während Normalsterbliche derzeit in den Urlaub starten, dient die jüngste Auslandsreise von US-Außenminister Antony Blinken allem anderen als der Erholung. Auf seiner Asien-Tour besucht er sechs Länder in zehn Tagen. Fast noch interessanter als seine Ziele – Laos, Vietnam, Japan, die Philippinen, Singapur und die Mongolei – ist, wo er nicht hinfliegt. Blinken spart sich China. Und das in einer Woche, in der China möglicherweise eine Einigung zwischen den erbitterten Feinden Hamas und Fatah ermöglicht hat und den ukrainischen Außenminister zu Friedensgesprächen empfängt – also seine Rolle als Friedensmacht und Gegenpart zu den USA mit immer größerer Überzeugungskraft spielt.
Blinkens Reise, schreibt Michael Radunski, zeigt auch, dass die US-Demokraten ihre Politik in der Region Seite an Seite mit ihren Partnern verfolgen – und damit im größtmöglichen Gegensatz zu den Republikanern unter Donald Trump stehen: “America first” heiße eben immer auch “Verbündete last”. Was genau die US-Delegation in welchem Land vorhat, lesen Sie in unserer Analyse.
Ein weiterer Konflikt zeichnet sich in der Forschung ab. Ein neuer Riesen-Beschleuniger des Kernforschungszentrums Cern, der ab Mitte der 2040er-Jahre laufen könnte und mindestens 15 Milliarden Euro kosten wird, bekommt jetzt schon Konkurrenz. Es wird immer wahrscheinlicher, dass China bald ein ähnliches Gerät errichten will – und “bald” heißt: vielleicht schon in den 2030er-Jahren. Was das für die Strategie der europäischen Wissenschaft bedeutet und welche Risiken die Forscher kommen sehen, hat Ralf Nestler analysiert.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
US-Außenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin reisen diese Woche nach Asien. Es wird Blinkens längste Asien-Reise, das Programm ist straff: sechs Länder in zehn Tagen. Laos, Vietnam, Japan, die Philippinen, Singapur und die Mongolei.
Doch die Reiseroute ist nicht nur anspruchsvoll. Sie spiegelt vor allem die China-Politik der Demokraten wider: Zusammen mit Verbündeten und Partnern will man dem großen Rivalen China entgegentreten. Es ist zugleich der fundamentale Unterschied zum Ansatz der Republikaner unter Donald Trump. Der spekuliert darauf, im direkten Gespräch einen Deal auszuhandeln – und Verbündete bleiben dann mitunter auch mal auf der Strecke.
“Wir bauen ein Geflecht aus formellen und informellen Beziehungen auf, das unsere gemeinsamen Interessen in der gesamten Region fördert”, sagt Daniel Kritenbrink, stellvertretender Staatssekretär für Ostasien und den Pazifik im State Department. Die Botschaft ist eindeutig: Die USA gehen “all-in im Indopazifik” – und das Seite an Seite mit ihren Partnern.
Zahlreiche Regierungen in Asien haben sich zuletzt besorgt über einen möglichen Wahlsieg von Donald Trump und die Konsequenzen hinsichtlich der amerikanischen Asien-Politik geäußert. Trump stellt offen den Nutzen von US-Allianzen auf der ganzen Welt infrage. So hatte er in seiner ersten Amtszeit als Präsident denn auch vorgeschlagen, die amerikanische Militärpräsenz in Japan und Südkorea zu reduzieren oder ganz aufzulösen.
Als er vergangene Woche gefragt wurde, ob er Taiwan bei einem chinesischen Angriff unterstützen würde, erwiderte Trump: “Ich denke, Taiwan sollte uns für den Schutz bezahlen. Wissen Sie, wir sind nicht anders als ein Versicherungsunternehmen. Taiwan gibt uns nichts.” Im Gegensatz dazu lobte Trump zu Wochenbeginn den chinesischen Partei- und Staatschef Xi Jinping als “brillanten Mann”.
Es ist Trumps Politik des “America First” und vor allem das implizite “Verbündete last”, das China im Umgang mit den Staaten im Indopazifik enorm stärkt. Keine Regierung wird es wagen, sich dem robusten Auftreten Chinas entgegenzustellen, wenn in wenigen Monaten der wichtigste Verbündete einen eigenen Deal mit Peking aushandelt.
Entsprechend wollen Blinken und Austin mit ihren Reisen einen Gegenpunkt setzen. “Wir versuchen, Verbündeten und Partnern zu versichern, dass es bestimmte Grundprinzipien des amerikanischen Engagements gibt, die sich meiner Meinung nach nicht ändern werden und die gleich geblieben sind”, sagte Kritenbrink.
Wie wichtig dieser Ansatz ist, lässt sich am Beispiel von Vietnam festmachen. Vize-Außenminister Kurt Campbell bezeichnet Vietnam passenderweise als indopazifischen “Swing State” – analog zu den Swing States bei der anstehenden US-Präsidentenwahl. So wie diese Staaten im November den entscheidend sein werden, wird die Unterstützung Vietnams eine wichtige Rolle im Wettbewerb zwischen den USA und China spielen. Auch in Deutschland hat man die Wichtigkeit Vietnams erkannt.
Und so ist es wenig überraschend, dass zur gleichen Zeit auch Wang Huning in Vietnam sein wird. Er ist das vierthöchste Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas. Offizieller Anlass für den Besuch ist übrigens die Beerdigung von Nguyen Phu Trong, dem Generalsekretär der regierenden Kommunistischen Partei Vietnams.
Passend zum großen Ziel der Reise ist das Programm der kommenden Tage sehr umfassend:
Mira Rapp-Hooper, leitende Direktorin des Nationalen Sicherheitsrats für Ostasien und Ozeanien, brachte es diese Woche auf den Punkt: Es gehe um die Schaffung einer neuen regionalen Architektur, um den Indopazifik gegen alle Arten von Herausforderungen zu wappnen. Diese reichen vom Klimawandel bis hin zu Nordkorea. Aus Sicht der Regierung in Washington ist die größte Herausforderung allerdings: China.
Europas Teilchenphysiker stehen vor einem Dilemma. Sie wollen am Kernforschungszentrum Cern einen Riesenbeschleuniger bauen, der ab Mitte der 2040er-Jahre laufen könnte. Doch die Maschine namens FCC (Future Circular Collider) wird mindestens 15 Milliarden Euro kosten. Die Finanzierung ist bisher nicht gesichert, wiederholt kündigte daher das BMBF an, kein Geld dazuzugeben. Zudem verdichten sich die Hinweise, dass China schon bald ein ähnliches Gerät errichten will und dem FCC zuvorkommt. Bereits Mitte der 2030er-Jahre könnte der Circular Electron Positron Collider (CEPC) einsatzbereit sein und vor allem: offen für europäische Forscher, zumindest nach jetzigem Stand. Sollen sie die Chance ergreifen und das Geld für den FCC sparen?
Derzeit läuft am Cern der Beschleuniger LHC (Large Hadron Collider), mit dem 2012 erstmals das lang gesuchte Higgs-Teilchen nachgewiesen wurde. Mit jeder Messung lernen die Forscher mehr über dessen Eigenschaften und verfeinern so ihre Theorien von den Kräften, die das Universum am Laufen halten. Perspektivisch wollen sie eine leistungsstärkere Maschine. Sie liefert mehr Daten und womöglich Hinweise auf “neue Physik”, die Lücken im Theoriegebäude schließt.
