die EU wacht beim Thema Rohstoffe auf. China sichert sich schon seit Jahrzehnten die nötigen Materialien, um seine Wirtschaft zu versorgen. Europa hat lange auf Mechanismen des freien Marktes gesetzt. Das ist ehrenhaft, aber es passt nicht mehr zusammen, wenn andere Wirtschaftsblöcke sich mit robusten Methoden den Erstzugriff verschaffen.
Der Entwurf für einen “Raw Materials Act” ist daher ein wichtiger Schritt. Auch Deutschlands Energiewende kann nur gelingen, wenn die Rohstoffe dafür verfügbar sind. Doch wie immer in der EU hängen über der konkreten Umsetzung viele Fragezeichen. Für einen Erfolg müssten alle an einem Strang ziehen, was den Mitgliedsstaaten bekanntlich schwerfällt.
Etwas schwer tut sich auch der Suchmaschinen- und KI-Konzern Baidu mit seiner Version einer Computer-Intelligenz für gepflegte Plaudereien. Was als große Konkurrenz zum amerikanischstämmigen Wunderwerk ChatGPT angekündigt war, erwies sich in der offiziellen Präsentation als nicht praxisfest. Baidu-Chef Robin Li traute sich nicht einmal ein Echtzeitgespräch mit seiner KI. ChatGPT hätte so eine Showeinlage locker gemeistert. Doch das Rennen um die beste KI hat gerade erst begonnen, analysiert Jörn Petring.
Anfang der Woche ist Jiang Yanyong gestorben, der Chefchirurg, der zum personifizierten schlechten Gewissen der Partei geworden ist. Unser Autor Johnny Erling kennt ihn schon seit Jahrzehnten und zeichnet das Leben eines Mannes nach, der für die Wahrheit kämpfte. Mit seinem Tod im Hausarrest schwindet einmal mehr die Chance auf eine Aufarbeitung von 1989.
Bis 2030 sollen innerhalb der EU viel größere Mengen wichtiger Rohstoffe für die Industrie verfügbar sein – damit will sich Brüssel vor allem aus der Abhängigkeit von China kämpfen. Der am Mittwoch vorgestellte Entwurf des Critical Raw Materials Act (CRMA) sieht vor, dass bis 2030
Europe.Table hatte bereits vergangene Woche über Inhalte einer geleakten Version des Entwurfs berichtet. “Nach 18 Monaten Arbeit heißt es: Vorbei mit der Naivität, jetzt ist Handeln angesagt”, erklärte Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton bei der Vorstellung des Papiers und bezog sich damit auf die bislang eher passive Rolle der EU in Sachen Rohstoffpolitik.
Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte tags zuvor erneut auf die Abhängigkeit der EU bei wichtigen Mineralien verwiesen: “Wir beziehen 98 Prozent unserer Seltenen Erden aus China, 93 Prozent unseres Magnesiums aus China, 97 Prozent unseres Lithiums aus China”, zählte von der Leyen auf. Die Pandemie und der Krieg gegen die Ukraine hätten der EU eine “bittere Lektion” über die Abhängigkeiten erteilt.
Die bisherige Liste von 30 kritischen Rohstoffen erweitert die EU-Kommission auf 34, wobei ein besonderer Fokus auf eine kleinere Gruppe gelegt wird. 16 Rohstoffe werden in dem veröffentlichten Entwurf als strategisch bezeichnet. Die Kriterien dafür sind ihre strategische Bedeutung, das Verhältnisses von künftiger Nachfrage zur aktuellen weltweiten Produktion sowie die Schwierigkeit, die Produktion zu steigern. Für diese 16er-Gruppe sollen die konkreten Benchmarks für Produktionskapazitäten innerhalb der EU und für die Importdiversifizierung gelten. Es handelt sich um:
Als “kritisch” stuft die Kommission diese Rohstoffe und 18 weitere (darunter Bauxit, Hafnium, Helium und weitere Seltene Erden) ein. Diese überschreiten bestimmte Schwellenwerte für ihre wirtschaftliche Bedeutung und ihr Versorgungsrisiko. Für sie gelten die Ziele, das Versorgungsrisiko zu überwachen und zu mindern sowie ihren freien Verkehr im EU-Binnenmarkt zu gewährleisten und dabei ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen.
Die grundsätzlichen Linien des Entwurfs waren erwartbar: Europa kann sich die “not in my backyard”-Mentalität nicht länger leisten und muss die eigenen Rohstoffvorkommen stärker erschließen. Dafür sieht der Entwurf allerhand Maßnahmen vor: Vorkommen erschließen, Daten teilen, Genehmigungsverfahren beschleunigen.
Ein Paradigmenwechsel ganz im Sinne der Bergbauindustrie: “Das Rohstoffpotenzial der EU ist beträchtlich, aber wir brauchen effizientere Genehmigungen, um den Schatz der EU zu heben – ein Thema, das im CRM-Gesetz aufgegriffen wird”, lobt Rolf Kuby, Hauptgeschäftsführer des Verbands Euromines.
Als “strategisch” gekennzeichnete Rohstoffprojekte sollen im “öffentlichen Interesse” stehen, da sie zur Versorgungssicherheit beitragen. Das bedeutet: Sie könnten auch in Natura-2000-Schutzgebieten (zur Erhaltung gefährdeter Lebensräume und Arten) genehmigt werden und eine Verschlechterung der Qualität von Oberflächengewässern rechtfertigen.
Tobias Kind-Rieper, Rohstoffexperte beim WWF, warnt vor einer Aufweichung wichtiger Umweltgesetzgebung: “Wenn Bergbauprojekte als öffentliches Interesse über das Umweltrecht gestellt werden, könnte das dramatische Auswirkungen auf Schutzgebiete und auf Biodiversität-Hotspots in Europa haben, etwa in Portugal und Schweden”.
Viele Rohstoffvorkommen in Europa befinden sich in Natura-2000-Schutzgebieten oder in deren Nähe. Deshalb macht er auch klar: Ohne Bergbauprojekte in solchen Schutzgebieten kann das Ziel, zehn Prozent des Rohstoffbedarfs aus heimischem Bergbau zu generieren, wahrscheinlich nicht erreicht werden.
Der CRMA sieht noch weitere Schritte vor:
Kritik gab es vor allem für die Vorgaben zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft: Zwar bestehe das Ziel, bis 2030 mindestens 15 Prozent des EU-Bedarfs an strategischen Rohstoffen mit hiesigen Recyclingkapazitäten zu decken. Die Vorgaben für die Mitgliedstaaten lauten jedoch lediglich, Sammlung und Recycling zu stärken und beinhalten keine konkreten Zielwerte.
Beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft lasse die EU die Mitgliedstaaten zu sehr an der langen Leine und gefährde damit auch die Integrität des Binnenmarkts, sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). “Wir brauchen einen EU-weiten, einheitlichen Markt für Sekundärrohstoffe. Sonst wird das Ziel, europaweit 15 Prozent an kritischen Rohstoffen bis 2030 aus Recycling zu gewinnen, konterkariert und es droht ein großer Flickenteppich”, erklärte er.
Zu dem Entwurf werden sich nun noch das Europaparlament und EU-Rat positionieren müssen. Einen Zeitrahmen dafür gibt es bisher noch nicht.
In Peking hatte Baidu zum Launch des Bots Ernie (Enhanced Representation through Knowledge Integration) geladen, seiner Antwort auf ChatGPT. Doch die Präsentation von Firmengründer Robin Li verlief anders, als es sich der Milliardär wohl erhofft hatte. Mit jeder Minute, die er sprach, fiel der Kurs von Baidu an der Hongkonger Börse. Das Papier ging schließlich mit einem Minus von mehr als sechs Prozent aus dem Handel.
Den Anlegern gefiel offenbar nicht, was Li zu zeigen hatte. Und auch nicht das, was er sagte. Immerhin war Li ehrlich: “Ich kann nicht sagen, dass wir vollständig bereit sind”, sagte Li. Ernie Bot werde enthüllt, weil der Markt danach verlange. ChatGPT sei eine “hohe Messlatte”. Tests mit Ernie Bot hätten gezeigt, dass er “noch nicht perfekt” sei.
Auch ChatGPT ist zwar nicht perfekt, und dennoch verblüfft es im Test immer wieder mit seinen Fähigkeiten. Das populäre Programm von OpenAI hat noch viele Fehler und gilt als “work in progress”. Erst am Dienstag hat das US-Unternehmen mit GPT-4 jedoch eine deutlich verbesserte Version vorgestellt. Dagegen sah Baidu schlecht aus.
Was Beobachter besonders störte: Li chattete nicht live mit Ernie Bot. Stattdessen spielte er vorbereitete Anwendungsbeispiele ab. Echtzeit-Tests gehören heute eigentlich zum Standard eine KI-Präsentation.
Die Oberfläche von Ernie Bot sieht fast genauso aus wie ChatGPT. In einer Art Chat-Feld kann man dem Programm Fragen stellen und Antworten erhalten. Auch Arbeitsaufträge sind möglich. So wurde zum Beispiel gezeigt, wie Ernie Bot den bekannten chinesischen Science-Fiction-Roman Three-Body Problem zusammenfasst. Das Tool wurde auch nach biografischen Daten des Autors gefragt. Diese Aufgabe hätte jedoch auch mit einer herkömmlichen Suchmaschine schnell gelöst werden können.
