dies ist die 100. Ausgabe des China.Table. Damit sind wir zwar immer noch ein sehr junges Produkt, aber wir lassen die Startphase langsam hinter uns. Wir sind stolz darauf, in der Wirtschaft und in China-Kreisen so schnell Bekanntheit erlangt zu haben, doch wir sind auch auf Ihre Hilfe angewiesen: Sagen Sie uns, wie wir uns weiter verbessern können! Ich freue mich auf Ihre E-Mails an die Adresse china@table.media.
In diesen 100 Ausgaben war die Positionierung der EU und ihrer Mitglieder zu China eines der vorherrschenden Themen. Aus Ungarn erreichen uns nun gemischte Signale. Die Wähler sind immer unzufriedener mit dem chinafreundlichen Kurs von Premier Orbán. Dieser muss nun einen Kompromiss finden, der ihn nicht allzu China-hörig erscheinen lässt, analysiert Amelie Richter. Für Orbán wäre das eine Rückkehr zu den Wurzeln. Als Oppositionspolitiker hat er noch den Aufstand gegen China geprobt.
In China selbst zeichnet sich derweil ein Aufstand ganz anderer Art ab. Die jüngere Generation hat die Selbstausbeutung satt, die Eltern und Firmen von ihr erwarten. Kein Wunder. In der stürmischen Aufstiegsphase der vergangenen Jahrzehnte war Fleiß praktisch gleichbedeutend mit Erfolg. Inzwischen verhalten sich Arbeitsmarkt und Aufstiegschancen wesentlicher ungerechter und zäher. Die jungen Leute wissen nicht mehr, wofür sie sich eigentlich anstrengen sollen, schreibt Ning Wang.
Mit dem geplanten EU-Impfzertifikat sollen voraussichtlich schon ab dem 1. Juli Reisen innerhalb der Europäischen Union wieder einfacher werden. Die Abgeordneten des Europaparlaments billigten diese Woche mit großer Mehrheit die entsprechenden Gesetzesentwürfe. Damit braucht es nur noch die formelle Zustimmung der EU-Staaten, bevor die Regelung rechtzeitig zum Start der Urlaubssaison dann für zwölf Monate gelten kann.
Das kostenlose Covid-Zertifikat soll mittels QR-Code Aufschluss über frische Tests und durchgestandenen Corona-Infektionen geben. Testbescheinigungen und Impfdokumente sollen damit EU-weit vereinheitlicht werden. Im Zertifikat wird festgehalten, welchen Impfstoff der Inhaber oder die Inhaberin erhalten hat und ob es eine oder bereits zwei Dosen sind. Für Geimpfte aus einigen Drittländern haben manche EU-Staaten bereits wieder ihre Grenzen geöffnet, zum Beispiel Frankreich oder Griechenland.
Reisende aus China werden bei den Erleichterungen aber mit hoher Wahrscheinlichkeit in vielen EU-Staaten erst einmal in die Röhre schauen – denn die chinesischen Impfstoffe haben derzeit keine Zulassung der Europäischen Arzneimittelagentur EMA. Personen, die Sinovac oder Sinopharm verabreicht bekommen haben, gelten nach diesem Ansatz in der EU nicht als geimpft. Der Impfstoff Sinovac hat eine Notzulassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (China.Table berichtete), bei der EMA läuft die Überprüfung. Dass Sinovac diese irgendwann bekommen wird, gilt als gut möglich. Sinopharm ist davon noch weit entfernt.
Bei der Entscheidung gehe Sicherheit vor, betont die Grünen-EU-Abgeordnete und Pharmazeutin Jutta Paulus: “Solange keine Bewertung der EMA vorliegt, ist es aus meiner Sicht ein Risiko, Menschen, die mit einem noch nicht zugelassenen Impfstoff geimpft wurden, von der Quarantäne- oder Testpflicht zu befreien.” Die Pandemie sei noch lange nicht vorbei, und das Ausbrechen neuer Infektionsherde müsse unbedingt verhindert werden. Die Grundlage für Entscheidungen zur Befreiung von Quarantäne oder der Testpflicht müsse immer die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse sein, so Paulus gegenüber China.Table. “Deshalb ist es richtig, dass nur solche Impfstoffe vom Zertifikat berücksichtigt werden, die auch von der EMA im Rahmen ihres strengen Prüfverfahrens auf Sicherheit und Wirksamkeit hin abgeklopft wurden.”
Aber: Das EU-Zertifikat ist kein Reisedokument und auch keine Voraussetzung für Reisen. Und es gibt, wie so oft innerhalb der Europäischen Union, Ausnahmen. Denn die EU-Vorgaben können von den einzelnen Mitgliedsstaaten individuell ergänzt werden. Neben den Impfstoffen mit EMA-Zulassung wie Biontech/Pfizer oder Moderna können die Staaten auch individuell Sinopharm und Sinovac anerkennen. Das ist derzeit beispielsweise bereits in Griechenland und Zypern der Fall. Auch in Ungarn ist die Anerkennung einer Impfung mit den chinesischen Vakzinen sehr wahrscheinlich – denn dort wird auch die eigene Bevölkerung mit Sinopharm immunisiert. Und so entsteht ein Flickenteppich für Reisende aus China (und mit Sinopharm geimpfte Ungarn), der eventuell dazu führen könnte, dass chinesische Touristen – sollte die Einreise aus der Volksrepublik möglich werden – dann eher nach Budapest fliegen denn nach Paris.
In Deutschland steht eine Anerkennung der chinesischen Impfstoffe noch in den Sternen. Es bestehe die Möglichkeit, dass künftig über die von der EMA zugelassenen Impfstoffe hinaus weitere anerkannt werden, beispielsweise wenn sie über eine WHO-Notzulassung verfügten, hieß es hierzu auf eine Anfrage von China.Table aus dem Bundesgesundheitsministerium. Darüber werde jedoch “im Lichte des fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnisstandes”, etwa zu Wirksamkeit oder Nebenwirkungen, entschieden. Voraussetzung dafür sei, dass für die Impfstoffe mit WHO-Notfallempfehlung ein vergleichbarer Nachweis von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit wie für Impfstoffe mit EMA-Zulassung sichergestellt werde.
Unklar ist noch, ob das EU-Zertifikats-System in Zukunft auch mit digitalen Zertifikaten aus Drittstaaten verbunden werden kann. Die Kommission bemühe sich sicherzustellen, dass die Zertifikate mit Systemen in Ländern außerhalb der EU kompatibel seien, teilte die Brüsseler Behörde mit. Dort hofft man auch, dass das EU-Zertifikat “als Vorbild für andere Zertifikate” dienen könne, die derzeit in anderen Teilen der Welt entwickelt werden. Die Verordnung sieht vor, dass die Kommission per Beschluss Zertifikate anerkennen kann, die EU-Bürger:innen und ihren Familienangehörigen von Nicht-EU-Ländern ausgestellt wurden, sofern diese Zertifikate “die Qualitätsstandards erfüllen und mit dem EU-Vertrauensrahmen kompatibel sind.” In der Volksrepublik gibt es derzeit keine Erleichterungen für Geimpfte – der Nachweis an der Grenze ist bisher also hinfällig, die obligatorische Quarantäne bleibt erhalten.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hebt die rechte Hand zum Gruß. Er trägt eine Uniform mit roten Kragen-Aufnähern, auf dem linken Oberarm pragt eine rote Armbinde mit dem Wort “Fidesz”, dem Namen seiner Partei. Der fiktive Orbán im Mao-Look ist das Motiv eines Protestposters. Es soll bewusst an die Propagandaplakate der KP in China erinnern.
Ein junger Mann trug das Protestschild mit Orbán in Mao-Zedong-Optik am vergangenen Wochenende durch Budapest. Er protestierte gegen das Vorhaben der Regierung, in der ungarischen Hauptstadt einen Ableger der Shanghaier Fudan-Universität zu errichten. Eine von der KP kontrollierte Bildungsinstitution mitten in der EU, dazu bezahlt vom Gastland – das ging den Demonstranten zu weit.
Die europaweit beachtete Demo mit mehr als zehntausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern machte offenbar zumindest ein bisschen Eindruck im Amtssitz des Premiers, der schnell einen Beschwichtiger entsandte: Die Universität befinde sich noch nicht einmal in der Planungsphase, betonte Orbáns Stabschef Gergely Gulyas in einem Interview mit dem konservativen Wochenmagazin Mandiner. Er stellte die Möglichkeit einer Volksentscheidung über das Millionen-Projekt in Aussicht. Sobald die Rahmenbedingungen bekannt seien, könnte ein Referendum in Budapest abgehalten werden, versicherte Gulyas.
Ungarn hat sich unter Fidesz-Führung zu einem der chinafreundlichsten Länder in der EU entwickelt. Kommt es jetzt zu einem Sinneswandel? “Es scheint, dass die Regierung ihre Position neu bewertet hat, da selbst ihre eigenen Wähler große Vorbehalte gegenüber dem Campus von Fudan in Budapest haben”, sagt Tamás Matura, Professor an der Budapester Corvinus-Universität und Gründer des Central and Eastern European Center for Asian Studies, im Gespräch mit China.Table. Dass Orbán und seine Partei bezüglich des Fudan-Ablegers aber wirklich umdenken, hält er für weniger wahrscheinlich: “Ich glaube, dass sie das Projekt sicherlich fortsetzen werden, wenn sie die Wahlen im nächsten Jahr gewinnen.”
Politologe Matura kann dem vermeintlichen Wahlkampf-Manöver durchaus etwas Gutes abgewinnen: “Die Kontroverse um den geplanten Campus von Fudan in Budapest hat China und die bilateralen Beziehungen endlich zu einem politischen Mainstream-Thema in Ungarn gemacht.” In der Vergangenheit habe die breite Öffentlichkeit China-bezogenen Themen nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt, so Matura. “Heute verstehen alle Bereiche der Gesellschaft, worum es geht.” Auch die Opposition habe verstanden, dass die pro-chinesische Politik “ausreichend politisches Kapital” biete, um die Orbán-Regierung anzugreifen. Sie könne damit eigene Anhänger:innen versammeln und unentschlossene Wähler überzeugen, ist sich Matura sicher.
Dabei reichen die Beziehungen beider Länder weit zurück. Die Wirtschaft beider Länder ist schon seit Jahrzehnten auf personeller Ebene miteinander verwoben. Mit mehr als 30.000 Chinesen in der ungarischen Hauptstadt hat Budapest nach Paris und London heute die größte chinesische Community in Europa. Diese Entwicklung geht auf die Zeit nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 zurück. Damals war Ungarn das einzige europäische Land, das von Chinesen bei der Einreise kein Visum verlangte.
