Andrij Melnyk, der ehemalige Botschafter der Ukraine in Deutschland und seit November 2022 Vize-Außenminister seines Landes, fordert ein Umdenken der Ukraine in ihren Beziehungen zu China. Seine Aussagen haben für viel Wirbel gesorgt. Formal unterhalten Kiew und Peking seit 2011 eine “strategische Partnerschaft” und umfassende wirtschftliche Verbindungen. Doch von all dem ist angesichts der russlandfreundlichen Haltung Chinas seit dem Feldzug Putins gegen die Ukraine nicht mehr viel übrig, wie Michael Radunski analysiert. Stattdessen schaut die Ukraine nun verstärkt Richtung Taiwan.
Unterdessen gehen in China die Neujahrsfestlichkeiten weiter, der heutige vierte Tag des Hasenjahrs ehrt trditionell den Küchengott. Auch wir blicken auf das neue Jahr: In Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner, der auf China spezialisierten Beratungsfirma Sinolytics, erhalten Sie heute drei Prognosen für das Jahr des Hasen aus den wichtigen Themenfeldern:
Am Dienstag ist außerdem mit dem ersten Africa.Table das jüngste Professional Briefing von Table.Media an den Start gegangen. Africa.Table will fortan jeden Dienstag ein realistisches Bild des afrikanischen Kontinents zeichnen – über Krisen, die kaum zu bewältigen scheinen, aber auch über Länder, die in großen Schritten vorankommen und der entwickelten Welt in vielen Aspekten voraus sind. Hier können Sie sich kostenlos für den Africa.Table anmelden.
Andrij Melnyk hat ein Umdenken der Ukraine in ihren Beziehungen zu China gefordert. “Die Position Chinas wird für uns immer weniger akzeptabel”, sagte der stellvertretende ukrainische Außenminister am vergangenen Donnerstag auf der Veranstaltung Ukraine und die Welt im Jahr 2023. “Wir müssen eine neue Strategie für die Beziehungen zu Peking vorbereiten”, erklärte Melnyk in Kiew.
Grund für diese Überlegungen ist Chinas Verhalten im Ukraine-Krieg. Es ist ein atemberaubender Balanceakt: Einerseits bezeichnet China seine Haltung als neutral. Andererseits preist man die eigene “grenzenlose Freundschaft” zu Moskau und gibt die Schuld für den Krieg den USA und der Nato. Einem Bericht des Nachrichtendienstes Bloomberg zufolge sollen die USA über Hinweise verfügen, wonach chinesische Staatsunternehmen gar nichtmilitärische Hilfe für Russlands Krieg in der Ukraine leisten. Die Biden-Regierung hat Peking demnach mit entsprechenden Hinweisen konfrontiert, um zunächst einmal herauszufinden, ob die chinesische Regierung von diesen Aktivitäten Kenntnis habe.
So oder so: Chinas Ambivalenz hat nun Folgen. Die Ukraine beginnt, sich von ihrem langjährigen Partner China abzuwenden – und sich dafür einem neuen Verbündeten in Asien zuzuwenden: Taiwan.
Melnyk führte auf der Podiumsdiskussion in Kiew aus, dass Chinas Position wahrlich nicht mehr als neutral bezeichnet werden könne, da Peking unter anderem in der UN gegen Resolutionen zur Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine gestimmt habe. “Ich bin mir nicht sicher, ob diese Beziehungen noch strategisch sein können”, sagte Melnyk.
Denn formal unterhalten China und die Ukraine seit 2011 genau das: eine strategische Partnerschaft. Auf der Internetseite des chinesischen Außenministeriums heißt es dazu stolz: China respektiert die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität der Ukraine und ist eines der ersten Länder, das die Unabhängigkeit der Ukraine anerkannt hat (中国尊重乌主权、独立和领土完整, 是最早承认乌独立的国家之一).
Für Yurii Poita sind Melnyks Worte ein Schritt in die richtige Richtung. “Chinas Verhalten ist schlicht keine strategische Partnerschaft! Im Gegenteil. China ist das Schicksal der Ukraine völlig egal, sowohl die territoriale Integrität des Landes als auch das Überleben der Menschen“, sagt der Leiter der Asien-Pazifik-Gruppe des Kiewers Thinktanks New Geopolitics Research Network im Gespräch mit China.Table. “Wir müssen unsere Beziehungen zu China überprüfen und den Status einer strategischen Partnerschaft mit allen Konsequenzen aufheben.”
Das war nicht immer so, erinnert sich Wolodymyr Solovian. “Die Beziehungen zwischen der Ukraine und China haben sich in den ersten Jahren der ukrainischen Unabhängigkeit sehr dynamisch entwickelt”, sagt Leiter für Außenpolitik am Centre for Army, Conversion, and Disarmaments Studies (CACDS) in Kiew zu China.Table. Chinas Hauptinteresse lag vor allem auf dem militärischen Komplex: auf dem Erwerb von Rüstungs- und Raketentechnologien, über welche die Ukraine nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verfügte.
Als Beispiel nennt Solovian den Verkauf des Flugzeugträgers Varyag im Jahr 1999: “Das Schiff war noch nicht fertig und wurde zur kommerziellen Nutzung als Hotel und Casino an ein privates Unternehmen aus Macau verkauft. Doch kurz darauf kam das Schiff unter die Gerichtsbarkeit der Volksrepublik und wurde nur ein Jahr später als Liaoning-Flugzeugträger in die Volksbefreiungsarmee aufgenommen.”
Bis Anfang der 2010er Jahre kaufte China wie kaum ein anderes Land Waffen und Militärtechnik aus der Ukraine – so viel, dass die Ukraine irgendwann kaum mehr den chinesischen Bedarf decken konnte. Als Folge verschob sich der Handelsschwerpunkt hin zu Weizen und anderen Agrarprodukten. Dann folgte der russische Überfall auf die Ukraine – und seitdem ist nichts mehr, wie es war.
Der Kontakt nach Peking kam vollkommen zum Erliegen. “Seit dem ersten Tag der Invasion Russlands appellierten die ukrainischen Behörden an China – jedoch ohne Erfolg”, erklärt Solovian. Das ging sogar so weit, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sich in einem Zeitungsinterview an seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping wandte. “Ich würde gerne direkt mit ihm sprechen”, sagte Selenskyj der South China Morning Post im August. Seit dem russischen Überfall auf sein Land habe man zwar schon mehrmals in Peking angefragt, allerdings habe es bislang kein Gespräch gegeben, offenbarte Selenskyj und fügte hinzu: “Ich glaube, es wäre sinnvoll.”
Doch es ist ein schwieriger Balanceakt für die Ukraine. Einerseits will man die von Peking versprochene Partnerschaft einfordern, andererseits kann es sich das unter Beschuss stehende Land nicht erlauben, einen global derart wichtigen Akteur wie China zu verprellen. Insofern war Melnyk vergangene Woche auch nicht ganz so offenherzig wie zu seinen Berliner Zeiten. Abwägend formulierte er: “Chinas Position wird nicht günstiger für die Ukraine.” Nur um sofort zu ergänzen: “Gleichzeitig ist es wichtig, dass es auch nicht schlimmer wird.”
Doch klar ist: In der Ukraine hat ein Umdenken gegenüber China begonnen. Vor dem Krieg hätten die Ukrainer wenig über China nachgedacht, weshalb man weitestgehend neutral gewesen sei, sagt Inna Sovsun zu China.Table. Doch nachdem China de facto Russlands Krieg gegen die Ukraine unterstütze, hätten die Ukrainer begonnen, eine sehr negative Einstellung gegenüber China zu entwickeln, erklärt die ukrainische Politikerin, die von 2014 bis 2016 stellvertretende Ministerin für Erziehung und Wissenschaft war. “Im Grunde gibt es fast keine Beziehungen mehr zwischen China und der Ukraine. Sie existieren auf dem Papier, und das ist alles.”
Sovsun gehört zu einer Gruppe ukrainischer Parlamentarier, die einen neuen Verbündeten auf der diplomatischen Landkarte ausfindig gemacht haben: Taiwan – die kleine Insel vor der Küste Chinas, die ebenfalls von einem übermächtigen Nachbarn bedroht wird. Die Folge: “Das einzige, was wir derzeit aus China hören, sind Drohungen, weil wir Kontakte zu Taiwan aufnehmen, das im Gegensatz zu China die Ukraine auf jede erdenkliche Weise unterstützt hat und dies auch weiterhin tut.”
Auch Poita sieht die Zeit für einen fundamentalen Wechsel gekommen: “Meiner Meinung nach wurden die Voraussetzungen für die Aktivierung der wirtschaftlichen und technologischen Beziehungen zwischen der Ukraine und Taiwan geschaffen, die für beide Seiten von Vorteil sein werden. Taiwan bekommt dann in der Ukraine einen neuen, zuverlässigen Partner.” Es bleibt abzuwarten, wie strategisch Peking auf diese Herausforderung reagieren wird.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Der chinesische Autobauer BYD verhandelt offenbar über den Kauf eines Ford-Werks in Saarlouis im Saarland. Vertreter des Ford-Managements in Deutschland würden dazu kommende Woche nach China reisen, berichtete das Wall Street Journal am Dienstag unter Berufung auf anonyme Quellen. Die Gespräche seien in einem frühen Stadium, und der Deal könnte noch scheitern, hieß es. Details zum Preis nannte der Bericht nicht. Ford war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
In dem Werk in Saarlouis läuft derzeit der Ford Focus vom Band. Ford will die Produktion dort aber 2025 einstellen. Nach Angaben des Betriebsrats sollen von den derzeit 4500 Arbeitsplätzen nur etwa 500 bis 700 bei Ford erhalten bleiben. Medienberichten zufolge hat Ford das Gespräch mit 15 Kauf-Interessenten gesucht.
BYD arbeitet derzeit am Markteinstieg für seine Elektromodelle in Europa. Im Oktober benannte das Unternehmen aus Shenzhen dazu sieben zentrale Händler für Deutschland, die ein flächendeckendes Händlernetz für Elektroautos aufbauen sollen. rtr/ck
Europa könnte einer Studie zufolge seine Abhängigkeit von Lithium-Ionen-Akkus aus China bis 2027 beenden. Die EU sei auf dem besten Weg, bis dahin die heimische Nachfrage nach Elektrofahrzeugen und Energiespeichern vollständig decken zu können, heißt es in einer Prognose von Transport & Environment (T&E), einer NGO-Dachorganisation für nachhaltigen Verkehr. Die Organisation hat für den Bericht Ankündigungen von Batterieherstellern ausgewertet.
