Table.Briefing: China

Botschafter soll Metalfloat-Streit lösen + Mercedes-Chef erntet Kritik für Zoll-Vorstoß

Liebe Leserin, lieber Leser,

seit mehr als vier Monaten streiken die Angestellten des Schrottwerks SRW Metalfloat in Espenhain bei Leipzig für einen Tarifvertrag. Es ist der längste Streik in der deutschen Geschichte; der chinesische Investor des Mutterkonzerns Scholz Recycling GmbH blockt derzeit jegliche Verhandlungen ab. Das Streikgeschehen erreicht am Donnerstag die Bundeshauptstadt – und könnte damit auch einen Schatten auf die deutsch-chinesischen Beziehungen werfen.

Denn die Vertreter des Werks und der IG Metall werden vorstellig beim chinesischen Botschafter in Berlin. Sie wollen ihm einen Brief mit Forderungen überreichen. Christian Domke Seidel hat diesen bereits gelesen. Darin wird Yongming Qin, der chinesische Geschäftsführer der Scholz Recycling GmbH, hart kritisiert. “Unsere berechtigten Anliegen arrogant zu ignorieren und Gesprächsangebote unserer IG-Metall-Vertreter unbeantwortet zu lassen, obwohl dieses Verhalten im Widerspruch zum Verhaltenskodex des Unternehmens steht, schadet dem Ansehen chinesischer Gesellschafter in Deutschland“, heißt es.

Um das Image Chinas geht es auch Mercedes-Chef Ola Källenius – allerdings in ganz anderer Form. Er hatte zu Beginn der Woche abermals seine Ablehnung von EU-Strafzöllen gegen E-Autos aus China betont. Und erntet dafür nun massiv Kritik, wie Marcel Grzanna analysiert. Der Vorwurf: Statt nationaler Interessen habe er nur Verkaufszahlen in China im Blick. Werden die deutschen Autobauer zu Chinas Steigbügelhalter in Europa?

Ihre
Amelie Richter
Bild von Amelie  Richter

Analyse

Auch nach 128 Tagen Streik ist kein Ende der verfahrenen Situation bei SRW Metalfloat in Sicht – nun greift der chinesische Botschafter ein

Chinas Botschafter in Berlin: Wu Ken.

Der chinesische Botschafter in Berlin empfängt am heutigen Donnerstag Vertreter der IG Metall und der Recyclingfirma SRW Metalfloat. Sie werden einen Brief übergeben, der sich mit den Hintergründen des Rekordstreiks auseinandersetzt, der seit dem 8. März den Betrieb einschränkt. Gewerkschaft und Betriebsrat machen den chinesischen Investor dafür verantwortlich. Scholz Recycling, der Mutterkonzern, sieht die Verantwortung jedoch bei der IG Metall und dem Betriebsrat. Die Positionen sind festgefahren.

Der Brief, den die Vertreter der Arbeitnehmer dem chinesischen Botschafter überreichen werden, liegt Table.Briefings vorab vor. Darin wird Yongming Qin, der chinesische Geschäftsführer der Scholz Recycling GmbH, hart kritisiert. “Unsere berechtigten Anliegen arrogant zu ignorieren und Gesprächsangebote unserer IG-Metall-Vertreter unbeantwortet zu lassen, obwohl dieses Verhalten im Widerspruch zum Verhaltenskodex des Unternehmens steht, schadet dem Ansehen chinesischer Gesellschafter in Deutschland”, heißt es.

Vorwürfe gegen chinesischen Investor

Die Beschäftigten werfen Qin mangelnde Verlässlichkeit und Wortbruch gegenüber Kunden, Lieferanten, Aktionären und Beschäftigten vor. “Das Agieren unseres chinesischen Arbeitgebers ist leider längst zum Schandfleck deutsch-chinesischer Wirtschaftsbeziehungen geworden.” Tatsächlich ist der Streik nicht nur wegen der Dauer einmalig. Chinesische Investoren genießen normalerweise bei Gewerkschaften wie Arbeitnehmern einen sehr guten Ruf.

Bis Sommer 2023 habe es konstruktive Verhandlungen gegeben, anschließend sei dem Geschäftsführer der SRW Metalfloat durch den Investor das Verhandlungsmandat entzogen worden. Dazu kommen konkrete Vorwürfe, was die Arbeitsbedingungen betrifft. “Unsere Entgelte liegen knapp oberhalb des Mindestlohns und rund 600 Euro unter dem, was Kolleginnen und Kollegen in unserer Branche verdienen.”

Längster Streik Deutschlands

Nach insgesamt vier Warnstreiks haben Teile der Belegschaft daher dauerhaft die Arbeit niedergelegt. Mittlerweile ist dieser Streik – der am Tag der Briefübergabe bereits 128 Tage andauert – zum längsten Streik in der deutschen Geschichte geworden, abgesehen von der Werkbesetzung im Zementwerk Seibel & Söhne 1975 ohne gewerkschaftliche Unterstützung – die dauerte 449 Tage.

Es geht um vier zentrale Forderungen:

  • acht Prozent mehr Lohn,
  • 1.500 Euro Weihnachts- und Urlaubsgeld (statt bisher 1.000 Euro),
  • eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 38 Stunden,
  • und einen Tarifvertrag.

Scholz Recycling wehrt sich

Im Gespräch mit Table.Briefings erklärt ein Vertreter von Scholz Recycling allerdings, dass der Fall nicht so einseitig sei, wie in dem Schreiben dargestellt. Das Unternehmen gibt an, dass man in drei der vier Punkte so nahe zusammenliegen würde, dass einer Einigung nichts im Weg stünde. Bereits seit Januar 2024 zahlt das Unternehmen seinen Beschäftigten 200 Euro mehr Lohn, was bei SRW Metalfloat eine Steigerung zwischen 7 und 8,5 Prozent bedeute.

Weihnachts- und Urlaubsgeld gäbe es zumindest auf freiwilliger Basis und auch die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich sei genehmigt. Zumal – so Scholz – ohnehin nur Buchhaltung und Verwaltung noch 40 Stunden arbeiten würden. Rund 80 Prozent der Belegschaft hätten bereits eine 37,5-Stunden-Woche.

Knackpunkt ist die Forderung nach einem Tarifvertrag – den lehnt Scholz Recycling grundlegend ab. Deswegen würden auch seit August 2023 keine Verhandlungen mehr stattfinden. Es fehle schlichtweg an der Basis dafür. Zumal auch Scholz Recycling, genau wie die Vertreter der Arbeitnehmer, mangelndes Vertrauen beklagen. So seien vereinbarte Verhandlungstermine mit der chinesischen Geschäftsführung schlicht nicht wahrgenommen worden. Qin, so der Vertreter, sei regelmäßig vor Ort und es habe Versuche gegeben, sich an einen Tisch zu setzen.

Streik beschäftigt schon die Justiz

Das hat seine Gründe. Denn an den bisherigen Verhandlungen gibt es vonseiten der IG Metall massive Kritik. Bisherige Einigungen hätten gegen Paragraf 77 des Betriebsverfassungsgesetzes verstoßen. Der besagt, dass Bedingungen, die üblicherweise in einem Tarifvertrag geregelt werden (etwa die Bezahlung), nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein dürfen.

Die Betriebsräte würden sich sonst angreifbar machen. “Das heißt, dass die bisherige Praxis keine Rechtsverbindlichkeit besaß. Für Verhandlungen auf Augenhöhe und mit dem nötigen gegenseitigen Respekt braucht es in Deutschland zwei Parteien: Arbeitgeber und Gewerkschaften”, schreibt die IG Metall in ihrem Brief an den chinesischen Botschafter.

Auch vor Ort in Espenhain ist die Situation verfahren. SRW Metalfloat hat von einem Drei- auf einen Zweischichtbetrieb umstellen müssen. Laut dem Vertreter von Scholz Recycling ginge deswegen ein Riss durch die Belegschaft – zwischen denen, die arbeiten und denen, die streiken. Etwa 50 Beschäftigte hätten daher beim Amtsgericht in Leipzig einen Antrag zur Entmachtung des Betriebsrats gestellt, so Scholz. Das Verfahren sei noch offen.