Viele Tausend Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter aus den ostchinesischen Provinzen Zhejiang und Fujian kamen mit großen karierten Taschen voll mit zumeist billigen Konsumgütern nach Ungarn. Die günstigen Waren wurden zu dieser Zeit in diesen Provinzen en masse hergestellt. Die Migranten verkauften sie anfangs auf dem Heldenplatz und den umliegenden Straßen, später ausgerechnet auf dem Józsefvárosi Piac, dem Europlatz.
Die meisten dieser Händler sahen Ungarn nur als Zwischenstation, um weiter nach Westeuropa zu ziehen. Auf dem Höhepunkt dieser Einreisewelle lebten 50.000 Chinesen in der ungarischen Hauptstadt. Viele von ihnen blieben. Sie haben etwa im Monori-Center im Stadtteil Kőbánya Geschäfte und Restaurants eröffnet. Die Ecke gilt bis heute als Chinatown von Budapest.
Eine zweite Wellte chinesischer Auswanderer nach Budapest gab es in den Jahren zwischen 2013 und 2017, diesmal aber unter völlig anderen Vorzeichen. Wer aus der Volksrepublik eine Summe zwischen 250.000 und 400.000 Euro investierte, erhielt eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Viele dieser Einwanderer kauften hübsche Häuser auf den Buda-Bergen oder Wohnungen in den noblen Gassen von Budapest.
Ob die chinesischen Einwanderer in Budapest beliebt sind oder nicht wurde zuletzt nicht mehr erfragt. Sehr wohl aber wie die ungarische Öffentlichkeit den Staat China sieht. Laut einer Umfrage von Sinophone Borderlands vom Herbst 2020 haben die Bürger gegenüber China eine ganz andere Einstellungen als ihre Regierung: Insgesamt hatten fast 50 Prozent der ungarischen Befragten eine negative oder sehr negative Meinung zu China, während nur etwa 25 Prozent eine positive oder sehr positive Meinung vertraten. Die Leute in Ungarn stehen China damit negativer gegenüber als die in Polen, der Slowakei, Italien oder Spanien.
Und auch der heutige Premierminister galt in den frühen Jahren als alles andere denn als ein China-Freund. Seine heute scharf rechtskonservativ ausgerichtete Fidesz-Partei war während ihrer Zeit in der Opposition anti-kommunistisch aufgestellt – und damit auch gegen die Volksrepublik China. Orbán empfing sogar den Dalai Lama im ungarischen Parlament. “Es gab bekannte Mitglieder der Partei, die später auch Minister wurden, die die Tibet-Flagge vor der chinesischen Botschaft in Budapest schwenkten”, erinnert sich Matura.
Im Vergleich dazu war es dann doch überraschend, dass Orbán 2009 nach Peking reiste, um die KP-Fidesz-Bande zu etablieren. Die Wandlung in der Gesinnung sei vor allem von wirtschaftlichen Interessen getragen worden, sagt der Wissenschaftler. Budapest musste neue Wirtschaftspartner und Quellen für Investitionen finden. In der Phase der Eurozonen-Krise sei die Öffnung in Richtung Osten eine legitime Idee gewesen und habe in gewisser Weise die Abhängigkeit vom EU-Markt etwas verringert, so Matura.
Und der Plan ging auf: Die Beziehungen zu Peking liefen gut. 2011 war Budapest der erste Gastgeber des damals neuen Gesprächsformats zwischen China und mehreren ost- und mitteleuropäischen Staaten, das heute als “17+1” bekannt ist. Nachdem Litauen seinen Ausstieg bekannt gab, sind es noch “16+1”.
Um den heutigen Ansatz der ungarischen Regierung verstehen zu können, müsse aber auch ein Blick darauf geworfen werden, wie sie generell ihre Außenpolitik gestalte, erklärt Matura – denn Peking sei nicht das einzige illiberale Regime, mit dem Orbán liebäugle. “Sein außenpolitischer Ansatz basiert darauf, alle großen Mächte an Ungarn zu interessieren.” Orbán führe auch gegenüber Russland und Brasilien unter Präsident Bolsonaro, aber auch den USA, als sie noch von Donald Trump regiert wurde, einen “Pfauentanz” auf und wolle beeindrucken.
Aber auch die Ideologie spielt eine Rolle. “Wir hören heute das gleiche Narrativ wie in den 60er- und 70er-Jahren: Dass der Westen nah am Zusammenbruch und China beziehungsweise Eurasien die Zukunft ist.” Orbán selbst spricht jetzt häufig mit echter Bewunderung über das chinesische Wirtschaftssystem.
Seine Beziehungen zu Peking setzt der ungarische Premier auch gerne als Verhandlungsmasse gegenüber der EU ein – zumindest oberflächlich. Denn: “Wenn es um Geld geht, besonders dann, wenn Deutschland mit eingebunden ist, nimmt Ungarn immer die deutsche Position ein”, sagt Matura. Deshalb sei die anstehende Bundestagswahl auch wichtig für Ungarns Ansatz gegenüber China. “Wenn die nächste Regierung in Deutschland weniger pro-chinesisch eingestellt ist, könnte Ungarn auch seinen Ansatz ändern.”
Auch an anderer Stelle wurde zuletzt auf das Wirken Berlins gesetzt: Ungarn hatte wochenlang eine Stellungnahme der EU-Staaten zur Wahlrechtsreform in Hongkong blockiert. Geplant war eine schwache Form der Äußerung, eine sogenannte “Schlussfolgerung”. Beobachter in Brüssel hofften kurzzeitig, dass die Bundesregierung Orbán vielleicht umstimmen könnte. Matura rechnete indessen nicht damit. Die Statements der EU werden von der ungarischen Regierung, anders als Sanktionen, generell als relativ zahnlos angesehen, sagt er.
Eine Änderung im Abstimmungsprozess, auf die diese Woche auch Bundesaußenminister Heiko Maas gedrängt hat, könnte Ungarn jedoch in Bedrängnis bringen und auch das Verhältnis zu China beeinflussen. Der Ansatz, den auch Maas vorbrachte, sieht nur noch eine einfache Mehrheit bei Abstimmungen im EU-Ministerrat vor und keine Einstimmigkeit.
Das Veto eines einzelnen EU-Staats wäre dann egal. “Ungarn als kleiner Mitgliedsstaat hätte nicht mehr die Macht, Statements oder Schlussfolgerungen zu blocken. Für Peking könnte Ungarn damit dann weniger interessant werden, so Politikexperte Matura. Für die von Ungarn blockierte Hongkong-Schlussfolgerung fand der Europäische Auswärtige Dienst nach viel Hin und Her nun eine elegante, aber bei weitem klanglosere Lösung: Das Statement wurde am Mittwoch nur im Namen des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell veröffentlicht. Amelie Richter, Felix Lee
Dieser Tage ist es wieder so weit. Millionen von Uni-Absolvent:innen der sogenannten Generation Z werden in Chinas Städten auf den Arbeitsmarkt gespült. Obwohl sie allein durch ihre Abschlüsse sehr gute Voraussetzungen haben, einen Job zu finden, wird nicht jeder von ihnen den ersehnten Arbeitsplatz bekommen. So sehen immer mehr junge Chines:innen den Leistungsdruck an den Universitäten als realitätsfremd. Denn auch beste Noten garantieren keinen reibungslosen Karrierestart mehr.
Laut einer Umfrage der Development Research Foundation und Zhaopin, einer der größten Jobplattformen Chinas, haben mehr als 26 Prozent der Absolvent:innen des Jahres 2020 immer noch keinen Job gefunden. Sie machten zu einer Zeit ihren Abschluss, als das Land sich nach monatelanger Quarantäne gerade erst wieder fing. Die Unternehmen zögerte aufgrund der unsicheren Lage noch, Arbeitsanfänger einzustellen. Die Regierung wollte helfen – hatte jedoch kaum wirksame Instrumente zur Verfügung: Nach massiven “Einstellungsprogrammen”, die den staatlichen, aber auch privaten Unternehmen vorgegeben wurden, lag der Anteil der 16- bis 24-Jährigen ohne Arbeit bei 14 Prozent.
Zhang Chenggang, Direktor des Forschungszentrums für neue Beschäftigungsmuster an der Capital University of Economics, befürchtet eine Verschlimmerung der Situation durch solche staatlichen Eingriffe. Die Gefahr, so Zhang: Die Politik gibt den Absolvent:innen die Illusion, dass sie durch höhere Abschlüsse wie einem Diplom bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und vor allem in staatlichen Institutionen haben. So hat die Nachfrage nach Behörden-Jobs drastisch zugenommen, da in einem unsicheren Arbeitsumfeld die Aussicht auf eine feste Stelle als Beamter oder Beamtin für viele als sehr attraktiv erschien. Im Jahr 2019 hatten knapp eine Million Menschen die Beamtenprüfung abgelegt und sich so für eine Stelle im Öffentlichen Dienst qualifiziert. Dieses Jahr haben 1,57 Millionen Bewerber zur Prüfung zugelassen.
Die Aussichten sind auch in diesem Jahr trotz relativ guter Kontrolle der Corona-Pandemie im Land nicht rosig. Zum ersten Mal machen mehr als neun Millionen junge Menschen ihren Hochschulabschluss, so die Berechnungen des Bildungsministeriums in Peking. Die Aussichten sind für den Wettbewerb in den kommenden Jahren nicht besser, denn für 2022 werden schon mehr als zehn Millionen Hochschulabsolventen erwartet. War es bisher vor allem der harte Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt, der dazu geführt hatte, dass der Drill an den Schulen seit Kindesbeinen zum Alltag gehört, sind die Jobaussichten nun aber immer weniger attraktiv für die Absolvent:innen.
Die Einstellung zu Arbeit hat sich vor allem in der Generation Z sehr stark verändert. Denn die zwischen 1995 und 2003 Geborenen werden wählerischer. Sie lehnen sich gegen das auf, was die Wirtschaft von ihnen verlangt. Für ihre Klage steht die Formel “996”: also 6 Tage die Woche von 9 Uhr früh bis 9 Uhr spät arbeiten. Zwölf-Stunden-Tage – das gilt schon lange nicht mehr nur für Arbeiter:innen in der Fabrik, die etwa für Foxconn Telefone für die Welt zusammenbauen. Auch Chinas Technologiebranche sieht es für seine Angestellten als “ruhmreich” an, lange Arbeitstage abzusitzen. Die 72-Stunden Woche wurde zur Regel.
