der “Moonshot” ist seit einigen Jahren ein Lieblings-Begriff der Startup-Szene. Geprägt von John F. Kennedy bereits sieben Jahre vor der ersten Mondlandung 1969 beschreibt das Wort unmöglich erscheinende, aber im Erfolgsfall bahnbrechende Projekte, die die Zukunft verändern können.
Ganz so welterschütternd ist das zu erwartende Ergebnis zwar nicht, wenn China heute erneut eine Sonde zum Mond schickt – aber ein “first” ist es allemal. Noch nie haben Menschen Gesteinsproben von der dunklen Seite des Mondes geholt. Warum das nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Wirtschaft hochspannend ist, hat Jörn Petring aufgeschrieben.
Weit weniger auffällig, aber mindestens genauso effizient läuft ein anderes Bestreben der Volksrepublik, die Welt zu verändern: Als Vorbild für Autokratien überall auf der Erde trägt Peking dazu bei, dass in immer mehr Entwicklungs- und Transformationsländern die Gegner demokratischer und marktwirtschaftlicher Reformen an den Schaltstellen der Macht sitzen. Das geschehe auch aus einer Art Selbstschutz heraus, analysiert Marcel Grzanna: Ein autoritärer Staat fühlt sich sicherer, wenn die Demokratien schwächer erscheinen.
Es wünscht Ihnen eine spannende Lektüre
China will am heutigen Freitag erneut zum Mond aufbrechen und erstmals Gesteinsproben von der Rückseite des Erdtrabanten zurückbringen. Der geplante Ablauf der Mission sieht vor, dass das Raumschiff Chang’e-6 mit einer Rakete vom Weltraumbahnhof Wenchang auf der tropischen Insel Hainan ins All geschossen wird. Die gesamte Mission ist auf 53 Tage ausgelegt, wobei der Mond in der Vergangenheit nach etwa drei bis fünf Tagen erreicht wurde.
Nach der Ankunft wird der Orbiter in die Mondumlaufbahn einschwenken. Der Lander steuert das Zielgebiet im Südpolar-Aitken-Becken an, wo er landen und mit der Probennahme beginnen soll. Die gesammelten Proben werden dann an das Aufstiegsmodul übergeben, das sie zurück zum Orbiter bringt. Schließlich werden die Proben in die Rückkehrkapsel verladen, die sich vom Orbiter trennt und zur Erde zurückkehrt. Nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wird die Kapsel geborgen.
Für China ist es seit 2007 bereits der sechste Ausflug zum Mond, was die Bedeutung des Erdtrabanten in der chinesischen Raumfahrtpolitik unterstreicht. Die Missionen sind im Laufe der Jahre immer komplexer geworden:
Chang’e-6 kombiniert nun die Aufgaben von Chang’e-5 und Chang’e-4. Sie fliegt zur Rückseite des Mondes und bringt von dort Proben zurück.
Die Mission ist wissenschaftlich bedeutsam, da sie tiefere Einblicke in die Geschichte des Mondes und damit indirekt des gesamten Sonnensystems ermöglicht. Die Proben aus dem Südpolar-Aitken-Becken, einem der ältesten und größten Einschlagskrater auf dem Mond, könnten Aufschluss über die frühen Bedingungen im Sonnensystem geben und helfen, Fragen zum sogenannten “Late Heavy Bombardment” zu klären.
Dieses Ereignis, bei dem viele große Meteoriten das innere Sonnensystem trafen, ist von Bedeutung für das Verständnis der Entwicklung der Planeten und möglicherweise des Ursprungs des Lebens. Die Wissenschaftler erhoffen sich Hinweise auf den Zeitpunkt des Einschlags, der “nach wie vor Gegenstand von Debatten ist”, sagt Kentaro Terada, ein Kosmochemiker der Universität Osaka dem Wissenschaftsmagazin Science. Einige Forscher glauben, dass das Becken auf dem Mond vor 4,3 Milliarden Jahren entstanden ist. Andere denken, der Einschlag sei Hunderte Millionen Jahre später erfolgt.
Wie bei früheren Missionen arbeitet China wieder mit einer Reihe internationaler Partner zusammen. Chang’e-6 trägt Nutzlasten aus Frankreich, Italien, Schweden und Pakistan, ein Beweis für die weitere Internationalisierung des chinesischen Raumfahrtprogramms. Ein französisches Instrument auf dem Lander wird 48 Stunden lang den Ursprung und die Dynamik der lunaren Exosphäre untersuchen, einer dünnen Gasschicht, die die Oberfläche umgibt. Eines der Ziele ist es, die starken zeitlichen und räumlichen Schwankungen der Dichte der Exosphäre zu erklären.
Die jüngste Reise zum Mond ist aber auch wirtschaftlich interessant. Die Chinesen erforschen Fähigkeiten, die sie später auch für den Bergbau im All nutzen könnten. So betonte der chinesische Raumfahrtexperte Wu Jinyuan kürzlich in einem Meinungsartikel für die China Daily, dass China großes Interesse an den vermuteten Helium-3- und Titan-Vorkommen auf dem Mond habe.
Helium-3 ist als potenzieller Energieträger für die Kernfusion besonders interessant. Titan wiederum ist wegen seiner hohen Festigkeit bei geringem Gewicht in der Luft- und Raumfahrtindustrie sehr gefragt. Mindestens 100 Billionen Tonnen abbaubares Titan gibt es laut Wu auf dem Mond.
Nicht zuletzt, so deutet der Experte an, gehe es bei der Mission auch um politische Interessen. So sei das oberste Ziel des chinesischen Mondprogramms, bis 2030 eigene Astronauten auf den Mond zu bringen und dort einen Außenposten zu errichten.
Ähnlich wie während des Kalten Krieges, als die USA und die Sowjetunion ihre technologischen und politischen Machtansprüche im Space Race demonstrierten, dient auch der heutige Wettlauf zum Mond dazu, geopolitische Stärke und wissenschaftliche Führungsansprüche zu signalisieren.
Waren die Missionen damals allerdings stark vom Wunsch nach Prestige getrieben, so stehen heute die wissenschaftliche Forschung und die Nutzung der Mondressourcen stärker im Vordergrund. Es geht also nicht mehr nur darum, auf den Missionen die “Flagge zu hissen und zurückzukehren”, sondern um eine dauerhafte Präsenz und Nutzung des Mondes.
Im systemischen Wettbewerb mit den Demokratien dieser Welt gewinnen die Autokraten zunehmend an Übergewicht. Der zehnte Transformationsindex der Bertelsmann-Stiftung, der die Situation in den Entwicklungs- und Transformationsländern der Welt untersucht, diagnostiziert die Fortsetzung eines globalen Trends. “In einer steigenden Zahl von Ländern sind es die Gegner demokratischer und marktwirtschaftlicher Reformen, die an den Schaltstellen der Macht sitzen.” Mittlerweile werden 74 Entwicklungs- und Transformationsländer mit einer Gesamtbevölkerung von vier Milliarden Menschen autokratisch regiert, während 63 Länder mit drei Milliarden Menschen Demokratien sind.
Die Volksrepublik China spielt dabei eine außergewöhnliche Rolle. Wegen ihrer hohen Bevölkerungszahl von rund 1,4 Milliarden Menschen ist sie nicht nur die größte Diktatur der Welt. Gleichzeitig ist sie als zweitgrößte Volkswirtschaft der Werbeträger für ein illiberales Regierungsmodell. Aktiv propagiert Peking im Ausland seine Vorstellung von Gestaltung und Kontrolle der Gesellschaft und präsentiert ihren Zugewinn an gesellschaftlichem Wohlstand der vergangenen 30 Jahre als Beleg für die Überlegenheit des eigenen Systems.
“Chinas Botschaft an den globalen Süden lautet: Wir sind das erste Land, das gegen den Willen des Westens den Aufstieg geschafft hat. Wer uns unterstützt, erreicht auf dem gleichen Pfad den Wohlstand”, sagt der scheidende Europaparlamentarier Reinhard Bütikofer, der auch Mitglied der Inter-Parliamentary Alliance on China ist. Das Land habe in den vergangenen Jahren mit Geld um sich geworfen, um sich Loyalitäten zu erkaufen und Einfluss zu sichern. Auch habe China Abhängigkeiten zur Erpressung genutzt, sagt Bütikofer. Allerdings ergebe sich daraus kein Mechanismus, dass finanzielle Hilfen oder Abhängigkeiten von China zu autoritären Strukturen in anderen Staaten führten.
