unsere heutige Ausgabe spielt an drei Orten: Straßburg, dem Südchinesischem Meer und Berlin. Als Erstes blicken wir ins Elsass, wo EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ihr Kabinett vorgestellt hat. Alle Kandidaten müssen noch eine Anhörung im EU-Parlament überstehen. Wir stellen Ihnen heute schon die für die Brüsseler China-Politik wichtigsten Kommissarsposten und deren Besetzung vor.
Unsere zweite Analyse befasst sich mit der Lage rund um das Sabina Shoal im Südchinesischen Meer, um das sich China und die Philippinen verbissen streiten. Dort hat sich nach einer weiteren Eskalation das Machtgefälle stark auf eine Seite verschoben, schreibt Michael Radunski: Insgesamt 65 chinesische Schiffe befinden sich derzeit am Riff – neun Schiffe der Küstenwache, vier Marineschiffe der Volksbefreiungsarmee und 52 maritime Milizen. Manila musste nach einer Auseinandersetzung mit Verletzten dagegen sein wichtiges Schiff abziehen. Es könnte die Vorentscheidung des langwierigen Streits sein.
In unserer Heads-Kolumne kehren wir zurück nach Berlin – wo Friedrich Merz nun der Kanzler-Kandidat der Union geworden ist. Wie ist seine Position zur Volksrepublik? Und wer könnte ihm dabei in die Parade fahren?
Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat am Dienstag ihr Wunsch-Kabinett aus 26 Kommissarinnen und Kommissaren und deren Portfolios vorgestellt. Bei einigen Entscheidungen hat China eine bedeutende Rolle gespielt. Die Kandidaten werden noch eine Anhörung im Europaparlament haben. Angepeilt ist diese für Oktober. Die neue EU-Kommission könnte dann ab November übernehmen.
Die Lage rund um das Sabina Shoal ist an diesem Dienstag eindeutig: Insgesamt 65 chinesische Schiffe befinden sich derzeit am Riff – neun Schiffe der Küstenwache, vier Marineschiffe der Volksbefreiungsarmee und 52 maritime Milizen, wie die philippinische Küstenwache am Dienstag bekanntgab. Sie selbst musste die “Teresa Magbanua”, eines ihrer modernsten Schiffe, hingegen gerade abziehen. Nun steht es quasi 65:0 für China.
Der Schritt war aber notwendig geworden. Die “Teresa Magbanua” war nach einer Kollision mit der chinesischen Küstenwache schwer beschädigt, die philippinische Besatzung mit ihren Kräften am Ende. Völlig dehydriert und erschöpft wurden vier Männer der Besatzung nach ihrer Rückkehr auf Tragen ins Krankenhaus der Insel Palawan gebracht.
Doch die Philippinen wollen Sabina Shoal nicht verloren geben. “Wir haben (Sabina Shoal) nicht aufgegeben. Es ist falsch zu sagen, wir hätten es aufgegeben”, betonte allerdings Jay Tarriela, Sprecher der Küstenwache. Manila werde “die Hoheitsrechte über diese Gewässer niemals aufgeben.” Ein Sprecher des National Maritime Council kündigte am Sonntag an, ein Ersatzschiff an das Sabina-Riff zu entsenden. “Wir werden auf jeden Fall dort präsent bleiben.”
Sollte das nicht gelingen, könnte die Abfahrt der “Teresa Magbanua” allerdings weitreichende Folgen haben – am Sabina Shoal, aber auch für das gesamte Südchinesische Meer.
Die unmittelbaren Folgen am Riff liegen auf der Hand:
“Dadurch wird eine neue Frontlinie im langen Konflikt viel näher am philippinischen Festland errichtet”, sagt Raymond Powell, Leiter von Sealight, einem Projekt zum Thema Transparenz im Seerecht an der Stanford University, im Gespräch mit Table.Briefings.
Zudem hätte es Konsequenzen für andere Riffe, um die sich China und die Philippinen streiten:
“China wird seine Präsenz am Sabina Shoal als Beweis dafür aufrechterhalten, dass der Widerstand der Philippinen zwecklos ist“, meint Powell.
Und zu guter Letzt hätte es Folgen für die gesamte Region:
Dabei ist die rechtliche Situation eigentlich völlig anders. Das unbewohnte Sabina-Riff – auf den Philippinen Escoda-Riff genannt – ist Teil der Spratlys, einer Inselgruppe vor der Westküste der philippinischen Insel Palawan. Rund 75 Seemeilen von Palawan entfernt, liegt es in Manilas ausschließlicher Wirtschaftszone (Exclusive Economic Zone/EEZ). Zum Vergleich: Das chinesische Hainan liegt 650 Seemeilen entfernt. Dennoch ist China der Meinung, das Riff gehöre zu China – und nennt es deshalb konsequent “Xianbin Jiao”.