Gerade in den Start-ups, die mit ihren Diensten den Ökosystemen von Technologieunternehmen wie Tencent, Alibaba, Essensdienstlieferant Meituan, Social-Media-App Bytedance oder E-Commerce-Plattformen wie JD.com zuarbeiten, sind eher 80-100 Stundenwochen für Angestellte die Norm. Mit der Corona-Pandemie und Home-Office ist das 007-Phänomen dazu gekommen. Die Formel “0-0-7” steht für: Von Mitternacht bis Mitternacht an sieben Tagen die Woche. Also Arbeit rund um die Uhr.
Gerade die Ausrichtung Pekings, die Nation bis 2025 zum Technologieführer zu machen, hat dazu geführt, dass in den Unternehmen mehr Druck ausgeübt wird als je zuvor. Der globale Wettbewerb des Technologiesektors wird auf den Rücken der Arbeiter:innen ausgetragen. Das ist die Ausweitung des Konzepts von China als Werkbank der Welt auf die Dienstleistungs- und Techniksektoren.
So entwickelt sich unter der Generation Z ein gewisses Gefühl der Abgestumpftheit. Sie wissen, dass gute Noten nicht der Türöffner für aussichtsreiche Jobs sind. Die boomende Techbranche, die durch ihre menschenfeindlichen Arbeitszeiten immer mehr Schattenseiten der Wachstumslogik aufzeigt, verliert nicht zuletzt durch die Vorfälle von zu Tode erschöpften Arbeiter:innen an Attraktivität, sondern auch weil sie ähnlich ausbeuterisch und menschenunwürdig ist wie die Fabrikarbeit, der die Gen Z eigentlich durch ein Studium entkommen will.
Zuletzt sind immer wieder Diskussionen auf Sozialplattformen geführt worden, die ein wenig Einblick in die Köpfe der Gen Z zeigen. Seit ein paar Wochen wird der Begriff “flach liegen” (躺平) immer öfter verwendet, um gegen die unfairen Bedingungen zu protestieren. Dabei geht es nicht mehr allein um Arbeitsbedingungen. Stattdessen steht eine umfassende Gesellschaftskritik im Mittelpunkt, in der es für viele Menschen aussichtslos erscheint, sich in der Uni, im Job und der Ausbildung anzustrengen, da die Chancen ohnehin ungleich verteilt sind. Eine aktuelle Umfrage auf Chinas Twitter-ähnlichen Plattform Weibo zeigt, dass 61 Prozent der 241.000 Teilnehmer den Trend begrüßen.
“In der heutigen Gesellschaft wird jede unserer Bewegungen überwacht und jede Handlung kritisiert. Gibt es einen rebellischeren Akt, als einfach ‘flachzuliegen’? Jemand fasste es als ‘möglicherweise den leisesten und hilflosesten Akt des Widerstands in der Geschichte der menschlichen Zivilisation’ zusammen”, so Liao Zenghu, Autor und Herausgeber, in einem Beitrag zu dem Phänomen.
“Flachliegen” ist ein Trend, der sich unter anderem auch darin ausdrückt, dass die Generation Z lieber einen Job in den kleineren Städten des Landes sucht, als in die teuren Metropolen zu ziehen und dort im Hamsterrad zu schuften. Die Bewegung “flachliegen” ist eine Reaktion auf “Neijuan”(内卷). Einem Begriff, der die Anspannung ausdrücken soll, wenn man ständig einem hohen Wettbewerbsumfeld ausgesetzt ist.
Die Partei ist indessen nur wenig begeistert: Die Haltung der Jüngeren lässt sie Stirnrunzeln, wie das Land in den kommenden Jahren zu einem Technologieführer und Wirtschaftsmacht aufsteigen will, wenn die Ambitionen der Jugend sich nicht mehr allzu sehr mit denen der Partei überschneiden. Sie wittert in dem Trend zur Work-Life-Balance schon den Keim einer existenziellen Krise und ließ über den Weibo-Kanal des Kommunistischen Jugendverbands Beiträge erstellen, die für “harte Arbeit” plädieren.
14.06.2021, 8:00-9:15 Uhr (14:00-15:15 Uhr Beijing Time)
Training, EU SME: Intellectual Property in the E-Mobility sector: protecting innovation in Asian markets Mehr
14.06.2021, 18:00 Uhr (0:00 Uhr Beijing Time)
Vortrag, KI Leipzig: Ending Political Violence: Making and Unmaking Perpetrators of the Cultural Revolution in Post-Mao China Anmeldung
14.06.2021, 14:30-16:30 Uhr in Shanghai
Seminar, AHK China/FBCS: Suspected Expense Fraud: Risks and Remediation from Tax and Forensic Perspectives Mehr
15.06.2021, 14:00-16:30 Uhr (20:00 Uhr-22:30 Uhr Beijing Time)
Präsentation, Merics: Vorstellung des neuesten Paper on China: Das nächste Jahrhundert der KPC Mehr
16.06.2021, 9:00 Uhr-10:00 Uhr (15:00 Uhr-16:00 Uhr Beijing Time)
Webinar, WTSH: Der Weg zur eigenen Tochtergesellschaft in China Anmeldung
16.06.2021, 14:30-18:00 Uhr in Suzhou
Seminar, Dezan Shira: Raw Materials, Quo Vadis? – Effective Cost Management for Manufacturing Companies Mehr
17.06.2021, 18:15-19:45 Uhr (0:15 Uhr-1:15 Uhr Beijing Time)
Vortragsreihe, Goethe Uni Frankfurt: China’s Rejuvenation: The Likelihood and Impacts Mehr
18.06.2021, 9:00-10:30 Uhr (15:00-16:30 Uhr Beijing Time)
Working Group Meeting, EU SME/EUCCC: Overview of the revised patent law and copyright law Mehr
19.06.2021, 12:30-16:20 Uhr (18:30 Uhr-22:20 Uhr Beijing Time)
Wettbewerb, Hanban: Deutscher Vorentscheid für Chinesische Sprache Chinese Bridge (汉语桥) Mehr
Das japanische Bildungsministerium hat eine offizielle Untersuchung der 14 Konfuzius-Institute im Land angekündigt. Die Behörde will dem Verdacht nachgehen, ob die Einrichtungen von der chinesischen Regierung zu Propagandazwecken eingesetzt werden und möglicherweise den Geheimdiensten des Landes zuarbeiten, berichtete die Agentur Nikkei. Die gastgebenden japanischen Universitäten, an denen die Konfuzius-Institute untergebracht sind, wurden aufgefordert, Details der Kooperation offenzulegen. Die Unis müssen über die Einbindung der Institute in Forschungsprojekte, die Quellen zu deren Finanzierungen und die Zahl der jeweils teilnehmenden Studenten Angaben machen.
Konfuzius-Institute werden von chinesischer Seite als Fördereinrichtungen für Sprach- und Kulturaustausch dargestellt, stehen aber in dem Verdacht, mit ihrer Arbeit primär staatliche Interessen der Volksrepublik zu verfolgen und die öffentliche Meinungsbildung in den Gastländern zugunsten des autoritären Regimes zu beeinflussen. Auch in Deutschland wird über die Absichten der schnellen Expansion von Konfuzius-Standorten seit einer Weile verstärkt diskutiert, vor allem, nachdem bekannt geworden war, dass staatliches chinesisches Geld eine Professur an der Freien Universität Berlin mit 500.000 Euro finanziert.
Konfuzius-Institute sind dem Zentrum für Sprachausbildung und Zusammenarbeit, auch Hanban genannt, unterstellt, dem wiederum enge Verbindungen zum chinesischen Bildungsministerium vorgeworfen werden. Weltweit gibt es in rund 160 Ländern bereits mehr als 500 Standorte. Die meisten davon in Südkorea (22), wo in der vergangenen Woche eine Gruppe von Aktivist:innen vor der chinesischen Botschaft gegen die Institute demonstriert hatte. In Deutschland gibt es bislang 19 Niederlassungen. Der überwiegende Teil davon ist an öffentlichen Hochschulen untergebracht. grz
Das Technologieunternehmen Apple soll Berichten zufolge mit den Akku-Riesen CATL und BYD über die Lieferung von Batterien verhandeln, um sein iCar-Projekt voranzubringen. Laut Reuters sollen mehrere Insider über Gespräche in einem “frühen Stadium” berichtet haben. Voraussetzung einer Zusammenarbeit ist für Apple demnach, dass die beiden chinesischen Unternehmen Produktionsstätten in den USA bauen. Die Autobauer dort pochen zunehmend darauf, die Produktion von Batterien vor Ort zu unterstützen. Jared Bernstein, Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, bestätigte gegenüber Reuters, dass die Bedingungen von Apple “vollständig mit dem übereinstimmt, worüber der Präsident in Bezug auf das Onshoring von Lieferketten gesprochen hat.”
CATL, das bereits Tesla mit Batterien versorgt, sei jedoch noch nicht bereit, in den USA zu investieren – zu groß seien die politischen Unsicherheiten, berichtet Reuters. Erst zu Beginn des Jahres hatte Apple selbst die Gerüchte um ein unter eigener Marke hergestelltes E-Auto gestreut. Damals ging es um eine mögliche Zusammenarbeit mit Hyundai und Kia. niw
Das Verbot war reine Theorie geblieben, denn nun nimmt die US-Regierung es wieder zurück, bevor es in Kraft getreten ist: US-Präsident Joe Biden hat die Sanktionen gegen die Kommunikations-Apps Wechat und Tiktok wieder zurückgenommen. Diese hatte sein Vorgänger Donald Trump verhängt. Die Behörden werden aber mögliche Risiken für “die Nationale Sicherheit und das amerikanische Volk” durch ausländische Apps um so ausführlicher prüfen, wie das Weiße Haus am Mittwoch erklärte. Das Handelsministerium soll nun Kriterien erarbeiten, an denen sich Gefahren für den Datenschutz ablesen lassen.