Eine weitere vorgestellte Funktion, bei der ein Text in einem südchinesischen Dialekt vorgelesen wurde, war zwar durchaus unterhaltsam. Ein technologischer Quantensprung ist eine solche Sprachausgabe aber sicher nicht. Laut Li ist Ernie Bot in der chinesischen Sprachgenerierung überlegen. Im Englischen gäbe es aber sicher noch Verbesserungsbedarf.
Experten bewerten die Fähigkeiten des Systems bislang zurückhaltend bis skeptisch. “Es gab nicht viel Aufregendes bei diesem Start”, sagte Willer Chen vom Vermögensverwalter Forsyth Barr Asia der Nachrichtenagentur Bloomberg. Der Absturz der Baidu-Aktie habe gezeigt, dass Investoren enttäuscht seien. Auch in Chinas sozialen Netzwerken erntete Baidu Kritik und teilweise sogar Spott.
Dabei lässt sich nach der kurzen Präsentation natürlich noch kein abschließendes Urteil fällen. Google erging es vor wenigen Wochen nicht viel besser. Als der US-Konzern Anfang Februar seinen Chatbot Bard als Antwort auf GhatGPT vorstellte, reagierten Anleger ebenfalls zunächst enttäuscht. Die Google-Aktie verlor über sieben Prozent.
Dennoch ist das Rennen sowohl für Google als auch für Baidu noch nicht verloren: Beide Unternehmen investieren seit Jahren Milliarden in die KI-Forschung. Wer bei einem Produkt wie ChatGPT die Nase vorn hat, muss nicht automatisch auch in allen zukünftigen Anwendungsbereichen dominieren. So ist Ernie Bot nur eine von vielen bestehenden und zukünftigen Anwendungen, die auf Baidus KI-System Ernie basieren.
Sicher ist, dass KI-Durchbrüche auch weiterhin vor allem aus den USA und China kommen werden. Beide Länder liefern sich in diesem Bereich ein enges Rennen. Baidu-Gründer Robin Li war es am Donnerstag allerdings wichtig, das Thema nicht unnötig zu politisieren. “Ernie Bot ist kein Instrument der Konfrontation zwischen China und den USA”, sagte er. Jörn Petring
20.03.2023, 18:15 Uhr (21.03., 01:15 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut FU Berlin, Webinar: Die Sino-Europäischen Beziehungen: Ein unlösbares Dilemma? Mehr
20.03.2023, 16:00 Uhr (23:00 Uhr Beijing time)
SOAS University of London, Webinar: ‘Unfinished Business – Voices of the LGBTQIA+ Revolution’ Event 4 – The worldwide movement for Queer Freedom in China Mehr
20.03.2023, 18:00 Uhr (21.03., 01:00 Uhr Beijing time)
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20.03.2023, 18:00 Uhr (21.03., 01:00 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Webinar: Imperial Gateway: Colonial Taiwan and Japan’s Expansion in South China and Southeast Asia, 1895-1945 Mehr
21.03.2023, 15:30 Uhr (22:30 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Webinar: China’s New Government Takes Over: Takeaways from China’s Annual Legislative Session Mehr
22.03.2023, 14:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing time)
Volksbank Biberach, Webinar: Blitzlicht: Aktuelles aus China und Taiwan sowie zum Lieferkettengesetz Mehr
22.03.2023, 08:30 Uhr (15:30 Uhr Beijing time)
Chinaforum Bayern, China@Home Webseminar: China plus 1 – Die Eier sollen aus dem Korb Mehr
22.03.2023, 09:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Navigating Corporate Income Tax Reconciliation in China – Digitalization and Key Changes Mehr
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23.03.2023, 18:30 Uhr (24.03., 01:30 Uhr Beijing time)
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23.03.2023, 14:30 Uhr
Deutsch-Chinesische Wirtschaftsvereinigung, Networking-Event (Frankfurt): China startet durch: Tianhe One, High-Tech-Industrie und Logistikknotenpunkt – die Tianjin Binhai New Area Mehr
Außenminister Qin Gang hat mit seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba telefoniert und sich besorgt über eine Eskalation des Krieges geäußert. Er hoffe, “dass die Beteiligten ruhig, rational und zurückhaltend bleiben und so schnell wie möglich Friedensgespräche aufnehmen”, berichteten chinesische Staatsmedien. Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi hat Kuleba bereits in München am Rande der Sicherheitskonferenz gesprochen. Er habe mit Qin über die Bedeutung des Prinzips der territorialen Integrität gesprochen, schrieb Kuleba nach dem Gespräch auf Twitter.
Staatschef Xi Jinping wird kommende Woche vermutlich zu Gesprächen mit Wladimir Putin nach Moskau reisen. Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine plant Xi demnach auch ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij – allerdings nur virtuell. Offenbar geht es dabei um Vermittlungen zwischen den beiden Parteien.
Derweil haben ukrainische Soldaten einem Bericht von CNN zufolge eine umgebaute chinesische Mugin-5-Drohne abgeschossen. Das Flugobjekt sei sehr niedrig geflogen und mit einer 20 Kilogramm schweren Bombe bewaffnet gewesen. Diese sei von den Soldaten kontrolliert gesprengt worden.
Das Ereignis ist brisant, da es Spekulationen über chinesische Waffenlieferungen an Russland nährt. Der Spiegel hatte unter anderem Ende Februar darüber berichtet, dass es konkrete Gespräche über die Lieferung von Kamikaze-Drohnen gebe. Das chinesische Außenministerium hat geplante Waffenlieferungen an Russland dementiert.
Die abgeschossene Mugin-5-Drohne ist allerdings kein militärisches Flugobjekt. Sie trägt auch den Spitznamen “Alibaba-Drohne”, weil sie von den chinesischen Online-Händlern Alibaba und Taobao ab etwa 10.000 US-Dollar frei verkauft wird. Für den Einsatz über der Ukraine ist die Mugin-5 vom russischen Militär offenbar umgebaut worden. Die Mugin-5 ist ein ferngesteuertes Motorflugzeug mit einer Spannweite von fünf Metern und einer Rumpflänge von drei Metern. Sie kann bis zu 25 Kilogramm Gewicht transportieren und fliegt bis zu 120 km/h schnell.
Hersteller Mugin Limited bestätigte, dass es sich um Flugzeugteile seines Unternehmens handele und nannte den Zwischenfall “sehr unglücklich”. Ein Sprecher sagte, das Unternehmen billige die Nutzung nicht und versuche alles, um einen solchen Einsatz zu stoppen. Bereits Anfang März hatte Mugin die militärische Nutzung seiner Produkte verurteilt. Auch die Ukraine soll Berichten zufolge Mugin-Drohnen für Kampfzwecke umgebaut haben.
Chinesische Unternehmen hätten Russland zudem 1.000 Sturmgewehre und andere Ausrüstung zukommen lassen, die für militärische Zwecke verwendet werden könnten, berichtete Politico auf Basis von Zoll-Daten. Auch Drohnenteile und Körperschutz-Ausrüstung sollen laut dem Bericht geliefert worden sein.
Wie bei der Mugin-5-Drohne handelte es sich dabei um Dual-Use-Produkte mit zivilen und militärischen Anwendungen. Die Ware sei über eine Route durch die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate nach Russland geliefert worden. Bei den Sturmgewehren handelte es sich dem Bericht zufolge um CQ-A-Sturmgewehre. Diese sind dem M16 nachempfunden, aber in den Daten als “zivile Jagdgewehre” gekennzeichnet. jul/ari
Die US-Regierung hat den chinesischen Technologiekonzern Bytedance aufgefordert, seine Anteile an der Kurzvideo-App TikTok zu verkaufen. Ziel ist es, die US-Version von Tiktok von der chinesischen Mutter abzuspalten. Andernfalls drohe ein mögliches Verbot in den USA, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Wegen der Nähe von Tiktok und der Mutter ByteDance zur chinesischen Regierung befürchten die US-Sicherheitsbehörden, dass die Volksrepublik persönliche Nutzerdaten abgreift oder zur Manipulation der öffentlichen Meinung missbraucht. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Wang Wenbin sagte dagegen am Donnerstag, die Vereinigten Staaten hätten bisher keine Beweise für Sicherheitsbedrohungen vorgelegt. Die USA sollten damit aufhören, Unternehmen wie Tiktok zu unterdrücken.
Die britische Regierung hat sich derweil dem Schritt der USA angeschlossen und ebenfalls angekündigt, Tiktok von Regierungshandys zu verbannen. “Wir werden Tiktok auf Geräten der Regierung mit sofortiger Wirkung verbieten. Das ist eine vorsorgliche Maßnahme”, sagte der zuständige Minister Oliver Dowden. Zahlreiche Regierungen haben eine Verbannung bereits verfügt, darunter auch die EU-Kommision.
Der Geschäftsführer von Tiktok (dem Betreiber der internationalen Version), Shou Zi Chew, soll kommende Woche vor dem US-Kongress erscheinen. Dabei soll es um Sicherheitsbedenken der Behörden, den Schutz der Daten amerikanischer Nutzer und die Beziehungen des Unternehmens zur Kommunistischen Partei gehen.
US-Behörden und Tiktok verhandeln seit mehr als zwei Jahren über die Anforderungen an die Datensicherheit. Ein Verbot in den USA ist rechtlich schwierig – der ehemalige US-Präsident Donald Trump scheiterte während seiner Amtszeit bereits mit einem Versuch, die App zu verbieten. Es gibt allerdings einen Entwurf für ein Gesetz, das ein Verbot ermöglichen könnte. Wann der Kongress über dieses Gesetz abstimmt, ist aber noch unklar. jul
Die Bundestagsabgeordnete Katja Leikert (CDU) fordert eine Aufarbeitung der Mythen, die jahrelang die deutsche Chinapolitik bestimmt haben. Vorstellungen wie “Wandel durch Handel” hätten das China-Geschäft “moralisch aufgeladen”, haben sich rückblickend jedoch als untaugliche Konzepte für eine Strategie gegenüber China erwiesen. Das sagte Leikert am Donnerstag auf einer Veranstaltung aus der Reihe Global China Conversations des Kiel Institute für Weltwirtschaft. China.Table ist Medienpartner der Gesprächsreihe.
Leikert ist Abgeordnete für den Wahlkreis Hanau in Hessen, in dem sich zahlreiche Industriebetriebe mit starkem Chinageschäft befinden; sie ist zudem von Haus aus Sicherheitsexpertin. Eigentlich befürwortet sie es, der Wirtschaft in geschäftlichen Dingen freie Hand zu lassen. Doch der geopolitische Druck im Umgang mit China habe so stark zugenommen, dass sie hier durchaus staatliche Eingriffe befürwortet, sagt Leikert. “Deutschland braucht jetzt eine China-Strategie.” Die Abhängigkeiten seien zu groß geworden, um sie einfach laufen zu lassen. Dazu komme eine Abhängigkeit bei kritischen Rohstoffen auch für die Energiewende.
Diese gegenseitige Abhängigkeit Chinas und Europas habe nicht die erhoffte Steigerung der Sicherheit gebracht, so Leikert. Das habe das Verhalten Russlands im vergangenen Jahr gezeigt. Ein “Ende der Naivität” sei daher auch gegen China angebracht. Die Debatte sei nicht neu: Schon die CDU-geführten Bundesregierungen hätten sich mit Abhängigkeiten auseinandergesetzt. Inzwischen sei es aber Zeit, im Rahmen einer China-Strategie konkretere Schlussfolgerungen zu ziehen. Dazu gehöre es, die Abhängigkeiten zu benennen und zu verringern – und China den Zugriff auf kritische Infrastruktur zu verwehren. fin
Der Bau einer Fabrik des taiwanischen Chip-Riesen TSMC in Sachsen wird offenbar immer konkreter. Gespräche mit der sächsischen Landesregierung seien “ernsthaft und weit fortgeschritten”, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von einem Insider.
Aktuell gehe es bei den Gesprächen um Subventionen, die das taiwanische Unternehmen für die Ansiedlung im “Silicon Saxony” rund um Dresden verlangt. “Ohne Subventionen wird keiner kommen“, sagte ein zweiter Insider. TSMC poche auf Subventionen, weil die Kosten – vor allem Lohnkosten – in Deutschland höher seien als anderswo. Inzwischen seien demnach auch Delegationen aus Sachsen zu Gesprächen nach Taiwan gereist.
TSMC hat sich offiziell bisher nicht zu Plänen für ein Werk in Deutschland bekannt. Im Dezember hieß es noch, es gebe keine konkreten Pläne für eine solche Fabrik. Das Unternehmen ist der weltweit größte Auftragsfertiger für Halbleiter, das Werk in Dresden wäre das erste in Europa.
Die EU fördert die Halbleiter-Produktion in Europa mit dem 45 Milliarden Euro schweren “Chips Act”, der den Marktanteil Europas am weltweiten Chip-Markt bis 2030 verdoppeln und Europa unabhängiger von internationalen Lieferketten machen soll. Nach Angaben der Landesregierung in Dresden haben Vertreter des Freistaats am 6. März in Brüssel mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) über den Chips Act gesprochen. rtr/jul
Die Volksrepublik China und die Vereinigten Staaten haben sich im Menschenrechtsrat einen Schlagabtausch geliefert. Mitglieder der chinesischen Delegation unterbrachen mehrfach den Wortbeitrag der tibetisch-stämmigen Vertreterin der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Thinlay Chukki. Sie sprachen der Aktivistin die Gültigkeit ihrer Akkreditierung für den Rat ab und bezeichneten sie als Seperatistin. Zweimal ergriff daraufhin ein US-Delegierter das Wort und betonte die Rechtmäßigkeit ihres Redebeitrages. Die Sitzungsleitung vergewisserte sich daraufhin der Gültigkeit der Akkreditierung und ließ Chukki zu Ende sprechen.
Akkreditierungen für den Menschenrechtsrat erteilt der Wirtschafts- und Sozialrat der UN (Ecosoc). Nichtregierungsorganisationen können sich mit dieser Zulassung für ein Zeitfenster bewerben, um einen Beitrag zu einer bestimmten Debatte zu leisten. China selbst hat in den vergangenen Jahren Dutzende, allerdings staatlich organisierte Nichtregierungsorganisationen bei Ecosoc akkreditiert. Diese Organisationen bewerben sich inflationär um Zeitfenster, um anderen, tatsächlich unabhängigen Organisationen die Chance auf Redezeit zu nehmen. grz
Es kam als merkwürdige Koinzidenz: Chinas neugewählter Premier Li Qiang tat auf seiner ersten live übertragenen Pressekonferenz in Peking am vergangenen Montag so, als ob der Journalist das Thema verfehlt habe. Der wollte von ihm wissen, ob ausländische Zweifel über Chinas lange und extrem harte Vorgehensweise gegen Covid-19 berechtigt gewesen seien. “Unsere Strategien und Methoden waren absolut richtig”, verkündete Li und ging nicht darauf ein, wie er Anfang 2022 als damaliger Parteichef von Shanghai 25 Millionen Einwohner zwei Monate lang im Lockdown einsperren ließ. Wie zuvor Parteichef Xi Jinping pries der Premier den “großen entscheidenden Sieg” der Partei über die Pandemie (取得重大决定性胜利). Weil sie “mehr als drei Jahre dem Grundsatz folgte, dass Mensch und Leben bei uns an erste Stelle kommen.” (三年多来,我们始终坚持人民至上、生命至上.)
Zur gleichen Zeit durchkämmten staatliche Zensoren Chinas Internet nach allen Nachrichten zum Tod des legendären Arztes Jiang Yanyong, dem es zeitlebens Ernst damit war, das Leben seiner Mitmenschen über alles zu stellen – auch gegen den Willen der Partei. Der ehemalige Chefchirurg starb am Samstag an einer Lungenentzündung im gleichen Pekinger Militär- und Prominentenkrankenhaus 301, wo er 1957 als Arzt angefangen hatte.
Die erste Online-Meldung über seinen Tod verbreitete sich über Weixin (Wechat) Montagfrüh um 6:23 Uhr: “Chinas Arzt Jiang Yanyong ist gestorben. Einst hat er mit einem Satz der Wahrheit das Leben unzähliger Chinesen gerettet. Jeder sollte trauern.” Zensoren löschten die Nachricht und ersetzten sie durch ihr typisches Verbotssymbol: ein weißes Ausrufezeichen in einer roten Kugel mit einer Warnung vor verbotenen Inhalten.
Anonyme Blogger protestierten am Dienstag gegen die Nachrichtensperre: “Ich trauere! Ewigkeit für Doktor Jiang Yanyong! Gestern ist er gestorben. Wer im Netz sucht, findet diesen Menschen aber nicht.” (悼!蒋彦永医生千古!昨日去世,全网查无此人.) Die Zensur ging so massiv vor, dass bis Donnerstag kein offizielles Medium Jiangs Tod meldete. Seine Familie durfte am Mittwoch nur mit einer einfachen Zeremonie im Totensaal des Krankenhauses 301 Abschied von ihm nehmen. Alle Kränze für Jiang mussten vorab inspiziert werden.
Prominente Bürgerrechtler nutzten das verbotene Twitter, um zu trauern. Wie etwa der mutige ehemalige Anwalt Pu Zhijiang 浦志强, dem Peking die Lizenz entzogen hat und den sie einsperren ließ. Pu schrieb: “Bevor Corona ausbrach, konnte ich mich mit dem Arzt Jiang noch jedes Jahr treffen. Ich musste beim Wohnblock meine Autonummer anmelden, damit ich durchgelassen wurde. In den letzten Jahren durften weder ich noch die Anwaltskollegen Zhang Zuhua, Mo Shaoping und Shang Baojun zu ihm. Ich hörte, dass sogar seine Schüler strengsten Kontrollen unterzogen wurden, wenn sie den alten Herrn aufsuchen wollten. Da war nichts zu machen. Es gibt Leute, die ihn fürchten.” (没办法, 有人怕他.)