Ein Punkt, den die Gewerkschaft anders sieht. Denn 89 Prozent der Beschäftigten hatten im November – also zu einem Zeitpunkt, als die Angebote des Unternehmens bereits auf dem Tisch lagen – für einen unbefristeten Streik gestimmt.

  • Handel
  • Tarifverträge
  • Wu Ken
Translation missing.

Mit seinem Plädoyer gegen Einfuhrzölle entfacht Mercedes-Chef Källenius die Debatte um Pekingtreue deutscher Großkonzerne neu

Mercedes-Chef Ola Källenius will Wettbewerb und keine Strafzölle auf chinesische E-Autos.

Mit seinem Plädoyer gegen Einfuhrzölle der Europäischen Union auf chinesische Elektroautos hat Mercedes-Chef Ola Källenius eine schon lange schwelende Diskussion neu entfacht. Seine Kritiker werfen ihm vor, Peking nach dem Mund zu reden, um sich bei der Kommunistischen Partei einzuschmeicheln. Sie glauben, Källenius tut genau das, was China von ihm erwartet: die Interessen chinesischer Exporteure vertreten, um so für seinen Konzern weitgehende Gleichbehandlung auf dem größten Automarkt der Welt zu erhalten.

In einem Gespräch mit der britische Zeitung Financial Times hatte der Konzernboss die EU-Kommission aufgefordert, Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge zu reduzieren, statt darüber nachzudenken, sie weiter zu erhöhen. Tatsächlich hat die Kommission bereits erste Schritte eingeleitet, um sogar rückwirkend Strafzölle zu erheben. Am Dienstag hieß es aus Brüssel, der EU-Kommission würden ausreichende Hinweise auf staatliche Subventionen für chinesische Elektrofahrzeuge vorliegen.

Eine Fortsetzung deutscher Täuschung

Källenius zieht mit seinen Aussagen Kritik aus aller Welt auf sich. Einerseits wird ihm vorgeworfen, naiv die chinesischen Interessen auszublenden, die weit über den Verkauf von E-Autos hinausgingen. Andererseits bediene er sich einer falschen unternehmerischen Strategie, weil er dem schärfsten Widersacher Tür und Tor zum Heimatmarkt öffnen wolle und dabei auch noch glaube, staatlich subventionierten chinesischen Wettbewerbern auf dem europäischen Markt allein mit Qualität entgegentreten zu können. Andere sehen seine Aussagen als alternativlos an, weil sich Mercedes-Benz zu rund 20 Prozent in chinesischem Besitz befindet. Die Konkurrenten Geely und SAIC halten etwa ein Fünftel der Unternehmensanteile.

“Ich hoffe, er schläft gut, denn er stellt China-Verkäufe und seine Aktionäre höher als nationale Interessen”, urteilt der Brite David Benyon, Gastgeber des Political Risk Podcast, der sich mit den Risiken multinationaler Konzerne im geopolitischen Klima befasst. Der Technologie-Investor Al Mabrouk aus den USA erkennt “eine Fortsetzung deutscher Täuschung. Offenbar haben sie aus ihrer russischen Erfahrung nichts gelernt.” Ian Oxnevad von der Risikoberatung Infortal spricht vom “Selbstmord eines Unternehmens”.

Chinas militärisch-zivile Fusionsstrategie

“Es scheint, dass viele in Deutschland die Absichten Chinas nicht vollständig verstehen“, schreibt der australische Autor und Strategieberater für Asien, Andre Wheeler, in sozialen Medien. Er verweist auf das Beispiel Huawei. Im App-Store des chinesischen Mobilfunk-Anbieters steht die interne Kommunikationsplattform “Bw Messenger” der Bundeswehr für private Telefone zur Verfügung. “Das deutet darauf hin, dass sie nichts von Chinas militärisch-ziviler Fusionsstrategie wissen”, meint Wheeler.

Regelmäßig geäußerte Befürchtungen, deren Wahrscheinlichkeit sich allerdings schlecht beziffern lässt, vermuten hinter der chinesischen Technologie-Lawine nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern vor allem auch sicherheitsrelevante. Je mehr chinesische Technologie in Europa verwendet wird, desto mehr Daten fließen an das autokratische Regime und desto größer könne die Gefahr sein, die Kontrolle über kritische Infrastruktur an die Volksrepublik abzutreten, heißt es.

“Es zeigt sich erneut, dass Unternehmen zunächst liberale Werte ausnutzen (in unseren Ländern durch Lobbyarbeit), und diese dann untergraben, indem sie die Autokratien unterstützen, in denen sie groß geworden sind”, kommentiert die Wirtschaftsethikerin mit China-Schwerpunkt, Alicia Hennig, von der IHI Zittau an der TU Dresden.

“Natürliche Weiterentwicklung des Wettbewerbs”

Mercedes-Benz verteidigt Källenius und sieht seine Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen. Der Konzernchef habe eine allgemeine Bemerkung gemacht, “dass Zölle generell auf allen Seiten vermieden werden sollten”. Er habe alle Akteure in seine Aufforderung mit einbezogen und erst auf Nachfrage konkret an die EU appelliert, Zölle zu senken.

Källenius begründete seine Haltung damit, dass er in den chinesischen Unternehmen, die nach Europa exportieren wollten, “eine natürliche Weiterentwicklung des Wettbewerbs” sehe. Mercedes-Benz und andere müssten dieser Herausforderung “mit besseren Produkten, besserer Technologie und mehr Agilität” begegnen.”Das ist die Marktwirtschaft. Lassen Sie den Wettbewerb spielen”, meint Källenius.

Marktwirtschaft in China staatlich unterminiert

“Das Fehlen gleicher Wettbewerbsbedingungen stellt eine Bedrohung für die europäischen Automobilhersteller dar. Botschaften wie diese werden in Peking willkommen sein – vermutlich bei der Zielgruppe”, kommentierte der Rhodium-Analyst Noah Barkin auf LinkedIn.

Die Mechanismen der Marktwirtschaft werden in der Volksrepublik dagegen staatlich unterminiert. Subventionen in vielerlei Gestalt wie günstige Zinsen, billige Grundstücke oder Steuernachlässe, dazu ein enges Korsett, in dem sich ausländische Autobauer unternehmerisch bewegen, gesellen sich zu Importzöllen in Höhe von 15 Prozent, sodass deutsche Hersteller im Elektrosegment gegen reichlich Widerstand ankämpfen müssen. Im Vergleich dazu erhebt die EU zurzeit nur zehn Prozent Strafzölle.

Der scharfe Wettbewerb hat auch Volkswagen zur Ankündigung eines Gewinnrückgangs für 2024 veranlasst. Konzernchef Oliver Blume teilte mit, dass das anteilige operative Ergebnis der Joint Venture von Volkswagen in der Volksrepublik auf 1,5 bis zwei Milliarden Euro sinken würde – ein Minus von bis zu 40 Prozent.

  • E-Autos
  • Elektromobilität
  • EU
  • Handel
  • Subventionen
  • Wettbewerb

News

Militärdialog mit Nato in Peking

China und die Nato haben am Mittwoch in Peking ihren achten Militärstabsdialog über Sicherheitspolitik abgehalten. Man habe sich bei dem Treffen zu verschiedenen Verteidigungsfragen zwischen China und der Nato ausgetauscht, teilte das chinesische Verteidigungsministerium mit. Zudem habe man generell über die Fragen zur internationalen und regionalen Lage gesprochen. Weitere Details nannte es nicht.

Generell ist China sehr kritisch gegenüber der Nato eingestellt. Als Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg im vergangenen Jahr nach Japan reiste, reagierte China mit harscher Kritik. Das Außenministerium warf der nordatlantischen Allianz damals vor, ihre Einflusssphäre jenseits seiner traditionellen Verteidigungszone ausdehnen zu wollen. Die asiatisch-pazifische Region sei “nicht das Schlachtfeld für geopolitischen Wettbewerb”. Länder wie Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland suchen als sogenannte Nato-Wertepartner eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis. Die Nato wiederum erkennt in China eine “systemische Herausforderung”.