Nach Pekinger Lesart reicht Chinas Anspruch ohnehin weit über das Sabina-Riff hinaus. China reklamiert praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich – einschließlich von Gebieten in den EEZ der verschiedenen Anrainer. Pekings Ansprüche entlang seiner sogenannten Neun-Striche-Linie wurden vom Ständigen Schiedsgerichtshof in Den Haag im Juli 2016 zwar für nichtig erklärt. Peking will das Urteil jedoch nicht akzeptieren – und versucht durch zunehmend robuste Maßnahmen Fakten zu schaffen.
Seit April war die “Teresa Magbanua” am Sabina Shoal im Einsatz gewesen, um eine mögliche Landnahme durch China zu verhindern. Neben der mutwillig herbeigeführten Kollision durch die chinesische Küstenwache verhinderte eine chinesische Blockade die Versorgung der philippinischen Besatzung. Über Wochen hinweg mussten die Seeleute Wasser aus der Klimaanlage trinken und ihre Nahrung auf das Mindeste rationieren.
Carl Thayer, emeritierter Professor der University of New South Wales, sagte gegenüber der Zeitung South China Morning Post, die Philippinen hätten schon vor dem Abzug der “Teresa Magbanua” für ein Ersatzschiff sorgen sollen. Das stimmt, übersieht jedoch das grundlegende Problem: Die philippinische Küstenwache verfügt derzeit nur über zwei Schiffe, die für einen langfristigen Einsatz im Sabina Shoal geeignet sind: die BRP Teresa Magbanua und BRP Melchora Aquino, das zuvor am Sabina Shoal im Einsatz war.
“China hat jetzt die Initiative”, konstatiert Thayer und prognostiziert: Sollten die Philippinen wirklich wieder zurückkehren wollen ans Sabina Shoal, würde die chinesische Küstenwache das verhindern und als Verteidigungsmaßnahme rechtfertigen. Und so könnte der Abzug der “Teresa Magbanua” trotz der Pläne Manilas, neue Schiffe zu entsenden, die Vorentscheidung am Sabina Shoal gewesen sein.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Chinas Handelsminister Wang Wentao ist auf Tour durch Europa, um in einigen Hauptstädten und in Brüssel über die EU-Sonderzölle für importierte chinesische E-Autos zu verhandeln. Am Dienstag traf er in Berlin mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zusammen. Zentrales Thema seien “die Fragen fairer Wettbewerbsbedingungen” gewesen, teilte das Ministerium anschließend mit. Dies sei “der Kern der Untersuchung der Europäischen Kommission zu in China gefertigten E-Autos”, sagte Habeck. “Mir ist wichtig klarzustellen, dass Deutschland nicht den Wettbewerb mit China scheut. Ganz im Gegenteil, wir nehmen den Wettbewerb an – aber er muss zu fairen Bedingungen erfolgen.”
Ein Handelskrieg mit Zollspirale, der am Ende beiden Seiten schade, müsse unbedingt vermieden werden, ergänzte Habeck. “Wir brauchen eine politische Lösung. Die EU-Kommission und China sollten alles daran setzen, eine Verhandlungslösung zu finden.” Er sei dazu auch mit Brüssel im Austausch. Wang wird dazu am Donnerstag in Brüssel auch noch mit dem scheidenden EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis zusammentreffen.
Wangs Aufgabe ist allerdings zugleich, möglichst viele Mitgliedsländer für die finale Abstimmung am 25. September über die derzeit noch vorläufigen Sonderzölle auf Chinas Seite zu ziehen. Die Zölle würden ab Anfang November greifen, wenn nicht noch eine qualifizierte Mehrheit dagegen votiert. Dies müssten mindestens 15 der 27 EU-Länder sein, die zusammen auch 65 Prozent der EU-Bevölkerung stellen.
Bundeskanzler Olaf Scholz und mit Einschränkungen auch Habeck sehen die Zölle skeptisch. Italiens Außenminister Antonio Tajani hatte Wang dagegen am Montag in Rom gesagt, Italien unterstütze die EU-Zölle. Auch Frankreich gilt als klarer Befürworter. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte sich vergangene Woche in Peking ähnlich wie nun Habeck gegen einen Handelskrieg ausgesprochen. Auch nannte er die EU-Zölle “herausfordernd”. Die Zollsätze der EU-Kommission liegen zwischen acht Prozent für Tesla-Importe und 35,3 Prozent für chinesische Autobauer, die nicht mit der Untersuchung der Brüsseler Behörde kooperiert hatten. Peking hat im Gegenzug bereits Anti-Dumping-Untersuchungen bei Schweinefleisch, Branntwein und Milchprodukten aus der EU gestartet. ck
Im Fall mutmaßlicher Betrugsfälle mit Klimazertifikaten will das Umweltbundesamt (UBA) “alle 45 verdächtigen China-Projekte” stoppen und rückabwickeln. Die Projekte stehen nach den Worten von UBA-Präsident Dirk Messner unter einem “sehr starken Betrugsverdacht”. Es gebe vermutlich ein regelrechtes “Täuschungsvertragssystem”, in dem Projekte vor Ort angemeldet werden, die nicht die angegebenen Voraussetzungen, etwa zur Reduktion von Treibhausgasen, erfüllen, erläuterte das Amt. Anfang September hatte das UBA bereits für acht China-Projekte die Freischaltung der Zertifikate gestoppt, die von mehreren großen, international aktiven Firmen beantragt worden seien.