Damit waren Chinas Parteiführer der vergangenen 20 Jahre gemeint, die ihn isolieren ließen, nachdem Jiang im März 2003 öffentlich aufgedeckt hatte, wie Peking die ausbrechende Sars-Epidemie zu verschleiern versuchte. Zum verfolgten Unruhestifter aber wurde er ein Jahr später, als er 2004 sein Schweigen über den einst von der Partei befohlenen “verbrecherischen Armeeeinsatz” gegen Studentendemonstrationen brach, der zum Tiananmen-Massaker des 4. Juni 1989 führte. Jiang forderte in einem erschütternden Brief die Parteiführung auf, sich endlich ihrer Verantwortung zu stellen und die unheilvollen Ereignisse aufzuarbeiten.
Er provozierte damit nicht nur die damaligen Machthaber, sondern auch den erst 2012 zum Parteichef gewählten Xi Jinping. Jiang forderte ihn in mehreren Briefen zuerst parteiintern und dann öffentlich auf, endlich die Tiananmen-Proteste vom Vorwurf der Konterrevolution freizusprechen.
Im letzten Brief an Xi vom 10. Oktober 2018, den er im März 2019 an den Volkskongress schickte, schrieb er, die Partei müsse ihre Angst überwinden, dass in China Chaos ausbricht, wenn sie die Ereignisse neu bewertet. Sie wird damit “die Stabilität Chinas absolut nicht gefährden. Im Gegenteil”. Der Armee-Einsatz 1989 sei ihr “schlimmstes Verbrechen”.
Jiang erinnerte Xi dabei an dessen Vater und Politiker Xi Zhongxun während Chinas Reformzeit. Vater Xi habe es selbst gewagt, gegen einen Deng Xiaoping zu protestieren, als dieser den früheren Parteichef Hu Yaobang absetzen ließ, weil er ihm zu liberal war. Der Vater sei in den Raum von Deng gestürzt, er “schlug auf den Tisch und beschimpfte ihn.” Wie aber verhalten sich Sohn Xi und die heutigen Führer? “Haben sie auch so viel Courage, für eine gerechte Sache einzustehen?”
Als ich Jiang im Frühsommer 2019 in Peking mehrfach treffen konnte, sagte er mir: “Ich habe fünf solcher Briefe an Xi geschrieben. Antworten habe ich auf keinen einzigen bekommen.” Sein letzter Brief war besonders brisant. Denn Jiang, der den Rang eines Generalmajors hatte und ein Parteiveteran war, der seit Juli 1952 der KP angehörte, kannte viele chinesische Führer persönlich. Er enthüllte, wie umstritten die von Deng Xiaoping befohlene, blutige Niederschlagung am 4. Juni innerhalb der Parteispitze war. Der damals amtierende Staatspräsident Yang Shangkun hatte auf Befehl von Deng im Mai 1989 zusammen mit Premier Li Peng den Ausnahmezustand über Peking verhängt. Damit konnten die Truppen in die Hauptstadt kommen. Als der Militärarzt Jiang zehn Jahre später Yang Shangkun in seinem Haus aufsuchte, gestand der ihm: “Der vierte Juni war der schwerste Fehler in unserer Parteigeschichte.” Jetzt sei er nicht korrigierbar, werde es aber in Zukunft sein. Auch von anderen Mächtigen hörte Jiang solche späten Einsichten.
In seinem ersten Brief wegen des Tiananmen-Massakers von 1989, den er im Februar 2004 an die damalige Pekinger Führung schickte, hätte er sich erstmals getraut, Pekings größtes Tabuthema öffentlich anzusprechen, sagte er mir einst. Ihn habe all die Jahre gequält, was er als Chefchirurg in der Nacht auf den 4. Juni miterlebte. Jiangs Militärkrankenhaus 301 lag auf der Einmarschroute der um sich schießenden Truppen, die zu dem von Studenten besetzten Tiananmen-Platz des Himmlischen Friedens vorstießen. Bis Mitternacht wurden ihm 89 Verletzte mit fürchterlichen Wunden eingeliefert. Die Soldaten hätten mit international geächteter Bleimunition geschossen, die beim Aufprall splitterte.
Die damalige Nacht habe ihn verändert und zu seinem Ein-Mann Kreuzzug bewogen, zuerst gegen die Lügen wegen Sars und dann für die Rehabilitierung der Ereignisse und der Opfer des 4. Juni. Nachdem Jiangs Brief öffentlich wurde, sperrten die Behörden ihn und seine Frau am 1. Juni 2004 für 45 Tage ein und stellten sie dann für acht Monate unter Hausarrest. Chinas Partei-Führung beharrte 2004 so wie auch heute unter Xi Jinping, dass die Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 gerechtfertigt gewesen sei. Sie werde diese Vergangenheit niemals neu aufrollen.
Als loyaler Patriot hatte sich Jiang, der aus einer vornehmen Hangzhouer Bankiersfamilie stammte und Verwandte in Taiwan hatte, immer an die KP-Disziplin gehalten. Er schwieg über das, was er in der Kulturrevolution erlitt. Er wurde als Konterrevolutionär brutal verfolgt und verbrachte bis 1971 fünf Jahre lang als Pferdehirt in einem Armee-Straflager auf dem tibetischen Hochplateau Qinghai. Dann brauchte man ihn als Chirurg wieder zurück.
Doch als Arzt geriet er außer sich, als er am 3. April 2003 im Fernsehen mit ansah, wie der damalige Gesundheitsminister Zhang Wenkang die mysteriöse aus Guangdong nach Peking überschwappende Sars-Seuche herunterspielte und log: Sie sei bis auf wenige Einzelfälle “unter Kontrolle”.
Jiang hatte beunruhigt verfolgt, wie täglich immer mehr Neuinfizierte eingeliefert und heimlich auf Pekinger Militärkrankenhäuser verteilt wurden. Er verschickte Brandbriefe an den Staatssender CCTV und den prochinesischen Hongkonger Kabelsender Phoenix TV. Beide ignorierten ihn. Darauf wagte er am 8. April, die Pekinger Korrespondentin Susan Jakes vom US-Magazin Time zu informieren. Zusammen mit Karl Greenfeld, dem Chefredakteur des Asien-Ablegers des Magazins, der Jahre später ein Buch über das Thema veröffentlichte (China Syndrome: The True Story of the 21st Century’s First Great Epidemic), schrieben die Journalisten einen Report, der die Weltgesundheitsorganisation (WTO) alarmierte. Am 20. April gestand die Pekinger Führung auf einer Pressekonferenz 339 SARS-Fälle und viele Tote nur in Peking ein. Sie feuerte den Gesundheitsminister und einen weiteren hohen Beamten.
Peking mobilisierte darauf das Land gegen Sars. Mitte August war die Ausweitung zur pandemischen Gefahr gebannt. Die WHO zählte dank der Zusammenarbeit mit China weltweit nur 8.422 Infizierte und 919 Tote. Mehr als 800 Menschen waren in Festlandchina, Hongkong und auf Taiwan gestorben.
Jiang wurde drei Monate lang als Held gefeiert. Chinas Regierung erließ neue Regeln zur Transparenz und völligen Offenlegung medizinischer Informationen bei Risikofällen. Sie führte 2006 die Meldepflicht für Seuchen und Notfälle ein.
15 Jahre später beim Corona-Ausbruch in Wuhan Anfang 2020 war alles wieder vergessen, wurde wieder verheimlicht, gelogen und getrickst. Der einstige Whistleblower Jiang saß mit seiner Frau Hua Zhongwei im Hausarrest und konnte nur ohnmächtig zuschauen.
Qi Huang ist jetzt Geschäftsführer von Huaxun Clean Machinery Europe Sales & Service. Dabei handelt es sich um einen Hersteller von Hochdruckreinigern. Er hat zuvor für den Weltmarktführer Kärcher gearbeitet und das Business Development für die Märkte China und Japan verantwortet.
Elena Storm folgt Christoph Ludewig in der Corporate Communication bei Volkswagen in Wolfsburg nach. Ludewig war Anfang des Jahres nach China zurückgekehrt und hatte dort die internationale Kommunikation für die VW Group China übernommen. Er war davor bereits bis 2018 für Volkswagen in China als CEO für den Bereich Communication & Culture tätig.
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Mit Laubbläsern gegen Schneewehen: An einem Bahnhof der Provinz Heilongjiang, hoch oben in Chinas Norden, legen Mitarbeiter auf unkonventionelle Art eine Weiche frei. Während in Peking schon die Bäume blühen, herrschen im Norden noch tiefe Minusgrade. Die regionale Bahngesellschaft gab am Mittwoch einen Notfallplan heraus, um den Zugverkehr trotz Schneechaos sicherzustellen.
die EU wacht beim Thema Rohstoffe auf. China sichert sich schon seit Jahrzehnten die nötigen Materialien, um seine Wirtschaft zu versorgen. Europa hat lange auf Mechanismen des freien Marktes gesetzt. Das ist ehrenhaft, aber es passt nicht mehr zusammen, wenn andere Wirtschaftsblöcke sich mit robusten Methoden den Erstzugriff verschaffen.