Das Treffen am Mittwoch in Peking wurde gemeinsam geleitet – vom Büro für internationale militärische Zusammenarbeit der Zentralen Militärkommission Chinas und der Abteilung für kooperative Sicherheit des Internationalen Militärstabs der Nato. Der vorige Nato-China-Dialog hatte im Februar 2023 im Nato-Hauptquartier in Brüssel stattgefunden. rad

  • Geopolitik
  • Militär
  • Nato

US-Repräsentantenhaus will Zwangsverkauf von Tiktok durchsetzen

Das US-Repräsentantenhaus hat einem Gesetzentwurf zugestimmt, der den chinesischen Tech-Konzern Bytedance dazu zwingen soll, seine Video-App Tiktok zu verkaufen. Eine große Mehrheit von 352 Abgeordneten stimmte dafür. Nur 65 waren dagegen. Damit ist eine erste große Hürde für den Zwangsverkauf genommen. In einem nächsten Schritt muss sich nun der Senat mit dem Thema auseinandersetzen. Einige einflussreiche Senatoren haben sich jedoch bereits gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen.

Eine Gruppe von US-Abgeordneten hatte den Entwurf am Dienstag eingebracht. Demnach habe der chinesische Tech-Konzern Bytedance sechs Monate Zeit, seine weltweit beliebte Kurzvideo-App Tiktok zu veräußern. Andernfalls drohe ein Verbot in den App-Stores US-amerikanischer Anbieter wie Apple und Google. Bytedance erklärte, diese käme einem absoluten Verbot gleich. Hintergrund sind Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit. Kritiker glauben, dass Bytedance Nutzerdaten in die Volksrepublik weiterleiten könnte. Die App hat in den USA rund 170 Millionen Nutzerinnen und Nutzer.

US-Gerichte könnten mit dem Fall Jahre beschäftigt sein. Denn ein Tiktok-Verbot könnte gegen die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit verstoßen, sagen Beobachter. Bytedance ist laut einem Medienbericht entschlossen, erst alle rechtlichen Mittel in den USA auszuschöpfen, bevor über einen Verkauf nachgedacht wird. Eine Trennung von Tiktok werde als letzte Option gesehen, schrieb der Nachrichtendienst Bloomberg unter Berufung auf informierte Personen. Chinas Außenamtssprecher Wang Wenbin warf den USA am Mittwoch vor, Tiktok zu schikanieren und die internationale Wirtschafts- und Handelsordnung zu untergraben. rtr/fpe

  • Technologie
  • USA

China stärkt Militär-Zusammenarbeit im Indischen Ozean

China wird seine Zusammenarbeit mit den Malediven, Sri Lanka und Nepal weiter vertiefen. Eine chinesische Militärdelegation war in den vergangenen zehn Tagen in den drei Ländern unterwegs, um Fragen in den Bereichen Militär und Verteidigung zu besprechen.

Die Delegation der Volksbefreiungsarmee habe während ihres Besuchs vom 4. bis 13. März “eingehende Gespräche” über die bilaterale Verteidigungskooperation geführt, hieß es in einer Erklärung des chinesischen Verteidigungsministeriums. In vielen verschiedenen Punkten habe man demnach Konsens finden können. Nähere Details nannte das Ministerium nicht.

Brisant ist das, weil Chinas großer Rivale Indien alle drei Länder zu seinem traditionellen Einflussbereich zählt. Die Beziehungen zwischen Peking und Delhi sind traditionell kompliziert. In jüngster Zeit werden sie durch neue Spannungen belastet. Unter anderem, weil Anfang des Jahres die Malediven einen strategischen Wechsel von Indien nach China vollzogen haben. Es geht um die Vorherrschaft im Indischen Ozean. rad

  • Geopolitik
  • Indien
  • Militär

Brüssel debattiert mögliches Einfuhrverbot für chinesisches Recycling-Plastik

In Brüssel wird eine Klausel in den vorgeschlagenen EU-Verpackungsvorschriften intensiv diskutiert: Die Vorgabe will Hersteller in China und anderswo auf der Welt dazu verpflichten, die in Europa für recycelte Kunststoffverpackungen geltenden Standards einzuhalten. Sollte der recycelte Kunststoff aus China nicht die gleichen Standards erfüllen, die von Herstellern in der EU gefordert werden, würde ihm der Zugang zum EU-Markt verwehrt.

Die chinesische Handelskammer in der EU mahnte am Mittwoch “die Notwendigkeit an, mögliche Handelsstörungen und Kostensteigerungen aufgrund übermäßig strenger Verpackungsanforderungen im Auge zu behalten”. Die Handelskammer betonte, die “Grundsätze der Fairness und Nichtdiskriminierung” müssten gewahrt und “keine Marktbarrieren” errichtet werden.

EU-Parlament und EU-Rat hatten sich auf die Verpackungsvorschrift vergangene Woche geeinigt. Auf die “Gleichwertigkeitskriterien”, auch “Spiegelklausel” (“mirror clause”) genannt, die recyceltes Plastik aus dem EU-Ausland betreffen, soll vor allem Frankreich bestanden haben.

Wie zu hören ist, befindet auch die Europäische Kommission den Vorschlag mit der Klausel aus Parlament und Rat als nicht unbedingt gut. Es handele sich dabei um ein “De-facto-Verbot”, zitiert die South China Morning Post einen EU-Beamten. Demzufolge will die EU-Kommission die anderen beiden EU-Institutionen dazu bewegen, auf die “Spiegelklausel” zu verzichten, um Protektionismus-Vorwürfe aus dem Globalen Süden zu umgehen. ari

  • China
  • EU
  • EU-Verpackungsverordnung
  • Handel
  • Klima & Umwelt
  • Verpackungen

Deutsche Solarfirmen gegen EU-Strafzölle

Etliche deutsche Solar-Unternehmen haben sich am Mittwochen in Berlin gegen befürchtete Strafzölle der EU auf chinesische Solarmodule ausgesprochen. Die Allianz “Solar Economy Europe” führt vor allem drei Gründe gegen diese protektionistischen Maßnahmen an. Sie würden:

  • die Inflation der Energiekosten weiter anheizen,
  • Lieferketten stören
  • und Arbeitsplätze gefährden.

Wachsende protektionistische Tendenzen bedrohten die europäischen CO2-Einsparungsziele, heißt es in der Mitteilung. Die Firmen sprechen sich deshalb für freien Handel aus. “Zölle würden in diesem entscheidenden Jahrzehnt für die Energiewende den Ausbau der erneuerbaren Energien enorm einschränken”, sagte der Chef der Baywa r.e., Matthias Taft der Presseagentur dpa.

Die Allianz “Solar Economy Europe” besteht aus 15 Unternehmen, unter anderem die Solarsparte des Energieversorgers EnBW, der Projektentwickler Baywa r.e., der schwedische Energiekonzern Vattenfall, sowie der dänische Projektentwickler GreenGo Energy. In ihrem Aufruf warnen die Unternehmen allgemein vor Protektionismus – China wird darin nicht namentlich genannt.

Allerdings ist China der Grund für den Aufruf. Denn ein großer Teil der in Europa verbauten Solarmodule wird in China produziert. Sie sind meist billiger und werden aufgrund von Überproduktion in China derzeit massenweise nach Europa geliefert. Die Folge: Mehrere europäische Hersteller sind trotz des anhaltenden Solarbooms in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Chinesische Firmen haben wegen ihrer sehr viel größeren Produktionskapazitäten Kostenvorteile, zudem sind die Energiepreise in Europa erheblich höher als in China.

Strafzölle und eine größere Unabhängigkeit von China würden die dringend nötige Energiewende daher drastisch verteuern. Daher lehnen große Teile der Branche in Europa Strafzölle ab, vor allem jene im Downstream-Segment, das die Anlagen installiert: Solaranlagenbauer und -entwickler profitieren von den günstigen Preisen. Doch das Gesamtbild ist komplizierter, denn die Solarmodulhersteller leiden unter der chinesischen Konkurrenz. Viele von ihnen fordern Unterstützung der Politik, etwa in Form etwa von Resilienzboni.