Stärker heißt größer. Statt 28 Kilometer, die der ringförmige LHC im Umfang misst, benötigt der ebenfalls ringförmige FCC 91 Kilometer. Die technische Machbarkeit wird seit 2021 untersucht, ebenso die geologische, denn auch der FCC würde in unterirdischen Röhren aufgebaut. Die Kostenschätzung ist bisher nur grob, beläuft sich auf 15,5 Milliarden Euro. Aus dem laufenden Cern-Budget ist das nicht zu leisten, denn der Forschungsbetrieb des LHC geht weiter, ab 2029 in einer höheren Leistungsstufe, die schon jetzt vorbereitet wird.
Für den FCC braucht es zusätzliche Geldquellen. Diskutiert wird, die Schweiz und Frankreich mehr zu beteiligen, weil diese Länder stärker vom Bau profitieren – durch Aufträge an regionale Firmen. Eine weitere Option wäre, Staaten ohne Cern-Mitgliedschaft an den Kosten zu beteiligen, wenn sie mit dem FCC forschen. Im Blick sind hier vor allem die USA und Japan.
“Wie die Finanzierung solide gelingt, muss jetzt das Cern-Management klären”, sagt Lutz Feld von der RWTH Aachen und Vorsitzender des Komitees für Elementarteilchenphysik, das die deutsche Fachcommunity vertritt. Die Zurückhaltung des BMBF ist dort schon länger bekannt und aus seiner Sicht verständlich: “Als Steuerzahler erwarte ich, dass nur in Projekte investiert wird, deren Finanzierung geklärt ist.” Feld ergänzt, das Cern habe mehrfach gezeigt, dass es “solche Riesenprojekte kann”. Beim Bau der bisherigen Beschleuniger wurden “Zeit- und Kostenpläne weitaus besser eingehalten als bei der Elbphilharmonie oder Stuttgart 21“.
China forciert seit Jahren seinen Aufstieg in der Wissenschaft. Dazu gehören auch Ideen für einen großen Beschleuniger, der ebenfalls als “Higgs-Maschine” konzipiert wird. Nun scheint es ernst zu werden. Der 100 Kilometer lange CEPC könnte 2025 in den nächsten Fünf-Jahres-Plan aufgenommen werden, berichtet “Nature”. Stimmt die Regierung zu, könnte ab 2027 gebaut werden, um 2035 die Forschung beginnen.
Solche Forschungsanlagen sind Hightechgeräte, an der Grenze des Machbaren und auch deshalb attraktiv: Denn “nebenbei” bringen sie wichtige Innovationen hervor, zum Beispiel Supraleiter-Technologie, die Strom nahezu verlustfrei leitet. Zweifel, ob China so eine Top-Maschine bauen kann, schwinden. “Ich traue ihnen das zu”, sagt etwa Karl Jakobs von der Universität Freiburg, der zum International Advisory Committee des CEPC gehört und das Konzept gut kennt.
Die Entwicklung in China sowie die Resultate der Machbarkeitsstudie für den FCC erfordern ein Update der europäischen Strategie für Teilchenphysik. Dort hatten 2020 einschlägige Fachleute empfohlen, als Nachfolger für den LHC eine “Higgs-Maschine” zu bauen. Anhand der neuen Informationen werden nun die Experten erneut beraten. “Das wird sehr spannend”, sagt Jakobs, der das Gremium leitet. Es könnte sein, dass man am FCC festhält. “Es könnte aber auch sein, dass – sofern China den CEPC baut – man dem Cern rät, seinen Fokus zu verschieben.” Dazu existieren verschiedene Konzepte für alternative Geräte, darunter ein Linearbeschleuniger namens CLIC. In zwei Jahren soll das Votum vorliegen.
Lutz Feld warnt davor, allein auf den chinesischen Beschleuniger zu setzen. “Was tun wir, wenn die chinesische Regierung plötzlich festlegt, es werden keine Daten mehr herausgegeben?”, fragt er. “Oder wenn China Taiwan überfällt und im Zuge der politischen Folgen keiner von uns mehr an die Detektoren kommt?” Als Wissenschaftler müsse er die Messungen des CEPC überprüfen können, um ihnen zu vertrauen.
Die China-Skepsis ist in der europäischen Community verbreitet. Es finde sich kaum ein Wissenschaftler, der in das Land umziehe, um dort seine Karriere aufzubauen, sagt ein Physiker. Man müsse sehr vorsichtig sein, das werde ihnen an der Universität nahezu täglich gesagt, äußert ein anderer. Die internationale und offene Kooperation, wie sie am Cern kultiviert wird, kann sich in China kaum einer vorstellen.
Doch müssen sich die Forscher fragen lassen, ob dies als Argument genügt, auf den FCC zu dringen. Schließlich hängt ein atemberaubendes Preisschild dran, das wohl noch nach oben korrigiert werden wird. Mit dem Geld könnten Teilchenphysiker, aber auch andere Grundlagenforscher, viel anstellen.
Allerdings schwingt bei der Entscheidung auch mit: Europa hat am Cern eine Führungsrolle, wissenschaftlich sowie bei der Technologieentwicklung. “Es wäre klug, diese zu behalten”, sagt Hans Peter Beck, Teilchenphysiker an der Universität Bern und am Cern. Zumal er geopolitisch die Gefahr einer neuen Eiszeit sieht – bezogen auf Russland und China, selbst in den USA sei die Einreise von Forschern aus bestimmten Ländern erschwert. “Wir Physiker können nur Vorschläge unterbreiten, die Entscheidung, was getan wird, müssen Politik und Gesellschaft treffen.”
01.08.2024, 16:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Webcast: Nuclear Threats and the Role of Allies: A Conversation with Acting Assistant Secretary Vipin Narang Mehr
01.08.2024, 17:00 Uhr (23:00 Uhr Beijing time)
China.Table Toolbox / CNBW Berlin Nähkästle, Gespräch (Hybrid): Michael Kahn-Ackermann: Veränderungen in der chinesischen Gesellschaft nach Corona Mehr
02.08.2024, 17:00 Uhr
Waldhof Akademie Freiburg, Vortrag (inkl. Abendessen): Prof. Harro von Senger: China und die Kunst der List Mehr
02.08.2024, 08:30 Uhr Beijing time
German Chamber of Commerce – East China, Networking (in Shanghai): Executive Women in German Companies in China – WE.C.U. with Miriam Wickertsheim Mehr
Russland und China haben mit gemeinsamen Flügen strategischer Langstreckenbomber neue Präsenz im Nordpazifik und in der Arktis in der Nähe der Grenze zu den USA gezeigt. Russische Bomber vom Typ Tu-95MS und chinesische Bomber vom Typ Xian H-6 hätten an Patrouillenflügen über der Tschuktschensee, der Beringsee und dem Nordpazifik teilgenommen, teilte das russische Verteidigungsministerium am Donnerstag mit. Während des fünfstündigen Fluges hätten die Besatzungen in allen Phasen zusammengearbeitet. Die gemeinsame Patrouille habe das gegenseitige Vertrauen und die Koordination zwischen beiden Seiten vertieft, sagte ein Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums. Sie habe “nichts mit der aktuellen internationalen Lage zu tun”.
Nach Angaben Russlands wurde kein ausländischer Luftraum verletzt. Der Flug in der Nähe des US-Bundesstaates Alaska veranlasste die USA und Kanada dennoch dazu, Kampfjets zu starten. Das gemeinsame Nordamerikanische Luftverteidigungskommando (Norad) der USA und Kanadas teilte mit, dass Kampfjets die russischen und chinesischen Flugzeuge in der Luftraumüberwachungszone (Adiz) von Alaska abgefangen hätten, in der sich Flugzeuge identifizieren müssen. Die russischen und chinesischen Maschinen seien im internationalen Luftraum geblieben und der Vorgang werde nicht als Bedrohung gewertet. Jedoch werde man weiter die Aktivitäten in der Nähe von Nordamerika überwachen und “Präsenz mit Präsenz begegnen”.
Russland und China haben in den vergangenen Jahren ihre militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit verstärkt. Nur wenige Tage vor dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 hatten beide Länder eine weitere Stärkung ihrer Partnerschaft angekündigt und diese als grenzenlos bezeichnet. Erst kürzlich hielten China und Russland ein gemeinsames Marinemanöver im Südchinesischen Meer ab. rtr
Nach jahrelangen Spekulationen über einen Verkauf trennt sich Merck von seinem Pigmentgeschäft. Es geht für 665 Millionen Euro an den chinesischen Hersteller Global New Material International (GNMI), wie der Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern am Donnerstag mitteilte. Den Beschäftigten in Deutschland habe GNMI umfangreiche Arbeitsplatzgarantien und eine Garantie für den Standort Gernsheim bis 2032 zugesichert. Den Erlös aus dem Verkauf will der Konzern in seine Kerngeschäfte investieren.
Gerüchte über eine Veräußerung des Pigmentgeschäfts, das unter dem Namen Surface Solutions geführt wird, machen bereits seit mehreren Jahren immer wieder die Runde. Frühere Versuche, das Geschäft zu verkaufen, scheiterten aber während der Pandemie. GNMI war zuletzt schon als Interessent gehandelt worden. Damals hieß es in einem Agenturbericht, dass das Pigmentgeschäft bei einem Deal mit fast einer Milliarde Euro bewertet werden könnte.
In seinem Pigmentgeschäft, das Produkte für Beschichtungen, Kosmetika und industrielle Anwendungen anbietet, erzielte Merck im vergangenen Jahr einen Umsatz von 411 Millionen Euro. Insgesamt lag der Konzernumsatz bei knapp 21 Milliarden Euro. Die rund 1.200 Beschäftigten des Geschäfts, davon etwa 700 in Deutschland, sollen im Rahmen der Transaktion zu GNMI übergehen. Der chinesische Konzern mit der Marke Chesir zählt zu den größten Herstellern von Perlglanzpigmenten. Der Abschluss des Deals wird im Laufe des kommenden Jahres erwartet. rtr
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wird vom Freitag, dem 26. Juli, bis zum 31. Juli zum ersten Mal seit ihrem Amtsantritt nach China reisen, um den Handel mit der Volksrepublik anzukurbeln. Meloni wird voraussichtlich den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Premier Li Qiang treffen.
Der italienische Reifenhersteller Pirelli, der Energiekonzern ENI, der Rüstungskonzern Leonardo, Weinproduzenten und mehrere italienische Luxusmodekonzerne, darunter Dolce & Gabbana, zählen zu den Unternehmen, die zu einem italienisch-chinesischen Wirtschaftsforum eingeladen sind, das am Sonntag und Montag während Melonis Besuch in Peking stattfindet.
Im Jahr 2019 trat Italien als einziges Land der G7-Staaten Chinas Handels- und Infrastrukturprojekt Neue Seidenstraße bei, zog sich aber im vergangenen Jahr aus dem Projekt zurück. Es wird erwartet, dass während Melonis Reise bilaterale Handels- und Industrieabkommen unterzeichnet werden. rtr
China hat einen Aktionsplan zur Energieeinsparung und CO₂-Reduktion im Aluminium-Sektor vorgelegt. Der Sektor ist für gut 550 Millionen Tonnen CO₂ verantwortlich (2022). Zum Vergleich: Deutschland verursachte 2023 insgesamt 674 Millionen Tonnen CO₂.
Der Plan beinhaltet folgende Punkte für den Aluminium-Sektor bis 2025:
Seit mehr als einer Dekade bestimmt Alleinentscheider Xi Jinping die Geschicke der Volksrepublik. Sein auch ins Deutsche übersetzte, bisher vierbändige Hauptwerk heißt einfach nur “China regieren”. Während die Herrschaft seiner großen Vorgänger Mao Zedong und Deng Xiaoping heute als “Zeit der Revolution” oder “Zeit der Reformen” verbrämt wird, beansprucht Xi für seine China-Politik einen bescheideneren, aber übergeordneten Begriff. Er lässt sie “neue Ära” 新时代 nennen, ein Synonym für den gesamten Zeitraum.
Doch im Internet haben Blogger eine spöttische und anfangs unbeachtete, andere Benennung für die Ära Xi erfunden. Versteckt in einer historischen Debatte über den Aufstieg und Fall neuer Imperien wie der Sowjetunion und der Erörterungen der Zeitpunkte, ab wann Chinas Dynastien untergingen, tauchte vergangenen September erstmals der Ausdruck “Müllzeiten der Geschichte” auf 历史的垃圾时间. Zusammen mit der noch ulkigeren Empfehlung: Weil sich dagegen nun mal nichts tun lasse, sollte man sich durch Flachliegen oder durch Urlaub entziehen.
Pekings Zensur schaute der vermeintlich akademischen Debatte unbewegt zu, bevor sie jetzt aufschreckte. Denn die Online-Diskussionen über historische Müllzeiten bezogen sich auch auf heutige wirtschaftliche Einbrüche in China, auf Immobilien-, Verschuldungs- und Dutzende andere Krisen, und auf die Gründe für Frust und Depression einer verunsicherten Jugend und Gesellschaft. Ohne, dass ein Name fällt, blitzt zwischen den Zeilen indirekt Kritik an den heutigen Xi Jinping-Zeiten auf.
Mitte Juli, unmittelbar bevor Chinas Zentralkomitee zu seinem als historisch gepriesenen Dritten Reformplenum zusammentrat und Pekings Propaganda über die davon im Volk ausgelöste Begeisterung schwärmte, hielten Blogger mit Debatten über historische Müllzeiten und mit Witzen und Karikaturen dagegen. Chatforen erstellten “Ranglisten des Leidens 2024” 悲惨程度排行榜 und vergaben Negativ-Sternchen für alles, was Chinas Jugend derzeit deprimiert, von fehlenden Jobs, zu wenig Geld, von Hauskrediten und Schulden, bis hin zur teuren Kindererziehung. Die Zensur funkt nun dazwischen und blockiert die Listen.
Das virtuelle Gemotze legt Peking die Nerven blank. Ende vergangener Woche gab das kommunistische Kampfblatt der Partei, Global Times, dem Ausland die Schuld am “verleumderischen Wort von der historischen Zeit des Mülls”, in der Chinas Wirtschaft stecken würde. Westliche Medien schürten Pessimismus, während doch das “Dritte Plenum Chinas Vertrauen steigert und der Welt Zuversicht bringt”.
Doch der Online-Unmut hat hausgemachte Gründe. Mitte Juli wunderte sich als einer der ersten ausländischen Journalisten der FAZ-Korrespondent Gustav Theile:. “Glaubt man manchen Kommentaren in den sozialen Medien hier, ist das moderne China in historischen Müllzeiten gelandet”, Theile fiel auch auf, wie virtuell achselzuckend Chinesen auf die immer schlechtere Stimmungslage in der Wirtschaft reagierten: “In China ist Müllzeit, und es gibt nichts, was du tun kannst.”
Auch der britische Guardian widmete diese Woche seine Schlagzeile der “Garbage Time of History”. Er erinnerte an die drei Jahre zurückliegenden Sozialproteste junger Chinesen und an ihre Schlagwörter wie “Flach Liegen” und “Involution”. Damals gärte innerhalb der Jugend eine tief sitzende Unzufriedenheit. Doch das waren nur die Vorläufer für den jetzigen Diskurs.
Die Nachrichtenagentur Reuters nannte die “historischen Müllzeiten” ein “fatalistisches Schlagwort”. Es sei eine “neue Online-Abkürzung für einen weitverbreiteten Pessimismus. Viele Chinesen glaubten nicht mehr daran, dass sich die für sie missliche wirtschaftliche Lage zum Besseren wenden könne.” Reuters titelte britisch unterkühlt, als berichte sie über die neue Tea Time in China: “Garbage Time: China’s slump spins out new meme of economic despair”.
Im neuen sozialpolitischen Modebegriff steckte anfänglich ein Lehnwort. Ein Terminus aus US-Sportberichten über NBA-Basketballspiele stand Pate. “Garbage Time” sagt man, wenn eine siegreiche Mannschaft uneinholbar führt und der Trainer im letzten Quartal seine Stars zurück auf die Bank holt, um sie ausruhen zu lassen. Die verbleibende Spielzeit lässt er von zweitrangigen Ersatzspielern bestreiten. Das Spiel gilt bis zum Ende als Garbage-Zeit. Pekinger Medien nutzen das Lehnwort früher ebenfalls für Fußball-Spiele.
Der Kantoner Essayist Hu Wenhui 胡文辉 erfand es neu. Er funktionierte es vergangenen September um und benannte damit eine neue Theorie. In seinem Aufsatz “Müllzeiten der Geschichte – Lange Ferien für die Kultur” 历史的垃圾时间,文化的悠长假期 interpretiert Hu Aufstieg und Fall großer Mächte und Dynastien und fand heraus, dass ihnen meist “historischen Müllzeiten” vorausgehen.
Hus Aufsatz schlug Wellen. Heute, neun Monate später, nahm soeben selbst Wikipedia “Garbage Time” nach Art Chinas in seinen Katalog neuer Wörter auf: “Seit 2023 hat der Begriff ‘Historische Müllzeit’ im chinesischen Internet eine neue Bedeutung erhalten. Er bezieht sich auf einen Zeitraum, in dem die gesellschaftliche Entwicklung natürlichen Regeln zuwiderläuft und der Einzelne sich machtlos fühlt, etwas daran zu ändern und die gesamte Ära vor dem Scheitern steht.”
Hu entwickelte seine Theorie, als er sich mit der Ära des sowjetischen Regenten Leonid Breschnew (1964-1982) befasste. Mit der Invasion in Afghanistan und der allmählichen Auflösung des Ostblocks wurde der Zeitraum 1979 bis 1991 zur “historische Müllzeit” der UdSSR – bis zu ihrem Kollaps. Gorbatschows Machtantritt hätte das Ende nur beschleunigt.
Danach wandte sich Hu der Erforschung von Chinas Dynastien zu. Für die Zhou-Dynastie begann ihre Müllzeit nach dem Fall der Westlichen Zhou 770 v. Chr., für die Tang-Dynastie im achten Jahrhundert und für die Ming-Dynastie 1587, nachdem ihre Wirtschaft durch innere Wirren und innere Fehler zerstört worden war. Die 300 Jahre anschließende Qing-Dynastie kam aus ihren Müllzeiten gar nicht mehr hinaus. Hu rät allen, die in eine historische Müllzeit geraten, der Weisheit des Konfuzius zu folgen: “Gibt es keinen Weg mehr”, sagte einst der Weise, sollte man sich verweigern, zurückziehen, oder einfach “flachlegen” 无下有道则见,无道则隐.孔。无论是”隐”是”躺平”还是”退出”,都可视为对垃圾时间的一种拒绝. Stattdessen sollte man eine lange Ferienzeit für die Kultur nehmen.
Im Antwortessay schrieb im Dezember 2023 der Blogger mit dem Pseudonym “Direktor Qing He” 清和社长 über Chinas Dynastien, aber auch über Fragen der modernen Wirtschaftspolitik und Entwicklung. Er warnte zu glauben, dass sich die Kultur dem Einfluss der Müllzeiten entziehen könnte: Lassen sie sich wirklich als lange Ferien für die Kultur nutzen, oder sind sie ein Albtraum für die Kultur? “Die Ersten, die in solchen Zeiten fallen, sind Persönlichkeiten der Kultur und Denker. Kritik verschwindet. Lobhudelei bestimmt, Stillschweigen gilt als Subordination. Am Ende bleibt nur noch eine Stimme übrig.”
Auch ohne konkrete Namen zu nennen, ist die akademische Debatte voller gegenwartsbezogener Anspielungen und aktueller Gesellschafts- und Wirtschaftskritik. Die internationale Kolumnistin Jennifer Zeng erkannte in ihrem Blog “Unbequeme Wahrheiten” schon im Juni, dass diese Debatte in politisch kritisches Fahrwasser abdriftet.
Pekings reagierte prompt im Juli und mit konzertierter Aktion. Die Parteizeitung Beijing Daily attackierte über ihr Webportal 北京日报客户端 das “pseudo-akademische Konzept der ‘historischen Müllzeiten'”. Damit würde nur bezweckt, Chinas Entwicklung schlecht zu reden und die Menschen mutlos zu machen. Zugleich griff der Marxist und Finanzdekan an der Volksuniversität, Wang Wen 王文, die neue Theorie als “betrügerisches akademisches Konzept” an.
Zum Wortführer der nationalistischen Kritiker wurde ein Xinhua-Journalist, der auf einer weitverbreiteten Sozialmedien-Plattform 明叔杂谈 die Online-Debatten als “absurde Fantasien unwissender Literaten” 无知 文青 verhöhnt. Sie gehörten einer Gruppe an, die von bürgerlich liberalen Ideologien tief beeinflusst sei, sie “idolisieren universale Werte” und “fantasieren, diese und die politischen Systeme dahinter nach China transplantieren zu wollen”, Peking müsse aufpassen, dass da keine “Miniatur-Solschenizyns” heranwachsen.
Die Propaganda bejubelt die gerade bekannt gegebenen neuen Parteibeschlüsse, mit denen Chinas Wirtschaft und Gesellschaft in “umfassendster Weise reformiert und geöffnet worden sind”. Sie hätten enorme Initiative und Begeisterung unter den Massen geweckt. Für alle, die sich aber weiter “flachlegen” und über historische Müllzeiten diskutieren wollen, hält Peking als Antwort parat: Das Imperium schlägt zurück.
Fang Hong ist zur Botschafterin der Volksrepublik China in der Demokratischen Volksrepublik Laos ernannt worden und hat damit Jiang Zaidong abgelöst.
Sebastian K. Kierysch ist seit Mai Managing Director Operations / COO China bei Montaplast. Das Unternehmen aus Morsbach produziert Kunststoffpräzisionsteile für die Automobilindustrie. Zuvor war Kieryschs für OPmobility als Manager in Shanghai im Einsatz. Nun arbeitet er von Suzhou aus.
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Sie blühen spät, aber umso goldener: Während die Rapsblüten in vielen Landesteilen den Frühling aufhellen, sind die optisch attraktiven Öllieferanten im Qilian-Gebirge mit der Blüte spät dran. Jedes Jahr im Juli erstreckt sich das gelbe Meer dann aber über Dutzende von Kilometern. Einige der Standorte liegen bis zu 3.000 Meter über dem Meeresspiegel. Hier bewundern Touristen die leuchtende Pracht im Kreis Minle in der Provinz Gansu.
während Normalsterbliche derzeit in den Urlaub starten, dient die jüngste Auslandsreise von US-Außenminister Antony Blinken allem anderen als der Erholung. Auf seiner Asien-Tour besucht er sechs Länder in zehn Tagen. Fast noch interessanter als seine Ziele – Laos, Vietnam, Japan, die Philippinen, Singapur und die Mongolei – ist, wo er nicht hinfliegt. Blinken spart sich China. Und das in einer Woche, in der China möglicherweise eine Einigung zwischen den erbitterten Feinden Hamas und Fatah ermöglicht hat und den ukrainischen Außenminister zu Friedensgesprächen empfängt – also seine Rolle als Friedensmacht und Gegenpart zu den USA mit immer größerer Überzeugungskraft spielt.
Blinkens Reise, schreibt Michael Radunski, zeigt auch, dass die US-Demokraten ihre Politik in der Region Seite an Seite mit ihren Partnern verfolgen – und damit im größtmöglichen Gegensatz zu den Republikanern unter Donald Trump stehen: “America first” heiße eben immer auch “Verbündete last”. Was genau die US-Delegation in welchem Land vorhat, lesen Sie in unserer Analyse.
Ein weiterer Konflikt zeichnet sich in der Forschung ab. Ein neuer Riesen-Beschleuniger des Kernforschungszentrums Cern, der ab Mitte der 2040er-Jahre laufen könnte und mindestens 15 Milliarden Euro kosten wird, bekommt jetzt schon Konkurrenz. Es wird immer wahrscheinlicher, dass China bald ein ähnliches Gerät errichten will – und “bald” heißt: vielleicht schon in den 2030er-Jahren. Was das für die Strategie der europäischen Wissenschaft bedeutet und welche Risiken die Forscher kommen sehen, hat Ralf Nestler analysiert.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
US-Außenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin reisen diese Woche nach Asien. Es wird Blinkens längste Asien-Reise, das Programm ist straff: sechs Länder in zehn Tagen. Laos, Vietnam, Japan, die Philippinen, Singapur und die Mongolei.
Doch die Reiseroute ist nicht nur anspruchsvoll. Sie spiegelt vor allem die China-Politik der Demokraten wider: Zusammen mit Verbündeten und Partnern will man dem großen Rivalen China entgegentreten. Es ist zugleich der fundamentale Unterschied zum Ansatz der Republikaner unter Donald Trump. Der spekuliert darauf, im direkten Gespräch einen Deal auszuhandeln – und Verbündete bleiben dann mitunter auch mal auf der Strecke.
“Wir bauen ein Geflecht aus formellen und informellen Beziehungen auf, das unsere gemeinsamen Interessen in der gesamten Region fördert”, sagt Daniel Kritenbrink, stellvertretender Staatssekretär für Ostasien und den Pazifik im State Department. Die Botschaft ist eindeutig: Die USA gehen “all-in im Indopazifik” – und das Seite an Seite mit ihren Partnern.
Zahlreiche Regierungen in Asien haben sich zuletzt besorgt über einen möglichen Wahlsieg von Donald Trump und die Konsequenzen hinsichtlich der amerikanischen Asien-Politik geäußert. Trump stellt offen den Nutzen von US-Allianzen auf der ganzen Welt infrage. So hatte er in seiner ersten Amtszeit als Präsident denn auch vorgeschlagen, die amerikanische Militärpräsenz in Japan und Südkorea zu reduzieren oder ganz aufzulösen.
Als er vergangene Woche gefragt wurde, ob er Taiwan bei einem chinesischen Angriff unterstützen würde, erwiderte Trump: “Ich denke, Taiwan sollte uns für den Schutz bezahlen. Wissen Sie, wir sind nicht anders als ein Versicherungsunternehmen. Taiwan gibt uns nichts.” Im Gegensatz dazu lobte Trump zu Wochenbeginn den chinesischen Partei- und Staatschef Xi Jinping als “brillanten Mann”.
Es ist Trumps Politik des “America First” und vor allem das implizite “Verbündete last”, das China im Umgang mit den Staaten im Indopazifik enorm stärkt. Keine Regierung wird es wagen, sich dem robusten Auftreten Chinas entgegenzustellen, wenn in wenigen Monaten der wichtigste Verbündete einen eigenen Deal mit Peking aushandelt.
Entsprechend wollen Blinken und Austin mit ihren Reisen einen Gegenpunkt setzen. “Wir versuchen, Verbündeten und Partnern zu versichern, dass es bestimmte Grundprinzipien des amerikanischen Engagements gibt, die sich meiner Meinung nach nicht ändern werden und die gleich geblieben sind”, sagte Kritenbrink.
Wie wichtig dieser Ansatz ist, lässt sich am Beispiel von Vietnam festmachen. Vize-Außenminister Kurt Campbell bezeichnet Vietnam passenderweise als indopazifischen “Swing State” – analog zu den Swing States bei der anstehenden US-Präsidentenwahl. So wie diese Staaten im November den entscheidend sein werden, wird die Unterstützung Vietnams eine wichtige Rolle im Wettbewerb zwischen den USA und China spielen. Auch in Deutschland hat man die Wichtigkeit Vietnams erkannt.
Und so ist es wenig überraschend, dass zur gleichen Zeit auch Wang Huning in Vietnam sein wird. Er ist das vierthöchste Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas. Offizieller Anlass für den Besuch ist übrigens die Beerdigung von Nguyen Phu Trong, dem Generalsekretär der regierenden Kommunistischen Partei Vietnams.
Passend zum großen Ziel der Reise ist das Programm der kommenden Tage sehr umfassend:
Mira Rapp-Hooper, leitende Direktorin des Nationalen Sicherheitsrats für Ostasien und Ozeanien, brachte es diese Woche auf den Punkt: Es gehe um die Schaffung einer neuen regionalen Architektur, um den Indopazifik gegen alle Arten von Herausforderungen zu wappnen. Diese reichen vom Klimawandel bis hin zu Nordkorea. Aus Sicht der Regierung in Washington ist die größte Herausforderung allerdings: China.
Europas Teilchenphysiker stehen vor einem Dilemma. Sie wollen am Kernforschungszentrum Cern einen Riesenbeschleuniger bauen, der ab Mitte der 2040er-Jahre laufen könnte. Doch die Maschine namens FCC (Future Circular Collider) wird mindestens 15 Milliarden Euro kosten. Die Finanzierung ist bisher nicht gesichert, wiederholt kündigte daher das BMBF an, kein Geld dazuzugeben. Zudem verdichten sich die Hinweise, dass China schon bald ein ähnliches Gerät errichten will und dem FCC zuvorkommt. Bereits Mitte der 2030er-Jahre könnte der Circular Electron Positron Collider (CEPC) einsatzbereit sein und vor allem: offen für europäische Forscher, zumindest nach jetzigem Stand. Sollen sie die Chance ergreifen und das Geld für den FCC sparen?
Derzeit läuft am Cern der Beschleuniger LHC (Large Hadron Collider), mit dem 2012 erstmals das lang gesuchte Higgs-Teilchen nachgewiesen wurde. Mit jeder Messung lernen die Forscher mehr über dessen Eigenschaften und verfeinern so ihre Theorien von den Kräften, die das Universum am Laufen halten. Perspektivisch wollen sie eine leistungsstärkere Maschine. Sie liefert mehr Daten und womöglich Hinweise auf “neue Physik”, die Lücken im Theoriegebäude schließt.
Stärker heißt größer. Statt 28 Kilometer, die der ringförmige LHC im Umfang misst, benötigt der ebenfalls ringförmige FCC 91 Kilometer. Die technische Machbarkeit wird seit 2021 untersucht, ebenso die geologische, denn auch der FCC würde in unterirdischen Röhren aufgebaut. Die Kostenschätzung ist bisher nur grob, beläuft sich auf 15,5 Milliarden Euro. Aus dem laufenden Cern-Budget ist das nicht zu leisten, denn der Forschungsbetrieb des LHC geht weiter, ab 2029 in einer höheren Leistungsstufe, die schon jetzt vorbereitet wird.
Für den FCC braucht es zusätzliche Geldquellen. Diskutiert wird, die Schweiz und Frankreich mehr zu beteiligen, weil diese Länder stärker vom Bau profitieren – durch Aufträge an regionale Firmen. Eine weitere Option wäre, Staaten ohne Cern-Mitgliedschaft an den Kosten zu beteiligen, wenn sie mit dem FCC forschen. Im Blick sind hier vor allem die USA und Japan.
“Wie die Finanzierung solide gelingt, muss jetzt das Cern-Management klären”, sagt Lutz Feld von der RWTH Aachen und Vorsitzender des Komitees für Elementarteilchenphysik, das die deutsche Fachcommunity vertritt. Die Zurückhaltung des BMBF ist dort schon länger bekannt und aus seiner Sicht verständlich: “Als Steuerzahler erwarte ich, dass nur in Projekte investiert wird, deren Finanzierung geklärt ist.” Feld ergänzt, das Cern habe mehrfach gezeigt, dass es “solche Riesenprojekte kann”. Beim Bau der bisherigen Beschleuniger wurden “Zeit- und Kostenpläne weitaus besser eingehalten als bei der Elbphilharmonie oder Stuttgart 21“.
China forciert seit Jahren seinen Aufstieg in der Wissenschaft. Dazu gehören auch Ideen für einen großen Beschleuniger, der ebenfalls als “Higgs-Maschine” konzipiert wird. Nun scheint es ernst zu werden. Der 100 Kilometer lange CEPC könnte 2025 in den nächsten Fünf-Jahres-Plan aufgenommen werden, berichtet “Nature”. Stimmt die Regierung zu, könnte ab 2027 gebaut werden, um 2035 die Forschung beginnen.
Solche Forschungsanlagen sind Hightechgeräte, an der Grenze des Machbaren und auch deshalb attraktiv: Denn “nebenbei” bringen sie wichtige Innovationen hervor, zum Beispiel Supraleiter-Technologie, die Strom nahezu verlustfrei leitet. Zweifel, ob China so eine Top-Maschine bauen kann, schwinden. “Ich traue ihnen das zu”, sagt etwa Karl Jakobs von der Universität Freiburg, der zum International Advisory Committee des CEPC gehört und das Konzept gut kennt.
Die Entwicklung in China sowie die Resultate der Machbarkeitsstudie für den FCC erfordern ein Update der europäischen Strategie für Teilchenphysik. Dort hatten 2020 einschlägige Fachleute empfohlen, als Nachfolger für den LHC eine “Higgs-Maschine” zu bauen. Anhand der neuen Informationen werden nun die Experten erneut beraten. “Das wird sehr spannend”, sagt Jakobs, der das Gremium leitet. Es könnte sein, dass man am FCC festhält. “Es könnte aber auch sein, dass – sofern China den CEPC baut – man dem Cern rät, seinen Fokus zu verschieben.” Dazu existieren verschiedene Konzepte für alternative Geräte, darunter ein Linearbeschleuniger namens CLIC. In zwei Jahren soll das Votum vorliegen.
Lutz Feld warnt davor, allein auf den chinesischen Beschleuniger zu setzen. “Was tun wir, wenn die chinesische Regierung plötzlich festlegt, es werden keine Daten mehr herausgegeben?”, fragt er. “Oder wenn China Taiwan überfällt und im Zuge der politischen Folgen keiner von uns mehr an die Detektoren kommt?” Als Wissenschaftler müsse er die Messungen des CEPC überprüfen können, um ihnen zu vertrauen.
Die China-Skepsis ist in der europäischen Community verbreitet. Es finde sich kaum ein Wissenschaftler, der in das Land umziehe, um dort seine Karriere aufzubauen, sagt ein Physiker. Man müsse sehr vorsichtig sein, das werde ihnen an der Universität nahezu täglich gesagt, äußert ein anderer. Die internationale und offene Kooperation, wie sie am Cern kultiviert wird, kann sich in China kaum einer vorstellen.
Doch müssen sich die Forscher fragen lassen, ob dies als Argument genügt, auf den FCC zu dringen. Schließlich hängt ein atemberaubendes Preisschild dran, das wohl noch nach oben korrigiert werden wird. Mit dem Geld könnten Teilchenphysiker, aber auch andere Grundlagenforscher, viel anstellen.
Allerdings schwingt bei der Entscheidung auch mit: Europa hat am Cern eine Führungsrolle, wissenschaftlich sowie bei der Technologieentwicklung. “Es wäre klug, diese zu behalten”, sagt Hans Peter Beck, Teilchenphysiker an der Universität Bern und am Cern. Zumal er geopolitisch die Gefahr einer neuen Eiszeit sieht – bezogen auf Russland und China, selbst in den USA sei die Einreise von Forschern aus bestimmten Ländern erschwert. “Wir Physiker können nur Vorschläge unterbreiten, die Entscheidung, was getan wird, müssen Politik und Gesellschaft treffen.”
01.08.2024, 16:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Webcast: Nuclear Threats and the Role of Allies: A Conversation with Acting Assistant Secretary Vipin Narang Mehr
01.08.2024, 17:00 Uhr (23:00 Uhr Beijing time)
China.Table Toolbox / CNBW Berlin Nähkästle, Gespräch (Hybrid): Michael Kahn-Ackermann: Veränderungen in der chinesischen Gesellschaft nach Corona Mehr
02.08.2024, 17:00 Uhr
Waldhof Akademie Freiburg, Vortrag (inkl. Abendessen): Prof. Harro von Senger: China und die Kunst der List Mehr
02.08.2024, 08:30 Uhr Beijing time
German Chamber of Commerce – East China, Networking (in Shanghai): Executive Women in German Companies in China – WE.C.U. with Miriam Wickertsheim Mehr
Russland und China haben mit gemeinsamen Flügen strategischer Langstreckenbomber neue Präsenz im Nordpazifik und in der Arktis in der Nähe der Grenze zu den USA gezeigt. Russische Bomber vom Typ Tu-95MS und chinesische Bomber vom Typ Xian H-6 hätten an Patrouillenflügen über der Tschuktschensee, der Beringsee und dem Nordpazifik teilgenommen, teilte das russische Verteidigungsministerium am Donnerstag mit. Während des fünfstündigen Fluges hätten die Besatzungen in allen Phasen zusammengearbeitet. Die gemeinsame Patrouille habe das gegenseitige Vertrauen und die Koordination zwischen beiden Seiten vertieft, sagte ein Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums. Sie habe “nichts mit der aktuellen internationalen Lage zu tun”.
Nach Angaben Russlands wurde kein ausländischer Luftraum verletzt. Der Flug in der Nähe des US-Bundesstaates Alaska veranlasste die USA und Kanada dennoch dazu, Kampfjets zu starten. Das gemeinsame Nordamerikanische Luftverteidigungskommando (Norad) der USA und Kanadas teilte mit, dass Kampfjets die russischen und chinesischen Flugzeuge in der Luftraumüberwachungszone (Adiz) von Alaska abgefangen hätten, in der sich Flugzeuge identifizieren müssen. Die russischen und chinesischen Maschinen seien im internationalen Luftraum geblieben und der Vorgang werde nicht als Bedrohung gewertet. Jedoch werde man weiter die Aktivitäten in der Nähe von Nordamerika überwachen und “Präsenz mit Präsenz begegnen”.
Russland und China haben in den vergangenen Jahren ihre militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit verstärkt. Nur wenige Tage vor dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 hatten beide Länder eine weitere Stärkung ihrer Partnerschaft angekündigt und diese als grenzenlos bezeichnet. Erst kürzlich hielten China und Russland ein gemeinsames Marinemanöver im Südchinesischen Meer ab. rtr
Nach jahrelangen Spekulationen über einen Verkauf trennt sich Merck von seinem Pigmentgeschäft. Es geht für 665 Millionen Euro an den chinesischen Hersteller Global New Material International (GNMI), wie der Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern am Donnerstag mitteilte. Den Beschäftigten in Deutschland habe GNMI umfangreiche Arbeitsplatzgarantien und eine Garantie für den Standort Gernsheim bis 2032 zugesichert. Den Erlös aus dem Verkauf will der Konzern in seine Kerngeschäfte investieren.
Gerüchte über eine Veräußerung des Pigmentgeschäfts, das unter dem Namen Surface Solutions geführt wird, machen bereits seit mehreren Jahren immer wieder die Runde. Frühere Versuche, das Geschäft zu verkaufen, scheiterten aber während der Pandemie. GNMI war zuletzt schon als Interessent gehandelt worden. Damals hieß es in einem Agenturbericht, dass das Pigmentgeschäft bei einem Deal mit fast einer Milliarde Euro bewertet werden könnte.
In seinem Pigmentgeschäft, das Produkte für Beschichtungen, Kosmetika und industrielle Anwendungen anbietet, erzielte Merck im vergangenen Jahr einen Umsatz von 411 Millionen Euro. Insgesamt lag der Konzernumsatz bei knapp 21 Milliarden Euro. Die rund 1.200 Beschäftigten des Geschäfts, davon etwa 700 in Deutschland, sollen im Rahmen der Transaktion zu GNMI übergehen. Der chinesische Konzern mit der Marke Chesir zählt zu den größten Herstellern von Perlglanzpigmenten. Der Abschluss des Deals wird im Laufe des kommenden Jahres erwartet. rtr
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wird vom Freitag, dem 26. Juli, bis zum 31. Juli zum ersten Mal seit ihrem Amtsantritt nach China reisen, um den Handel mit der Volksrepublik anzukurbeln. Meloni wird voraussichtlich den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Premier Li Qiang treffen.
Der italienische Reifenhersteller Pirelli, der Energiekonzern ENI, der Rüstungskonzern Leonardo, Weinproduzenten und mehrere italienische Luxusmodekonzerne, darunter Dolce & Gabbana, zählen zu den Unternehmen, die zu einem italienisch-chinesischen Wirtschaftsforum eingeladen sind, das am Sonntag und Montag während Melonis Besuch in Peking stattfindet.
Im Jahr 2019 trat Italien als einziges Land der G7-Staaten Chinas Handels- und Infrastrukturprojekt Neue Seidenstraße bei, zog sich aber im vergangenen Jahr aus dem Projekt zurück. Es wird erwartet, dass während Melonis Reise bilaterale Handels- und Industrieabkommen unterzeichnet werden. rtr
China hat einen Aktionsplan zur Energieeinsparung und CO₂-Reduktion im Aluminium-Sektor vorgelegt. Der Sektor ist für gut 550 Millionen Tonnen CO₂ verantwortlich (2022). Zum Vergleich: Deutschland verursachte 2023 insgesamt 674 Millionen Tonnen CO₂.
Der Plan beinhaltet folgende Punkte für den Aluminium-Sektor bis 2025:
Seit mehr als einer Dekade bestimmt Alleinentscheider Xi Jinping die Geschicke der Volksrepublik. Sein auch ins Deutsche übersetzte, bisher vierbändige Hauptwerk heißt einfach nur “China regieren”. Während die Herrschaft seiner großen Vorgänger Mao Zedong und Deng Xiaoping heute als “Zeit der Revolution” oder “Zeit der Reformen” verbrämt wird, beansprucht Xi für seine China-Politik einen bescheideneren, aber übergeordneten Begriff. Er lässt sie “neue Ära” 新时代 nennen, ein Synonym für den gesamten Zeitraum.
Doch im Internet haben Blogger eine spöttische und anfangs unbeachtete, andere Benennung für die Ära Xi erfunden. Versteckt in einer historischen Debatte über den Aufstieg und Fall neuer Imperien wie der Sowjetunion und der Erörterungen der Zeitpunkte, ab wann Chinas Dynastien untergingen, tauchte vergangenen September erstmals der Ausdruck “Müllzeiten der Geschichte” auf 历史的垃圾时间. Zusammen mit der noch ulkigeren Empfehlung: Weil sich dagegen nun mal nichts tun lasse, sollte man sich durch Flachliegen oder durch Urlaub entziehen.
Pekings Zensur schaute der vermeintlich akademischen Debatte unbewegt zu, bevor sie jetzt aufschreckte. Denn die Online-Diskussionen über historische Müllzeiten bezogen sich auch auf heutige wirtschaftliche Einbrüche in China, auf Immobilien-, Verschuldungs- und Dutzende andere Krisen, und auf die Gründe für Frust und Depression einer verunsicherten Jugend und Gesellschaft. Ohne, dass ein Name fällt, blitzt zwischen den Zeilen indirekt Kritik an den heutigen Xi Jinping-Zeiten auf.
Mitte Juli, unmittelbar bevor Chinas Zentralkomitee zu seinem als historisch gepriesenen Dritten Reformplenum zusammentrat und Pekings Propaganda über die davon im Volk ausgelöste Begeisterung schwärmte, hielten Blogger mit Debatten über historische Müllzeiten und mit Witzen und Karikaturen dagegen. Chatforen erstellten “Ranglisten des Leidens 2024” 悲惨程度排行榜 und vergaben Negativ-Sternchen für alles, was Chinas Jugend derzeit deprimiert, von fehlenden Jobs, zu wenig Geld, von Hauskrediten und Schulden, bis hin zur teuren Kindererziehung. Die Zensur funkt nun dazwischen und blockiert die Listen.
Das virtuelle Gemotze legt Peking die Nerven blank. Ende vergangener Woche gab das kommunistische Kampfblatt der Partei, Global Times, dem Ausland die Schuld am “verleumderischen Wort von der historischen Zeit des Mülls”, in der Chinas Wirtschaft stecken würde. Westliche Medien schürten Pessimismus, während doch das “Dritte Plenum Chinas Vertrauen steigert und der Welt Zuversicht bringt”.
Doch der Online-Unmut hat hausgemachte Gründe. Mitte Juli wunderte sich als einer der ersten ausländischen Journalisten der FAZ-Korrespondent Gustav Theile:. “Glaubt man manchen Kommentaren in den sozialen Medien hier, ist das moderne China in historischen Müllzeiten gelandet”, Theile fiel auch auf, wie virtuell achselzuckend Chinesen auf die immer schlechtere Stimmungslage in der Wirtschaft reagierten: “In China ist Müllzeit, und es gibt nichts, was du tun kannst.”
Auch der britische Guardian widmete diese Woche seine Schlagzeile der “Garbage Time of History”. Er erinnerte an die drei Jahre zurückliegenden Sozialproteste junger Chinesen und an ihre Schlagwörter wie “Flach Liegen” und “Involution”. Damals gärte innerhalb der Jugend eine tief sitzende Unzufriedenheit. Doch das waren nur die Vorläufer für den jetzigen Diskurs.