Konkret geht es um sogenannte “Upstream Emission Reductions”-Projekte (UER), die den CO₂-Ausstoß im Verkehr senken sollen, indem Emissionsreduktionen bei der Kraftstoffproduktion – etwa in Raffinerien – auf die CO₂-Minderungspflicht im Verkauf fossiler Brennstoffe (“THG-Quote”) angerechnet werden.
Die 45 verdächtigen China-Projekte umfassen laut UBA Klimazertifikate im Wert von sechs Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent, die einem Marktwert von rund 1,5 Milliarden Euro entsprechen. Nur vier dieser sechs Millionen Tonnen könnten demnach aber rückabgewickelt und gerettet werden. Folglich wäre durch den Betrug bislang – bezogen auf die ausgestellten Zertifikate – ein materieller Schaden von ungefähr 500 Millionen Euro entstanden. Insgesamt hat das UBA laut Messner mittlerweile 56 Klimaprojekte in China gründlich untersucht. An den laufenden Ermittlungen seien sowohl die Staatsanwaltschaft Berlin als auch eine internationale Anwaltskanzlei beteiligt. ck
BYD hat die verbleibenden zehn Prozent der Anteile von Mercedes-Benz an dem einst gemeinsam gegründeten E-Auto-Unternehmen Denza übernommen. Die BYD-Mitteilung nannte keinen Wert der Transaktion, Vertreter von Mercedes-Benz in China lehnten laut Bloomberg eine Stellungnahme zunächst ab. Die Automarke Denza wurde 2011 unter dem Firmennamen Shenzhen BYD New Energy von BYD und Mercedes gegründet, die jeweils 50 Prozent der Anteile hielten. Das Unternehmen konzentrierte sich auf Premium-Elektrofahrzeuge; aufgrund schlechter Verkaufszahlen reduzierte Mercedes seinen Anteil 2021 auf zehn Prozent.
2022 richtete sich Denza neu aus, und feiert nach Angaben von Bloomberg inzwischen Erfolge mit elektrischen Luxus-Vans, wobei der D9-Minivan als Bestseller in dieser Kategorie für 2023 gilt. In dieser Woche will Denza lokalen Medienberichten zufolge das neue Modell Z9GT auf den Markt bringen, das laut der Fachzeitschrift Auto Motor Sport dem Porsche-Modell Taycan Sport Turismo Konkurrenz machen könnte. Das Design für das Luxusmodell stamme aus der Feder von Ex-Audi-Designer Wolfgang Egger, schreibt das Blatt. Es werde in China als reines Elektromodell und Plug-in-Hybrid verkauft werden. Da der Z9 eine zentrale Rolle für den weltweiten Absatz von Denza und BYD spielen solle, wird er nach dem Bericht auch nach Europa kommen. ck
Wenn Friedrich Merz sich in der Vergangenheit zu China äußerte, ging es ihm oft darum, anderen Politikern Fehlverhalten vorzuwerfen. Bundeskanzler Olaf Scholz warf er vor, auf seiner China-Reise kein Treffen mit dem geschassten Ex-Staatschef Hu Jintao vereinbart zu haben. Man wisse ja nicht einmal, ob der noch lebe, erklärte der CDU-Chef damals. Die vor allem auf Druck des Kanzleramts erfolgte Erlaubnis für den Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco in einen Terminal am Hamburger Hafen war ihm ebenfalls ein gefundenes Fressen, um die Leichtsinnigkeit der Regierung im Umgang mit China zu geißeln. Offenbar glaube der Kanzler noch immer an die Theorie vom Wandel durch Handel, so Merz. “Ihm fehlt die Bereitschaft, die Risiken, denen wir ausgesetzt sind, neu zu bewerten”.
Alle Erwartungen eines “Wandel durch Handel” seien unerfüllt geblieben, kommentierte Merz in Table.Briefings zum Scholz-Besuch im November 2022. “Im Gegenteil: China nutzt alle bilateralen und multilateralen Beziehungen ausschließlich zu seinen Gunsten und baut damit seine politische, ökonomische und militärische Vormachtstellung über die unmittelbare Nachbarschaft hinaus systematisch weiter aus.”
Risikobewertung ist ein großes Thema für Merz: “Zur Zeitenwende gehört eben auch ein neuer Blick auf China.” Bereits im Sommer 2023 warf der CDU-Chef der Bundesregierung vor, keine funktionierende China-Strategie auf den Weg gebracht zu haben. Das könne man sich nicht länger leisten, erklärte er damals vor Industrievertretern. “Wir brauchen in diesen Fragen einen strategischen Konsens, wie weit wir eigentlich unsere Interessen bereit sind wahrzunehmen.”
Nach Scholz’ China-Reise im April dieses Jahres hatte Merz der Nachrichtenagentur dpa gegenüber beklagt, dass der chinesische Staat zunehmend repressiv auftrete, und sich zu einer “zunehmenden Bedrohung für unsere Sicherheit” entwickle. Der Einfluss Chinas sei so stark wie seit 30 Jahren nicht mehr, sagte Merz. Vor allem auch deutsche Unternehmen bekämen die Risiken zu spüren.