Die europäische Kommission hat unlängst eine Entscheidung getroffen: Anti-Dumping-Zölle auf chinesische Solarmodule wird es mit der aktuellen Kommission nicht geben. Vielmehr drängen die zuständigen Kommissare Simson und Breton die Mitgliedstaaten, Anlagen aus heimischer Produktion selbst zu fördern. rad

  • Energie
  • Handel
  • Klima & Umwelt
  • Solar
  • Solarindustrie
  • Technologie

Presseschau

“Präsident Xi Jinping hat sich auf einen Kurs festgelegt, dem alles unterzuordnen ist”, sagt der ehemalige Schweizer Diplomat und Topmanager Uli Sigg NZZ
China investiert massiv in Brasilien – deutsche Wirtschaft in Bedrängnis HANDELSBLATT
Produktionsdrosselung in Chinas Hütten treibt Kupferpreis in die Höhe HANDELSBLATT
Tech-Giganten unter Druck: Chinas harter Kurs trifft US-Top-Firmen wie Apple und Tesla FOCUS
China says US TikTok ban ‘an act of bullying’ that would backfire CNN
Cyberangriffe aus China: Hacken für das Vaterland GOLEM
China plans first nuclear-powered aircraft carrier, its 4th in total INTERESTING ENGINEERING
Chinese GenAI venture raises $14 million, claims itself akin to Sora TECHNODE
AI is an important engine for “new productive forces”, China”s Li says REUTERS
Chip startup Cerebras launches new AI processor REUTERS
Chinas Hochgeschwindigkeitstrassen werden von KI überwacht GOLEM
Chinesischer Elektrogigant: Der Vorbote eines “Auto-Tsunamis” und warum BYD so erfolgreich ist RND
Das chinesische Startup-Unternehmen für autonomes Fahren Pony.ai plant die Einrichtung eines regionalen Forschungs- und Entwicklungszentrums in Luxemburg LUXEMBURGER WORT
Italy in talks with China”s Chery on car plant REUTERS
China kämpft um technologische Souveränität, nicht um Dominanz TELEPOLIS

Heads

Juan Xu – Mit kahlen Köpfen für den Feminismus

Juan Xu lieferte sich wegen ihrer Kunst ein Katz-und-Maus-Spiel mit den chinesischen Behörden.

Ihr feministisches Engagement, berichtet die Kuratorin und Kunstkritikerin Juan Xu, speist sich aus den Erfahrungen mehrerer Generationen. Noch bevor sie auch nur ein Wort über sich selbst verliert, erzählt sie von ihrer Großmutter, die bereits mit 20 Jahren verwitwete. Dass sie ihr übriges Leben nicht arbeiten, nicht heiraten, sich nur im hinteren Bereich der heruntergekommenen Stadtvilla ihrer Familie aufhalten durfte, damit sie bloß keine fremden Männer mehr zu Gesicht bekommt. Das Gefühl, auf dieser Erde gerade so geduldet zu sein, obwohl sie nichts verbrochen hatte, zerschmetterte das Leben dieser Frau. Die Aussicht auf ein solches Schicksal ängstigte Xu schon als Kind. 

Ganz anders sei hingegen der Auftritt ihrer Mutter gewesen. Sie verdiente ihr eigenes Geld, kleidete sich rebellisch, wollte in ihrem Leben selbst hinter dem Steuer sitzen: “Autofahren wäre für meine Oma noch eine unvorstellbare Schande gewesen. Für meine Mutter war es mehr als nur ein Symbol, es war ein Ausdruck ihrer Unabhängigkeit.”

Doch auf die Generation ihrer Mutter sei wieder ein Umschlag des Frauenbildes erfolgt. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in den 90er-Jahren traten plötzlich Frauen auf den Plan, die das Heiraten eines reichen Mannes zu ihrem einzigen Lebensziel erklärten. Für Xu eine befremdliche Entwicklung: “Das war und ist eine seltsame historische Zeitverschiebung. Aber auf eine Bewegung folgt wohl immer die Gegenbewegung.”

Zu Hause in der Fremde

Besonders heimisch hat sich Xu in ihrer Jugend nie gefühlt: “Sowohl der Konfuzianismus als auch der Kommunismus lagen mir nicht. Ich fühlte mich immer fremd.” Sie interessierte sich für Poesie und Theater, für Kunst jenseits von Parteilinien. Nach einem versuchten Neuanfang in Australien, das sich als zu sonnig und unbeschwert für ihr Gemüt erwies, studierte sie in Tübingen. Die Situation des Feminismus im Deutschland der 90er-Jahre war eine andere als die in China. Auch wenn noch nicht alle Kämpfe gewonnen waren, als Marke war er hier etabliert. 

Die Befremdlichkeiten mit dem Land, in dem sie geboren wurde, veränderten sich in dieser Zeit, aber sie klangen nicht ab. Besonders eindrücklich erinnert sich Xu an eine Episode, als die Sicherheitsbehörde sie bei einem Besuch ihres Vaters anwies, sich bei der Polizei zu melden. Die wollte sie wegen ihrer Tätigkeit als Generalsekretärin des chinesischen Studentenverbandes in Deutschland befragen - was Xu zum Schmunzeln bringt: “Das zeigt, dass die mich auch nicht einschätzen konnten. Eine Gefahr für den Staat war ich in dieser Rolle nämlich bei Weitem nicht.”

Als die Funktionäre sie nach der Vernehmung dann noch fragten, ob sie denn nicht Geld in zukünftige Projekte der Behörde investieren wolle, war das Kafka-Stück perfekt: “Das war alles so absurd! Aber auch mit ein Grund, warum ich in China heute nicht leben kann.” Denn seit 20 Jahren ist Xu deutsche Staatsbürgerin. Ausländer sind in China vor einiger Zeit zwar besser behandelt worden, heute ergeben sich aus dem fremdländischen Pass aber keine Vorzüge mehr, im Gegenteil: “Mittlerweile werde ich stärker diskriminiert deswegen.” 

Feministische Kunst mit den Bald Girls

Ein Wendepunkt für Xu war die Berührung mit der chinesischen Gegenwartskunst: “Die war scharf, die war kritisch, die war verspielt. Das waren nicht die traditionellen Sachen. Plötzlich verband mich wieder etwas mit diesem Land.” Da das Zuschauerdasein noch nie ihre Sache war, beschloss Xu, selbst tätig zu werden. 2012 erschien das von ihr verfasste Manifest der Bald Girls, einer Gruppe feministischer Künstlerinnen, deren Protagonistinnen sich bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt die Köpfe kahl rasierten. Ausstellungen realisierten die Bald Girls in Zusammenarbeit mit Größen wie der Nobelpreisträgerin Herta Müller, Aufmerksamkeit wurde ihnen für diese Aktion von Blättern wie der New York Times zuteil. 

Doch auch wenn sie durch ihre Tätigkeit als Kuratorin und Kritikerin wieder enger mit China verknüpft ist, sieht Xu die Verhältnisse dort zunehmend ambivalenter: “Einerseits ist dieses ganze Land am Probieren – was genial ist, denn wenn die Schwellen niedriger liegen, kann man sich an allem versuchen.” Eine willkommene Abwechslung zum routinierten und satten Kulturbetrieb, der in Deutschland herrsche.

Doch das Katz-und-Maus-Spiel mit den Behörden, das sie und ihre Mitstreiterinnen vor gut zehn Jahren in China noch spielen konnten, ist aus. Ein wildes Treiben wie das der Bald Girls ist mittlerweile verboten. Für das nächste Jahr stehen darum erst einmal Ausstellungen in Europa an, vielleicht auch den USA. Xu sieht dies alles gelassen: “Manche jammern, aber das taugt mir nicht. Egal, was wir machen – Hauptsache, wir machen weiter.” Julius Schwarzwälder

  • Feminismus
  • Kunst

Personalien

Jan Klues ist seit Anfang März Manager Production Network Strategy China & CKD/SKD bei der Mercedes-Benz AG in Stuttgart. Zuvor war er Management Trainee bei Mercedes.  

Kevin Horlacher ist seit Anfang des Monats Manager Interior Development bei der Mercedes-Benz Group China in Peking. Horlacher war zuvor Modulgruppensprecher Cockpit/Türverkleidung MMA bei Mercedes in Deutschland.  

