Table.Briefing: China

Huawei-Laden verkauft Autos + Kehrtwende Philippinen

  • Huawei-Läden werden zu Autohäusern
  • Philippinen wenden sich wieder den USA zu
  • Goldman Sachs wächst in China
  • Apple speichert seine Cloud-Daten bei Staatsbetrieb
  • Hochhaus in Shenzhen schwankt plötzlich
  • Studie warnt vor Risiken in der Old Economy
  • Minxin Pei: Handelsstreit blockiert Klimapolitik
Liebe Leserin, lieber Leser,

Elektroautos statt Handys finden sich inzwischen in den Huawei-Läden in China, wie unsere Autoren vor Ort beobachtet haben. Das Geschäft mit Mobiltelefonen leidet unter amerikanischen Sanktionen, während der Elektronikkonzern sich als Fahrzeugzulieferer profilieren will. Die Autos sind zwar keine eigenen Produkte der Marke Huawei, doch die gesamte Digitaltechnik darin stammt von den Ingenieuren des Unternehmens. Und gerade für junge Kunden in China ist ein Auto die fahrende und vernetzte Verlängerung des Handys. Huawei beweist hier, wie ein Unternehmen flexibel auf äußere Schocks reagieren kann.

Wie umgehen mit dem heutigen China? Diese Frage zieht sich durch die Politikberichterstattung des China.Table. Diesmal blicken wir auf die Philippinen, die ihre eigenen Sorgen mit dem Nachbarland haben, schließlich beansprucht die Volksrepublik riesige Seegebiete direkt vor der eigenen Küste. Präsident Rodrigo Duterte vollzieht daher nun erneut eine Kehrtwende. Nachdem er sich erst China angenähert hat, um die USA zu ärgern, macht er es nun umgekehrt. Das erinnert ein wenig an die ost- und südeuropäischen Staaten, die ihre Flirts mit China inzwischen zum Teil desillusioniert beenden.

In Panik geraten waren die Menschen gestern in einem 290 Meter hohen Wolkenkratzer in Shenzhen mitten im quirligen Elektronik-Viertel Huaqiangbei. Das Gebäude hatte aus unerfindlichen Gründen zu schwanken begonnen und musste evakuiert werden. Da noch nichts Näheres bekannt ist, haben wir es für heute bei einer kurzen Meldung belassen. Hoffentlich bleibt da alles stabil.

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

Analyse

Huawei-Stores entwickeln sich zu Autohäusern

Ein Auto der Marke Seres im Huawei-Flaggschiffstore in Shenzhen in einem Huawei-Store
Zwei Autos des chinesischen Herstellers Seres im Huawei-Store in Shenzen.

Der Huawei-Store im Einkaufsviertel Wanxiang Tiandi in der südchinesischen Stadt Shenzhen war schon immer etwas Besonderes. Als der Glastempel mit drei Etagen im September 2019 eröffnete, nannte Huawei ihn seinen “ersten globalen Flagship-Store”. Damals standen im gesamten Erdgeschoss helle Holztische, auf denen der Konzern stolz seine neusten Smartphones präsentierte. Doch im Laden hat sich einiges geändert. 

Einige der Tische sind in den vergangenen Wochen verschwunden. Das Erste, was Kunden nun beim Betreten des weitläufigen Huawei-Stores sehen, sind: Autos. Die Fahrzeuge, die Huawei zeigt, stammen von der chinesischen Marke Seres. Dabei handelt es sich um eine kalifornische E-Mobilitäts-Tochter des Autokonzerns Sokon aus der westchinesischen Metropole Chongqing. Huawei kooperiert formal mit Seres und einer ganzen Reihe anderer Kfz-Produzenten. Eigene Autos will Huawei ausdrücklich nicht bauen. Dafür will das Unternehmen aber anderen Herstellern sein technisches Know-How anbieten. Neben dem Markennamen Seres ist an der Rückseite der Autos auch ein kleiner Huawei-Schriftzug zu lesen (China.Table berichtete). 

In seinem Shenzhener Flagship-Store hat Huawei zwei Modelle des kompakten Geländewagens SF5 von Seres ausgestellt. Zu sehen sind sie unter anderem auch in Shanghai, Chengdu und Hangzhou. Sie kosten ab umgerechnet 27.800 Euro (216.800 Yuan). Die Kunden können sie nicht nur in den Läden erwerben, sondern auch über Huaweis E-Commerce-Plattform VMall. 

Huawei-Stores: Handys weg, Autos her

Aus seinen Läden, in denen Huawei bislang schwerpunktmäßig für seine Smartphone-Innovationen warb, sind Autohäuser mit angeschlossenem Handy-Verkauf geworden. Aber was bleibt dem Shenzhener Konzern auch anderes übrig? 

Es ist noch nicht lange her, da rangierte Huawei im Smartphone-Markt weltweit auf Platz zwei. Nach massiven US-Sanktionen ist das vorerst Geschichte. Nach Berechnungen von Marktforschern sind die Smartphone-Verkäufe von Huawei um gut 60 Prozent eingebrochen. Im vergangenen Quartal rutschten die Chinesen mit nur noch 18,6 Millionen verkauften Handys auf den siebten Rang ab, wie die Analysefirma Canalys schätzt. Im ersten Vierteljahr 2020 hatte Huawei demnach noch 49 Millionen Smartphones verkauft.

Huawei hatte durch Sanktionen der US-Regierung unter Ex-Präsident Donald Trump den Zugang zu amerikanischen Technologien verloren. Damit kann Huawei unter anderem keine neuen Smartphones mit Google-Diensten verkaufen – was die Firma im Westen weitgehend aus dem Markt warf. Noch schwerwiegender ist, dass Huawei seit dem vergangenen Sommer auch von Chip-Lieferungen aus dem Ausland abgeschnitten wurde, die für seine Smartphones unverzichtbar sind. 

Ein noch vor Inkrafttreten der Sanktionen hektisch angelegter Chip-Vorrat war nur eine Hilfe auf Zeit. Das Chip-Lager von Huawei ist nicht endlos groß, zudem brauchen neue Generationen von Smartphones auch neuartige Prozessoren. Die fehlenden Bauteile selbst zu produzieren, sei keine Option, heißt es bei Huawei. “Die Herstellung dieser Chips ist sehr kompliziert und für uns derzeit unmöglich. Das ziehen wir nicht in Betracht”, sagte Jiang Xisheng, Chefsekretär des Huawei-Vorstandes, in einem Interview Ende März. Es werde aber an Alternativen und Lösungen gearbeitet, die Lieferketten zu diversifizieren. 

Vor allem aber müssen nun andere Geschäftsbereiche helfen, einen Teil der Rückgänge auszugleichen. Das Geschäft mit Wearables wie Computer-Uhren oder anderen Endgeräten im Konsumentenbereich wie Kopfhörern, Laptops und smarten Bildschirmen entwickele sich “sehr gut”, so Jiang. Doch vor allem der Einstieg ins Auto-Geschäft soll neue Umsätze generieren. “E-Autos sind das einzige Produkt, das Verluste in unserem Smartphone-Geschäft ausgleichen kann”, sagte Richard Yu, Chef der Huawei-Verbrauchersparte im April vor Journalisten in Shanghai (China.Table berichtete). 

Huawei wird zum Autozulieferer

Ein Betriebssystem wie im SF5 von Seres, mit dem sich so gut wie alle Funktionen des Autos steuern lassen, ist dabei erst der Anfang. So arbeitet Huawei an smarter Technik, die autonomes Fahren ermöglichen soll. Sowohl die künstliche Intelligenz als auch notwendige Hardware, wie etwa besonders hochauflösende Kameras, werden entwickelt. Huawei will für Autokonzerne in China und darüber hinaus zu einem wichtigen Zulieferer werden. Laut Zhou Taoyuan, President der Digital Power-Produktlinie von Huawei, zu der unter anderem Photovoltaik und Elektrofahrzeuge gehören, sieht Huawei zwei aktuelle globale Trends – digitale Transformation und CO2-Neutralität.

Als Folge der US-Sanktionen müssen sich nun plötzlich also deutsche Autobauer und Zulieferer ganz genau mit dem mächtigen chinesischen Tech-Konzern auseinandersetzen. Globale Smartphone-Größen wie Apple und Samsung können dagegen erstmal entspannen. Denn es scheint Huawei immer schwerer zu fallen, genügend Handys zu produzieren. 13 von 23 beworbene Smartphones in seinem Online-Shop kann der Konzern derzeit nicht liefern. Gregor Koppenburg/Jörn Petring

  • Autoindustrie
  • China-Sanktionen
  • Chips
  • Elektromobilität
  • EU
  • Halbleiter
  • Handel
  • Huawei

Die Philippinen auf dem Weg zurück ins Team USA

Es ist unbekannt, ob der Außenminister der Philippinen seine Worte spontan eingetippt oder mit Bedacht gewählt hat: “China, mein Freund, wie höflich kann ich es ausdrücken? Lass mich sehen … Oh … Verp** Dich!”, twitterte Anfang des Monats Teodoro Locsin – und verglich China mit einem “hässlichen Flegel” Das Außenministerium in Peking reagierte pikiert und verlangte eine Entschuldigung. (Anm. d. Red.: Der Tweet wurde am 19. Mai von Locsin selbst gelöscht.)

Bis vor kurzem erschien die vom philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte seit 2016 demonstrativ gepflegte Freundschaft zu China stabil. Doch nun ankern in der Bucht eines bumerangförmigen Atolls namens Whitsun Reef in der Exklusiven Wirtschaftszone (EEZ) der Philippinen seit Wochen chinesische Schiffe. Erst waren es über 200, nun sollen es noch eine Handvoll Boote sein. Das Riff gehört zur Spratly-Gruppe – und damit zu jenen 90 Prozent des Südchinesischen Meeres, das China auf Basis historischer Texte für sich beansprucht. Und so könnte mal wieder eine winzige Insel für geopolitische Verwerfungen sorgen.

Denn im Fall einer militärischen Auseinandersetzung müssten die USA den Philippinen eigentlich beispringen. So will es ein bilateraler Verteidigungsvertrag. Dies sagte US-Außenminister Antony Blinken zu Anfang der Whitsun-Saga auch zu, allerdings ohne Details zu nennen. Generell erhöhen die USA derzeit ihre Präsenz im strategisch wichtigen Südchinesischen Meer. Sie suchen verstärkt Kontakt zu den indopazifischen Verbündeten; und auch die Europäer, einschließlich Deutschland schicken Schiffe ihrer Marine in die Region (China.Table berichtete). Dabei geben alle immer offener zu, dass sich diese Aktivitäten vor allem gegen das selbstbewusste Vorgehen Chinas in dem Gewässer richten. Die Volksrepublik wiederum kritisiert, wie zuletzt etwa ein Kommentar der Staatszeitung Global Times Versuche einer “Einkreisung” Chinas, die ohnehin zum Scheitern verurteilt seien. China habe sehr gute Beziehungen zu den ASEAN-Staaten – zu denen auch die Philippinen gehören – und sei deren wichtigster Handelspartner.

Duterte pflegt demonstrativ Freundschaft zu China

Die USA sind als ehemalige Kolonialmacht seit Jahrzehnten eine Art Schirmherr der Philippinen. Duterte allerdings ist für Washington ein schwieriger Partner. Bei einem Staatsbesuch in Peking im Oktober 2016 hatte er sich, gerade frisch im Amt, öffentlich an die Seite Chinas gestellt und die “Trennung” von den USA mit den Worten angekündigt: “Amerika hat verloren”. Duterte setzte auf wachsende Wirtschaftsbeziehungen zu Peking. An den seit den 1990er Jahren schwelenden Inselstreitigkeiten hatte er dagegen wenig Interesse. Dass der Permanent Court of Arbitration 2016 zu Manilas Gunsten entschied und große Teile der Ansprüche Chinas auf das Südchinesische Meer ablehnte, ignorierte Duterte – ebenso wie Peking es tat. Peking dankte es etwa mit großzügigen chinesische Investitionen im Rahmen der Neuen Seidenstraße. 2020 war China der größte Handelspartner seines Landes. An Pekings Politik im Südchinesischen Meer aber änderte sich nichts. Auch 2019 und 2020 kam es zu Nickeligkeiten zwischen Schiffen beider Staaten in umstrittenen Gewässern.

Trotzdem kündigte Duterte 2020 das 20 Jahre alte Visiting Forces Agreement (VFA), das den USA die unbürokratische Stationierung von Truppen auf den Philippinen gestattet – mit einer Kündigungsfrist von 180 Tagen, während der die Kündigung zurückgenommen werden kann. Die USA können dennoch im Zweifelsfall nicht tatenlos zusehen. Denn schon zweimal entrang China den Philippinen die Kontrolle über Inseln, nachdem die USA nicht eingegriffen hatten. Als China 1995 auf dem Mischief Reef angebliche Schutzräume für Fischer errichtete, tat Amerika nichts. Heute ist das Mischief Reef trotz heftiger philippinischer Proteste ein von Marineschiffen bewachter chinesischer Außenposten. 2012 vermittelten die USA nach Zusammenstößen von Schiffen der Küstenwache beider Staaten am Scarborough Shoal einen beiderseitigen Rückzug aus dem Gewässer. Dies geschah aus Sorge, sonst selbst eingreifen zu müssen. Die Philippinen hielten sich daran, nicht aber China. Auch das Scarborough Shoal ist heute ein Militärposten Pekings. Die Biden-Regierung erkenne den Schaden der fehlenden Reaktion während des damaligen Konflikts für die Glaubwürdigkeit Washingtons an, sagte Derek Grossman, Verteidigungs- und Asienexperte der US-Denkfabrik Rand, der South China Morning Post.

Rodrigo Duterte muss sein Amt laut Verfassung im Juni 2022 abgeben. Das Dreiecksverhältnis Philippinen-China-USA könnte dann zum Thema im Präsidentschaftswahlkampf werden. Chinas Aktionen im Südchinesischen Meer sind in dem Inselstaat nicht populär. Die Philippinen hätten dank eines Abkommens mit Chinas Präsident Xi Jinping während Dutertes Amtszeit kein Territorium an China verloren, betonte deshalb sein Sprecher Herry Roque. “Diese Vereinbarung hält bis heute. Das ist das Erbe der Duterte-Regierung.” Das gilt allerdings nur solange, wie Manila das Whitsun Reef kontrolliert.

Duterte scheint das zu ahnen – und nähert sich seit dem Herbst 2020 wieder den USA an. Er verlängerte die Kündigungsfrist für das VFA um weitere 180 Tage. Das Abkommen ist also weiterhin in Kraft. Im März bestellte Manila Überschall-Marschflugkörper aus Indien, einem Mitglied der von den USA geführten Quad-Gruppe, zu der auch Australien und Japan gehören. Im April hielten die Philippinen ein mehrtägiges gemeinsames Manöver mit den USA namens Balikatan ab. Und da Duterte selbst nicht offen auf China schimpfen will, überlässt er das eben seinen Ministern wie Locsin und Verteidigungsminister Delfin Lorenzana. China trachte danach, immer mehr Gebiete im Südchinesischen Meer zu besetzen, warnte kürzlich Lorenzana. Er sei doch “kein Dummkopf”, der China glaube, dass die wochenlang am Whitsun Reef ankernden Schiffe harmlose Fischerboote seien.

“Peking hat es sich nur selbst zuzuschreiben, wenn es die Chance verpasst, die Philippinen aus dem US-Dunstkreis herauszulösen”, schrieb Derek Grossman im Magazin Foreign Policy. “Chinas aggressives Verhalten im Südchinesischen Meer hat es Duterte praktisch unmöglich gemacht, seine Pro-China- und Anti-USA-Politik weiterzutreiben.” Die USA seien das einzige Land, das die Philippinen zu schützen vermöge, so Grossmann. Zugleich ist die Militärbasis auf den Philippinen den USA wichtig für ihre Kampagne für Navigationsfreiheit im Südchinesischen Meer. Eigentlich eine Win-win-Situation. Ob das VFA wieder permanent in Kraft tritt, ist aber noch unklar.

Locsin entschuldigte sich inzwischen beim chinesischen Botschafter und twitterte: “Es war einfach mit mir durchgegangen. Aber diese ständigen Provokationen…… aber nein, das ist keine Entschuldigung für schlechte Manieren.” Ein Schelm, wer darin Ironie vermutet.

  • Geopolitik
  • Handel
  • Indopazifik
  • Joe Biden
  • Philippinen
  • USA
  • Xi Jinping

News

Goldman Sachs stellt hunderte Mitarbeiter ein

Goldman Sachs baut sein China- und Hongkong-Geschäft massiv aus und ist dabei, 320 Mitarbeiter:innen einzustellen, darunter 70 für das Investmentbanking. Die Einstellungs-Offensive geht mit der vollständigen Öffnung des chinesischen Finanzmarktes für ausländische Broker und Vermögensverwalter einher, berichtet Bloomberg. Goldman plant demzufolge die 100-prozentige Übernahme seines Wertpapiergeschäfts in China und den Aufbau einer eigenen Sparte im Bereich der Vermögensverwaltung. Derzeit wartet die Bank noch auf grünes Licht der Aufsichtsbehörden zur kompletten Übernahme des Wertpapiergeschäfts, nachdem Ende des letzten Jahres eine Vereinbarung mit dem Joint Venture Partner zur Übernahme der restlichen Anteile abgeschlossen wurde. Goldman Sachs wäre dann die erste Wall-Street-Bank, die ein eigenständiges Wertpapiergeschäft in China betreibt. Auch JPMorgan Chase strebt dies an.

Zuvor hatten bereits andere Finanzunternehmen wie die UBS Group AG, die Credit Suisse Group AG und die HSBC Holdings Plc Pläne für die Einstellung von Tausenden von Mitarbeitern in China bekannt gegeben. Blackrock hat jüngst die Erlaubnis erhalten, als Vermögensverwalter in China zu agieren (China.Table berichtete). nib

  • Banken
  • Credit Suisse
  • Finanzen
  • Goldman Sachs
  • Hongkong
  • HSBC
  • Menschenrechte

Chinesische Staatsfirma hat Zugriff auf Apple-Cloud

Apple zensiert seinen chinesischen App-Store proaktiv und speichert Daten seiner chinesischen Kunden auf Servern, die von chinesischen Staatsunternehmen verwaltet werden, so eine neue Recherche der New York Times. Die Zeitung konnte erstmals interne Dokumente auswerten und hat Interviews mit ehemaligen und derzeitigen Angestellten des Konzerns geführt. Demzufolge hat das US-amerikanische Unternehmen das rechtliche Eigentum an den Nutzerdaten in der Apple-Cloud (“iCloud”) an ein chinesisches Unternehmen abgetreten – auch um den Bedingungen des chinesischen Cybersicherheitsgesetzes nachzukommen. Wenn chinesische Behörden auf die Daten zugreifen wollen, fragen sie direkt den Apple-Geschäftspartner. Apple glaubt, dass dies dem Unternehmen einen rechtlichen Schutz vor amerikanischen Gesetzen gibt, die die Weitergabe der Daten von US-Unternehmen verbieten, so die New York Times. Dieser Kompromiss habe es dem Unternehmen nahezu unmöglich gemacht, die chinesische Regierung daran zu hindern, Zugang zu den E-Mails, Fotos, Dokumente und Standorten von Millionen Chinesen zu erhalten, so die Zeitung.

Gerichtsakten belegen darüber hinaus, dass das US-amerikanische Technologieunternehmen in China sehr häufig Apps aus dem Konzerneigenen App-Store löscht, sogar noch bevor sich Zensoren aus der Volksrepublik melden würden. Eine Datenanalyse der Zeitung ergab, dass Apple mehr als 600 Nachrichten-Apps gelöscht hat. Ebenso wurden demzufolge verschlüsselte Messenger-Apps und solche über den Dalai Lama aus dem chinesischen App-Store entfernt. Einem Bericht der New York Times zufolge erwirtschaftet das US-Unternehmen mittlerweile 20 Prozent seines Umsatzes in China und lässt fast alle seine Produkte dort fertigen. nib

  • Apple
  • Datenschutz
  • Menschenrechte
  • Technologie
  • Zensur

Hochhaus in Shenzhen schwankt bedrohlich

Ein Hochhaus in Shenzhen inmitten des Elektronik-Einkaufsviertel Huaqiangbei Wirtschaftsmetropole hat am Dienstag mehrere Minuten lang erheblich geschwankt. Augenzeugen berichten davon, wie in Geschäftsräumen der Tee in Kannen umhergeschwappt ist und Kartons verrutscht sind. Menschen flohen panisch, bevor die Verwaltung das Gebäude formal räumen ließ. Das SEG Plaza ist mit 292 Metern gut 30 Meter höher als der Commerzbank Tower in Frankfurt. Das Gebäude wurde vor 20 Jahren errichtet.

Erste, alarmistische Berichte von einem bevorstehenden Einsturz wurden von chinesischen Webseiten im Laufe des Tages wieder gelöscht. Dafür erschienen Hintergründe dazu, dass Vibrationen an Hochhäusern grundsätzlich von den Ingenieuren vorgesehen und berücksichtig seien. Experten sehen demnach keine Gefahr für die Stabilität des Gebäudes. In Abwesenheit von Starkwind, Erdbeben oder Tunnelbauarbeiten sei das Phänomen allerdings ungewöhnlich. Derzeit läuft eine Prüfung der Statik des Gebäudes an. fin

  • Immobilien
  • Shenzhen
  • Technologie

Atradius erwartet mehr Zahlungsausfälle in klassischer Industrie

Der Kreditversicherer Atradius warnt vor Zahlungsrisiken in traditionellen Sektoren der chinesischen Industrie. Als Folge neuer wirtschaftlicher Schwerpunkte des 14. Fünfjahresplans erwartet der Dienstleister Liquiditätsprobleme für Branchen, denen die staatlichen Zuschüsse wegbrechen. “Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden sich für die chinesischen Old-Economy-Bereiche Stahl, Metallverarbeitung, Schiffbau, Chemie und Teile der Elektroindustrie weiter verschlechtern”, sagt Thomas Langen, Senior Regional Director bei Atradius für Deutschland, Mittel- und Osteuropa. “Viele dieser Unternehmen sind schon seit längerem hoch verschuldet.” Deutsche Exporteure sollten sich auf steigende Risiken einstellen. Ganz anders verhält es sich für Branchen, die von Chinas Plänen profitieren. Das sind die Autoindustrie, IT und Maschinenbau. Das Kreditversicherungsunternehmen erwartet, dass die Nachfrage aus der Volksrepublik in diesen Sektoren weiterhin hoch bleibt. niw

  • Autoindustrie
  • Chemie
  • Energie
  • Erneuerbare Energien
  • Maschinenbau
  • Nachhaltigkeit
  • Rohstoffe
  • Umwelt

Presseschau

Spagat im Nahost-Konflikt: China sucht Nähe zu beiden Seiten TAGESSCHAU
China bans financial, payment institutions from cryptocurrency business REUTERS
Brückenschlag nach Montenegro: Wie Peking auf dem Westbalkan Fuß fasst DERSTANDARD
Nancy Pelosi calls for diplomatic boycott of 2022 Beijing Olympics, citing human rights abuses ESPN
U.S. says China is resisting nuclear arms talks REUTERS
Apple’s Bargain in China NYTIMES
Titanic replica now under construction in China CNN
China’s Biggest ‘Bad Bank’ Tests Beijing’s Resolve on Financial Reform NYTIMES
After an Indonesian Submarine Sank, China Stepped In to Help Salvage It WSJ
U.S. companies are bearing the brunt of Trump’s China tariffs, says Moody’s CNBC
Biden: China darf Wettbewerb um E-Mobilität nicht gegen USA gewinnen HANDELSBLATT
China, die Uiguren und das Lieferkettengesetz DEUTSCHLANDFUNK
HK suspends operations at representative office in Taiwan as tensions rise REUTERS
Pro-China Lawmakers in Hong Kong Find a New National-Security Target: Art WSJ

Standpunkt

Die Grenzen der chinesisch-amerikanischen Klimazusammenarbeit

Von Minxin Pei
Minxin Pei

Trotz ihrer immer schärferen Rivalität senden die Vereinigten Staaten und China nun hinsichtlich einer möglichen Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Klimawandel die richtigen Signale. Die gemeinsame Stellungnahme, die nach dem Treffen Mitte April zwischen dem US-Klimabeauftragten John Kerry und seinem chinesischen Kollegen Xie Zhenhua veröffentlicht wurde, legt nahe, dass die beiden Regierungen versuchen könnten, klimapolitisch zusammenzuarbeiten, um zu verhindern, dass ihre Beziehungen in völlige Feindschaft abgleiten. Aber der Weg nach vorn ist gespickt mit geopolitischen Hindernissen.

Warum sich die USA und China momentan verantwortungsvoll verhalten, ist nicht schwer zu verstehen: Beide Länder betrachten den Klimawandel als existenzielle Bedrohung und haben starkes Interesse an einer Zusammenarbeit. Außerdem wissen Biden und der chinesische Präsident Xi Jinping, dass offene Kompromisslosigkeit oder Quertreiberei bei diesem Thema in der internationalen öffentlichen Meinung gar nicht gut ankommt.

Während des kalten Krieges hat der ideologische Kampf zwischen Kommunismus und Kapitalismus die Welt geteilt und Bündnisse zementiert. Aber im kommenden Jahrzehnt ist es unwahrscheinlich, dass die USA und China allein durch Ideologie Freunde finden können. Die Kommunistische Partei Chinas hat eigentlich keine wirkliche Ideologie mehr, und der Glanz Amerikas ist durch politische Polarisierung und Trumpismus ermattet. Stattdessen steht wegen des Klimawandels das Überleben der Menschheit auf dem Spiel, und die internationalen Bündnisse werden durch die Versuche zur Lösung dieses Problems geprägt.

Taten müssen folgen

Beide Länder müssen sich in den kommenden Jahren daran messen lassen, wie sie klimapolitische Versprechen in Taten umsetzen können. Kurz nach Bidens jüngstem Klimagipfel der Staatschefs bemerkte beispielsweise der chinesische Außenminister Wang Yi, Chinas Zusammenarbeit mit Amerika hänge davon ab, ob sich die USA “in die internen Angelegenheiten Chinas einmischen.

Obwohl China Tibet, Xinjiang, Hongkong und vor allem Taiwan als “interne Angelegenheiten” betrachtet, hat Kerry klar gemacht, dass die USA für die klimapolitische Kooperation bei diesen Themen keine Kompromisse eingehen werden. Sollten weder China noch die USA dabei einlenken, kann erwartet werden, dass die sino-amerikanischen Spannungen bei diesen heiklen Themen die bilateralen klimapolitischen Bemühungen gefährden.

Neben der Schwierigkeit, ihre bilateralen Konflikte von möglichen Kooperationsbereichen zu trennen, ist es unklar, welche Art klimapolitischer Zusammenarbeit die USA und China tatsächlich erreichen können und wie stark sie sein wird. Die kurze gemeinsame Erklärung der beiden Länder bietet dazu wenig Details, und dies aus gutem Grund. Da es an Vertrauen fehlt, ist keins der Länder bereit, bindende Verpflichtungen einzugehen.

Klimapolitik separat verhandeln

Daher wird die bilaterale Zusammenarbeit in der Klimapolitik bestenfalls wechselhaft, bescheiden und schrittweise ablaufen. Wechselhaft wird sie sein, weil sich die chinesisch-amerikanischen Beziehungen mit ihren Spannungen unweigerlich auf die Klimabemühungen auswirken. Außerdem werden gegenseitige Verdächtigungen und Anfeindungen beide Seiten von großen Schritten abhalten. Stattdessen sind harte Verhandlungen zu erwarten. Der einzige Weg scheint zu sein, durch geringfügige Maßnahmen das Vertrauen zu testen und genügend guten Willen zu erzeugen, um die Zusammenarbeit beibehalten zu können. Daher sollten wir einen schrittweisen, langwierigen Prozess erwarten.

Angesichts des mangelnden gegenseitigen Vertrauens können die USA und China vielleicht am besten dadurch zusammenarbeiten, dass sie bestimmte Handlungen vermeiden, anstatt aktiv zu versuchen, Dinge gemeinsam zu erreichen. Hier muss in erster Linie verhindert werden, klimapolitische Zusammenarbeit mit den umstrittensten Aspekten der bilateralen Beziehung zu verknüpfen, zu denen Menschenrechte, Handel, und Sicherheit gehören.

Eine solche Zurückhaltung wird China mehr abverlangen als den USA, da die chinesischen Politiker offensichtlich glauben, das Thema des Klimawandels könnte ihnen Druckmittel gegen Bidens Politik in anderen Bereichen verschaffen. Xi muss erkennen, dass solche Verknüpfungen kontraproduktiv sind. Die starke und parteiübergreifende chinakritische Einstellung in den USA lässt Biden nur wenig Spielraum, und die chinesische Unnachgiebigkeit könnte Xis Glaubwürdigkeit als globaler Vorreiter gegen den Klimawandel ernsthaft beschädigen.

Dialog zu grünen Technologien nicht gefährden

Können die USA und China der Versuchung widerstehen, während der bevorstehenden multilateralen Klimaverhandlungen punkten zu wollen, indem sie die Positionen der Gegenseite angreifen, kann dies auch dazu beitragen, dass sie produktiv bei der Sache bleiben. Bei bestimmten Themen wie den Emissionsminderungszielen und den Beiträgen zur Finanzierung der Energiewende in den Entwicklungsländern sollten beide Länder ihre Kritik auf eine gute wissenschaftliche, wirtschaftliche und moralische Grundlage stellen. Noch wichtiger ist, dass diese Kritik Alternativen enthält, die von Drittparteien als vernünftig, realistisch und vorteilhaft eingeschätzt werden.

Solange sich die beiden Länder in einem Technologiekrieg befinden, könnte es unrealistisch sein, über eine aktive US-chinesische Zusammenarbeit bei sauberen Energien zu sprechen. Aber obwohl sich die beiden Länder in ihrer jüngsten gemeinsamen Stellungnahme zu nichts verpflichtet, sondern sich bezüglich einer Zusammenarbeit bei grünen Technologien lediglich gesprächsbereit gezeigt haben, könnten sie immer noch versuchen, solche Innovationen aus ihrem allgemeinen strategischen Wettbewerb herauszuhalten. Insbesondere sollten die USA und China immer dann versuchen, Schäden gering zu halten, wenn sie Maßnahmen abwägen, die nötig scheinen, um einen relativen Wettbewerbsvorteil aufrechtzuerhalten – und diese Maßnahmen aber gleichzeitig die Entwicklung und Verbreitung grüner Technologien negativ beeinflussen könnten.

Für die Welt ist es wichtig, dass die USA und China gegen den Klimawandel zusammenarbeiten, aber wir sollten uns keine Illusionen machen. Unsere beste Hoffnung liegt darin, dass die beiden Supermächte diszipliniert genug sind, um bei ihrem Kampf um geopolitische Vorteile das Überleben der Menschheit nicht zu gefährden.

Minxin Pei ist Professor für Staatslehre am Claremont McKenna College und Non-Resident Senior Fellow des German Marshall Fund of the United States. Aus dem Englischen von Harald Eckhoff.
Copyright: Project Syndicate, 2021.www.project-syndicate.org

  • Hongkong
  • Joe Biden
  • John Kerry
  • Klima
  • Menschenrechte
  • Minxin Pei
  • Nachhaltigkeit
  • Taiwan
  • Tibet
  • Umwelt
  • USA
  • Wang Yi
  • Xi Jinping
  • Xinjiang

Personalien

Gerrit-Michael Duelks will become the new Chief Financial Officer of Daimler Mobility AG on July 1. The 41-year-old has been with the Group since 2007 and has worked in various positions in Corporate Audit. In 2014, he moved to the former Daimler Financial Services AG and held several management positions in finance and controlling in Singapore, China, Korea and Germany. At the end of 2019, he assumed global responsibility for Corporate Controlling and Risk Management at Daimler Mobility AG.

Yisong Dong was promoted to Department Director China Desk in the M&A department at Hauck & Aufhaeuser in May. Dong was previously Deputy Department Head in the same department. A finance graduate, he holds degrees from the Frankfurt School of Finance & Management and Johann Wolfgang Goethe University and worked as a consultant at EY and Deloitte, among others.

Dessert

In der Stadt Nantong (Provinz Jiangsu) wurde jüngst ein Theater-Neubau eröffnet. Die Kultur des Landes kleidet sich auch jenseits der bekannten Metropolen in immer schönere Architektur.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Huawei-Läden werden zu Autohäusern
    • Philippinen wenden sich wieder den USA zu
    • Goldman Sachs wächst in China
    • Apple speichert seine Cloud-Daten bei Staatsbetrieb
    • Hochhaus in Shenzhen schwankt plötzlich
    • Studie warnt vor Risiken in der Old Economy
    • Minxin Pei: Handelsstreit blockiert Klimapolitik
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Elektroautos statt Handys finden sich inzwischen in den Huawei-Läden in China, wie unsere Autoren vor Ort beobachtet haben. Das Geschäft mit Mobiltelefonen leidet unter amerikanischen Sanktionen, während der Elektronikkonzern sich als Fahrzeugzulieferer profilieren will. Die Autos sind zwar keine eigenen Produkte der Marke Huawei, doch die gesamte Digitaltechnik darin stammt von den Ingenieuren des Unternehmens. Und gerade für junge Kunden in China ist ein Auto die fahrende und vernetzte Verlängerung des Handys. Huawei beweist hier, wie ein Unternehmen flexibel auf äußere Schocks reagieren kann.

    Wie umgehen mit dem heutigen China? Diese Frage zieht sich durch die Politikberichterstattung des China.Table. Diesmal blicken wir auf die Philippinen, die ihre eigenen Sorgen mit dem Nachbarland haben, schließlich beansprucht die Volksrepublik riesige Seegebiete direkt vor der eigenen Küste. Präsident Rodrigo Duterte vollzieht daher nun erneut eine Kehrtwende. Nachdem er sich erst China angenähert hat, um die USA zu ärgern, macht er es nun umgekehrt. Das erinnert ein wenig an die ost- und südeuropäischen Staaten, die ihre Flirts mit China inzwischen zum Teil desillusioniert beenden.

    In Panik geraten waren die Menschen gestern in einem 290 Meter hohen Wolkenkratzer in Shenzhen mitten im quirligen Elektronik-Viertel Huaqiangbei. Das Gebäude hatte aus unerfindlichen Gründen zu schwanken begonnen und musste evakuiert werden. Da noch nichts Näheres bekannt ist, haben wir es für heute bei einer kurzen Meldung belassen. Hoffentlich bleibt da alles stabil.

    Ihr
    Finn Mayer-Kuckuk
    Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

    Analyse

    Huawei-Stores entwickeln sich zu Autohäusern

    Ein Auto der Marke Seres im Huawei-Flaggschiffstore in Shenzhen in einem Huawei-Store
    Zwei Autos des chinesischen Herstellers Seres im Huawei-Store in Shenzen.

    Der Huawei-Store im Einkaufsviertel Wanxiang Tiandi in der südchinesischen Stadt Shenzhen war schon immer etwas Besonderes. Als der Glastempel mit drei Etagen im September 2019 eröffnete, nannte Huawei ihn seinen “ersten globalen Flagship-Store”. Damals standen im gesamten Erdgeschoss helle Holztische, auf denen der Konzern stolz seine neusten Smartphones präsentierte. Doch im Laden hat sich einiges geändert. 

    Einige der Tische sind in den vergangenen Wochen verschwunden. Das Erste, was Kunden nun beim Betreten des weitläufigen Huawei-Stores sehen, sind: Autos. Die Fahrzeuge, die Huawei zeigt, stammen von der chinesischen Marke Seres. Dabei handelt es sich um eine kalifornische E-Mobilitäts-Tochter des Autokonzerns Sokon aus der westchinesischen Metropole Chongqing. Huawei kooperiert formal mit Seres und einer ganzen Reihe anderer Kfz-Produzenten. Eigene Autos will Huawei ausdrücklich nicht bauen. Dafür will das Unternehmen aber anderen Herstellern sein technisches Know-How anbieten. Neben dem Markennamen Seres ist an der Rückseite der Autos auch ein kleiner Huawei-Schriftzug zu lesen (China.Table berichtete). 

    In seinem Shenzhener Flagship-Store hat Huawei zwei Modelle des kompakten Geländewagens SF5 von Seres ausgestellt. Zu sehen sind sie unter anderem auch in Shanghai, Chengdu und Hangzhou. Sie kosten ab umgerechnet 27.800 Euro (216.800 Yuan). Die Kunden können sie nicht nur in den Läden erwerben, sondern auch über Huaweis E-Commerce-Plattform VMall. 

    Huawei-Stores: Handys weg, Autos her

    Aus seinen Läden, in denen Huawei bislang schwerpunktmäßig für seine Smartphone-Innovationen warb, sind Autohäuser mit angeschlossenem Handy-Verkauf geworden. Aber was bleibt dem Shenzhener Konzern auch anderes übrig? 

    Es ist noch nicht lange her, da rangierte Huawei im Smartphone-Markt weltweit auf Platz zwei. Nach massiven US-Sanktionen ist das vorerst Geschichte. Nach Berechnungen von Marktforschern sind die Smartphone-Verkäufe von Huawei um gut 60 Prozent eingebrochen. Im vergangenen Quartal rutschten die Chinesen mit nur noch 18,6 Millionen verkauften Handys auf den siebten Rang ab, wie die Analysefirma Canalys schätzt. Im ersten Vierteljahr 2020 hatte Huawei demnach noch 49 Millionen Smartphones verkauft.

    Huawei hatte durch Sanktionen der US-Regierung unter Ex-Präsident Donald Trump den Zugang zu amerikanischen Technologien verloren. Damit kann Huawei unter anderem keine neuen Smartphones mit Google-Diensten verkaufen – was die Firma im Westen weitgehend aus dem Markt warf. Noch schwerwiegender ist, dass Huawei seit dem vergangenen Sommer auch von Chip-Lieferungen aus dem Ausland abgeschnitten wurde, die für seine Smartphones unverzichtbar sind. 

    Ein noch vor Inkrafttreten der Sanktionen hektisch angelegter Chip-Vorrat war nur eine Hilfe auf Zeit. Das Chip-Lager von Huawei ist nicht endlos groß, zudem brauchen neue Generationen von Smartphones auch neuartige Prozessoren. Die fehlenden Bauteile selbst zu produzieren, sei keine Option, heißt es bei Huawei. “Die Herstellung dieser Chips ist sehr kompliziert und für uns derzeit unmöglich. Das ziehen wir nicht in Betracht”, sagte Jiang Xisheng, Chefsekretär des Huawei-Vorstandes, in einem Interview Ende März. Es werde aber an Alternativen und Lösungen gearbeitet, die Lieferketten zu diversifizieren. 

    Vor allem aber müssen nun andere Geschäftsbereiche helfen, einen Teil der Rückgänge auszugleichen. Das Geschäft mit Wearables wie Computer-Uhren oder anderen Endgeräten im Konsumentenbereich wie Kopfhörern, Laptops und smarten Bildschirmen entwickele sich “sehr gut”, so Jiang. Doch vor allem der Einstieg ins Auto-Geschäft soll neue Umsätze generieren. “E-Autos sind das einzige Produkt, das Verluste in unserem Smartphone-Geschäft ausgleichen kann”, sagte Richard Yu, Chef der Huawei-Verbrauchersparte im April vor Journalisten in Shanghai (China.Table berichtete). 

    Huawei wird zum Autozulieferer

    Ein Betriebssystem wie im SF5 von Seres, mit dem sich so gut wie alle Funktionen des Autos steuern lassen, ist dabei erst der Anfang. So arbeitet Huawei an smarter Technik, die autonomes Fahren ermöglichen soll. Sowohl die künstliche Intelligenz als auch notwendige Hardware, wie etwa besonders hochauflösende Kameras, werden entwickelt. Huawei will für Autokonzerne in China und darüber hinaus zu einem wichtigen Zulieferer werden. Laut Zhou Taoyuan, President der Digital Power-Produktlinie von Huawei, zu der unter anderem Photovoltaik und Elektrofahrzeuge gehören, sieht Huawei zwei aktuelle globale Trends – digitale Transformation und CO2-Neutralität.

    Als Folge der US-Sanktionen müssen sich nun plötzlich also deutsche Autobauer und Zulieferer ganz genau mit dem mächtigen chinesischen Tech-Konzern auseinandersetzen. Globale Smartphone-Größen wie Apple und Samsung können dagegen erstmal entspannen. Denn es scheint Huawei immer schwerer zu fallen, genügend Handys zu produzieren. 13 von 23 beworbene Smartphones in seinem Online-Shop kann der Konzern derzeit nicht liefern. Gregor Koppenburg/Jörn Petring

    • Autoindustrie
    • China-Sanktionen
    • Chips
    • Elektromobilität
    • EU
    • Halbleiter
    • Handel
    • Huawei

    Die Philippinen auf dem Weg zurück ins Team USA

    Es ist unbekannt, ob der Außenminister der Philippinen seine Worte spontan eingetippt oder mit Bedacht gewählt hat: “China, mein Freund, wie höflich kann ich es ausdrücken? Lass mich sehen … Oh … Verp** Dich!”, twitterte Anfang des Monats Teodoro Locsin – und verglich China mit einem “hässlichen Flegel” Das Außenministerium in Peking reagierte pikiert und verlangte eine Entschuldigung. (Anm. d. Red.: Der Tweet wurde am 19. Mai von Locsin selbst gelöscht.)

    Bis vor kurzem erschien die vom philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte seit 2016 demonstrativ gepflegte Freundschaft zu China stabil. Doch nun ankern in der Bucht eines bumerangförmigen Atolls namens Whitsun Reef in der Exklusiven Wirtschaftszone (EEZ) der Philippinen seit Wochen chinesische Schiffe. Erst waren es über 200, nun sollen es noch eine Handvoll Boote sein. Das Riff gehört zur Spratly-Gruppe – und damit zu jenen 90 Prozent des Südchinesischen Meeres, das China auf Basis historischer Texte für sich beansprucht. Und so könnte mal wieder eine winzige Insel für geopolitische Verwerfungen sorgen.

    Denn im Fall einer militärischen Auseinandersetzung müssten die USA den Philippinen eigentlich beispringen. So will es ein bilateraler Verteidigungsvertrag. Dies sagte US-Außenminister Antony Blinken zu Anfang der Whitsun-Saga auch zu, allerdings ohne Details zu nennen. Generell erhöhen die USA derzeit ihre Präsenz im strategisch wichtigen Südchinesischen Meer. Sie suchen verstärkt Kontakt zu den indopazifischen Verbündeten; und auch die Europäer, einschließlich Deutschland schicken Schiffe ihrer Marine in die Region (China.Table berichtete). Dabei geben alle immer offener zu, dass sich diese Aktivitäten vor allem gegen das selbstbewusste Vorgehen Chinas in dem Gewässer richten. Die Volksrepublik wiederum kritisiert, wie zuletzt etwa ein Kommentar der Staatszeitung Global Times Versuche einer “Einkreisung” Chinas, die ohnehin zum Scheitern verurteilt seien. China habe sehr gute Beziehungen zu den ASEAN-Staaten – zu denen auch die Philippinen gehören – und sei deren wichtigster Handelspartner.

    Duterte pflegt demonstrativ Freundschaft zu China

    Die USA sind als ehemalige Kolonialmacht seit Jahrzehnten eine Art Schirmherr der Philippinen. Duterte allerdings ist für Washington ein schwieriger Partner. Bei einem Staatsbesuch in Peking im Oktober 2016 hatte er sich, gerade frisch im Amt, öffentlich an die Seite Chinas gestellt und die “Trennung” von den USA mit den Worten angekündigt: “Amerika hat verloren”. Duterte setzte auf wachsende Wirtschaftsbeziehungen zu Peking. An den seit den 1990er Jahren schwelenden Inselstreitigkeiten hatte er dagegen wenig Interesse. Dass der Permanent Court of Arbitration 2016 zu Manilas Gunsten entschied und große Teile der Ansprüche Chinas auf das Südchinesische Meer ablehnte, ignorierte Duterte – ebenso wie Peking es tat. Peking dankte es etwa mit großzügigen chinesische Investitionen im Rahmen der Neuen Seidenstraße. 2020 war China der größte Handelspartner seines Landes. An Pekings Politik im Südchinesischen Meer aber änderte sich nichts. Auch 2019 und 2020 kam es zu Nickeligkeiten zwischen Schiffen beider Staaten in umstrittenen Gewässern.

    Trotzdem kündigte Duterte 2020 das 20 Jahre alte Visiting Forces Agreement (VFA), das den USA die unbürokratische Stationierung von Truppen auf den Philippinen gestattet – mit einer Kündigungsfrist von 180 Tagen, während der die Kündigung zurückgenommen werden kann. Die USA können dennoch im Zweifelsfall nicht tatenlos zusehen. Denn schon zweimal entrang China den Philippinen die Kontrolle über Inseln, nachdem die USA nicht eingegriffen hatten. Als China 1995 auf dem Mischief Reef angebliche Schutzräume für Fischer errichtete, tat Amerika nichts. Heute ist das Mischief Reef trotz heftiger philippinischer Proteste ein von Marineschiffen bewachter chinesischer Außenposten. 2012 vermittelten die USA nach Zusammenstößen von Schiffen der Küstenwache beider Staaten am Scarborough Shoal einen beiderseitigen Rückzug aus dem Gewässer. Dies geschah aus Sorge, sonst selbst eingreifen zu müssen. Die Philippinen hielten sich daran, nicht aber China. Auch das Scarborough Shoal ist heute ein Militärposten Pekings. Die Biden-Regierung erkenne den Schaden der fehlenden Reaktion während des damaligen Konflikts für die Glaubwürdigkeit Washingtons an, sagte Derek Grossman, Verteidigungs- und Asienexperte der US-Denkfabrik Rand, der South China Morning Post.

    Rodrigo Duterte muss sein Amt laut Verfassung im Juni 2022 abgeben. Das Dreiecksverhältnis Philippinen-China-USA könnte dann zum Thema im Präsidentschaftswahlkampf werden. Chinas Aktionen im Südchinesischen Meer sind in dem Inselstaat nicht populär. Die Philippinen hätten dank eines Abkommens mit Chinas Präsident Xi Jinping während Dutertes Amtszeit kein Territorium an China verloren, betonte deshalb sein Sprecher Herry Roque. “Diese Vereinbarung hält bis heute. Das ist das Erbe der Duterte-Regierung.” Das gilt allerdings nur solange, wie Manila das Whitsun Reef kontrolliert.

    Duterte scheint das zu ahnen – und nähert sich seit dem Herbst 2020 wieder den USA an. Er verlängerte die Kündigungsfrist für das VFA um weitere 180 Tage. Das Abkommen ist also weiterhin in Kraft. Im März bestellte Manila Überschall-Marschflugkörper aus Indien, einem Mitglied der von den USA geführten Quad-Gruppe, zu der auch Australien und Japan gehören. Im April hielten die Philippinen ein mehrtägiges gemeinsames Manöver mit den USA namens Balikatan ab. Und da Duterte selbst nicht offen auf China schimpfen will, überlässt er das eben seinen Ministern wie Locsin und Verteidigungsminister Delfin Lorenzana. China trachte danach, immer mehr Gebiete im Südchinesischen Meer zu besetzen, warnte kürzlich Lorenzana. Er sei doch “kein Dummkopf”, der China glaube, dass die wochenlang am Whitsun Reef ankernden Schiffe harmlose Fischerboote seien.

    “Peking hat es sich nur selbst zuzuschreiben, wenn es die Chance verpasst, die Philippinen aus dem US-Dunstkreis herauszulösen”, schrieb Derek Grossman im Magazin Foreign Policy. “Chinas aggressives Verhalten im Südchinesischen Meer hat es Duterte praktisch unmöglich gemacht, seine Pro-China- und Anti-USA-Politik weiterzutreiben.” Die USA seien das einzige Land, das die Philippinen zu schützen vermöge, so Grossmann. Zugleich ist die Militärbasis auf den Philippinen den USA wichtig für ihre Kampagne für Navigationsfreiheit im Südchinesischen Meer. Eigentlich eine Win-win-Situation. Ob das VFA wieder permanent in Kraft tritt, ist aber noch unklar.

    Locsin entschuldigte sich inzwischen beim chinesischen Botschafter und twitterte: “Es war einfach mit mir durchgegangen. Aber diese ständigen Provokationen…… aber nein, das ist keine Entschuldigung für schlechte Manieren.” Ein Schelm, wer darin Ironie vermutet.

    • Geopolitik
    • Handel
    • Indopazifik
    • Joe Biden
    • Philippinen
    • USA
    • Xi Jinping

    News

    Goldman Sachs stellt hunderte Mitarbeiter ein

    Goldman Sachs baut sein China- und Hongkong-Geschäft massiv aus und ist dabei, 320 Mitarbeiter:innen einzustellen, darunter 70 für das Investmentbanking. Die Einstellungs-Offensive geht mit der vollständigen Öffnung des chinesischen Finanzmarktes für ausländische Broker und Vermögensverwalter einher, berichtet Bloomberg. Goldman plant demzufolge die 100-prozentige Übernahme seines Wertpapiergeschäfts in China und den Aufbau einer eigenen Sparte im Bereich der Vermögensverwaltung. Derzeit wartet die Bank noch auf grünes Licht der Aufsichtsbehörden zur kompletten Übernahme des Wertpapiergeschäfts, nachdem Ende des letzten Jahres eine Vereinbarung mit dem Joint Venture Partner zur Übernahme der restlichen Anteile abgeschlossen wurde. Goldman Sachs wäre dann die erste Wall-Street-Bank, die ein eigenständiges Wertpapiergeschäft in China betreibt. Auch JPMorgan Chase strebt dies an.

    Zuvor hatten bereits andere Finanzunternehmen wie die UBS Group AG, die Credit Suisse Group AG und die HSBC Holdings Plc Pläne für die Einstellung von Tausenden von Mitarbeitern in China bekannt gegeben. Blackrock hat jüngst die Erlaubnis erhalten, als Vermögensverwalter in China zu agieren (China.Table berichtete). nib

    • Banken
    • Credit Suisse
    • Finanzen
    • Goldman Sachs
    • Hongkong
    • HSBC
    • Menschenrechte

    Chinesische Staatsfirma hat Zugriff auf Apple-Cloud

    Apple zensiert seinen chinesischen App-Store proaktiv und speichert Daten seiner chinesischen Kunden auf Servern, die von chinesischen Staatsunternehmen verwaltet werden, so eine neue Recherche der New York Times. Die Zeitung konnte erstmals interne Dokumente auswerten und hat Interviews mit ehemaligen und derzeitigen Angestellten des Konzerns geführt. Demzufolge hat das US-amerikanische Unternehmen das rechtliche Eigentum an den Nutzerdaten in der Apple-Cloud (“iCloud”) an ein chinesisches Unternehmen abgetreten – auch um den Bedingungen des chinesischen Cybersicherheitsgesetzes nachzukommen. Wenn chinesische Behörden auf die Daten zugreifen wollen, fragen sie direkt den Apple-Geschäftspartner. Apple glaubt, dass dies dem Unternehmen einen rechtlichen Schutz vor amerikanischen Gesetzen gibt, die die Weitergabe der Daten von US-Unternehmen verbieten, so die New York Times. Dieser Kompromiss habe es dem Unternehmen nahezu unmöglich gemacht, die chinesische Regierung daran zu hindern, Zugang zu den E-Mails, Fotos, Dokumente und Standorten von Millionen Chinesen zu erhalten, so die Zeitung.

    Gerichtsakten belegen darüber hinaus, dass das US-amerikanische Technologieunternehmen in China sehr häufig Apps aus dem Konzerneigenen App-Store löscht, sogar noch bevor sich Zensoren aus der Volksrepublik melden würden. Eine Datenanalyse der Zeitung ergab, dass Apple mehr als 600 Nachrichten-Apps gelöscht hat. Ebenso wurden demzufolge verschlüsselte Messenger-Apps und solche über den Dalai Lama aus dem chinesischen App-Store entfernt. Einem Bericht der New York Times zufolge erwirtschaftet das US-Unternehmen mittlerweile 20 Prozent seines Umsatzes in China und lässt fast alle seine Produkte dort fertigen. nib

    • Apple
    • Datenschutz
    • Menschenrechte
    • Technologie
    • Zensur

    Hochhaus in Shenzhen schwankt bedrohlich

    Ein Hochhaus in Shenzhen inmitten des Elektronik-Einkaufsviertel Huaqiangbei Wirtschaftsmetropole hat am Dienstag mehrere Minuten lang erheblich geschwankt. Augenzeugen berichten davon, wie in Geschäftsräumen der Tee in Kannen umhergeschwappt ist und Kartons verrutscht sind. Menschen flohen panisch, bevor die Verwaltung das Gebäude formal räumen ließ. Das SEG Plaza ist mit 292 Metern gut 30 Meter höher als der Commerzbank Tower in Frankfurt. Das Gebäude wurde vor 20 Jahren errichtet.

    Erste, alarmistische Berichte von einem bevorstehenden Einsturz wurden von chinesischen Webseiten im Laufe des Tages wieder gelöscht. Dafür erschienen Hintergründe dazu, dass Vibrationen an Hochhäusern grundsätzlich von den Ingenieuren vorgesehen und berücksichtig seien. Experten sehen demnach keine Gefahr für die Stabilität des Gebäudes. In Abwesenheit von Starkwind, Erdbeben oder Tunnelbauarbeiten sei das Phänomen allerdings ungewöhnlich. Derzeit läuft eine Prüfung der Statik des Gebäudes an. fin

    • Immobilien
    • Shenzhen
    • Technologie

    Atradius erwartet mehr Zahlungsausfälle in klassischer Industrie

    Der Kreditversicherer Atradius warnt vor Zahlungsrisiken in traditionellen Sektoren der chinesischen Industrie. Als Folge neuer wirtschaftlicher Schwerpunkte des 14. Fünfjahresplans erwartet der Dienstleister Liquiditätsprobleme für Branchen, denen die staatlichen Zuschüsse wegbrechen. “Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden sich für die chinesischen Old-Economy-Bereiche Stahl, Metallverarbeitung, Schiffbau, Chemie und Teile der Elektroindustrie weiter verschlechtern”, sagt Thomas Langen, Senior Regional Director bei Atradius für Deutschland, Mittel- und Osteuropa. “Viele dieser Unternehmen sind schon seit längerem hoch verschuldet.” Deutsche Exporteure sollten sich auf steigende Risiken einstellen. Ganz anders verhält es sich für Branchen, die von Chinas Plänen profitieren. Das sind die Autoindustrie, IT und Maschinenbau. Das Kreditversicherungsunternehmen erwartet, dass die Nachfrage aus der Volksrepublik in diesen Sektoren weiterhin hoch bleibt. niw

    • Autoindustrie
    • Chemie
    • Energie
    • Erneuerbare Energien
    • Maschinenbau
    • Nachhaltigkeit
    • Rohstoffe
    • Umwelt

    Presseschau

    Spagat im Nahost-Konflikt: China sucht Nähe zu beiden Seiten TAGESSCHAU
    China bans financial, payment institutions from cryptocurrency business REUTERS
    Brückenschlag nach Montenegro: Wie Peking auf dem Westbalkan Fuß fasst DERSTANDARD
    Nancy Pelosi calls for diplomatic boycott of 2022 Beijing Olympics, citing human rights abuses ESPN
    U.S. says China is resisting nuclear arms talks REUTERS
    Apple’s Bargain in China NYTIMES
    Titanic replica now under construction in China CNN
    China’s Biggest ‘Bad Bank’ Tests Beijing’s Resolve on Financial Reform NYTIMES
    After an Indonesian Submarine Sank, China Stepped In to Help Salvage It WSJ
    U.S. companies are bearing the brunt of Trump’s China tariffs, says Moody’s CNBC
    Biden: China darf Wettbewerb um E-Mobilität nicht gegen USA gewinnen HANDELSBLATT
    China, die Uiguren und das Lieferkettengesetz DEUTSCHLANDFUNK
    HK suspends operations at representative office in Taiwan as tensions rise REUTERS
    Pro-China Lawmakers in Hong Kong Find a New National-Security Target: Art WSJ

    Standpunkt

    Die Grenzen der chinesisch-amerikanischen Klimazusammenarbeit

    Von Minxin Pei
    Minxin Pei

    Trotz ihrer immer schärferen Rivalität senden die Vereinigten Staaten und China nun hinsichtlich einer möglichen Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Klimawandel die richtigen Signale. Die gemeinsame Stellungnahme, die nach dem Treffen Mitte April zwischen dem US-Klimabeauftragten John Kerry und seinem chinesischen Kollegen Xie Zhenhua veröffentlicht wurde, legt nahe, dass die beiden Regierungen versuchen könnten, klimapolitisch zusammenzuarbeiten, um zu verhindern, dass ihre Beziehungen in völlige Feindschaft abgleiten. Aber der Weg nach vorn ist gespickt mit geopolitischen Hindernissen.