China bliebe als Partner zwar wirtschaftlich unverändert interessant. Wer heute in China investiere, müsse sich aber genau überlegen, was auf dem Spiel steht. “Jedes deutsche Unternehmen ist zugleich gut beraten, die Risiken zu analysieren, zu minimieren und auch bilanziell richtig einzuordnen.” Dabei deutete Merz auch an, dass die Regierung unter ihm nicht mehr bereit sein werde, Unternehmen, die in China zu hohe Risiken eingingen, in jedem Fall zu retten. Bei strategisch wichtigen Gütern und Ressourcen müsse der Staat den Rahmen für Investitionen und Handel klar abstecken.
Zugleich aber wird auch ein etwaiger Bundeskanzler Merz kaum umhin können, das anhaltend große Engagement vieler deutscher Firmen in der Volksrepublik für politische Entscheidungen in irgendeiner Form mitzudenken. Auch wenn die China-Strategie der Bundesregierung ebenso wie die der EU-Kommission zum De-Risking und Diversifizierung aufrufen, investieren vor allem große Firmen scheinbar unbekümmert weiter vor Ort. Die Verbände der Firmen sind China gegenüber heute nicht mehr unkritisch, haben aber vor allem die Interessen ihrer eigenen Mitglieder im Blick, wenn sie bei der Regierung vorsprechen.
Die Fraktion von CDU und CSU im Bundestag hatte 2023 ein Strategiepapier zu China vorgelegt und darin eine breit angelegte Stärkung der China-Kompetenz in Deutschland gefordert. Eine sinnvolle Partnerschaft mit China sei nur möglich, wenn die deutsche Seite die Risiken erkennen und bewerten könne, heißt es darin. Auch ein dem Bundeskanzleramt unterstelltes China-Kompetenzzentrum wird darin gefordert.
Wie der Realitätscheck mit diesen Plänen umgehen wird, wird sich genauso zeigen müssen, wie die bereits brodelnden Unstimmigkeiten zum Thema innerhalb der Union: Während Merz verbal auf Konfrontationskurs gegenüber Peking geht, lehnt beispielsweise der Unions-Fraktionsvize im Bundestag Jens Spahn Überlegungen ab, Auslandsinvestitionen von Unternehmen in China staatlich zu kontrollieren. Und auch der Besuch des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) in China in diesem Jahr zeigte eine gänzlich unkritische Positionierung.
Merz will derweila auch aufs große Ganze schauen. “Der Staat China ist ein geostrategischer und vor allem ein geoökonomischer Akteur geworden. Xi Jinping verfolgt wie kein anderer chinesischer Herrscher seit Mao einen harten leninistisch-maoistischen Kurs der Dominanz und ideologischen Vormachtstellung“, schrieb er bei Table.Briefings.
Die Rolle des Vermittlers, die China auf der Weltbühne spielen möchte, nimmt Merz nicht für voll. Es unterstütze Länder wie Nordkorea und Russland. Peking habe zwar zeitweise mäßigenden Einfluss auf Russlands Präsident Wladimir Putin ausgeübt – werde aber nicht entscheidend auf Moskau einwirken, um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu beenden. Chinas Russlandnähe belastet die Beziehungen zur EU.
Und egal ob Trump oder Harris im November die Präsidentenwahl gewinnt: Unser Verhältnis zu den USA werde nicht enger werden, glaubt Merz. Washington werde sich in Zukunft noch mehr auf die Pazifik-Region konzentrieren und in diesem Zusammenhang vor allem auf die Eindämmung Chinas. Man wird sehen, ob Merz mit dem US-Kurs am Ende auf einer Linie ist. Fabian Peltsch/Amelie Richter/Christiane Kühl
Cai Wei wird neuer Generakdirektor der Abteilung für North American and Oceanian Affairs im Außenministerium. Er ersetzt Yang Tao. Cai war zuvor Generaldirektor der Abteilung für Lateinamerika und die Karibik gewesen. 2020 war der Generalkonsul in Houston, als der damalige US-Präsident Donald Trump das Konsulat wegen Spionagevorwürfen schloss.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Chinesischer wird’s heute nicht: Zum Mid-Autumn-Fest 中秋节 am 17. September bekamen die Pandas im Zoo von Chongqing Mondkuchen serviert. Auch in anderen Panda-Gehegen des Landes war für die Tiere quasi Weihnachten. Den Bären im Zoo der Panda-Provinz Sichuan wurde ein Festmahl mit Mondkuchen aus gedämpftem Maisbrot, Obsttellern und Bambussprossenkuchen aufgefahren – “sorgfältig von Experten und Tierpflegern unter Berücksichtigung von Alter, Persönlichkeit, Gesundheit und Ernährungsgewohnheiten ausgewählt und zubereitet”, wie die Staatsmedien berichteten. Panda-Fans konnten der Völlerei per Stream beiwohnen und den schwarz-weißen Sympathieträgern ihre Segenswünsche live übermitteln.
unsere heutige Ausgabe spielt an drei Orten: Straßburg, dem Südchinesischem Meer und Berlin. Als Erstes blicken wir ins Elsass, wo EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ihr Kabinett vorgestellt hat. Alle Kandidaten müssen noch eine Anhörung im EU-Parlament überstehen. Wir stellen Ihnen heute schon die für die Brüsseler China-Politik wichtigsten Kommissarsposten und deren Besetzung vor.