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Eigentlich ist der 15. März der Welttag der Verbraucherrechte, doch seine Rechte kann man nicht früh genug kennen. Und so zeigt ein Mitarbeiter der Handelsabteilung des Marktüberwachungsbüros in Handan Grundschülern, wie sie sichere Lebensmittel identifizieren können. Am Welttag der Verbraucherrechte finden in China viele Informationsveranstaltungen statt.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    seit mehr als vier Monaten streiken die Angestellten des Schrottwerks SRW Metalfloat in Espenhain bei Leipzig für einen Tarifvertrag. Es ist der längste Streik in der deutschen Geschichte; der chinesische Investor des Mutterkonzerns Scholz Recycling GmbH blockt derzeit jegliche Verhandlungen ab. Das Streikgeschehen erreicht am Donnerstag die Bundeshauptstadt – und könnte damit auch einen Schatten auf die deutsch-chinesischen Beziehungen werfen.

    Denn die Vertreter des Werks und der IG Metall werden vorstellig beim chinesischen Botschafter in Berlin. Sie wollen ihm einen Brief mit Forderungen überreichen. Christian Domke Seidel hat diesen bereits gelesen. Darin wird Yongming Qin, der chinesische Geschäftsführer der Scholz Recycling GmbH, hart kritisiert. “Unsere berechtigten Anliegen arrogant zu ignorieren und Gesprächsangebote unserer IG-Metall-Vertreter unbeantwortet zu lassen, obwohl dieses Verhalten im Widerspruch zum Verhaltenskodex des Unternehmens steht, schadet dem Ansehen chinesischer Gesellschafter in Deutschland“, heißt es.

    Um das Image Chinas geht es auch Mercedes-Chef Ola Källenius – allerdings in ganz anderer Form. Er hatte zu Beginn der Woche abermals seine Ablehnung von EU-Strafzöllen gegen E-Autos aus China betont. Und erntet dafür nun massiv Kritik, wie Marcel Grzanna analysiert. Der Vorwurf: Statt nationaler Interessen habe er nur Verkaufszahlen in China im Blick. Werden die deutschen Autobauer zu Chinas Steigbügelhalter in Europa?

    Ihre
    Amelie Richter
    Bild von Amelie  Richter

    Analyse

    Auch nach 128 Tagen Streik ist kein Ende der verfahrenen Situation bei SRW Metalfloat in Sicht – nun greift der chinesische Botschafter ein

    Chinas Botschafter in Berlin: Wu Ken.

    Der chinesische Botschafter in Berlin empfängt am heutigen Donnerstag Vertreter der IG Metall und der Recyclingfirma SRW Metalfloat. Sie werden einen Brief übergeben, der sich mit den Hintergründen des Rekordstreiks auseinandersetzt, der seit dem 8. März den Betrieb einschränkt. Gewerkschaft und Betriebsrat machen den chinesischen Investor dafür verantwortlich. Scholz Recycling, der Mutterkonzern, sieht die Verantwortung jedoch bei der IG Metall und dem Betriebsrat. Die Positionen sind festgefahren.

    Der Brief, den die Vertreter der Arbeitnehmer dem chinesischen Botschafter überreichen werden, liegt Table.Briefings vorab vor. Darin wird Yongming Qin, der chinesische Geschäftsführer der Scholz Recycling GmbH, hart kritisiert. “Unsere berechtigten Anliegen arrogant zu ignorieren und Gesprächsangebote unserer IG-Metall-Vertreter unbeantwortet zu lassen, obwohl dieses Verhalten im Widerspruch zum Verhaltenskodex des Unternehmens steht, schadet dem Ansehen chinesischer Gesellschafter in Deutschland”, heißt es.

    Vorwürfe gegen chinesischen Investor

    Die Beschäftigten werfen Qin mangelnde Verlässlichkeit und Wortbruch gegenüber Kunden, Lieferanten, Aktionären und Beschäftigten vor. “Das Agieren unseres chinesischen Arbeitgebers ist leider längst zum Schandfleck deutsch-chinesischer Wirtschaftsbeziehungen geworden.” Tatsächlich ist der Streik nicht nur wegen der Dauer einmalig. Chinesische Investoren genießen normalerweise bei Gewerkschaften wie Arbeitnehmern einen sehr guten Ruf.

    Bis Sommer 2023 habe es konstruktive Verhandlungen gegeben, anschließend sei dem Geschäftsführer der SRW Metalfloat durch den Investor das Verhandlungsmandat entzogen worden. Dazu kommen konkrete Vorwürfe, was die Arbeitsbedingungen betrifft. “Unsere Entgelte liegen knapp oberhalb des Mindestlohns und rund 600 Euro unter dem, was Kolleginnen und Kollegen in unserer Branche verdienen.”

    Längster Streik Deutschlands

    Nach insgesamt vier Warnstreiks haben Teile der Belegschaft daher dauerhaft die Arbeit niedergelegt. Mittlerweile ist dieser Streik – der am Tag der Briefübergabe bereits 128 Tage andauert – zum längsten Streik in der deutschen Geschichte geworden, abgesehen von der Werkbesetzung im Zementwerk Seibel & Söhne 1975 ohne gewerkschaftliche Unterstützung – die dauerte 449 Tage.

    Es geht um vier zentrale Forderungen:

    • acht Prozent mehr Lohn,
    • 1.500 Euro Weihnachts- und Urlaubsgeld (statt bisher 1.000 Euro),
    • eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 38 Stunden,
    • und einen Tarifvertrag.

    Scholz Recycling wehrt sich

    Im Gespräch mit Table.Briefings erklärt ein Vertreter von Scholz Recycling allerdings, dass der Fall nicht so einseitig sei, wie in dem Schreiben dargestellt. Das Unternehmen gibt an, dass man in drei der vier Punkte so nahe zusammenliegen würde, dass einer Einigung nichts im Weg stünde. Bereits seit Januar 2024 zahlt das Unternehmen seinen Beschäftigten 200 Euro mehr Lohn, was bei SRW Metalfloat eine Steigerung zwischen 7 und 8,5 Prozent bedeute.

    Weihnachts- und Urlaubsgeld gäbe es zumindest auf freiwilliger Basis und auch die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich sei genehmigt. Zumal – so Scholz – ohnehin nur Buchhaltung und Verwaltung noch 40 Stunden arbeiten würden. Rund 80 Prozent der Belegschaft hätten bereits eine 37,5-Stunden-Woche.

    Knackpunkt ist die Forderung nach einem Tarifvertrag – den lehnt Scholz Recycling grundlegend ab. Deswegen würden auch seit August 2023 keine Verhandlungen mehr stattfinden. Es fehle schlichtweg an der Basis dafür. Zumal auch Scholz Recycling, genau wie die Vertreter der Arbeitnehmer, mangelndes Vertrauen beklagen. So seien vereinbarte Verhandlungstermine mit der chinesischen Geschäftsführung schlicht nicht wahrgenommen worden. Qin, so der Vertreter, sei regelmäßig vor Ort und es habe Versuche gegeben, sich an einen Tisch zu setzen.

    Streik beschäftigt schon die Justiz

    Das hat seine Gründe. Denn an den bisherigen Verhandlungen gibt es vonseiten der IG Metall massive Kritik. Bisherige Einigungen hätten gegen Paragraf 77 des Betriebsverfassungsgesetzes verstoßen. Der besagt, dass Bedingungen, die üblicherweise in einem Tarifvertrag geregelt werden (etwa die Bezahlung), nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein dürfen.

    Die Betriebsräte würden sich sonst angreifbar machen. “Das heißt, dass die bisherige Praxis keine Rechtsverbindlichkeit besaß. Für Verhandlungen auf Augenhöhe und mit dem nötigen gegenseitigen Respekt braucht es in Deutschland zwei Parteien: Arbeitgeber und Gewerkschaften”, schreibt die IG Metall in ihrem Brief an den chinesischen Botschafter.

    Auch vor Ort in Espenhain ist die Situation verfahren. SRW Metalfloat hat von einem Drei- auf einen Zweischichtbetrieb umstellen müssen. Laut dem Vertreter von Scholz Recycling ginge deswegen ein Riss durch die Belegschaft – zwischen denen, die arbeiten und denen, die streiken. Etwa 50 Beschäftigte hätten daher beim Amtsgericht in Leipzig einen Antrag zur Entmachtung des Betriebsrats gestellt, so Scholz. Das Verfahren sei noch offen.

    Ein Punkt, den die Gewerkschaft anders sieht. Denn 89 Prozent der Beschäftigten hatten im November – also zu einem Zeitpunkt, als die Angebote des Unternehmens bereits auf dem Tisch lagen – für einen unbefristeten Streik gestimmt.

    • Handel
    • Tarifverträge
    • Wu Ken
    Translation missing.

    Mit seinem Plädoyer gegen Einfuhrzölle entfacht Mercedes-Chef Källenius die Debatte um Pekingtreue deutscher Großkonzerne neu

    Mercedes-Chef Ola Källenius will Wettbewerb und keine Strafzölle auf chinesische E-Autos.

    Mit seinem Plädoyer gegen Einfuhrzölle der Europäischen Union auf chinesische Elektroautos hat Mercedes-Chef Ola Källenius eine schon lange schwelende Diskussion neu entfacht. Seine Kritiker werfen ihm vor, Peking nach dem Mund zu reden, um sich bei der Kommunistischen Partei einzuschmeicheln. Sie glauben, Källenius tut genau das, was China von ihm erwartet: die Interessen chinesischer Exporteure vertreten, um so für seinen Konzern weitgehende Gleichbehandlung auf dem größten Automarkt der Welt zu erhalten.

    In einem Gespräch mit der britische Zeitung Financial Times hatte der Konzernboss die EU-Kommission aufgefordert, Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge zu reduzieren, statt darüber nachzudenken, sie weiter zu erhöhen. Tatsächlich hat die Kommission bereits erste Schritte eingeleitet, um sogar rückwirkend Strafzölle zu erheben. Am Dienstag hieß es aus Brüssel, der EU-Kommission würden ausreichende Hinweise auf staatliche Subventionen für chinesische Elektrofahrzeuge vorliegen.

    Eine Fortsetzung deutscher Täuschung

    Källenius zieht mit seinen Aussagen Kritik aus aller Welt auf sich. Einerseits wird ihm vorgeworfen, naiv die chinesischen Interessen auszublenden, die weit über den Verkauf von E-Autos hinausgingen. Andererseits bediene er sich einer falschen unternehmerischen Strategie, weil er dem schärfsten Widersacher Tür und Tor zum Heimatmarkt öffnen wolle und dabei auch noch glaube, staatlich subventionierten chinesischen Wettbewerbern auf dem europäischen Markt allein mit Qualität entgegentreten zu können. Andere sehen seine Aussagen als alternativlos an, weil sich Mercedes-Benz zu rund 20 Prozent in chinesischem Besitz befindet. Die Konkurrenten Geely und SAIC halten etwa ein Fünftel der Unternehmensanteile.

    “Ich hoffe, er schläft gut, denn er stellt China-Verkäufe und seine Aktionäre höher als nationale Interessen”, urteilt der Brite David Benyon, Gastgeber des Political Risk Podcast, der sich mit den Risiken multinationaler Konzerne im geopolitischen Klima befasst. Der Technologie-Investor Al Mabrouk aus den USA erkennt “eine Fortsetzung deutscher Täuschung. Offenbar haben sie aus ihrer russischen Erfahrung nichts gelernt.” Ian Oxnevad von der Risikoberatung Infortal spricht vom “Selbstmord eines Unternehmens”.

    Chinas militärisch-zivile Fusionsstrategie

    “Es scheint, dass viele in Deutschland die Absichten Chinas nicht vollständig verstehen“, schreibt der australische Autor und Strategieberater für Asien, Andre Wheeler, in sozialen Medien. Er verweist auf das Beispiel Huawei. Im App-Store des chinesischen Mobilfunk-Anbieters steht die interne Kommunikationsplattform “Bw Messenger” der Bundeswehr für private Telefone zur Verfügung. “Das deutet darauf hin, dass sie nichts von Chinas militärisch-ziviler Fusionsstrategie wissen”, meint Wheeler.

    Regelmäßig geäußerte Befürchtungen, deren Wahrscheinlichkeit sich allerdings schlecht beziffern lässt, vermuten hinter der chinesischen Technologie-Lawine nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern vor allem auch sicherheitsrelevante. Je mehr chinesische Technologie in Europa verwendet wird, desto mehr Daten fließen an das autokratische Regime und desto größer könne die Gefahr sein, die Kontrolle über kritische Infrastruktur an die Volksrepublik abzutreten, heißt es.

    “Es zeigt sich erneut, dass Unternehmen zunächst liberale Werte ausnutzen (in unseren Ländern durch Lobbyarbeit), und diese dann untergraben, indem sie die Autokratien unterstützen, in denen sie groß geworden sind”, kommentiert die Wirtschaftsethikerin mit China-Schwerpunkt, Alicia Hennig, von der IHI Zittau an der TU Dresden.

    “Natürliche Weiterentwicklung des Wettbewerbs”

    Mercedes-Benz verteidigt Källenius und sieht seine Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen. Der Konzernchef habe eine allgemeine Bemerkung gemacht, “dass Zölle generell auf allen Seiten vermieden werden sollten”. Er habe alle Akteure in seine Aufforderung mit einbezogen und erst auf Nachfrage konkret an die EU appelliert, Zölle zu senken.

    Källenius begründete seine Haltung damit, dass er in den chinesischen Unternehmen, die nach Europa exportieren wollten, “eine natürliche Weiterentwicklung des Wettbewerbs” sehe. Mercedes-Benz und andere müssten dieser Herausforderung “mit besseren Produkten, besserer Technologie und mehr Agilität” begegnen.”Das ist die Marktwirtschaft. Lassen Sie den Wettbewerb spielen”, meint Källenius.

    Marktwirtschaft in China staatlich unterminiert

    “Das Fehlen gleicher Wettbewerbsbedingungen stellt eine Bedrohung für die europäischen Automobilhersteller dar. Botschaften wie diese werden in Peking willkommen sein – vermutlich bei der Zielgruppe”, kommentierte der Rhodium-Analyst Noah Barkin auf LinkedIn.

    Die Mechanismen der Marktwirtschaft werden in der Volksrepublik dagegen staatlich unterminiert. Subventionen in vielerlei Gestalt wie günstige Zinsen, billige Grundstücke oder Steuernachlässe, dazu ein enges Korsett, in dem sich ausländische Autobauer unternehmerisch bewegen, gesellen sich zu Importzöllen in Höhe von 15 Prozent, sodass deutsche Hersteller im Elektrosegment gegen reichlich Widerstand ankämpfen müssen. Im Vergleich dazu erhebt die EU zurzeit nur zehn Prozent Strafzölle.

    Der scharfe Wettbewerb hat auch Volkswagen zur Ankündigung eines Gewinnrückgangs für 2024 veranlasst. Konzernchef Oliver Blume teilte mit, dass das anteilige operative Ergebnis der Joint Venture von Volkswagen in der Volksrepublik auf 1,5 bis zwei Milliarden Euro sinken würde – ein Minus von bis zu 40 Prozent.

    • E-Autos
    • Elektromobilität
    • EU
    • Handel
    • Subventionen
    • Wettbewerb

    News

    Militärdialog mit Nato in Peking

    China und die Nato haben am Mittwoch in Peking ihren achten Militärstabsdialog über Sicherheitspolitik abgehalten. Man habe sich bei dem Treffen zu verschiedenen Verteidigungsfragen zwischen China und der Nato ausgetauscht, teilte das chinesische Verteidigungsministerium mit. Zudem habe man generell über die Fragen zur internationalen und regionalen Lage gesprochen. Weitere Details nannte es nicht.

    Generell ist China sehr kritisch gegenüber der Nato eingestellt. Als Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg im vergangenen Jahr nach Japan reiste, reagierte China mit harscher Kritik. Das Außenministerium warf der nordatlantischen Allianz damals vor, ihre Einflusssphäre jenseits seiner traditionellen Verteidigungszone ausdehnen zu wollen. Die asiatisch-pazifische Region sei “nicht das Schlachtfeld für geopolitischen Wettbewerb”. Länder wie Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland suchen als sogenannte Nato-Wertepartner eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis. Die Nato wiederum erkennt in China eine “systemische Herausforderung”.

    Das Treffen am Mittwoch in Peking wurde gemeinsam geleitet – vom Büro für internationale militärische Zusammenarbeit der Zentralen Militärkommission Chinas und der Abteilung für kooperative Sicherheit des Internationalen Militärstabs der Nato. Der vorige Nato-China-Dialog hatte im Februar 2023 im Nato-Hauptquartier in Brüssel stattgefunden. rad

    • Geopolitik
    • Militär
    • Nato

    US-Repräsentantenhaus will Zwangsverkauf von Tiktok durchsetzen

    Das US-Repräsentantenhaus hat einem Gesetzentwurf zugestimmt, der den chinesischen Tech-Konzern Bytedance dazu zwingen soll, seine Video-App Tiktok zu verkaufen. Eine große Mehrheit von 352 Abgeordneten stimmte dafür. Nur 65 waren dagegen. Damit ist eine erste große Hürde für den Zwangsverkauf genommen. In einem nächsten Schritt muss sich nun der Senat mit dem Thema auseinandersetzen. Einige einflussreiche Senatoren haben sich jedoch bereits gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen.

    Eine Gruppe von US-Abgeordneten hatte den Entwurf am Dienstag eingebracht. Demnach habe der chinesische Tech-Konzern Bytedance sechs Monate Zeit, seine weltweit beliebte Kurzvideo-App Tiktok zu veräußern. Andernfalls drohe ein Verbot in den App-Stores US-amerikanischer Anbieter wie Apple und Google. Bytedance erklärte, diese käme einem absoluten Verbot gleich. Hintergrund sind Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit. Kritiker glauben, dass Bytedance Nutzerdaten in die Volksrepublik weiterleiten könnte. Die App hat in den USA rund 170 Millionen Nutzerinnen und Nutzer.

    US-Gerichte könnten mit dem Fall Jahre beschäftigt sein. Denn ein Tiktok-Verbot könnte gegen die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit verstoßen, sagen Beobachter. Bytedance ist laut einem Medienbericht entschlossen, erst alle rechtlichen Mittel in den USA auszuschöpfen, bevor über einen Verkauf nachgedacht wird. Eine Trennung von Tiktok werde als letzte Option gesehen, schrieb der Nachrichtendienst Bloomberg unter Berufung auf informierte Personen. Chinas Außenamtssprecher Wang Wenbin warf den USA am Mittwoch vor, Tiktok zu schikanieren und die internationale Wirtschafts- und Handelsordnung zu untergraben. rtr/fpe

    • Technologie
    • USA

    China stärkt Militär-Zusammenarbeit im Indischen Ozean

    China wird seine Zusammenarbeit mit den Malediven, Sri Lanka und Nepal weiter vertiefen. Eine chinesische Militärdelegation war in den vergangenen zehn Tagen in den drei Ländern unterwegs, um Fragen in den Bereichen Militär und Verteidigung zu besprechen.

    Die Delegation der Volksbefreiungsarmee habe während ihres Besuchs vom 4. bis 13. März “eingehende Gespräche” über die bilaterale Verteidigungskooperation geführt, hieß es in einer Erklärung des chinesischen Verteidigungsministeriums. In vielen verschiedenen Punkten habe man demnach Konsens finden können. Nähere Details nannte das Ministerium nicht.

    Brisant ist das, weil Chinas großer Rivale Indien alle drei Länder zu seinem traditionellen Einflussbereich zählt. Die Beziehungen zwischen Peking und Delhi sind traditionell kompliziert. In jüngster Zeit werden sie durch neue Spannungen belastet. Unter anderem, weil Anfang des Jahres die Malediven einen strategischen Wechsel von Indien nach China vollzogen haben. Es geht um die Vorherrschaft im Indischen Ozean. rad

    • Geopolitik
    • Indien
    • Militär

    Brüssel debattiert mögliches Einfuhrverbot für chinesisches Recycling-Plastik

    In Brüssel wird eine Klausel in den vorgeschlagenen EU-Verpackungsvorschriften intensiv diskutiert: Die Vorgabe will Hersteller in China und anderswo auf der Welt dazu verpflichten, die in Europa für recycelte Kunststoffverpackungen geltenden Standards einzuhalten. Sollte der recycelte Kunststoff aus China nicht die gleichen Standards erfüllen, die von Herstellern in der EU gefordert werden, würde ihm der Zugang zum EU-Markt verwehrt.

    Die chinesische Handelskammer in der EU mahnte am Mittwoch “die Notwendigkeit an, mögliche Handelsstörungen und Kostensteigerungen aufgrund übermäßig strenger Verpackungsanforderungen im Auge zu behalten”. Die Handelskammer betonte, die “Grundsätze der Fairness und Nichtdiskriminierung” müssten gewahrt und “keine Marktbarrieren” errichtet werden.

    EU-Parlament und EU-Rat hatten sich auf die Verpackungsvorschrift vergangene Woche geeinigt. Auf die “Gleichwertigkeitskriterien”, auch “Spiegelklausel” (“mirror clause”) genannt, die recyceltes Plastik aus dem EU-Ausland betreffen, soll vor allem Frankreich bestanden haben.

    Wie zu hören ist, befindet auch die Europäische Kommission den Vorschlag mit der Klausel aus Parlament und Rat als nicht unbedingt gut. Es handele sich dabei um ein “De-facto-Verbot”, zitiert die South China Morning Post einen EU-Beamten. Demzufolge will die EU-Kommission die anderen beiden EU-Institutionen dazu bewegen, auf die “Spiegelklausel” zu verzichten, um Protektionismus-Vorwürfe aus dem Globalen Süden zu umgehen. ari

    • China
    • EU
    • EU-Verpackungsverordnung
    • Handel
    • Klima & Umwelt
    • Verpackungen

    Deutsche Solarfirmen gegen EU-Strafzölle

    Etliche deutsche Solar-Unternehmen haben sich am Mittwochen in Berlin gegen befürchtete Strafzölle der EU auf chinesische Solarmodule ausgesprochen. Die Allianz “Solar Economy Europe” führt vor allem drei Gründe gegen diese protektionistischen Maßnahmen an. Sie würden:

    • die Inflation der Energiekosten weiter anheizen,
    • Lieferketten stören
    • und Arbeitsplätze gefährden.

    Wachsende protektionistische Tendenzen bedrohten die europäischen CO2-Einsparungsziele, heißt es in der Mitteilung. Die Firmen sprechen sich deshalb für freien Handel aus. “Zölle würden in diesem entscheidenden Jahrzehnt für die Energiewende den Ausbau der erneuerbaren Energien enorm einschränken”, sagte der Chef der Baywa r.e., Matthias Taft der Presseagentur dpa.

    Die Allianz “Solar Economy Europe” besteht aus 15 Unternehmen, unter anderem die Solarsparte des Energieversorgers EnBW, der Projektentwickler Baywa r.e., der schwedische Energiekonzern Vattenfall, sowie der dänische Projektentwickler GreenGo Energy. In ihrem Aufruf warnen die Unternehmen allgemein vor Protektionismus – China wird darin nicht namentlich genannt.

    Allerdings ist China der Grund für den Aufruf. Denn ein großer Teil der in Europa verbauten Solarmodule wird in China produziert. Sie sind meist billiger und werden aufgrund von Überproduktion in China derzeit massenweise nach Europa geliefert. Die Folge: Mehrere europäische Hersteller sind trotz des anhaltenden Solarbooms in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Chinesische Firmen haben wegen ihrer sehr viel größeren Produktionskapazitäten Kostenvorteile, zudem sind die Energiepreise in Europa erheblich höher als in China.

    Strafzölle und eine größere Unabhängigkeit von China würden die dringend nötige Energiewende daher drastisch verteuern. Daher lehnen große Teile der Branche in Europa Strafzölle ab, vor allem jene im Downstream-Segment, das die Anlagen installiert: Solaranlagenbauer und -entwickler profitieren von den günstigen Preisen. Doch das Gesamtbild ist komplizierter, denn die Solarmodulhersteller leiden unter der chinesischen Konkurrenz. Viele von ihnen fordern Unterstützung der Politik, etwa in Form etwa von Resilienzboni.