Trump hatte im vergangenen Jahr versucht, die Apps für illegal zu erklären und sie aus US-amerikanischen App-Stores zu verbannen. Die Begründung: Sie gefährdeten US-Sicherheitsinteressen; der wahre Grund: Er wollte China im Handelskrieg von einer neuen Flanke her angreifen. Gerichte hatten die Umsetzung der Verwaltungsanweisung jedoch wegen Zweifeln an ihrer Rechtmäßigkeit blockiert. Biden will nun eine stabile juristische Grundlage für die Kontrolle ausländischer Apps finden. fin
China bereitet sich per Gesetzesänderung auf weiteren Streit mit den USA und der EU vor. “Inzwischen halten wir es für notwendig, dass China ein spezifisches Gesetz zur Abwehr ausländischer Sanktionen hat, damit wir eine legitime Grundlage für solche Gegenmaßnahmen haben”, sagte Regierungssprecher Wang Wenbin am Donnerstag. Der Staatssender CCTV berichtete unterdessen, der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses habe das Gesetz bereits verabschiedet. Es soll dem Staat Abwehrmöglichkeiten gegen “einseitige und diskriminierende” Sanktionen geben. Details der Gesetzesnovelle waren noch vage.
Hongkongs Delegierter an den Nationalen Volkskongress, Tam Yiu-chung, erklärte einem Bericht der South China Morning Post zufolge, dass durch das neue Gesetz, Eigentum oder Vermögenswerte von Einzelpersonen eingefroren oder beschlagnahmt werden könnten. Zudem sei es möglich, dass Institutionen daran gehindert werden, Transaktionen mit bestimmten Einzelpersonen oder Organisationen durchzuführen. Auch die Ablehnung von Visa-Anträgen oder das Verbot einer Einreise in die Volksrepublik ist laut Tam in dem neuen Gesetz enthalten. Im Falle von Visumsinhaber:innen könnten die Behörden die Dokumente für ungültig erklären, so der Politiker weiter. Von den Strafmaßnahmen getroffen werden können unter anderem Einzelpersonen, ihre Ehepartner, ihre Verwandten oder Organisationen, für die sie arbeiten.
China befindet sich sowohl mit den USA als auch mit der Europäischen Union in einer Spirale immer weiter reichender Strafmaßnahmen. Die EU hatte angefangen, indem sie mutmaßlich Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen gegen Uiguren mit einem Einreiseverbot belegt hat. China hatte mit Reisebeschränkungen gegen zahlreiche EU-Abgeordnete und europäische Institutionen zurückgeschlagen. Mit den USA befindet sich das Land seit den ersten Tagen der Präsidentschaft von Donald Trump in einem langwierigen Handelskrieg. fin/ari
Peking protestierte heftig, als der sich von Wuhan aus verbreitende Erreger anfangs “das chinesische Virus” genannt wurde. Die Bezeichnung stigmatisiere die Bürger der Volksrepublik. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) taufte den Erreger dann Sars-CoV-2. Inzwischen deklinierte sie gar das griechische Alphabet, um die geografische Herkunft aller Mutationen zu verschleiern. Statt britische, brasilianische, südafrikanische oder indische Variante muss es nun politisch korrekt heißen: Alpha, Beta, Gamma und Delta. China ist das recht. Es hat seinen Willen bekommen: Nichts im Namen des Virus deutet mehr auf einen möglichen chinesischen Ursprung hin. Für Peking ist das eine politische Frage.
Dabei ist die Volksrepublik, wenn es um Infektionen geht, die von anderen Gegenden ausgehen, nicht so zimperlich. Sie sagt Ebola zu dem Virus, der nach einem Fluss im Kongo benannt ist, oder “afrikanisches Schweinefieber” für die tödliche Seuche, die 2019 Chinas Schweinebestände infizierte und dahinraffte. Erst vergangenen Montag meldete die “Global Times”, dass die Volksrepublik nach zwei Jahren das “afrikanische Schweinefieber” (ASF) besiegt habe. Der Name ASF aber hat in China überlebt, während der Begriff “chinesisches Virus” auf Druck Pekings weltweit verschwand. Der Kongo oder ganz Afrika haben eben keine Lobby oder so viel Einflussmacht wie Chinas Regierung.
Nach innen kennt Peking keine Skrupel, wenn es andere stigmatisieren lässt. Es setzt sie gerne mit Tiernamen dem Gespött aus, um ihnen Würde und Selbstachtung zu rauben. Mao schöpfte für seine Kulturrevolution voll aus dem Wörterbuch für unmenschliche Denunziationen. Er ließ seine Gegner als “Rinderteufel und Schlangengeister” (牛鬼蛇神) oder als “Chamäleon oder Ungeziefer” dämonisieren. (变色龙,小爬虫). Seine Roten Garden schrien als Schlachtruf: “Zerschlagt ihre Hundeköpfe” (砸烂狗头).
Hat die Kulturnation China daraus gelernt? Offenbar nicht. Selbst Präsident Xi Jinping greift in die Mottenkiste barbarischer Vergleiche. Zwei Monate nach Amtsantritt als Parteichef befahl er im Januar 2013 der Anti-Korruptionsbehörde des Zentralkomitees, den Partei-, Militär- und Staatsapparat zu “säubern”. Er mobilisierte die unter Umgehung der Justiz eine Jagd auf tatsächliche oder vermeintlich korrupte Spitzenfunktionäre (die sogenannten Tiger). Zugleich sollten sie auch unter den rangniedrigen Partei- und Staatsbediensteten (den Fliegen) aufräumen. Ein Jahr später kamen als dritte Verfolgte im Bunde alle korrupten Funktionäre und Konzernchefs dazu, die sich als Wirtschaftsflüchtlinge mit Vermögen ins Ausland abgesetzt hatten (die Füchse). Xi prägte die geflügelten Worte für seine Kampagne, in der er auch seine politischen Gegner mit abservierte: Tiger schlagen (打老虎), Fliegen klatschen (拍苍蝇) und Füchse jagen.(猎狐).
Bisher, so steht es in Chinas neu erschienener Parteigeschichte, hat Xi in den ersten fünf Jahren seiner Herrschaft 440 hochrangige Genossen als Tiger zur Strecke gebracht, die vielfach zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Darunter waren allein 43 Mitglieder des 18. Parteitags, die Xi einst zum KP-Chef mitgewählt hatten. Die bisher erwischten Fliegen zählen demnach sogar Millionen.
Im Juli 2014 kam die Hatz auf die “Füchse” dazu. Xinhua veröffentlichte eine Bilanz der internationalen Fahndung. Bis Juni 2020 wurden 7831 Wirtschaftsflüchtlinge aus Dutzenden Ländern an China ausgeliefert, darunter 2075 ehemalige Parteifunktionäre. Peking hätte fast drei Milliarden US-Dollar zurückerhalten.
Anders als im Fall Corona gibt es innerhalb Chinas keine öffentliche Diskussion über die Stigmatisierung der Verfolgten. Die von Willkür geprägte Anti-Korruptionskampagne wird von einer Vielzahl von Selbstmorden begleitet, mit der sich Beschuldigte ihrer Festnahme entziehen. Zynisch tat einst die “China Daily” solche Suizide ab. “Sie wiegen leichter als eine Feder.”
Tiernamen wie Wolf, Löwe oder Drache sind im politischen China dagegen positiv besetzt. Pekings Diplomaten und Sprecher des Außenministeriums gefallen sich seit 2018, als “Wolfskrieger” Schlagzeilen zu machen, wenn sie im Ton und Inhalt aggressiv Chinas offensive Außenpolitik verteidigen. Der Name – zuerst von Bloggern aufgebracht – stammt vom chinesischen Kinohit Wolfskrieger 2 ab, in dem ein Rambo-ähnlicher Soldatenheld chinesische Geiseln im Ausland befreit. Seit der Begriff “Wolfskrieger” weltweit Befremden auslöste, drehte Peking allerdings den Spieß um und beschuldigte westliche Medien, das Wort erfunden zu haben.
Unbestritten ist, dass Parteichef Xi zum Nutzen der eigenen Nation China gerne mit dem mächtigen Löwen oder mystischen Drachen vergleicht. 2014 warb er in Indien um Regierungschef Narendra Modi: “Der chinesische Drache und der indische Elefant” sollten sich zusammentun, um eine “gerechtere und vernünftigere internationale Ordnung” herzustellen.
Den Vogel schoss Xi in seiner Festrede zu 50 Jahren diplomatischer Beziehungen mit Frankreich ab. Im März 2014 versicherte er in Paris, dass sich niemand vor der Volksrepublik zu fürchten brauche. “Der Löwe China ist bereits aufgewacht. Er ist friedlich, freundlich und zivilisiert”. Xi spielte damit auf ein angeblich Napoleon Bonaparte zugeschriebenes Bonmot an. Der Korse soll einst, als er um Rat gefragt wurde, wie man mit einem sich dem Ausland widersetzenden China umgehen soll, auf die Weltkarte gedeutet und gesagt haben: “Hier ruht ein noch schlafender Löwe. Lassen wir ihn schlafen. Wenn er aufwacht, könnte er die Welt erschüttern.” Nach anderer Version soll Napoleon “Drache” gesagt haben.
Ausländische Kritiker interpretierten das Bild vom friedlichen und zivilisierten Raubtier als versteckte Warnung. Peking könnte auch anders, wenn es seinen Willen nicht bekommt. Wo in aller Welt gebe es so etwas wie einen freundlichen Löwen? Außer China würde sich selbst als domestizierter Zoo- und Zirkuslöwe verstehen. Oder gar als Papiertiger. Aber so hat Xi, der die Tierbilder so liebt, das sicher nicht gemeint.
Stephan Mayer will be the new Managing Director for Machine Tools at machine tool supplier Trumpf. Mayer has been with Trumpf since 2012 and served as Managing Director of Production and Purchasing for Trumpf Machine Tools at its headquarters in Ditzingen, near Stuttgart, from the end of 2017. Since 2019, Mayer has been Trumpf President for China, leading the two sites in Taicang in Jiangsu and Jinfangyuan CNC Machine (JFY) in Yangzhou. The 40-year-old succeeds Heinz-Jürgen Prokop, who will leave Trumpf on June 30 due to the age limit for members on the executive board.
Su Mang, die ehemalige Chefredakteurin der Modezeitschrift Harper’s Bazaar China, hat mit einer Aussage im Fernsehen einen Shitstorm ausgelöst. Für Essen müsse man mindestens 650 Yuan (umgerechnet 85 Euro) am Tag ausgeben, von weniger könne sie nicht leben. Entsetzt über Sus Kommentar wiesen viele Internetnutzer darauf hin, dass den meisten Menschen im Land täglich weniger als 30 Yuan (vier Euro) für ihre Mahlzeiten zur Verfügung stehen.
dies ist die 100. Ausgabe des China.Table. Damit sind wir zwar immer noch ein sehr junges Produkt, aber wir lassen die Startphase langsam hinter uns. Wir sind stolz darauf, in der Wirtschaft und in China-Kreisen so schnell Bekanntheit erlangt zu haben, doch wir sind auch auf Ihre Hilfe angewiesen: Sagen Sie uns, wie wir uns weiter verbessern können! Ich freue mich auf Ihre E-Mails an die Adresse china@table.media.