Der Entwurf für einen “Raw Materials Act” ist daher ein wichtiger Schritt. Auch Deutschlands Energiewende kann nur gelingen, wenn die Rohstoffe dafür verfügbar sind. Doch wie immer in der EU hängen über der konkreten Umsetzung viele Fragezeichen. Für einen Erfolg müssten alle an einem Strang ziehen, was den Mitgliedsstaaten bekanntlich schwerfällt.
Etwas schwer tut sich auch der Suchmaschinen- und KI-Konzern Baidu mit seiner Version einer Computer-Intelligenz für gepflegte Plaudereien. Was als große Konkurrenz zum amerikanischstämmigen Wunderwerk ChatGPT angekündigt war, erwies sich in der offiziellen Präsentation als nicht praxisfest. Baidu-Chef Robin Li traute sich nicht einmal ein Echtzeitgespräch mit seiner KI. ChatGPT hätte so eine Showeinlage locker gemeistert. Doch das Rennen um die beste KI hat gerade erst begonnen, analysiert Jörn Petring.
Anfang der Woche ist Jiang Yanyong gestorben, der Chefchirurg, der zum personifizierten schlechten Gewissen der Partei geworden ist. Unser Autor Johnny Erling kennt ihn schon seit Jahrzehnten und zeichnet das Leben eines Mannes nach, der für die Wahrheit kämpfte. Mit seinem Tod im Hausarrest schwindet einmal mehr die Chance auf eine Aufarbeitung von 1989.
Bis 2030 sollen innerhalb der EU viel größere Mengen wichtiger Rohstoffe für die Industrie verfügbar sein – damit will sich Brüssel vor allem aus der Abhängigkeit von China kämpfen. Der am Mittwoch vorgestellte Entwurf des Critical Raw Materials Act (CRMA) sieht vor, dass bis 2030
Europe.Table hatte bereits vergangene Woche über Inhalte einer geleakten Version des Entwurfs berichtet. “Nach 18 Monaten Arbeit heißt es: Vorbei mit der Naivität, jetzt ist Handeln angesagt”, erklärte Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton bei der Vorstellung des Papiers und bezog sich damit auf die bislang eher passive Rolle der EU in Sachen Rohstoffpolitik.
Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte tags zuvor erneut auf die Abhängigkeit der EU bei wichtigen Mineralien verwiesen: “Wir beziehen 98 Prozent unserer Seltenen Erden aus China, 93 Prozent unseres Magnesiums aus China, 97 Prozent unseres Lithiums aus China”, zählte von der Leyen auf. Die Pandemie und der Krieg gegen die Ukraine hätten der EU eine “bittere Lektion” über die Abhängigkeiten erteilt.
Die bisherige Liste von 30 kritischen Rohstoffen erweitert die EU-Kommission auf 34, wobei ein besonderer Fokus auf eine kleinere Gruppe gelegt wird. 16 Rohstoffe werden in dem veröffentlichten Entwurf als strategisch bezeichnet. Die Kriterien dafür sind ihre strategische Bedeutung, das Verhältnisses von künftiger Nachfrage zur aktuellen weltweiten Produktion sowie die Schwierigkeit, die Produktion zu steigern. Für diese 16er-Gruppe sollen die konkreten Benchmarks für Produktionskapazitäten innerhalb der EU und für die Importdiversifizierung gelten. Es handelt sich um:
Als “kritisch” stuft die Kommission diese Rohstoffe und 18 weitere (darunter Bauxit, Hafnium, Helium und weitere Seltene Erden) ein. Diese überschreiten bestimmte Schwellenwerte für ihre wirtschaftliche Bedeutung und ihr Versorgungsrisiko. Für sie gelten die Ziele, das Versorgungsrisiko zu überwachen und zu mindern sowie ihren freien Verkehr im EU-Binnenmarkt zu gewährleisten und dabei ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen.
Die grundsätzlichen Linien des Entwurfs waren erwartbar: Europa kann sich die “not in my backyard”-Mentalität nicht länger leisten und muss die eigenen Rohstoffvorkommen stärker erschließen. Dafür sieht der Entwurf allerhand Maßnahmen vor: Vorkommen erschließen, Daten teilen, Genehmigungsverfahren beschleunigen.
Ein Paradigmenwechsel ganz im Sinne der Bergbauindustrie: “Das Rohstoffpotenzial der EU ist beträchtlich, aber wir brauchen effizientere Genehmigungen, um den Schatz der EU zu heben – ein Thema, das im CRM-Gesetz aufgegriffen wird”, lobt Rolf Kuby, Hauptgeschäftsführer des Verbands Euromines.
Als “strategisch” gekennzeichnete Rohstoffprojekte sollen im “öffentlichen Interesse” stehen, da sie zur Versorgungssicherheit beitragen. Das bedeutet: Sie könnten auch in Natura-2000-Schutzgebieten (zur Erhaltung gefährdeter Lebensräume und Arten) genehmigt werden und eine Verschlechterung der Qualität von Oberflächengewässern rechtfertigen.
Tobias Kind-Rieper, Rohstoffexperte beim WWF, warnt vor einer Aufweichung wichtiger Umweltgesetzgebung: “Wenn Bergbauprojekte als öffentliches Interesse über das Umweltrecht gestellt werden, könnte das dramatische Auswirkungen auf Schutzgebiete und auf Biodiversität-Hotspots in Europa haben, etwa in Portugal und Schweden”.
Viele Rohstoffvorkommen in Europa befinden sich in Natura-2000-Schutzgebieten oder in deren Nähe. Deshalb macht er auch klar: Ohne Bergbauprojekte in solchen Schutzgebieten kann das Ziel, zehn Prozent des Rohstoffbedarfs aus heimischem Bergbau zu generieren, wahrscheinlich nicht erreicht werden.
Der CRMA sieht noch weitere Schritte vor:
Kritik gab es vor allem für die Vorgaben zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft: Zwar bestehe das Ziel, bis 2030 mindestens 15 Prozent des EU-Bedarfs an strategischen Rohstoffen mit hiesigen Recyclingkapazitäten zu decken. Die Vorgaben für die Mitgliedstaaten lauten jedoch lediglich, Sammlung und Recycling zu stärken und beinhalten keine konkreten Zielwerte.
Beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft lasse die EU die Mitgliedstaaten zu sehr an der langen Leine und gefährde damit auch die Integrität des Binnenmarkts, sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). “Wir brauchen einen EU-weiten, einheitlichen Markt für Sekundärrohstoffe. Sonst wird das Ziel, europaweit 15 Prozent an kritischen Rohstoffen bis 2030 aus Recycling zu gewinnen, konterkariert und es droht ein großer Flickenteppich”, erklärte er.
Zu dem Entwurf werden sich nun noch das Europaparlament und EU-Rat positionieren müssen. Einen Zeitrahmen dafür gibt es bisher noch nicht.
In Peking hatte Baidu zum Launch des Bots Ernie (Enhanced Representation through Knowledge Integration) geladen, seiner Antwort auf ChatGPT. Doch die Präsentation von Firmengründer Robin Li verlief anders, als es sich der Milliardär wohl erhofft hatte. Mit jeder Minute, die er sprach, fiel der Kurs von Baidu an der Hongkonger Börse. Das Papier ging schließlich mit einem Minus von mehr als sechs Prozent aus dem Handel.
Den Anlegern gefiel offenbar nicht, was Li zu zeigen hatte. Und auch nicht das, was er sagte. Immerhin war Li ehrlich: “Ich kann nicht sagen, dass wir vollständig bereit sind”, sagte Li. Ernie Bot werde enthüllt, weil der Markt danach verlange. ChatGPT sei eine “hohe Messlatte”. Tests mit Ernie Bot hätten gezeigt, dass er “noch nicht perfekt” sei.
Auch ChatGPT ist zwar nicht perfekt, und dennoch verblüfft es im Test immer wieder mit seinen Fähigkeiten. Das populäre Programm von OpenAI hat noch viele Fehler und gilt als “work in progress”. Erst am Dienstag hat das US-Unternehmen mit GPT-4 jedoch eine deutlich verbesserte Version vorgestellt. Dagegen sah Baidu schlecht aus.
Was Beobachter besonders störte: Li chattete nicht live mit Ernie Bot. Stattdessen spielte er vorbereitete Anwendungsbeispiele ab. Echtzeit-Tests gehören heute eigentlich zum Standard eine KI-Präsentation.
Die Oberfläche von Ernie Bot sieht fast genauso aus wie ChatGPT. In einer Art Chat-Feld kann man dem Programm Fragen stellen und Antworten erhalten. Auch Arbeitsaufträge sind möglich. So wurde zum Beispiel gezeigt, wie Ernie Bot den bekannten chinesischen Science-Fiction-Roman Three-Body Problem zusammenfasst. Das Tool wurde auch nach biografischen Daten des Autors gefragt. Diese Aufgabe hätte jedoch auch mit einer herkömmlichen Suchmaschine schnell gelöst werden können.