Brüssel fehle jedoch eine politische Strategie, um den neuen US-Subventionen aus dem Inflation Reduction Acts (IRA) entgegenzuwirken. Denn diese könnten dazu führen, dass Batteriehersteller wie Tesla in Brandenburg oder Northvolt in Schleswig-Holstein Investitionen in Europa zurückstellten. “In Europa müssen mehr finanzielle Mittel bereitgestellt werden oder wir riskieren, geplante Batteriefabriken und Arbeitsplätze an Amerika zu verlieren“, sagte Sebastian Bock, Direktor von T&E in Deutschland.
Auch zwei Drittel des europäischen Bedarfs an Kathoden können dem Bericht zufolge bis 2027 in der EU produziert werden. Zu den geplanten Projekten zur Kathodenproduktion gehöre beispielsweise eine im Bau befindliche BASF-Anlage in Schwarzheide, erklärt T&E.
Die Organisation prognostiziert, dass auch die Abhängigkeit von China bei der Veredelung und Verarbeitung von Batteriemetallen merklich sinken könnte: Bis 2030 könnten mehr als 50 Prozent des Bedarfs in Europa an veredeltem Lithium aus europäischer Produktion stammen. Als Beispiele dazu nennt der Bericht RockTech Lithium und Vulcan Energy Resources in Deutschland. Die Materialien könnten aus Minen im EU-Ausland oder direkt aus europäischen Projekten bezogen werden. In Schweden wurde jüngst beispielsweise ein großes Vorkommen an Seltenen Erden entdeckt. ari
Wenige Wochen nach seinem Staatsbesuch in Peking will der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. konkret mit China über Konfliktlösungen in umstrittenen Seegebiete verhandeln. Er habe dazu Gespräche zwischen den Außenministerien beider Länder vorgeschlagen, sagte Marcos nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP. Es geht darum, im Südchinesischen Meer bei Vorfällen zwischen Booten beider Seiten diese rasch auflösen zu können. Chinas Präsident Xi Jinping habe seinem Vorschlag bei dem Gipfeltreffen in Peking Anfang Januar zugestimmt, sagte Marcos in einem Interview mit philippinischen Fernsehsendern. Beide Seiten würden jetzt die Einzelheiten ausarbeiten.
Beide Länder hatten bereits 2017 einen bilateralen Konsultationsmechanismus gestartet, um Vorfälle in den umstrittenen Gewässern zu besprechen und Eskalationen zu verhindern. Trotzdem kommt es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen chinesischen und philippinischen Booten – meist in philippinisch kontrollierten Gewässern, die von China beansprucht werden. Manila reagierte auf Störungen durch chinesische Fischerboote oder Schoffe der Küstenwache zuletzt mit wachsendem Unmut. ck
Der US-Videospielhersteller Activision Blizzard hat am Dienstag all seine Spiel-Services in China eingestellt. Davon betroffen sind auch weltbekannte Games wie Diablo III und World of Warcraft. Das bedeutet, dass Millionen von Spielern aus China für immer ihre zum Teil in jahrelanger Arbeit gepflegten Accounts verlieren. Grund für den Rückzug ist die Trennung vom Game-Publisher Netease, mit dem Blizzard für den chinesischen Markt vor 14 Jahren ein Joint Venture eingegangen war. Netease war als lokaler Publishing-Partner unter anderem dafür verantwortlich, die Spiele auf dem streng regulierten chinesischen Markt zu promoten und durch die Zensur zu bringen.
Die Trennung der beiden Unternehmen folgte auf langwierige Verhandlungen um eine Vertragsverlängerung. Gegenüber Reuters sagte eine anonyme Quelle mit Verbindungen zu Blizzard, die Verhandlungen seien an kommerziellen Details gescheitert. So habe Netease den Deal dahingehend ändern wollen, dass Blizzard seine Kontrolle über eigene Marken teilweise aufgeben müsste. Netease wirft Blizzards wiederum vor, in den Verhandlungen einseitige, unfaire und “wirtschaftlich unlogische” Vorschläge gemacht zu haben. NetEase soll einen Großteil der Mitarbeiter, die Spiele wie World of Warcraft in China betreuten, nun entlassen haben. Blizzard sucht währenddessen nach einem neuen Publisher, um seine Angebote weiter in China zu behalten.
Der chinesische Spielemarkt gilt noch vor den USA und Japan als der größte der Welt. Laut dem Marktforschungsunternehmen Niko Partners wurde in der Volksrepublik 2022 ein Umsatz von über 45 Milliarden US-Dollar mit Videospielen erwirtschaftet. Gleichzeitig hat Chinas Regierung in den vergangenen Jahren immer stärker regulatorisch in den Markt eingegriffen. Mit eingeschränkten Lizenzvergaben und gedrosselter Spielzeit sollte die Spielsucht unter Jugendlichen eingedämmt werden. Auch Inhalte, die einen schädlichen Einfluss hätten, sollten so von chinesischen Nutzern ferngehalten werden. Derzeit mehren sich jedoch die Anzeichen dafür, dass das harte Durchgreifen nachlässt. So hatten Chinas Aufsichtsbehörden zuletzt wieder neue Lizenzen an inländische und ausländische Gaming-Unternehmen vergeben. fpe
Whistleblower- bzw. Hinweisgebersysteme sind heute elementare Bestandteile eines Compliance Managements. Whistleblowing nimmt auch in China seit längerem einen besonderen Stellenwert ein. Hierzu beigetragen haben sicherlich drei Jahre der Trennung zwischen ausländischen Mutterhäusern und ihren chinesischen Tochtergesellschaften aufgrund der restriktiven Covid-Maßnahmen in China, die erst vor kurzem aufgehoben wurden.
China sieht bei privaten Unternehmen grundsätzlich keine gesetzliche Pflicht zur Errichtung eines allgemeinen Whistleblower-Systems vor. Mittlerweile gibt es aber zahlreiche gesetzliche und administrative Regelungen, die die Rechte von Whistleblowern festschreiben oder die Einrichtung entsprechender Systeme fordern.
Bereits im September 2019 hatte der Staatsrat Richtlinien veröffentlicht, in denen sowohl die Zentral- als auch die Provinzregierungen aufgefordert werden, Systeme zum Schutz von Hinweisgebern einzurichten. Parallel wurden eine Reihe von Verordnungen erlassen, die finanzielle Anreize für Whistleblower schaffen. Von zentraler Bedeutung sind hierbei die im Dezember 2021 in Kraft getretenen Interim Measures for Rewarding Whistleblowing of Major Violations in the Field of Market Regulation des chinesischen Finanzministeriums und der staatlichen Verwaltung für Marktregulierung. Danach kann ein Hinweisgeber unter bestimmten Voraussetzungen eine Belohnung von bis zu einer Million RMB erhalten.
Das chinesische Zivilgesetzbuch sieht vor, dass Unternehmen interne Regelungen zum Schutz vor sexueller Belästigung erlassen und umsetzen müssen. Diese Pflichten werden durch das zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene novellierte Gesetz über den Schutz der Rechte und Interessen von Frauen konkretisiert. Hiernach sind Arbeitgeber verpflichtet, ein internes Beschwerdesystem mit Benennung eines zuständigen Ansprechpartners einzurichten.
Handlungsbedarf besteht zudem vor dem Hintergrund des auf der EU-Hinweisgeber-Richtlinie basierenden Entwurfs für ein deutsches Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), welches voraussichtlich im 2. Quartal 2023 in Kraft treten wird. Unternehmen mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten sind danach u.a. verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten. Das HinSchG wird die gesamte Unternehmensgruppe und somit auch chinesische Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen betreffen. Das gilt auch für das bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene deutsche Lieferkettengesetz, welches ebenfalls die Einführung eines Beschwerdeverfahrens für Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Lieferkette vorsieht.
Auch in China gibt es inzwischen Mechanismen zum Schutz von Hinweisgebern. Ein Arbeitgeber, der Repressalien gegen einen Whistleblower ergreift, kann verwaltungs- und strafrechtlich belangt werden. Der Whistleblower hat unter Umständen auch Anspruch auf Wiedereinstellung (mit Lohnnachzahlung) oder auf eine Entschädigung. Alle eingereichten Informationen müssen zudem vertraulich behandelt werden. Auf der anderen Seite wird verlangt, dass Hinweisgeber keine Tatsachen erfinden, verdrehen oder falsche An-schuldigungen erheben dürfen.
Hinweisgebersysteme bringen Chancen (v.a. frühzeitiges Erkennen, Vermeiden und Beheben von Verstößen; Pluspunkt bei behördlichen Ermittlungen; Stärkung der internen Compliance-Kultur) als auch Risiken (insbes. Kosten; Missbrauchsrisiko; Schaffung einer “Kultur des Misstrauens” im Unternehmen) mit sich.
Vor dem Hintergrund zunehmender Regulierung und Bedeutung von Whistleblower-Systemen sind Unternehmen in China jedoch gehalten, interne Hinweisgebersysteme einzurichten. Beschwerdestellen können dabei, soweit nicht gesetzlich anders vorgesehen, auch bei einem Dritten, wie einem Branchenverband, Rechtsanwalt oder zentral bei der Konzernmutter eingerichtet werden. Folgende Maßnahmen werden bei der Einrichtung eines Hinweisgebersystems empfohlen:
Sebastian Wiendieck ist Partner und Leiter des Rechtsbereichs von Rödl & Partner in China.
Miguel Pereira De Sousa ist seit Januar Senior Project Manager FLS Eurasia bei DB Cargo Transa. Das Unternehmen hat seinen Schwerpunkt im Containerverkehr zwischen Europa und China. De Sousa ist Manager mit mehr als 15 Jahren Erfahrung im Bereich Intermodal und China Rail, wozu er auch regelmäßig Vorträge hält. Sein Tätigkeitsort ist Hamburg.
Zifeng Qian hat im Januar den Posten des CTO bei Remondis China übernommen. Die Remondis-Gruppe ist einer der weltweit größten privaten Dienstleister im Bereich Wasser- und Recyclingwirtschaft. Von Shanghai aus wird der in Hefei und Oldenburg ausgebildete Design Engineer die Technologie- und Geschäftsentwicklung des Unternehmens überwachen.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Am Rande der tibetischen Stadt Xigaze begrüßt ein Mann das neue Jahr, indem er eine Kette von Gebetsfahnen auf einem Bergrücken befestigt. In der autonomen Region ist das Fest auch als “Losar” bekannt und wird in den Monaten von Dezember bis Januar über einen Zeitraum von zwei Wochen gefeiert.
Andrij Melnyk, der ehemalige Botschafter der Ukraine in Deutschland und seit November 2022 Vize-Außenminister seines Landes, fordert ein Umdenken der Ukraine in ihren Beziehungen zu China. Seine Aussagen haben für viel Wirbel gesorgt. Formal unterhalten Kiew und Peking seit 2011 eine “strategische Partnerschaft” und umfassende wirtschftliche Verbindungen. Doch von all dem ist angesichts der russlandfreundlichen Haltung Chinas seit dem Feldzug Putins gegen die Ukraine nicht mehr viel übrig, wie Michael Radunski analysiert. Stattdessen schaut die Ukraine nun verstärkt Richtung Taiwan.
Unterdessen gehen in China die Neujahrsfestlichkeiten weiter, der heutige vierte Tag des Hasenjahrs ehrt trditionell den Küchengott. Auch wir blicken auf das neue Jahr: In Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner, der auf China spezialisierten Beratungsfirma Sinolytics, erhalten Sie heute drei Prognosen für das Jahr des Hasen aus den wichtigen Themenfeldern:
Am Dienstag ist außerdem mit dem ersten Africa.Table das jüngste Professional Briefing von Table.Media an den Start gegangen. Africa.Table will fortan jeden Dienstag ein realistisches Bild des afrikanischen Kontinents zeichnen – über Krisen, die kaum zu bewältigen scheinen, aber auch über Länder, die in großen Schritten vorankommen und der entwickelten Welt in vielen Aspekten voraus sind. Hier können Sie sich kostenlos für den Africa.Table anmelden.
Andrij Melnyk hat ein Umdenken der Ukraine in ihren Beziehungen zu China gefordert. “Die Position Chinas wird für uns immer weniger akzeptabel”, sagte der stellvertretende ukrainische Außenminister am vergangenen Donnerstag auf der Veranstaltung Ukraine und die Welt im Jahr 2023. “Wir müssen eine neue Strategie für die Beziehungen zu Peking vorbereiten”, erklärte Melnyk in Kiew.
Grund für diese Überlegungen ist Chinas Verhalten im Ukraine-Krieg. Es ist ein atemberaubender Balanceakt: Einerseits bezeichnet China seine Haltung als neutral. Andererseits preist man die eigene “grenzenlose Freundschaft” zu Moskau und gibt die Schuld für den Krieg den USA und der Nato. Einem Bericht des Nachrichtendienstes Bloomberg zufolge sollen die USA über Hinweise verfügen, wonach chinesische Staatsunternehmen gar nichtmilitärische Hilfe für Russlands Krieg in der Ukraine leisten. Die Biden-Regierung hat Peking demnach mit entsprechenden Hinweisen konfrontiert, um zunächst einmal herauszufinden, ob die chinesische Regierung von diesen Aktivitäten Kenntnis habe.
So oder so: Chinas Ambivalenz hat nun Folgen. Die Ukraine beginnt, sich von ihrem langjährigen Partner China abzuwenden – und sich dafür einem neuen Verbündeten in Asien zuzuwenden: Taiwan.
Melnyk führte auf der Podiumsdiskussion in Kiew aus, dass Chinas Position wahrlich nicht mehr als neutral bezeichnet werden könne, da Peking unter anderem in der UN gegen Resolutionen zur Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine gestimmt habe. “Ich bin mir nicht sicher, ob diese Beziehungen noch strategisch sein können”, sagte Melnyk.
Denn formal unterhalten China und die Ukraine seit 2011 genau das: eine strategische Partnerschaft. Auf der Internetseite des chinesischen Außenministeriums heißt es dazu stolz: China respektiert die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität der Ukraine und ist eines der ersten Länder, das die Unabhängigkeit der Ukraine anerkannt hat (中国尊重乌主权、独立和领土完整, 是最早承认乌独立的国家之一).
Für Yurii Poita sind Melnyks Worte ein Schritt in die richtige Richtung. “Chinas Verhalten ist schlicht keine strategische Partnerschaft! Im Gegenteil. China ist das Schicksal der Ukraine völlig egal, sowohl die territoriale Integrität des Landes als auch das Überleben der Menschen“, sagt der Leiter der Asien-Pazifik-Gruppe des Kiewers Thinktanks New Geopolitics Research Network im Gespräch mit China.Table. “Wir müssen unsere Beziehungen zu China überprüfen und den Status einer strategischen Partnerschaft mit allen Konsequenzen aufheben.”
Das war nicht immer so, erinnert sich Wolodymyr Solovian. “Die Beziehungen zwischen der Ukraine und China haben sich in den ersten Jahren der ukrainischen Unabhängigkeit sehr dynamisch entwickelt”, sagt Leiter für Außenpolitik am Centre for Army, Conversion, and Disarmaments Studies (CACDS) in Kiew zu China.Table. Chinas Hauptinteresse lag vor allem auf dem militärischen Komplex: auf dem Erwerb von Rüstungs- und Raketentechnologien, über welche die Ukraine nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verfügte.
Als Beispiel nennt Solovian den Verkauf des Flugzeugträgers Varyag im Jahr 1999: “Das Schiff war noch nicht fertig und wurde zur kommerziellen Nutzung als Hotel und Casino an ein privates Unternehmen aus Macau verkauft. Doch kurz darauf kam das Schiff unter die Gerichtsbarkeit der Volksrepublik und wurde nur ein Jahr später als Liaoning-Flugzeugträger in die Volksbefreiungsarmee aufgenommen.”
Bis Anfang der 2010er Jahre kaufte China wie kaum ein anderes Land Waffen und Militärtechnik aus der Ukraine – so viel, dass die Ukraine irgendwann kaum mehr den chinesischen Bedarf decken konnte. Als Folge verschob sich der Handelsschwerpunkt hin zu Weizen und anderen Agrarprodukten. Dann folgte der russische Überfall auf die Ukraine – und seitdem ist nichts mehr, wie es war.
Der Kontakt nach Peking kam vollkommen zum Erliegen. “Seit dem ersten Tag der Invasion Russlands appellierten die ukrainischen Behörden an China – jedoch ohne Erfolg”, erklärt Solovian. Das ging sogar so weit, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sich in einem Zeitungsinterview an seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping wandte. “Ich würde gerne direkt mit ihm sprechen”, sagte Selenskyj der South China Morning Post im August. Seit dem russischen Überfall auf sein Land habe man zwar schon mehrmals in Peking angefragt, allerdings habe es bislang kein Gespräch gegeben, offenbarte Selenskyj und fügte hinzu: “Ich glaube, es wäre sinnvoll.”
Doch es ist ein schwieriger Balanceakt für die Ukraine. Einerseits will man die von Peking versprochene Partnerschaft einfordern, andererseits kann es sich das unter Beschuss stehende Land nicht erlauben, einen global derart wichtigen Akteur wie China zu verprellen. Insofern war Melnyk vergangene Woche auch nicht ganz so offenherzig wie zu seinen Berliner Zeiten. Abwägend formulierte er: “Chinas Position wird nicht günstiger für die Ukraine.” Nur um sofort zu ergänzen: “Gleichzeitig ist es wichtig, dass es auch nicht schlimmer wird.”
Doch klar ist: In der Ukraine hat ein Umdenken gegenüber China begonnen. Vor dem Krieg hätten die Ukrainer wenig über China nachgedacht, weshalb man weitestgehend neutral gewesen sei, sagt Inna Sovsun zu China.Table. Doch nachdem China de facto Russlands Krieg gegen die Ukraine unterstütze, hätten die Ukrainer begonnen, eine sehr negative Einstellung gegenüber China zu entwickeln, erklärt die ukrainische Politikerin, die von 2014 bis 2016 stellvertretende Ministerin für Erziehung und Wissenschaft war. “Im Grunde gibt es fast keine Beziehungen mehr zwischen China und der Ukraine. Sie existieren auf dem Papier, und das ist alles.”
Sovsun gehört zu einer Gruppe ukrainischer Parlamentarier, die einen neuen Verbündeten auf der diplomatischen Landkarte ausfindig gemacht haben: Taiwan – die kleine Insel vor der Küste Chinas, die ebenfalls von einem übermächtigen Nachbarn bedroht wird. Die Folge: “Das einzige, was wir derzeit aus China hören, sind Drohungen, weil wir Kontakte zu Taiwan aufnehmen, das im Gegensatz zu China die Ukraine auf jede erdenkliche Weise unterstützt hat und dies auch weiterhin tut.”
Auch Poita sieht die Zeit für einen fundamentalen Wechsel gekommen: “Meiner Meinung nach wurden die Voraussetzungen für die Aktivierung der wirtschaftlichen und technologischen Beziehungen zwischen der Ukraine und Taiwan geschaffen, die für beide Seiten von Vorteil sein werden. Taiwan bekommt dann in der Ukraine einen neuen, zuverlässigen Partner.” Es bleibt abzuwarten, wie strategisch Peking auf diese Herausforderung reagieren wird.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Der chinesische Autobauer BYD verhandelt offenbar über den Kauf eines Ford-Werks in Saarlouis im Saarland. Vertreter des Ford-Managements in Deutschland würden dazu kommende Woche nach China reisen, berichtete das Wall Street Journal am Dienstag unter Berufung auf anonyme Quellen. Die Gespräche seien in einem frühen Stadium, und der Deal könnte noch scheitern, hieß es. Details zum Preis nannte der Bericht nicht. Ford war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
In dem Werk in Saarlouis läuft derzeit der Ford Focus vom Band. Ford will die Produktion dort aber 2025 einstellen. Nach Angaben des Betriebsrats sollen von den derzeit 4500 Arbeitsplätzen nur etwa 500 bis 700 bei Ford erhalten bleiben. Medienberichten zufolge hat Ford das Gespräch mit 15 Kauf-Interessenten gesucht.
BYD arbeitet derzeit am Markteinstieg für seine Elektromodelle in Europa. Im Oktober benannte das Unternehmen aus Shenzhen dazu sieben zentrale Händler für Deutschland, die ein flächendeckendes Händlernetz für Elektroautos aufbauen sollen. rtr/ck
Europa könnte einer Studie zufolge seine Abhängigkeit von Lithium-Ionen-Akkus aus China bis 2027 beenden. Die EU sei auf dem besten Weg, bis dahin die heimische Nachfrage nach Elektrofahrzeugen und Energiespeichern vollständig decken zu können, heißt es in einer Prognose von Transport & Environment (T&E), einer NGO-Dachorganisation für nachhaltigen Verkehr. Die Organisation hat für den Bericht Ankündigungen von Batterieherstellern ausgewertet.