Unsere zweite Analyse befasst sich mit der Lage rund um das Sabina Shoal im Südchinesischen Meer, um das sich China und die Philippinen verbissen streiten. Dort hat sich nach einer weiteren Eskalation das Machtgefälle stark auf eine Seite verschoben, schreibt Michael Radunski: Insgesamt 65 chinesische Schiffe befinden sich derzeit am Riff – neun Schiffe der Küstenwache, vier Marineschiffe der Volksbefreiungsarmee und 52 maritime Milizen. Manila musste nach einer Auseinandersetzung mit Verletzten dagegen sein wichtiges Schiff abziehen. Es könnte die Vorentscheidung des langwierigen Streits sein.
In unserer Heads-Kolumne kehren wir zurück nach Berlin – wo Friedrich Merz nun der Kanzler-Kandidat der Union geworden ist. Wie ist seine Position zur Volksrepublik? Und wer könnte ihm dabei in die Parade fahren?
Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat am Dienstag ihr Wunsch-Kabinett aus 26 Kommissarinnen und Kommissaren und deren Portfolios vorgestellt. Bei einigen Entscheidungen hat China eine bedeutende Rolle gespielt. Die Kandidaten werden noch eine Anhörung im Europaparlament haben. Angepeilt ist diese für Oktober. Die neue EU-Kommission könnte dann ab November übernehmen.
Die Lage rund um das Sabina Shoal ist an diesem Dienstag eindeutig: Insgesamt 65 chinesische Schiffe befinden sich derzeit am Riff – neun Schiffe der Küstenwache, vier Marineschiffe der Volksbefreiungsarmee und 52 maritime Milizen, wie die philippinische Küstenwache am Dienstag bekanntgab. Sie selbst musste die “Teresa Magbanua”, eines ihrer modernsten Schiffe, hingegen gerade abziehen. Nun steht es quasi 65:0 für China.
Der Schritt war aber notwendig geworden. Die “Teresa Magbanua” war nach einer Kollision mit der chinesischen Küstenwache schwer beschädigt, die philippinische Besatzung mit ihren Kräften am Ende. Völlig dehydriert und erschöpft wurden vier Männer der Besatzung nach ihrer Rückkehr auf Tragen ins Krankenhaus der Insel Palawan gebracht.
Doch die Philippinen wollen Sabina Shoal nicht verloren geben. “Wir haben (Sabina Shoal) nicht aufgegeben. Es ist falsch zu sagen, wir hätten es aufgegeben”, betonte allerdings Jay Tarriela, Sprecher der Küstenwache. Manila werde “die Hoheitsrechte über diese Gewässer niemals aufgeben.” Ein Sprecher des National Maritime Council kündigte am Sonntag an, ein Ersatzschiff an das Sabina-Riff zu entsenden. “Wir werden auf jeden Fall dort präsent bleiben.”
Sollte das nicht gelingen, könnte die Abfahrt der “Teresa Magbanua” allerdings weitreichende Folgen haben – am Sabina Shoal, aber auch für das gesamte Südchinesische Meer.
Die unmittelbaren Folgen am Riff liegen auf der Hand:
“Dadurch wird eine neue Frontlinie im langen Konflikt viel näher am philippinischen Festland errichtet”, sagt Raymond Powell, Leiter von Sealight, einem Projekt zum Thema Transparenz im Seerecht an der Stanford University, im Gespräch mit Table.Briefings.
Zudem hätte es Konsequenzen für andere Riffe, um die sich China und die Philippinen streiten:
“China wird seine Präsenz am Sabina Shoal als Beweis dafür aufrechterhalten, dass der Widerstand der Philippinen zwecklos ist“, meint Powell.
Und zu guter Letzt hätte es Folgen für die gesamte Region:
Dabei ist die rechtliche Situation eigentlich völlig anders. Das unbewohnte Sabina-Riff – auf den Philippinen Escoda-Riff genannt – ist Teil der Spratlys, einer Inselgruppe vor der Westküste der philippinischen Insel Palawan. Rund 75 Seemeilen von Palawan entfernt, liegt es in Manilas ausschließlicher Wirtschaftszone (Exclusive Economic Zone/EEZ). Zum Vergleich: Das chinesische Hainan liegt 650 Seemeilen entfernt. Dennoch ist China der Meinung, das Riff gehöre zu China – und nennt es deshalb konsequent “Xianbin Jiao”.