Ähnlich wie es die Amerikaner im 21. Jahrhundert mit der Demokratie getan haben, verfolgt Peking mit dem Export seiner Ideologie eigene Interessen. Die Beweggründe sind jedoch andere. Ein zutiefst autoritärer Staat könne sich in einer von Demokratien dominierten Welt niemals sicher fühlen, weil liberale internationale Normen illiberale Praktiken im eigenen Land infrage stellen, schrieb das Journal of Democracy im vergangenen Jahr. “Autokratien sind einfach nicht in der Lage, im Ausland Liberalismus zu praktizieren und gleichzeitig im eigenen Land den Autoritarismus aufrechtzuerhalten“, urteilt der Politologe Minxin Pei vom Claremont McKenna College in den USA. Dementsprechend gehe China in die Offensive und biete sein System als die bessere Wahl an.
“Die Kommunistische Partei tritt mit missionarischem Selbstbewusstsein auf. Sie stellt die Staatsführung von Xi Jinping als höchstentwickelte Form aller modernen politischen Realitäten dar”, sagt Bütikofer. Das aus autoritärer Perspektive Verlockende daran sei, dass in der Gewaltenteilung staatliche Verantwortung für Rechtsstaatlichkeit oder Menschenrechte keine Rolle spielten. “Dieses Modell stellt allen Autokraten – und solchen, die es werden wollen – einen Experimentierkasten zur Verfügung, in den man nur reinzugreifen braucht”, sagt der Grünen-Politiker.
Vor allem auch in Afrika sieht die Kommunistische Partei Chinas Chancen, ihr Modell gezielt zu verbreiten. An der Mwalimu Julius Nyerere Leadership School in Tansania unterrichten entsandte chinesische Experten afrikanische Führungskräfte. Zu den Studieninhalten zählen beispielsweise das Konzept der “gezielten Armutsbekämpfung” von Chinas Präsident Xi Jinping oder die chinesische Klimapolitik. Daran lässt sich kaum etwas aussetzen. Doch laut Medienberichten sollen die Gäste aus China den Studenten aus sechs Ländern zudem klassische Ausprägungen autoritären Regierens vermitteln. Die Dozenten schilderten demnach die Vorteile für eine Regierungspartei, wenn diese über dem Staat und den Gerichten stehe.
Gunnar Wiegand, bis Ende 2023 Leiter der Asienabteilung beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS) und heute für den German Marshall Fund tätig, erkennt darin ein “nicht unerhebliches” Indiz für die These, dass China sein Regierungsmodell exportieren möchte. Dennoch, sagt Wiegand, gebe es keine klare Antwort darauf, ob China die Autokratisierung der Welt entscheidend mitverantwortet, oder ob andere, nationale Faktoren möglicherweise viel entscheidender seien, wenn demokratische Staaten autoritäre Strukturen entwickeln.
Wiegand ist überzeugt, dass es China nicht wagen würde, einflussreiche Demokratien wie Brasilien oder Südafrika in deren politischer Entwicklung offenkundig zu beeinflussen. “Ich sehe China nicht als Verkäufer seines eigenen Systems”, sagt er. Der frühere Diplomat glaubt jedoch, dass China “dort, wo große Instabilität herrscht, über Elite-Capture manipulativ auf innenpolitische Prozesse einzuwirken versucht”. Gemeint ist damit die Strategie, einflussreiche Köpfe der Gesellschaft über Zuwendungen in unterschiedlichen Formen China-freundlich zu stimmen und damit stetig seinen Einfluss zu vergrößern.
Dass Peking große Flexibilität dabei an den Tag legt, mit wem es kooperiert, zeigen zahlreichen Beispiele aus der Vergangenheit. Sei es Myanmar, wo China nach dem Putsch umgehend den Schulterschluss mit den Militärs suchte. Oder sei es Afghanistan, wo Peking nach dem Rückzug der Amerikaner unmittelbar in engen Austausch mit den Taliban trat. Der Politologe Andreas Fulda ist darüber wenig überrascht: “Die Kommunistische Partei hat zu Zeiten des Kalten Krieges revolutionäre Bewegungen im globalen Süden unterstützt. Die Parteiführung ist insofern geübt darin, mit militanten Gruppierungen zusammenzuarbeiten. Die Taliban sind nur das jüngste Beispiel”, sagt Fulda.
Doch anstatt die Autokratie plump zu vermarkten, rechtfertigt China sein politisches Regime als Etappe auf dem Weg zur Demokratie. Dabei besetzt das Land den Begriff Demokratie mit eigenen Definitionen und Eigenschaften, ohne ihn tatsächlich auszufüllen. So versucht Peking, die Grenzen zwischen beiden Regierungsformen zu verwischen, um bei den Regierten den Einruck zu erwecken, dass es letztlich keinen allzu großen Unterschied machen würde, ob man demokratisch oder autoritär regiert wird.
Im März hatten die Kommunistische Partei nach Peking geladen, um mit 200 Delegierten aus aller Welt über Themen wie “Demokratie und modernes Regieren” oder “Demokratie und globales Regieren in einer multipolaren Welt” zu diskutieren. “Nach langer Suche hat China einen demokratischen Entwicklungsweg mit chinesischen Merkmalen eingeschlagen, der die demokratischen Rechte von mehr als 1,4 Milliarden Chinesen geschützt” habe, kommentierte der chinesische Staatsrat.
Das Forum vermittelt die widersprüchliche Botschaft, dass Demokratie auch in einem autoritären Umfeld praktiziert werden kann. So sind es viele kleine Bausteine, die Peking zu einer neuen Welt zusammensetzen will. Der Transformationsindex ist ein Indiz dafür, dass eine Welt Pekinger Bauart zumindest in ihrem Grundgerüst bereits Formen angenommen hat.
06.05.2024, 18:15 Uhr (07.05.2024. 00:15 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin, Vortrag (hybrid): Der Tech-Krieg zwischen China und den USA – und wo bleibt Europa? Mehr
07.05.2024, 11:00 Uhr (17:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: China’s 2024 Two Sessions: Implications for European Businesses Mehr
07.05.2024, 14:30 Uhr (20:30 Uhr Bejing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Urban China Lecture Series featuring Zhang Guanchi (hybrid): Rightscaling Cities: The Political Economy of City Territory in China Mehr
07.05.2024, 18:00 Uhr (24:00 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut Leipzig, musikalischer Vortrag (hybrid): Die tugendhaften Übungen – Gedanken zum Menschenbild Chinas Mehr
09.05.2024, 14:00 Uhr
Center for Strategic & International Studies, Webcast: The Erosion of Hong Kong’s Autonomy Since 2020: Implications for the United States Mehr
10.05. – 12.05.2024:
Georg-von-Vollmar-Akademie, Seminar: Entwicklungszusammenarbeit und Geopolitik: Chinas “neue Seidenstraße” Mehr
11.05.2024, 14:00 Uhr
Konfuzius-Institut Hamburg, Chinas Künste erleben (Reihe): Auf den Spuren Chinas: Im Hamburger Yu Garden Mehr
13.05.2024, 14:30 Beijing time:
German Chamber of Commece, TÜV SÜD & Rödl&Partner, in Shenzen: Data Transfer: New Rules, New Actions! & Lab Visit at TÜV SÜD Mehr
13.05.2024, 14:00 Uhr (20:00 Uhr Beijng time)
SOAS University of London, Webinar: New technologies of gender in Chinese digital entertainment: How algorithms rewrite history Mehr
13.05.2024, 17:00 Uhr
Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin, Lesung: Yan Lianke: Der Tag, an dem die Sonne starb Mehr
Der China-freundliche Ex-Diplomat Jeremiah Manele wird neuer Premierminister der Salomonen. Bei der Auszählung am Donnerstag erhielt er 31 Stimmen, gegenüber den 18 Stimmen für den Oppositionsführer Matthew Wales. Das Parlament des kleinen Pazifikstaates hat nur 50 Sitze. Die Salomonen haben eine strategisch wichtige Bedeutung im Pazifik. Die USA und China buhlen gleichermaßen um die Inselnation – wobei Peking schon vor der Wahl Maneles vorne lag.
Anfang 2022 hatten die Salomonen zuerst die diplomatischen Beziehungen mit Taiwan abgebrochen und anschließend ein Sicherheitsabkommen mit Peking unterzeichnet. Manele war als Außenminister maßgeblich an diesen Entwicklungen beteiligt. Seitdem sind einige weitere Abkommen hinzugekommen, unter anderem zum Austausch von Polizeikräften.
Der australische Diplomat Mihai Sora, sagte Manele, habe “eine gute Erfolgsbilanz in der Zusammenarbeit mit allen internationalen Partnern“, während Sogavare “eine polarisierende Figur” sei. Sora war einmal auf den Salomonen stationiert gewesen. rtr/fpe
Das taiwanische Verteidigungsministerium teilte am Donnerstag mit, China habe zum zweiten Mal innerhalb einer Woche eine “gemeinsame Patrouille zur Kampfbereitschaft” in der Nähe der Insel abgehalten. Man habe am Donnerstag ab 16 Uhr Ortszeit 15 chinesische Militärflugzeuge entdeckt, die zusammen mit chinesischen Kriegsschiffen in der Nähe des Staatsgebietes kreuzten. Zehn der Flugzeuge hätten die Medianlinie der Taiwanstraße überquert oder nahe gelegene Gebiete überflogen, hieß es.
Die unsichtbare Mittellinie diente früher als inoffizielle Grenze zwischen Taiwan und China, aber chinesische Militärflugzeuge überfliegen sie mittlerweile regelmäßig, um den Druck auf Taiwan hochzuhalten. China erklärt, es erkenne die Existenz der Linie nicht an.
Der oberste Sicherheitsbeamte Taiwans hatte am Mittwoch erklärt, Taiwan sei in Alarmbereitschaft, weil China auch nach der Amtseinführung des gewählten Präsidenten Lai Ching-te Ende des Monats wieder Militärübungen durchführen werde. Peking hegt eine starke Abneigung gegen Lai und hält ihn für einen Separatisten. Die chinesische Regierung hat seine wiederholten Gesprächsangebote abgelehnt, darunter auch eines in der vergangenen Woche. rtr
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will den anstehenden Staatsbesuch von Xi Jinping nutzen, um China in zentralen globalen Sicherheitsfragen stärker in den Fokus zu nehmen. Als Europäer sei es das Interesse, “zu erreichen, dass China sich für die Stabilität der internationalen Ordnung einsetzt”, sagte Macron in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit dem britischen Magazin The Economist. Ein destabilisierendes Russland oder ein in Konflikte eskalierender Mittlerer Osten seien nicht im Interesse Pekings. “Es muss daher mit China gearbeitet werden, um Frieden zu schaffen.”
Auch beim Klimaschutz und dem Problem einer Ausweitung von Atomwaffenprogrammen will Macron demnach stärker mit China, aber auch den USA zusammenarbeiten. “Es muss alles getan werden, um China bei den großen globalen Fragen einzubinden”, sagte Macron. Bei dem Besuch Xis am Montag und Dienstag in Frankreich geht es Frankreichs Präsidenten auch um die Wirtschaftsbeziehungen. Man brauche China gegenüber ein respektvolles Verhalten, das aber die eigenen Interessen schützt, so Macron. fpe
Die USA fordern von China und Russland ein Bekenntnis, dass Künstliche Intelligenz nicht über einen Einsatz von Atomwaffen entscheiden darf. Die Vereinigten Staaten hätten sich “klar und deutlich” dazu bekannt, dass der Mensch die volle Kontrolle über Atomwaffen haben müsse, sagte der im US-Außenministerium für Rüstungskontrolle zuständige Vizeabteilungsleiter Paul Dean in einem Online-Briefing.
Frankreich und Großbritannien hätten das ebenfalls gemacht, China und Russland sollten sich dem anschließen. “Wir würden eine ähnliche Erklärung Chinas und der Russischen Föderation begrüßen”, sagte Dean. Dies sei eine wichtige Norm für verantwortungsvolles Verhalten, hinter der alle fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen stehen sollten. rtr
Neun Monate war die Einberufung der Dritten Plenarsitzung durch Pekings Politbüro überfällig. Das lang erwartete Dritte Plenum ist eine besondere Arbeitskonferenz, zu der das Zentralkomitee innerhalb des ersten Jahres nach jedem großen Parteitag zusammentrat. Ihre Aufgabe war programmatische Leitlinien vor allem zur wirtschaftlichen Entwicklung Chinas zu verabschieden, oder einfacher gesagt, Chinas Reformkurs für jeweils fünf Jahre festzulegen.
Den Startschuss gab 1978, zwei Jahre nach Maos Tod, dessen Nachfolger Deng Xiaoping. Auf dem damaligen Dritten Plenum nach dem 13. Parteitag brach Deng mit Maos Kulturrevolution und stellte Weichen für einen marktwirtschaftlich geprägten Aufbruch, der China zur heutigen Weltmacht aufsteigen ließ.
Pekings Führung scheint daran anknüpfen zu wollen oder zu müssen. 19 Monate nach Ende des 20. Parteitags beschloss das Politbüro am Tag vor dem den 1. Mai unter Vorsitz Xi Jinpings, das Dritte Plenum im Juli abzuhalten. Der zwei Monate im Voraus festgezurrte Termin und die als “Hauptagenda” der Tagung genannten “umfassenden und vertieften Reformen” sollen offenbar Zweifler im In- wie im Ausland beruhigen, Börsen und Märkte stabilisieren und wieder Auslandsinvestoren anlocken.
Warum Alleinherrscher Xi seine Partei so lange auf das Plenum warten ließ, bleibt vorläufig sein Geheimnis. Statt Erklärungen übte sich das Politbüro in Beschwörungen seines Willens zu Reformen. Sie seien für die Partei eine “wichtige magische Waffe, um mit der Zeit gehen zu können” 大踏步赶上时代的重要法宝.
Sechsmal hintereinander und gleichlautend wiederholt die Ankündigung – und das ohne ein einziges konkretes Vorhaben zu nennen -, Reformen seien ein “notwendiges Erfordernis” 必然要求, damit die Partei China “weiterentwickeln, modernisieren, kompetent regieren und seine nationalen und internationalen Widersprüche, Risiken und Herausforderungen bewältigen kann”. Danach ruft das Politbüro auf, “selbstbewusst die Reformen noch prominenter in den Vordergrund zu stellen” 自觉把改革摆在更加突出位.
Einst forderte Reformarchitekt Deng Xiaoping seine Zeitgenossen auf, mit Courage und undogmatischem Denken China zu reformieren. Deng war zwar kein Liberaler, sondern ein politischer Hardliner. Aber ideologische und nationalistische Phrasen nannte er aus Erfahrung aus der Kulturrevolution “leeres Geschwätz”.
Doch Deng war kein Theoretiker. Seine pragmatische Herangehensweise stützte sich auf Volksweisheiten. Im politischen Zitatenschatz der Volksrepublik stehen sie immer noch ganz oben. “Es ist mir gleich, ob eine Katze schwarz oder weiß ist. Solange sie nur Mäuse fängt, ist sie eine gute Katze” 不论黑猫白猫,只要能抓到老鼠,就是好猫. Deng sagte das 1962, als er Pekings neue Politik verteidigte, den Bauern zu erlauben, Pachtböden privat zu bewirtschaften, um die Landwirtschaft nach Maos verheerender Zwangskollektivierung wiederzubeleben.
Den Katzen- und Mäusespruch hatte sich Deng von seinem Freund und kommunistischen Miltärführer Liu Bocheng 刘伯承 abgeguckt, mit dem Deng in Revolutionszeiten als Politkommisar gemeinsam eine Division der 8. Marscharmee 八路军 kommandierte. Liu nutzte das Bonmot für militärische Taktiken. Er sprach immer von gelben und schwarzen Katzen 黄猫黑猫, so wie später auch Deng.
Weiß-schwarze Katzen hieß es dagegen auf den Wandzeitungen. Der Spruch wurde zu einem der Hauptanklagen gegen Deng in der Anfang 1976 aufflammenden Kampagne seiner politischen Gegner. Im Wandzeitungsareal der Universität Peking prangte sein Mäusezitat von 1962. Es diente als Nachweis, dass er den Kapitalismus wieder unter den Bauern einführen wollte.
Chinas Propagandabehörden organisierten im März 1976 auch in Peking lebende Ausländer, es zu besichtigen. Darunter war das für den Fremdsprachenverlag arbeitende deutsche Ehepaar Florian und Ursula Mausbach. Der studierte Architekt erinnerte sich gegenüber Table.Briefings, wie er und seine Frau 1976/77, vor fast 50 Jahren, als Deutsch-Lektoren und Übersetzer in Peking arbeiteten.
Sie kamen als mit Maos China sympathisierende junge Idealisten. Mausbach stieß die krude Polemik gegen Deng ab, der damals Vizepremier war. Als die Kampagne eskalierte, richtete auch sein Verlagshaus eine Wandzeitungsecke ein und hielt ihre Mitarbeiter an, dort Deng zu schmähen. Der Deutsche machte mit, hängte aber ein anspielungsreiches Pro-Deng-Plakat auf. Er berief sich auf Maos Worte, man müsse sich gegen Ränkeschmiede in der Partei zusammenschließen, sonst tanzten die Mäuse auf den Tischen.
Das Ehepaar erlebte die folgenden Wochen als Spießrutenlauf. Doch als im Oktober nach Maos Tod Dengs linksradikale Gegner entmachtet und Deng rehabilitiert wurde, wurden die mutigen Deutschen plötzlich gelobt. Deng, der davon hörte, schickte ihnen zwei handsignierte Farbfotos von sich – eine ungewöhnliche Danksagung an Ausländer.
Mausbach, der bis zu seiner Pensionierung in Berlin Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung war, ließ auch in Peking bauen, darunter die Deutsche Botschaft und Schule. Heute lebt er in Rente, arbeitet seine China-Erlebnisse auf und hofft, sie zu veröffentlichen.
Es ist nicht bekannt, ob Xi Jinping jemals Dengs Bonmot erwähnte, die im Internetslang “weiß-schwarze Katzentheorie” genannt wird 白猫黑猫论”. Blogger witzeln, dass es für Xi ohnehin nur eine Katzenfarbe gebe, und die sei Rot.
Als Chinas Wirtschaftsreformen in tieferes Fahrwasser gerieten, fand Pragmatiker Deng mehr Gefallen an einer anderen Folkloreweisheit. Er übernahm sie vom mit ihm eng verbundenen KP-Wirtschaftszaren Chen Yun, der sie oft zitierte: “Wer (sicher) einen Fluss überqueren will, muss sich Stein um Stein vortasten.” 摸着石头过河. Chen verlangte, mit Vorsicht und Bedacht heikle Wirtschafts- und Finanzentscheidungen zu treffen.
Deng weigerte sich zeitlebens, darüber zu spekulieren, was China am anderen Ufer erwartete, sobald es den Übergang von seiner Plan- zur Marktwirtschaft geschafft haben würde. Aber er warnte mit dem Zitat vor Impulsivität bei neuen Reformen. Marktverhältnisse dürften nicht schockartig über Nacht eingeführt werden, sondern müssten in Pilotprojekten oder Sonderwirtschaftszonen erprobt und danach graduell popularisiert werden.
Doch nach dem Tiananmen-Massaker am 4. Juni 1989 (das Deng selbst verschuldet hatte) ließ er nicht zu, dass sich Pekings Parteiführung weiteren Reformen verweigerte. Er verlangte stattdessen 1992, noch mutigere Entscheidungen zu treffen, etwa Chinas erste Börse zu gründen. Und er verbot zu debattieren, ob Aktienmärkte kapitalistisch oder sozialistisch seien.
Der seit dem 18. Parteitag 2012 die Partei führende Xi Jinping hat Dengs Bonmot über die Flussüberquerung zwar übernommen. Schon beim Amtsantritt stellte er aber klar, dass sie für ihn kein Ziel an sich ist. China brauche kein Ufer, wo westliche Wirtschaftsweisen, demokratische Modelle und Rechtssysteme warteten. Als sein Ziel und Traum nannte Xi, China zur Globalmacht zu machen und dem Kommunismus chinesischer Prägung zur Weltgeltung zu verhelfen, also China selbst zum Ufer zu machen, zu dem andere hinwollen.
Gleich im Dezember 2012 belehrte er dazu sein Politbüro. Die Methode, sich Stein um Stein voranzutasten, um einen Fluss zu überqueren, eigne sich zur Überprüfung und Förderung lokal eingeführter schrittweiser Reform- und Öffnungsschritte. Insofern sei sie eine “Reformmethode chinesischer Ausprägung und steht im Einklang mit den nationalen Bedingungen Chinas”. Aber sie müsse mit verstärkter “Designgestaltung von höchster Ebene aus im dialektischen Sinn vereint werden”, 摸着石头过河,是富有中国特色、符合中国国情的改革方法。…摸着石头过河和加强顶层设计是辩证统一的. Die allerhöchste Designgestaltung 顶层设计 hat Xi zum auf alles zutreffenden Gestaltungsprinzip seiner Ein-Mann-Führung gemacht.
Chinas Wirtschaftsreformern fiel in ihren Debatten zwischen 2010 und 2012 auf, dass die Wirtschaftsreformen nicht mehr vom Fleck kamen. Bekannte Refomökonomen wie Wu Jinglian forderten, das Doppelsystem aus Plan- und Marktwirtschaft so schnell wie möglich zu überwinden. Der brillante Soziologe an der Qinghua-Universität Sun Liping 孙立平 entdeckte einen Webfehler im chinesischen Reformteppich.
Unter der Ein-Parteien-Herrschaft richteten sich korrupte Parteibürokratien mit ihren Staatsmonopolen als neue wirtschaftliche und politische Interessengruppen gemütlich auf den Steinen in der Mitte des Flusses ein. Sie verdienten am Dauerzustand des Status Quo dank der staatlich-privaten Mischwirtschaft. “Wir sind der Sucht verfallen, nur noch auf den Steinen zu liegen. Wir wollen gar nicht mehr den Fluss überqueren”. Sun forderte, in eine konstruktive Debatte über das Ziel einer gerecht und gleichberechtigt verfassten und institutionell abgesicherten Gesellschaft einzutreten, die sich von anerkannten Wertesystemen motivieren lässt und Gerechtigkeitslücken in der Verteilung oder Erziehung überbrücken kann.
Der Webfehler bei Sun Liping, der damals von der “Übergangsfalle” 转型陷阱 sprach: Wie andere Ökonomen glaubte er anfangs in der neuen Parteiführung unter Xi Verbündete zu finden, da sie sich den Kampf gegen die ausufernde Korruption auf ihre Fahnen geschrieben hatten.
Die alten Reformer sind verstummt. Inzwischen gibt es auch keine öffentlichen kontroversen Debatten mehr darüber, welchen Weg Chinas Reformen nehmen sollen. Das Dritte Plenum verspricht nun, das Blaue vom Reformhimmel zu holen. Doch Chefdesigner Xi hat seine eigene Agenda. Er verkündete beim Volkskongress, dass sich Chinas Reformen auf die Entwicklung von aus Hightech und Innovationen erschaffenen “qualitativ neuen Produktivkräfte” konzentrieren sollen. Schwarz-weiße Katzen braucht Peking nicht mehr.
Wu Xi ist zur stellvertretenden Direktorin des Taiwan Affairs Office (TAO) der Volksrepublik ernannt worden. Sie war zuletzt Generaldirektorin der Abteilung für konsularische Angelegenheiten im Außenministerium. Im TAO ist sie eine von drei Stellvertretern und die erste Frau auf diesem Posten.
Werner Schäfer hat im April den Posten des Head of Business Development MED China bei Carl Zeiss Meditec übernommen. Schäfer ist seit sieben Jahren für den baden-württembergischen Optik-Konzern tätig. Für seine neue Rolle wechselt er nach Shanghai.
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Die Chinesen reisen wieder. Laut der Alibaba-Reiseplattform Fliggy waren die Buchungen zum Auftakt der fünftägigen Golden Week am 1. Mai wieder auf dem Niveau, das sie vor der Pandemie hatten.
Zwar reisen die chinesischen Touristen nun erneut in Massen an beliebte Ziele wie Thailand. Doch zugleich hat sich ein Trend aus der Pandemie etabliert: Inlandsreiseziele abseits altbekannter touristischer Hotspots wie der Großen Mauer sind weiterhin beliebt.
Hier amüsieren sich Jung und Alt zum Beispiel bei einer Lichtshow in der Stadt Huai’an in der ostchinesischen Provinz Jiangsu.
der “Moonshot” ist seit einigen Jahren ein Lieblings-Begriff der Startup-Szene. Geprägt von John F. Kennedy bereits sieben Jahre vor der ersten Mondlandung 1969 beschreibt das Wort unmöglich erscheinende, aber im Erfolgsfall bahnbrechende Projekte, die die Zukunft verändern können.
Ganz so welterschütternd ist das zu erwartende Ergebnis zwar nicht, wenn China heute erneut eine Sonde zum Mond schickt – aber ein “first” ist es allemal. Noch nie haben Menschen Gesteinsproben von der dunklen Seite des Mondes geholt. Warum das nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Wirtschaft hochspannend ist, hat Jörn Petring aufgeschrieben.
Weit weniger auffällig, aber mindestens genauso effizient läuft ein anderes Bestreben der Volksrepublik, die Welt zu verändern: Als Vorbild für Autokratien überall auf der Erde trägt Peking dazu bei, dass in immer mehr Entwicklungs- und Transformationsländern die Gegner demokratischer und marktwirtschaftlicher Reformen an den Schaltstellen der Macht sitzen. Das geschehe auch aus einer Art Selbstschutz heraus, analysiert Marcel Grzanna: Ein autoritärer Staat fühlt sich sicherer, wenn die Demokratien schwächer erscheinen.
Es wünscht Ihnen eine spannende Lektüre
China will am heutigen Freitag erneut zum Mond aufbrechen und erstmals Gesteinsproben von der Rückseite des Erdtrabanten zurückbringen. Der geplante Ablauf der Mission sieht vor, dass das Raumschiff Chang’e-6 mit einer Rakete vom Weltraumbahnhof Wenchang auf der tropischen Insel Hainan ins All geschossen wird. Die gesamte Mission ist auf 53 Tage ausgelegt, wobei der Mond in der Vergangenheit nach etwa drei bis fünf Tagen erreicht wurde.
Nach der Ankunft wird der Orbiter in die Mondumlaufbahn einschwenken. Der Lander steuert das Zielgebiet im Südpolar-Aitken-Becken an, wo er landen und mit der Probennahme beginnen soll. Die gesammelten Proben werden dann an das Aufstiegsmodul übergeben, das sie zurück zum Orbiter bringt. Schließlich werden die Proben in die Rückkehrkapsel verladen, die sich vom Orbiter trennt und zur Erde zurückkehrt. Nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wird die Kapsel geborgen.
Für China ist es seit 2007 bereits der sechste Ausflug zum Mond, was die Bedeutung des Erdtrabanten in der chinesischen Raumfahrtpolitik unterstreicht. Die Missionen sind im Laufe der Jahre immer komplexer geworden:
Chang’e-6 kombiniert nun die Aufgaben von Chang’e-5 und Chang’e-4. Sie fliegt zur Rückseite des Mondes und bringt von dort Proben zurück.
Die Mission ist wissenschaftlich bedeutsam, da sie tiefere Einblicke in die Geschichte des Mondes und damit indirekt des gesamten Sonnensystems ermöglicht. Die Proben aus dem Südpolar-Aitken-Becken, einem der ältesten und größten Einschlagskrater auf dem Mond, könnten Aufschluss über die frühen Bedingungen im Sonnensystem geben und helfen, Fragen zum sogenannten “Late Heavy Bombardment” zu klären.
Dieses Ereignis, bei dem viele große Meteoriten das innere Sonnensystem trafen, ist von Bedeutung für das Verständnis der Entwicklung der Planeten und möglicherweise des Ursprungs des Lebens. Die Wissenschaftler erhoffen sich Hinweise auf den Zeitpunkt des Einschlags, der “nach wie vor Gegenstand von Debatten ist”, sagt Kentaro Terada, ein Kosmochemiker der Universität Osaka dem Wissenschaftsmagazin Science. Einige Forscher glauben, dass das Becken auf dem Mond vor 4,3 Milliarden Jahren entstanden ist. Andere denken, der Einschlag sei Hunderte Millionen Jahre später erfolgt.
Wie bei früheren Missionen arbeitet China wieder mit einer Reihe internationaler Partner zusammen. Chang’e-6 trägt Nutzlasten aus Frankreich, Italien, Schweden und Pakistan, ein Beweis für die weitere Internationalisierung des chinesischen Raumfahrtprogramms. Ein französisches Instrument auf dem Lander wird 48 Stunden lang den Ursprung und die Dynamik der lunaren Exosphäre untersuchen, einer dünnen Gasschicht, die die Oberfläche umgibt. Eines der Ziele ist es, die starken zeitlichen und räumlichen Schwankungen der Dichte der Exosphäre zu erklären.
Die jüngste Reise zum Mond ist aber auch wirtschaftlich interessant. Die Chinesen erforschen Fähigkeiten, die sie später auch für den Bergbau im All nutzen könnten. So betonte der chinesische Raumfahrtexperte Wu Jinyuan kürzlich in einem Meinungsartikel für die China Daily, dass China großes Interesse an den vermuteten Helium-3- und Titan-Vorkommen auf dem Mond habe.
Helium-3 ist als potenzieller Energieträger für die Kernfusion besonders interessant. Titan wiederum ist wegen seiner hohen Festigkeit bei geringem Gewicht in der Luft- und Raumfahrtindustrie sehr gefragt. Mindestens 100 Billionen Tonnen abbaubares Titan gibt es laut Wu auf dem Mond.
Nicht zuletzt, so deutet der Experte an, gehe es bei der Mission auch um politische Interessen. So sei das oberste Ziel des chinesischen Mondprogramms, bis 2030 eigene Astronauten auf den Mond zu bringen und dort einen Außenposten zu errichten.
Ähnlich wie während des Kalten Krieges, als die USA und die Sowjetunion ihre technologischen und politischen Machtansprüche im Space Race demonstrierten, dient auch der heutige Wettlauf zum Mond dazu, geopolitische Stärke und wissenschaftliche Führungsansprüche zu signalisieren.
Waren die Missionen damals allerdings stark vom Wunsch nach Prestige getrieben, so stehen heute die wissenschaftliche Forschung und die Nutzung der Mondressourcen stärker im Vordergrund. Es geht also nicht mehr nur darum, auf den Missionen die “Flagge zu hissen und zurückzukehren”, sondern um eine dauerhafte Präsenz und Nutzung des Mondes.
Im systemischen Wettbewerb mit den Demokratien dieser Welt gewinnen die Autokraten zunehmend an Übergewicht. Der zehnte Transformationsindex der Bertelsmann-Stiftung, der die Situation in den Entwicklungs- und Transformationsländern der Welt untersucht, diagnostiziert die Fortsetzung eines globalen Trends. “In einer steigenden Zahl von Ländern sind es die Gegner demokratischer und marktwirtschaftlicher Reformen, die an den Schaltstellen der Macht sitzen.” Mittlerweile werden 74 Entwicklungs- und Transformationsländer mit einer Gesamtbevölkerung von vier Milliarden Menschen autokratisch regiert, während 63 Länder mit drei Milliarden Menschen Demokratien sind.
Die Volksrepublik China spielt dabei eine außergewöhnliche Rolle. Wegen ihrer hohen Bevölkerungszahl von rund 1,4 Milliarden Menschen ist sie nicht nur die größte Diktatur der Welt. Gleichzeitig ist sie als zweitgrößte Volkswirtschaft der Werbeträger für ein illiberales Regierungsmodell. Aktiv propagiert Peking im Ausland seine Vorstellung von Gestaltung und Kontrolle der Gesellschaft und präsentiert ihren Zugewinn an gesellschaftlichem Wohlstand der vergangenen 30 Jahre als Beleg für die Überlegenheit des eigenen Systems.
“Chinas Botschaft an den globalen Süden lautet: Wir sind das erste Land, das gegen den Willen des Westens den Aufstieg geschafft hat. Wer uns unterstützt, erreicht auf dem gleichen Pfad den Wohlstand”, sagt der scheidende Europaparlamentarier Reinhard Bütikofer, der auch Mitglied der Inter-Parliamentary Alliance on China ist. Das Land habe in den vergangenen Jahren mit Geld um sich geworfen, um sich Loyalitäten zu erkaufen und Einfluss zu sichern. Auch habe China Abhängigkeiten zur Erpressung genutzt, sagt Bütikofer. Allerdings ergebe sich daraus kein Mechanismus, dass finanzielle Hilfen oder Abhängigkeiten von China zu autoritären Strukturen in anderen Staaten führten.
Ähnlich wie es die Amerikaner im 21. Jahrhundert mit der Demokratie getan haben, verfolgt Peking mit dem Export seiner Ideologie eigene Interessen. Die Beweggründe sind jedoch andere. Ein zutiefst autoritärer Staat könne sich in einer von Demokratien dominierten Welt niemals sicher fühlen, weil liberale internationale Normen illiberale Praktiken im eigenen Land infrage stellen, schrieb das Journal of Democracy im vergangenen Jahr. “Autokratien sind einfach nicht in der Lage, im Ausland Liberalismus zu praktizieren und gleichzeitig im eigenen Land den Autoritarismus aufrechtzuerhalten“, urteilt der Politologe Minxin Pei vom Claremont McKenna College in den USA. Dementsprechend gehe China in die Offensive und biete sein System als die bessere Wahl an.
“Die Kommunistische Partei tritt mit missionarischem Selbstbewusstsein auf. Sie stellt die Staatsführung von Xi Jinping als höchstentwickelte Form aller modernen politischen Realitäten dar”, sagt Bütikofer. Das aus autoritärer Perspektive Verlockende daran sei, dass in der Gewaltenteilung staatliche Verantwortung für Rechtsstaatlichkeit oder Menschenrechte keine Rolle spielten. “Dieses Modell stellt allen Autokraten – und solchen, die es werden wollen – einen Experimentierkasten zur Verfügung, in den man nur reinzugreifen braucht”, sagt der Grünen-Politiker.
Vor allem auch in Afrika sieht die Kommunistische Partei Chinas Chancen, ihr Modell gezielt zu verbreiten. An der Mwalimu Julius Nyerere Leadership School in Tansania unterrichten entsandte chinesische Experten afrikanische Führungskräfte. Zu den Studieninhalten zählen beispielsweise das Konzept der “gezielten Armutsbekämpfung” von Chinas Präsident Xi Jinping oder die chinesische Klimapolitik. Daran lässt sich kaum etwas aussetzen. Doch laut Medienberichten sollen die Gäste aus China den Studenten aus sechs Ländern zudem klassische Ausprägungen autoritären Regierens vermitteln. Die Dozenten schilderten demnach die Vorteile für eine Regierungspartei, wenn diese über dem Staat und den Gerichten stehe.
Gunnar Wiegand, bis Ende 2023 Leiter der Asienabteilung beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS) und heute für den German Marshall Fund tätig, erkennt darin ein “nicht unerhebliches” Indiz für die These, dass China sein Regierungsmodell exportieren möchte. Dennoch, sagt Wiegand, gebe es keine klare Antwort darauf, ob China die Autokratisierung der Welt entscheidend mitverantwortet, oder ob andere, nationale Faktoren möglicherweise viel entscheidender seien, wenn demokratische Staaten autoritäre Strukturen entwickeln.
Wiegand ist überzeugt, dass es China nicht wagen würde, einflussreiche Demokratien wie Brasilien oder Südafrika in deren politischer Entwicklung offenkundig zu beeinflussen. “Ich sehe China nicht als Verkäufer seines eigenen Systems”, sagt er. Der frühere Diplomat glaubt jedoch, dass China “dort, wo große Instabilität herrscht, über Elite-Capture manipulativ auf innenpolitische Prozesse einzuwirken versucht”. Gemeint ist damit die Strategie, einflussreiche Köpfe der Gesellschaft über Zuwendungen in unterschiedlichen Formen China-freundlich zu stimmen und damit stetig seinen Einfluss zu vergrößern.
Dass Peking große Flexibilität dabei an den Tag legt, mit wem es kooperiert, zeigen zahlreichen Beispiele aus der Vergangenheit. Sei es Myanmar, wo China nach dem Putsch umgehend den Schulterschluss mit den Militärs suchte. Oder sei es Afghanistan, wo Peking nach dem Rückzug der Amerikaner unmittelbar in engen Austausch mit den Taliban trat. Der Politologe Andreas Fulda ist darüber wenig überrascht: “Die Kommunistische Partei hat zu Zeiten des Kalten Krieges revolutionäre Bewegungen im globalen Süden unterstützt. Die Parteiführung ist insofern geübt darin, mit militanten Gruppierungen zusammenzuarbeiten. Die Taliban sind nur das jüngste Beispiel”, sagt Fulda.
Doch anstatt die Autokratie plump zu vermarkten, rechtfertigt China sein politisches Regime als Etappe auf dem Weg zur Demokratie. Dabei besetzt das Land den Begriff Demokratie mit eigenen Definitionen und Eigenschaften, ohne ihn tatsächlich auszufüllen. So versucht Peking, die Grenzen zwischen beiden Regierungsformen zu verwischen, um bei den Regierten den Einruck zu erwecken, dass es letztlich keinen allzu großen Unterschied machen würde, ob man demokratisch oder autoritär regiert wird.
Im März hatten die Kommunistische Partei nach Peking geladen, um mit 200 Delegierten aus aller Welt über Themen wie “Demokratie und modernes Regieren” oder “Demokratie und globales Regieren in einer multipolaren Welt” zu diskutieren. “Nach langer Suche hat China einen demokratischen Entwicklungsweg mit chinesischen Merkmalen eingeschlagen, der die demokratischen Rechte von mehr als 1,4 Milliarden Chinesen geschützt” habe, kommentierte der chinesische Staatsrat.
Das Forum vermittelt die widersprüchliche Botschaft, dass Demokratie auch in einem autoritären Umfeld praktiziert werden kann. So sind es viele kleine Bausteine, die Peking zu einer neuen Welt zusammensetzen will. Der Transformationsindex ist ein Indiz dafür, dass eine Welt Pekinger Bauart zumindest in ihrem Grundgerüst bereits Formen angenommen hat.
06.05.2024, 18:15 Uhr (07.05.2024. 00:15 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin, Vortrag (hybrid): Der Tech-Krieg zwischen China und den USA – und wo bleibt Europa? Mehr
07.05.2024, 11:00 Uhr (17:00 Uhr Beijing time)
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07.05.2024, 14:30 Uhr (20:30 Uhr Bejing time)
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07.05.2024, 18:00 Uhr (24:00 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut Leipzig, musikalischer Vortrag (hybrid): Die tugendhaften Übungen – Gedanken zum Menschenbild Chinas Mehr
09.05.2024, 14:00 Uhr
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10.05. – 12.05.2024:
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11.05.2024, 14:00 Uhr
Konfuzius-Institut Hamburg, Chinas Künste erleben (Reihe): Auf den Spuren Chinas: Im Hamburger Yu Garden Mehr
13.05.2024, 14:30 Beijing time:
German Chamber of Commece, TÜV SÜD & Rödl&Partner, in Shenzen: Data Transfer: New Rules, New Actions! & Lab Visit at TÜV SÜD Mehr
13.05.2024, 14:00 Uhr (20:00 Uhr Beijng time)
SOAS University of London, Webinar: New technologies of gender in Chinese digital entertainment: How algorithms rewrite history Mehr
13.05.2024, 17:00 Uhr
Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin, Lesung: Yan Lianke: Der Tag, an dem die Sonne starb Mehr
Der China-freundliche Ex-Diplomat Jeremiah Manele wird neuer Premierminister der Salomonen. Bei der Auszählung am Donnerstag erhielt er 31 Stimmen, gegenüber den 18 Stimmen für den Oppositionsführer Matthew Wales. Das Parlament des kleinen Pazifikstaates hat nur 50 Sitze. Die Salomonen haben eine strategisch wichtige Bedeutung im Pazifik. Die USA und China buhlen gleichermaßen um die Inselnation – wobei Peking schon vor der Wahl Maneles vorne lag.
Anfang 2022 hatten die Salomonen zuerst die diplomatischen Beziehungen mit Taiwan abgebrochen und anschließend ein Sicherheitsabkommen mit Peking unterzeichnet. Manele war als Außenminister maßgeblich an diesen Entwicklungen beteiligt. Seitdem sind einige weitere Abkommen hinzugekommen, unter anderem zum Austausch von Polizeikräften.
Der australische Diplomat Mihai Sora, sagte Manele, habe “eine gute Erfolgsbilanz in der Zusammenarbeit mit allen internationalen Partnern“, während Sogavare “eine polarisierende Figur” sei. Sora war einmal auf den Salomonen stationiert gewesen. rtr/fpe
Das taiwanische Verteidigungsministerium teilte am Donnerstag mit, China habe zum zweiten Mal innerhalb einer Woche eine “gemeinsame Patrouille zur Kampfbereitschaft” in der Nähe der Insel abgehalten. Man habe am Donnerstag ab 16 Uhr Ortszeit 15 chinesische Militärflugzeuge entdeckt, die zusammen mit chinesischen Kriegsschiffen in der Nähe des Staatsgebietes kreuzten. Zehn der Flugzeuge hätten die Medianlinie der Taiwanstraße überquert oder nahe gelegene Gebiete überflogen, hieß es.
Die unsichtbare Mittellinie diente früher als inoffizielle Grenze zwischen Taiwan und China, aber chinesische Militärflugzeuge überfliegen sie mittlerweile regelmäßig, um den Druck auf Taiwan hochzuhalten. China erklärt, es erkenne die Existenz der Linie nicht an.
Der oberste Sicherheitsbeamte Taiwans hatte am Mittwoch erklärt, Taiwan sei in Alarmbereitschaft, weil China auch nach der Amtseinführung des gewählten Präsidenten Lai Ching-te Ende des Monats wieder Militärübungen durchführen werde. Peking hegt eine starke Abneigung gegen Lai und hält ihn für einen Separatisten. Die chinesische Regierung hat seine wiederholten Gesprächsangebote abgelehnt, darunter auch eines in der vergangenen Woche. rtr
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will den anstehenden Staatsbesuch von Xi Jinping nutzen, um China in zentralen globalen Sicherheitsfragen stärker in den Fokus zu nehmen. Als Europäer sei es das Interesse, “zu erreichen, dass China sich für die Stabilität der internationalen Ordnung einsetzt”, sagte Macron in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit dem britischen Magazin The Economist. Ein destabilisierendes Russland oder ein in Konflikte eskalierender Mittlerer Osten seien nicht im Interesse Pekings. “Es muss daher mit China gearbeitet werden, um Frieden zu schaffen.”
Auch beim Klimaschutz und dem Problem einer Ausweitung von Atomwaffenprogrammen will Macron demnach stärker mit China, aber auch den USA zusammenarbeiten. “Es muss alles getan werden, um China bei den großen globalen Fragen einzubinden”, sagte Macron. Bei dem Besuch Xis am Montag und Dienstag in Frankreich geht es Frankreichs Präsidenten auch um die Wirtschaftsbeziehungen. Man brauche China gegenüber ein respektvolles Verhalten, das aber die eigenen Interessen schützt, so Macron. fpe
Die USA fordern von China und Russland ein Bekenntnis, dass Künstliche Intelligenz nicht über einen Einsatz von Atomwaffen entscheiden darf. Die Vereinigten Staaten hätten sich “klar und deutlich” dazu bekannt, dass der Mensch die volle Kontrolle über Atomwaffen haben müsse, sagte der im US-Außenministerium für Rüstungskontrolle zuständige Vizeabteilungsleiter Paul Dean in einem Online-Briefing.
Frankreich und Großbritannien hätten das ebenfalls gemacht, China und Russland sollten sich dem anschließen. “Wir würden eine ähnliche Erklärung Chinas und der Russischen Föderation begrüßen”, sagte Dean. Dies sei eine wichtige Norm für verantwortungsvolles Verhalten, hinter der alle fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen stehen sollten. rtr
Neun Monate war die Einberufung der Dritten Plenarsitzung durch Pekings Politbüro überfällig. Das lang erwartete Dritte Plenum ist eine besondere Arbeitskonferenz, zu der das Zentralkomitee innerhalb des ersten Jahres nach jedem großen Parteitag zusammentrat. Ihre Aufgabe war programmatische Leitlinien vor allem zur wirtschaftlichen Entwicklung Chinas zu verabschieden, oder einfacher gesagt, Chinas Reformkurs für jeweils fünf Jahre festzulegen.
Den Startschuss gab 1978, zwei Jahre nach Maos Tod, dessen Nachfolger Deng Xiaoping. Auf dem damaligen Dritten Plenum nach dem 13. Parteitag brach Deng mit Maos Kulturrevolution und stellte Weichen für einen marktwirtschaftlich geprägten Aufbruch, der China zur heutigen Weltmacht aufsteigen ließ.
Pekings Führung scheint daran anknüpfen zu wollen oder zu müssen. 19 Monate nach Ende des 20. Parteitags beschloss das Politbüro am Tag vor dem den 1. Mai unter Vorsitz Xi Jinpings, das Dritte Plenum im Juli abzuhalten. Der zwei Monate im Voraus festgezurrte Termin und die als “Hauptagenda” der Tagung genannten “umfassenden und vertieften Reformen” sollen offenbar Zweifler im In- wie im Ausland beruhigen, Börsen und Märkte stabilisieren und wieder Auslandsinvestoren anlocken.
Warum Alleinherrscher Xi seine Partei so lange auf das Plenum warten ließ, bleibt vorläufig sein Geheimnis. Statt Erklärungen übte sich das Politbüro in Beschwörungen seines Willens zu Reformen. Sie seien für die Partei eine “wichtige magische Waffe, um mit der Zeit gehen zu können” 大踏步赶上时代的重要法宝.
Sechsmal hintereinander und gleichlautend wiederholt die Ankündigung – und das ohne ein einziges konkretes Vorhaben zu nennen -, Reformen seien ein “notwendiges Erfordernis” 必然要求, damit die Partei China “weiterentwickeln, modernisieren, kompetent regieren und seine nationalen und internationalen Widersprüche, Risiken und Herausforderungen bewältigen kann”. Danach ruft das Politbüro auf, “selbstbewusst die Reformen noch prominenter in den Vordergrund zu stellen” 自觉把改革摆在更加突出位.
Einst forderte Reformarchitekt Deng Xiaoping seine Zeitgenossen auf, mit Courage und undogmatischem Denken China zu reformieren. Deng war zwar kein Liberaler, sondern ein politischer Hardliner. Aber ideologische und nationalistische Phrasen nannte er aus Erfahrung aus der Kulturrevolution “leeres Geschwätz”.
Doch Deng war kein Theoretiker. Seine pragmatische Herangehensweise stützte sich auf Volksweisheiten. Im politischen Zitatenschatz der Volksrepublik stehen sie immer noch ganz oben. “Es ist mir gleich, ob eine Katze schwarz oder weiß ist. Solange sie nur Mäuse fängt, ist sie eine gute Katze” 不论黑猫白猫,只要能抓到老鼠,就是好猫. Deng sagte das 1962, als er Pekings neue Politik verteidigte, den Bauern zu erlauben, Pachtböden privat zu bewirtschaften, um die Landwirtschaft nach Maos verheerender Zwangskollektivierung wiederzubeleben.
Den Katzen- und Mäusespruch hatte sich Deng von seinem Freund und kommunistischen Miltärführer Liu Bocheng 刘伯承 abgeguckt, mit dem Deng in Revolutionszeiten als Politkommisar gemeinsam eine Division der 8. Marscharmee 八路军 kommandierte. Liu nutzte das Bonmot für militärische Taktiken. Er sprach immer von gelben und schwarzen Katzen 黄猫黑猫, so wie später auch Deng.
Weiß-schwarze Katzen hieß es dagegen auf den Wandzeitungen. Der Spruch wurde zu einem der Hauptanklagen gegen Deng in der Anfang 1976 aufflammenden Kampagne seiner politischen Gegner. Im Wandzeitungsareal der Universität Peking prangte sein Mäusezitat von 1962. Es diente als Nachweis, dass er den Kapitalismus wieder unter den Bauern einführen wollte.
Chinas Propagandabehörden organisierten im März 1976 auch in Peking lebende Ausländer, es zu besichtigen. Darunter war das für den Fremdsprachenverlag arbeitende deutsche Ehepaar Florian und Ursula Mausbach. Der studierte Architekt erinnerte sich gegenüber Table.Briefings, wie er und seine Frau 1976/77, vor fast 50 Jahren, als Deutsch-Lektoren und Übersetzer in Peking arbeiteten.
Sie kamen als mit Maos China sympathisierende junge Idealisten. Mausbach stieß die krude Polemik gegen Deng ab, der damals Vizepremier war. Als die Kampagne eskalierte, richtete auch sein Verlagshaus eine Wandzeitungsecke ein und hielt ihre Mitarbeiter an, dort Deng zu schmähen. Der Deutsche machte mit, hängte aber ein anspielungsreiches Pro-Deng-Plakat auf. Er berief sich auf Maos Worte, man müsse sich gegen Ränkeschmiede in der Partei zusammenschließen, sonst tanzten die Mäuse auf den Tischen.
Das Ehepaar erlebte die folgenden Wochen als Spießrutenlauf. Doch als im Oktober nach Maos Tod Dengs linksradikale Gegner entmachtet und Deng rehabilitiert wurde, wurden die mutigen Deutschen plötzlich gelobt. Deng, der davon hörte, schickte ihnen zwei handsignierte Farbfotos von sich – eine ungewöhnliche Danksagung an Ausländer.
Mausbach, der bis zu seiner Pensionierung in Berlin Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung war, ließ auch in Peking bauen, darunter die Deutsche Botschaft und Schule. Heute lebt er in Rente, arbeitet seine China-Erlebnisse auf und hofft, sie zu veröffentlichen.
Es ist nicht bekannt, ob Xi Jinping jemals Dengs Bonmot erwähnte, die im Internetslang “weiß-schwarze Katzentheorie” genannt wird 白猫黑猫论”. Blogger witzeln, dass es für Xi ohnehin nur eine Katzenfarbe gebe, und die sei Rot.
Als Chinas Wirtschaftsreformen in tieferes Fahrwasser gerieten, fand Pragmatiker Deng mehr Gefallen an einer anderen Folkloreweisheit. Er übernahm sie vom mit ihm eng verbundenen KP-Wirtschaftszaren Chen Yun, der sie oft zitierte: “Wer (sicher) einen Fluss überqueren will, muss sich Stein um Stein vortasten.” 摸着石头过河. Chen verlangte, mit Vorsicht und Bedacht heikle Wirtschafts- und Finanzentscheidungen zu treffen.
Deng weigerte sich zeitlebens, darüber zu spekulieren, was China am anderen Ufer erwartete, sobald es den Übergang von seiner Plan- zur Marktwirtschaft geschafft haben würde. Aber er warnte mit dem Zitat vor Impulsivität bei neuen Reformen. Marktverhältnisse dürften nicht schockartig über Nacht eingeführt werden, sondern müssten in Pilotprojekten oder Sonderwirtschaftszonen erprobt und danach graduell popularisiert werden.
Doch nach dem Tiananmen-Massaker am 4. Juni 1989 (das Deng selbst verschuldet hatte) ließ er nicht zu, dass sich Pekings Parteiführung weiteren Reformen verweigerte. Er verlangte stattdessen 1992, noch mutigere Entscheidungen zu treffen, etwa Chinas erste Börse zu gründen. Und er verbot zu debattieren, ob Aktienmärkte kapitalistisch oder sozialistisch seien.
Der seit dem 18. Parteitag 2012 die Partei führende Xi Jinping hat Dengs Bonmot über die Flussüberquerung zwar übernommen. Schon beim Amtsantritt stellte er aber klar, dass sie für ihn kein Ziel an sich ist. China brauche kein Ufer, wo westliche Wirtschaftsweisen, demokratische Modelle und Rechtssysteme warteten. Als sein Ziel und Traum nannte Xi, China zur Globalmacht zu machen und dem Kommunismus chinesischer Prägung zur Weltgeltung zu verhelfen, also China selbst zum Ufer zu machen, zu dem andere hinwollen.
Gleich im Dezember 2012 belehrte er dazu sein Politbüro. Die Methode, sich Stein um Stein voranzutasten, um einen Fluss zu überqueren, eigne sich zur Überprüfung und Förderung lokal eingeführter schrittweiser Reform- und Öffnungsschritte. Insofern sei sie eine “Reformmethode chinesischer Ausprägung und steht im Einklang mit den nationalen Bedingungen Chinas”. Aber sie müsse mit verstärkter “Designgestaltung von höchster Ebene aus im dialektischen Sinn vereint werden”, 摸着石头过河,是富有中国特色、符合中国国情的改革方法。…摸着石头过河和加强顶层设计是辩证统一的. Die allerhöchste Designgestaltung 顶层设计 hat Xi zum auf alles zutreffenden Gestaltungsprinzip seiner Ein-Mann-Führung gemacht.
Chinas Wirtschaftsreformern fiel in ihren Debatten zwischen 2010 und 2012 auf, dass die Wirtschaftsreformen nicht mehr vom Fleck kamen. Bekannte Refomökonomen wie Wu Jinglian forderten, das Doppelsystem aus Plan- und Marktwirtschaft so schnell wie möglich zu überwinden. Der brillante Soziologe an der Qinghua-Universität Sun Liping 孙立平 entdeckte einen Webfehler im chinesischen Reformteppich.
Unter der Ein-Parteien-Herrschaft richteten sich korrupte Parteibürokratien mit ihren Staatsmonopolen als neue wirtschaftliche und politische Interessengruppen gemütlich auf den Steinen in der Mitte des Flusses ein. Sie verdienten am Dauerzustand des Status Quo dank der staatlich-privaten Mischwirtschaft. “Wir sind der Sucht verfallen, nur noch auf den Steinen zu liegen. Wir wollen gar nicht mehr den Fluss überqueren”. Sun forderte, in eine konstruktive Debatte über das Ziel einer gerecht und gleichberechtigt verfassten und institutionell abgesicherten Gesellschaft einzutreten, die sich von anerkannten Wertesystemen motivieren lässt und Gerechtigkeitslücken in der Verteilung oder Erziehung überbrücken kann.
Der Webfehler bei Sun Liping, der damals von der “Übergangsfalle” 转型陷阱 sprach: Wie andere Ökonomen glaubte er anfangs in der neuen Parteiführung unter Xi Verbündete zu finden, da sie sich den Kampf gegen die ausufernde Korruption auf ihre Fahnen geschrieben hatten.
Die alten Reformer sind verstummt. Inzwischen gibt es auch keine öffentlichen kontroversen Debatten mehr darüber, welchen Weg Chinas Reformen nehmen sollen. Das Dritte Plenum verspricht nun, das Blaue vom Reformhimmel zu holen. Doch Chefdesigner Xi hat seine eigene Agenda. Er verkündete beim Volkskongress, dass sich Chinas Reformen auf die Entwicklung von aus Hightech und Innovationen erschaffenen “qualitativ neuen Produktivkräfte” konzentrieren sollen. Schwarz-weiße Katzen braucht Peking nicht mehr.
Wu Xi ist zur stellvertretenden Direktorin des Taiwan Affairs Office (TAO) der Volksrepublik ernannt worden. Sie war zuletzt Generaldirektorin der Abteilung für konsularische Angelegenheiten im Außenministerium. Im TAO ist sie eine von drei Stellvertretern und die erste Frau auf diesem Posten.
Werner Schäfer hat im April den Posten des Head of Business Development MED China bei Carl Zeiss Meditec übernommen. Schäfer ist seit sieben Jahren für den baden-württembergischen Optik-Konzern tätig. Für seine neue Rolle wechselt er nach Shanghai.
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Die Chinesen reisen wieder. Laut der Alibaba-Reiseplattform Fliggy waren die Buchungen zum Auftakt der fünftägigen Golden Week am 1. Mai wieder auf dem Niveau, das sie vor der Pandemie hatten.
Zwar reisen die chinesischen Touristen nun erneut in Massen an beliebte Ziele wie Thailand. Doch zugleich hat sich ein Trend aus der Pandemie etabliert: Inlandsreiseziele abseits altbekannter touristischer Hotspots wie der Großen Mauer sind weiterhin beliebt.
Hier amüsieren sich Jung und Alt zum Beispiel bei einer Lichtshow in der Stadt Huai’an in der ostchinesischen Provinz Jiangsu.