In diesen 100 Ausgaben war die Positionierung der EU und ihrer Mitglieder zu China eines der vorherrschenden Themen. Aus Ungarn erreichen uns nun gemischte Signale. Die Wähler sind immer unzufriedener mit dem chinafreundlichen Kurs von Premier Orbán. Dieser muss nun einen Kompromiss finden, der ihn nicht allzu China-hörig erscheinen lässt, analysiert Amelie Richter. Für Orbán wäre das eine Rückkehr zu den Wurzeln. Als Oppositionspolitiker hat er noch den Aufstand gegen China geprobt.
In China selbst zeichnet sich derweil ein Aufstand ganz anderer Art ab. Die jüngere Generation hat die Selbstausbeutung satt, die Eltern und Firmen von ihr erwarten. Kein Wunder. In der stürmischen Aufstiegsphase der vergangenen Jahrzehnte war Fleiß praktisch gleichbedeutend mit Erfolg. Inzwischen verhalten sich Arbeitsmarkt und Aufstiegschancen wesentlicher ungerechter und zäher. Die jungen Leute wissen nicht mehr, wofür sie sich eigentlich anstrengen sollen, schreibt Ning Wang.
Mit dem geplanten EU-Impfzertifikat sollen voraussichtlich schon ab dem 1. Juli Reisen innerhalb der Europäischen Union wieder einfacher werden. Die Abgeordneten des Europaparlaments billigten diese Woche mit großer Mehrheit die entsprechenden Gesetzesentwürfe. Damit braucht es nur noch die formelle Zustimmung der EU-Staaten, bevor die Regelung rechtzeitig zum Start der Urlaubssaison dann für zwölf Monate gelten kann.
Das kostenlose Covid-Zertifikat soll mittels QR-Code Aufschluss über frische Tests und durchgestandenen Corona-Infektionen geben. Testbescheinigungen und Impfdokumente sollen damit EU-weit vereinheitlicht werden. Im Zertifikat wird festgehalten, welchen Impfstoff der Inhaber oder die Inhaberin erhalten hat und ob es eine oder bereits zwei Dosen sind. Für Geimpfte aus einigen Drittländern haben manche EU-Staaten bereits wieder ihre Grenzen geöffnet, zum Beispiel Frankreich oder Griechenland.
Reisende aus China werden bei den Erleichterungen aber mit hoher Wahrscheinlichkeit in vielen EU-Staaten erst einmal in die Röhre schauen – denn die chinesischen Impfstoffe haben derzeit keine Zulassung der Europäischen Arzneimittelagentur EMA. Personen, die Sinovac oder Sinopharm verabreicht bekommen haben, gelten nach diesem Ansatz in der EU nicht als geimpft. Der Impfstoff Sinovac hat eine Notzulassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (China.Table berichtete), bei der EMA läuft die Überprüfung. Dass Sinovac diese irgendwann bekommen wird, gilt als gut möglich. Sinopharm ist davon noch weit entfernt.
Bei der Entscheidung gehe Sicherheit vor, betont die Grünen-EU-Abgeordnete und Pharmazeutin Jutta Paulus: “Solange keine Bewertung der EMA vorliegt, ist es aus meiner Sicht ein Risiko, Menschen, die mit einem noch nicht zugelassenen Impfstoff geimpft wurden, von der Quarantäne- oder Testpflicht zu befreien.” Die Pandemie sei noch lange nicht vorbei, und das Ausbrechen neuer Infektionsherde müsse unbedingt verhindert werden. Die Grundlage für Entscheidungen zur Befreiung von Quarantäne oder der Testpflicht müsse immer die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse sein, so Paulus gegenüber China.Table. “Deshalb ist es richtig, dass nur solche Impfstoffe vom Zertifikat berücksichtigt werden, die auch von der EMA im Rahmen ihres strengen Prüfverfahrens auf Sicherheit und Wirksamkeit hin abgeklopft wurden.”
Aber: Das EU-Zertifikat ist kein Reisedokument und auch keine Voraussetzung für Reisen. Und es gibt, wie so oft innerhalb der Europäischen Union, Ausnahmen. Denn die EU-Vorgaben können von den einzelnen Mitgliedsstaaten individuell ergänzt werden. Neben den Impfstoffen mit EMA-Zulassung wie Biontech/Pfizer oder Moderna können die Staaten auch individuell Sinopharm und Sinovac anerkennen. Das ist derzeit beispielsweise bereits in Griechenland und Zypern der Fall. Auch in Ungarn ist die Anerkennung einer Impfung mit den chinesischen Vakzinen sehr wahrscheinlich – denn dort wird auch die eigene Bevölkerung mit Sinopharm immunisiert. Und so entsteht ein Flickenteppich für Reisende aus China (und mit Sinopharm geimpfte Ungarn), der eventuell dazu führen könnte, dass chinesische Touristen – sollte die Einreise aus der Volksrepublik möglich werden – dann eher nach Budapest fliegen denn nach Paris.
In Deutschland steht eine Anerkennung der chinesischen Impfstoffe noch in den Sternen. Es bestehe die Möglichkeit, dass künftig über die von der EMA zugelassenen Impfstoffe hinaus weitere anerkannt werden, beispielsweise wenn sie über eine WHO-Notzulassung verfügten, hieß es hierzu auf eine Anfrage von China.Table aus dem Bundesgesundheitsministerium. Darüber werde jedoch “im Lichte des fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnisstandes”, etwa zu Wirksamkeit oder Nebenwirkungen, entschieden. Voraussetzung dafür sei, dass für die Impfstoffe mit WHO-Notfallempfehlung ein vergleichbarer Nachweis von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit wie für Impfstoffe mit EMA-Zulassung sichergestellt werde.
Unklar ist noch, ob das EU-Zertifikats-System in Zukunft auch mit digitalen Zertifikaten aus Drittstaaten verbunden werden kann. Die Kommission bemühe sich sicherzustellen, dass die Zertifikate mit Systemen in Ländern außerhalb der EU kompatibel seien, teilte die Brüsseler Behörde mit. Dort hofft man auch, dass das EU-Zertifikat “als Vorbild für andere Zertifikate” dienen könne, die derzeit in anderen Teilen der Welt entwickelt werden. Die Verordnung sieht vor, dass die Kommission per Beschluss Zertifikate anerkennen kann, die EU-Bürger:innen und ihren Familienangehörigen von Nicht-EU-Ländern ausgestellt wurden, sofern diese Zertifikate “die Qualitätsstandards erfüllen und mit dem EU-Vertrauensrahmen kompatibel sind.” In der Volksrepublik gibt es derzeit keine Erleichterungen für Geimpfte – der Nachweis an der Grenze ist bisher also hinfällig, die obligatorische Quarantäne bleibt erhalten.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hebt die rechte Hand zum Gruß. Er trägt eine Uniform mit roten Kragen-Aufnähern, auf dem linken Oberarm pragt eine rote Armbinde mit dem Wort “Fidesz”, dem Namen seiner Partei. Der fiktive Orbán im Mao-Look ist das Motiv eines Protestposters. Es soll bewusst an die Propagandaplakate der KP in China erinnern.
Ein junger Mann trug das Protestschild mit Orbán in Mao-Zedong-Optik am vergangenen Wochenende durch Budapest. Er protestierte gegen das Vorhaben der Regierung, in der ungarischen Hauptstadt einen Ableger der Shanghaier Fudan-Universität zu errichten. Eine von der KP kontrollierte Bildungsinstitution mitten in der EU, dazu bezahlt vom Gastland – das ging den Demonstranten zu weit.
Die europaweit beachtete Demo mit mehr als zehntausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern machte offenbar zumindest ein bisschen Eindruck im Amtssitz des Premiers, der schnell einen Beschwichtiger entsandte: Die Universität befinde sich noch nicht einmal in der Planungsphase, betonte Orbáns Stabschef Gergely Gulyas in einem Interview mit dem konservativen Wochenmagazin Mandiner. Er stellte die Möglichkeit einer Volksentscheidung über das Millionen-Projekt in Aussicht. Sobald die Rahmenbedingungen bekannt seien, könnte ein Referendum in Budapest abgehalten werden, versicherte Gulyas.
Ungarn hat sich unter Fidesz-Führung zu einem der chinafreundlichsten Länder in der EU entwickelt. Kommt es jetzt zu einem Sinneswandel? “Es scheint, dass die Regierung ihre Position neu bewertet hat, da selbst ihre eigenen Wähler große Vorbehalte gegenüber dem Campus von Fudan in Budapest haben”, sagt Tamás Matura, Professor an der Budapester Corvinus-Universität und Gründer des Central and Eastern European Center for Asian Studies, im Gespräch mit China.Table. Dass Orbán und seine Partei bezüglich des Fudan-Ablegers aber wirklich umdenken, hält er für weniger wahrscheinlich: “Ich glaube, dass sie das Projekt sicherlich fortsetzen werden, wenn sie die Wahlen im nächsten Jahr gewinnen.”
Politologe Matura kann dem vermeintlichen Wahlkampf-Manöver durchaus etwas Gutes abgewinnen: “Die Kontroverse um den geplanten Campus von Fudan in Budapest hat China und die bilateralen Beziehungen endlich zu einem politischen Mainstream-Thema in Ungarn gemacht.” In der Vergangenheit habe die breite Öffentlichkeit China-bezogenen Themen nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt, so Matura. “Heute verstehen alle Bereiche der Gesellschaft, worum es geht.” Auch die Opposition habe verstanden, dass die pro-chinesische Politik “ausreichend politisches Kapital” biete, um die Orbán-Regierung anzugreifen. Sie könne damit eigene Anhänger:innen versammeln und unentschlossene Wähler überzeugen, ist sich Matura sicher.
Dabei reichen die Beziehungen beider Länder weit zurück. Die Wirtschaft beider Länder ist schon seit Jahrzehnten auf personeller Ebene miteinander verwoben. Mit mehr als 30.000 Chinesen in der ungarischen Hauptstadt hat Budapest nach Paris und London heute die größte chinesische Community in Europa. Diese Entwicklung geht auf die Zeit nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 zurück. Damals war Ungarn das einzige europäische Land, das von Chinesen bei der Einreise kein Visum verlangte.
Viele Tausend Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter aus den ostchinesischen Provinzen Zhejiang und Fujian kamen mit großen karierten Taschen voll mit zumeist billigen Konsumgütern nach Ungarn. Die günstigen Waren wurden zu dieser Zeit in diesen Provinzen en masse hergestellt. Die Migranten verkauften sie anfangs auf dem Heldenplatz und den umliegenden Straßen, später ausgerechnet auf dem Józsefvárosi Piac, dem Europlatz.
Die meisten dieser Händler sahen Ungarn nur als Zwischenstation, um weiter nach Westeuropa zu ziehen. Auf dem Höhepunkt dieser Einreisewelle lebten 50.000 Chinesen in der ungarischen Hauptstadt. Viele von ihnen blieben. Sie haben etwa im Monori-Center im Stadtteil Kőbánya Geschäfte und Restaurants eröffnet. Die Ecke gilt bis heute als Chinatown von Budapest.
Eine zweite Wellte chinesischer Auswanderer nach Budapest gab es in den Jahren zwischen 2013 und 2017, diesmal aber unter völlig anderen Vorzeichen. Wer aus der Volksrepublik eine Summe zwischen 250.000 und 400.000 Euro investierte, erhielt eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Viele dieser Einwanderer kauften hübsche Häuser auf den Buda-Bergen oder Wohnungen in den noblen Gassen von Budapest.
Ob die chinesischen Einwanderer in Budapest beliebt sind oder nicht wurde zuletzt nicht mehr erfragt. Sehr wohl aber wie die ungarische Öffentlichkeit den Staat China sieht. Laut einer Umfrage von Sinophone Borderlands vom Herbst 2020 haben die Bürger gegenüber China eine ganz andere Einstellungen als ihre Regierung: Insgesamt hatten fast 50 Prozent der ungarischen Befragten eine negative oder sehr negative Meinung zu China, während nur etwa 25 Prozent eine positive oder sehr positive Meinung vertraten. Die Leute in Ungarn stehen China damit negativer gegenüber als die in Polen, der Slowakei, Italien oder Spanien.
Und auch der heutige Premierminister galt in den frühen Jahren als alles andere denn als ein China-Freund. Seine heute scharf rechtskonservativ ausgerichtete Fidesz-Partei war während ihrer Zeit in der Opposition anti-kommunistisch aufgestellt – und damit auch gegen die Volksrepublik China. Orbán empfing sogar den Dalai Lama im ungarischen Parlament. “Es gab bekannte Mitglieder der Partei, die später auch Minister wurden, die die Tibet-Flagge vor der chinesischen Botschaft in Budapest schwenkten”, erinnert sich Matura.
Im Vergleich dazu war es dann doch überraschend, dass Orbán 2009 nach Peking reiste, um die KP-Fidesz-Bande zu etablieren. Die Wandlung in der Gesinnung sei vor allem von wirtschaftlichen Interessen getragen worden, sagt der Wissenschaftler. Budapest musste neue Wirtschaftspartner und Quellen für Investitionen finden. In der Phase der Eurozonen-Krise sei die Öffnung in Richtung Osten eine legitime Idee gewesen und habe in gewisser Weise die Abhängigkeit vom EU-Markt etwas verringert, so Matura.
Und der Plan ging auf: Die Beziehungen zu Peking liefen gut. 2011 war Budapest der erste Gastgeber des damals neuen Gesprächsformats zwischen China und mehreren ost- und mitteleuropäischen Staaten, das heute als “17+1” bekannt ist. Nachdem Litauen seinen Ausstieg bekannt gab, sind es noch “16+1”.
Um den heutigen Ansatz der ungarischen Regierung verstehen zu können, müsse aber auch ein Blick darauf geworfen werden, wie sie generell ihre Außenpolitik gestalte, erklärt Matura – denn Peking sei nicht das einzige illiberale Regime, mit dem Orbán liebäugle. “Sein außenpolitischer Ansatz basiert darauf, alle großen Mächte an Ungarn zu interessieren.” Orbán führe auch gegenüber Russland und Brasilien unter Präsident Bolsonaro, aber auch den USA, als sie noch von Donald Trump regiert wurde, einen “Pfauentanz” auf und wolle beeindrucken.
Aber auch die Ideologie spielt eine Rolle. “Wir hören heute das gleiche Narrativ wie in den 60er- und 70er-Jahren: Dass der Westen nah am Zusammenbruch und China beziehungsweise Eurasien die Zukunft ist.” Orbán selbst spricht jetzt häufig mit echter Bewunderung über das chinesische Wirtschaftssystem.
Seine Beziehungen zu Peking setzt der ungarische Premier auch gerne als Verhandlungsmasse gegenüber der EU ein – zumindest oberflächlich. Denn: “Wenn es um Geld geht, besonders dann, wenn Deutschland mit eingebunden ist, nimmt Ungarn immer die deutsche Position ein”, sagt Matura. Deshalb sei die anstehende Bundestagswahl auch wichtig für Ungarns Ansatz gegenüber China. “Wenn die nächste Regierung in Deutschland weniger pro-chinesisch eingestellt ist, könnte Ungarn auch seinen Ansatz ändern.”
Auch an anderer Stelle wurde zuletzt auf das Wirken Berlins gesetzt: Ungarn hatte wochenlang eine Stellungnahme der EU-Staaten zur Wahlrechtsreform in Hongkong blockiert. Geplant war eine schwache Form der Äußerung, eine sogenannte “Schlussfolgerung”. Beobachter in Brüssel hofften kurzzeitig, dass die Bundesregierung Orbán vielleicht umstimmen könnte. Matura rechnete indessen nicht damit. Die Statements der EU werden von der ungarischen Regierung, anders als Sanktionen, generell als relativ zahnlos angesehen, sagt er.
Eine Änderung im Abstimmungsprozess, auf die diese Woche auch Bundesaußenminister Heiko Maas gedrängt hat, könnte Ungarn jedoch in Bedrängnis bringen und auch das Verhältnis zu China beeinflussen. Der Ansatz, den auch Maas vorbrachte, sieht nur noch eine einfache Mehrheit bei Abstimmungen im EU-Ministerrat vor und keine Einstimmigkeit.
Das Veto eines einzelnen EU-Staats wäre dann egal. “Ungarn als kleiner Mitgliedsstaat hätte nicht mehr die Macht, Statements oder Schlussfolgerungen zu blocken. Für Peking könnte Ungarn damit dann weniger interessant werden, so Politikexperte Matura. Für die von Ungarn blockierte Hongkong-Schlussfolgerung fand der Europäische Auswärtige Dienst nach viel Hin und Her nun eine elegante, aber bei weitem klanglosere Lösung: Das Statement wurde am Mittwoch nur im Namen des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell veröffentlicht. Amelie Richter, Felix Lee
Dieser Tage ist es wieder so weit. Millionen von Uni-Absolvent:innen der sogenannten Generation Z werden in Chinas Städten auf den Arbeitsmarkt gespült. Obwohl sie allein durch ihre Abschlüsse sehr gute Voraussetzungen haben, einen Job zu finden, wird nicht jeder von ihnen den ersehnten Arbeitsplatz bekommen. So sehen immer mehr junge Chines:innen den Leistungsdruck an den Universitäten als realitätsfremd. Denn auch beste Noten garantieren keinen reibungslosen Karrierestart mehr.
Laut einer Umfrage der Development Research Foundation und Zhaopin, einer der größten Jobplattformen Chinas, haben mehr als 26 Prozent der Absolvent:innen des Jahres 2020 immer noch keinen Job gefunden. Sie machten zu einer Zeit ihren Abschluss, als das Land sich nach monatelanger Quarantäne gerade erst wieder fing. Die Unternehmen zögerte aufgrund der unsicheren Lage noch, Arbeitsanfänger einzustellen. Die Regierung wollte helfen – hatte jedoch kaum wirksame Instrumente zur Verfügung: Nach massiven “Einstellungsprogrammen”, die den staatlichen, aber auch privaten Unternehmen vorgegeben wurden, lag der Anteil der 16- bis 24-Jährigen ohne Arbeit bei 14 Prozent.
Zhang Chenggang, Direktor des Forschungszentrums für neue Beschäftigungsmuster an der Capital University of Economics, befürchtet eine Verschlimmerung der Situation durch solche staatlichen Eingriffe. Die Gefahr, so Zhang: Die Politik gibt den Absolvent:innen die Illusion, dass sie durch höhere Abschlüsse wie einem Diplom bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und vor allem in staatlichen Institutionen haben. So hat die Nachfrage nach Behörden-Jobs drastisch zugenommen, da in einem unsicheren Arbeitsumfeld die Aussicht auf eine feste Stelle als Beamter oder Beamtin für viele als sehr attraktiv erschien. Im Jahr 2019 hatten knapp eine Million Menschen die Beamtenprüfung abgelegt und sich so für eine Stelle im Öffentlichen Dienst qualifiziert. Dieses Jahr haben 1,57 Millionen Bewerber zur Prüfung zugelassen.
Die Aussichten sind auch in diesem Jahr trotz relativ guter Kontrolle der Corona-Pandemie im Land nicht rosig. Zum ersten Mal machen mehr als neun Millionen junge Menschen ihren Hochschulabschluss, so die Berechnungen des Bildungsministeriums in Peking. Die Aussichten sind für den Wettbewerb in den kommenden Jahren nicht besser, denn für 2022 werden schon mehr als zehn Millionen Hochschulabsolventen erwartet. War es bisher vor allem der harte Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt, der dazu geführt hatte, dass der Drill an den Schulen seit Kindesbeinen zum Alltag gehört, sind die Jobaussichten nun aber immer weniger attraktiv für die Absolvent:innen.
Die Einstellung zu Arbeit hat sich vor allem in der Generation Z sehr stark verändert. Denn die zwischen 1995 und 2003 Geborenen werden wählerischer. Sie lehnen sich gegen das auf, was die Wirtschaft von ihnen verlangt. Für ihre Klage steht die Formel “996”: also 6 Tage die Woche von 9 Uhr früh bis 9 Uhr spät arbeiten. Zwölf-Stunden-Tage – das gilt schon lange nicht mehr nur für Arbeiter:innen in der Fabrik, die etwa für Foxconn Telefone für die Welt zusammenbauen. Auch Chinas Technologiebranche sieht es für seine Angestellten als “ruhmreich” an, lange Arbeitstage abzusitzen. Die 72-Stunden Woche wurde zur Regel.