Nach Pekinger Lesart reicht Chinas Anspruch ohnehin weit über das Sabina-Riff hinaus. China reklamiert praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich – einschließlich von Gebieten in den EEZ der verschiedenen Anrainer. Pekings Ansprüche entlang seiner sogenannten Neun-Striche-Linie wurden vom Ständigen Schiedsgerichtshof in Den Haag im Juli 2016 zwar für nichtig erklärt. Peking will das Urteil jedoch nicht akzeptieren – und versucht durch zunehmend robuste Maßnahmen Fakten zu schaffen.
Seit April war die “Teresa Magbanua” am Sabina Shoal im Einsatz gewesen, um eine mögliche Landnahme durch China zu verhindern. Neben der mutwillig herbeigeführten Kollision durch die chinesische Küstenwache verhinderte eine chinesische Blockade die Versorgung der philippinischen Besatzung. Über Wochen hinweg mussten die Seeleute Wasser aus der Klimaanlage trinken und ihre Nahrung auf das Mindeste rationieren.
Carl Thayer, emeritierter Professor der University of New South Wales, sagte gegenüber der Zeitung South China Morning Post, die Philippinen hätten schon vor dem Abzug der “Teresa Magbanua” für ein Ersatzschiff sorgen sollen. Das stimmt, übersieht jedoch das grundlegende Problem: Die philippinische Küstenwache verfügt derzeit nur über zwei Schiffe, die für einen langfristigen Einsatz im Sabina Shoal geeignet sind: die BRP Teresa Magbanua und BRP Melchora Aquino, das zuvor am Sabina Shoal im Einsatz war.
“China hat jetzt die Initiative”, konstatiert Thayer und prognostiziert: Sollten die Philippinen wirklich wieder zurückkehren wollen ans Sabina Shoal, würde die chinesische Küstenwache das verhindern und als Verteidigungsmaßnahme rechtfertigen. Und so könnte der Abzug der “Teresa Magbanua” trotz der Pläne Manilas, neue Schiffe zu entsenden, die Vorentscheidung am Sabina Shoal gewesen sein.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Chinas Handelsminister Wang Wentao ist auf Tour durch Europa, um in einigen Hauptstädten und in Brüssel über die EU-Sonderzölle für importierte chinesische E-Autos zu verhandeln. Am Dienstag traf er in Berlin mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zusammen. Zentrales Thema seien “die Fragen fairer Wettbewerbsbedingungen” gewesen, teilte das Ministerium anschließend mit. Dies sei “der Kern der Untersuchung der Europäischen Kommission zu in China gefertigten E-Autos”, sagte Habeck. “Mir ist wichtig klarzustellen, dass Deutschland nicht den Wettbewerb mit China scheut. Ganz im Gegenteil, wir nehmen den Wettbewerb an – aber er muss zu fairen Bedingungen erfolgen.”
Ein Handelskrieg mit Zollspirale, der am Ende beiden Seiten schade, müsse unbedingt vermieden werden, ergänzte Habeck. “Wir brauchen eine politische Lösung. Die EU-Kommission und China sollten alles daran setzen, eine Verhandlungslösung zu finden.” Er sei dazu auch mit Brüssel im Austausch. Wang wird dazu am Donnerstag in Brüssel auch noch mit dem scheidenden EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis zusammentreffen.
Wangs Aufgabe ist allerdings zugleich, möglichst viele Mitgliedsländer für die finale Abstimmung am 25. September über die derzeit noch vorläufigen Sonderzölle auf Chinas Seite zu ziehen. Die Zölle würden ab Anfang November greifen, wenn nicht noch eine qualifizierte Mehrheit dagegen votiert. Dies müssten mindestens 15 der 27 EU-Länder sein, die zusammen auch 65 Prozent der EU-Bevölkerung stellen.
Bundeskanzler Olaf Scholz und mit Einschränkungen auch Habeck sehen die Zölle skeptisch. Italiens Außenminister Antonio Tajani hatte Wang dagegen am Montag in Rom gesagt, Italien unterstütze die EU-Zölle. Auch Frankreich gilt als klarer Befürworter. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte sich vergangene Woche in Peking ähnlich wie nun Habeck gegen einen Handelskrieg ausgesprochen. Auch nannte er die EU-Zölle “herausfordernd”. Die Zollsätze der EU-Kommission liegen zwischen acht Prozent für Tesla-Importe und 35,3 Prozent für chinesische Autobauer, die nicht mit der Untersuchung der Brüsseler Behörde kooperiert hatten. Peking hat im Gegenzug bereits Anti-Dumping-Untersuchungen bei Schweinefleisch, Branntwein und Milchprodukten aus der EU gestartet. ck
Im Fall mutmaßlicher Betrugsfälle mit Klimazertifikaten will das Umweltbundesamt (UBA) “alle 45 verdächtigen China-Projekte” stoppen und rückabwickeln. Die Projekte stehen nach den Worten von UBA-Präsident Dirk Messner unter einem “sehr starken Betrugsverdacht”. Es gebe vermutlich ein regelrechtes “Täuschungsvertragssystem”, in dem Projekte vor Ort angemeldet werden, die nicht die angegebenen Voraussetzungen, etwa zur Reduktion von Treibhausgasen, erfüllen, erläuterte das Amt. Anfang September hatte das UBA bereits für acht China-Projekte die Freischaltung der Zertifikate gestoppt, die von mehreren großen, international aktiven Firmen beantragt worden seien.