Brüssel fehle jedoch eine politische Strategie, um den neuen US-Subventionen aus dem Inflation Reduction Acts (IRA) entgegenzuwirken. Denn diese könnten dazu führen, dass Batteriehersteller wie Tesla in Brandenburg oder Northvolt in Schleswig-Holstein Investitionen in Europa zurückstellten. “In Europa müssen mehr finanzielle Mittel bereitgestellt werden oder wir riskieren, geplante Batteriefabriken und Arbeitsplätze an Amerika zu verlieren“, sagte Sebastian Bock, Direktor von T&E in Deutschland.
Auch zwei Drittel des europäischen Bedarfs an Kathoden können dem Bericht zufolge bis 2027 in der EU produziert werden. Zu den geplanten Projekten zur Kathodenproduktion gehöre beispielsweise eine im Bau befindliche BASF-Anlage in Schwarzheide, erklärt T&E.
Die Organisation prognostiziert, dass auch die Abhängigkeit von China bei der Veredelung und Verarbeitung von Batteriemetallen merklich sinken könnte: Bis 2030 könnten mehr als 50 Prozent des Bedarfs in Europa an veredeltem Lithium aus europäischer Produktion stammen. Als Beispiele dazu nennt der Bericht RockTech Lithium und Vulcan Energy Resources in Deutschland. Die Materialien könnten aus Minen im EU-Ausland oder direkt aus europäischen Projekten bezogen werden. In Schweden wurde jüngst beispielsweise ein großes Vorkommen an Seltenen Erden entdeckt. ari
Wenige Wochen nach seinem Staatsbesuch in Peking will der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. konkret mit China über Konfliktlösungen in umstrittenen Seegebiete verhandeln. Er habe dazu Gespräche zwischen den Außenministerien beider Länder vorgeschlagen, sagte Marcos nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP. Es geht darum, im Südchinesischen Meer bei Vorfällen zwischen Booten beider Seiten diese rasch auflösen zu können. Chinas Präsident Xi Jinping habe seinem Vorschlag bei dem Gipfeltreffen in Peking Anfang Januar zugestimmt, sagte Marcos in einem Interview mit philippinischen Fernsehsendern. Beide Seiten würden jetzt die Einzelheiten ausarbeiten.
Beide Länder hatten bereits 2017 einen bilateralen Konsultationsmechanismus gestartet, um Vorfälle in den umstrittenen Gewässern zu besprechen und Eskalationen zu verhindern. Trotzdem kommt es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen chinesischen und philippinischen Booten – meist in philippinisch kontrollierten Gewässern, die von China beansprucht werden. Manila reagierte auf Störungen durch chinesische Fischerboote oder Schoffe der Küstenwache zuletzt mit wachsendem Unmut. ck
Der US-Videospielhersteller Activision Blizzard hat am Dienstag all seine Spiel-Services in China eingestellt. Davon betroffen sind auch weltbekannte Games wie Diablo III und World of Warcraft. Das bedeutet, dass Millionen von Spielern aus China für immer ihre zum Teil in jahrelanger Arbeit gepflegten Accounts verlieren. Grund für den Rückzug ist die Trennung vom Game-Publisher Netease, mit dem Blizzard für den chinesischen Markt vor 14 Jahren ein Joint Venture eingegangen war. Netease war als lokaler Publishing-Partner unter anderem dafür verantwortlich, die Spiele auf dem streng regulierten chinesischen Markt zu promoten und durch die Zensur zu bringen.
Die Trennung der beiden Unternehmen folgte auf langwierige Verhandlungen um eine Vertragsverlängerung. Gegenüber Reuters sagte eine anonyme Quelle mit Verbindungen zu Blizzard, die Verhandlungen seien an kommerziellen Details gescheitert. So habe Netease den Deal dahingehend ändern wollen, dass Blizzard seine Kontrolle über eigene Marken teilweise aufgeben müsste. Netease wirft Blizzards wiederum vor, in den Verhandlungen einseitige, unfaire und “wirtschaftlich unlogische” Vorschläge gemacht zu haben. NetEase soll einen Großteil der Mitarbeiter, die Spiele wie World of Warcraft in China betreuten, nun entlassen haben. Blizzard sucht währenddessen nach einem neuen Publisher, um seine Angebote weiter in China zu behalten.
Der chinesische Spielemarkt gilt noch vor den USA und Japan als der größte der Welt. Laut dem Marktforschungsunternehmen Niko Partners wurde in der Volksrepublik 2022 ein Umsatz von über 45 Milliarden US-Dollar mit Videospielen erwirtschaftet. Gleichzeitig hat Chinas Regierung in den vergangenen Jahren immer stärker regulatorisch in den Markt eingegriffen. Mit eingeschränkten Lizenzvergaben und gedrosselter Spielzeit sollte die Spielsucht unter Jugendlichen eingedämmt werden. Auch Inhalte, die einen schädlichen Einfluss hätten, sollten so von chinesischen Nutzern ferngehalten werden. Derzeit mehren sich jedoch die Anzeichen dafür, dass das harte Durchgreifen nachlässt. So hatten Chinas Aufsichtsbehörden zuletzt wieder neue Lizenzen an inländische und ausländische Gaming-Unternehmen vergeben. fpe
Whistleblower- bzw. Hinweisgebersysteme sind heute elementare Bestandteile eines Compliance Managements. Whistleblowing nimmt auch in China seit längerem einen besonderen Stellenwert ein. Hierzu beigetragen haben sicherlich drei Jahre der Trennung zwischen ausländischen Mutterhäusern und ihren chinesischen Tochtergesellschaften aufgrund der restriktiven Covid-Maßnahmen in China, die erst vor kurzem aufgehoben wurden.
China sieht bei privaten Unternehmen grundsätzlich keine gesetzliche Pflicht zur Errichtung eines allgemeinen Whistleblower-Systems vor. Mittlerweile gibt es aber zahlreiche gesetzliche und administrative Regelungen, die die Rechte von Whistleblowern festschreiben oder die Einrichtung entsprechender Systeme fordern.
Bereits im September 2019 hatte der Staatsrat Richtlinien veröffentlicht, in denen sowohl die Zentral- als auch die Provinzregierungen aufgefordert werden, Systeme zum Schutz von Hinweisgebern einzurichten. Parallel wurden eine Reihe von Verordnungen erlassen, die finanzielle Anreize für Whistleblower schaffen. Von zentraler Bedeutung sind hierbei die im Dezember 2021 in Kraft getretenen Interim Measures for Rewarding Whistleblowing of Major Violations in the Field of Market Regulation des chinesischen Finanzministeriums und der staatlichen Verwaltung für Marktregulierung. Danach kann ein Hinweisgeber unter bestimmten Voraussetzungen eine Belohnung von bis zu einer Million RMB erhalten.
Das chinesische Zivilgesetzbuch sieht vor, dass Unternehmen interne Regelungen zum Schutz vor sexueller Belästigung erlassen und umsetzen müssen. Diese Pflichten werden durch das zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene novellierte Gesetz über den Schutz der Rechte und Interessen von Frauen konkretisiert. Hiernach sind Arbeitgeber verpflichtet, ein internes Beschwerdesystem mit Benennung eines zuständigen Ansprechpartners einzurichten.
Handlungsbedarf besteht zudem vor dem Hintergrund des auf der EU-Hinweisgeber-Richtlinie basierenden Entwurfs für ein deutsches Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), welches voraussichtlich im 2. Quartal 2023 in Kraft treten wird. Unternehmen mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten sind danach u.a. verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten. Das HinSchG wird die gesamte Unternehmensgruppe und somit auch chinesische Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen betreffen. Das gilt auch für das bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene deutsche Lieferkettengesetz, welches ebenfalls die Einführung eines Beschwerdeverfahrens für Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Lieferkette vorsieht.
Auch in China gibt es inzwischen Mechanismen zum Schutz von Hinweisgebern. Ein Arbeitgeber, der Repressalien gegen einen Whistleblower ergreift, kann verwaltungs- und strafrechtlich belangt werden. Der Whistleblower hat unter Umständen auch Anspruch auf Wiedereinstellung (mit Lohnnachzahlung) oder auf eine Entschädigung. Alle eingereichten Informationen müssen zudem vertraulich behandelt werden. Auf der anderen Seite wird verlangt, dass Hinweisgeber keine Tatsachen erfinden, verdrehen oder falsche An-schuldigungen erheben dürfen.
Hinweisgebersysteme bringen Chancen (v.a. frühzeitiges Erkennen, Vermeiden und Beheben von Verstößen; Pluspunkt bei behördlichen Ermittlungen; Stärkung der internen Compliance-Kultur) als auch Risiken (insbes. Kosten; Missbrauchsrisiko; Schaffung einer “Kultur des Misstrauens” im Unternehmen) mit sich.
Vor dem Hintergrund zunehmender Regulierung und Bedeutung von Whistleblower-Systemen sind Unternehmen in China jedoch gehalten, interne Hinweisgebersysteme einzurichten. Beschwerdestellen können dabei, soweit nicht gesetzlich anders vorgesehen, auch bei einem Dritten, wie einem Branchenverband, Rechtsanwalt oder zentral bei der Konzernmutter eingerichtet werden. Folgende Maßnahmen werden bei der Einrichtung eines Hinweisgebersystems empfohlen:
Sebastian Wiendieck ist Partner und Leiter des Rechtsbereichs von Rödl & Partner in China.
Miguel Pereira De Sousa ist seit Januar Senior Project Manager FLS Eurasia bei DB Cargo Transa. Das Unternehmen hat seinen Schwerpunkt im Containerverkehr zwischen Europa und China. De Sousa ist Manager mit mehr als 15 Jahren Erfahrung im Bereich Intermodal und China Rail, wozu er auch regelmäßig Vorträge hält. Sein Tätigkeitsort ist Hamburg.
Zifeng Qian hat im Januar den Posten des CTO bei Remondis China übernommen. Die Remondis-Gruppe ist einer der weltweit größten privaten Dienstleister im Bereich Wasser- und Recyclingwirtschaft. Von Shanghai aus wird der in Hefei und Oldenburg ausgebildete Design Engineer die Technologie- und Geschäftsentwicklung des Unternehmens überwachen.
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Am Rande der tibetischen Stadt Xigaze begrüßt ein Mann das neue Jahr, indem er eine Kette von Gebetsfahnen auf einem Bergrücken befestigt. In der autonomen Region ist das Fest auch als “Losar” bekannt und wird in den Monaten von Dezember bis Januar über einen Zeitraum von zwei Wochen gefeiert.