Eine weitere vorgestellte Funktion, bei der ein Text in einem südchinesischen Dialekt vorgelesen wurde, war zwar durchaus unterhaltsam. Ein technologischer Quantensprung ist eine solche Sprachausgabe aber sicher nicht. Laut Li ist Ernie Bot in der chinesischen Sprachgenerierung überlegen. Im Englischen gäbe es aber sicher noch Verbesserungsbedarf.
Experten bewerten die Fähigkeiten des Systems bislang zurückhaltend bis skeptisch. “Es gab nicht viel Aufregendes bei diesem Start”, sagte Willer Chen vom Vermögensverwalter Forsyth Barr Asia der Nachrichtenagentur Bloomberg. Der Absturz der Baidu-Aktie habe gezeigt, dass Investoren enttäuscht seien. Auch in Chinas sozialen Netzwerken erntete Baidu Kritik und teilweise sogar Spott.
Dabei lässt sich nach der kurzen Präsentation natürlich noch kein abschließendes Urteil fällen. Google erging es vor wenigen Wochen nicht viel besser. Als der US-Konzern Anfang Februar seinen Chatbot Bard als Antwort auf GhatGPT vorstellte, reagierten Anleger ebenfalls zunächst enttäuscht. Die Google-Aktie verlor über sieben Prozent.
Dennoch ist das Rennen sowohl für Google als auch für Baidu noch nicht verloren: Beide Unternehmen investieren seit Jahren Milliarden in die KI-Forschung. Wer bei einem Produkt wie ChatGPT die Nase vorn hat, muss nicht automatisch auch in allen zukünftigen Anwendungsbereichen dominieren. So ist Ernie Bot nur eine von vielen bestehenden und zukünftigen Anwendungen, die auf Baidus KI-System Ernie basieren.
Sicher ist, dass KI-Durchbrüche auch weiterhin vor allem aus den USA und China kommen werden. Beide Länder liefern sich in diesem Bereich ein enges Rennen. Baidu-Gründer Robin Li war es am Donnerstag allerdings wichtig, das Thema nicht unnötig zu politisieren. “Ernie Bot ist kein Instrument der Konfrontation zwischen China und den USA”, sagte er. Jörn Petring
20.03.2023, 18:15 Uhr (21.03., 01:15 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut FU Berlin, Webinar: Die Sino-Europäischen Beziehungen: Ein unlösbares Dilemma? Mehr
20.03.2023, 16:00 Uhr (23:00 Uhr Beijing time)
SOAS University of London, Webinar: ‘Unfinished Business – Voices of the LGBTQIA+ Revolution’ Event 4 – The worldwide movement for Queer Freedom in China Mehr
20.03.2023, 18:00 Uhr (21.03., 01:00 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Webinar: Rejuvenating Communism: Youth Organizations and Elite Renewal in Post-Mao China Mehr
20.03.2023, 18:00 Uhr (21.03., 01:00 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Webinar: Imperial Gateway: Colonial Taiwan and Japan’s Expansion in South China and Southeast Asia, 1895-1945 Mehr
21.03.2023, 15:30 Uhr (22:30 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Webinar: China’s New Government Takes Over: Takeaways from China’s Annual Legislative Session Mehr
22.03.2023, 14:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing time)
Volksbank Biberach, Webinar: Blitzlicht: Aktuelles aus China und Taiwan sowie zum Lieferkettengesetz Mehr
22.03.2023, 08:30 Uhr (15:30 Uhr Beijing time)
Chinaforum Bayern, China@Home Webseminar: China plus 1 – Die Eier sollen aus dem Korb Mehr
22.03.2023, 09:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Navigating Corporate Income Tax Reconciliation in China – Digitalization and Key Changes Mehr
23.03.2023, 09:00 Uhr (16:00 Beijing time)
Deutsch-Chinesische Agrarzentrum, Webinar-Reihe “DCZ Talks”: Urban and peri-urban agriculture Mehr
23.03.2023, 18:30 Uhr (24.03., 01:30 Uhr Beijing time)
Sinokultur, Lesung: Alice Grünfelder: Wolken über Taiwan Mehr
23.03.2023, 14:30 Uhr
Deutsch-Chinesische Wirtschaftsvereinigung, Networking-Event (Frankfurt): China startet durch: Tianhe One, High-Tech-Industrie und Logistikknotenpunkt – die Tianjin Binhai New Area Mehr
Außenminister Qin Gang hat mit seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba telefoniert und sich besorgt über eine Eskalation des Krieges geäußert. Er hoffe, “dass die Beteiligten ruhig, rational und zurückhaltend bleiben und so schnell wie möglich Friedensgespräche aufnehmen”, berichteten chinesische Staatsmedien. Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi hat Kuleba bereits in München am Rande der Sicherheitskonferenz gesprochen. Er habe mit Qin über die Bedeutung des Prinzips der territorialen Integrität gesprochen, schrieb Kuleba nach dem Gespräch auf Twitter.
Staatschef Xi Jinping wird kommende Woche vermutlich zu Gesprächen mit Wladimir Putin nach Moskau reisen. Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine plant Xi demnach auch ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij – allerdings nur virtuell. Offenbar geht es dabei um Vermittlungen zwischen den beiden Parteien.
Derweil haben ukrainische Soldaten einem Bericht von CNN zufolge eine umgebaute chinesische Mugin-5-Drohne abgeschossen. Das Flugobjekt sei sehr niedrig geflogen und mit einer 20 Kilogramm schweren Bombe bewaffnet gewesen. Diese sei von den Soldaten kontrolliert gesprengt worden.
Das Ereignis ist brisant, da es Spekulationen über chinesische Waffenlieferungen an Russland nährt. Der Spiegel hatte unter anderem Ende Februar darüber berichtet, dass es konkrete Gespräche über die Lieferung von Kamikaze-Drohnen gebe. Das chinesische Außenministerium hat geplante Waffenlieferungen an Russland dementiert.
Die abgeschossene Mugin-5-Drohne ist allerdings kein militärisches Flugobjekt. Sie trägt auch den Spitznamen “Alibaba-Drohne”, weil sie von den chinesischen Online-Händlern Alibaba und Taobao ab etwa 10.000 US-Dollar frei verkauft wird. Für den Einsatz über der Ukraine ist die Mugin-5 vom russischen Militär offenbar umgebaut worden. Die Mugin-5 ist ein ferngesteuertes Motorflugzeug mit einer Spannweite von fünf Metern und einer Rumpflänge von drei Metern. Sie kann bis zu 25 Kilogramm Gewicht transportieren und fliegt bis zu 120 km/h schnell.
Hersteller Mugin Limited bestätigte, dass es sich um Flugzeugteile seines Unternehmens handele und nannte den Zwischenfall “sehr unglücklich”. Ein Sprecher sagte, das Unternehmen billige die Nutzung nicht und versuche alles, um einen solchen Einsatz zu stoppen. Bereits Anfang März hatte Mugin die militärische Nutzung seiner Produkte verurteilt. Auch die Ukraine soll Berichten zufolge Mugin-Drohnen für Kampfzwecke umgebaut haben.
Chinesische Unternehmen hätten Russland zudem 1.000 Sturmgewehre und andere Ausrüstung zukommen lassen, die für militärische Zwecke verwendet werden könnten, berichtete Politico auf Basis von Zoll-Daten. Auch Drohnenteile und Körperschutz-Ausrüstung sollen laut dem Bericht geliefert worden sein.
Wie bei der Mugin-5-Drohne handelte es sich dabei um Dual-Use-Produkte mit zivilen und militärischen Anwendungen. Die Ware sei über eine Route durch die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate nach Russland geliefert worden. Bei den Sturmgewehren handelte es sich dem Bericht zufolge um CQ-A-Sturmgewehre. Diese sind dem M16 nachempfunden, aber in den Daten als “zivile Jagdgewehre” gekennzeichnet. jul/ari
Die US-Regierung hat den chinesischen Technologiekonzern Bytedance aufgefordert, seine Anteile an der Kurzvideo-App TikTok zu verkaufen. Ziel ist es, die US-Version von Tiktok von der chinesischen Mutter abzuspalten. Andernfalls drohe ein mögliches Verbot in den USA, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Wegen der Nähe von Tiktok und der Mutter ByteDance zur chinesischen Regierung befürchten die US-Sicherheitsbehörden, dass die Volksrepublik persönliche Nutzerdaten abgreift oder zur Manipulation der öffentlichen Meinung missbraucht. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Wang Wenbin sagte dagegen am Donnerstag, die Vereinigten Staaten hätten bisher keine Beweise für Sicherheitsbedrohungen vorgelegt. Die USA sollten damit aufhören, Unternehmen wie Tiktok zu unterdrücken.
Die britische Regierung hat sich derweil dem Schritt der USA angeschlossen und ebenfalls angekündigt, Tiktok von Regierungshandys zu verbannen. “Wir werden Tiktok auf Geräten der Regierung mit sofortiger Wirkung verbieten. Das ist eine vorsorgliche Maßnahme”, sagte der zuständige Minister Oliver Dowden. Zahlreiche Regierungen haben eine Verbannung bereits verfügt, darunter auch die EU-Kommision.