Die Nachrichtenagentur Reuters nannte die “historischen Müllzeiten” ein “fatalistisches Schlagwort”. Es sei eine “neue Online-Abkürzung für einen weitverbreiteten Pessimismus. Viele Chinesen glaubten nicht mehr daran, dass sich die für sie missliche wirtschaftliche Lage zum Besseren wenden könne.” Reuters titelte britisch unterkühlt, als berichte sie über die neue Tea Time in China: “Garbage Time: China’s slump spins out new meme of economic despair”.
Im neuen sozialpolitischen Modebegriff steckte anfänglich ein Lehnwort. Ein Terminus aus US-Sportberichten über NBA-Basketballspiele stand Pate. “Garbage Time” sagt man, wenn eine siegreiche Mannschaft uneinholbar führt und der Trainer im letzten Quartal seine Stars zurück auf die Bank holt, um sie ausruhen zu lassen. Die verbleibende Spielzeit lässt er von zweitrangigen Ersatzspielern bestreiten. Das Spiel gilt bis zum Ende als Garbage-Zeit. Pekinger Medien nutzen das Lehnwort früher ebenfalls für Fußball-Spiele.
Der Kantoner Essayist Hu Wenhui 胡文辉 erfand es neu. Er funktionierte es vergangenen September um und benannte damit eine neue Theorie. In seinem Aufsatz “Müllzeiten der Geschichte – Lange Ferien für die Kultur” 历史的垃圾时间,文化的悠长假期 interpretiert Hu Aufstieg und Fall großer Mächte und Dynastien und fand heraus, dass ihnen meist “historischen Müllzeiten” vorausgehen.
Hus Aufsatz schlug Wellen. Heute, neun Monate später, nahm soeben selbst Wikipedia “Garbage Time” nach Art Chinas in seinen Katalog neuer Wörter auf: “Seit 2023 hat der Begriff ‘Historische Müllzeit’ im chinesischen Internet eine neue Bedeutung erhalten. Er bezieht sich auf einen Zeitraum, in dem die gesellschaftliche Entwicklung natürlichen Regeln zuwiderläuft und der Einzelne sich machtlos fühlt, etwas daran zu ändern und die gesamte Ära vor dem Scheitern steht.”
Hu entwickelte seine Theorie, als er sich mit der Ära des sowjetischen Regenten Leonid Breschnew (1964-1982) befasste. Mit der Invasion in Afghanistan und der allmählichen Auflösung des Ostblocks wurde der Zeitraum 1979 bis 1991 zur “historische Müllzeit” der UdSSR – bis zu ihrem Kollaps. Gorbatschows Machtantritt hätte das Ende nur beschleunigt.
Danach wandte sich Hu der Erforschung von Chinas Dynastien zu. Für die Zhou-Dynastie begann ihre Müllzeit nach dem Fall der Westlichen Zhou 770 v. Chr., für die Tang-Dynastie im achten Jahrhundert und für die Ming-Dynastie 1587, nachdem ihre Wirtschaft durch innere Wirren und innere Fehler zerstört worden war. Die 300 Jahre anschließende Qing-Dynastie kam aus ihren Müllzeiten gar nicht mehr hinaus. Hu rät allen, die in eine historische Müllzeit geraten, der Weisheit des Konfuzius zu folgen: “Gibt es keinen Weg mehr”, sagte einst der Weise, sollte man sich verweigern, zurückziehen, oder einfach “flachlegen” 无下有道则见,无道则隐.孔。无论是”隐”是”躺平”还是”退出”,都可视为对垃圾时间的一种拒绝. Stattdessen sollte man eine lange Ferienzeit für die Kultur nehmen.
Im Antwortessay schrieb im Dezember 2023 der Blogger mit dem Pseudonym “Direktor Qing He” 清和社长 über Chinas Dynastien, aber auch über Fragen der modernen Wirtschaftspolitik und Entwicklung. Er warnte zu glauben, dass sich die Kultur dem Einfluss der Müllzeiten entziehen könnte: Lassen sie sich wirklich als lange Ferien für die Kultur nutzen, oder sind sie ein Albtraum für die Kultur? “Die Ersten, die in solchen Zeiten fallen, sind Persönlichkeiten der Kultur und Denker. Kritik verschwindet. Lobhudelei bestimmt, Stillschweigen gilt als Subordination. Am Ende bleibt nur noch eine Stimme übrig.”
Auch ohne konkrete Namen zu nennen, ist die akademische Debatte voller gegenwartsbezogener Anspielungen und aktueller Gesellschafts- und Wirtschaftskritik. Die internationale Kolumnistin Jennifer Zeng erkannte in ihrem Blog “Unbequeme Wahrheiten” schon im Juni, dass diese Debatte in politisch kritisches Fahrwasser abdriftet.
Pekings reagierte prompt im Juli und mit konzertierter Aktion. Die Parteizeitung Beijing Daily attackierte über ihr Webportal 北京日报客户端 das “pseudo-akademische Konzept der ‘historischen Müllzeiten'”. Damit würde nur bezweckt, Chinas Entwicklung schlecht zu reden und die Menschen mutlos zu machen. Zugleich griff der Marxist und Finanzdekan an der Volksuniversität, Wang Wen 王文, die neue Theorie als “betrügerisches akademisches Konzept” an.
Zum Wortführer der nationalistischen Kritiker wurde ein Xinhua-Journalist, der auf einer weitverbreiteten Sozialmedien-Plattform 明叔杂谈 die Online-Debatten als “absurde Fantasien unwissender Literaten” 无知 文青 verhöhnt. Sie gehörten einer Gruppe an, die von bürgerlich liberalen Ideologien tief beeinflusst sei, sie “idolisieren universale Werte” und “fantasieren, diese und die politischen Systeme dahinter nach China transplantieren zu wollen”, Peking müsse aufpassen, dass da keine “Miniatur-Solschenizyns” heranwachsen.
Die Propaganda bejubelt die gerade bekannt gegebenen neuen Parteibeschlüsse, mit denen Chinas Wirtschaft und Gesellschaft in “umfassendster Weise reformiert und geöffnet worden sind”. Sie hätten enorme Initiative und Begeisterung unter den Massen geweckt. Für alle, die sich aber weiter “flachlegen” und über historische Müllzeiten diskutieren wollen, hält Peking als Antwort parat: Das Imperium schlägt zurück.
Fang Hong ist zur Botschafterin der Volksrepublik China in der Demokratischen Volksrepublik Laos ernannt worden und hat damit Jiang Zaidong abgelöst.
Sebastian K. Kierysch ist seit Mai Managing Director Operations / COO China bei Montaplast. Das Unternehmen aus Morsbach produziert Kunststoffpräzisionsteile für die Automobilindustrie. Zuvor war Kieryschs für OPmobility als Manager in Shanghai im Einsatz. Nun arbeitet er von Suzhou aus.
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Sie blühen spät, aber umso goldener: Während die Rapsblüten in vielen Landesteilen den Frühling aufhellen, sind die optisch attraktiven Öllieferanten im Qilian-Gebirge mit der Blüte spät dran. Jedes Jahr im Juli erstreckt sich das gelbe Meer dann aber über Dutzende von Kilometern. Einige der Standorte liegen bis zu 3.000 Meter über dem Meeresspiegel. Hier bewundern Touristen die leuchtende Pracht im Kreis Minle in der Provinz Gansu.