Konkret geht es um sogenannte “Upstream Emission Reductions”-Projekte (UER), die den CO₂-Ausstoß im Verkehr senken sollen, indem Emissionsreduktionen bei der Kraftstoffproduktion – etwa in Raffinerien – auf die CO₂-Minderungspflicht im Verkauf fossiler Brennstoffe (“THG-Quote”) angerechnet werden.
Die 45 verdächtigen China-Projekte umfassen laut UBA Klimazertifikate im Wert von sechs Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent, die einem Marktwert von rund 1,5 Milliarden Euro entsprechen. Nur vier dieser sechs Millionen Tonnen könnten demnach aber rückabgewickelt und gerettet werden. Folglich wäre durch den Betrug bislang – bezogen auf die ausgestellten Zertifikate – ein materieller Schaden von ungefähr 500 Millionen Euro entstanden. Insgesamt hat das UBA laut Messner mittlerweile 56 Klimaprojekte in China gründlich untersucht. An den laufenden Ermittlungen seien sowohl die Staatsanwaltschaft Berlin als auch eine internationale Anwaltskanzlei beteiligt. ck
BYD hat die verbleibenden zehn Prozent der Anteile von Mercedes-Benz an dem einst gemeinsam gegründeten E-Auto-Unternehmen Denza übernommen. Die BYD-Mitteilung nannte keinen Wert der Transaktion, Vertreter von Mercedes-Benz in China lehnten laut Bloomberg eine Stellungnahme zunächst ab. Die Automarke Denza wurde 2011 unter dem Firmennamen Shenzhen BYD New Energy von BYD und Mercedes gegründet, die jeweils 50 Prozent der Anteile hielten. Das Unternehmen konzentrierte sich auf Premium-Elektrofahrzeuge; aufgrund schlechter Verkaufszahlen reduzierte Mercedes seinen Anteil 2021 auf zehn Prozent.
2022 richtete sich Denza neu aus, und feiert nach Angaben von Bloomberg inzwischen Erfolge mit elektrischen Luxus-Vans, wobei der D9-Minivan als Bestseller in dieser Kategorie für 2023 gilt. In dieser Woche will Denza lokalen Medienberichten zufolge das neue Modell Z9GT auf den Markt bringen, das laut der Fachzeitschrift Auto Motor Sport dem Porsche-Modell Taycan Sport Turismo Konkurrenz machen könnte. Das Design für das Luxusmodell stamme aus der Feder von Ex-Audi-Designer Wolfgang Egger, schreibt das Blatt. Es werde in China als reines Elektromodell und Plug-in-Hybrid verkauft werden. Da der Z9 eine zentrale Rolle für den weltweiten Absatz von Denza und BYD spielen solle, wird er nach dem Bericht auch nach Europa kommen. ck
Wenn Friedrich Merz sich in der Vergangenheit zu China äußerte, ging es ihm oft darum, anderen Politikern Fehlverhalten vorzuwerfen. Bundeskanzler Olaf Scholz warf er vor, auf seiner China-Reise kein Treffen mit dem geschassten Ex-Staatschef Hu Jintao vereinbart zu haben. Man wisse ja nicht einmal, ob der noch lebe, erklärte der CDU-Chef damals. Die vor allem auf Druck des Kanzleramts erfolgte Erlaubnis für den Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco in einen Terminal am Hamburger Hafen war ihm ebenfalls ein gefundenes Fressen, um die Leichtsinnigkeit der Regierung im Umgang mit China zu geißeln. Offenbar glaube der Kanzler noch immer an die Theorie vom Wandel durch Handel, so Merz. “Ihm fehlt die Bereitschaft, die Risiken, denen wir ausgesetzt sind, neu zu bewerten”.
Alle Erwartungen eines “Wandel durch Handel” seien unerfüllt geblieben, kommentierte Merz in Table.Briefings zum Scholz-Besuch im November 2022. “Im Gegenteil: China nutzt alle bilateralen und multilateralen Beziehungen ausschließlich zu seinen Gunsten und baut damit seine politische, ökonomische und militärische Vormachtstellung über die unmittelbare Nachbarschaft hinaus systematisch weiter aus.”
Risikobewertung ist ein großes Thema für Merz: “Zur Zeitenwende gehört eben auch ein neuer Blick auf China.” Bereits im Sommer 2023 warf der CDU-Chef der Bundesregierung vor, keine funktionierende China-Strategie auf den Weg gebracht zu haben. Das könne man sich nicht länger leisten, erklärte er damals vor Industrievertretern. “Wir brauchen in diesen Fragen einen strategischen Konsens, wie weit wir eigentlich unsere Interessen bereit sind wahrzunehmen.”
Nach Scholz’ China-Reise im April dieses Jahres hatte Merz der Nachrichtenagentur dpa gegenüber beklagt, dass der chinesische Staat zunehmend repressiv auftrete, und sich zu einer “zunehmenden Bedrohung für unsere Sicherheit” entwickle. Der Einfluss Chinas sei so stark wie seit 30 Jahren nicht mehr, sagte Merz. Vor allem auch deutsche Unternehmen bekämen die Risiken zu spüren.
China bliebe als Partner zwar wirtschaftlich unverändert interessant. Wer heute in China investiere, müsse sich aber genau überlegen, was auf dem Spiel steht. “Jedes deutsche Unternehmen ist zugleich gut beraten, die Risiken zu analysieren, zu minimieren und auch bilanziell richtig einzuordnen.” Dabei deutete Merz auch an, dass die Regierung unter ihm nicht mehr bereit sein werde, Unternehmen, die in China zu hohe Risiken eingingen, in jedem Fall zu retten. Bei strategisch wichtigen Gütern und Ressourcen müsse der Staat den Rahmen für Investitionen und Handel klar abstecken.
Zugleich aber wird auch ein etwaiger Bundeskanzler Merz kaum umhin können, das anhaltend große Engagement vieler deutscher Firmen in der Volksrepublik für politische Entscheidungen in irgendeiner Form mitzudenken. Auch wenn die China-Strategie der Bundesregierung ebenso wie die der EU-Kommission zum De-Risking und Diversifizierung aufrufen, investieren vor allem große Firmen scheinbar unbekümmert weiter vor Ort. Die Verbände der Firmen sind China gegenüber heute nicht mehr unkritisch, haben aber vor allem die Interessen ihrer eigenen Mitglieder im Blick, wenn sie bei der Regierung vorsprechen.
Die Fraktion von CDU und CSU im Bundestag hatte 2023 ein Strategiepapier zu China vorgelegt und darin eine breit angelegte Stärkung der China-Kompetenz in Deutschland gefordert. Eine sinnvolle Partnerschaft mit China sei nur möglich, wenn die deutsche Seite die Risiken erkennen und bewerten könne, heißt es darin. Auch ein dem Bundeskanzleramt unterstelltes China-Kompetenzzentrum wird darin gefordert.
Wie der Realitätscheck mit diesen Plänen umgehen wird, wird sich genauso zeigen müssen, wie die bereits brodelnden Unstimmigkeiten zum Thema innerhalb der Union: Während Merz verbal auf Konfrontationskurs gegenüber Peking geht, lehnt beispielsweise der Unions-Fraktionsvize im Bundestag Jens Spahn Überlegungen ab, Auslandsinvestitionen von Unternehmen in China staatlich zu kontrollieren. Und auch der Besuch des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) in China in diesem Jahr zeigte eine gänzlich unkritische Positionierung.
Merz will derweila auch aufs große Ganze schauen. “Der Staat China ist ein geostrategischer und vor allem ein geoökonomischer Akteur geworden. Xi Jinping verfolgt wie kein anderer chinesischer Herrscher seit Mao einen harten leninistisch-maoistischen Kurs der Dominanz und ideologischen Vormachtstellung“, schrieb er bei Table.Briefings.
Die Rolle des Vermittlers, die China auf der Weltbühne spielen möchte, nimmt Merz nicht für voll. Es unterstütze Länder wie Nordkorea und Russland. Peking habe zwar zeitweise mäßigenden Einfluss auf Russlands Präsident Wladimir Putin ausgeübt – werde aber nicht entscheidend auf Moskau einwirken, um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu beenden. Chinas Russlandnähe belastet die Beziehungen zur EU.
Und egal ob Trump oder Harris im November die Präsidentenwahl gewinnt: Unser Verhältnis zu den USA werde nicht enger werden, glaubt Merz. Washington werde sich in Zukunft noch mehr auf die Pazifik-Region konzentrieren und in diesem Zusammenhang vor allem auf die Eindämmung Chinas. Man wird sehen, ob Merz mit dem US-Kurs am Ende auf einer Linie ist. Fabian Peltsch/Amelie Richter/Christiane Kühl
Cai Wei wird neuer Generakdirektor der Abteilung für North American and Oceanian Affairs im Außenministerium. Er ersetzt Yang Tao. Cai war zuvor Generaldirektor der Abteilung für Lateinamerika und die Karibik gewesen. 2020 war der Generalkonsul in Houston, als der damalige US-Präsident Donald Trump das Konsulat wegen Spionagevorwürfen schloss.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Chinesischer wird’s heute nicht: Zum Mid-Autumn-Fest 中秋节 am 17. September bekamen die Pandas im Zoo von Chongqing Mondkuchen serviert. Auch in anderen Panda-Gehegen des Landes war für die Tiere quasi Weihnachten. Den Bären im Zoo der Panda-Provinz Sichuan wurde ein Festmahl mit Mondkuchen aus gedämpftem Maisbrot, Obsttellern und Bambussprossenkuchen aufgefahren – “sorgfältig von Experten und Tierpflegern unter Berücksichtigung von Alter, Persönlichkeit, Gesundheit und Ernährungsgewohnheiten ausgewählt und zubereitet”, wie die Staatsmedien berichteten. Panda-Fans konnten der Völlerei per Stream beiwohnen und den schwarz-weißen Sympathieträgern ihre Segenswünsche live übermitteln.