Der Geschäftsführer von Tiktok (dem Betreiber der internationalen Version), Shou Zi Chew, soll kommende Woche vor dem US-Kongress erscheinen. Dabei soll es um Sicherheitsbedenken der Behörden, den Schutz der Daten amerikanischer Nutzer und die Beziehungen des Unternehmens zur Kommunistischen Partei gehen.
US-Behörden und Tiktok verhandeln seit mehr als zwei Jahren über die Anforderungen an die Datensicherheit. Ein Verbot in den USA ist rechtlich schwierig – der ehemalige US-Präsident Donald Trump scheiterte während seiner Amtszeit bereits mit einem Versuch, die App zu verbieten. Es gibt allerdings einen Entwurf für ein Gesetz, das ein Verbot ermöglichen könnte. Wann der Kongress über dieses Gesetz abstimmt, ist aber noch unklar. jul
Die Bundestagsabgeordnete Katja Leikert (CDU) fordert eine Aufarbeitung der Mythen, die jahrelang die deutsche Chinapolitik bestimmt haben. Vorstellungen wie “Wandel durch Handel” hätten das China-Geschäft “moralisch aufgeladen”, haben sich rückblickend jedoch als untaugliche Konzepte für eine Strategie gegenüber China erwiesen. Das sagte Leikert am Donnerstag auf einer Veranstaltung aus der Reihe Global China Conversations des Kiel Institute für Weltwirtschaft. China.Table ist Medienpartner der Gesprächsreihe.
Leikert ist Abgeordnete für den Wahlkreis Hanau in Hessen, in dem sich zahlreiche Industriebetriebe mit starkem Chinageschäft befinden; sie ist zudem von Haus aus Sicherheitsexpertin. Eigentlich befürwortet sie es, der Wirtschaft in geschäftlichen Dingen freie Hand zu lassen. Doch der geopolitische Druck im Umgang mit China habe so stark zugenommen, dass sie hier durchaus staatliche Eingriffe befürwortet, sagt Leikert. “Deutschland braucht jetzt eine China-Strategie.” Die Abhängigkeiten seien zu groß geworden, um sie einfach laufen zu lassen. Dazu komme eine Abhängigkeit bei kritischen Rohstoffen auch für die Energiewende.
Diese gegenseitige Abhängigkeit Chinas und Europas habe nicht die erhoffte Steigerung der Sicherheit gebracht, so Leikert. Das habe das Verhalten Russlands im vergangenen Jahr gezeigt. Ein “Ende der Naivität” sei daher auch gegen China angebracht. Die Debatte sei nicht neu: Schon die CDU-geführten Bundesregierungen hätten sich mit Abhängigkeiten auseinandergesetzt. Inzwischen sei es aber Zeit, im Rahmen einer China-Strategie konkretere Schlussfolgerungen zu ziehen. Dazu gehöre es, die Abhängigkeiten zu benennen und zu verringern – und China den Zugriff auf kritische Infrastruktur zu verwehren. fin
Der Bau einer Fabrik des taiwanischen Chip-Riesen TSMC in Sachsen wird offenbar immer konkreter. Gespräche mit der sächsischen Landesregierung seien “ernsthaft und weit fortgeschritten”, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von einem Insider.
Aktuell gehe es bei den Gesprächen um Subventionen, die das taiwanische Unternehmen für die Ansiedlung im “Silicon Saxony” rund um Dresden verlangt. “Ohne Subventionen wird keiner kommen“, sagte ein zweiter Insider. TSMC poche auf Subventionen, weil die Kosten – vor allem Lohnkosten – in Deutschland höher seien als anderswo. Inzwischen seien demnach auch Delegationen aus Sachsen zu Gesprächen nach Taiwan gereist.
TSMC hat sich offiziell bisher nicht zu Plänen für ein Werk in Deutschland bekannt. Im Dezember hieß es noch, es gebe keine konkreten Pläne für eine solche Fabrik. Das Unternehmen ist der weltweit größte Auftragsfertiger für Halbleiter, das Werk in Dresden wäre das erste in Europa.
Die EU fördert die Halbleiter-Produktion in Europa mit dem 45 Milliarden Euro schweren “Chips Act”, der den Marktanteil Europas am weltweiten Chip-Markt bis 2030 verdoppeln und Europa unabhängiger von internationalen Lieferketten machen soll. Nach Angaben der Landesregierung in Dresden haben Vertreter des Freistaats am 6. März in Brüssel mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) über den Chips Act gesprochen. rtr/jul
Die Volksrepublik China und die Vereinigten Staaten haben sich im Menschenrechtsrat einen Schlagabtausch geliefert. Mitglieder der chinesischen Delegation unterbrachen mehrfach den Wortbeitrag der tibetisch-stämmigen Vertreterin der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Thinlay Chukki. Sie sprachen der Aktivistin die Gültigkeit ihrer Akkreditierung für den Rat ab und bezeichneten sie als Seperatistin. Zweimal ergriff daraufhin ein US-Delegierter das Wort und betonte die Rechtmäßigkeit ihres Redebeitrages. Die Sitzungsleitung vergewisserte sich daraufhin der Gültigkeit der Akkreditierung und ließ Chukki zu Ende sprechen.
Akkreditierungen für den Menschenrechtsrat erteilt der Wirtschafts- und Sozialrat der UN (Ecosoc). Nichtregierungsorganisationen können sich mit dieser Zulassung für ein Zeitfenster bewerben, um einen Beitrag zu einer bestimmten Debatte zu leisten. China selbst hat in den vergangenen Jahren Dutzende, allerdings staatlich organisierte Nichtregierungsorganisationen bei Ecosoc akkreditiert. Diese Organisationen bewerben sich inflationär um Zeitfenster, um anderen, tatsächlich unabhängigen Organisationen die Chance auf Redezeit zu nehmen. grz
Es kam als merkwürdige Koinzidenz: Chinas neugewählter Premier Li Qiang tat auf seiner ersten live übertragenen Pressekonferenz in Peking am vergangenen Montag so, als ob der Journalist das Thema verfehlt habe. Der wollte von ihm wissen, ob ausländische Zweifel über Chinas lange und extrem harte Vorgehensweise gegen Covid-19 berechtigt gewesen seien. “Unsere Strategien und Methoden waren absolut richtig”, verkündete Li und ging nicht darauf ein, wie er Anfang 2022 als damaliger Parteichef von Shanghai 25 Millionen Einwohner zwei Monate lang im Lockdown einsperren ließ. Wie zuvor Parteichef Xi Jinping pries der Premier den “großen entscheidenden Sieg” der Partei über die Pandemie (取得重大决定性胜利). Weil sie “mehr als drei Jahre dem Grundsatz folgte, dass Mensch und Leben bei uns an erste Stelle kommen.” (三年多来,我们始终坚持人民至上、生命至上.)
Zur gleichen Zeit durchkämmten staatliche Zensoren Chinas Internet nach allen Nachrichten zum Tod des legendären Arztes Jiang Yanyong, dem es zeitlebens Ernst damit war, das Leben seiner Mitmenschen über alles zu stellen – auch gegen den Willen der Partei. Der ehemalige Chefchirurg starb am Samstag an einer Lungenentzündung im gleichen Pekinger Militär- und Prominentenkrankenhaus 301, wo er 1957 als Arzt angefangen hatte.
Die erste Online-Meldung über seinen Tod verbreitete sich über Weixin (Wechat) Montagfrüh um 6:23 Uhr: “Chinas Arzt Jiang Yanyong ist gestorben. Einst hat er mit einem Satz der Wahrheit das Leben unzähliger Chinesen gerettet. Jeder sollte trauern.” Zensoren löschten die Nachricht und ersetzten sie durch ihr typisches Verbotssymbol: ein weißes Ausrufezeichen in einer roten Kugel mit einer Warnung vor verbotenen Inhalten.
Anonyme Blogger protestierten am Dienstag gegen die Nachrichtensperre: “Ich trauere! Ewigkeit für Doktor Jiang Yanyong! Gestern ist er gestorben. Wer im Netz sucht, findet diesen Menschen aber nicht.” (悼!蒋彦永医生千古!昨日去世,全网查无此人.) Die Zensur ging so massiv vor, dass bis Donnerstag kein offizielles Medium Jiangs Tod meldete. Seine Familie durfte am Mittwoch nur mit einer einfachen Zeremonie im Totensaal des Krankenhauses 301 Abschied von ihm nehmen. Alle Kränze für Jiang mussten vorab inspiziert werden.
Prominente Bürgerrechtler nutzten das verbotene Twitter, um zu trauern. Wie etwa der mutige ehemalige Anwalt Pu Zhijiang 浦志强, dem Peking die Lizenz entzogen hat und den sie einsperren ließ. Pu schrieb: “Bevor Corona ausbrach, konnte ich mich mit dem Arzt Jiang noch jedes Jahr treffen. Ich musste beim Wohnblock meine Autonummer anmelden, damit ich durchgelassen wurde. In den letzten Jahren durften weder ich noch die Anwaltskollegen Zhang Zuhua, Mo Shaoping und Shang Baojun zu ihm. Ich hörte, dass sogar seine Schüler strengsten Kontrollen unterzogen wurden, wenn sie den alten Herrn aufsuchen wollten. Da war nichts zu machen. Es gibt Leute, die ihn fürchten.” (没办法, 有人怕他.)
Damit waren Chinas Parteiführer der vergangenen 20 Jahre gemeint, die ihn isolieren ließen, nachdem Jiang im März 2003 öffentlich aufgedeckt hatte, wie Peking die ausbrechende Sars-Epidemie zu verschleiern versuchte. Zum verfolgten Unruhestifter aber wurde er ein Jahr später, als er 2004 sein Schweigen über den einst von der Partei befohlenen “verbrecherischen Armeeeinsatz” gegen Studentendemonstrationen brach, der zum Tiananmen-Massaker des 4. Juni 1989 führte. Jiang forderte in einem erschütternden Brief die Parteiführung auf, sich endlich ihrer Verantwortung zu stellen und die unheilvollen Ereignisse aufzuarbeiten.
Er provozierte damit nicht nur die damaligen Machthaber, sondern auch den erst 2012 zum Parteichef gewählten Xi Jinping. Jiang forderte ihn in mehreren Briefen zuerst parteiintern und dann öffentlich auf, endlich die Tiananmen-Proteste vom Vorwurf der Konterrevolution freizusprechen.
Im letzten Brief an Xi vom 10. Oktober 2018, den er im März 2019 an den Volkskongress schickte, schrieb er, die Partei müsse ihre Angst überwinden, dass in China Chaos ausbricht, wenn sie die Ereignisse neu bewertet. Sie wird damit “die Stabilität Chinas absolut nicht gefährden. Im Gegenteil”. Der Armee-Einsatz 1989 sei ihr “schlimmstes Verbrechen”.
Jiang erinnerte Xi dabei an dessen Vater und Politiker Xi Zhongxun während Chinas Reformzeit. Vater Xi habe es selbst gewagt, gegen einen Deng Xiaoping zu protestieren, als dieser den früheren Parteichef Hu Yaobang absetzen ließ, weil er ihm zu liberal war. Der Vater sei in den Raum von Deng gestürzt, er “schlug auf den Tisch und beschimpfte ihn.” Wie aber verhalten sich Sohn Xi und die heutigen Führer? “Haben sie auch so viel Courage, für eine gerechte Sache einzustehen?”
Als ich Jiang im Frühsommer 2019 in Peking mehrfach treffen konnte, sagte er mir: “Ich habe fünf solcher Briefe an Xi geschrieben. Antworten habe ich auf keinen einzigen bekommen.” Sein letzter Brief war besonders brisant. Denn Jiang, der den Rang eines Generalmajors hatte und ein Parteiveteran war, der seit Juli 1952 der KP angehörte, kannte viele chinesische Führer persönlich. Er enthüllte, wie umstritten die von Deng Xiaoping befohlene, blutige Niederschlagung am 4. Juni innerhalb der Parteispitze war. Der damals amtierende Staatspräsident Yang Shangkun hatte auf Befehl von Deng im Mai 1989 zusammen mit Premier Li Peng den Ausnahmezustand über Peking verhängt. Damit konnten die Truppen in die Hauptstadt kommen. Als der Militärarzt Jiang zehn Jahre später Yang Shangkun in seinem Haus aufsuchte, gestand der ihm: “Der vierte Juni war der schwerste Fehler in unserer Parteigeschichte.” Jetzt sei er nicht korrigierbar, werde es aber in Zukunft sein. Auch von anderen Mächtigen hörte Jiang solche späten Einsichten.
In seinem ersten Brief wegen des Tiananmen-Massakers von 1989, den er im Februar 2004 an die damalige Pekinger Führung schickte, hätte er sich erstmals getraut, Pekings größtes Tabuthema öffentlich anzusprechen, sagte er mir einst. Ihn habe all die Jahre gequält, was er als Chefchirurg in der Nacht auf den 4. Juni miterlebte. Jiangs Militärkrankenhaus 301 lag auf der Einmarschroute der um sich schießenden Truppen, die zu dem von Studenten besetzten Tiananmen-Platz des Himmlischen Friedens vorstießen. Bis Mitternacht wurden ihm 89 Verletzte mit fürchterlichen Wunden eingeliefert. Die Soldaten hätten mit international geächteter Bleimunition geschossen, die beim Aufprall splitterte.
Die damalige Nacht habe ihn verändert und zu seinem Ein-Mann Kreuzzug bewogen, zuerst gegen die Lügen wegen Sars und dann für die Rehabilitierung der Ereignisse und der Opfer des 4. Juni. Nachdem Jiangs Brief öffentlich wurde, sperrten die Behörden ihn und seine Frau am 1. Juni 2004 für 45 Tage ein und stellten sie dann für acht Monate unter Hausarrest. Chinas Partei-Führung beharrte 2004 so wie auch heute unter Xi Jinping, dass die Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 gerechtfertigt gewesen sei. Sie werde diese Vergangenheit niemals neu aufrollen.
Als loyaler Patriot hatte sich Jiang, der aus einer vornehmen Hangzhouer Bankiersfamilie stammte und Verwandte in Taiwan hatte, immer an die KP-Disziplin gehalten. Er schwieg über das, was er in der Kulturrevolution erlitt. Er wurde als Konterrevolutionär brutal verfolgt und verbrachte bis 1971 fünf Jahre lang als Pferdehirt in einem Armee-Straflager auf dem tibetischen Hochplateau Qinghai. Dann brauchte man ihn als Chirurg wieder zurück.
Doch als Arzt geriet er außer sich, als er am 3. April 2003 im Fernsehen mit ansah, wie der damalige Gesundheitsminister Zhang Wenkang die mysteriöse aus Guangdong nach Peking überschwappende Sars-Seuche herunterspielte und log: Sie sei bis auf wenige Einzelfälle “unter Kontrolle”.
Jiang hatte beunruhigt verfolgt, wie täglich immer mehr Neuinfizierte eingeliefert und heimlich auf Pekinger Militärkrankenhäuser verteilt wurden. Er verschickte Brandbriefe an den Staatssender CCTV und den prochinesischen Hongkonger Kabelsender Phoenix TV. Beide ignorierten ihn. Darauf wagte er am 8. April, die Pekinger Korrespondentin Susan Jakes vom US-Magazin Time zu informieren. Zusammen mit Karl Greenfeld, dem Chefredakteur des Asien-Ablegers des Magazins, der Jahre später ein Buch über das Thema veröffentlichte (China Syndrome: The True Story of the 21st Century’s First Great Epidemic), schrieben die Journalisten einen Report, der die Weltgesundheitsorganisation (WTO) alarmierte. Am 20. April gestand die Pekinger Führung auf einer Pressekonferenz 339 SARS-Fälle und viele Tote nur in Peking ein. Sie feuerte den Gesundheitsminister und einen weiteren hohen Beamten.
Peking mobilisierte darauf das Land gegen Sars. Mitte August war die Ausweitung zur pandemischen Gefahr gebannt. Die WHO zählte dank der Zusammenarbeit mit China weltweit nur 8.422 Infizierte und 919 Tote. Mehr als 800 Menschen waren in Festlandchina, Hongkong und auf Taiwan gestorben.
Jiang wurde drei Monate lang als Held gefeiert. Chinas Regierung erließ neue Regeln zur Transparenz und völligen Offenlegung medizinischer Informationen bei Risikofällen. Sie führte 2006 die Meldepflicht für Seuchen und Notfälle ein.
15 Jahre später beim Corona-Ausbruch in Wuhan Anfang 2020 war alles wieder vergessen, wurde wieder verheimlicht, gelogen und getrickst. Der einstige Whistleblower Jiang saß mit seiner Frau Hua Zhongwei im Hausarrest und konnte nur ohnmächtig zuschauen.
Qi Huang ist jetzt Geschäftsführer von Huaxun Clean Machinery Europe Sales & Service. Dabei handelt es sich um einen Hersteller von Hochdruckreinigern. Er hat zuvor für den Weltmarktführer Kärcher gearbeitet und das Business Development für die Märkte China und Japan verantwortet.
Elena Storm folgt Christoph Ludewig in der Corporate Communication bei Volkswagen in Wolfsburg nach. Ludewig war Anfang des Jahres nach China zurückgekehrt und hatte dort die internationale Kommunikation für die VW Group China übernommen. Er war davor bereits bis 2018 für Volkswagen in China als CEO für den Bereich Communication & Culture tätig.
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Mit Laubbläsern gegen Schneewehen: An einem Bahnhof der Provinz Heilongjiang, hoch oben in Chinas Norden, legen Mitarbeiter auf unkonventionelle Art eine Weiche frei. Während in Peking schon die Bäume blühen, herrschen im Norden noch tiefe Minusgrade. Die regionale Bahngesellschaft gab am Mittwoch einen Notfallplan heraus, um den Zugverkehr trotz Schneechaos sicherzustellen.