    Die europäische Kommission hat unlängst eine Entscheidung getroffen: Anti-Dumping-Zölle auf chinesische Solarmodule wird es mit der aktuellen Kommission nicht geben. Vielmehr drängen die zuständigen Kommissare Simson und Breton die Mitgliedstaaten, Anlagen aus heimischer Produktion selbst zu fördern. rad

    • Energie
    • Handel
    • Klima & Umwelt
    • Solar
    • Solarindustrie
    • Technologie

    Presseschau

    “Präsident Xi Jinping hat sich auf einen Kurs festgelegt, dem alles unterzuordnen ist”, sagt der ehemalige Schweizer Diplomat und Topmanager Uli Sigg NZZ
    China investiert massiv in Brasilien – deutsche Wirtschaft in Bedrängnis HANDELSBLATT
    Produktionsdrosselung in Chinas Hütten treibt Kupferpreis in die Höhe HANDELSBLATT
    Tech-Giganten unter Druck: Chinas harter Kurs trifft US-Top-Firmen wie Apple und Tesla FOCUS
    China says US TikTok ban ‘an act of bullying’ that would backfire CNN
    Cyberangriffe aus China: Hacken für das Vaterland GOLEM
    China plans first nuclear-powered aircraft carrier, its 4th in total INTERESTING ENGINEERING
    Chinese GenAI venture raises $14 million, claims itself akin to Sora TECHNODE
    AI is an important engine for “new productive forces”, China”s Li says REUTERS
    Chip startup Cerebras launches new AI processor REUTERS
    Chinas Hochgeschwindigkeitstrassen werden von KI überwacht GOLEM
    Chinesischer Elektrogigant: Der Vorbote eines “Auto-Tsunamis” und warum BYD so erfolgreich ist RND
    Das chinesische Startup-Unternehmen für autonomes Fahren Pony.ai plant die Einrichtung eines regionalen Forschungs- und Entwicklungszentrums in Luxemburg LUXEMBURGER WORT
    Italy in talks with China”s Chery on car plant REUTERS
    China kämpft um technologische Souveränität, nicht um Dominanz TELEPOLIS

    Heads

    Juan Xu – Mit kahlen Köpfen für den Feminismus

    Juan Xu lieferte sich wegen ihrer Kunst ein Katz-und-Maus-Spiel mit den chinesischen Behörden.

    Ihr feministisches Engagement, berichtet die Kuratorin und Kunstkritikerin Juan Xu, speist sich aus den Erfahrungen mehrerer Generationen. Noch bevor sie auch nur ein Wort über sich selbst verliert, erzählt sie von ihrer Großmutter, die bereits mit 20 Jahren verwitwete. Dass sie ihr übriges Leben nicht arbeiten, nicht heiraten, sich nur im hinteren Bereich der heruntergekommenen Stadtvilla ihrer Familie aufhalten durfte, damit sie bloß keine fremden Männer mehr zu Gesicht bekommt. Das Gefühl, auf dieser Erde gerade so geduldet zu sein, obwohl sie nichts verbrochen hatte, zerschmetterte das Leben dieser Frau. Die Aussicht auf ein solches Schicksal ängstigte Xu schon als Kind. 

    Ganz anders sei hingegen der Auftritt ihrer Mutter gewesen. Sie verdiente ihr eigenes Geld, kleidete sich rebellisch, wollte in ihrem Leben selbst hinter dem Steuer sitzen: “Autofahren wäre für meine Oma noch eine unvorstellbare Schande gewesen. Für meine Mutter war es mehr als nur ein Symbol, es war ein Ausdruck ihrer Unabhängigkeit.”

    Doch auf die Generation ihrer Mutter sei wieder ein Umschlag des Frauenbildes erfolgt. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in den 90er-Jahren traten plötzlich Frauen auf den Plan, die das Heiraten eines reichen Mannes zu ihrem einzigen Lebensziel erklärten. Für Xu eine befremdliche Entwicklung: “Das war und ist eine seltsame historische Zeitverschiebung. Aber auf eine Bewegung folgt wohl immer die Gegenbewegung.”

    Zu Hause in der Fremde

    Besonders heimisch hat sich Xu in ihrer Jugend nie gefühlt: “Sowohl der Konfuzianismus als auch der Kommunismus lagen mir nicht. Ich fühlte mich immer fremd.” Sie interessierte sich für Poesie und Theater, für Kunst jenseits von Parteilinien. Nach einem versuchten Neuanfang in Australien, das sich als zu sonnig und unbeschwert für ihr Gemüt erwies, studierte sie in Tübingen. Die Situation des Feminismus im Deutschland der 90er-Jahre war eine andere als die in China. Auch wenn noch nicht alle Kämpfe gewonnen waren, als Marke war er hier etabliert. 

    Die Befremdlichkeiten mit dem Land, in dem sie geboren wurde, veränderten sich in dieser Zeit, aber sie klangen nicht ab. Besonders eindrücklich erinnert sich Xu an eine Episode, als die Sicherheitsbehörde sie bei einem Besuch ihres Vaters anwies, sich bei der Polizei zu melden. Die wollte sie wegen ihrer Tätigkeit als Generalsekretärin des chinesischen Studentenverbandes in Deutschland befragen - was Xu zum Schmunzeln bringt: “Das zeigt, dass die mich auch nicht einschätzen konnten. Eine Gefahr für den Staat war ich in dieser Rolle nämlich bei Weitem nicht.”

    Als die Funktionäre sie nach der Vernehmung dann noch fragten, ob sie denn nicht Geld in zukünftige Projekte der Behörde investieren wolle, war das Kafka-Stück perfekt: “Das war alles so absurd! Aber auch mit ein Grund, warum ich in China heute nicht leben kann.” Denn seit 20 Jahren ist Xu deutsche Staatsbürgerin. Ausländer sind in China vor einiger Zeit zwar besser behandelt worden, heute ergeben sich aus dem fremdländischen Pass aber keine Vorzüge mehr, im Gegenteil: “Mittlerweile werde ich stärker diskriminiert deswegen.” 

    Feministische Kunst mit den Bald Girls

    Ein Wendepunkt für Xu war die Berührung mit der chinesischen Gegenwartskunst: “Die war scharf, die war kritisch, die war verspielt. Das waren nicht die traditionellen Sachen. Plötzlich verband mich wieder etwas mit diesem Land.” Da das Zuschauerdasein noch nie ihre Sache war, beschloss Xu, selbst tätig zu werden. 2012 erschien das von ihr verfasste Manifest der Bald Girls, einer Gruppe feministischer Künstlerinnen, deren Protagonistinnen sich bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt die Köpfe kahl rasierten. Ausstellungen realisierten die Bald Girls in Zusammenarbeit mit Größen wie der Nobelpreisträgerin Herta Müller, Aufmerksamkeit wurde ihnen für diese Aktion von Blättern wie der New York Times zuteil. 

    Doch auch wenn sie durch ihre Tätigkeit als Kuratorin und Kritikerin wieder enger mit China verknüpft ist, sieht Xu die Verhältnisse dort zunehmend ambivalenter: “Einerseits ist dieses ganze Land am Probieren – was genial ist, denn wenn die Schwellen niedriger liegen, kann man sich an allem versuchen.” Eine willkommene Abwechslung zum routinierten und satten Kulturbetrieb, der in Deutschland herrsche.

    Doch das Katz-und-Maus-Spiel mit den Behörden, das sie und ihre Mitstreiterinnen vor gut zehn Jahren in China noch spielen konnten, ist aus. Ein wildes Treiben wie das der Bald Girls ist mittlerweile verboten. Für das nächste Jahr stehen darum erst einmal Ausstellungen in Europa an, vielleicht auch den USA. Xu sieht dies alles gelassen: “Manche jammern, aber das taugt mir nicht. Egal, was wir machen – Hauptsache, wir machen weiter.” Julius Schwarzwälder

    • Feminismus
    • Kunst

    Personalien

    Jan Klues ist seit Anfang März Manager Production Network Strategy China & CKD/SKD bei der Mercedes-Benz AG in Stuttgart. Zuvor war er Management Trainee bei Mercedes.  

    Kevin Horlacher ist seit Anfang des Monats Manager Interior Development bei der Mercedes-Benz Group China in Peking. Horlacher war zuvor Modulgruppensprecher Cockpit/Türverkleidung MMA bei Mercedes in Deutschland.  

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Eigentlich ist der 15. März der Welttag der Verbraucherrechte, doch seine Rechte kann man nicht früh genug kennen. Und so zeigt ein Mitarbeiter der Handelsabteilung des Marktüberwachungsbüros in Handan Grundschülern, wie sie sichere Lebensmittel identifizieren können. Am Welttag der Verbraucherrechte finden in China viele Informationsveranstaltungen statt.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen