der Klimagipfel hat begonnen. China ist hier einer der entscheidenden Spieler. Und in China wiederum ist Xie Zhenhua ein Schlüsselakteur. Grund genug für uns, den Chef-Unterhändler der Volksrepublik vorstellen. Nico Beckert porträtiert einen erfahrenen Umweltpolitiker, der sich auf dem internationalen Parkett sicher bewegt – und dadurch Chinas Interessen umso effektiver vertritt.
Falls Sie in dieser Ausgabe einen längeren Bericht über den Kurztrip von Olaf Scholz nach Peking vermissen – schauen Sie tiefer in Ihre Inbox. Wir haben bereits am Freitag ein Special zu der Reise verschickt. Das Fazit zur Reise von Frank Sieren: Sie lief besser als erwartet und hat Deutschlands Position eher gestärkt. Das sehen natürlich nicht alle so. Wir haben heute für Sie Kritik und Lob für den Kanzler zusammengetragen.
In China gehen derweil die Lockdowns weiter, auch wenn sie zum Teil nicht so heißen und inzwischen auch kreative Namen bekommen wie “Tage der Stille”. Unser Autorenteam in China fängt die Stimmung der Bürger gegenüber den immer neuen Ausgangssperren auf: Ärger und Frustration steigen nach dem Parteitag noch einmal an. Die Hoffnung lautete schließlich, dass nach dem Politereignis erste Lockerungen kommen.
Der Yuan wollte Weltwährung werden, doch die Finanzpolitik Xi Jinpings hat das nicht erlaubt. Xi liebt Kontrolle – auch Kapital- und Devisenkontrollen. Dennoch befindet sich der Renminbi im Aufwind. Das betrifft sowohl die Nutzung als auch den Wechselkurs. Wir analysieren, welche Konsequenzen das hat.

Am Anfang ging alles ganz schnell im Stadtteil Beilun in der Zehn-Millionen-Metropole Ningbo. Die Bezirksregierung verhängte die sogenannte “in yes, out no”-Politik. Reisende durften die Stadt zwar betreten, kamen dann aber nicht mehr hinaus. “Es fühlt sich an wie eine Falle”, sagt ein Geschäftsmann aus Shanghai. Der Mann im mittleren Alter wollte nur für einen kurzen Termin nach Ningbo, am Ende wurde ohne jede Vorbereitung ein wochenlanger Aufenthalt daraus. Ein Entkommen schien zunächst unmöglich.
Sicherheitskräfte streifen durch die Viertel und teilen den Geschäftstreibenden ohne Vorwarnung mit, dass sie schließen müssten. Die Betroffenen glauben, den Grund für die Intransparenz zu kennen. Sie erinnern sich an die Panik im Shanghaier Ikea. Dort waren die Leute weggerannt, nachdem das Gerücht herumgegangen war, es gebe in dem Geschäft einen Corona-Fall.
Auch in Ningbo weiß keiner etwas Genaues. Was es hingegen gibt, sind jede Menge Gerüchte. “Man darf sich hier nicht auf offizielle Informationen verlassen. Inoffizielle Informationen sind schneller und auch zuverlässiger”, sagt eine junge Frau, die ebenfalls vom Lockdown kalt erwischt wurde. Und sie hatte recht. Lange bevor offiziell die Ansage kam, dass Geschäfte schließen müssten, gab es einen Ansturm auf die Supermärkte. Menschen deckten sich mit Grundnahrungsmitteln ein. Für wie lange? Das wusste keiner. Aber alle wussten natürlich, was in Shanghai los war – und nahmen lieber ein paar mehr Kisten Instant-Nudeln mit. Kurz darauf waren die Läden dann zu und die Leute saßen in ihren Wohnungen oder den Hotels fest. Erst dann kamen die offiziellen Anweisungen: Sieben Tage “Stille” (静默 jingmo). Dabei handelt es sich um ein inzwischen weit verbreitetes Synonym für Lockdown.
Genaue Zahlen zu Infektionen nennen die örtlichen Behörden zunächst nicht. Die Bürger untereinander tauschen ihre Annahmen über die Gründe dafür aus. “Die Bezirksverwaltung will nicht das Gesicht verlieren”, sagt eine Ladeninhaberin. Die Annahmen in der Gerüchteküche gehen sogar so weit, dass der ganze Lockdown ein Signal an Peking gewesen sein könnte, dass sie die Null-Covid-Politik unterstützen. Die örtlichen Kader würden sich damit bei der Top-Führung einschmeicheln. Doch auch das ist nur Spekulation.
Während die Null-Covid-Politik in der realen Welt noch mit ihren Vor- und Nachteilen diskutiert wird, macht sich in Wechat-Gruppen sehr einheitliche Kritik speziell an der Durchführung breit. Beispielsweise wird dort kritisiert, dass die Betroffenen den ganzen Tag in ihren Wohnungen oder Hotels eingesperrt sind, um das Ansteckungsrisiko so klein wie möglich zu halten. Abends schickt die Regierung sie dann allerdings alle gleichzeitig zu Massentests. Dadurch entstehen endlose Schlangen und Abstandsregeln werden nicht eingehalten. Außerdem werden Teststationen an immer unterschiedlichen Orten aufgebaut, sodass nicht selten die Schlange zwar geduldig wartet, das medizinische Personal aber ausbleibt. Immer wieder durchstreunen Herden von verwirrten Anwohnern auf der Suche nach Teststationen den Stadtteil.
Straßensperren sollen zwar verhindern, dass Menschen das Gebiet unerlaubt verlassen, aber viele – besonders Reisende – suchen trotzdem das Weite. Es mutet an wie im Filmklassiker Casablanca. Die einen besorgen sich eine Sondererlaubnis zum Verlassen des Gebietes wegen physischer Leiden, die das lokale Krankenhaus nicht behandeln kann. Andere erfinden pflegebedürftige Großeltern. Wieder andere fahren heimlich nachts auf Nebenstraßen aus dem Lockdown-Gebiet. Das Gebiet ist riesig und schwer zu kontrollieren. Nebenstraßen sind nur teilweise bewacht. Bei Regen passt dort gar keiner mehr auf, weil die Polizisten keine Unterstände oder genug Regenkleidung haben.
Manche lassen Mietautos irgendwo zurück und schlagen sich zu Fuß durch die Wälder oder Parks. Für viele funktioniert es. Heimlich still und leise verschwinden Hotelgäste. Und wenn man fragt, bekommt man immer wieder die gleiche Antwort: Dieser Lockdown habe keinen Sinn. Entweder die Fallzahlen sind viel höher als offiziell angegeben. Dann lügt die Regierung. Oder die Zahlen sind wirklich so niedrig. Dann sei der Lockdown eine Überreaktion. Sobald die Flüchtenden das betroffene Gebiet verlassen haben, sind sie dann frei und können problemlos Schnellzüge oder Flüge in andere Städte buchen. Mit Ausnahme von Peking. Die Corona-App für die Hauptstadt zeigt bei den meisten (allerdings nicht allen) vom Lockdown betroffenen ein Warnfenster an, das die Reise dorthin unmöglich macht.
Die Beschwerdehotline ist derweil entweder nicht erreichbar oder es wird gleich nach dem Abnehmen wieder aufgelegt. Internationale Journalisten bekommen hingegen Anrufe aus dem PR-Department des Subdistrikts, sie mögen sich doch bei Fragen oder Problemen gerne melden. Wer nach konkreten Informationen fragt, erhält jedoch allenfalls eine knappe Antwort. Die junge Frau am anderen Ende sagt, dass diese Nummer nicht dafür gedacht wäre, Informationen zu geben oder Beschwerden entgegenzunehmen. Sie sei dazu da, im Notfall mit Nahrungsmitteln oder Schokolade auszuhelfen. Dann legt sie auf.
Als der Lockdown die 8-Tage-Grenze überschreitet, wird auch die Versorgung zum Problem. Denn selbst denen, die von den Schließungen rechtzeitig erfahren haben, gehen die Hamsterkäufe aus. Die einzige Chance an Waren zu kommen bietet sich daher illegal. Die drei Stunden täglich, in denen die Betroffenen zum Massentest gehen sollen, werden zum Zeitfenster der Freiheit. Die Menschen machen Spaziergänge in der Umgebung oder decken sich mit Nahrungsmitteln ein. Denn obwohl die Läden offiziell geschlossen sein sollten, beginnen sie heimlich wieder zu verkaufen. Dafür öffnen ihre Sicherheitstore einen Spalt breit und signalisieren damit, dass der Käufer ins Geschäft kriechen darf. Andere bieten unter der Hand sogar Lieferungen an, aber immer begrenzt auf die Testzeiten.
Das nimmt den Betroffenen etwas Leidensdruck. Doch faktisch sind die Straßen dadurch 21 Stunden am Tag komplett verwaist, um dann für drei Stunden mit Geschäftigkeit zu explodieren. Die Regierung konzentriert letztlich das gesamte öffentliche Leben des Stadtteils auf diese drei Stunden. “Ansteckungsvermeidung mit chinesischen Charakteristiken,” sagt ein Betroffener zynisch.
Streit entsteht auch über das Wort “kostenlos” in öffentlichen Meldungen darüber, dass die Regierung kostenlos Mahlzeiten für gestrandete Gäste zur Verfügung stelle. Es stellt sich heraus, dass mit dem Begriff “kostenlos” ähnlich kreativ umgegangen wird wie mit dem Begriff “Lockdown” oder “Stille”. Auch 15 Yuan (2,50 Euro) pro Portion gelten dabei als umsonst. “Warum redet ihr über das Essen?”, wettert ein Hotelbewohner in einer Wechat-Gruppe, “ich will meine Hotelkosten zurückbekommen!” Auf Anfrage stellt die Regierung des Subdistrikts allerdings klar, dass durch die “Stille” entstehende Hotelkosten nicht übernommen werden.
Pünktlich zum Ende des Parteikongresses – die “Stille” hielt mittlerweile schon gut 10 Tage an – kam die Nachricht, dass der Stadtteil nach und nach wieder geöffnet werden solle. Die Entspannung war spürbar und sichtbar. Bei Massentests tragen die Tester jetzt teilweise keine vollständige Schutzkleidung mehr. Auch stellen die Teststationen ab sofort pünktlich die Arbeit ein, obwohl noch Schlangen von Menschen zum Testen dastehen. “Der Test ist gar nicht so wichtig”, heißt es plötzlich von den weißen Gestalten.
Insgesamt gab es in Ningbo viel Alarm für wenig Infektionen. Die Stadt gab rückblickend 120 asymptomatische Fälle und 73 symptomatische Fälle für ganz Ningbo an. Im betroffenen Stadtteil Beilun leben etwa 830.000 Menschen. Dennoch zählt dieser Lockdown zu den kleineren, unauffälligeren und sogar zu denen, die besser durchgeführt wurden.
Viele der Betroffenen hatten über den kompletten Zeitraum mehr als zehn negative PCR-Tests und grüne QR-Codes aufzuweisen. Und auch auf offiziellen Apps ist die Region über den kompletten Zeitraum hinweg in grün als sogenannte “low-risk-area” angegeben. Den Betroffenen merkt man an, dass sie immer mehr abstumpfen. Die Bereitschaft steigt, Risiken einzugehen, um Lockdowns zu entgehen. Der Respekt vor der Obrigkeit schwindet – vor den Maßnahmen selbst und langsam auch vor denen, die sie anordnen und ausführen. Jörn Petring/Gregor Koppenburg

Der Yuan hat auf dem internationalen Währungsmarkt in den vergangenen drei Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Das geht aus einer neuen Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hervor. Demnach ist die chinesische Währung in diesem Zeitraum gleich an drei anderen Ländern im Ranking der meistgehandelten Währungen vorbeigezogen. China befindet sich nun vor Australien, Kanada und der Schweiz auf dem fünften Rang. Der Yuan wird weiterhin übertroffen vom US-Dollar an der Spitze, gefolgt vom Euro, dem japanischen Yen sowie dem britischen Pfund.
Die BIZ betrachtet für ihre Berechnungen den Handel internationaler Währungspaare an den Finanzmärkten. Verglichen wurden die Daten von April 2022 und dem gleichen Monat im Jahr 2019. Das Ergebnis: Der Yuan war demnach zuletzt an sieben Prozent aller Währungsgeschäfte beteiligt, was einem Sprung um 2,7 Prozentpunkte im Vergleich zu vor drei Jahren entspricht.
Nicht zu verwechseln sind die BIZ-Zahlen mit den Daten zur weltweiten Nutzung des Yuan als Zahlungsmittel. Hierzu gibt es eine separate Statistik des internationalen Zahlungsverkehrssystem Swift. Demnach wurde der Yuan zuletzt für 2,44 Prozent aller länderübergreifenden Zahlungen genutzt. In diesem Ranking lag er schon etwas länger auf dem fünften Platz.
Obwohl der Yuan nicht frei handelbar ist und staatlichen Beschränkungen unterliegt, sind sich die meisten Beobachter einig, dass die Währung in den kommenden Jahren ihren Aufstieg langsam aber stetig fortsetzen wird. Vor allem, wenn es China gelingt, andere Staaten davon zu überzeugen, die gegenseitigen Geschäfte direkt in den heimischen Währungen und nicht mehr in US-Dollar abzuwickeln.
Stark profitiert die chinesische Währung so derzeit von der Schwächung Russlands, das wegen der westlichen Sanktionen nach Alternativen für seine internationalen Geschäfte sucht. Der russische Gaskonzern Gazprom verkündete etwa im September, dass es sich seine Lieferungen nach China künftig zu gleichen Anteilen in Rubel und Yuan bezahlen lassen wird. Dollar sollen nicht mehr zum Einsatz kommen.
Andere russische Firmen agieren offenbar ähnlich. So wurde Russland im August erstmals zum drittgrößten Markt für Offshore-Yuan-Transaktionen. 4,27 Prozent aller internationalen Yuan-Zahlungen wurden dort abgewickelt, wie die South China Morning Post berichtete. Noch im Mai hatte Russland nur auf dem 12. Platz der wichtigen Yuan-Zahlungsländer gelegen. Das Interesse am Yuan in Russland ist also deutlich gestiegen.
Grundlage für einen reibungslosen Yuan-Handel im Ausland sind sogenannte Swap-Abkommen, die Peking seit Jahren offensiv vorantreibt. China hat mit über 40 Staaten solche Abkommen geschlossen, wonach sich die jeweiligen Zentralbanken gegenseitig mit ihren Landeswährungen versorgen. Erst im Oktober verlängerten China und die Europäische Zentralbank ein Swap-Abkommen im Umfang von 350 Milliarden Yuan oder 45 Milliarden Euro um weitere drei Jahre. Neben China unterhält die EZB nur mit acht weiteren Staaten ein solches gegenseitiges Abkommen.
Dass China Yuan-Geldautobahnen in andere Staaten baut, heißt natürlich nicht, dass diese auch sofort genutzt werden. Am Beispiel Russland zeigt sich jedoch: China kann im Falle einer Krise schnell reagieren. Ist für einen Staat der US-Dollar keine Option mehr, ist der Umstieg auf den Yuan dank vorhandener Swap-Infrastruktur eine Option.
Goldman Sachs und andere Finanzinstitute gehen davon aus, dass es China mit seiner derzeitigen Strategie gelingen dürfte, weiter im Ranking der Weltwährungen aufzusteigen und bis 2030 auch an Japan und Großbritannien vorbeiziehen wird. Der US-Dollar und der Euro dürften aber vorerst unerreichbar für den Yuan bleiben. Dafür bräuchte es schon sehr weitreichende Reformen und eine volle Öffnung der chinesischen Finanzmärkte. Jörn Petring
Nach dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Peking (China.Table berichtete bereits am Freitag) gab es am Wochenende aus Berlin und aus Brüssel sowohl Kritik als auch Zuspruch. Scholz unterrichtete am Sonntagabend US-Präsident Joe Biden über die Ergebnisse seiner Reise, wie ein Regierungssprecher mitteilte. Biden habe die klare Aussage des chinesischen Präsidenten Xi Jinping gegen die Drohung mit Atomwaffen gewürdigt, auf die Scholz ihn festgelegt hat.
SPD-Chef Lars Klingbeil warnte erneut vor einer zu starken Abhängigkeit von China. “Für mich ist völlig klar, dass wir die Fehler von Russland jetzt nicht bei China wiederholen dürfen”, sagte Klingbeil am Samstag beim Debattenkonvent der SPD in Berlin. Die China-Reise des Bundeskanzlers verteidigte Klingbeil in diesem Zusammenhang. “Ich finde wirklich richtig, dass Olaf Scholz dahin gefahren ist und diese Gespräche geführt hat.”
Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer hat die Reise von Scholz hingegen kritisiert. “Dem Bundeskanzler ging es darum, im Gegensatz zum Koalitionsvertrag die Zeichen in der Chinapolitik auf Kontinuität zu setzen, auf Merkel as usual“, sagte der Europa-Abgeordnete in Anspielung auf die frühere Kanzlerin Angela Merkel. “Entsprechend setzte er seine Wirtschaftsdelegation zusammen, entsprechend sprach er von einer Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen.”
Der “stolzeste Ertrag” der Reise sei sicher die Warnung des chinesischen Präsidenten Xi Jinping vor einem Atomwaffeneinsatz im Ukraine-Krieg. Allerdings hätten sich führende chinesische Militärs zuvor ähnlich geäußert. “Scholz hat also erfolgreich eine offene Tür eingerannt. Ansonsten kriegte Xi, was er wollte”, sagte Bütikofer.