Gerade in den Start-ups, die mit ihren Diensten den Ökosystemen von Technologieunternehmen wie Tencent, Alibaba, Essensdienstlieferant Meituan, Social-Media-App Bytedance oder E-Commerce-Plattformen wie JD.com zuarbeiten, sind eher 80-100 Stundenwochen für Angestellte die Norm. Mit der Corona-Pandemie und Home-Office ist das 007-Phänomen dazu gekommen. Die Formel “0-0-7” steht für: Von Mitternacht bis Mitternacht an sieben Tagen die Woche. Also Arbeit rund um die Uhr.
Gerade die Ausrichtung Pekings, die Nation bis 2025 zum Technologieführer zu machen, hat dazu geführt, dass in den Unternehmen mehr Druck ausgeübt wird als je zuvor. Der globale Wettbewerb des Technologiesektors wird auf den Rücken der Arbeiter:innen ausgetragen. Das ist die Ausweitung des Konzepts von China als Werkbank der Welt auf die Dienstleistungs- und Techniksektoren.
So entwickelt sich unter der Generation Z ein gewisses Gefühl der Abgestumpftheit. Sie wissen, dass gute Noten nicht der Türöffner für aussichtsreiche Jobs sind. Die boomende Techbranche, die durch ihre menschenfeindlichen Arbeitszeiten immer mehr Schattenseiten der Wachstumslogik aufzeigt, verliert nicht zuletzt durch die Vorfälle von zu Tode erschöpften Arbeiter:innen an Attraktivität, sondern auch weil sie ähnlich ausbeuterisch und menschenunwürdig ist wie die Fabrikarbeit, der die Gen Z eigentlich durch ein Studium entkommen will.
Zuletzt sind immer wieder Diskussionen auf Sozialplattformen geführt worden, die ein wenig Einblick in die Köpfe der Gen Z zeigen. Seit ein paar Wochen wird der Begriff “flach liegen” (躺平) immer öfter verwendet, um gegen die unfairen Bedingungen zu protestieren. Dabei geht es nicht mehr allein um Arbeitsbedingungen. Stattdessen steht eine umfassende Gesellschaftskritik im Mittelpunkt, in der es für viele Menschen aussichtslos erscheint, sich in der Uni, im Job und der Ausbildung anzustrengen, da die Chancen ohnehin ungleich verteilt sind. Eine aktuelle Umfrage auf Chinas Twitter-ähnlichen Plattform Weibo zeigt, dass 61 Prozent der 241.000 Teilnehmer den Trend begrüßen.
“In der heutigen Gesellschaft wird jede unserer Bewegungen überwacht und jede Handlung kritisiert. Gibt es einen rebellischeren Akt, als einfach ‘flachzuliegen’? Jemand fasste es als ‘möglicherweise den leisesten und hilflosesten Akt des Widerstands in der Geschichte der menschlichen Zivilisation’ zusammen”, so Liao Zenghu, Autor und Herausgeber, in einem Beitrag zu dem Phänomen.
“Flachliegen” ist ein Trend, der sich unter anderem auch darin ausdrückt, dass die Generation Z lieber einen Job in den kleineren Städten des Landes sucht, als in die teuren Metropolen zu ziehen und dort im Hamsterrad zu schuften. Die Bewegung “flachliegen” ist eine Reaktion auf “Neijuan”(内卷). Einem Begriff, der die Anspannung ausdrücken soll, wenn man ständig einem hohen Wettbewerbsumfeld ausgesetzt ist.
Die Partei ist indessen nur wenig begeistert: Die Haltung der Jüngeren lässt sie Stirnrunzeln, wie das Land in den kommenden Jahren zu einem Technologieführer und Wirtschaftsmacht aufsteigen will, wenn die Ambitionen der Jugend sich nicht mehr allzu sehr mit denen der Partei überschneiden. Sie wittert in dem Trend zur Work-Life-Balance schon den Keim einer existenziellen Krise und ließ über den Weibo-Kanal des Kommunistischen Jugendverbands Beiträge erstellen, die für “harte Arbeit” plädieren.
14.06.2021, 8:00-9:15 Uhr (14:00-15:15 Uhr Beijing Time)
Training, EU SME: Intellectual Property in the E-Mobility sector: protecting innovation in Asian markets Mehr
14.06.2021, 18:00 Uhr (0:00 Uhr Beijing Time)
Vortrag, KI Leipzig: Ending Political Violence: Making and Unmaking Perpetrators of the Cultural Revolution in Post-Mao China Anmeldung
14.06.2021, 14:30-16:30 Uhr in Shanghai
Seminar, AHK China/FBCS: Suspected Expense Fraud: Risks and Remediation from Tax and Forensic Perspectives Mehr
15.06.2021, 14:00-16:30 Uhr (20:00 Uhr-22:30 Uhr Beijing Time)
Präsentation, Merics: Vorstellung des neuesten Paper on China: Das nächste Jahrhundert der KPC Mehr
16.06.2021, 9:00 Uhr-10:00 Uhr (15:00 Uhr-16:00 Uhr Beijing Time)
Webinar, WTSH: Der Weg zur eigenen Tochtergesellschaft in China Anmeldung
16.06.2021, 14:30-18:00 Uhr in Suzhou
Seminar, Dezan Shira: Raw Materials, Quo Vadis? – Effective Cost Management for Manufacturing Companies Mehr
17.06.2021, 18:15-19:45 Uhr (0:15 Uhr-1:15 Uhr Beijing Time)
Vortragsreihe, Goethe Uni Frankfurt: China’s Rejuvenation: The Likelihood and Impacts Mehr
18.06.2021, 9:00-10:30 Uhr (15:00-16:30 Uhr Beijing Time)
Working Group Meeting, EU SME/EUCCC: Overview of the revised patent law and copyright law Mehr
19.06.2021, 12:30-16:20 Uhr (18:30 Uhr-22:20 Uhr Beijing Time)
Wettbewerb, Hanban: Deutscher Vorentscheid für Chinesische Sprache Chinese Bridge (汉语桥) Mehr
Das japanische Bildungsministerium hat eine offizielle Untersuchung der 14 Konfuzius-Institute im Land angekündigt. Die Behörde will dem Verdacht nachgehen, ob die Einrichtungen von der chinesischen Regierung zu Propagandazwecken eingesetzt werden und möglicherweise den Geheimdiensten des Landes zuarbeiten, berichtete die Agentur Nikkei. Die gastgebenden japanischen Universitäten, an denen die Konfuzius-Institute untergebracht sind, wurden aufgefordert, Details der Kooperation offenzulegen. Die Unis müssen über die Einbindung der Institute in Forschungsprojekte, die Quellen zu deren Finanzierungen und die Zahl der jeweils teilnehmenden Studenten Angaben machen.
Konfuzius-Institute werden von chinesischer Seite als Fördereinrichtungen für Sprach- und Kulturaustausch dargestellt, stehen aber in dem Verdacht, mit ihrer Arbeit primär staatliche Interessen der Volksrepublik zu verfolgen und die öffentliche Meinungsbildung in den Gastländern zugunsten des autoritären Regimes zu beeinflussen. Auch in Deutschland wird über die Absichten der schnellen Expansion von Konfuzius-Standorten seit einer Weile verstärkt diskutiert, vor allem, nachdem bekannt geworden war, dass staatliches chinesisches Geld eine Professur an der Freien Universität Berlin mit 500.000 Euro finanziert.
Konfuzius-Institute sind dem Zentrum für Sprachausbildung und Zusammenarbeit, auch Hanban genannt, unterstellt, dem wiederum enge Verbindungen zum chinesischen Bildungsministerium vorgeworfen werden. Weltweit gibt es in rund 160 Ländern bereits mehr als 500 Standorte. Die meisten davon in Südkorea (22), wo in der vergangenen Woche eine Gruppe von Aktivist:innen vor der chinesischen Botschaft gegen die Institute demonstriert hatte. In Deutschland gibt es bislang 19 Niederlassungen. Der überwiegende Teil davon ist an öffentlichen Hochschulen untergebracht. grz
Das Technologieunternehmen Apple soll Berichten zufolge mit den Akku-Riesen CATL und BYD über die Lieferung von Batterien verhandeln, um sein iCar-Projekt voranzubringen. Laut Reuters sollen mehrere Insider über Gespräche in einem “frühen Stadium” berichtet haben. Voraussetzung einer Zusammenarbeit ist für Apple demnach, dass die beiden chinesischen Unternehmen Produktionsstätten in den USA bauen. Die Autobauer dort pochen zunehmend darauf, die Produktion von Batterien vor Ort zu unterstützen. Jared Bernstein, Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, bestätigte gegenüber Reuters, dass die Bedingungen von Apple “vollständig mit dem übereinstimmt, worüber der Präsident in Bezug auf das Onshoring von Lieferketten gesprochen hat.”
CATL, das bereits Tesla mit Batterien versorgt, sei jedoch noch nicht bereit, in den USA zu investieren – zu groß seien die politischen Unsicherheiten, berichtet Reuters. Erst zu Beginn des Jahres hatte Apple selbst die Gerüchte um ein unter eigener Marke hergestelltes E-Auto gestreut. Damals ging es um eine mögliche Zusammenarbeit mit Hyundai und Kia. niw
Das Verbot war reine Theorie geblieben, denn nun nimmt die US-Regierung es wieder zurück, bevor es in Kraft getreten ist: US-Präsident Joe Biden hat die Sanktionen gegen die Kommunikations-Apps Wechat und Tiktok wieder zurückgenommen. Diese hatte sein Vorgänger Donald Trump verhängt. Die Behörden werden aber mögliche Risiken für “die Nationale Sicherheit und das amerikanische Volk” durch ausländische Apps um so ausführlicher prüfen, wie das Weiße Haus am Mittwoch erklärte. Das Handelsministerium soll nun Kriterien erarbeiten, an denen sich Gefahren für den Datenschutz ablesen lassen.
Trump hatte im vergangenen Jahr versucht, die Apps für illegal zu erklären und sie aus US-amerikanischen App-Stores zu verbannen. Die Begründung: Sie gefährdeten US-Sicherheitsinteressen; der wahre Grund: Er wollte China im Handelskrieg von einer neuen Flanke her angreifen. Gerichte hatten die Umsetzung der Verwaltungsanweisung jedoch wegen Zweifeln an ihrer Rechtmäßigkeit blockiert. Biden will nun eine stabile juristische Grundlage für die Kontrolle ausländischer Apps finden. fin
China bereitet sich per Gesetzesänderung auf weiteren Streit mit den USA und der EU vor. “Inzwischen halten wir es für notwendig, dass China ein spezifisches Gesetz zur Abwehr ausländischer Sanktionen hat, damit wir eine legitime Grundlage für solche Gegenmaßnahmen haben”, sagte Regierungssprecher Wang Wenbin am Donnerstag. Der Staatssender CCTV berichtete unterdessen, der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses habe das Gesetz bereits verabschiedet. Es soll dem Staat Abwehrmöglichkeiten gegen “einseitige und diskriminierende” Sanktionen geben. Details der Gesetzesnovelle waren noch vage.
Hongkongs Delegierter an den Nationalen Volkskongress, Tam Yiu-chung, erklärte einem Bericht der South China Morning Post zufolge, dass durch das neue Gesetz, Eigentum oder Vermögenswerte von Einzelpersonen eingefroren oder beschlagnahmt werden könnten. Zudem sei es möglich, dass Institutionen daran gehindert werden, Transaktionen mit bestimmten Einzelpersonen oder Organisationen durchzuführen. Auch die Ablehnung von Visa-Anträgen oder das Verbot einer Einreise in die Volksrepublik ist laut Tam in dem neuen Gesetz enthalten. Im Falle von Visumsinhaber:innen könnten die Behörden die Dokumente für ungültig erklären, so der Politiker weiter. Von den Strafmaßnahmen getroffen werden können unter anderem Einzelpersonen, ihre Ehepartner, ihre Verwandten oder Organisationen, für die sie arbeiten.
China befindet sich sowohl mit den USA als auch mit der Europäischen Union in einer Spirale immer weiter reichender Strafmaßnahmen. Die EU hatte angefangen, indem sie mutmaßlich Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen gegen Uiguren mit einem Einreiseverbot belegt hat. China hatte mit Reisebeschränkungen gegen zahlreiche EU-Abgeordnete und europäische Institutionen zurückgeschlagen. Mit den USA befindet sich das Land seit den ersten Tagen der Präsidentschaft von Donald Trump in einem langwierigen Handelskrieg. fin/ari
Peking protestierte heftig, als der sich von Wuhan aus verbreitende Erreger anfangs “das chinesische Virus” genannt wurde. Die Bezeichnung stigmatisiere die Bürger der Volksrepublik. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) taufte den Erreger dann Sars-CoV-2. Inzwischen deklinierte sie gar das griechische Alphabet, um die geografische Herkunft aller Mutationen zu verschleiern. Statt britische, brasilianische, südafrikanische oder indische Variante muss es nun politisch korrekt heißen: Alpha, Beta, Gamma und Delta. China ist das recht. Es hat seinen Willen bekommen: Nichts im Namen des Virus deutet mehr auf einen möglichen chinesischen Ursprung hin. Für Peking ist das eine politische Frage.
Dabei ist die Volksrepublik, wenn es um Infektionen geht, die von anderen Gegenden ausgehen, nicht so zimperlich. Sie sagt Ebola zu dem Virus, der nach einem Fluss im Kongo benannt ist, oder “afrikanisches Schweinefieber” für die tödliche Seuche, die 2019 Chinas Schweinebestände infizierte und dahinraffte. Erst vergangenen Montag meldete die “Global Times”, dass die Volksrepublik nach zwei Jahren das “afrikanische Schweinefieber” (ASF) besiegt habe. Der Name ASF aber hat in China überlebt, während der Begriff “chinesisches Virus” auf Druck Pekings weltweit verschwand. Der Kongo oder ganz Afrika haben eben keine Lobby oder so viel Einflussmacht wie Chinas Regierung.
Nach innen kennt Peking keine Skrupel, wenn es andere stigmatisieren lässt. Es setzt sie gerne mit Tiernamen dem Gespött aus, um ihnen Würde und Selbstachtung zu rauben. Mao schöpfte für seine Kulturrevolution voll aus dem Wörterbuch für unmenschliche Denunziationen. Er ließ seine Gegner als “Rinderteufel und Schlangengeister” (牛鬼蛇神) oder als “Chamäleon oder Ungeziefer” dämonisieren. (变色龙,小爬虫). Seine Roten Garden schrien als Schlachtruf: “Zerschlagt ihre Hundeköpfe” (砸烂狗头).
Hat die Kulturnation China daraus gelernt? Offenbar nicht. Selbst Präsident Xi Jinping greift in die Mottenkiste barbarischer Vergleiche. Zwei Monate nach Amtsantritt als Parteichef befahl er im Januar 2013 der Anti-Korruptionsbehörde des Zentralkomitees, den Partei-, Militär- und Staatsapparat zu “säubern”. Er mobilisierte die unter Umgehung der Justiz eine Jagd auf tatsächliche oder vermeintlich korrupte Spitzenfunktionäre (die sogenannten Tiger). Zugleich sollten sie auch unter den rangniedrigen Partei- und Staatsbediensteten (den Fliegen) aufräumen. Ein Jahr später kamen als dritte Verfolgte im Bunde alle korrupten Funktionäre und Konzernchefs dazu, die sich als Wirtschaftsflüchtlinge mit Vermögen ins Ausland abgesetzt hatten (die Füchse). Xi prägte die geflügelten Worte für seine Kampagne, in der er auch seine politischen Gegner mit abservierte: Tiger schlagen (打老虎), Fliegen klatschen (拍苍蝇) und Füchse jagen.(猎狐).
Bisher, so steht es in Chinas neu erschienener Parteigeschichte, hat Xi in den ersten fünf Jahren seiner Herrschaft 440 hochrangige Genossen als Tiger zur Strecke gebracht, die vielfach zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Darunter waren allein 43 Mitglieder des 18. Parteitags, die Xi einst zum KP-Chef mitgewählt hatten. Die bisher erwischten Fliegen zählen demnach sogar Millionen.
Im Juli 2014 kam die Hatz auf die “Füchse” dazu. Xinhua veröffentlichte eine Bilanz der internationalen Fahndung. Bis Juni 2020 wurden 7831 Wirtschaftsflüchtlinge aus Dutzenden Ländern an China ausgeliefert, darunter 2075 ehemalige Parteifunktionäre. Peking hätte fast drei Milliarden US-Dollar zurückerhalten.
Anders als im Fall Corona gibt es innerhalb Chinas keine öffentliche Diskussion über die Stigmatisierung der Verfolgten. Die von Willkür geprägte Anti-Korruptionskampagne wird von einer Vielzahl von Selbstmorden begleitet, mit der sich Beschuldigte ihrer Festnahme entziehen. Zynisch tat einst die “China Daily” solche Suizide ab. “Sie wiegen leichter als eine Feder.”
Tiernamen wie Wolf, Löwe oder Drache sind im politischen China dagegen positiv besetzt. Pekings Diplomaten und Sprecher des Außenministeriums gefallen sich seit 2018, als “Wolfskrieger” Schlagzeilen zu machen, wenn sie im Ton und Inhalt aggressiv Chinas offensive Außenpolitik verteidigen. Der Name – zuerst von Bloggern aufgebracht – stammt vom chinesischen Kinohit Wolfskrieger 2 ab, in dem ein Rambo-ähnlicher Soldatenheld chinesische Geiseln im Ausland befreit. Seit der Begriff “Wolfskrieger” weltweit Befremden auslöste, drehte Peking allerdings den Spieß um und beschuldigte westliche Medien, das Wort erfunden zu haben.
Unbestritten ist, dass Parteichef Xi zum Nutzen der eigenen Nation China gerne mit dem mächtigen Löwen oder mystischen Drachen vergleicht. 2014 warb er in Indien um Regierungschef Narendra Modi: “Der chinesische Drache und der indische Elefant” sollten sich zusammentun, um eine “gerechtere und vernünftigere internationale Ordnung” herzustellen.
Den Vogel schoss Xi in seiner Festrede zu 50 Jahren diplomatischer Beziehungen mit Frankreich ab. Im März 2014 versicherte er in Paris, dass sich niemand vor der Volksrepublik zu fürchten brauche. “Der Löwe China ist bereits aufgewacht. Er ist friedlich, freundlich und zivilisiert”. Xi spielte damit auf ein angeblich Napoleon Bonaparte zugeschriebenes Bonmot an. Der Korse soll einst, als er um Rat gefragt wurde, wie man mit einem sich dem Ausland widersetzenden China umgehen soll, auf die Weltkarte gedeutet und gesagt haben: “Hier ruht ein noch schlafender Löwe. Lassen wir ihn schlafen. Wenn er aufwacht, könnte er die Welt erschüttern.” Nach anderer Version soll Napoleon “Drache” gesagt haben.
Ausländische Kritiker interpretierten das Bild vom friedlichen und zivilisierten Raubtier als versteckte Warnung. Peking könnte auch anders, wenn es seinen Willen nicht bekommt. Wo in aller Welt gebe es so etwas wie einen freundlichen Löwen? Außer China würde sich selbst als domestizierter Zoo- und Zirkuslöwe verstehen. Oder gar als Papiertiger. Aber so hat Xi, der die Tierbilder so liebt, das sicher nicht gemeint.
Stephan Mayer will be the new Managing Director for Machine Tools at machine tool supplier Trumpf. Mayer has been with Trumpf since 2012 and served as Managing Director of Production and Purchasing for Trumpf Machine Tools at its headquarters in Ditzingen, near Stuttgart, from the end of 2017. Since 2019, Mayer has been Trumpf President for China, leading the two sites in Taicang in Jiangsu and Jinfangyuan CNC Machine (JFY) in Yangzhou. The 40-year-old succeeds Heinz-Jürgen Prokop, who will leave Trumpf on June 30 due to the age limit for members on the executive board.
Su Mang, die ehemalige Chefredakteurin der Modezeitschrift Harper’s Bazaar China, hat mit einer Aussage im Fernsehen einen Shitstorm ausgelöst. Für Essen müsse man mindestens 650 Yuan (umgerechnet 85 Euro) am Tag ausgeben, von weniger könne sie nicht leben. Entsetzt über Sus Kommentar wiesen viele Internetnutzer darauf hin, dass den meisten Menschen im Land täglich weniger als 30 Yuan (vier Euro) für ihre Mahlzeiten zur Verfügung stehen.