    Warum sich die USA und China momentan verantwortungsvoll verhalten, ist nicht schwer zu verstehen: Beide Länder betrachten den Klimawandel als existenzielle Bedrohung und haben starkes Interesse an einer Zusammenarbeit. Außerdem wissen Biden und der chinesische Präsident Xi Jinping, dass offene Kompromisslosigkeit oder Quertreiberei bei diesem Thema in der internationalen öffentlichen Meinung gar nicht gut ankommt.

    Während des kalten Krieges hat der ideologische Kampf zwischen Kommunismus und Kapitalismus die Welt geteilt und Bündnisse zementiert. Aber im kommenden Jahrzehnt ist es unwahrscheinlich, dass die USA und China allein durch Ideologie Freunde finden können. Die Kommunistische Partei Chinas hat eigentlich keine wirkliche Ideologie mehr, und der Glanz Amerikas ist durch politische Polarisierung und Trumpismus ermattet. Stattdessen steht wegen des Klimawandels das Überleben der Menschheit auf dem Spiel, und die internationalen Bündnisse werden durch die Versuche zur Lösung dieses Problems geprägt.

    Taten müssen folgen

    Beide Länder müssen sich in den kommenden Jahren daran messen lassen, wie sie klimapolitische Versprechen in Taten umsetzen können. Kurz nach Bidens jüngstem Klimagipfel der Staatschefs bemerkte beispielsweise der chinesische Außenminister Wang Yi, Chinas Zusammenarbeit mit Amerika hänge davon ab, ob sich die USA “in die internen Angelegenheiten Chinas einmischen.

    Obwohl China Tibet, Xinjiang, Hongkong und vor allem Taiwan als “interne Angelegenheiten” betrachtet, hat Kerry klar gemacht, dass die USA für die klimapolitische Kooperation bei diesen Themen keine Kompromisse eingehen werden. Sollten weder China noch die USA dabei einlenken, kann erwartet werden, dass die sino-amerikanischen Spannungen bei diesen heiklen Themen die bilateralen klimapolitischen Bemühungen gefährden.

    Neben der Schwierigkeit, ihre bilateralen Konflikte von möglichen Kooperationsbereichen zu trennen, ist es unklar, welche Art klimapolitischer Zusammenarbeit die USA und China tatsächlich erreichen können und wie stark sie sein wird. Die kurze gemeinsame Erklärung der beiden Länder bietet dazu wenig Details, und dies aus gutem Grund. Da es an Vertrauen fehlt, ist keins der Länder bereit, bindende Verpflichtungen einzugehen.

    Klimapolitik separat verhandeln

    Daher wird die bilaterale Zusammenarbeit in der Klimapolitik bestenfalls wechselhaft, bescheiden und schrittweise ablaufen. Wechselhaft wird sie sein, weil sich die chinesisch-amerikanischen Beziehungen mit ihren Spannungen unweigerlich auf die Klimabemühungen auswirken. Außerdem werden gegenseitige Verdächtigungen und Anfeindungen beide Seiten von großen Schritten abhalten. Stattdessen sind harte Verhandlungen zu erwarten. Der einzige Weg scheint zu sein, durch geringfügige Maßnahmen das Vertrauen zu testen und genügend guten Willen zu erzeugen, um die Zusammenarbeit beibehalten zu können. Daher sollten wir einen schrittweisen, langwierigen Prozess erwarten.

    Angesichts des mangelnden gegenseitigen Vertrauens können die USA und China vielleicht am besten dadurch zusammenarbeiten, dass sie bestimmte Handlungen vermeiden, anstatt aktiv zu versuchen, Dinge gemeinsam zu erreichen. Hier muss in erster Linie verhindert werden, klimapolitische Zusammenarbeit mit den umstrittensten Aspekten der bilateralen Beziehung zu verknüpfen, zu denen Menschenrechte, Handel, und Sicherheit gehören.

    Eine solche Zurückhaltung wird China mehr abverlangen als den USA, da die chinesischen Politiker offensichtlich glauben, das Thema des Klimawandels könnte ihnen Druckmittel gegen Bidens Politik in anderen Bereichen verschaffen. Xi muss erkennen, dass solche Verknüpfungen kontraproduktiv sind. Die starke und parteiübergreifende chinakritische Einstellung in den USA lässt Biden nur wenig Spielraum, und die chinesische Unnachgiebigkeit könnte Xis Glaubwürdigkeit als globaler Vorreiter gegen den Klimawandel ernsthaft beschädigen.

    Dialog zu grünen Technologien nicht gefährden

    Können die USA und China der Versuchung widerstehen, während der bevorstehenden multilateralen Klimaverhandlungen punkten zu wollen, indem sie die Positionen der Gegenseite angreifen, kann dies auch dazu beitragen, dass sie produktiv bei der Sache bleiben. Bei bestimmten Themen wie den Emissionsminderungszielen und den Beiträgen zur Finanzierung der Energiewende in den Entwicklungsländern sollten beide Länder ihre Kritik auf eine gute wissenschaftliche, wirtschaftliche und moralische Grundlage stellen. Noch wichtiger ist, dass diese Kritik Alternativen enthält, die von Drittparteien als vernünftig, realistisch und vorteilhaft eingeschätzt werden.

    Solange sich die beiden Länder in einem Technologiekrieg befinden, könnte es unrealistisch sein, über eine aktive US-chinesische Zusammenarbeit bei sauberen Energien zu sprechen. Aber obwohl sich die beiden Länder in ihrer jüngsten gemeinsamen Stellungnahme zu nichts verpflichtet, sondern sich bezüglich einer Zusammenarbeit bei grünen Technologien lediglich gesprächsbereit gezeigt haben, könnten sie immer noch versuchen, solche Innovationen aus ihrem allgemeinen strategischen Wettbewerb herauszuhalten. Insbesondere sollten die USA und China immer dann versuchen, Schäden gering zu halten, wenn sie Maßnahmen abwägen, die nötig scheinen, um einen relativen Wettbewerbsvorteil aufrechtzuerhalten – und diese Maßnahmen aber gleichzeitig die Entwicklung und Verbreitung grüner Technologien negativ beeinflussen könnten.

    Für die Welt ist es wichtig, dass die USA und China gegen den Klimawandel zusammenarbeiten, aber wir sollten uns keine Illusionen machen. Unsere beste Hoffnung liegt darin, dass die beiden Supermächte diszipliniert genug sind, um bei ihrem Kampf um geopolitische Vorteile das Überleben der Menschheit nicht zu gefährden.

    Minxin Pei ist Professor für Staatslehre am Claremont McKenna College und Non-Resident Senior Fellow des German Marshall Fund of the United States. Aus dem Englischen von Harald Eckhoff.
    Copyright: Project Syndicate, 2021.www.project-syndicate.org

    • Hongkong
    • Joe Biden
    • John Kerry
    • Klima
    • Menschenrechte
    • Minxin Pei
    • Nachhaltigkeit
    • Taiwan
    • Tibet
    • Umwelt
    • USA
    • Wang Yi
    • Xi Jinping
    • Xinjiang

    Personalien

    Gerrit-Michael Duelks will become the new Chief Financial Officer of Daimler Mobility AG on July 1. The 41-year-old has been with the Group since 2007 and has worked in various positions in Corporate Audit. In 2014, he moved to the former Daimler Financial Services AG and held several management positions in finance and controlling in Singapore, China, Korea and Germany. At the end of 2019, he assumed global responsibility for Corporate Controlling and Risk Management at Daimler Mobility AG.

    Yisong Dong was promoted to Department Director China Desk in the M&A department at Hauck & Aufhaeuser in May. Dong was previously Deputy Department Head in the same department. A finance graduate, he holds degrees from the Frankfurt School of Finance & Management and Johann Wolfgang Goethe University and worked as a consultant at EY and Deloitte, among others.

    Dessert

    In der Stadt Nantong (Provinz Jiangsu) wurde jüngst ein Theater-Neubau eröffnet. Die Kultur des Landes kleidet sich auch jenseits der bekannten Metropolen in immer schönere Architektur.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen