Table.Briefing: China

Grüner Wasserstoff + Interview mit AHK-Chef Hildebrandt

  • Grauer Wasserstoff soll grüner werden
  • AHK-Chef Jens Hildebrandt im CEO-Talk
  • Feste Quarantäne-Zentren für Einreisende geplant
  • Behörden konkretisieren Datensicherheitsgesetz
  • Rufe nach Öffnung der Grenze werden lauter
  • Strom-Drosselung trifft auch Autobranche
  • Im Portrait: Daimler-CIO Jörg Storm
  • Personalien: Neuer Finanzchef bei Volkswagen China
Liebe Leserin, lieber Leser,

Wasserstoff gilt derzeit als der große Hoffnungsträger für die Energiewende – auch in China. Schon jetzt produziert kein anderes Land der Welt so viel Wasserstoff wie die Volksrepublik. Doch: Hierbei handelt es sich vor allem um “grauen” Wasserstoff. Das soll nun ausgerechnet eine Kohleregion im Norden des Landes ändern. Mit Sonne, Wind und viel Geld will Peking aus der Inneren Mongolei ein Zentrum fürgrünenWasserstoff machen. Frank Sieren zeigt, welche Probleme China auf diesem Weg noch bewältigen muss. Denn innovativ sind in diesem Bereich bislang vor allem europäische Firmen.

Im CEO-Talk schildert Jens Hildebrandt, Chef der Außenhandelskammer (AHK) in Peking die Herausforderungen, vor denen deutsche Unternehmen in China stehen: Reisebeschränkungen wegen Corona, Wettbewerbs- und Innovationsdruck durch chinesische Konkurrenten. Er ruft dazu auf, von Pekings staatlicher Förderung und den mutigen Start-up-Unternehmen der Volksrepublik zu lernen. Sein Motto: “Risiken eingehen und einfach mal was Neues wagen“. Deutschen Unternehmen rät er, sich flexibler und schneller auf chinesische Kundenwünsche einzustellen. In den Bereichen der Industrieautomatisierung und Dekarbonisierung gäbe es noch viel Wachstumspotenzial für Deutschlands “Hidden Champions”.

Ihr
Felix Lee
Bild von Felix  Lee

Analyse

Grüner Wasserstoff aus der Inneren Mongolei

China hat ein Energieprojekt in der inneren Mongolei genehmigt: Hier soll grüner Wasserstoff hergestellt werden. Dort soll das Gas in Zukunft nachhaltig mithilfe von Wind- und Sonnenenergie erzeugt werden. 

Die Anlagen in der Nähe der Städte Ordos und Baotou sollen aus 1,85 Gigawatt Solarenergie und 370 Megawatt Windenergie jährlich 66.900 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren, teilt die chinesische Hydrogen Energy Industry Promotion Association mit. Die Region, in der bislang ein Großteil der chinesischen Kohle abgebaut wird, kommt auf etwa 3.100 Sonnenstunden pro Jahr, die für die Solarenergieerzeugung genutzt werden können. Zudem liegt sie der Route sibirischer Kontinentalwinde. Windrädern erbringen hier zusätzlich eine erhebliche Leistung.

Schon Mitte 2023 sollen die Anlagen betriebsbereit sein. Es ist die bisher größte Anlage in der Volksrepublik und eine der größten der Welt. Die genauen Kosten sind noch nicht bekannt. Klar ist jedoch, dass es sich um die bislang größte staatliche Wasserstoffunternehmung Chinas handelt.

Das Mega-Projekt in der Inneren Mongolei könnte, so schätzt Bloomberg, genügend Wasserstoff produzieren, um etwa 680 Millionen Liter Benzin pro Jahr zu ersetzen, wenn es für Brennstoffzellenfahrzeuge verwendet würde – und diese Brennstoffzellenfahrzeuge will China vor allem im Schwerlastverkehr einsetzen. Wasserstoff-Fahrzeuge werden 2050 bereits ein Drittel der Lastwagen ausmachen, schätzt die Analystin Elaine Wu von der US-Investmentbank JP Morgan. Derzeit seien es erst fünf Prozent.

China günstig, Europa innovativ

Allerdings birgt das Mega-Projekt auch ein Problem: Allein der Bau dieser einen Mega-Anlage könnte zu einer ernsthaften Verknappung der weltweit verfügbaren Elektrolyseure führen. Im Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseur wird in einer chemischen Reaktion der Elektrolyse destilliertes Wasser mithilfe von Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Die geplante Anlage wird Elektrolyseure mit einer Kapazität von 465 Megawatt benötigen. Allerdings betrug im vergangenen Jahr die weltweite Produktion nur 200 Megawatt.

Eine der führenden Unternehmen auf diesem Gebiet ist die deutsche Linde AG. Sie baut derzeit den größten PEM (Proton Exchange Membrane) Elektrolyseur der Welt in Leuna mit 24 Megawatt. Die bisher größte Anlage mit 20 Megawatt steht in Bécancour, im kanadischen Quebec. Sie wurde von dem französischen Unternehmen Air Liquide hergestellt. Der größte Hersteller weltweit ist das norwegische Unternehmen NEL.

China und Europa befinden sich in diesem Bereich derzeit in einem Wettbewerb: Während China die billigsten Elektrolyseure der Welt herstellt, ist Europa führend bei innovativen Technologien, die besser geeignet sind, grünen Wasserstoff zu erzeugen. Nach Schätzungen der Nachrichtenagentur Bloomberg können chinesische Hersteller inzwischen alkalische Elektrolyseure für 200 US-Dollar pro Kilowatt verkaufen – 80 Prozent billiger als europäische Maschinen desselben Typs. Die eigenen sich aber nicht für Strom aus erneuerbaren Energien, weil sie nicht so gut mit unterschiedlichen Stromlasten arbeiten. 

Chance für die Energiewende

Wasserstoff gilt derzeit als der große Hoffnungsträger für die Energiewende – auch in China, dessen Regierung sich vorgenommen hat, das Land bis 2060 klimaneutral zu machen. Peking erwartet, dass Wasserstoff bis 2050 einen Anteil von zehn Prozent an der Energieversorgung haben wird. Wasserstoff, der immer chemisch gebunden ist und nicht in Reinform vorkommt, lässt sich durch Elektrolyse aus Wasser erzeugen und wie Erdgas in Tanks speichern. Beim Verbrennen entstehen als Rückstand Wasser und Energie, jedoch keine direkten CO2-Emissionen.

Schon heute ist China führend bei der Wasserstoffproduktion. Die Chinesen stellen rund 40 Prozent des weltweiten Wasserstoffes her. Ende August hat allein Great Wall Motors eine Flotte von 100 Wasserstofflastwagen für das Bauprojekt Xiong’an New Area Construction in der Provinz Hebei geliefert. Nach Herstellerangaben sind sie inzwischen knapp 30 Prozent billiger als herkömmliche Dieselfahrzeuge. Allein die Stadt Peking will bis 2025 rund 10.000 Wasserstofffahrzeuge auf der Straße haben, die von 74 Füllstationen versorgt werden.

Ende 2020 gab es in China rund 7.300 Fahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzellen, die meisten davon Nutzfahrzeuge. Doch das Ministry of Industry and Information Technology (MIIT) hat große Pläne: Bis 2025 sollen es chinaweit zwischen 50.000 und 100.000 Fahrzeuge sein, im Jahr 2030 dann schon eine Million – und mindestens 1000 Füllstationen. Bis zum Jahr 2050 soll das Gas dann mit einem jährlichen Produktionswert von über zwölf Billionen Yuan das Rückgrat der chinesischen Energiewirtschaft bilden.

Grüner Wasserstoff bleibt rar

Das größte Problem bis dahin: Wasserstoff ist nur dann wirklich sinnvoll, wenn er grün ist, also aus Sonnen-, Wasser- oder Windenergie hergestellt wird. Doch bisher wird der meiste Wasserstoff noch “grau” hergestellt, also aus Gas. 67 Prozent der 25 Millionen metrischen Tonnen Wasserstoff, die pro Jahr in China hergestellt werden, entstehen auf Basis von fossiler Energie, erst drei Prozent aus erneuerbaren Energien. Chinas Wasserstoffproduktion basiert bislang jedoch vor allem auf Methan-Umwandlung aus Kohle, die im Land reich verfügbar ist. “Grüner Wasserstoff” der mithilfe von erneuerbaren Energiequellen wie Wasser, Wind und Sonnenenergie gewonnen wird, ist bislang noch sehr teuer und mit hohem Energieaufwand verbunden. Auch die Lagerung und der Transport des hochentzündlichen Stoffs stellt die Entwickler vor Herausforderungen.  

Bislang hat die chinesische Regierung öffentliche Mittel in Höhe von 20 Milliarden Dollar für Wasserstoffprojekte zur Verfügung gestellt. Während in China dreiundfünfzig Großprojekte angekündigt wurden, die erneuerbare Energien mit Wasserstoff kombinieren, sind die meisten vor allem für die Stromerzeugung geplant. Die oftmals nur geringfügige Wasserstoffkomponente dient bisweilen nur als Zugeständnis, um eine staatliche Genehmigung zum Bau zu erhalten, erklärt ein Experte gegenüber Bloomberg

Die bisher größten chinesischen Projekte mit grünem Wasserstoff stammen von staatlichen Industriegiganten wie Sinopec oder der Ningxia Baofeng Energy Group, die in diesem Jahr ein 150-Megawatt-Solar-Elektrolyseur-Array fertigstellen wird. Die China Baowu Steel Group hat Pläne für 1,5-Gigawatt-Elektrolyseure mit erneuerbaren Energien angekündigt, jedoch ohne einen Zeitplan anzugeben.

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“Es geht zunehmend auch um das Management von Risiken”

Jens Hildebrandt AHK Peking
Jens Hildebrandt, Chef der AHK in Peking

Jens Hildebrandt, 43, hat sein Berufsleben einer Frage gewidmet: Wie können deutsche Unternehmen in China erfolgreich sein? Das hat ihn schon während des Sinologie- und Politikstudiums in Leipzig, Peking und Hongkong interessiert. Seit 2007 ist er im Netzwerk der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) unterwegs. Hildebrandt war Leiter des Ostasien-Referats des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) in Berlin. Als Leiter des AHK-Büros in Guangzhou wurde ihm dann klar, wie die Volksrepublik die Zukunft gestalten will. Seit 2018 ist Hildebrandt AHK-Chef und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer für Nordchina in Peking. Seit 2020 außerdem Asien-Pazifik-Koordinator des Asien-Pazifik-Ausschusses (APA) der Deutschen Wirtschaft. Die Corona-Pandemie stellte ihn zuletzt vor ganz neue Herausforderungen.

Herr Hildebrandt, infolge der Corona-Pandemie hat die AHK Charter-Flüge nach China organisiert. Wie ist die Idee zu den Flügen entstanden, die ja weiterhin der wichtigste Weg sind, um aus Deutschland nach China zu gelangen?

Wie viele Ideen ist auch diese aus der Not entstanden. Im Frühjahr 2020 haben die deutschen Unternehmen ihre Mitarbeiter und deren Familien nicht mehr nach China reinbekommen. China hatte ja wegen Corona seine Grenzen weitgehend dichtgemacht. Also haben wir nach einer pragmatischen Lösung gesucht und verschiedene Konzepte gemeinsam mit der Botschaft durchgespielt.

Dabei ging es vor allem um zwei Fragen, die wir gegeneinander abwägen mussten: Wie können wir den chinesischen Behörden ein Gefühl der Sicherheit bei ihrer Null-Prozent-Infektionsstrategie vermitteln? Und: Wie können wir die Einreise für die Deutschen dennoch ermöglichen und so angenehm wie möglich gestalten? Damals haben wir uns allerdings noch nicht vorstellen können, dass diese Reiseeinschränkungen für so lange Zeit in Kraft sein würden. In diesem Jahr haben wir bereits sechs Charterflüge nach China bringen können. Im vergangenen Jahr waren es 14. 

Dennoch konnten Sie nur einen Teil der Menschen nach China holen, die eigentlich nach China müssten. 

Ja. Nur in ganz dringenden Fällen bekommen Deutsche ein Visum. Die Reiserestriktionen bereiten unseren Unternehmen immer größere Kopfschmerzen. Sie verhindern weitere Investitionen und Kooperationen. Maschinen stehen still, weil die Ingenieure, die sie warten oder installieren, nicht ins Land kommen. Die Lage wird immer komplizierter. Zahlreiche chinesische Unternehmen sagen inzwischen: Es tut uns leid. Wenn ihr es nicht schafft, eure Ingenieure reinzubekommen, dann müssen wir leider zu chinesischen Wettbewerbern wechseln. Die können uns vor Ort versorgen. 

Wann wird sich das ändern?

Es sieht nicht so aus, dass es sich vor den Olympischen Winterspielen in der Nähe von Peking Anfang nächsten Jahres noch ändern wird. Der Volkskongress, das chinesische Parlament, wird danach im März tagen und im Herbst nächsten Jahres steht ein wichtiger Parteitag an. Ich habe Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass China davor große Lockerungen einführen wird bei den Restriktionen. Andererseits kann sich China nicht auf Dauer von der Außenwelt abschließen, zumal der Binnenkonsum eben noch nicht ganz auf das Vor-Corona-Niveau zurückgekehrt ist. 

Allerdings konnte kein anderes Land so schnell zur wirtschaftlichen Normalität zurückkehren. Im vergangenen Jahr war China die einzige große Volkswirtschaft weltweit, die positive Wachstumszahlen schreiben konnte. Und auch dieses Jahr sieht es gut aus.

Ja. Die Frage ist nur, wie nachhaltig ist eine Politik, die jedes Mal, wenn es einen kleinen Ausbruch gibt, in den lokalen Lockdown geht und landesweit die Reisebeschränkungen verschärft. Es trifft ja nicht nur ausländische Unternehmen. Zahlreiche chinesische Unternehmen haben internationale Strategien, die zentral für ihr Geschäft sind. Auch denen fehlt der weltweite Austausch sehr. Gleichzeitig ist das Konsumentenvertrauen in die Covid-Politik noch nicht zurückgekehrt und beschert im Einzelhandelsabsatz schwache Zahlen.

Steckt auch ein wenig Absicht dahinter? Nach dem Motto: Jetzt machen wir aus der Not eine Tugend und schauen mal, wie weit China alleine kommt?

Da ist etwas dran. Allerdings ist das nur eines der Ziele Pekings. Ein anderes wichtiges Ziel: Man möchte ein ausreichend hohes Wirtschaftswachstum erreichen. Und ich bin sicher, dass man in einem solchen Test nicht mehr zulassen würde, sodass das Wachstum stark einbricht. Mein Eindruck ist deshalb: In der chinesischen Politik setzt sich allmählich die Einsicht durch, dass es ohne Austausch nicht geht, wenn China sein Wachstum halten will.

Das wiederum bedeutet: China wird gleichzeitig vom Partner immer mehr zum Wettbewerber. 

Darauf müssen wir uns einstellen. Auch, wenn das in Deutschland zuweilen auf Unverständnis stößt. Wir müssen lernen, zu verstehen, dass China nie nur das eine oder das andere ist. Diejenigen, die China nur für einen Wettbewerber halten oder gar einen Rivalen, schüren Ängste. Diejenigen, die in China nur einen Partner sehen, sind naiv. Dies auszubalancieren wird eine immer größere Herausforderung auch für uns, zumal China noch lange unser wichtigster Zukunftsmarkt sein wird. Für die Unternehmen, aber auch für uns, die Auslandshandelskammern. 

Was müssen wir im Umgang mit China sonst noch lernen? 

In Deutschland hat man erstens noch nicht in vollem Umfang verstanden, welche tiefgreifende Innovationsschübe China schon heute hervorbringt. Und zweitens: Dass Staat und Wirtschaft so eng verwoben sind, hat nicht nur Nachteile, Stichwort “Staatswirtschaft”, sondern eben auch Vorteile, Stichwort “staatliche Innovationsförderung”. Aus Sicht der Wettbewerbssituation ist das schlecht, da eine zu starke Subventionierung chinesischer Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil bedeutet. Dagegen partizipieren und profitieren deutsche Unternehmen auch hier von der Wirtschaftskraft, die die Innovation hervorbringt. Gleichzeitig entstehen eben Firmen, die uns auch in den Branchen, in denen wir noch stark sind, überholen wollen. 

Dass haben Sie hautnah erlebt, als sie einige Jahre in Guangzhou im Süden Chinas gearbeitet haben. Eine Region, die als das neue Silicon Valley gilt. 

Was man nie mehr vergisst, wenn man dort gelebt hat, ist die Geschwindigkeit, mit der China immer innovativer wird. Das können wir uns im Westen kaum vorstellen. Und es sind nicht nur die Unternehmen und Forschungseinrichtungen, sondern auch die Kunden mit ihren Wünschen und Vorlieben. Da reagieren unsere Unternehmen teils noch zu langsam.

Meine Zeit in Südchina hat mir jedenfalls die Augen geöffnet. Die Mischung aus kluger staatlicher Förderung und mutigen, schnellen Start-up-Unternehmern ist einmalig. Diese Mischung ist zwar ein chinesisches Modell, aber wir sollten sie uns dennoch genauer anschauen und versuchen, davon zu lernen. Dabei stehen zwei Fragen im Vordergrund: Wie kann der Staat in Deutschland Innovation unterstützen? Und wie können die Unternehmen selbst in ihren Innovationszyklen schneller und wendiger werden?

Was fehlt der deutschen Wirtschaft noch?

Es ist vor allem dieser Try-and-Error-Spirit, den wir noch ausbauen könnten: Risiken eingehen. Einfach mal was Neues wagen. Den Mut haben, auch mal was falsch zu machen und dann dafür auch die zeitlichen und finanziellen Kosten zu akzeptieren, als Teil eines Entwicklungsprozesses. Dieser Spirit ist in China verbreiteter als in den USA. Und in den USA verbreiteter als Europa. An dieser Stelle können wir noch nachbessern. 

Wie sind Sie eigentlich nach China gekommen?

Ich war mit 18 Jahren auf einem Schüleraustausch in Japan. Da hat mich die asiatische Kultur zu interessieren begonnen. Aber Japan steckte zu dieser Zeit in einer tiefen Rezession und war ziemlich angeschlagen. Ich habe dann geschaut, welche Länder in der Region Entwicklungspotenzial haben und bin, wen wundert es, auf China gestoßen. Also habe ich Sinologie zu studieren begonnen …

… ein Nischenfach. Damit sind Sie doch bestimmt auf große Skepsis gestoßen in ihrer Umgebung. Warum haben Sie weitergemacht?

Ja, das war so. Ich habe aber nicht aufgehört, weil ich fand, dass “Nische” nicht die angemessene Bezeichnung ist, um China zu beschreiben. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich China entwickelt, war mir schnell klar, dass es in allen strategischen globalen Fragen, keinen Weg vorbei an China gibt. Wir werden immer enger mit China zusammenarbeiten müssen und sich mit China zu beschäftigen, wird immer spannender. 

Sie haben als Kind die DDR noch erlebt. War das nicht ein Grund, sich nicht mit China zu beschäftigen? 

Ich war damals noch zu jung, um jetzt einen Systemvergleich anzustellen. Ich war ja zwölf als die Mauer aufging. Ich kann mich eigentlich nur noch an die roten Parolen erinnern, die es ja hier in China auch noch gibt. Mit Sprüchen wie: “Tragt dazu bei, eure Stadt schöner zu gestalten. Viele Grüße, die Kommunistische Partei.”

Kann man die Systeme vergleichen?

Kann man. Die Frage ist nur, was das bringt. Das wirtschaftliche System der DDR hat am Ende dazu geführt, dass sich die DDR selbst abgeschafft hat. Das kann man von China ja nicht wirklich behaupten. 

Und politisch?

Da würde ich mich eher auf die Eigenheiten des chinesischen Systems konzentrieren wollen: Es ist ein autoritäres System, dass sich zunehmend auf eine Person konzentriert, die die Zügel auch in der Partei wieder anzieht. 

Der Spielraum der Zivilgesellschaft wird also kleiner? 

Es war schon ein anderes in Peking als ich vor 20 Jahren zum ersten Mal zum Studieren hier war. Es war natürlich weniger entwickelt, allerdings andererseits auch viel freier in seiner Kreativität, in der Kunstszene, der Musikszene. Vieles ist verschwunden. Und die, die geblieben sind, agieren viel vorsichtiger. Kurz: Das Leben ist heute komfortabler als vor 20 Jahren, aber es hat deutlich an Freiheit und Flexibilität eingebüßt. Die Einschränkungen der Zivilgesellschaft gehen Hand in Hand mit dem nun größeren Spielraum der Parteiführung. 

Also folgt der wirtschaftlichen Öffnung nicht die politische Öffnung? 

Leider nicht. Den Trend gab es früher einmal, aber den sehe ich nun für die nächste 20 Jahre nicht. Der Staat und die Partei haben die Zügel zunehmend fest in der Hand und solange es ihnen weiterhin gelingt, Wohlstandszuwachs für die Bevölkerung zu erzielen, wird das China, wie wir es kennen, weiter existieren. 

Haben Sie angesichts der politischen Entwicklung Ihre Entscheidung je bereut, Sinologie zu studieren?

Nein, mein Job macht mir viel Spaß. Ich lerne viel. Jeden Tag müssen wir uns hier in der Kammer von neuem fragen: Wie hat sich die Lage in diesem schnell wachsenden Land verändert. Mit wem müssen wir zu welchem Thema sprechen? Wer ist zuständig? Wer ist nicht zuständig, hat aber Einfluss? Und welchen Ton schlagen wir bei wem an?

Wird es nun riskanter in China zu investieren?

Das kann man so pauschal nicht sagen: Die Ausgangslage ist für die Unternehmen komplizierter als vor 20 oder 30 Jahren, da eine Politisierung der Wirtschaftsbeziehungen im vollen Gange ist. Es geht nicht nur mehr um wirtschaftlichen Erfolg und Chancen, sondern zunehmend auch um das Management von Risiken. Chancen und Abhängigkeiten sind zwei Seiten einer Medaille. Die Frage ist: Wie kann ich Chancen nutzen und gleichzeitig die Abhängigkeiten überschaubar bleiben lassen. Das ist eine besonders schwierige Frage in Branchen wie dem Maschinenbau oder der Autoindustrie, bei denen rund 30 Prozent des weltweiten Geschäftes in China liegen. Tendenz steigend. Die Unternehmen werden auf jeden Fall mehr in Risiko- und Compliance-Management investieren müssen.

Welche Fragen stellen sich da?

Eine lautet, ob chinesische oder westliche Unternehmen gleichbehandelt werden – Stichwort “Dual Circulation” – und wie lange und in welcher Weise deutsche Unternehmen von dem Aufstieg Chinas profitieren.

Und?

Wir werden Einschnitte in manche Branchen haben – vor allem in sicherheitsrelevanten Bereichen. In anderen Industrien werden sich neue Möglichkeiten öffnen. Vor 20 Jahren hatten ausländische Unternehmen einen Marktanteil von 60 Prozent. Inzwischen wird der Markt von chinesischen Playern kontrolliert. Wir liefern allenfalls noch zu. Im Bereich der Industrieautomatisierung und Dekarbonisierung andererseits, da tun sich noch große Chancen auf. China ist und bleibt für die meisten Branchen der Wachstumsmarkt der Zukunft. 

Noch ist VW der erfolgreichste Autohersteller Chinas. Wird das so bleiben?

Das hängt von der Innovationskraft der Autohersteller generell ab und im Besonderen von der Frage, wie schnell es ihnen gelingen wird, sich auf die chinesischen Kundenwünsche einzustellen. Das ist je generell ein wunder Punkt, bei dem deutsche Unternehmen noch nachlegen müssen. Klar ist: die chinesischen Wettbewerber holen auf. Schneller als wir alle geglaubt haben und noch glauben. Gleichzeitig gilt, die deutschen Unternehmen scheuen keinen Wettbewerb, solange er fair ist und alle Marktteilnehmer sich an die gleichen Regeln halten müssen.

Leidet der Ruf der deutschen Wirtschaft in China angesichts der politischen Spannungen? 

Der Ruf der deutschen Wirtschaft ist ausgezeichnet. Wir haben hier in den vergangenen 30 Jahren über eine Million Arbeitsplätze geschaffen, haben zum Wachstum der chinesischen Wirtschaft beigetragen. Vor allem der deutsche Mittelstand ist hoch angesehen. Die Hidden Champions werden mit dem Label “Made in Germany” eng verbunden. Auch im Chinageschäft sind die kleinen und mittelständischen Unternehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Wir haben über 5.000 deutsche Unternehmen hier in China. Die allermeisten sind kleine und mittelständische Unternehmen. Made in Germany hat also weiterhin einen guten Ruf, obwohl der Ruf des Westens insgesamt vor allem in den vergangenen zwei Jahren doch schon an Kraft verloren hat.

Die Wahrnehmung Chinas in Deutschland und im Westen insgesamt hat sich hingegen verändert. Man ist kritischer, skeptischer geworden gegenüber China.

Das ist so. Dazu trägt China sicher auch selbst bei, aber vor allem fehlt uns der Austausch in den vergangenen Jahren. Die Reisen von Entscheidern, von Politikern, hohen Beamten und CEOs auf beiden Seiten fehlen. Aber auch die Reisen auf der Arbeitsebene. Das führt dazu, dass das gegenseitige Verständnis abnimmt. Das ist ein ernstes Problem. Das Bild voneinander wird zunehmend von Befürchtungen, ja sogar Ängsten, geprägt, die sich verstärken, weil man noch so wenig übereinander weiß. 

Welche Rolle spielt dabei die Innenpolitik Chinas, die die Zügel anzieht?

Diese Politik macht es nicht einfacher und führt neben dem geringeren Austausch und dem geringer werdenden Wissen übereinander auch noch dazu, dass der Spagat zwischen wirtschaftlichem Erfolg und politischen Risiken für ausländische Unternehmen vor Ort immer größer wird. Der Instrumentenkasten der chinesischen Regierung, um sich handelspolitisch wehren zu können, wächst mit jedem Monat. Und der Konflikt mit den USA ist noch längst nicht vom Tisch, genauso wenig wie die Reibungen mit der Europäischen Union. 

Das klingt nicht sehr zuversichtlich. Was können deutsche Unternehmen in dieser Lage machen?

Für die Unternehmen ist das schwierig. Sie können nur wenig ändern. Aber sie müssen ein umfassenderes Risikomanagement betreiben, weil die politischen Konflikte immer stärker ins Geschäft hineinstrahlen. Klar ist: China lässt sich immer weniger gefallen und die USA wollen ihre Macht nicht teilen. Europa und Deutschland werden zunehmend ihre eigenen Interessen definieren und verteidigen. Die Frage, die sich die Unternehmen nun stellen müssen: Was könnte das für mein Geschäft bedeuten? Zumal China wahrscheinlich noch sehr lange der wichtigste Wachstumsmarkt und der wichtigste Handelspartner der Deutschen bleiben wird. Die Unternehmen arbeiten an neuen China-Strategien für die nächsten fünf bis zehn Jahre.   

In Deutschland beginnen gerade die Koalitionsverhandlungen. Was erwarten Sie von der neuen Bundesregierung?

Aus Sicht der Wirtschaft: Dass sie erst einmal einen Dialog mit der deutschen Wirtschaft über China führt, um sich über die jeweiligen Entwicklungsziele auszutauschen. Wichtig ist auch, festzulegen, welche Kooperationen mit China wir in Zukunft weiter betreiben wollen und welche vielleicht nicht und was unsere Ziele dabei sind. Gleichzeitig braucht es mehr Dialog und klare Spielregeln im Umgang mit China. Dazu gehört auch, rote Linien zu setzen. Aber die roten Linien dürfen kein politischer Selbstzweck sein oder nur dazu dienen, innenpolitische Stimmungen zu bedienen. Sie sollten vor allem ein Ziel haben, sich mit einer Frage beschäftigen: Wie können beide Seiten nachhaltiger zusammenarbeiten?

Das ganze Interview können Sie hier als Video sehen.

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News

China baut Quarantäne-Zentren für Einreisende

Chinas Gesundheitsbehörden haben die Städte der Volksrepublik angewiesen, Quarantäne-Zentren für Einreisende aus dem Ausland zu errichten, wie die South China Morning Post berichtet. Demnach sollen die Stadtregierungen für Quarantänezwecke nicht mehr auf Hotels zurückgreifen, sondern gesonderte Quartiere einrichten. Dafür sei dem Bericht zufolge eine Quote von 20 Betten pro 10.000 Einwohnern der Städte vorgesehen.

Die zentralisierte Quarantäne von Einreisenden spiele eine wichtige Rolle, um die Ausbreitung der Corona-Pandemie zu verhindern, wird ein hochrangiger Gesundheitsbeamter zitiert. Vor allem große Küstenstädte, die viele Ankünfte verzeichnen, sollten große Anlagen errichten, so der Bericht.

In Guangzhou am Perlfluss wird in Kürze ein großes Quarantäne-Zentrum mit mehr als 5.000 Betten eröffnet, so die SCMP. Das Zentrum werde “kontaktlosen Service” anbieten, Drohnen und Roboter würden Essen liefern und die Zimmer desinfizieren. Eine Erweiterung sei schon geplant. Will die 18-Millionen-Einwohner-Stadt die Quote von 20 Betten pro 10.000 Einwohner erzielen, muss sie über 37.000 Räume bereitstellen. In Shenzhen soll demnach ein ähnliches Zentrum errichtet werden. Die Volksrepublik fährt weiterhin eine Null-Toleranz-Strategie gegen die Corona-Pandemie. nib

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Peking legt Details zu Datengesetz vor

Peking hat am Donnerstag einen Entwurf mit Details zu seinem Datensicherheitsgesetz vorgelegt, wie Reuters berichtet. Die Behörden definieren darin, welche Daten als gewöhnliche Daten, wichtige Daten und “Kerndaten” gelten. Gewöhnliche Daten sind demnach solche, die nur minimale Auswirkungen auf die Gesellschaft haben und nur wenige Personen und Unternehmen betreffen. Wichtige Daten seien solche, die eine Bedrohung für Chinas nationale und wirtschaftliche Interessen darstellten. Auch Daten, die die Rechte von Einzelpersonen oder Organisationen beeinträchtigen, werden so definiert.

“Kerndaten” werden definiert als Daten, die eine “ernsthafte Bedrohung” für Chinas nationale und wirtschaftliche Sicherheit und Interessen darstellen. Experten hatten das am 1. September veröffentlichte Datensicherheitsgesetz als zu vage beschrieben und damals kritisiert, dass es keine Definition für die Daten enthalte.

Die Regulierer halten nun zudem fest, dass Organisationen eine Genehmigung brauchen, um “Kerndaten” und wichtige Daten über Landesgrenzen hinweg zu transferieren. Dafür solle ein spezieller Mechanismus eingerichtet werden. Details nannte Reuters dazu nicht. nib

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Bedingungen für Öffnung der Grenzen

Chinas führender Arzt für Atemwegserkrankungen hat sich für eine Öffnung der chinesischen Grenzen in der Corona-Pandemie ausgesprochen, allerdings nur, wenn klare Bedingungen erfüllt seien. Auf Dauer seien die strikten Maßnahmen der Regierung nicht nachhaltig, da sie Chinas Bevölkerung unter großen Stress setzen würden, sagte Zhong Nanshan im Interview mit der Zeitung “Southern People Weekly”.

Zhong nannte in dem Gespräch zwei Punkte: Entscheidend für etwaige Grenzöffnungen sei zum einen das Krankheitsgeschehen in anderen Ländern, zum anderen die Impfquote in China.

Bevor China seine Grenzen wieder öffne, dürften laut Zhong in anderen Ländern nur noch wenige Corona-Fälle auftreten. Als zweite Bedingung müssten mindestens 80 bis 85 Prozent der 1,4 Milliarden Chinesen gegen Corona geimpft seien. Diese Marke könnte nach Zhongs Einschätzung bis Jahresende erreicht werden. Solange die Impfquote nicht 80 Prozent und mehr betrage, sei Vorbeugung weiterhin sehr wichtig.

Wie die Zeitung “South China Morning Post” unter Berufung auf die Covid-19-Taskforce des Staatsrats berichtet, hatten Mitte September rund 1,1 Milliarden Chinesen ihre erste Corona-Impfung erhalten, das entspräche zirka 78 Prozent der Bevölkerung.

China verfolgt bislang eine harte Zero-Covid-Strategie (China.Table berichtete). Mit Massentest, Grenzschließungen und scharfen Quarantäneregeln hat die Regierung eine Ausbreitung der Krankheit weitestgehend verhindert. “China kann aber nicht so weitermachen”, sagt Zhong Nanshan. Covid-19 sei nun mal eine globale Krankheit, sodass China mit dem Rest der Welt zusammenarbeiten müsse, um die Krankheit zu besiegen. Derzeit liege die weltweite Todesrate bei ein bis zwei Prozent der Infizierten – das sei zehn Mal höher als bei einer Grippe. Zhong ist überzeugt: “Wenn die Todesrate niedriger werde, könnte Covid-19 ein Teil der Normalität werden.” rad  

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Stromsperren betreffen Industrie und Haushalte

Mehrere Zulieferer von Apple haben Teile ihrer Produktion in der Volksrepublik eingestellt, weil ihnen der elektrische Strom gesperrt wurde. Grund dafür seien die von der Zentralregierung in Peking erlassenen Vorgaben zur Energieeinsparung. Als Reaktion erklärte der Apple-Zulieferer Unimicron Technology Corp am Sonntag, in drei seiner Betriebe in China würden bis Donnerstag die Bänder stillstehen. Die Auswirkungen seien allerdings begrenzt, da man die Produktion in anderen Fabriken hochfahren werde.

Auch der Konzern Concraft Holding, der unter anderem Teile für iPhone-Kopfhörer herstellt, will bis Donnerstag nichts mehr produzieren und stattdessen auf seinen Lagerbestand zurückgreifen, um die Nachfrage zu bedienen. Die Foxconn-Gesellschaft Eson Precision Engineering legt ihre Bänder gar bis Freitag still, wie die Zeitung “Nikkei” berichtet.

Die Zentralregierung in Peking will den Stromverbrauch im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um drei Prozent reduzieren, um seine Klimaziele zu erreichen – und hat entsprechende Vorgaben an die Provinzen ausgegeben. Die Provinzregierungen hatten ihrerseits die Vorgaben nochmals verschärft. In manchen Provinzen dürfen Einwohner deshalb keine Wasserkocher oder Mikrowellen mehr benutzen, Einkaufszentren müssen früher schließen. In Nordostchina sind auch Haushalte immer öfter von den Abschaltungen betroffen.

Hintergrund ist, dass Chinas Strombedarf immer weiter steigt – im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 um satte 14 Prozent. Seit 2000 ist der Pro-Kopf-Stromverbrauch in der Volksrepublik gar um das Sechsfache angestiegen. Zudem werden mehr als zwei Drittel der Stromnachfrage durch Kohlestrom gedeckt (China.Table berichtete). Als Folge stieg der Anteil Chinas an der weltweiten Kohleverstromung von 50 Prozent im Jahr 2019 auf 53 Prozent.

Schon Ende Mai haben Stromengpässe zu Fabrikschließungen geführt (China.Table berichtete). Damals hatten Stromversorger in der Industriehochburg Guangdong Fabriken aufgefordert, ihren Stromverbrauch zu reduzieren. 17 Städte in der Provinz verhängten daraufhin Beschränkungen für den Stromverbrauch. In einigen Regionen wurden für drei Tage die Fabriken geschlossen. Auch die Nachbarregionen Guangxi und Yunnan kämpften mit Stromengpässen.

Für Auto- und Elektronikkonzerne sind die neuen Zwangspausen ihrer Zulieferfirmen schlechte Nachrichten, kommen sie doch zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Seit Monaten herrscht weltweit eine immense Materialknappheit, besonders elektronische Bauteile sind davon betroffen. rad

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  • Energie
  • Kohle
  • Tesla

Portrait

Personalien

Jan Timm ist seit Beginn des Monats MRP Expert bei Daimler Greater China in Zhenjiang und für die Materialbedarfsplanung mitverantwortlich. Timm war zuvor in verschiedenen Positionen bei der Mercedes Benz AG tätig.

Christian Levin (54) hat seit dem 1. Oktober eine neue Rolle. Seine derzeitige Funktion als President und CEO von Scania wird mit der Funktion als CEO der Traton SE zusammengeführt. Für den Nutzfahrzeug- und Bushersteller, der mehrheitlich zu VW gehört wird Levin unter anderem “weitere Investitionen in China” in den kommenden Jahren überschauen. Levin hat 1994 als Management Trainee bei Scania begonnen und hatte seitdem mehrere Führungspositionen bei Scania inne. Er hat einen Master of Science in Mechanical Engineering vom Royal Institute of Technology in Stockholm. Bevor er im Februar 2021 CEO von Scania wurde, war er zwei Jahre lang Chief Operating Officer (COO) der Traton Group und davor Executive Vice President und Head of Sales & Marketing bei Scania.

Jörg Mull ist zum Executive Vice President der Volkswagen Group China mit Verantwortung für Finanzen ernannt worden. Mull ist seit 2002 bei der Volkswagen AG in unterschiedlichen Positionen in Deutschland, Großbritannien und China tätig.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Grauer Wasserstoff soll grüner werden
    • AHK-Chef Jens Hildebrandt im CEO-Talk
    • Feste Quarantäne-Zentren für Einreisende geplant
    • Behörden konkretisieren Datensicherheitsgesetz
    • Rufe nach Öffnung der Grenze werden lauter
    • Strom-Drosselung trifft auch Autobranche
    • Im Portrait: Daimler-CIO Jörg Storm
    • Personalien: Neuer Finanzchef bei Volkswagen China
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Wasserstoff gilt derzeit als der große Hoffnungsträger für die Energiewende – auch in China. Schon jetzt produziert kein anderes Land der Welt so viel Wasserstoff wie die Volksrepublik. Doch: Hierbei handelt es sich vor allem um “grauen” Wasserstoff. Das soll nun ausgerechnet eine Kohleregion im Norden des Landes ändern. Mit Sonne, Wind und viel Geld will Peking aus der Inneren Mongolei ein Zentrum fürgrünenWasserstoff machen. Frank Sieren zeigt, welche Probleme China auf diesem Weg noch bewältigen muss. Denn innovativ sind in diesem Bereich bislang vor allem europäische Firmen.

    Im CEO-Talk schildert Jens Hildebrandt, Chef der Außenhandelskammer (AHK) in Peking die Herausforderungen, vor denen deutsche Unternehmen in China stehen: Reisebeschränkungen wegen Corona, Wettbewerbs- und Innovationsdruck durch chinesische Konkurrenten. Er ruft dazu auf, von Pekings staatlicher Förderung und den mutigen Start-up-Unternehmen der Volksrepublik zu lernen. Sein Motto: “Risiken eingehen und einfach mal was Neues wagen“. Deutschen Unternehmen rät er, sich flexibler und schneller auf chinesische Kundenwünsche einzustellen. In den Bereichen der Industrieautomatisierung und Dekarbonisierung gäbe es noch viel Wachstumspotenzial für Deutschlands “Hidden Champions”.

    Ihr
    Felix Lee
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    Analyse

    Grüner Wasserstoff aus der Inneren Mongolei

    China hat ein Energieprojekt in der inneren Mongolei genehmigt: Hier soll grüner Wasserstoff hergestellt werden. Dort soll das Gas in Zukunft nachhaltig mithilfe von Wind- und Sonnenenergie erzeugt werden. 

    Die Anlagen in der Nähe der Städte Ordos und Baotou sollen aus 1,85 Gigawatt Solarenergie und 370 Megawatt Windenergie jährlich 66.900 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren, teilt die chinesische Hydrogen Energy Industry Promotion Association mit. Die Region, in der bislang ein Großteil der chinesischen Kohle abgebaut wird, kommt auf etwa 3.100 Sonnenstunden pro Jahr, die für die Solarenergieerzeugung genutzt werden können. Zudem liegt sie der Route sibirischer Kontinentalwinde. Windrädern erbringen hier zusätzlich eine erhebliche Leistung.

    Schon Mitte 2023 sollen die Anlagen betriebsbereit sein. Es ist die bisher größte Anlage in der Volksrepublik und eine der größten der Welt. Die genauen Kosten sind noch nicht bekannt. Klar ist jedoch, dass es sich um die bislang größte staatliche Wasserstoffunternehmung Chinas handelt.

    Das Mega-Projekt in der Inneren Mongolei könnte, so schätzt Bloomberg, genügend Wasserstoff produzieren, um etwa 680 Millionen Liter Benzin pro Jahr zu ersetzen, wenn es für Brennstoffzellenfahrzeuge verwendet würde – und diese Brennstoffzellenfahrzeuge will China vor allem im Schwerlastverkehr einsetzen. Wasserstoff-Fahrzeuge werden 2050 bereits ein Drittel der Lastwagen ausmachen, schätzt die Analystin Elaine Wu von der US-Investmentbank JP Morgan. Derzeit seien es erst fünf Prozent.

    China günstig, Europa innovativ

    Allerdings birgt das Mega-Projekt auch ein Problem: Allein der Bau dieser einen Mega-Anlage könnte zu einer ernsthaften Verknappung der weltweit verfügbaren Elektrolyseure führen. Im Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseur wird in einer chemischen Reaktion der Elektrolyse destilliertes Wasser mithilfe von Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Die geplante Anlage wird Elektrolyseure mit einer Kapazität von 465 Megawatt benötigen. Allerdings betrug im vergangenen Jahr die weltweite Produktion nur 200 Megawatt.

    Eine der führenden Unternehmen auf diesem Gebiet ist die deutsche Linde AG. Sie baut derzeit den größten PEM (Proton Exchange Membrane) Elektrolyseur der Welt in Leuna mit 24 Megawatt. Die bisher größte Anlage mit 20 Megawatt steht in Bécancour, im kanadischen Quebec. Sie wurde von dem französischen Unternehmen Air Liquide hergestellt. Der größte Hersteller weltweit ist das norwegische Unternehmen NEL.

    China und Europa befinden sich in diesem Bereich derzeit in einem Wettbewerb: Während China die billigsten Elektrolyseure der Welt herstellt, ist Europa führend bei innovativen Technologien, die besser geeignet sind, grünen Wasserstoff zu erzeugen. Nach Schätzungen der Nachrichtenagentur Bloomberg können chinesische Hersteller inzwischen alkalische Elektrolyseure für 200 US-Dollar pro Kilowatt verkaufen – 80 Prozent billiger als europäische Maschinen desselben Typs. Die eigenen sich aber nicht für Strom aus erneuerbaren Energien, weil sie nicht so gut mit unterschiedlichen Stromlasten arbeiten. 

    Chance für die Energiewende

    Wasserstoff gilt derzeit als der große Hoffnungsträger für die Energiewende – auch in China, dessen Regierung sich vorgenommen hat, das Land bis 2060 klimaneutral zu machen. Peking erwartet, dass Wasserstoff bis 2050 einen Anteil von zehn Prozent an der Energieversorgung haben wird. Wasserstoff, der immer chemisch gebunden ist und nicht in Reinform vorkommt, lässt sich durch Elektrolyse aus Wasser erzeugen und wie Erdgas in Tanks speichern. Beim Verbrennen entstehen als Rückstand Wasser und Energie, jedoch keine direkten CO2-Emissionen.

    Schon heute ist China führend bei der Wasserstoffproduktion. Die Chinesen stellen rund 40 Prozent des weltweiten Wasserstoffes her. Ende August hat allein Great Wall Motors eine Flotte von 100 Wasserstofflastwagen für das Bauprojekt Xiong’an New Area Construction in der Provinz Hebei geliefert. Nach Herstellerangaben sind sie inzwischen knapp 30 Prozent billiger als herkömmliche Dieselfahrzeuge. Allein die Stadt Peking will bis 2025 rund 10.000 Wasserstofffahrzeuge auf der Straße haben, die von 74 Füllstationen versorgt werden.

    Ende 2020 gab es in China rund 7.300 Fahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzellen, die meisten davon Nutzfahrzeuge. Doch das Ministry of Industry and Information Technology (MIIT) hat große Pläne: Bis 2025 sollen es chinaweit zwischen 50.000 und 100.000 Fahrzeuge sein, im Jahr 2030 dann schon eine Million – und mindestens 1000 Füllstationen. Bis zum Jahr 2050 soll das Gas dann mit einem jährlichen Produktionswert von über zwölf Billionen Yuan das Rückgrat der chinesischen Energiewirtschaft bilden.

    Grüner Wasserstoff bleibt rar

    Das größte Problem bis dahin: Wasserstoff ist nur dann wirklich sinnvoll, wenn er grün ist, also aus Sonnen-, Wasser- oder Windenergie hergestellt wird. Doch bisher wird der meiste Wasserstoff noch “grau” hergestellt, also aus Gas. 67 Prozent der 25 Millionen metrischen Tonnen Wasserstoff, die pro Jahr in China hergestellt werden, entstehen auf Basis von fossiler Energie, erst drei Prozent aus erneuerbaren Energien. Chinas Wasserstoffproduktion basiert bislang jedoch vor allem auf Methan-Umwandlung aus Kohle, die im Land reich verfügbar ist. “Grüner Wasserstoff” der mithilfe von erneuerbaren Energiequellen wie Wasser, Wind und Sonnenenergie gewonnen wird, ist bislang noch sehr teuer und mit hohem Energieaufwand verbunden. Auch die Lagerung und der Transport des hochentzündlichen Stoffs stellt die Entwickler vor Herausforderungen.  

    Bislang hat die chinesische Regierung öffentliche Mittel in Höhe von 20 Milliarden Dollar für Wasserstoffprojekte zur Verfügung gestellt. Während in China dreiundfünfzig Großprojekte angekündigt wurden, die erneuerbare Energien mit Wasserstoff kombinieren, sind die meisten vor allem für die Stromerzeugung geplant. Die oftmals nur geringfügige Wasserstoffkomponente dient bisweilen nur als Zugeständnis, um eine staatliche Genehmigung zum Bau zu erhalten, erklärt ein Experte gegenüber Bloomberg

    Die bisher größten chinesischen Projekte mit grünem Wasserstoff stammen von staatlichen Industriegiganten wie Sinopec oder der Ningxia Baofeng Energy Group, die in diesem Jahr ein 150-Megawatt-Solar-Elektrolyseur-Array fertigstellen wird. Die China Baowu Steel Group hat Pläne für 1,5-Gigawatt-Elektrolyseure mit erneuerbaren Energien angekündigt, jedoch ohne einen Zeitplan anzugeben.

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    “Es geht zunehmend auch um das Management von Risiken”

    Jens Hildebrandt AHK Peking
    Jens Hildebrandt, Chef der AHK in Peking

    Jens Hildebrandt, 43, hat sein Berufsleben einer Frage gewidmet: Wie können deutsche Unternehmen in China erfolgreich sein? Das hat ihn schon während des Sinologie- und Politikstudiums in Leipzig, Peking und Hongkong interessiert. Seit 2007 ist er im Netzwerk der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) unterwegs. Hildebrandt war Leiter des Ostasien-Referats des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) in Berlin. Als Leiter des AHK-Büros in Guangzhou wurde ihm dann klar, wie die Volksrepublik die Zukunft gestalten will. Seit 2018 ist Hildebrandt AHK-Chef und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer für Nordchina in Peking. Seit 2020 außerdem Asien-Pazifik-Koordinator des Asien-Pazifik-Ausschusses (APA) der Deutschen Wirtschaft. Die Corona-Pandemie stellte ihn zuletzt vor ganz neue Herausforderungen.

    Herr Hildebrandt, infolge der Corona-Pandemie hat die AHK Charter-Flüge nach China organisiert. Wie ist die Idee zu den Flügen entstanden, die ja weiterhin der wichtigste Weg sind, um aus Deutschland nach China zu gelangen?

    Wie viele Ideen ist auch diese aus der Not entstanden. Im Frühjahr 2020 haben die deutschen Unternehmen ihre Mitarbeiter und deren Familien nicht mehr nach China reinbekommen. China hatte ja wegen Corona seine Grenzen weitgehend dichtgemacht. Also haben wir nach einer pragmatischen Lösung gesucht und verschiedene Konzepte gemeinsam mit der Botschaft durchgespielt.

    Dabei ging es vor allem um zwei Fragen, die wir gegeneinander abwägen mussten: Wie können wir den chinesischen Behörden ein Gefühl der Sicherheit bei ihrer Null-Prozent-Infektionsstrategie vermitteln? Und: Wie können wir die Einreise für die Deutschen dennoch ermöglichen und so angenehm wie möglich gestalten? Damals haben wir uns allerdings noch nicht vorstellen können, dass diese Reiseeinschränkungen für so lange Zeit in Kraft sein würden. In diesem Jahr haben wir bereits sechs Charterflüge nach China bringen können. Im vergangenen Jahr waren es 14. 

    Dennoch konnten Sie nur einen Teil der Menschen nach China holen, die eigentlich nach China müssten. 

    Ja. Nur in ganz dringenden Fällen bekommen Deutsche ein Visum. Die Reiserestriktionen bereiten unseren Unternehmen immer größere Kopfschmerzen. Sie verhindern weitere Investitionen und Kooperationen. Maschinen stehen still, weil die Ingenieure, die sie warten oder installieren, nicht ins Land kommen. Die Lage wird immer komplizierter. Zahlreiche chinesische Unternehmen sagen inzwischen: Es tut uns leid. Wenn ihr es nicht schafft, eure Ingenieure reinzubekommen, dann müssen wir leider zu chinesischen Wettbewerbern wechseln. Die können uns vor Ort versorgen. 

    Wann wird sich das ändern?

    Es sieht nicht so aus, dass es sich vor den Olympischen Winterspielen in der Nähe von Peking Anfang nächsten Jahres noch ändern wird. Der Volkskongress, das chinesische Parlament, wird danach im März tagen und im Herbst nächsten Jahres steht ein wichtiger Parteitag an. Ich habe Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass China davor große Lockerungen einführen wird bei den Restriktionen. Andererseits kann sich China nicht auf Dauer von der Außenwelt abschließen, zumal der Binnenkonsum eben noch nicht ganz auf das Vor-Corona-Niveau zurückgekehrt ist. 

    Allerdings konnte kein anderes Land so schnell zur wirtschaftlichen Normalität zurückkehren. Im vergangenen Jahr war China die einzige große Volkswirtschaft weltweit, die positive Wachstumszahlen schreiben konnte. Und auch dieses Jahr sieht es gut aus.

    Ja. Die Frage ist nur, wie nachhaltig ist eine Politik, die jedes Mal, wenn es einen kleinen Ausbruch gibt, in den lokalen Lockdown geht und landesweit die Reisebeschränkungen verschärft. Es trifft ja nicht nur ausländische Unternehmen. Zahlreiche chinesische Unternehmen haben internationale Strategien, die zentral für ihr Geschäft sind. Auch denen fehlt der weltweite Austausch sehr. Gleichzeitig ist das Konsumentenvertrauen in die Covid-Politik noch nicht zurückgekehrt und beschert im Einzelhandelsabsatz schwache Zahlen.

    Steckt auch ein wenig Absicht dahinter? Nach dem Motto: Jetzt machen wir aus der Not eine Tugend und schauen mal, wie weit China alleine kommt?

    Da ist etwas dran. Allerdings ist das nur eines der Ziele Pekings. Ein anderes wichtiges Ziel: Man möchte ein ausreichend hohes Wirtschaftswachstum erreichen. Und ich bin sicher, dass man in einem solchen Test nicht mehr zulassen würde, sodass das Wachstum stark einbricht. Mein Eindruck ist deshalb: In der chinesischen Politik setzt sich allmählich die Einsicht durch, dass es ohne Austausch nicht geht, wenn China sein Wachstum halten will.

    Das wiederum bedeutet: China wird gleichzeitig vom Partner immer mehr zum Wettbewerber. 

    Darauf müssen wir uns einstellen. Auch, wenn das in Deutschland zuweilen auf Unverständnis stößt. Wir müssen lernen, zu verstehen, dass China nie nur das eine oder das andere ist. Diejenigen, die China nur für einen Wettbewerber halten oder gar einen Rivalen, schüren Ängste. Diejenigen, die in China nur einen Partner sehen, sind naiv. Dies auszubalancieren wird eine immer größere Herausforderung auch für uns, zumal China noch lange unser wichtigster Zukunftsmarkt sein wird. Für die Unternehmen, aber auch für uns, die Auslandshandelskammern. 

    Was müssen wir im Umgang mit China sonst noch lernen? 

    In Deutschland hat man erstens noch nicht in vollem Umfang verstanden, welche tiefgreifende Innovationsschübe China schon heute hervorbringt. Und zweitens: Dass Staat und Wirtschaft so eng verwoben sind, hat nicht nur Nachteile, Stichwort “Staatswirtschaft”, sondern eben auch Vorteile, Stichwort “staatliche Innovationsförderung”. Aus Sicht der Wettbewerbssituation ist das schlecht, da eine zu starke Subventionierung chinesischer Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil bedeutet. Dagegen partizipieren und profitieren deutsche Unternehmen auch hier von der Wirtschaftskraft, die die Innovation hervorbringt. Gleichzeitig entstehen eben Firmen, die uns auch in den Branchen, in denen wir noch stark sind, überholen wollen. 

    Dass haben Sie hautnah erlebt, als sie einige Jahre in Guangzhou im Süden Chinas gearbeitet haben. Eine Region, die als das neue Silicon Valley gilt. 

    Was man nie mehr vergisst, wenn man dort gelebt hat, ist die Geschwindigkeit, mit der China immer innovativer wird. Das können wir uns im Westen kaum vorstellen. Und es sind nicht nur die Unternehmen und Forschungseinrichtungen, sondern auch die Kunden mit ihren Wünschen und Vorlieben. Da reagieren unsere Unternehmen teils noch zu langsam.

    Meine Zeit in Südchina hat mir jedenfalls die Augen geöffnet. Die Mischung aus kluger staatlicher Förderung und mutigen, schnellen Start-up-Unternehmern ist einmalig. Diese Mischung ist zwar ein chinesisches Modell, aber wir sollten sie uns dennoch genauer anschauen und versuchen, davon zu lernen. Dabei stehen zwei Fragen im Vordergrund: Wie kann der Staat in Deutschland Innovation unterstützen? Und wie können die Unternehmen selbst in ihren Innovationszyklen schneller und wendiger werden?

    Was fehlt der deutschen Wirtschaft noch?

    Es ist vor allem dieser Try-and-Error-Spirit, den wir noch ausbauen könnten: Risiken eingehen. Einfach mal was Neues wagen. Den Mut haben, auch mal was falsch zu machen und dann dafür auch die zeitlichen und finanziellen Kosten zu akzeptieren, als Teil eines Entwicklungsprozesses. Dieser Spirit ist in China verbreiteter als in den USA. Und in den USA verbreiteter als Europa. An dieser Stelle können wir noch nachbessern. 

    Wie sind Sie eigentlich nach China gekommen?

    Ich war mit 18 Jahren auf einem Schüleraustausch in Japan. Da hat mich die asiatische Kultur zu interessieren begonnen. Aber Japan steckte zu dieser Zeit in einer tiefen Rezession und war ziemlich angeschlagen. Ich habe dann geschaut, welche Länder in der Region Entwicklungspotenzial haben und bin, wen wundert es, auf China gestoßen. Also habe ich Sinologie zu studieren begonnen …

    … ein Nischenfach. Damit sind Sie doch bestimmt auf große Skepsis gestoßen in ihrer Umgebung. Warum haben Sie weitergemacht?

    Ja, das war so. Ich habe aber nicht aufgehört, weil ich fand, dass “Nische” nicht die angemessene Bezeichnung ist, um China zu beschreiben. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich China entwickelt, war mir schnell klar, dass es in allen strategischen globalen Fragen, keinen Weg vorbei an China gibt. Wir werden immer enger mit China zusammenarbeiten müssen und sich mit China zu beschäftigen, wird immer spannender. 

    Sie haben als Kind die DDR noch erlebt. War das nicht ein Grund, sich nicht mit China zu beschäftigen? 

    Ich war damals noch zu jung, um jetzt einen Systemvergleich anzustellen. Ich war ja zwölf als die Mauer aufging. Ich kann mich eigentlich nur noch an die roten Parolen erinnern, die es ja hier in China auch noch gibt. Mit Sprüchen wie: “Tragt dazu bei, eure Stadt schöner zu gestalten. Viele Grüße, die Kommunistische Partei.”

    Kann man die Systeme vergleichen?

    Kann man. Die Frage ist nur, was das bringt. Das wirtschaftliche System der DDR hat am Ende dazu geführt, dass sich die DDR selbst abgeschafft hat. Das kann man von China ja nicht wirklich behaupten. 

    Und politisch?

    Da würde ich mich eher auf die Eigenheiten des chinesischen Systems konzentrieren wollen: Es ist ein autoritäres System, dass sich zunehmend auf eine Person konzentriert, die die Zügel auch in der Partei wieder anzieht. 

    Der Spielraum der Zivilgesellschaft wird also kleiner? 

    Es war schon ein anderes in Peking als ich vor 20 Jahren zum ersten Mal zum Studieren hier war. Es war natürlich weniger entwickelt, allerdings andererseits auch viel freier in seiner Kreativität, in der Kunstszene, der Musikszene. Vieles ist verschwunden. Und die, die geblieben sind, agieren viel vorsichtiger. Kurz: Das Leben ist heute komfortabler als vor 20 Jahren, aber es hat deutlich an Freiheit und Flexibilität eingebüßt. Die Einschränkungen der Zivilgesellschaft gehen Hand in Hand mit dem nun größeren Spielraum der Parteiführung. 

    Also folgt der wirtschaftlichen Öffnung nicht die politische Öffnung? 

    Leider nicht. Den Trend gab es früher einmal, aber den sehe ich nun für die nächste 20 Jahre nicht. Der Staat und die Partei haben die Zügel zunehmend fest in der Hand und solange es ihnen weiterhin gelingt, Wohlstandszuwachs für die Bevölkerung zu erzielen, wird das China, wie wir es kennen, weiter existieren. 

    Haben Sie angesichts der politischen Entwicklung Ihre Entscheidung je bereut, Sinologie zu studieren?

    Nein, mein Job macht mir viel Spaß. Ich lerne viel. Jeden Tag müssen wir uns hier in der Kammer von neuem fragen: Wie hat sich die Lage in diesem schnell wachsenden Land verändert. Mit wem müssen wir zu welchem Thema sprechen? Wer ist zuständig? Wer ist nicht zuständig, hat aber Einfluss? Und welchen Ton schlagen wir bei wem an?

    Wird es nun riskanter in China zu investieren?

    Das kann man so pauschal nicht sagen: Die Ausgangslage ist für die Unternehmen komplizierter als vor 20 oder 30 Jahren, da eine Politisierung der Wirtschaftsbeziehungen im vollen Gange ist. Es geht nicht nur mehr um wirtschaftlichen Erfolg und Chancen, sondern zunehmend auch um das Management von Risiken. Chancen und Abhängigkeiten sind zwei Seiten einer Medaille. Die Frage ist: Wie kann ich Chancen nutzen und gleichzeitig die Abhängigkeiten überschaubar bleiben lassen. Das ist eine besonders schwierige Frage in Branchen wie dem Maschinenbau oder der Autoindustrie, bei denen rund 30 Prozent des weltweiten Geschäftes in China liegen. Tendenz steigend. Die Unternehmen werden auf jeden Fall mehr in Risiko- und Compliance-Management investieren müssen.

    Welche Fragen stellen sich da?

    Eine lautet, ob chinesische oder westliche Unternehmen gleichbehandelt werden – Stichwort “Dual Circulation” – und wie lange und in welcher Weise deutsche Unternehmen von dem Aufstieg Chinas profitieren.

    Und?

    Wir werden Einschnitte in manche Branchen haben – vor allem in sicherheitsrelevanten Bereichen. In anderen Industrien werden sich neue Möglichkeiten öffnen. Vor 20 Jahren hatten ausländische Unternehmen einen Marktanteil von 60 Prozent. Inzwischen wird der Markt von chinesischen Playern kontrolliert. Wir liefern allenfalls noch zu. Im Bereich der Industrieautomatisierung und Dekarbonisierung andererseits, da tun sich noch große Chancen auf. China ist und bleibt für die meisten Branchen der Wachstumsmarkt der Zukunft. 

    Noch ist VW der erfolgreichste Autohersteller Chinas. Wird das so bleiben?

    Das hängt von der Innovationskraft der Autohersteller generell ab und im Besonderen von der Frage, wie schnell es ihnen gelingen wird, sich auf die chinesischen Kundenwünsche einzustellen. Das ist je generell ein wunder Punkt, bei dem deutsche Unternehmen noch nachlegen müssen. Klar ist: die chinesischen Wettbewerber holen auf. Schneller als wir alle geglaubt haben und noch glauben. Gleichzeitig gilt, die deutschen Unternehmen scheuen keinen Wettbewerb, solange er fair ist und alle Marktteilnehmer sich an die gleichen Regeln halten müssen.

    Leidet der Ruf der deutschen Wirtschaft in China angesichts der politischen Spannungen? 

    Der Ruf der deutschen Wirtschaft ist ausgezeichnet. Wir haben hier in den vergangenen 30 Jahren über eine Million Arbeitsplätze geschaffen, haben zum Wachstum der chinesischen Wirtschaft beigetragen. Vor allem der deutsche Mittelstand ist hoch angesehen. Die Hidden Champions werden mit dem Label “Made in Germany” eng verbunden. Auch im Chinageschäft sind die kleinen und mittelständischen Unternehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Wir haben über 5.000 deutsche Unternehmen hier in China. Die allermeisten sind kleine und mittelständische Unternehmen. Made in Germany hat also weiterhin einen guten Ruf, obwohl der Ruf des Westens insgesamt vor allem in den vergangenen zwei Jahren doch schon an Kraft verloren hat.

    Die Wahrnehmung Chinas in Deutschland und im Westen insgesamt hat sich hingegen verändert. Man ist kritischer, skeptischer geworden gegenüber China.

    Das ist so. Dazu trägt China sicher auch selbst bei, aber vor allem fehlt uns der Austausch in den vergangenen Jahren. Die Reisen von Entscheidern, von Politikern, hohen Beamten und CEOs auf beiden Seiten fehlen. Aber auch die Reisen auf der Arbeitsebene. Das führt dazu, dass das gegenseitige Verständnis abnimmt. Das ist ein ernstes Problem. Das Bild voneinander wird zunehmend von Befürchtungen, ja sogar Ängsten, geprägt, die sich verstärken, weil man noch so wenig übereinander weiß. 

    Welche Rolle spielt dabei die Innenpolitik Chinas, die die Zügel anzieht?

    Diese Politik macht es nicht einfacher und führt neben dem geringeren Austausch und dem geringer werdenden Wissen übereinander auch noch dazu, dass der Spagat zwischen wirtschaftlichem Erfolg und politischen Risiken für ausländische Unternehmen vor Ort immer größer wird. Der Instrumentenkasten der chinesischen Regierung, um sich handelspolitisch wehren zu können, wächst mit jedem Monat. Und der Konflikt mit den USA ist noch längst nicht vom Tisch, genauso wenig wie die Reibungen mit der Europäischen Union. 

    Das klingt nicht sehr zuversichtlich. Was können deutsche Unternehmen in dieser Lage machen?

    Für die Unternehmen ist das schwierig. Sie können nur wenig ändern. Aber sie müssen ein umfassenderes Risikomanagement betreiben, weil die politischen Konflikte immer stärker ins Geschäft hineinstrahlen. Klar ist: China lässt sich immer weniger gefallen und die USA wollen ihre Macht nicht teilen. Europa und Deutschland werden zunehmend ihre eigenen Interessen definieren und verteidigen. Die Frage, die sich die Unternehmen nun stellen müssen: Was könnte das für mein Geschäft bedeuten? Zumal China wahrscheinlich noch sehr lange der wichtigste Wachstumsmarkt und der wichtigste Handelspartner der Deutschen bleiben wird. Die Unternehmen arbeiten an neuen China-Strategien für die nächsten fünf bis zehn Jahre.   

    In Deutschland beginnen gerade die Koalitionsverhandlungen. Was erwarten Sie von der neuen Bundesregierung?

    Aus Sicht der Wirtschaft: Dass sie erst einmal einen Dialog mit der deutschen Wirtschaft über China führt, um sich über die jeweiligen Entwicklungsziele auszutauschen. Wichtig ist auch, festzulegen, welche Kooperationen mit China wir in Zukunft weiter betreiben wollen und welche vielleicht nicht und was unsere Ziele dabei sind. Gleichzeitig braucht es mehr Dialog und klare Spielregeln im Umgang mit China. Dazu gehört auch, rote Linien zu setzen. Aber die roten Linien dürfen kein politischer Selbstzweck sein oder nur dazu dienen, innenpolitische Stimmungen zu bedienen. Sie sollten vor allem ein Ziel haben, sich mit einer Frage beschäftigen: Wie können beide Seiten nachhaltiger zusammenarbeiten?

    Das ganze Interview können Sie hier als Video sehen.

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    News

    China baut Quarantäne-Zentren für Einreisende

    Chinas Gesundheitsbehörden haben die Städte der Volksrepublik angewiesen, Quarantäne-Zentren für Einreisende aus dem Ausland zu errichten, wie die South China Morning Post berichtet. Demnach sollen die Stadtregierungen für Quarantänezwecke nicht mehr auf Hotels zurückgreifen, sondern gesonderte Quartiere einrichten. Dafür sei dem Bericht zufolge eine Quote von 20 Betten pro 10.000 Einwohnern der Städte vorgesehen.

    Die zentralisierte Quarantäne von Einreisenden spiele eine wichtige Rolle, um die Ausbreitung der Corona-Pandemie zu verhindern, wird ein hochrangiger Gesundheitsbeamter zitiert. Vor allem große Küstenstädte, die viele Ankünfte verzeichnen, sollten große Anlagen errichten, so der Bericht.

    In Guangzhou am Perlfluss wird in Kürze ein großes Quarantäne-Zentrum mit mehr als 5.000 Betten eröffnet, so die SCMP. Das Zentrum werde “kontaktlosen Service” anbieten, Drohnen und Roboter würden Essen liefern und die Zimmer desinfizieren. Eine Erweiterung sei schon geplant. Will die 18-Millionen-Einwohner-Stadt die Quote von 20 Betten pro 10.000 Einwohner erzielen, muss sie über 37.000 Räume bereitstellen. In Shenzhen soll demnach ein ähnliches Zentrum errichtet werden. Die Volksrepublik fährt weiterhin eine Null-Toleranz-Strategie gegen die Corona-Pandemie. nib

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    Peking legt Details zu Datengesetz vor

    Peking hat am Donnerstag einen Entwurf mit Details zu seinem Datensicherheitsgesetz vorgelegt, wie Reuters berichtet. Die Behörden definieren darin, welche Daten als gewöhnliche Daten, wichtige Daten und “Kerndaten” gelten. Gewöhnliche Daten sind demnach solche, die nur minimale Auswirkungen auf die Gesellschaft haben und nur wenige Personen und Unternehmen betreffen. Wichtige Daten seien solche, die eine Bedrohung für Chinas nationale und wirtschaftliche Interessen darstellten. Auch Daten, die die Rechte von Einzelpersonen oder Organisationen beeinträchtigen, werden so definiert.

    “Kerndaten” werden definiert als Daten, die eine “ernsthafte Bedrohung” für Chinas nationale und wirtschaftliche Sicherheit und Interessen darstellen. Experten hatten das am 1. September veröffentlichte Datensicherheitsgesetz als zu vage beschrieben und damals kritisiert, dass es keine Definition für die Daten enthalte.

    Die Regulierer halten nun zudem fest, dass Organisationen eine Genehmigung brauchen, um “Kerndaten” und wichtige Daten über Landesgrenzen hinweg zu transferieren. Dafür solle ein spezieller Mechanismus eingerichtet werden. Details nannte Reuters dazu nicht. nib

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    Bedingungen für Öffnung der Grenzen

    Chinas führender Arzt für Atemwegserkrankungen hat sich für eine Öffnung der chinesischen Grenzen in der Corona-Pandemie ausgesprochen, allerdings nur, wenn klare Bedingungen erfüllt seien. Auf Dauer seien die strikten Maßnahmen der Regierung nicht nachhaltig, da sie Chinas Bevölkerung unter großen Stress setzen würden, sagte Zhong Nanshan im Interview mit der Zeitung “Southern People Weekly”.

    Zhong nannte in dem Gespräch zwei Punkte: Entscheidend für etwaige Grenzöffnungen sei zum einen das Krankheitsgeschehen in anderen Ländern, zum anderen die Impfquote in China.

    Bevor China seine Grenzen wieder öffne, dürften laut Zhong in anderen Ländern nur noch wenige Corona-Fälle auftreten. Als zweite Bedingung müssten mindestens 80 bis 85 Prozent der 1,4 Milliarden Chinesen gegen Corona geimpft seien. Diese Marke könnte nach Zhongs Einschätzung bis Jahresende erreicht werden. Solange die Impfquote nicht 80 Prozent und mehr betrage, sei Vorbeugung weiterhin sehr wichtig.

    Wie die Zeitung “South China Morning Post” unter Berufung auf die Covid-19-Taskforce des Staatsrats berichtet, hatten Mitte September rund 1,1 Milliarden Chinesen ihre erste Corona-Impfung erhalten, das entspräche zirka 78 Prozent der Bevölkerung.

    China verfolgt bislang eine harte Zero-Covid-Strategie (China.Table berichtete). Mit Massentest, Grenzschließungen und scharfen Quarantäneregeln hat die Regierung eine Ausbreitung der Krankheit weitestgehend verhindert. “China kann aber nicht so weitermachen”, sagt Zhong Nanshan. Covid-19 sei nun mal eine globale Krankheit, sodass China mit dem Rest der Welt zusammenarbeiten müsse, um die Krankheit zu besiegen. Derzeit liege die weltweite Todesrate bei ein bis zwei Prozent der Infizierten – das sei zehn Mal höher als bei einer Grippe. Zhong ist überzeugt: “Wenn die Todesrate niedriger werde, könnte Covid-19 ein Teil der Normalität werden.” rad  

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    Stromsperren betreffen Industrie und Haushalte

    Mehrere Zulieferer von Apple haben Teile ihrer Produktion in der Volksrepublik eingestellt, weil ihnen der elektrische Strom gesperrt wurde. Grund dafür seien die von der Zentralregierung in Peking erlassenen Vorgaben zur Energieeinsparung. Als Reaktion erklärte der Apple-Zulieferer Unimicron Technology Corp am Sonntag, in drei seiner Betriebe in China würden bis Donnerstag die Bänder stillstehen. Die Auswirkungen seien allerdings begrenzt, da man die Produktion in anderen Fabriken hochfahren werde.

    Auch der Konzern Concraft Holding, der unter anderem Teile für iPhone-Kopfhörer herstellt, will bis Donnerstag nichts mehr produzieren und stattdessen auf seinen Lagerbestand zurückgreifen, um die Nachfrage zu bedienen. Die Foxconn-Gesellschaft Eson Precision Engineering legt ihre Bänder gar bis Freitag still, wie die Zeitung “Nikkei” berichtet.

    Die Zentralregierung in Peking will den Stromverbrauch im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um drei Prozent reduzieren, um seine Klimaziele zu erreichen – und hat entsprechende Vorgaben an die Provinzen ausgegeben. Die Provinzregierungen hatten ihrerseits die Vorgaben nochmals verschärft. In manchen Provinzen dürfen Einwohner deshalb keine Wasserkocher oder Mikrowellen mehr benutzen, Einkaufszentren müssen früher schließen. In Nordostchina sind auch Haushalte immer öfter von den Abschaltungen betroffen.

    Hintergrund ist, dass Chinas Strombedarf immer weiter steigt – im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 um satte 14 Prozent. Seit 2000 ist der Pro-Kopf-Stromverbrauch in der Volksrepublik gar um das Sechsfache angestiegen. Zudem werden mehr als zwei Drittel der Stromnachfrage durch Kohlestrom gedeckt (China.Table berichtete). Als Folge stieg der Anteil Chinas an der weltweiten Kohleverstromung von 50 Prozent im Jahr 2019 auf 53 Prozent.

    Schon Ende Mai haben Stromengpässe zu Fabrikschließungen geführt (China.Table berichtete). Damals hatten Stromversorger in der Industriehochburg Guangdong Fabriken aufgefordert, ihren Stromverbrauch zu reduzieren. 17 Städte in der Provinz verhängten daraufhin Beschränkungen für den Stromverbrauch. In einigen Regionen wurden für drei Tage die Fabriken geschlossen. Auch die Nachbarregionen Guangxi und Yunnan kämpften mit Stromengpässen.

    Für Auto- und Elektronikkonzerne sind die neuen Zwangspausen ihrer Zulieferfirmen schlechte Nachrichten, kommen sie doch zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Seit Monaten herrscht weltweit eine immense Materialknappheit, besonders elektronische Bauteile sind davon betroffen. rad

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    Portrait

    Personalien

    Jan Timm ist seit Beginn des Monats MRP Expert bei Daimler Greater China in Zhenjiang und für die Materialbedarfsplanung mitverantwortlich. Timm war zuvor in verschiedenen Positionen bei der Mercedes Benz AG tätig.

    Christian Levin (54) hat seit dem 1. Oktober eine neue Rolle. Seine derzeitige Funktion als President und CEO von Scania wird mit der Funktion als CEO der Traton SE zusammengeführt. Für den Nutzfahrzeug- und Bushersteller, der mehrheitlich zu VW gehört wird Levin unter anderem “weitere Investitionen in China” in den kommenden Jahren überschauen. Levin hat 1994 als Management Trainee bei Scania begonnen und hatte seitdem mehrere Führungspositionen bei Scania inne. Er hat einen Master of Science in Mechanical Engineering vom Royal Institute of Technology in Stockholm. Bevor er im Februar 2021 CEO von Scania wurde, war er zwei Jahre lang Chief Operating Officer (COO) der Traton Group und davor Executive Vice President und Head of Sales & Marketing bei Scania.

    Jörg Mull ist zum Executive Vice President der Volkswagen Group China mit Verantwortung für Finanzen ernannt worden. Mull ist seit 2002 bei der Volkswagen AG in unterschiedlichen Positionen in Deutschland, Großbritannien und China tätig.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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