Bundesfinanzminister Christian Lindner äußerte erneut sein Unbehagen über eine zu starke Einflussnahme Chinas. “Mir ist nicht geheuer dabei, welche große Abhängigkeit Teile der deutschen Wirtschaft von dem chinesischen Markt haben”, sagte der FDP-Vorsitzende am Samstag beim Bundeskongress der Jungen Liberalen in Kassel. “Wir können in Deutschland chinesischen Investoren nur das gestatten, was umgekehrt auch deutschen Investoren in China erlaubt ist”, sagte Lindner. Der FDP-Parteichef sprach sich für neue Gespräche mit den USA zu Handelsbeziehungen aus.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen kritisierte, Scholz spalte den Westen. Indem er sich ohne EU-Rückendeckung nach Peking begeben habe, schwäche er die Bündnisse zu Deutschlands traditionellen Partnern.
Die chinesische Staatspresse lobt Scholz für seine Absage an eine wirtschaftliche Entkopplung. Die Global Times sah darin eine “Ablehung der Block-Konfrontation entlang ideologischer Linien” wie sie die USA praktizierten. Scholz müsse den Worten nun Taten folgen lassen und sich offener gegen Washington stellen. flee/fin/rtr/tho
China droht der Schweiz mit einer Verschlechterung der Beziehungen bei einer Übernahme der EU-Sanktionen gegen die Volksrepublik. “Sollte die Schweiz die Sanktionen übernehmen und sich die Situation in eine unkontrollierte Richtung entwickeln, werden die chinesisch-schweizerischen Beziehungen darunter leiden“, sagte der chinesische Botschafter in Bern, Wang Shihting, der Zeitung “NZZ am Sonntag”.
Die EU wirft China Massenverhaftungen von muslimischen Uiguren und Menschenrechtsverletzungen vor. Die Staatengemeinschaft hatte in diesem Zusammenhang im vergangenen Jahr die ersten Sanktionen gegen Personen und Institutionen in China seit der Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking 1989 verhängt. rtr
Tansania und China wollen ihre strategische Partnerschaft ausbauen. Das beschlossen die Staatsoberhäupter beider Länder, Xi Jinping und Samia Suluhu Hassan, bei einem Treffen in Peking. Der dreitägige Besuch von Tansanias Präsidentin überschnitt sich mit der von Olaf Scholz am Freitag in Peking.
Wie die chinesischen Staatsmedien berichten, vereinbarten Tansania und China den Handel auszuweiten, die Zusammenarbeit bei Infrastrukturprojekten voranzutreiben und in Bereichen wie der grünen und digitalen Wirtschaft zusammenzuarbeiten. In einem Joint Statement erklärt Peking unter anderem, Export-Waren aus Tansania zu 98 Prozent zollfrei zu behandeln sowie “aktiv die Möglichkeit zu prüfen, weiteren tansanischen Produkten Marktzugang zu gewähren”.
Der Zeitpunkt von Hassans Reise nach dem 20. Parteikongress unterstreiche die Nähe zwischen China und Tansania und die Bedeutung der Beziehungen zwischen China und Afrika insgesamt, zitiert die chinesische Staatspresse Xi Jinping. fpe
Das chinesische Umweltministerium hat die nächste Phase der Steuerung des Emissionshandels begonnen. Es holt derzeit die Einschätzung von Marktteilnehmern zu seinem Entwurf für die Bepreisung des CO2-Ausstoßes ein.
Analysten des Forschungshauses Refinitiv nennen die Pläne “zahnlos”, da sie den Kraftwerken und Unternehmen zu niedrige Kosten abverlangen. Die Regierung berücksichtigt in den neuen Plänen auch den wirtschaftlichen Druck durch die Covid-19-Pandemie und Ziele wie Versorgungssicherheit (China.Table berichtete). All das spricht nicht dafür, die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas zu schnell zu verteuern. fin


Am Sonntag konnten Lauf-Enthusiasten sich zum ersten Mal seit Ausbruch der Pandemie wieder beim Beijing Marathon austoben. Am Tian’anmen-Platz liefen die 20.000 Teilnehmer los, trabten ihre Runde um die Stadt, um dann am Olympic Park im Norden der Stadt durch die Ziellinie zu laufen.
Unter den Herren war der uigurische Läufer Anubaike Kuwan mit 2 Stunden 15 Minuten am schnellsten, unter den Damen gewann Xia Yuyu mit einer Zeit von 2 Stunden 29 Minuten. Der Beijing Marathon findet seit 1981 statt. Es durften nur Einwohner der Hauptstadt teilnehmen, eine Anreise von außen war nicht möglich. Auch in Shanghai und Chengdu sind Marathonläufe geplant. fin

Xie Zhenhua war eigentlich schon im politischen Ruhestand. Doch dann nahm die Karriere des Klimaexperten noch einmal richtig Fahrt auf. Als es darum ging, die langfristigen Klimaziele des größten CO2-Emittenten festzulegen, spielte Xie eine wichtige Rolle. Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung ist er aus der chinesischen Klimapolitik kaum wegzudenken. Jetzt nimmt er auf der Weltklimakonferenz COP27 in Ägypten eine Schlüsselrolle ein.
Seit 2007 ist Xie Chinas Chefverhandler auf den internationalen Klimakonferenzen. Zunächst trat er als Hardliner auf. Teils lautstark vertrat er die Position, China als “Entwicklungsland” trage nicht die gleiche Verantwortung für die Bewältigung der Klimakrise wie die westlichen Industrieländer. Die harte Position Chinas trug sogar zum Scheitern der Kopenhagen-COP bei. Über die Jahre wurde Xie jedoch diplomatischer, der Klimaschutz bekommt auch für China größere Bedeutung.
Im Jahr 2014 kam der Wendepunkt. Xie und der damalige US-Außenminister John Kerry einigten sich auf eine Übereinkunft zu Reduktion der Emissionen. Sie gilt bis heute als wichtiger Schritt für das Pariser Klimaabkommen. Xie und Kerry sollen sich sympathisch finden. “Ich kenne ihn sehr gut, weil ich seit etwa 20 Jahre mit ihm zusammenarbeite”, sagt Kerry der Nachrichtenagentur Reuters. “Er ist seit langem eine Führungspersönlichkeit und glaubt an das, was er tut”.
Seine Fähigkeit, zuzuhören und zäh zu verhandeln, habe ihn befähigt, andere Entwicklungs- und Schwellenländer in schwierigen Verhandlungssituationen zu Kompromissen zu bewegen, sagte der ehemalige US-Verhandler Todd Stern. Stern und Xie kamen sich ebenfalls persönlich näher, besuchten ihre Heimatstädte Tianjin und Chicago. “Er hat einen Sinn für Humor und lacht gerne. Ich mochte ihn auf Anhieb”, so Stern.
Li Shuo von Greenpeace Ostasien ist ebenfalls voll des Lobs. “Wenn man mit Xie spricht, hat man das Gefühl, mit einem echten Menschen zu kommunizieren”, sagte er vor dem Klimagipfel in Glasgow 2021. Bei anderen chinesischen Beamten habe man eher das Gefühl, “mit Robotern zu sprechen”.
Zwar erkennt Xie die Gefahren des Klimawandels inzwischen auch öffentlich an, er folgt jedoch streng den Leitlinien aus Peking. Sie sagen: Die Wirtschaft darf durch den Klimawandel nicht zu stark ausgebremst werden. Daher entsprechen die mittel- bis langfristigen Klimaziele der Volksrepublik, die sich auf die Jahre 2030 und 2060 beziehen, nicht dem Übereinkommen auf der Konferenz in Paris.
Ende 2019 trat Xie im Alter von 70 Jahren von seiner Position als “Sonderbeauftragter für den Klimawandel” und Chefverhandler zurück. Doch sein Ruhestand währte nicht lange. Im Sommer 2020 wurde er auf Einladung des Umweltministeriums Berater für Klimafragen. In dieser neuen Position gewann er wieder an politischem Einfluss und trug maßgeblich zur Formulierung der langfristigen Klimaziele Chinas bei, die Xi Jinping auf der UN-Vollversammlung 2020 verkündet hat.
Dabei nutzte er vor allem seine Verbindungen zur Tsinghua-Universität in Peking. 2017 erhielt er den Lui Che Woo-Preis für seinen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels. Das Preisgeld in Höhe von umgerechnet 2,5 Millionen US-Dollar stiftete er an die Tsinghua, die damit das Institute for Climate Change and Sustainable Development (ICCSD) gründet. Xie wurde Direktor des Instituts. Seit 2018 wurden am ICCSD Dekarbonisierungs-Pfade für die Industrie, den Transport-, Bau- und Energiesektor erforscht.
Nachdem Xie den Verantwortlichen des Umweltministeriums die Forschungsergebnisse vortrug, fanden sie den Weg zu Chinas Top-Entscheidungsgremien: dem Staatsrat und dem Politbüro. Ohne die stichhaltigen wissenschaftlichen Ergebnisse aus dem Institut hätte die Regierung eine so weitreichende Entscheidung wie über die Klimaziele nicht getroffen, sagen Analysten.
Auch im Westen gilt Xie als angesehener Experte. Seine Arbeit wurde mit einigen Preisen gewürdigt, darunter:
Xie hat sich seit Beginn seiner Karriere mit Energie-, Umwelt- und Klimafragen beschäftigt. Nach seinem Abschluss in Nukleartechnik an der Tsinghua-Universität wurde er Beamter im damals neuen Ministerium für städtisches und ländliches Bauen und Umweltschutz, das für die Kontrolle der Verschmutzung von Flüssen und Meeren zuständig war. Doch sein Werdegang war nicht immer vorgezeichnet. Während der Kulturrevolution wurde er wie Millionen andere Jugendliche aufs Land geschickt, um durch harte Arbeit “umerzogen” zu werden. Diese Erfahrung verbindet ihn mit Xi Jinping, der als Jugendlicher einen ähnlichen Weg durchschritt.
Im Februar 2021 wurde Xie dann erneut Sonderbeauftragter für den Klimawandel. Li Shuo sagte damals, das sei “eindeutig ein auf die USA zugeschnittener Schritt, eine Bemühung, um sicherzustellen, dass die diplomatischen Kanäle vorhanden sind”. Denn Xie und Kerry verstehen sich weiterhin gut.
Bevor die bilateralen Klimagespräche der USA und China nach dem Streit um Taiwan von China beendet wurden, sollen sie häufig telefoniert haben. Damals wurde es als gutes Zeichen gewertet, dass der erfahrene und im Ausland geschätzte Xie Zhenhua wieder Chefverhandler und Sonderbeauftragter für den Klimawandel wird. Nico Beckert
Mark Czelnik hat bei der VW-Software-Tochter Cariad den Posten des Head of ICAS, Plattform and HMI China übernommen. Czelnik wird von Peking aus die Forschung, Vorentwicklung, Konzeptentwicklung und Serienentwicklung der Software vorantreiben.
Hjalmar Horst ist seit November Director Purchasing Powertrain bei VW China in Peking. Horst ist seit über 10 Jahren für VW tätig. Sein neuer Posten markiert eine Rückkehr nach China: 2011 begann Horst seine Karriere bei VW als Praktikant in Peking.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Krisenstimmung, Herbstblues, Zukunftssorgen, Midlife Crisis? – Statt rammdösig Sorgenfalten zu runzeln, lockern Sie doch zur Abwechslung mal wieder ihre Lachmuskeln. Wer sich allerdings in China eine Portion Scherzkekse reinziehen möchte, wird unter einem unerwarteten Keyword fündig werden: nämlich 脱口秀 tuōkǒuxiù – der Talkshow.
Wer hier jetzt an Polit- oder Promitalk denkt, ist auf der völlig falschen Fährte. Das lautliche Lehnwort aus dem Englischen (tuōkǒuxiù – mit etwas Fantasie ähnelt es ja tatsächlich der “ta-lk-show”) hat sich seit einigen Jahren in China zum Synonym für Schenkelklopferkultur gemausert. Zu verdanken ist dies der gleichnamigen Streamingshow 脱口秀大会 tuōkǒuxiù dàhuì (wörtlich “Talk Show Conference”) des Videodienstes Tencent (腾讯视频 Téngxùn shìpín), die auch unter dem griffigeren englischen Namen “Rock & Roast” bekannt ist. Das Erfolgsformat, das seit 2017 auf Sendung ist und bei dem sich chinesische Nachwuchs-Comedians (脱口秀演员 tuōkǒuxiù yǎnyuán “Stand-up-Comedian”) fröhlich mit Pointen (笑点 xiàodiǎn – wörtlich “Lachpunkten”) und Wortspielen (谐音梗 xiéyīngěng – wörtlich “Gleichlaut-Stängeln”) batteln, hat dem Genre der Stand-up-Comedy in China Tür und Tor geöffnet.
Wer bei chinesischem Humor also immer noch an wechselseitige Wortgefecht des traditionellen Xiangsheng denkt (相声 xiàngsheng ist ein komödiantischer Bühnendialog), ist eindeutig von gestern. Denn heute grinst Chinas junge Generation vor Smartphone und Tablet zu Humor (幽默 yōumò – schon wieder ein lautliches Lehnwort) im Standup-Format mit Flachwitzen (冷笑话 lěngxiàohua – wörtlich “kalter Witz”), Satire (讽刺 fěngcì), Veralberungen (恶搞 ègǎo “veräppeln, veralbern, aufs Korn nehmen”) und Running Gags beziehungsweise Memes (梗 gěng), die allesamt Alltagsphänomene aufs Korn nehmen und der Gesellschaft so den Spiegel vorhalten.
Zu den bekanntesten neuen Gesichtern, denen der Comedy-Hype zum Durchbruch verholfen hat, zählen zum Beispiel die junge Alleinunterhalterin Yang Li (杨笠 Yáng Lì), Jahrgang 1992. Sie verpackt mit Vorliebe Gleichberechtigungsthemen als Gags und zieht mit ihren bissigen Bühnenbemerkungen Machogehabe, Möchtegernmacher und Mansplaining durch den Kakao. Xiao Jia (小佳 Xiǎo Jiā), der seit seiner Geburt selbst an einer Nervenkrankheit leidet, nimmt derweil die Behinderten-Community selbstironisch aufs Korn und verschafft ihr damit mehr Aufmerksamkeit. Und die Peking-Universität-Absolventin Niao Niao (鸟鸟 Niǎoniǎo) mimt auf der Rock-and-Roast-Bühne ein melancholisches Mauerblümchen mit Berührungsängsten und nimmt damit die sozialen Phobien von eingeigelten Großstädtern auf die Schippe.
Mit dem bewusst behelfsmäßig an das Englische angelehnten Genre-Label tuōkǒuxiù nimmt sich die Branche sprachlich auch selbst aufs Korn. Tatsächlich wird einem das augenzwinkernde 秀 xiù (für Englisch “show” oder “to show”) in der chinesischen Alltagssprache auch noch in vielen anderen Trendwörtern und Wortneuschöpfungen begegnen. Etwa in Vokabeln wie Realityshow (真人秀 zhēnrénxiù – wörtlich “Echte-Menschen-Show”) oder Talentshow (才艺c cáiyìxiù – “Talent-und-Kunstfertigkeits-Show”).
Die beste Show lässt sich aber natürlich privat abziehen – und zwar über alle verfügbaren Social-Media-Kanäle. Hier steht das Schriftzeichen 秀 xiù als Synonym für “posen, zur Schau stellen”. Und herzeigen lassen sich natürlich auch in China die “üblichen Verdächtigen”. Hier eine kleine (sprachliche) Angeber-Auswahl:
秀腹肌 xiù fùjī – seine Bauchmuskeln herzeigen
秀肌肉 xiù jīròu – seine Muckis zur Schau stellen
秀身材 xiù shēncái – Figur zeigen
秀工资 xiù gōngzī – mit dem Gehalt prahlen
秀车 xiù chē – mit dem fahrbaren Untersatz angeben
秀女朋友/秀男朋友 xiù nǚpéngyou / xiù nánpéngyou – Bilder der Freundin/des Freundes posten
秀恩爱 xiù ēn’ài – öffentlichkeitswirksam turteln, seine Verliebtheit zur Schau stellen
秀手艺 xiù shǒuyì – seine Kochkünste (oder andere handwerkliche Fertigkeiten) zur Schau tragen
秀新衣服 xiù xīn yīfu – neue Klamotten herzeigen
Auf Taobao und anderen E-Commerce-Portalen im Reich der Mitte hat sich die xiu-Kultur gar in einem eigenen Fotogenre sprachlich manifestiert: dem Käuferschnappschuss, auf Neuchinesisch 买家秀 mǎijiāxiù. Denn Chinas Onlineshopping-Victims posten in ihren Produktbewertungen gerne auch mal Foto- und Video-Impressionen ihrer Einkaufsfänge. Und auch das hat nicht selten Unterhaltungswert. Etwa wenn Otto-Normalverbraucher in Cartoon-Pantoffeln beziehungsweise mit Panda-Kosmetikmaske posieren oder bierernst im Plüschpyjama die Benutzung einer neu erworbenen Heizdecke demonstrieren. Hier schließt sich also der Lachkreislauf lässig. In diesem Sinne: Behalten Sie sich ihren guten Humor – egal in welcher Sprache.
Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.
der Klimagipfel hat begonnen. China ist hier einer der entscheidenden Spieler. Und in China wiederum ist Xie Zhenhua ein Schlüsselakteur. Grund genug für uns, den Chef-Unterhändler der Volksrepublik vorstellen. Nico Beckert porträtiert einen erfahrenen Umweltpolitiker, der sich auf dem internationalen Parkett sicher bewegt – und dadurch Chinas Interessen umso effektiver vertritt.
Falls Sie in dieser Ausgabe einen längeren Bericht über den Kurztrip von Olaf Scholz nach Peking vermissen – schauen Sie tiefer in Ihre Inbox. Wir haben bereits am Freitag ein Special zu der Reise verschickt. Das Fazit zur Reise von Frank Sieren: Sie lief besser als erwartet und hat Deutschlands Position eher gestärkt. Das sehen natürlich nicht alle so. Wir haben heute für Sie Kritik und Lob für den Kanzler zusammengetragen.
In China gehen derweil die Lockdowns weiter, auch wenn sie zum Teil nicht so heißen und inzwischen auch kreative Namen bekommen wie “Tage der Stille”. Unser Autorenteam in China fängt die Stimmung der Bürger gegenüber den immer neuen Ausgangssperren auf: Ärger und Frustration steigen nach dem Parteitag noch einmal an. Die Hoffnung lautete schließlich, dass nach dem Politereignis erste Lockerungen kommen.
Der Yuan wollte Weltwährung werden, doch die Finanzpolitik Xi Jinpings hat das nicht erlaubt. Xi liebt Kontrolle – auch Kapital- und Devisenkontrollen. Dennoch befindet sich der Renminbi im Aufwind. Das betrifft sowohl die Nutzung als auch den Wechselkurs. Wir analysieren, welche Konsequenzen das hat.

Am Anfang ging alles ganz schnell im Stadtteil Beilun in der Zehn-Millionen-Metropole Ningbo. Die Bezirksregierung verhängte die sogenannte “in yes, out no”-Politik. Reisende durften die Stadt zwar betreten, kamen dann aber nicht mehr hinaus. “Es fühlt sich an wie eine Falle”, sagt ein Geschäftsmann aus Shanghai. Der Mann im mittleren Alter wollte nur für einen kurzen Termin nach Ningbo, am Ende wurde ohne jede Vorbereitung ein wochenlanger Aufenthalt daraus. Ein Entkommen schien zunächst unmöglich.
Sicherheitskräfte streifen durch die Viertel und teilen den Geschäftstreibenden ohne Vorwarnung mit, dass sie schließen müssten. Die Betroffenen glauben, den Grund für die Intransparenz zu kennen. Sie erinnern sich an die Panik im Shanghaier Ikea. Dort waren die Leute weggerannt, nachdem das Gerücht herumgegangen war, es gebe in dem Geschäft einen Corona-Fall.
Auch in Ningbo weiß keiner etwas Genaues. Was es hingegen gibt, sind jede Menge Gerüchte. “Man darf sich hier nicht auf offizielle Informationen verlassen. Inoffizielle Informationen sind schneller und auch zuverlässiger”, sagt eine junge Frau, die ebenfalls vom Lockdown kalt erwischt wurde. Und sie hatte recht. Lange bevor offiziell die Ansage kam, dass Geschäfte schließen müssten, gab es einen Ansturm auf die Supermärkte. Menschen deckten sich mit Grundnahrungsmitteln ein. Für wie lange? Das wusste keiner. Aber alle wussten natürlich, was in Shanghai los war – und nahmen lieber ein paar mehr Kisten Instant-Nudeln mit. Kurz darauf waren die Läden dann zu und die Leute saßen in ihren Wohnungen oder den Hotels fest. Erst dann kamen die offiziellen Anweisungen: Sieben Tage “Stille” (静默 jingmo). Dabei handelt es sich um ein inzwischen weit verbreitetes Synonym für Lockdown.
Genaue Zahlen zu Infektionen nennen die örtlichen Behörden zunächst nicht. Die Bürger untereinander tauschen ihre Annahmen über die Gründe dafür aus. “Die Bezirksverwaltung will nicht das Gesicht verlieren”, sagt eine Ladeninhaberin. Die Annahmen in der Gerüchteküche gehen sogar so weit, dass der ganze Lockdown ein Signal an Peking gewesen sein könnte, dass sie die Null-Covid-Politik unterstützen. Die örtlichen Kader würden sich damit bei der Top-Führung einschmeicheln. Doch auch das ist nur Spekulation.
Während die Null-Covid-Politik in der realen Welt noch mit ihren Vor- und Nachteilen diskutiert wird, macht sich in Wechat-Gruppen sehr einheitliche Kritik speziell an der Durchführung breit. Beispielsweise wird dort kritisiert, dass die Betroffenen den ganzen Tag in ihren Wohnungen oder Hotels eingesperrt sind, um das Ansteckungsrisiko so klein wie möglich zu halten. Abends schickt die Regierung sie dann allerdings alle gleichzeitig zu Massentests. Dadurch entstehen endlose Schlangen und Abstandsregeln werden nicht eingehalten. Außerdem werden Teststationen an immer unterschiedlichen Orten aufgebaut, sodass nicht selten die Schlange zwar geduldig wartet, das medizinische Personal aber ausbleibt. Immer wieder durchstreunen Herden von verwirrten Anwohnern auf der Suche nach Teststationen den Stadtteil.
Straßensperren sollen zwar verhindern, dass Menschen das Gebiet unerlaubt verlassen, aber viele – besonders Reisende – suchen trotzdem das Weite. Es mutet an wie im Filmklassiker Casablanca. Die einen besorgen sich eine Sondererlaubnis zum Verlassen des Gebietes wegen physischer Leiden, die das lokale Krankenhaus nicht behandeln kann. Andere erfinden pflegebedürftige Großeltern. Wieder andere fahren heimlich nachts auf Nebenstraßen aus dem Lockdown-Gebiet. Das Gebiet ist riesig und schwer zu kontrollieren. Nebenstraßen sind nur teilweise bewacht. Bei Regen passt dort gar keiner mehr auf, weil die Polizisten keine Unterstände oder genug Regenkleidung haben.
Manche lassen Mietautos irgendwo zurück und schlagen sich zu Fuß durch die Wälder oder Parks. Für viele funktioniert es. Heimlich still und leise verschwinden Hotelgäste. Und wenn man fragt, bekommt man immer wieder die gleiche Antwort: Dieser Lockdown habe keinen Sinn. Entweder die Fallzahlen sind viel höher als offiziell angegeben. Dann lügt die Regierung. Oder die Zahlen sind wirklich so niedrig. Dann sei der Lockdown eine Überreaktion. Sobald die Flüchtenden das betroffene Gebiet verlassen haben, sind sie dann frei und können problemlos Schnellzüge oder Flüge in andere Städte buchen. Mit Ausnahme von Peking. Die Corona-App für die Hauptstadt zeigt bei den meisten (allerdings nicht allen) vom Lockdown betroffenen ein Warnfenster an, das die Reise dorthin unmöglich macht.
Die Beschwerdehotline ist derweil entweder nicht erreichbar oder es wird gleich nach dem Abnehmen wieder aufgelegt. Internationale Journalisten bekommen hingegen Anrufe aus dem PR-Department des Subdistrikts, sie mögen sich doch bei Fragen oder Problemen gerne melden. Wer nach konkreten Informationen fragt, erhält jedoch allenfalls eine knappe Antwort. Die junge Frau am anderen Ende sagt, dass diese Nummer nicht dafür gedacht wäre, Informationen zu geben oder Beschwerden entgegenzunehmen. Sie sei dazu da, im Notfall mit Nahrungsmitteln oder Schokolade auszuhelfen. Dann legt sie auf.
Als der Lockdown die 8-Tage-Grenze überschreitet, wird auch die Versorgung zum Problem. Denn selbst denen, die von den Schließungen rechtzeitig erfahren haben, gehen die Hamsterkäufe aus. Die einzige Chance an Waren zu kommen bietet sich daher illegal. Die drei Stunden täglich, in denen die Betroffenen zum Massentest gehen sollen, werden zum Zeitfenster der Freiheit. Die Menschen machen Spaziergänge in der Umgebung oder decken sich mit Nahrungsmitteln ein. Denn obwohl die Läden offiziell geschlossen sein sollten, beginnen sie heimlich wieder zu verkaufen. Dafür öffnen ihre Sicherheitstore einen Spalt breit und signalisieren damit, dass der Käufer ins Geschäft kriechen darf. Andere bieten unter der Hand sogar Lieferungen an, aber immer begrenzt auf die Testzeiten.
