssprecherin der Zeitung. “Wir halten es für notwendig, ihren effektiven Betrieb während der Covid-19-Pandemie zu erleichtern, um die finanzielle Stabilität Hongkongs und unseren Status als internationales Finanzzentrum zu erhalten”, zitiert SCMP die Sprecherin.
Für die Ausnahmeregeln kann sich jedoch nur eine bestimmte Anzahl von führenden Angestellten anmelden. Es gibt Voraussetzungen: So können sich für einen möglichen Quarantäne-Erlass nur vollständig geimpfte Personen bewerben, die die Position eines Direktors, Global oder Regional Head eines Finanzkonzerns oder börsennotierten Unternehmen innehaben. Die Ausnahmeregel gelte dann für Expats und für Einwohner:innen Hongkongs, die von Auslandsreisen zurückkommen. Bei der Einreise muss zudem ein negativer Corona-Test vorgelegt werden, um von der Quarantänepflicht befreit zu werden, wie es in dem Bericht weiter heißt. Die Regierung Hongkongs hatte zuvor bereits Flug- und Schiffsbesatzungen sowie Wirtschaftsprüfer börsennotierter Unternehmen von der obligatorischen Quarantäne ausgenommen. ari
China hat Taiwan erstmals als Top-Zulieferer für den US-Technikriesen Apple verdrängt. Von den 200 wichtigsten Apple-Zulieferern seien im vergangenen Jahr 51 in der Volksrepublik und Hongkong ansässig gewesen, wie die japanische Nachrichtenplattform Nikkei Asia bei einer Analyse der Apple-Zuliefererliste herausfand. Im Jahr 2018 seien es noch 42 Zulieferer gewesen.
Taiwan, das mehr als ein Jahrzehnt lang den Spitzenplatz auf der Liste belegte, rutschte mit 48 Zulieferern auf Platz zwei ab. Dort haben zwar immer noch wichtige Anbieter wie Foxconn und Pegatron ihre Firmenzentralen. Doch auch sie produzieren das meiste in der Volksrepublik.
Die Apple-Lieferantenliste deckt dem Bericht zufolge 98 Prozent der Ausgaben des Unternehmens für Material und Fertigung für das vorangegangene Geschäftsjahr ab. Die einzelnen Bestellwerte für jedes Unternehmen werden demnach nicht offengelegt. Die Zulieferer-Liste gilt jedoch als Barometer für Apples Abhängigkeit von Lieferanten aus verschiedenen Teilen der Welt. Der Bericht wird seit 2013 fast jedes Jahr veröffentlicht.
In China ansässige Zulieferer helfen Apple demnach auch dabei, die Produktion außerhalb des Landes zu steigern: Die Zahl der Apple-Zulieferer in Vietnam wuchs der Analyse zufolge von 14 im Jahr 2018 auf 21 im vergangenen Jahr an. Sieben der 21 Zulieferer befänden sich jedoch im Besitz von Unternehmen mit Sitz in China oder Hongkong. Dazu gehörten unter anderem die AirPods-Fertiger Luxshare Precision Industry und GoerTek, die beide seit Anfang 2020 in Vietnam produzieren. ari
Im Jahr 1944 behauptete Friedrich A. Hayek, dass die spontane Ordnung der Märkte der vermeintlich dynamikhemmenden totalitären Ordnung kommunistischer oder faschistischer Regime von Natur aus überlegen sei. Die folgenden Jahrzehnte, in denen freie Marktwirtschaften florierten und die zentrale Planwirtschaft der Sowjetunion implodierte, schienen ihm recht zu geben. Dann kam China.
Die Eckdaten des phänomenalen wirtschaftlichen Aufstiegs Chinas sind bekannt: drei Jahrzehnte zweistelliges BIP-Wachstum; rund 700 Millionen Menschen, die aus der Armut geführt wurden; ein Infrastrukturboom; die Entstehung innovativer Tech-Giganten und ein umfassender Plan für weiteres (nachhaltiges) Wachstum und Entwicklung.
Chinas Erfolg hat die Überzeugung untergraben, dass freie Märkte die beste Entwicklungsstrategie für alle darstellen, und zwar so sehr, dass sogar der Internationale Währungsfonds – lange Zeit ein führender Verfechter der Ideologie der freien Marktwirtschaft – seine eigene Orthodoxie überdacht hat. Doch eine zentrale Planung nach chinesischer Art stößt im Westen immer noch auf Verachtung, wo sie von Beobachtern für ihre angebliche Undurchsichtigkeit und ihren repressiven Charakter herabgewürdigt wird.
Aber ist das chinesische System wirklich diametral entgegengesetzt zu dem der, sagen wir, Vereinigten Staaten? Mit einem Wort: nein.
Trotz ihrer lautstarken Unterstützung für freie Märkte sind die Ausgaben der US-Regierung seit 1970 stetig gestiegen. Im Jahr 2019 lagen sie bei 35,7 Prozent des BIP, verglichen mit 34,8 Prozent des BIP in China.
Die Coronakrise hat diesen Trend noch beschleunigt. Tatsächlich verdanken die USA ihre wirtschaftliche Erholung größtenteils massiven staatlichen Interventionen. Darüber hinaus bringt die Regierung von Präsident Joe Biden mit dem American Jobs Plan und dem American Families Plan nun Gesetze voran, die die wirtschaftliche Rolle der Regierung deutlich erweitern würden.
Da sich sowohl China als auch die USA in Richtung einer stärkeren Zentralisierung der Macht über die Wirtschaft bewegen, ist klar, dass gängige Dichotomien wie “Staat versus Markt” und “Kapitalismus versus Sozialismus” zu stark vereinfacht sind. Beide Länder stehen vor vielen gleichen Herausforderungen, angefangen bei der Sicherstellung, dass plutokratische Eliten keine Entscheidungen auf Kosten der breiten Masse treffen.
Sowohl der Staat als auch der Markt sind soziale Konstrukte. Wenn sich Märkte basierend auf Eigeninteresse spontan ordnen, wie Hayek beobachtete, kann es sein, dass sich die wachsenden Bürokratien sowohl in sozialistischen als auch in kapitalistischen Ländern nach Eigeninteressen ordnen. Wenn dies zutrifft, ist es unerlässlich, diese Interessen einzuschränken, um dafür zu sorgen, dass der Staat den Schwerpunkt weiterhin auf die Bereitstellung sozialer Güter legt.
Solange die USA an ihrer Identität als System der freien Marktwirtschaft festhalten, werden sie sich schwertun, dieser Herausforderung zu begegnen. Stattdessen könnte das, wovor der scheidende Präsident Dwight Eisenhower in seiner Abschiedsrede warnte – das “Erlangen von ungerechtfertigtem Einfluss” durch den “militärisch-industriellen Komplex” – unvermindert weitergehen (auch wenn dieser heute vielleicht in “militärisch-industrieller-technologischer-finanzieller-medialer-Komplex” umbenannt werden würde).
Dies könnte zur Erklärung beitragen, warum das Vertrauen in US-Institutionen heute so gering ist. Von den 26 Ländern, die 2020 im Edelman Trust Barometer bewertet wurden, rangierten die USA in Bezug auf das Vertrauen der Bevölkerung in NGOs, Wirtschaft, Regierung und Medien auf Platz 18. Im Jahr 2021 belegen sie Platz 21.
Im Gegensatz dazu genossen chinesische NGOs, Unternehmen, die Regierung und die Medien im Jahr 2020 das höchste Maß an Vertrauen. Während dieses Niveau im Jahr 2021 um zehn Prozentpunkte (von 82 Prozent auf 72 Prozent) sank, bleibt China auf dem zweiten Platz.
Dies spiegelt wahrscheinlich die Tatsache wider, dass China seine Fähigkeit bewiesen hat, politische Ziele in konkrete Projekte und Programme zu übersetzen, mit sichtbaren Vorteilen für die gesamte Bevölkerung, nicht nur für die Eliten. Laut einer aktuellen Studie, die auf Umfragedaten aus den Jahren 2003 bis 2016 basiert, “haben Chinas ärmere Einwohner das Gefühl, dass die Regierung bei der Bereitstellung der grundlegenden Gesundheitsversorgung, Sozialhilfe und anderen öffentlichen Diensten zunehmend effektiver ist”.
Für den deutschen Politikwissenschaftler Sebastian Heilmann macht Chinas “unorthodoxe” Politikgestaltung – zusammen mit der Widerstandsfähigkeit der Kommunistischen Partei – das Land zu einem “roten Schwan”: eine “abweichende und unvorhergesehene” Herausforderung für das westliche Entwicklungsmodell. Aus unserer Sicht ist China keineswegs eine Abweichung, und sein Erfolg sollte nicht schockieren.
China hat sich die zentrale Planung zunutze gemacht, um einen adaptiven und experimentellen Politikgestaltungsprozess zu verfolgen, bei dem die institutionellen Strukturen ständig auf den neuesten Stand gebracht werden, um neue Ideen und bewährte Praktiken widerzuspiegeln, die an lokale Bedingungen angepasst sind. Wie die Wirtschaftswissenschaftlerin Jiang Xiaojuan kürzlich betonte, ist der “Wille an der Spitze” für den Fortschritt entscheidend, da er Stillstand bei komplexen Themen wie dem Klimawandel verhindert, wo Eigeninteressen leicht den Fortschritt blockieren können.
Das bedeutet aber nicht, dass die Politikgestaltung in China nicht kooperativ ist. Im Gegenteil: Bevor sie eine wichtige politische Entscheidung trifft, berät sich Chinas politische Führung mit Thinktanks und Akademikern, um theoretische Erkenntnisse zu gewinnen, und besucht lokale Gemeinden, um sich über die Situation vor Ort zu informieren. Anschließend starten sie Pilotprogramme, um praktische Umsetzungsprobleme aufzudecken und zu lösen und so Reformen und Programme zu entwickeln, die an weitere Kontexte angepasst werden können.
Sicherlich ist Chinas Ansatz nicht immun gegen Rent-Seeking oder die Zementierung von Sonderprivilegien. Die gezielte Anwendung von Maßnahmen und Programmen kann Fragmentierung, Verschwendung und übermäßigen Wettbewerb zur Folge haben – all das kann Chinas Bestreben untergraben, eine offene, komplexe und lebendige Marktwirtschaft aufzubauen.
Zudem kann sich, wie Jieun Kim und Kevin J. O’Brien gezeigt haben, die Bürokratie aktiv dem Fortschritt widersetzen. So fürchten lokale Beamte beispielsweise, dass größere Transparenz ihre operative Flexibilität und ihre Aufstiegschancen untergraben könnte. Das Gleiche kann aber auch passieren, wenn bestimmte Marktakteure zu viel Einfluss gewinnen. Die Überwindung solcher Herausforderungen erfordert Agilität, Kreativität und politischen Willen.
Sind freie Märkte einer Planwirtschaft also immer noch überlegen? Nun, das dürfte die falsche Frage sein.
Institutionelle Arrangements sind komplexe Systeme, die durch Geschichte, Geografie und Kultur geprägt sind. Das Ziel sollte nicht darin bestehen, einen allgemeingültigen Ansatz zu finden, sondern die Kombination von Merkmalen zu entwickeln, die das größtmögliche Wohl für die größte Anzahl von Menschen mit dem richtigen System der gegenseitigen Kontrolle in einem bestimmten Land bringen würde.
In diesem Zusammenhang hat Chinas System des politischen Experimentierens, der Implementierung und der Institutionalisierung von “Reform-Algorithmen” zur Unterstützung der ständigen Anpassung in einem sich ständig verändernden Umfeld die Entwicklung des Landes entscheidend verändert. Den Beweis liefern die Ergebnisse.
Andrew Sheng ist Distinguished Fellow am Asia Global Institute an der Universität Hongkong und Mitglied des UNEP Advisory Council on Sustainable Finance. Xiao Geng, Vorsitzender der Hong Kong Institution for International Finance, ist Professor und Direktor des Research Institute of Maritime Silk-Road an der HSBC Business School der Universität Peking. Aus dem Englischen von Sandra Pontow.
Copyright: Project Syndicate, 2021.
www.project-syndicate.org
Yang Xifan, China correspondent for the weekly newspaper “Die Zeit,” has been awarded the Egon Erwin Kisch Prize. The prize honors outstanding reportage. In her story “Confucius’ Envoy,” the journalist describes the sometimes grotesque misunderstandings and disappointments experienced by a young Chinese woman working as a caregiver in a nursing home in Hanover. Young Chinese who swarm out into the world, returning after a few years and bringing back useful knowledge and clever ideas from abroad to China are colloquially known in the People’s Republic as “sea turtles”.
Peter Kühl was responsible for Volkswagen’s fleet business and sales in China for five years. Most recently, he was Head of Group Sales Mobility in Wolfsburg. On June the 1st, he took over as Head of Sales at ŠKODA in Germany. The business economist, who studied in Aachen, Madrid, and Giessen, joined Volkswagen in 2006 after holding positions at Karstadt and DaimlerChrysler, and has already held a number of management positions both in Germany and abroad. He succeeds Stefan Quary, who has held the post of Head of Sales Germany at Audi since May.
Michele Seassaro is the new managing director of the Chinese subsidiary of Schmersal, the Wuppertal-based machine safety specialist. The 52-year-old previously worked in China in management positions at various companies in the consumer goods and food industries. Seassaro is a lawyer and holds an EMBA degree from the China Europe International Business School (CEIBS). At Schmersal’s production plant in Shanghai, 150 employees manufacture position and safety switches as well as elevator switchgear for the Asian market.
Chinas Südwestprovinz Yunnan erfreut sich unter Elefanten wachsender Beliebtheit. War die Population in den 1980er-Jahren auf 193 Exemplare zurückgegangen, sind es nach Angaben von Chinas amtlicher Nachrichtenagentur mittlerweile wieder rund 300. Die meisten von ihnen leben in einem eigens von der Provinzregierung für die Dickhäuter eingerichtetem Nationalpark. Eine Herde büxte nun aber aus und sorgt für Ärger: 15 von ihnen sollen einen Wassertank leer getrunken haben, sich in einem Maisfeld sowie in einer Scheune satt gefressen und rund 50 Hektar Getreidefelder zertrampelt haben. Der Schaden beziffere sich bereits auf 6,8 Millionen Yuan (872.000 Euro). Nun machen sich die Dickhäuter den Behörden zufolge auf den Weg in die Provinzhauptstadt Kunming.
wer künftig auf den Campus des umstrittenen Ablegers der Fudan-Universität in Budapest möchte, erreicht diesen womöglich über die “Dalai-Lama-Straße”. Oder die “Freies-Hongkong-Straße”. Man kann aber auch über die “Straße der Uigurischen Märtyrer” in Richtung Uni laufen. Denn die ungarische Hauptstadt und ihr 9. Stadtbezirk haben die Straßenzüge rund um das bisher noch unbebaute Areal umbenannt – und der Regierung von Premier Viktor Orbán damit ihre Meinung zu dem Projekt klargemacht. Ein heikles Manöver: Ungarn ist angesichts hoher chinesischer Kredite auf das Wohlwollen Pekings angewiesen. Und wenn es um den Dalai Lama geht, ist die Führung für ihre nachtragenden Reaktionen bekannt.
Schuldenprobleme kennt die Volksrepublik aber auch selbst. Der chinesische Staat hat während der Corona-Epidemie den Lokalregierungen Kredite auf Rekordniveau ermöglicht, um so die Konjunktur anzukurbeln. Frank Sieren wirft nun einen Blick auf die Schuldenlast Pekings und wie diese im Vergleich mit den USA dasteht. Er kommt zu dem Schluss: China hat seine Verbindlichkeiten deutlich besser im Griff als die alte Supermacht.
Finn Mayer-Kuckuk stellt das neue Handy-Betriebssystem von Huawei vor. HarmonyOS soll der Android-Killer sein und den Konzern von einem Teil seiner US-Abhängigkeit befreien. Aber hat der chinesische Technikgigant es wirklich von Grund auf neu programmiert? Experten wittern einen Etikettenschwindel.
Die USA und China versuchen derzeit beide mit großen Infrastrukturprogrammen ihr jeweiliges Wirtschaftswachstum anzukurbeln und ihre Wirtschaftssysteme wieder wettbewerbsfähiger werden zu lassen – auch im Wettstreit gegeneinander. Doch so sehr sich die Lage der beiden Schwergewichte ähnelt, so groß sind auch die Unterschiede. Denn die Wachstumswirtschaft China baut ihre Staatsschulden aus einer völlig anderen Situation heraus auf als die USA.
Die Bestandsaufnahme: Im Corona-Jahr 2020 ist das Verhältnis der Schulden des amerikanischen Zentralstaates zum Bruttoinlandsprodukt deutlich gestiegen. Diese wichtige Kennzahl überschreitet in diesem Jahr mit dem neuen Haushalt die psychologisch auffällige Marke von 100 Prozent, was entsprechende Aufmerksamkeit der Medien weckt. Im Jahr 2019 lag sie noch bei 79 Prozent. Der Schuldenstand im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ist also um mehr als 20 Prozentpunkte hochgegangen.
Der Vergleich mit China ist nicht ganz leicht, weil sich die Systeme unterscheiden. Zunächst bietet sich der direkte Vergleich mit den Staatsschulden an. Diese steigen in China seit Jahren von einem moderaten Ausgangsniveau steil an. Sie erreichen wegen Corona derzeit die Marke von 46 Prozent. In Deutschland sind es 70 Prozent.
Der chinesische Wert klingt also niedrig, ist im kommunistischen System aber nicht die ganze Wahrheit. Peking kann auch die Staatsbetriebe anweisen sich höher zu verschulden. Und in vielen Gemeinden liegen Schulden bei den örtlichen Staatsfirmen, die anderswo bei der öffentlichen Hand angefallen wären. Es hat also durchaus Sinn, hier die Gesamtverschuldung anzusehen, die auch Firmenschulden (ohne den Finanzsektor) berücksichtigt. Sie lagen am Ende des ersten Quartals bei 277 Prozent des BIP, wie die Zentralbank berichtet. Das sind bereits wieder 2,6 Prozentpunkte weniger als im Vorjahresquartal. Vor der Pandemie waren es 255 Prozent. Den Anstieg während der Pandemie bewerten Ökonomen als international üblich. Besorgniserregend sind jedoch weiterhin die Bankschulden in der Größenordnung von 30 Prozent des BIP.
Die USA und China haben also pandemiebedingt beide größenordnungsmäßig 20 Prozentpunkte an neuer Verschuldung im Verhältnis zum BIP draufgelegt. Doch China hat sich damit ein BIP-Wachstum von plus 2,3 Prozent erkauft, während es den USA lediglich gelungen ist, den Absturz auf minus 3,5 Prozent zu bremsen. Das ist zwar auch mit dem unterschiedlichen Verlauf der Pandemie zu erklären, die in China bekanntlich viel früher vorbei war. Doch Schulden bei gleichzeitigem Wachstum gelten als deutlich gesünder als Schulden bei Schrumpfung.
Die US-Schulden werden aber noch aus einem weiteren Grund mit größerer Sorge gesehen. Die USA haben anders als China massive Auslandsschulden. Rund ein Drittel der Schulden werden von ausländischen Gläubigern gehalten. Vor allem von Japan und ausgerechnet von China. Vor 20 Jahren waren es noch unter 10 Prozent.
Solange die USA eine Art Monopol bei der Weltwährung hat, ist dies mangels Alternativen kein so großes Problem. Doch der stärker werdende Yuan, der in diesen Tagen den höchsten Stand zum Dollar seit drei Jahren erreicht hat, erzählt davon, dass dies nicht für immer so bleiben wird. Damit die USA nicht mehr die Leitwährung haben, müsste China zwar volle Konvertierbarkeit zulassen. Doch der Prozess in diese Richtung schreitet durchaus weiter voran.
Egal wie schnell oder langsam der Yuan international wichtiger wird, eines ist klar: Was die Schulden betrifft sind die USA sehr viel abhängiger von internationalen Entwicklungen als China. Peking kann jederzeit seine US-Dollar massenhaft auf den internationalen Markt werfen und den US-Dollar in den Keller schicken – wenn auch nur unter Verlusten bei den übrigen eigenen US-Dollar Reserven. Der Schaden wäre für Washington allerdings in jedem Fall größer. Die USA verfügen nicht über diesen Hebel.
Wenn es Peking gelingt, die soziale Stabilität im Land aufrecht zu erhalten und zu verhindern, dass die Massen in China plötzlich ihre Konten leeren, kann der Regierung die steigende Verschuldung erst einmal nur wenig anhaben. Überdies verhindern strenge Kapitalverkehrskontrollen den Abfluss liquider Mittel ins Ausland. China kann also – anders als Volkswirtschaften wie Italien – nicht ausbluten, auch wenn das Vertrauen schwinden würde.
Dennoch will Peking auf Nummer sicher gehen. Die Zentralregierung hat sich für 2021 ein Wirtschaftswachstumsziel von über 6 Prozent gesetzt, den Schuldenabbau jedoch als eine Hauptaufgabe definiert. Denn einige der chinesischen Unternehmen haben sich im Coronajahr mehr geliehen als sie sollten: Die Ausfälle chinesischer Onshore-Anleihen sind laut Zahlen des National Institution for Finance & Development im ersten Quartal um 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die Steigerung ist hoch, aber noch nicht besorgniserregend. Insgesamt liegt die Summe aller faulen Bankkredite bei nicht einmal zwei Prozent aller Kredite.
Auch, wenn die faulen Kredite bisher kein großes Problem sind, ist die Unternehmensverschuldung dennoch besorgniserregend. Sie ist mit rund 150 Prozent des BIP ungewöhnlich hoch. Im vergangenen Herbst ließ Peking eine Reihe von Staatsunternehmen an die Wand fahren, nachdem sie ihre Schuldenprobleme nicht mehr in den Griff bekamen.
Nicht zu unterschätzen sind jedoch auch die Schulden der Provinz-, Kreis- und Kommunalregierungen. Viele gehen dabei auf sogenannte Local Government Financing Vehicles (LGFV) zurück, zu Deutsch: Finanzierungsmechanismen der Gebietskörperschaften. Worum handelt es sich?
Die Zentralregierung ist auf die Lokalregierungen angewiesen, um neue Infrastruktur zu finanzieren. In China fehlt es den Provinz- und Kommunalregierungen jedoch an umfassenden Steuerbefugnissen. Mit der Einrichtung von LGFVs konnten Kommunalverwaltungen jahrelang über ihre begrenzten Mittel hinaus Geld aufnehmen.
Im April dieses Jahres jedoch erklärte der Staatsrat, dass LGFVs, die von den lokalen Regierungen zur Umgehung von Kreditlimits verwendet werden, umstrukturiert werden oder gleich bankrottgehen sollen, wenn sie nicht in der Lage sind, ihre Schulden zurückzuzahlen. Ein Großteil der LFGV-Kredite wird nicht erfasst, und die Transparenz über die Verwendung der Mittel ist gering. Standard & Poor’s schätzte 2018 den Wert dieser “versteckten Schulden” auf 30 bis 40 Billionen Yuan (rund fünf Billionen US-Dollar).
Seit April haben die Börsen in Shanghai und Shenzhen zudem die Richtlinien für die Emission von Unternehmensanleihen verschärfen müssen, um die Möglichkeit schwacher Unternehmen zu begrenzen, Zugang zum Onshore-Anleihemarkt zu erhalten und zusätzliche Schulden aufzunehmen. Diese Maßnahmen betreffen auch LGFVs. Bereits seit 2019 sind alle Provinzbeamten angewiesen, ihre Kreditaufnahmen regelmäßig in einem zentralisierten System zu melden. Zudem will die Regierung die Vergabe von Bankkrediten eindämmen. Damit beginnt eine weitere Runde in der Verwaltung der Lokalschulden, die auf der einen Seite immer weiter ansteigen, die aber zugleich immer professioneller und transparenter gehandhabt werden sollen.
Auch Washington steht nicht mit dem Rücken zur Wand. Der US-Kongress hat seit Ausbruch der Pandemie Nothilfen in Höhe von rund 5,4 Billionen Dollar verabschiedet. Da das Coronavirus immer noch eine Bedrohung für die US-Wirtschaft darstellt, hat die Biden-Regierung nun einen massiv aufgestockten Staatshaushalt beantragt, der insgesamt Ausgaben von mehr als sechs Billionen US-Dollar umfasst. Mit der langfristigen Erhöhung will der Staat Investitionen in Straßen, Brücken, Elektrofahrzeuge, Flughäfen, städtische Verkehrssysteme, energieeffizientes Wohnen, moderne Wasserleitungen, Stromnetze, Breitband, eine grüne Energiewende und andere Innovationen finanzieren.
Finanziert werden sollen die Pläne neben der Aufnahme neuer Schulden auch durch eine höhere Besteuerung von Unternehmen und Reichen. Die Zustimmung des Kongresses zum Plan ist noch erforderlich, sodass sich Details gegenüber der aktuellen Form noch ändern können. Er ist jedoch überfällig. Die Vereinigten Staaten haben jahrelang nicht in die Infrastruktur investiert. Seit 2010 werden durchschnittlich rund 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) dafür ausgegeben – weit unter Chinas 8 Prozent. Langfristiges Ziel der Maßnahmen ist auch die USA unabhängiger von China zu machen. Beobachter sehen China durchaus als Vorbild für die Infrasturkturpolitik Bidens.
Auch hier ergeben sich bei einer aktuell ähnlichen Ausgabenpolitik jedoch Unterschiede. China und die USA befinden sich in unterschiedlichen Stadien ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und haben dementsprechend andere Ziele für ihre Infrastrukturausgaben.
Ländliche Gebiete und kleinere Städte haben noch immer großen Nachholbedarf. Das hat den Vorteil, dass viele Projekte nicht zum Selbstzweck entstehen, etwa die neuen Zugstrecken, auf die der größte Anteil der Ausgaben im vergangenen Jahr entfiel. Sie tragen zum langfristigen Wirtschaftswachstum bei. Ähnliches gilt für den Ausbau der Telekommunikationsnetze oder der Stromversorgung aus erneuerbaren Energiequellen.
In den USA handelt es sich dagegen oft um nötige Sanierungsmaßnahmen. Laut der American Society of Civil Engineers (ASCE) ist der Zustand der amerikanischen Infrastruktur desolat. Löchrige Leitungen ließen jeden Tag mehr als 22 Milliarden Liter Wasser versickern, heißt es in ihrem Bericht. 43 Prozent der amerikanischen Straßen seien in schlechter oder gerade noch durchschnittlicher Verfassung. Derzeit rangiert keine amerikanische Destination mehr auf der Liste der 25 besten Flughäfen der Welt. 45 Prozent der US-Bevölkerung hat der Auswertung zufolge überhaupt keinen Zugriff auf Busse und Bahnen. Das bedeutet: Die Amerikaner reparieren vornehmlich das vorhandene. Die Chinesen bauen aus.
Als Faustregel kann man dazu feststellen: Wenn der Wachstumsspielraum da ist, und der ist in China vorhanden bei einem Pro Kopf BIP das rund sechs Mal kleiner ist als das der USA, dann schafft Ausbauen meist mehr Wachstum als Reparieren.
Oder noch allgemeiner formuliert: Bei einem hohen Pro Kopf BIP lassen sich Konjunkturprogramme viel schwieriger in Wirtschaftswachstum umsetzen als bei Ländern mit einem niedrigen Pro-Kopf BIP. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass China im Nachgang der Corona-Krise noch schneller zu den USA aufschließt.
Der Technikkonzern Huawei hat am Dienstag in einer großen Präsentation sein neues Smartphone-Betriebssystem offiziell vorgestellt: HarmonyOS soll “neue Produktreihen für die Ära des Internet of Everything” möglich machen, sagte Richard Yu, Vorstandsmitglied für das Endkundengeschäft, in Shenzhen. In China sollen bis 2022 über 200 Millionen Geräte mit dem neuen Betriebssystem ausgeliefert werden. Als erstes wird eine Reihe etablierter Modelle auf das neue Betriebssystem umgestellt. Danach kommen brandneue Handys damit heraus. Ein Verkaufsstart für Europa steht noch nicht fest.
Die erfolgreiche Einführung eines wirklich neuen Betriebssystems für Smartphones wäre eine kleine Sensation. Bisher haben sich nur zwei Anbieter wirklich im Markt verankert: Apple und Google. Beide hatten reichlich Zeit, den Kuchen unter sich aufzuteilen. iOS ist seit 2007 auf dem Markt, Android seit 2008. Seitdem gab es Versuche von Microsoft und anderen Anbietern, den Platzhirschen etwas an die Seite zu stellen. Doch die neue Konkurrenz scheiterte an ihrer Marktmacht, während etablierte Anbieter wie Nokia und Blackberry schlicht verschwanden.
Es gibt zwei konkrete Gründe für die Konzentration auf zwei Spieler am Markt.
1. Es ist höllisch schwer, ein ausgereiftes Computer-Betriebssystem von den Anfängen her neu zu entwickeln. Selbst Google hat das bei Android nicht getan, sondern bei dem Kern des freien Betriebssystems Linux angesetzt. Bis alles nahtlos ineinandergreift und all die Funktionen beisammen sind, die der Kunde erwartet, vergehen Hunderttausende von Programmierstunden. Die Fehler der ersten Versionen auszumerzen, kann Jahre dauern.
2. Die Vielfalt an Programmen ist der größte Schatz jeder IT-Plattform. Auf Smartphones bezogen ist es die Auswahl im App-Store, die das Gerät erst attraktiv macht. Apple kommt hier auf zwei Millionen Apps, Google sogar auf drei Millionen. Wer wirklich neu einsteigt, fängt technisch gesehen mit 0 Apps an.
Ohne Zwang wäre Huawei aus genau diesen Gründen nie auf die Idee gekommen, sich von Android zu verabschieden. Denn der Aufwand für eine Neuentwicklung ist hoch, während die Käufer anfangs mit nur wenigen Apps dastehen. Die US-Regierung hat dem chinesischen Anbieter diesen Schritt jedoch praktisch aufgezwungen. Donald Trump hat amerikanischen Unternehmen verboten, Huawei mit Waren und Diensten zu beliefern (China.Table berichtete). Dazu gehören Lizenzen für Android von Google.
Bisher sieht es gleichwohl so aus, als habe sich Huawei eines kleinen Tricks bedient, um beide Probleme auf einmal zu umgehen. Das glauben zumindest Programmierer, die sich bereits Zugriff auf die Entwicklungsumgebung für die Apps unter dem neuen System verschafft haben. “HarmonyOS ist im Wesentlichen von Android abgeleitet”, schreibt der Betriebssystem-Experte Ron Amadeo aus dem Portal Arstechnica. Es handele sich um einen “Fork”, also die Abspaltung einer Softwareversion in einen neuen Entwicklungszweig.
Die Technikwelt stört sich dabei nicht etwa daran, dass Huawei bei einem bewährten Vorbild ansetzt. Schließlich ist das Google-Produkt ausdrücklich für eigene Weiterentwicklungen offen. Als störend wird vielmehr die Kommunikation empfunden. “HarmonyOS wird etwas völlig Neues”, hatte Yu 2019 bei den ersten Ankündigungen gesagt. Jetzt kommt zwar ein tolles neues Produkt, aber unter der Haube finden die Techniker doch wieder Android. “Man sollte bei so etwas ehrlich sein”, kommentiert Technik-Journalist Amadeo. Die Sache rieche wegen der Intransparenz ein wenig nach Plagiat. Schließlich gebe Huawei hier eine Software als Eigenentwicklung aus, die auf der Arbeit von Google basiere.
Es fällt auf, dass im Huawei-Store für HarmonyOS vom ersten Tag an die üblichen beliebten Apps zu finden sein sollen, die Huawei bisher für seine offizielle Android-Variante angeboten hat. Der Produktverantwortliche Wang Chenlu hat denn auch bei der Präsentation nur wenig über die Technik im Hintergrund geredet und viel über die Ideen und Vorteile für den Nutzer.
Tatsächlich hat HarmonyOS hier viel zu bieten. Am mächtigsten wird das Produkt im Zusammenspiel mit vielen anderen smarten Huawei-Geräten. Im Huawei Control Panel finden sich all die vernetzten Geräte, auf denen ebenfalls das neue Betriebssystem läuft, wie Drohnen, Fernseher, Uhren oder Kopfhörer. Wer auf dem Balkon auf dem Tablet eine Serie schaut und den Ton über einen Lautsprecher abspielt, kann Bild und Klang mit einem Wisch ins Wohnzimmer umlenken, wenn eine dunkle Wolke aufzieht. Wenn dann die Kinder ins Bett müssen, soll der Übergang auf Kopfhörer genauso nahtlos laufen. Die technische Leistung dahinter: Alles muss synchron laufen, sonst stimmen Ton und Bild nicht mehr überein.
Wang präsentierte jedoch auch viele vermeintliche Lösungen für Probleme, die vermutlich niemand hat. Die Apps auf Harmony-Geräten sollen dem Anwender nach dem Einkaufen helfen, die Lebensmittel in die richtige Kältezone im smarten Kühlschrank einzusortieren. Vielleicht wird die Menschheit einmal so unselbständig sein, dass sie dafür eine Anleitung braucht – bisher ist sie es hoffentlich noch nicht.
Auffälliger an all diesen konkreten Ankündigungen ist jedoch, dass sie nur wenig mit dem Betriebssystem zu tun haben. Kühlschrank-Apps sind typischerweise Anwendungen, also Apps, die unter – oder auf – dem Betriebssystem laufen. Es bietet grundsätzlich nur den Rahmen, in dem sie funktionieren. In Wangs Präsentation ging es generell viel um solche Funktionen auf Anwenderebene und gar nicht um Dinge, die wirklich nur mit einem grundsätzlich neuen Betriebssystem möglich wären. Er pries etwa die schlaue Anordnung der App-Symbole in thematischen Gruppen an. Hier hat aber jeder Android-Anbieter ebenfalls einen optischen Trick auf Lager..
Die Einführung HarmonyOS ist aber auf jeden Fall ein schlauer Zug, nachdem die US-Regierung Huawei erst einmal Schachmatt gesetzt hatte. Ob der Code jetzt neu programmiert ist oder auf einem vorhandenen Produkt aufsetzt, ist dafür gleichgültig. Die Kunden in China, wo es HongmengOS heißt, werden ohnehin kaum einen Unterschied zum herkömmlichen Huawei-Android bemerkten. Sie haben sich schon immer in einer anderen App-Welt bewegt als die Kunden im Westen. In China war es bisher schon üblich, dass jeder Hersteller seinen eigenen App-Store mit typischen chinesischen Programmen aufgespielt hatte.
Die Bundesregierung lehnt eine Abwendung von China trotz der zunehmenden Konflikte mit der kommunistischen Führung in Peking ab. “Angesichts der starken, weltweiten Verflechtung der Volkswirtschaften und der Komplexität globaler Herausforderungen wie Klimawandel, Friedenssicherung und fragiler Staatlichkeit” hält die Bundesregierung “Eindämmungs- und Entkoppelungsstrategien gegenüber China als aufstrebender Weltmacht für nicht zielführend”, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag.
Zugleich betonte die Bundesregierung, dass sie sich “in Zukunft allerdings verstärkt an Maßnahmen zu Schutz und Sicherung der regelbasierten Ordnung im Indopazifik” beteiligen werde, etwa an der Einhaltung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen oder der Überwachung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea. In diesem Zusammenhang sei auch die Entsendung der Bundeswehr-Fregatte “Bayern” in den Indo-Pazifik für das zweite Halbjahr 2021 zu verstehen.
Die Bundesregierung hat im September 2020 Leitlinien für die künftige deutsche Außenpolitik in Asien beschlossen. Sie sehen vor, sich nicht nur wie bisher vor allem wirtschaftlich, sondern auch verstärkt geopolitisch in der Region einzubringen. Ob Deutschland sich damit auch gegen Chinas wachsenden Einfluss wendet, ließ die Bundesregierung offen. Mitte April hatten Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bei einer Videoschalte mit ihren japanischen Amtskollegen bekräftigt, dass Deutschland sein sicherheitspolitisches Engagement in Asien weiter verstärken werde und sich vor allem mit westlich-orientierten und demokratischen Ländern wie etwa Japan “enger abstimmen” wolle.
“Um als Deutschland und Europa in Zukunft die Welt weiterhin aktiv mitzugestalten, müssen wir uns gerade auch in Asien stärker engagieren, wo in diesem Jahrhundert wichtige globale Weichenstellungen stattfinden”, hatte Maas nach dem Gespräch betont. “Wenn wir nicht aktiver werden, dann schreiben andere die Regeln der Zukunft – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch und sicherheitspolitisch.” Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer ergänzte: “Die Lage im Indopazifik geht uns alle an. Die Einhaltung der Regeln für freie Handelswege und territoriale Unversehrtheit sowie die Stärkung unserer demokratischen Partner sind in deutschem wie europäischem Interesse.” Anders als Maas sprach sie den Gebietskonflikt im Südchinesischen Meer an und nannte China auch.
Peking beansprucht 80 Prozent des Meeres, durch das einige der wichtigsten Schifffahrtsstraßen der Welt führen. Der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies 2016 die Ansprüche Chinas zurück. Peking ignoriert dieses Urteil. flee
Die G7-Staaten wollen bei ihrem Gipfeltreffen in der kommenden Woche einem Medienbericht zufolge Pläne für eine nachhaltige Alternative zu Chinas BRI bekannt geben. Die Strategie, die den Namen “Clean Green Initiative” trage, soll einen Rahmen bieten, um nachhaltige und klimafreundliche Entwicklungen in Entwicklungsländern zu unterstützen, berichtete Bloomberg unter Berufung auf zwei nicht näher genannte Quellen. Die Initiative werde auch auf der Gipfelagenda der Staats- und Regierungschefs stehen, die sich in der kommenden Woche (11. bis 13. Juni) im britischen Cornwall treffen.
Die Infrastruktur-Strategie der G7-Staaten, die demnach vor allem von US-Seite vorangetrieben wurde, sei bereits Thema bei Gesprächen von Diplomat:innen in Vorbereitung des Gipfels gewesen. Ob in das Projekt neue finanzielle Mittel gesteckt werden sollen, war dem Bericht zufolge noch nicht klar. Es gehe demnach primär darum, einen “strategischen Rahmen” zu schaffen.
Im Vorfeld des Gipfels habe es jedoch auch Unstimmigkeiten darüber gegeben, wo die neue Initiative ihren geografischen Fokus haben soll, hieß es unter Berufung auf eine mit den Vorgängen vertraute Person: Deutschland, Frankreich und Italien wollen demnach Aktivitäten in Afrika unterstützen, während die USA in Lateinamerika und Asien auf Maßnahmen drängten. Japan plädiere hingegen für eine stärkere Konzentration auf die indopazifische Region. Alle Nationen seien sich jedoch weitgehend einig, dass es eine transparente Alternative zur chinesischen BRI geben müsse, zitiert Bloomberg eine Quelle. ari
Leitende Angestellte der Finanzbranche können sich in Hongkong für eine Aussetzung der sonst obligatorischen Quarantäne bei einer Einreise anmelden. Hongkongs Finanzmarktaufsichtsbehörde informierte rund 500 gelistete Banken und andere Finanzdienstleister bereits vergangene Woche über die neuen Ausnahme-Möglichkeiten, berichtet die South China Morning Post (SCMP). Viele der Vertretungen in Hongkong seien ein wichtiger Bestandteil für globale oder regionale Aufstellung der Finanzinstitute, sagte eine Regierungssprecherin der Zeitung. “Wir halten es für notwendig, ihren effektiven Betrieb während der Covid-19-Pandemie zu erleichtern, um die finanzielle Stabilität Hongkongs und unseren Status als internationales Finanzzentrum zu erhalten”, zitiert SCMP die Sprecherin.
Für die Ausnahmeregeln kann sich jedoch nur eine bestimmte Anzahl von führenden Angestellten anmelden. Es gibt Voraussetzungen: So können sich für einen möglichen Quarantäne-Erlass nur vollständig geimpfte Personen bewerben, die die Position eines Direktors, Global oder Regional Head eines Finanzkonzerns oder börsennotierten Unternehmen innehaben. Die Ausnahmeregel gelte dann für Expats und für Einwohner:innen Hongkongs, die von Auslandsreisen zurückkommen. Bei der Einreise muss zudem ein negativer Corona-Test vorgelegt werden, um von der Quarantänepflicht befreit zu werden, wie es in dem Bericht weiter heißt. Die Regierung Hongkongs hatte zuvor bereits Flug- und Schiffsbesatzungen sowie Wirtschaftsprüfer börsennotierter Unternehmen von der obligatorischen Quarantäne ausgenommen. ari
China hat Taiwan erstmals als Top-Zulieferer für den US-Technikriesen Apple verdrängt. Von den 200 wichtigsten Apple-Zulieferern seien im vergangenen Jahr 51 in der Volksrepublik und Hongkong ansässig gewesen, wie die japanische Nachrichtenplattform Nikkei Asia bei einer Analyse der Apple-Zuliefererliste herausfand. Im Jahr 2018 seien es noch 42 Zulieferer gewesen.
Taiwan, das mehr als ein Jahrzehnt lang den Spitzenplatz auf der Liste belegte, rutschte mit 48 Zulieferern auf Platz zwei ab. Dort haben zwar immer noch wichtige Anbieter wie Foxconn und Pegatron ihre Firmenzentralen. Doch auch sie produzieren das meiste in der Volksrepublik.
Die Apple-Lieferantenliste deckt dem Bericht zufolge 98 Prozent der Ausgaben des Unternehmens für Material und Fertigung für das vorangegangene Geschäftsjahr ab. Die einzelnen Bestellwerte für jedes Unternehmen werden demnach nicht offengelegt. Die Zulieferer-Liste gilt jedoch als Barometer für Apples Abhängigkeit von Lieferanten aus verschiedenen Teilen der Welt. Der Bericht wird seit 2013 fast jedes Jahr veröffentlicht.
In China ansässige Zulieferer helfen Apple demnach auch dabei, die Produktion außerhalb des Landes zu steigern: Die Zahl der Apple-Zulieferer in Vietnam wuchs der Analyse zufolge von 14 im Jahr 2018 auf 21 im vergangenen Jahr an. Sieben der 21 Zulieferer befänden sich jedoch im Besitz von Unternehmen mit Sitz in China oder Hongkong. Dazu gehörten unter anderem die AirPods-Fertiger Luxshare Precision Industry und GoerTek, die beide seit Anfang 2020 in Vietnam produzieren. ari
Im Jahr 1944 behauptete Friedrich A. Hayek, dass die spontane Ordnung der Märkte der vermeintlich dynamikhemmenden totalitären Ordnung kommunistischer oder faschistischer Regime von Natur aus überlegen sei. Die folgenden Jahrzehnte, in denen freie Marktwirtschaften florierten und die zentrale Planwirtschaft der Sowjetunion implodierte, schienen ihm recht zu geben. Dann kam China.
Die Eckdaten des phänomenalen wirtschaftlichen Aufstiegs Chinas sind bekannt: drei Jahrzehnte zweistelliges BIP-Wachstum; rund 700 Millionen Menschen, die aus der Armut geführt wurden; ein Infrastrukturboom; die Entstehung innovativer Tech-Giganten und ein umfassender Plan für weiteres (nachhaltiges) Wachstum und Entwicklung.
Chinas Erfolg hat die Überzeugung untergraben, dass freie Märkte die beste Entwicklungsstrategie für alle darstellen, und zwar so sehr, dass sogar der Internationale Währungsfonds – lange Zeit ein führender Verfechter der Ideologie der freien Marktwirtschaft – seine eigene Orthodoxie überdacht hat. Doch eine zentrale Planung nach chinesischer Art stößt im Westen immer noch auf Verachtung, wo sie von Beobachtern für ihre angebliche Undurchsichtigkeit und ihren repressiven Charakter herabgewürdigt wird.
Aber ist das chinesische System wirklich diametral entgegengesetzt zu dem der, sagen wir, Vereinigten Staaten? Mit einem Wort: nein.
Trotz ihrer lautstarken Unterstützung für freie Märkte sind die Ausgaben der US-Regierung seit 1970 stetig gestiegen. Im Jahr 2019 lagen sie bei 35,7 Prozent des BIP, verglichen mit 34,8 Prozent des BIP in China.
Die Coronakrise hat diesen Trend noch beschleunigt. Tatsächlich verdanken die USA ihre wirtschaftliche Erholung größtenteils massiven staatlichen Interventionen. Darüber hinaus bringt die Regierung von Präsident Joe Biden mit dem American Jobs Plan und dem American Families Plan nun Gesetze voran, die die wirtschaftliche Rolle der Regierung deutlich erweitern würden.
Da sich sowohl China als auch die USA in Richtung einer stärkeren Zentralisierung der Macht über die Wirtschaft bewegen, ist klar, dass gängige Dichotomien wie “Staat versus Markt” und “Kapitalismus versus Sozialismus” zu stark vereinfacht sind. Beide Länder stehen vor vielen gleichen Herausforderungen, angefangen bei der Sicherstellung, dass plutokratische Eliten keine Entscheidungen auf Kosten der breiten Masse treffen.
Sowohl der Staat als auch der Markt sind soziale Konstrukte. Wenn sich Märkte basierend auf Eigeninteresse spontan ordnen, wie Hayek beobachtete, kann es sein, dass sich die wachsenden Bürokratien sowohl in sozialistischen als auch in kapitalistischen Ländern nach Eigeninteressen ordnen. Wenn dies zutrifft, ist es unerlässlich, diese Interessen einzuschränken, um dafür zu sorgen, dass der Staat den Schwerpunkt weiterhin auf die Bereitstellung sozialer Güter legt.
Solange die USA an ihrer Identität als System der freien Marktwirtschaft festhalten, werden sie sich schwertun, dieser Herausforderung zu begegnen. Stattdessen könnte das, wovor der scheidende Präsident Dwight Eisenhower in seiner Abschiedsrede warnte – das “Erlangen von ungerechtfertigtem Einfluss” durch den “militärisch-industriellen Komplex” – unvermindert weitergehen (auch wenn dieser heute vielleicht in “militärisch-industrieller-technologischer-finanzieller-medialer-Komplex” umbenannt werden würde).
Dies könnte zur Erklärung beitragen, warum das Vertrauen in US-Institutionen heute so gering ist. Von den 26 Ländern, die 2020 im Edelman Trust Barometer bewertet wurden, rangierten die USA in Bezug auf das Vertrauen der Bevölkerung in NGOs, Wirtschaft, Regierung und Medien auf Platz 18. Im Jahr 2021 belegen sie Platz 21.
Im Gegensatz dazu genossen chinesische NGOs, Unternehmen, die Regierung und die Medien im Jahr 2020 das höchste Maß an Vertrauen. Während dieses Niveau im Jahr 2021 um zehn Prozentpunkte (von 82 Prozent auf 72 Prozent) sank, bleibt China auf dem zweiten Platz.
Dies spiegelt wahrscheinlich die Tatsache wider, dass China seine Fähigkeit bewiesen hat, politische Ziele in konkrete Projekte und Programme zu übersetzen, mit sichtbaren Vorteilen für die gesamte Bevölkerung, nicht nur für die Eliten. Laut einer aktuellen Studie, die auf Umfragedaten aus den Jahren 2003 bis 2016 basiert, “haben Chinas ärmere Einwohner das Gefühl, dass die Regierung bei der Bereitstellung der grundlegenden Gesundheitsversorgung, Sozialhilfe und anderen öffentlichen Diensten zunehmend effektiver ist”.
Für den deutschen Politikwissenschaftler Sebastian Heilmann macht Chinas “unorthodoxe” Politikgestaltung – zusammen mit der Widerstandsfähigkeit der Kommunistischen Partei – das Land zu einem “roten Schwan”: eine “abweichende und unvorhergesehene” Herausforderung für das westliche Entwicklungsmodell. Aus unserer Sicht ist China keineswegs eine Abweichung, und sein Erfolg sollte nicht schockieren.
China hat sich die zentrale Planung zunutze gemacht, um einen adaptiven und experimentellen Politikgestaltungsprozess zu verfolgen, bei dem die institutionellen Strukturen ständig auf den neuesten Stand gebracht werden, um neue Ideen und bewährte Praktiken widerzuspiegeln, die an lokale Bedingungen angepasst sind. Wie die Wirtschaftswissenschaftlerin Jiang Xiaojuan kürzlich betonte, ist der “Wille an der Spitze” für den Fortschritt entscheidend, da er Stillstand bei komplexen Themen wie dem Klimawandel verhindert, wo Eigeninteressen leicht den Fortschritt blockieren können.
Das bedeutet aber nicht, dass die Politikgestaltung in China nicht kooperativ ist. Im Gegenteil: Bevor sie eine wichtige politische Entscheidung trifft, berät sich Chinas politische Führung mit Thinktanks und Akademikern, um theoretische Erkenntnisse zu gewinnen, und besucht lokale Gemeinden, um sich über die Situation vor Ort zu informieren. Anschließend starten sie Pilotprogramme, um praktische Umsetzungsprobleme aufzudecken und zu lösen und so Reformen und Programme zu entwickeln, die an weitere Kontexte angepasst werden können.
Sicherlich ist Chinas Ansatz nicht immun gegen Rent-Seeking oder die Zementierung von Sonderprivilegien. Die gezielte Anwendung von Maßnahmen und Programmen kann Fragmentierung, Verschwendung und übermäßigen Wettbewerb zur Folge haben – all das kann Chinas Bestreben untergraben, eine offene, komplexe und lebendige Marktwirtschaft aufzubauen.
Zudem kann sich, wie Jieun Kim und Kevin J. O’Brien gezeigt haben, die Bürokratie aktiv dem Fortschritt widersetzen. So fürchten lokale Beamte beispielsweise, dass größere Transparenz ihre operative Flexibilität und ihre Aufstiegschancen untergraben könnte. Das Gleiche kann aber auch passieren, wenn bestimmte Marktakteure zu viel Einfluss gewinnen. Die Überwindung solcher Herausforderungen erfordert Agilität, Kreativität und politischen Willen.
Sind freie Märkte einer Planwirtschaft also immer noch überlegen? Nun, das dürfte die falsche Frage sein.
Institutionelle Arrangements sind komplexe Systeme, die durch Geschichte, Geografie und Kultur geprägt sind. Das Ziel sollte nicht darin bestehen, einen allgemeingültigen Ansatz zu finden, sondern die Kombination von Merkmalen zu entwickeln, die das größtmögliche Wohl für die größte Anzahl von Menschen mit dem richtigen System der gegenseitigen Kontrolle in einem bestimmten Land bringen würde.
In diesem Zusammenhang hat Chinas System des politischen Experimentierens, der Implementierung und der Institutionalisierung von “Reform-Algorithmen” zur Unterstützung der ständigen Anpassung in einem sich ständig verändernden Umfeld die Entwicklung des Landes entscheidend verändert. Den Beweis liefern die Ergebnisse.
Andrew Sheng ist Distinguished Fellow am Asia Global Institute an der Universität Hongkong und Mitglied des UNEP Advisory Council on Sustainable Finance. Xiao Geng, Vorsitzender der Hong Kong Institution for International Finance, ist Professor und Direktor des Research Institute of Maritime Silk-Road an der HSBC Business School der Universität Peking. Aus dem Englischen von Sandra Pontow.
Copyright: Project Syndicate, 2021.
www.project-syndicate.org
Yang Xifan, China correspondent for the weekly newspaper “Die Zeit,” has been awarded the Egon Erwin Kisch Prize. The prize honors outstanding reportage. In her story “Confucius’ Envoy,” the journalist describes the sometimes grotesque misunderstandings and disappointments experienced by a young Chinese woman working as a caregiver in a nursing home in Hanover. Young Chinese who swarm out into the world, returning after a few years and bringing back useful knowledge and clever ideas from abroad to China are colloquially known in the People’s Republic as “sea turtles”.
Peter Kühl was responsible for Volkswagen’s fleet business and sales in China for five years. Most recently, he was Head of Group Sales Mobility in Wolfsburg. On June the 1st, he took over as Head of Sales at ŠKODA in Germany. The business economist, who studied in Aachen, Madrid, and Giessen, joined Volkswagen in 2006 after holding positions at Karstadt and DaimlerChrysler, and has already held a number of management positions both in Germany and abroad. He succeeds Stefan Quary, who has held the post of Head of Sales Germany at Audi since May.
Michele Seassaro is the new managing director of the Chinese subsidiary of Schmersal, the Wuppertal-based machine safety specialist. The 52-year-old previously worked in China in management positions at various companies in the consumer goods and food industries. Seassaro is a lawyer and holds an EMBA degree from the China Europe International Business School (CEIBS). At Schmersal’s production plant in Shanghai, 150 employees manufacture position and safety switches as well as elevator switchgear for the Asian market.
Chinas Südwestprovinz Yunnan erfreut sich unter Elefanten wachsender Beliebtheit. War die Population in den 1980er-Jahren auf 193 Exemplare zurückgegangen, sind es nach Angaben von Chinas amtlicher Nachrichtenagentur mittlerweile wieder rund 300. Die meisten von ihnen leben in einem eigens von der Provinzregierung für die Dickhäuter eingerichtetem Nationalpark. Eine Herde büxte nun aber aus und sorgt für Ärger: 15 von ihnen sollen einen Wassertank leer getrunken haben, sich in einem Maisfeld sowie in einer Scheune satt gefressen und rund 50 Hektar Getreidefelder zertrampelt haben. Der Schaden beziffere sich bereits auf 6,8 Millionen Yuan (872.000 Euro). Nun machen sich die Dickhäuter den Behörden zufolge auf den Weg in die Provinzhauptstadt Kunming.