Das nimmt den Betroffenen etwas Leidensdruck. Doch faktisch sind die Straßen dadurch 21 Stunden am Tag komplett verwaist, um dann für drei Stunden mit Geschäftigkeit zu explodieren. Die Regierung konzentriert letztlich das gesamte öffentliche Leben des Stadtteils auf diese drei Stunden. “Ansteckungsvermeidung mit chinesischen Charakteristiken,” sagt ein Betroffener zynisch.
Streit entsteht auch über das Wort “kostenlos” in öffentlichen Meldungen darüber, dass die Regierung kostenlos Mahlzeiten für gestrandete Gäste zur Verfügung stelle. Es stellt sich heraus, dass mit dem Begriff “kostenlos” ähnlich kreativ umgegangen wird wie mit dem Begriff “Lockdown” oder “Stille”. Auch 15 Yuan (2,50 Euro) pro Portion gelten dabei als umsonst. “Warum redet ihr über das Essen?”, wettert ein Hotelbewohner in einer Wechat-Gruppe, “ich will meine Hotelkosten zurückbekommen!” Auf Anfrage stellt die Regierung des Subdistrikts allerdings klar, dass durch die “Stille” entstehende Hotelkosten nicht übernommen werden.
Pünktlich zum Ende des Parteikongresses – die “Stille” hielt mittlerweile schon gut 10 Tage an – kam die Nachricht, dass der Stadtteil nach und nach wieder geöffnet werden solle. Die Entspannung war spürbar und sichtbar. Bei Massentests tragen die Tester jetzt teilweise keine vollständige Schutzkleidung mehr. Auch stellen die Teststationen ab sofort pünktlich die Arbeit ein, obwohl noch Schlangen von Menschen zum Testen dastehen. “Der Test ist gar nicht so wichtig”, heißt es plötzlich von den weißen Gestalten.
Insgesamt gab es in Ningbo viel Alarm für wenig Infektionen. Die Stadt gab rückblickend 120 asymptomatische Fälle und 73 symptomatische Fälle für ganz Ningbo an. Im betroffenen Stadtteil Beilun leben etwa 830.000 Menschen. Dennoch zählt dieser Lockdown zu den kleineren, unauffälligeren und sogar zu denen, die besser durchgeführt wurden.
Viele der Betroffenen hatten über den kompletten Zeitraum mehr als zehn negative PCR-Tests und grüne QR-Codes aufzuweisen. Und auch auf offiziellen Apps ist die Region über den kompletten Zeitraum hinweg in grün als sogenannte “low-risk-area” angegeben. Den Betroffenen merkt man an, dass sie immer mehr abstumpfen. Die Bereitschaft steigt, Risiken einzugehen, um Lockdowns zu entgehen. Der Respekt vor der Obrigkeit schwindet – vor den Maßnahmen selbst und langsam auch vor denen, die sie anordnen und ausführen. Jörn Petring/Gregor Koppenburg

Der Yuan hat auf dem internationalen Währungsmarkt in den vergangenen drei Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Das geht aus einer neuen Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hervor. Demnach ist die chinesische Währung in diesem Zeitraum gleich an drei anderen Ländern im Ranking der meistgehandelten Währungen vorbeigezogen. China befindet sich nun vor Australien, Kanada und der Schweiz auf dem fünften Rang. Der Yuan wird weiterhin übertroffen vom US-Dollar an der Spitze, gefolgt vom Euro, dem japanischen Yen sowie dem britischen Pfund.
Die BIZ betrachtet für ihre Berechnungen den Handel internationaler Währungspaare an den Finanzmärkten. Verglichen wurden die Daten von April 2022 und dem gleichen Monat im Jahr 2019. Das Ergebnis: Der Yuan war demnach zuletzt an sieben Prozent aller Währungsgeschäfte beteiligt, was einem Sprung um 2,7 Prozentpunkte im Vergleich zu vor drei Jahren entspricht.
Nicht zu verwechseln sind die BIZ-Zahlen mit den Daten zur weltweiten Nutzung des Yuan als Zahlungsmittel. Hierzu gibt es eine separate Statistik des internationalen Zahlungsverkehrssystem Swift. Demnach wurde der Yuan zuletzt für 2,44 Prozent aller länderübergreifenden Zahlungen genutzt. In diesem Ranking lag er schon etwas länger auf dem fünften Platz.
Obwohl der Yuan nicht frei handelbar ist und staatlichen Beschränkungen unterliegt, sind sich die meisten Beobachter einig, dass die Währung in den kommenden Jahren ihren Aufstieg langsam aber stetig fortsetzen wird. Vor allem, wenn es China gelingt, andere Staaten davon zu überzeugen, die gegenseitigen Geschäfte direkt in den heimischen Währungen und nicht mehr in US-Dollar abzuwickeln.
Stark profitiert die chinesische Währung so derzeit von der Schwächung Russlands, das wegen der westlichen Sanktionen nach Alternativen für seine internationalen Geschäfte sucht. Der russische Gaskonzern Gazprom verkündete etwa im September, dass es sich seine Lieferungen nach China künftig zu gleichen Anteilen in Rubel und Yuan bezahlen lassen wird. Dollar sollen nicht mehr zum Einsatz kommen.
Andere russische Firmen agieren offenbar ähnlich. So wurde Russland im August erstmals zum drittgrößten Markt für Offshore-Yuan-Transaktionen. 4,27 Prozent aller internationalen Yuan-Zahlungen wurden dort abgewickelt, wie die South China Morning Post berichtete. Noch im Mai hatte Russland nur auf dem 12. Platz der wichtigen Yuan-Zahlungsländer gelegen. Das Interesse am Yuan in Russland ist also deutlich gestiegen.
Grundlage für einen reibungslosen Yuan-Handel im Ausland sind sogenannte Swap-Abkommen, die Peking seit Jahren offensiv vorantreibt. China hat mit über 40 Staaten solche Abkommen geschlossen, wonach sich die jeweiligen Zentralbanken gegenseitig mit ihren Landeswährungen versorgen. Erst im Oktober verlängerten China und die Europäische Zentralbank ein Swap-Abkommen im Umfang von 350 Milliarden Yuan oder 45 Milliarden Euro um weitere drei Jahre. Neben China unterhält die EZB nur mit acht weiteren Staaten ein solches gegenseitiges Abkommen.
Dass China Yuan-Geldautobahnen in andere Staaten baut, heißt natürlich nicht, dass diese auch sofort genutzt werden. Am Beispiel Russland zeigt sich jedoch: China kann im Falle einer Krise schnell reagieren. Ist für einen Staat der US-Dollar keine Option mehr, ist der Umstieg auf den Yuan dank vorhandener Swap-Infrastruktur eine Option.
Goldman Sachs und andere Finanzinstitute gehen davon aus, dass es China mit seiner derzeitigen Strategie gelingen dürfte, weiter im Ranking der Weltwährungen aufzusteigen und bis 2030 auch an Japan und Großbritannien vorbeiziehen wird. Der US-Dollar und der Euro dürften aber vorerst unerreichbar für den Yuan bleiben. Dafür bräuchte es schon sehr weitreichende Reformen und eine volle Öffnung der chinesischen Finanzmärkte. Jörn Petring
Nach dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Peking (China.Table berichtete bereits am Freitag) gab es am Wochenende aus Berlin und aus Brüssel sowohl Kritik als auch Zuspruch. Scholz unterrichtete am Sonntagabend US-Präsident Joe Biden über die Ergebnisse seiner Reise, wie ein Regierungssprecher mitteilte. Biden habe die klare Aussage des chinesischen Präsidenten Xi Jinping gegen die Drohung mit Atomwaffen gewürdigt, auf die Scholz ihn festgelegt hat.
SPD-Chef Lars Klingbeil warnte erneut vor einer zu starken Abhängigkeit von China. “Für mich ist völlig klar, dass wir die Fehler von Russland jetzt nicht bei China wiederholen dürfen”, sagte Klingbeil am Samstag beim Debattenkonvent der SPD in Berlin. Die China-Reise des Bundeskanzlers verteidigte Klingbeil in diesem Zusammenhang. “Ich finde wirklich richtig, dass Olaf Scholz dahin gefahren ist und diese Gespräche geführt hat.”
Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer hat die Reise von Scholz hingegen kritisiert. “Dem Bundeskanzler ging es darum, im Gegensatz zum Koalitionsvertrag die Zeichen in der Chinapolitik auf Kontinuität zu setzen, auf Merkel as usual“, sagte der Europa-Abgeordnete in Anspielung auf die frühere Kanzlerin Angela Merkel. “Entsprechend setzte er seine Wirtschaftsdelegation zusammen, entsprechend sprach er von einer Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen.”
Der “stolzeste Ertrag” der Reise sei sicher die Warnung des chinesischen Präsidenten Xi Jinping vor einem Atomwaffeneinsatz im Ukraine-Krieg. Allerdings hätten sich führende chinesische Militärs zuvor ähnlich geäußert. “Scholz hat also erfolgreich eine offene Tür eingerannt. Ansonsten kriegte Xi, was er wollte”, sagte Bütikofer.
Bundesfinanzminister Christian Lindner äußerte erneut sein Unbehagen über eine zu starke Einflussnahme Chinas. “Mir ist nicht geheuer dabei, welche große Abhängigkeit Teile der deutschen Wirtschaft von dem chinesischen Markt haben”, sagte der FDP-Vorsitzende am Samstag beim Bundeskongress der Jungen Liberalen in Kassel. “Wir können in Deutschland chinesischen Investoren nur das gestatten, was umgekehrt auch deutschen Investoren in China erlaubt ist”, sagte Lindner. Der FDP-Parteichef sprach sich für neue Gespräche mit den USA zu Handelsbeziehungen aus.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen kritisierte, Scholz spalte den Westen. Indem er sich ohne EU-Rückendeckung nach Peking begeben habe, schwäche er die Bündnisse zu Deutschlands traditionellen Partnern.
Die chinesische Staatspresse lobt Scholz für seine Absage an eine wirtschaftliche Entkopplung. Die Global Times sah darin eine “Ablehung der Block-Konfrontation entlang ideologischer Linien” wie sie die USA praktizierten. Scholz müsse den Worten nun Taten folgen lassen und sich offener gegen Washington stellen. flee/fin/rtr/tho
China droht der Schweiz mit einer Verschlechterung der Beziehungen bei einer Übernahme der EU-Sanktionen gegen die Volksrepublik. “Sollte die Schweiz die Sanktionen übernehmen und sich die Situation in eine unkontrollierte Richtung entwickeln, werden die chinesisch-schweizerischen Beziehungen darunter leiden“, sagte der chinesische Botschafter in Bern, Wang Shihting, der Zeitung “NZZ am Sonntag”.
Die EU wirft China Massenverhaftungen von muslimischen Uiguren und Menschenrechtsverletzungen vor. Die Staatengemeinschaft hatte in diesem Zusammenhang im vergangenen Jahr die ersten Sanktionen gegen Personen und Institutionen in China seit der Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking 1989 verhängt. rtr
Tansania und China wollen ihre strategische Partnerschaft ausbauen. Das beschlossen die Staatsoberhäupter beider Länder, Xi Jinping und Samia Suluhu Hassan, bei einem Treffen in Peking. Der dreitägige Besuch von Tansanias Präsidentin überschnitt sich mit der von Olaf Scholz am Freitag in Peking.
Wie die chinesischen Staatsmedien berichten, vereinbarten Tansania und China den Handel auszuweiten, die Zusammenarbeit bei Infrastrukturprojekten voranzutreiben und in Bereichen wie der grünen und digitalen Wirtschaft zusammenzuarbeiten. In einem Joint Statement erklärt Peking unter anderem, Export-Waren aus Tansania zu 98 Prozent zollfrei zu behandeln sowie “aktiv die Möglichkeit zu prüfen, weiteren tansanischen Produkten Marktzugang zu gewähren”.
Der Zeitpunkt von Hassans Reise nach dem 20. Parteikongress unterstreiche die Nähe zwischen China und Tansania und die Bedeutung der Beziehungen zwischen China und Afrika insgesamt, zitiert die chinesische Staatspresse Xi Jinping. fpe
Das chinesische Umweltministerium hat die nächste Phase der Steuerung des Emissionshandels begonnen. Es holt derzeit die Einschätzung von Marktteilnehmern zu seinem Entwurf für die Bepreisung des CO2-Ausstoßes ein.
Analysten des Forschungshauses Refinitiv nennen die Pläne “zahnlos”, da sie den Kraftwerken und Unternehmen zu niedrige Kosten abverlangen. Die Regierung berücksichtigt in den neuen Plänen auch den wirtschaftlichen Druck durch die Covid-19-Pandemie und Ziele wie Versorgungssicherheit (China.Table berichtete). All das spricht nicht dafür, die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas zu schnell zu verteuern. fin


Am Sonntag konnten Lauf-Enthusiasten sich zum ersten Mal seit Ausbruch der Pandemie wieder beim Beijing Marathon austoben. Am Tian’anmen-Platz liefen die 20.000 Teilnehmer los, trabten ihre Runde um die Stadt, um dann am Olympic Park im Norden der Stadt durch die Ziellinie zu laufen.
Unter den Herren war der uigurische Läufer Anubaike Kuwan mit 2 Stunden 15 Minuten am schnellsten, unter den Damen gewann Xia Yuyu mit einer Zeit von 2 Stunden 29 Minuten. Der Beijing Marathon findet seit 1981 statt. Es durften nur Einwohner der Hauptstadt teilnehmen, eine Anreise von außen war nicht möglich. Auch in Shanghai und Chengdu sind Marathonläufe geplant. fin

Xie Zhenhua war eigentlich schon im politischen Ruhestand. Doch dann nahm die Karriere des Klimaexperten noch einmal richtig Fahrt auf. Als es darum ging, die langfristigen Klimaziele des größten CO2-Emittenten festzulegen, spielte Xie eine wichtige Rolle. Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung ist er aus der chinesischen Klimapolitik kaum wegzudenken. Jetzt nimmt er auf der Weltklimakonferenz COP27 in Ägypten eine Schlüsselrolle ein.
Seit 2007 ist Xie Chinas Chefverhandler auf den internationalen Klimakonferenzen. Zunächst trat er als Hardliner auf. Teils lautstark vertrat er die Position, China als “Entwicklungsland” trage nicht die gleiche Verantwortung für die Bewältigung der Klimakrise wie die westlichen Industrieländer. Die harte Position Chinas trug sogar zum Scheitern der Kopenhagen-COP bei. Über die Jahre wurde Xie jedoch diplomatischer, der Klimaschutz bekommt auch für China größere Bedeutung.
Im Jahr 2014 kam der Wendepunkt. Xie und der damalige US-Außenminister John Kerry einigten sich auf eine Übereinkunft zu Reduktion der Emissionen. Sie gilt bis heute als wichtiger Schritt für das Pariser Klimaabkommen. Xie und Kerry sollen sich sympathisch finden. “Ich kenne ihn sehr gut, weil ich seit etwa 20 Jahre mit ihm zusammenarbeite”, sagt Kerry der Nachrichtenagentur Reuters. “Er ist seit langem eine Führungspersönlichkeit und glaubt an das, was er tut”.
Seine Fähigkeit, zuzuhören und zäh zu verhandeln, habe ihn befähigt, andere Entwicklungs- und Schwellenländer in schwierigen Verhandlungssituationen zu Kompromissen zu bewegen, sagte der ehemalige US-Verhandler Todd Stern. Stern und Xie kamen sich ebenfalls persönlich näher, besuchten ihre Heimatstädte Tianjin und Chicago. “Er hat einen Sinn für Humor und lacht gerne. Ich mochte ihn auf Anhieb”, so Stern.
Li Shuo von Greenpeace Ostasien ist ebenfalls voll des Lobs. “Wenn man mit Xie spricht, hat man das Gefühl, mit einem echten Menschen zu kommunizieren”, sagte er vor dem Klimagipfel in Glasgow 2021. Bei anderen chinesischen Beamten habe man eher das Gefühl, “mit Robotern zu sprechen”.
Zwar erkennt Xie die Gefahren des Klimawandels inzwischen auch öffentlich an, er folgt jedoch streng den Leitlinien aus Peking. Sie sagen: Die Wirtschaft darf durch den Klimawandel nicht zu stark ausgebremst werden. Daher entsprechen die mittel- bis langfristigen Klimaziele der Volksrepublik, die sich auf die Jahre 2030 und 2060 beziehen, nicht dem Übereinkommen auf der Konferenz in Paris.
Ende 2019 trat Xie im Alter von 70 Jahren von seiner Position als “Sonderbeauftragter für den Klimawandel” und Chefverhandler zurück. Doch sein Ruhestand währte nicht lange. Im Sommer 2020 wurde er auf Einladung des Umweltministeriums Berater für Klimafragen. In dieser neuen Position gewann er wieder an politischem Einfluss und trug maßgeblich zur Formulierung der langfristigen Klimaziele Chinas bei, die Xi Jinping auf der UN-Vollversammlung 2020 verkündet hat.
Dabei nutzte er vor allem seine Verbindungen zur Tsinghua-Universität in Peking. 2017 erhielt er den Lui Che Woo-Preis für seinen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels. Das Preisgeld in Höhe von umgerechnet 2,5 Millionen US-Dollar stiftete er an die Tsinghua, die damit das Institute for Climate Change and Sustainable Development (ICCSD) gründet. Xie wurde Direktor des Instituts. Seit 2018 wurden am ICCSD Dekarbonisierungs-Pfade für die Industrie, den Transport-, Bau- und Energiesektor erforscht.
Nachdem Xie den Verantwortlichen des Umweltministeriums die Forschungsergebnisse vortrug, fanden sie den Weg zu Chinas Top-Entscheidungsgremien: dem Staatsrat und dem Politbüro. Ohne die stichhaltigen wissenschaftlichen Ergebnisse aus dem Institut hätte die Regierung eine so weitreichende Entscheidung wie über die Klimaziele nicht getroffen, sagen Analysten.
Auch im Westen gilt Xie als angesehener Experte. Seine Arbeit wurde mit einigen Preisen gewürdigt, darunter:
Xie hat sich seit Beginn seiner Karriere mit Energie-, Umwelt- und Klimafragen beschäftigt. Nach seinem Abschluss in Nukleartechnik an der Tsinghua-Universität wurde er Beamter im damals neuen Ministerium für städtisches und ländliches Bauen und Umweltschutz, das für die Kontrolle der Verschmutzung von Flüssen und Meeren zuständig war. Doch sein Werdegang war nicht immer vorgezeichnet. Während der Kulturrevolution wurde er wie Millionen andere Jugendliche aufs Land geschickt, um durch harte Arbeit “umerzogen” zu werden. Diese Erfahrung verbindet ihn mit Xi Jinping, der als Jugendlicher einen ähnlichen Weg durchschritt.
Im Februar 2021 wurde Xie dann erneut Sonderbeauftragter für den Klimawandel. Li Shuo sagte damals, das sei “eindeutig ein auf die USA zugeschnittener Schritt, eine Bemühung, um sicherzustellen, dass die diplomatischen Kanäle vorhanden sind”. Denn Xie und Kerry verstehen sich weiterhin gut.
Bevor die bilateralen Klimagespräche der USA und China nach dem Streit um Taiwan von China beendet wurden, sollen sie häufig telefoniert haben. Damals wurde es als gutes Zeichen gewertet, dass der erfahrene und im Ausland geschätzte Xie Zhenhua wieder Chefverhandler und Sonderbeauftragter für den Klimawandel wird. Nico Beckert
Mark Czelnik hat bei der VW-Software-Tochter Cariad den Posten des Head of ICAS, Plattform and HMI China übernommen. Czelnik wird von Peking aus die Forschung, Vorentwicklung, Konzeptentwicklung und Serienentwicklung der Software vorantreiben.
Hjalmar Horst ist seit November Director Purchasing Powertrain bei VW China in Peking. Horst ist seit über 10 Jahren für VW tätig. Sein neuer Posten markiert eine Rückkehr nach China: 2011 begann Horst seine Karriere bei VW als Praktikant in Peking.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Krisenstimmung, Herbstblues, Zukunftssorgen, Midlife Crisis? – Statt rammdösig Sorgenfalten zu runzeln, lockern Sie doch zur Abwechslung mal wieder ihre Lachmuskeln. Wer sich allerdings in China eine Portion Scherzkekse reinziehen möchte, wird unter einem unerwarteten Keyword fündig werden: nämlich 脱口秀 tuōkǒuxiù – der Talkshow.
Wer hier jetzt an Polit- oder Promitalk denkt, ist auf der völlig falschen Fährte. Das lautliche Lehnwort aus dem Englischen (tuōkǒuxiù – mit etwas Fantasie ähnelt es ja tatsächlich der “ta-lk-show”) hat sich seit einigen Jahren in China zum Synonym für Schenkelklopferkultur gemausert. Zu verdanken ist dies der gleichnamigen Streamingshow 脱口秀大会 tuōkǒuxiù dàhuì (wörtlich “Talk Show Conference”) des Videodienstes Tencent (腾讯视频 Téngxùn shìpín), die auch unter dem griffigeren englischen Namen “Rock & Roast” bekannt ist. Das Erfolgsformat, das seit 2017 auf Sendung ist und bei dem sich chinesische Nachwuchs-Comedians (脱口秀演员 tuōkǒuxiù yǎnyuán “Stand-up-Comedian”) fröhlich mit Pointen (笑点 xiàodiǎn – wörtlich “Lachpunkten”) und Wortspielen (谐音梗 xiéyīngěng – wörtlich “Gleichlaut-Stängeln”) batteln, hat dem Genre der Stand-up-Comedy in China Tür und Tor geöffnet.
Wer bei chinesischem Humor also immer noch an wechselseitige Wortgefecht des traditionellen Xiangsheng denkt (相声 xiàngsheng ist ein komödiantischer Bühnendialog), ist eindeutig von gestern. Denn heute grinst Chinas junge Generation vor Smartphone und Tablet zu Humor (幽默 yōumò – schon wieder ein lautliches Lehnwort) im Standup-Format mit Flachwitzen (冷笑话 lěngxiàohua – wörtlich “kalter Witz”), Satire (讽刺 fěngcì), Veralberungen (恶搞 ègǎo “veräppeln, veralbern, aufs Korn nehmen”) und Running Gags beziehungsweise Memes (梗 gěng), die allesamt Alltagsphänomene aufs Korn nehmen und der Gesellschaft so den Spiegel vorhalten.
Zu den bekanntesten neuen Gesichtern, denen der Comedy-Hype zum Durchbruch verholfen hat, zählen zum Beispiel die junge Alleinunterhalterin Yang Li (杨笠 Yáng Lì), Jahrgang 1992. Sie verpackt mit Vorliebe Gleichberechtigungsthemen als Gags und zieht mit ihren bissigen Bühnenbemerkungen Machogehabe, Möchtegernmacher und Mansplaining durch den Kakao. Xiao Jia (小佳 Xiǎo Jiā), der seit seiner Geburt selbst an einer Nervenkrankheit leidet, nimmt derweil die Behinderten-Community selbstironisch aufs Korn und verschafft ihr damit mehr Aufmerksamkeit. Und die Peking-Universität-Absolventin Niao Niao (鸟鸟 Niǎoniǎo) mimt auf der Rock-and-Roast-Bühne ein melancholisches Mauerblümchen mit Berührungsängsten und nimmt damit die sozialen Phobien von eingeigelten Großstädtern auf die Schippe.
Mit dem bewusst behelfsmäßig an das Englische angelehnten Genre-Label tuōkǒuxiù nimmt sich die Branche sprachlich auch selbst aufs Korn. Tatsächlich wird einem das augenzwinkernde 秀 xiù (für Englisch “show” oder “to show”) in der chinesischen Alltagssprache auch noch in vielen anderen Trendwörtern und Wortneuschöpfungen begegnen. Etwa in Vokabeln wie Realityshow (真人秀 zhēnrénxiù – wörtlich “Echte-Menschen-Show”) oder Talentshow (才艺c cáiyìxiù – “Talent-und-Kunstfertigkeits-Show”).
Die beste Show lässt sich aber natürlich privat abziehen – und zwar über alle verfügbaren Social-Media-Kanäle. Hier steht das Schriftzeichen 秀 xiù als Synonym für “posen, zur Schau stellen”. Und herzeigen lassen sich natürlich auch in China die “üblichen Verdächtigen”. Hier eine kleine (sprachliche) Angeber-Auswahl:
秀腹肌 xiù fùjī – seine Bauchmuskeln herzeigen
秀肌肉 xiù jīròu – seine Muckis zur Schau stellen
秀身材 xiù shēncái – Figur zeigen
秀工资 xiù gōngzī – mit dem Gehalt prahlen
秀车 xiù chē – mit dem fahrbaren Untersatz angeben
秀女朋友/秀男朋友 xiù nǚpéngyou / xiù nánpéngyou – Bilder der Freundin/des Freundes posten
秀恩爱 xiù ēn’ài – öffentlichkeitswirksam turteln, seine Verliebtheit zur Schau stellen
秀手艺 xiù shǒuyì – seine Kochkünste (oder andere handwerkliche Fertigkeiten) zur Schau tragen
秀新衣服 xiù xīn yīfu – neue Klamotten herzeigen
Auf Taobao und anderen E-Commerce-Portalen im Reich der Mitte hat sich die xiu-Kultur gar in einem eigenen Fotogenre sprachlich manifestiert: dem Käuferschnappschuss, auf Neuchinesisch 买家秀 mǎijiāxiù. Denn Chinas Onlineshopping-Victims posten in ihren Produktbewertungen gerne auch mal Foto- und Video-Impressionen ihrer Einkaufsfänge. Und auch das hat nicht selten Unterhaltungswert. Etwa wenn Otto-Normalverbraucher in Cartoon-Pantoffeln beziehungsweise mit Panda-Kosmetikmaske posieren oder bierernst im Plüschpyjama die Benutzung einer neu erworbenen Heizdecke demonstrieren. Hier schließt sich also der Lachkreislauf lässig. In diesem Sinne: Behalten Sie sich ihren guten Humor – egal in welcher Sprache.
Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.