Table.Briefing: China

Baerbocks China-Politik + Global Gateway + Studie zu Normung

  • Baerbock: “Dialog und Härte”
  • Startschuss für Global Gateway
  • Hohe Hürden für EU-Firmen bei Industrienormung in China
  • WTA setzt Turniere in China und Hongkong aus
  • EU-Lieferkettengesetz wohl erst 2022
  • Grüner Wasserstoff von Sinopec
  • Mehr Diesel aus China
  • China fordert Auslieferung von Taiwanern
  • Kampagne gegen Dialekte
  • Tools: Vom Singles Day lernen
Liebe Leserin, lieber Leser,

heute geht es in unseren Analysen vor allem um Außen- und Wirtschaftspolitik. Felix Lee hatte gemeinsam mit Kollegen die Möglichkeit, die designierte Außenministerin Annalena Baerbock zu ihrer künftigen China-Politik zu befragen. Baerbock kündigte an, im Austausch mit China kritische Themen nicht “schönreden oder totschweigen” zu wollen. Sie plädiert seit langem für eine Mischung aus “Dialog und Härte”. Amelie Richter und Finn Mayer-Kuckuk befragten zusätzlich einige China-Experten zu ihrer Sicht auf eine künftig grün geführte Außenpolitik.

In Brüssel präsentierte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Mittwoch zudem das lange erwartete Investitionsprogramm Global Gateway. Damit will die EU Projekte in Schwellenländern fördern, darunter in den Bereichen grüne Technologie und Digitalisierung. Das Programm ist klar als Konkurrenzprojekt zu Chinas neuer Seidenstraße (auch Belt-and-Road-Initiative/BRI) aufgestellt. Amelie Richter analysiert das Vorhaben im Detail.

Eine neue Studie der EU-Handelskammer wirft zudem ein Schlaglicht auf die Schwierigkeiten, denen sich europäische Unternehmen gegenüberstehen, wenn sie in China an Normungsprozessen teilnehmen möchten. Amelie Richter hat die Studie unter die Lupe genommen. Die Firmen kritisieren darin Ausgrenzung, mangelnde Transparenz, oder schlicht fehlende Übersetzungen als Hürden für eine Teilhabe. Aber ihnen selbst fehlt oft die Expertise, um an den komplexen Normungsverfahren teilnehmen zu können. Das Thema ist wichtig, denn China drängt auch zunehmend in die globale Standardisierung von Schlüsseltechnologien.

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Ihre
Christiane Kühl
Bild von Christiane  Kühl

Analyse

Baerbock strebt “Dialog und Härte” gegenüber China an

Die neue Außenministerin Annalena Baerbock fordert Dialog und Härte für neue China Politik.

Die designierte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) umreißt kurz vor der Amtsübernahme ihr Programm für den künftigen Umgang mit der Herausforderung China. Demnach will sie gegenüber der Volksrepublik wesentlich deutlichere Worte finden als ihre Vorgänger. “Dialog ist der zentrale Baustein internationaler Politik. Aber das heißt nicht, dass man Dinge schönreden oder totschweigen muss”, sagte Baerbock im Gespräch mit China.Table-Redakteur Felix Lee und Journalisten der Tageszeitung (taz). “Eine die Differenzen in den Vordergrund stellende Außenpolitik führt genauso in eine Sackgasse wie eine, die auf dem Ausblenden von Konflikten basiert.” Für sie sei “wertegeleitete Außenpolitik immer ein Zusammenspiel von Dialog und Härte“.

Baerbock will die deutsche Außenpolitik dazu stärker in Europa verankern. Gegenüber einem wichtigen Handelspartner wie China ziehe die EU am besten an einem Strang, so Baerbock. “Wir brauchen eine gemeinsame europäische China-Politik.” Wenn Deutschland wie bisher “als größter Mitgliedsstaat eine eigene China-Politik formuliert”, dann schwäche das die gemeinsame Position. Die EU wiederum habe als einer der weltweit größten Binnenmärkte erhebliches Gewicht.

Im “Systemwettbewerb mit einem autoritär geführten Regime wie China” will Baerbock sich daher gezielt mit europäischen Demokratien zusammentun. Sie sieht Deutschland zudem als “Teil eines transatlantischen demokratischen Bündnisses“. Es gelte daher, “die strategische Solidarität mit demokratischen Partnern zu suchen, gemeinsam unsere Werte und Interessen zu verteidigen, und in unserer Außenpolitik mit langem Atem für diese Werte zu werben.” Baerbock erlaubt sich in dem Gespräch auch eine Spitze gegen den Politikstil der scheidenden Regierung: “Beredtes Schweigen ist auf Dauer keine Form von Diplomatie, auch wenn das in den letzten Jahren von manchen so gesehen wurde.”

Xinjiang, Peng Shuai und Zhang Zhan ausdrücklich genannt

Baerbock zeigt in diesem ersten Interview seit Bekanntwerden der Kabinettsaufstellung keine Scheu, zwei heiß diskutierte Themen anzusprechen. Sie befürwortet im Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen in der Region Xinjiang eine Verschärfung europäischer Regeln zur Lieferkette. “Wenn es keinen Zugang mehr gibt für Produkte, die aus Regionen wie Xinjiang stammen, wo Zwangsarbeit gängige Praxis ist, ist das für ein Exportland wie China ein großes Problem.” Als Reaktion auf den Fall der verschwundenen Tennisspielerin Peng Shuai schließt sie einen diplomatischen Boykott der bevorstehenden Olympischen Winterspiele in Peking zumindest nicht aus. Es gebe für Regierungen hier “unterschiedliche Formen des Umgangs”, die allerdings noch diskutiert werden müssten.

Die künftige Außenministerin verknüpft Peng Shuai mit einem weiteren aktuellen Fall von Unterdrückung der Redefreiheit zu einem Komplex: “Wenn ich sehe, wie Chinas Führung mit der Tennisspielerin Peng Shuai umgeht oder mit der verhafteten Bürgerjournalistin Zhang Zhan, sollten wir natürlich auch die Olympischen Spiele genauer in den Blick nehmen“, sagte sie. “Journalistische Berichterstattung ist kein Verbrechen. Zhang Zhan gehört daher freigelassen.”

Neben der Handelspolitik und den Menschenrechten sieht Baerbock einen weiteren Schwerpunkt ihrer künftigen Arbeit bei der internationalen Vernetzung des Klimaschutzes. Die “220 deutschen Auslandsvertretungen können dafür wichtige Klimabotschaften sein und auch zur Intensivierung des Technologietransfers beitragen”. Sie spricht sich dafür aus, dass die handlungsbereiten Länder bei der Energiewende möglichst schnell vorangehen sollten. “Ein globaler CO2-Preis zum Beispiel ist eine schöne Idee, aber eben auch eine gute Ausrede. Denn bis alle 190 Staaten dazu bereit sind, ist es wohl zu spät.” So wie Deutschland vor 20 Jahren mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz die Energiewende in die Welt exportiert habe, könne es jetzt wieder voranschreiten und zum Vorreiter klimaneutralen Wirtschaftens werden.

Lob für realistische Einschätzung Chinas

Experten trauen Baerbock zu, in ihrem neuen Amt wie angekündigt wichtige Impulse zu geben. “Der Koalitionsvertrag umreißt sehr eindrücklich eine neue China-Politik, die unsere Interessen und Werte im Systemwettbewerb mit Peking vertritt”, sagt Thorsten Benner vom Global Public Policy Institute (GPPI) in Berlin. Wenn Baerbock dieses Konzept einer europäisch orientierten China-Strategie umsetze, könnten Deutschland und die EU gleichermaßen gewinnen.

Benner begrüßt am Koalitionsvertrag und den bisherigen Äußerungen der designierten Außenministerin, dass sie sich an einem “China orientieren, das real existiert“. Die Merkel-Regierungen hatten demnach viel zu lange das Leitbild eines “kooperationsbereiten, freundlichen, leicht formbaren China”. Deutschland müsse sich dem Systemwettbewerb nun selbstbewusst stellen und Abhängigkeiten verringern. Diese Ansätze finden sich auch bei den außenpolitischen Positionen der Grünen.

Viel hängt laut Benner nun auch davon ab, ob das Kanzleramt und das Außenministerium ein gemeinsames Verständnis der China-Politik teilen. “Es wäre kontraproduktiv, wenn sich nach einigen Monaten herausstellt, dass Außenministerium und Kanzleramt gegeneinander arbeiten”, sagt Benner. Wenn die Regierung in sich uneinig sei, spiele Deutschland weit unter seinen Möglichkeiten. Scholz als Kanzler müsse sich auch bei Gesprächen in Peking um Teamspiel mit der Außenministerin bemühen, statt eine parallele Diplomatie zu betreiben.

Auch der Außenpolitik-Experte Noah Barkin vom Berliner Büro des German Marshall Fund (GMF) hält die Koordination mit Scholz für einen ganz entscheidenden Punkt. “Die deutsche Außenpolitik wird im Kanzleramt gemacht, und Scholz bevorzugt eindeutig einen gemäßigteren Ansatz gegenüber China.” Baerbock habe jedoch die öffentliche Meinung und die Stimmung im Parlament auf ihrer Seite, ebenso wie die Medien. Viele internationale Verbündete Deutschlands seien ebenfalls eher auf einer Linie mit Baerbock.

Barkin erwartet im Gesamtbild eine deutlich sichtbare “neue Färbung” der Beziehungen zu China mit Baerbock im Außenministerium. “Wenn sie ihre Karten geschickt ausspielt und im Kabinett Unterstützung für ihren Ansatz organisiert, kann Deutschland zu einem unverstellten Blick auf China finden.” Sie werde strittige Fragen offener ansprechen als ihre Vorgänger und sich mehr für Menschenrechte einsetzen.

Warnung vor einem Bruch mit Peking

Andere Beobachter sehen jedoch auch Gefahren in dem Programm, das der Koalitionsvertrag und die künftige Außenministerin umreißen. Das Spiel mit den roten Linien könne die Beziehungen zu Peking nachhaltig schädigen, glaubt der Sinologe Helwig Schmidt-Glintzer vom China Centrum Tübingen (CCT). Der Ton des Koalitionsvertrags weise auf die Idee einer Mehr-China-Politik im Gegensatz zur bisher gepflegten Ein-China-Politik hin. Konkret geht es hier um die Erwähnung von Taiwan im Koalitionsvertrag, der sich beispielsweise für die “Teilnahme des demokratischen Taiwan in internationalen Organisationen” stark macht.

Schmidt-Glintzer warnt davor, den Dialog mit Peking aufgrund eines besonders kritischen Zeitgeistes abreißen zu lassen. Chinas Politik habe sich immer wieder gewandelt und als hochgradig anpassungs- und lernfähig erwiesen. Sie habe als Reaktion auf veränderte Bedingungen schon mehrfach den Kurs gewechselt und werde das vermutlich wieder tun. Alles, was in die Richtung gehe, die äußeren Grenzen des Landes anzuzweifeln, könne jedoch “zu einer Dynamik führen, die nicht mehr kontrollierbar ist.” Finn Mayer-Kuckuk, Felix Lee, Amelie Richter

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    “Global Gateway” – Brüssels Antwort auf die Seidenstraße

    Was rund um “Global Gateway” zwar immer mitschwang, aber nur selten offen ausgesprochen wurde, fand bei der offiziellen Vorstellung der Infrastruktur-Initiative der EU-Kommission nun eine klare Antwort: “Ja, auf jeden Fall. Dazu sind wir in der Lage,” antwortete EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf die Frage, ob das Programm mit Chinas Neuer Seidenstraße-Initiative konkurrieren könne. Verschiedene Länder hätten ihre Erfahrungen gemacht mit den chinesischen Investments, sagte von der Leyen. “Sie brauchen bessere und andere Angebote.” Das EU-Angebot binde den Privatsektor mit ein, den es so in der Volksrepublik nicht gebe. “Also ist es eine echte Alternative,” betonte die Kommissionschefin.

    Lange hatte Brüssel an der Konkurrenz-Seidenstraße geschraubt; mehrfach wurde das Veröffentlichungsdatum geschoben. Das Ergebnis aber liest sich nun beeindruckend und findet viel Zuspruch aus Politik und Wirtschaft. Wie die Umsetzung konkret vorankommen wird, bleibt wie bei vielen EU-Initiativen abzusehen. Das anvisierte Programm ist ambitioniert: Bis 2027 sollen bis zu 300 Milliarden Euro mobilisiert werden. Dafür holt die EU-Kommission nicht nur die Mitgliedsstaaten, sondern auch die private Wirtschaft sowie die Europäischen Investitionsbank und andere europäische Finanzinstitute mit ins Boot, darunter beispielsweise die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.

    Die wichtigsten Fragen zu “Global Gateway” im Überblick:

    Woher kommt das Geld?

    Ein Teil der anvisierten Milliarden-Investition soll aus dem Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung Plus (EFDS+) fließen – rund 135 Milliarden Euro. EFDS+ ist ein bereits bestehender Haushaltsfonds der EU, der wiederum auf verschiedenen Wegen befüllt wird. Noch nicht alle Finanzinstrumente dafür sind fertig. Der größte Teil der “Global Gateway”-Initiative, rund 145 Milliarden Euro, entfallen auf “geplantes Investitionsvolumen europäischer Finanz- und Entwicklungsfinanzierungsinstitute“. Weitere 18 Milliarden Euro sollen “im Rahmen anderer EU-Außenhilfeprogramme” aufgebracht werden. Hinzu sollen weitere Milliarden aus dem privaten Sektor kommen.

    Ist das genug, um gegen die BRI anzukommen?

    Das bleibt fraglich – denn rein zahlenmäßig stellt die BRI “Global Gateway” in den Schatten. Pekings Gesamtausgaben für die Neue Seidenstraße könnten sich laut Morgan Stanley bis 2027 auf 1,2 bis 1,3 Billionen US-Dollar belaufen. Die Volksrepublik hat außerdem einen Vorteil, da sie in vielen von der EU nun anvisierten Schwellen- und Entwicklungsländern bereits vor Ort ist. Da bei der BRI zudem die staatseigenen Geschäftsbanken Chinas mit von der Partie sind, ist es chinesischen Unternehmen möglich, selbst politisch oder kommerziell riskante Investitionen zu tätigen, ohne großes Risiko einzugehen. Das ist eine Sicherheit, die europäische Unternehmen nicht haben werden.

    Was soll finanziert werden?

    EU-Infrastrukturprojekte im Ausland. Dabei im Fokus stehen sollen die Digitalisierung und grüne Transformation. Als Beispiele für förderwürdige Projekte nannte von der Leyen den Einsatz von grünem Wasserstoff und den Ausbau von Bahnlinien und Internetverbindungen. So solle der Westbalkan über Schienenverbindungen besser untereinander und auch in die EU angebunden werden, betonte Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi. Dafür sind demnach 30 Milliarden Euro vorgesehen. Im Rahmen der Östlichen Partnerschaft, der die Ukraine angehört, sei die Verlegung eines Datenkabels unter dem Schwarzen Meer geplant. Auch in Lateinamerika soll der Ausbau von Glasfasernetzen ausgebaut werden.

    Im Rahmen von “Global Gateway” ist außerdem der Ausbau des Gesundheitswesens und die Unterstützung des Bildungssystems in den Schwellen- und Entwicklungsländern vorgesehen. Die EU will auch in der Nachbarschaft Chinas tätig werden: So sei eine Konnektivitäts-Partnerschaft mit dem südostasiatischen Staatenbund Asean beabsichtigt. Auch will die EU eine Stärkung der “Verbindungen zu benachbarten strategischen Korridoren in Subsahara-Afrika und Zentralasien” fördern, wie es in dem Papier heißt.

    Was ist der Vorteil von “Global Gateway”?

    Anders als China werde die EU in erster Linie Zuschüsse an die beteiligten Länder vergeben, sagte die für internationale Partnerschaften zuständige EU-Kommissarin Jutta Urpilainen. Damit sollen Kreditfallen vermieden werden. Von der Leyen betonte, dass die Partnerländer angesichts der EU-Finanzierung nicht befürchten müssten, untragbare Schuldenberge anzuhäufen. Zudem herrsche bei den EU-Hilfen Transparenz. Die umgesetzten Projekte blieben in den Händen der jeweiligen Länder und sollten vor Ort konkrete Ergebnisse erzielen, so von der Leyen.

    Die Stoßrichtung der EU ist auch in der offiziellen Kommunikation klar formuliert, nicht ohne einen Wink in Richtung Peking: “Ohne angemessene Transparenz, gute Regierungsführung und hohe Standards können Projekte schlecht ausgewählt oder geplant werden, unvollständig bleiben oder Korruption befeuern.” Die Partnerländer sollen sich also an Regeln halten müssen, was Chinas Investitionen im Vergleich dazu unverbindlicher erscheinen lassen könnten. Gerade in Sachen Umweltstandards könnte “Global Gateway” jedoch attraktiv sein: In mehreren BRI-Staaten gibt es Kritik an der Umweltverschmutzung, die mit manchen chinesischen Projekten einhergeht.

    Wie sehen die Reaktionen der Politik aus?

    Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), begrüßte die Initiative als einen “Beitrag zum weltweiten Kampf gegen Klimawandel und Armut”. “Anstatt Staaten ein Angebot zu machen, das sie nicht ablehnen können, wollen wir ihnen als EU eines machen, das sie nicht ablehnen wollen”, so Lange. Er mahnte jedoch: “Wie bei allen Projekten dieser Größenordnung werden wir sehen, ob sich die hohen Investitionssummen realisieren lassen. Wenn ‘Global Gateway’ kein Luftschloss bleiben soll, müssen wir gemeinsam viele Hebel in Bewegung setzen.”

    Kritik kam vom CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber: “Ein großer Teil des Geldes kommt aus bestehenden Programmen oder hängt von privaten Mitteln ab”, so Ferber. “Ein großer Wurf sieht anders aus. China wird nicht vor Angst erstarren“, so Ferber. Reinhard Bütikofer (Grüne), Vorsitzender der China-Delegation des Europäischen Parlaments, forderte, dass nun “schnell Nägel mit Köpfen gemacht” werden müsse. Vor allem die digitale Konnektivität und grüne Technologien müssten nun im Fokus stehen, so Bütikofer.

    “Global Gateway” habe das Potenzial, die EU zu einem effektiveren geopolitischen Akteur zu machen, betonte der deutsche EU-Botschafter und ehemals deutscher Botschafter in China, Michael Clauß. Der deutsche Top-Diplomat hatte sich in den vergangenen Woche verstärkt für die Infrastruktur-Initiative eingesetzt. “Für viele Partnerländer wird das Angebot einer regel- und wertebasierten Zusammenarbeit auf Augenhöhe eine attraktive Alternative zur chinesischen ‘Belt & Road’-Initiative sein”, so Clauß.

    Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte: “Ein stärkeres Europa in der Welt bedeutet ein entschlossenes, auf unseren Kernprinzipien basierendes Engagement mit unseren Partnern.” Mit “Global Gateway” bekräftige man die Vision eines Netzwerks mit Verbindungen, das sich auf international anerkannte Standards und Regeln stütze.

    Im vergangene Woche vorgestellten Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP wird die Brüsseler Infrastruktur-Initiative bereits befürwortet (China.Table berichtete). “Wir wollen uns aktiv für eine Infrastrukturentwicklung nach qualitativ hohen internationalen Standards einsetzen. Die Global Gateway-Initiative der EU ist dabei ein wichtiges Instrument”, heißt es in dem Papier.

    Was sagt die Industrie?

    Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) lobte die Initiative aus Brüssel. Da chinesische Infrastrukturangebote an andere Länder oft keine Konkurrenz hätten, sei es “höchste Zeit, pragmatische Alternativangebote nach europäischen Standards anzubieten” erklärte Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. “Global Gateway” sei eine “ernst zu nehmende Alternative” zur BRI, so Niedermark. “Vor allem auf dem Balkan und in Nordafrika gibt es einen großen Investitionsbedarf in den Bereichen Digitalisierung, Energie, Verkehr und Gesundheit.” Auch Niedermark forderte eine schnelle konkrete Planung von Projekten. Dafür müssten die zugesagten finanziellen Mittel zügig zugänglich gemacht werden.

    Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sah in der Initiative auch einen wichtigen Ansatz für die Rohstoffversorgung und Rohstoff-Sicherheit für Deutschland und Europa. “Im Sinne der Ressourcenschonung und der Reduzierung der Abhängigkeit von Drittstaaten muss eine effiziente Kreislaufwirtschaft für kritische Rohstoffe aufgebaut werden”, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. “Auf diesem Weg hilft die neue Initiative Global Gateway der EU.” Für Unternehmen biete die Strategie auch zusätzliche Investitionsmöglichkeiten, insbesondere in Afrika, so Müller.

    Wie reagiert Peking?

    Relativ wortgewaltig – und deutlich verärgert: Die englischsprachige Global Times veröffentlichte kurz nach Präsentation von “Global Gateway” einen Beitrag, das kein gutes Haar an der EU-Initiative ließ. Damit die Strategie “nicht wieder in Vergessenheit” gerate, müsse die EU ihr Können bei der Finanzierung verschiedener Projekte unter Beweis stellen. Die veranschlagten Mittel gingen weit über die “Finanzierungskapazitäten des Blocks hinaus”, schrieb Global Times unter Berufung auf Analysten. “Global Gateway” baue “auf den unaufhörlichen Bemühungen des Westens auf, seine BRI-Version als moralisch überlegen darzustellen”. Das sei Heuchelei.

    Auch ein genereller Schlag in Richtung Brüssel fand Platz: Die EU sei “eine locker gebundene Gruppierung, bei der die Verteilung der nationalen Interessen innerhalb des 27-köpfigen Blocks ziemlich gespalten” sei. Der EU-Infrastrukturplan sei deshalb anfälliger für Misserfolge, bescheinigten Beobachter der Global Times.

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      EU-Handelskammer: Unternehmen bleiben bei Normung außen vor

      China schickt sich an, bei der globalen Standardisierung von Schlüsseltechnologien eine gewichtige Rolle zu spielen. So bewegt sich das Land in Zukunftsbereichen wie Elektromobilität, Künstlicher Intelligenz oder dem autonomen Fahren bereits darauf zu, die Normung zu dominieren. Nationale Standards der Volksrepublik werden dann auch international vermehrt eine Rolle spielen.

      Umgekehrt bleiben europäische Unternehmen bei der Standardisierung in China jedoch häufig außen vor. Das zeigt ein neuer Bericht der EU-Handelskammer in China und des Europe Programme des Swedish Institute of International Affairs (UI). Die dafür befragten Unternehmen weisen auch auf die Ursache hin: Es fehlt vor allem an Expertise. Außerdem erschweren Barrieren wie Stimmrechtsanteile, fehlende Übersetzungen oder Intransparenz die Teilnahme an den Verfahren.

      China: Standardisierung als “Schlachtfeld” der Zukunft

      Dabei steht viel auf dem Spiel. Die Standardisierung sei das “Schlachtfeld” der Zukunft, betonte EU-Handelskammer-Chef Jörg Wuttke. Viele Debatten über Standardisierungsprozesse in China werden außerhalb der offiziellen Gremien geführt. Die europäischen Unternehmen ständen draußen und drückten sich die Nase am Fenster platt, so Wuttke. Die Standardisierung präge die wichtigen Themen unserer Zeit, mahnt auch Wissenschaftler Tim Rühlig von dem schwedischen Institut, der den Bericht mitverfasst hat.

      Auch in Brüssel hat die Thematik Aufmerksamkeit bekommen: Die EU-Kommission wolle ihre erwartete Standardisierungs-Strategie zu Beginn des kommenden Jahres vorstellen, erfuhr China.Table von einer Quelle in der Kommission. Im Fokus werden dabei wohl die digitale und die grüne Transformation stehen. Die Normung spielt dabei eine große Rolle: “Technische Standards sind für die Umsetzung unabdingbar”, so UI-Forscher Rühlig. Das Ganze habe natürlich auch eine politische Komponente, warnt der Wissenschaftler. Denn Technologie sei nicht wertfrei. “Es ist eine politische Frage, wer Standards setzt.

      Gerade die Entwicklungen bei der Standardisierung in der Volksrepublik sind für die Europäer von entscheidender Bedeutung. Die Größe des chinesischen Marktes und seine zunehmende Wettbewerbsfähigkeit mache es für Unternehmen erforderlich, sich an der Normung zu beteiligen, heißt es im Bericht der EU-Kammer.

      Den europäischen Unternehmen in China ist das offenbar bewusst: Fast 87 Prozent der befragten Normungsexperten der EU-Firmen stuften dem Bericht zufolge technische Normen im Hinblick auf die Investitionsmöglichkeiten ihres Unternehmens in China als “sehr wichtig” oder “wichtig” ein. Die Zukunft der chinesischen Normung werde deutliche Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China haben, heißt es.

      “Signifikate Hürden” bei der Beteiligung am Normungsprozess

      Im ernüchternden Kontrast dazu steht jedoch die tatsächliche Einbindung der europäischen Unternehmen in den Normungsprozess, der in China zu einem großen Teil noch von der Regierung gelenkt wird (China.Table berichtete). Laut der Geschäftsklimaumfrage 2020 der EU-Kammer nehmen lediglich 37 Prozent der Befragten an einem der von der Regierung geführten Standardisierungsvorhaben in China teil. Die chinesische Gesetzgebung – darunter das Foreign Investment Law (FIL) – schreibt laut EU-Kammer vor, dass allen relevanten Interessengruppen der gleiche Zugang und die gleichen Beteiligungsrechte an Standardisierungsaktivitäten gewährt werden soll. In der Umsetzung dessen gebe es jedoch noch einige Mängel. Das schaffe zahlreiche Hürden.

      Wie hoch diese Barrieren für die Teilnahme am chinesischen Standardsetting sind, ist demnach je nach Branche und Unternehmensgröße unterschiedlich: Insbesondere in den Bereichen Pharma, Petrochemie und Automobil gibt es laut der Studie Probleme. Auch bei IT und Telekommunikation, Medizinprodukten sowie der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sei der Zugang erschwert. “Bei großen Unternehmen scheinen Beteiligungshindernisse häufiger vorzukommen”, heißt es zudem in dem Bericht.

      Kritik: Fehlende Übersetzungen und Vitamin B

      Woran genau scheitern die EU-Unternehmen? Laut den von den Studienautoren geführten Interviews mit Mitgliedern der EU-Kammer ist mangelnde Expertise ein entscheidendes Hindernis. Den Unternehmen fehle es an Fachkräften für Normungsprozesse. Wie sehr ein Unternehmen in lokale Forschung und Entwicklung in China investiere, spielt demnach ebenfalls eine Rolle. Je mehr lokale Forschung, desto mehr Mitsprache erscheint möglich. Dies gelte vor allem in den Sektoren Industrieanlagen, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Chemikalien.

      Die Firmen kritisierten auch direkt das Vorgehen der chinesischen Seite. Firmen bemängeln zum Beispiel fehlende Transparenz und fühlen sich immer wieder von Informationen ausgeschlossen. Auch nannten sie hohe Teilnahmegebühren bei normgebenden Verbänden und die Vorzugsbehandlung chinesischer Firmen als Probleme. Zu diesem Aspekt gehören auch fehlende Übersetzungen chinesischer Normen ins Englische.

      Firmen äußerten außerdem Sorge über den mangelhaften Schutz geistigen Eigentums. Auch die Bedeutung von Vitamin B ist offenbar nicht zu unterschätzen. Angesichts “der starken Rolle des Staates bei der Normung” sei die Feststellung der Firmen kaum verwunderlich, “dass gute Verbindungen zu Normungsbehörden der Schlüssel sind, ihre Aussichten auf Einfluss auf die technische Normung zu erhöhen”.

      “China Standards 2035” könnte sich positiv auswirken

      Immerhin: Es gibt Bewegung. 60 Prozent der befragten europäischen Unternehmen haben einen besseren Zugang zu chinesischen Standardisierungsaktivitäten festgestellt. Die Standardisierungsstrategie “China Standards 2035” könnte weitere positive Entwicklungen bringen, schlussfolgert der Bericht. “Aber ob sie grundlegende Veränderungen mit sich bringt, bleibt abzuwarten.”

      Wie immer spricht die EU-Kammer eine Reihe von Empfehlungen aus. Europa müsse dringend in Standardisierungswissen investieren und weiterhin auf Transparenz bestehen, heißt es in dem Bericht. In Richtung Peking appelliert er an eine bessere Einbindung der europäischen Firmen. Den EU-Firmen selbst legt die Kammer nahe, das Thema Standards bereits frühzeitig in strategische Überlegungen einzubeziehen. Damit könne man auf die Politisierung der technischen Standardisierung reagieren. Die Firmen sollen sich außerdem auf eine Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern und Wirtschaftsorganisationen vorbereiten.

      EU-Handelskammer-Chef Wuttke bemüht bei dem Ausblick auf die weiteren Entwicklungen einen musikalischen Vergleich: Die Standardisierung sei wie die Wiener Philharmoniker – und China spiele jetzt die Trompete. Die Frage sei nun, ob die Trompete sich in das Orchester eingliedere oder alle übertöne. Amelie Richter

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        Fall Peng Shuai: WTA setzt Turniere in China und Hongkong aus

        Im Fall der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai erhöht sich der internationale Druck. Die Women’s Tennis Association (WTA) werde alle Turniere des Verbands in China und Hongkong aussetzen, teilte WTA-Chef Steve Simon am Mittwoch mit. “Ich sehe guten Gewissens nicht ein, wie ich unsere Athletinnen bitten kann, dort anzutreten, wenn Peng Shuai nicht frei kommunizieren darf und anscheinend unter Druck gesetzt wurde, ihren Vorwürfen der sexuellen Übergriffe zu widersprechen”, so Simon.

        Angesichts der aktuellen Lage sei er zudem sehr besorgt über Risiken, denen Spielerinnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgesetzt sein könnten, wenn der Tennisverband 2022 Veranstaltungen in China durchführen würde. “Um Peng und viele andere Frauen auf der ganzen Welt weiter zu schützen, ist es dringender denn je, dass die Menschen ihre Stimme erheben. Die WTA wird alles tun, um ihre Spielerinnen zu schützen.”

        Die Entscheidung zur Aussetzung der Turniere sei gemeinsam im Vorstand getroffen worden, schrieb Simon. Der Chef des internationalen Tennisspielerinnen-Verbands kritisierte die Zensur in China, was den Fall Peng Shuai betrifft und forderte eine transparente Aufarbeitung der Vorwürfe der sexuellen Übergriffe. “Obwohl wir jetzt wissen, wo Peng ist, habe ich ernsthafte Zweifel, dass sie frei und sicher ist und keiner Zensur, Nötigung und Einschüchterung unterliegt”, so Simon. Die Führung in China sei das Thema nicht glaubwürdig angegangen und habe der WTA damit keine andere Wahl gelassen. Simon bedauerte den Schritt für die Tennis-Community.

        Die 35 Jahre alte Peng hatte am 2. November in einem Posting auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo ihre Affäre mit dem früheren Vizepremierminister Zhang Gaoli öffentlich gemacht (China.Table berichtete). Sie warf dem mächtigen Politiker, der bis 2017 als Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros zum innersten Machtzirkel der Kommunistischen Partei gehörte, darin vor, sie mindestens einmal zum Sex gezwungen zu haben.

        Für den WTA bedeutet China einen der größten Wachstumsmärkte weltweit. Der Verband hatte in den vergangenen zehn Jahren einen großen Vorstoß in der Volksrepublik unternommen. In der letzten Saison
        vor Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2019 veranstaltete WTA neun Turniere mit Preisgeldern von mehr als 30 Millionen US-Dollar in China. ari

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          EU-Lieferkettengesetz verspätet sich weiter

          Brüssel muss die Vorlage des geplanten EU-Lieferkettengesetzes erneut verschieben. Wie es in EU-Kreisen heißt, hat der Ausschuss für Regulierungskontrolle erneut Einwände gegen das Vorhaben geltend gemacht. Der Vorschlag könnte sich demnach sogar bis Februar oder März 2022 verzögern. Auf der aktualisierten Agenda der EU-Kommission taucht der zuletzt für den 8. Dezember terminierte Vorschlag nicht mehr auf. In Kreisen der Behörde hieß es, es werde weiter unter Hochdruck an dem Gesetz gearbeitet. Allerdings gehe “Qualität über Geschwindigkeit”.

          Das EU-Lieferkettengesetz soll weiter gehen als das deutsche Gesetz, das im Januar 2023 in Kraft tritt. Unternehmen müssten dann bei sämtlichen Zulieferern kontrollieren, ob sie die Bedingungen einhalten. In der Industrie gibt es erhebliche Vorbehalte gegen ein Gesetz, das den Unternehmen derartig weitreichende Sorgfaltspflichten für die sozialen und ökologischen Bedingungen bei ihren Lieferanten aufbürden könnte. Besonders umstritten sind die Fragen der Klagemöglichkeiten Betroffener in Drittstaaten und die Haftung des Managements. Auch gibt es von Unternehmensseite her Zweifel an der Umsetzung der Vorgaben in der Praxis. Das gilt vor allem in Regionen wie Xinjiang, wo praktisch keine unabhängigen Audits mehr möglich sind.

          Das Regulatory Scrutiny Board, ein Gremium aus Kommissionsbeamten und externen Experten, hatte bereits im Frühsommer einen ersten Entwurf von Justizkommissar Didier Reynders wegen Mängeln zurückgewiesen. Seitdem ist Industriekommissar Thierry Breton für das Thema mitverantwortlich. tho/chw

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            Sinopec baut weltgrößte Produktion für “grünen Wasserstoff”

            Der staatliche Ölkonzern China Petrochemical Corporation – kurz Sinopec – baut in der Nordwestregion Xinjiang eine vollständig mit Fotovoltaik betriebene Anlage zur Herstellung von Wasserstoff. Das Werk in der Stadt Kuqa werde die weltgrößte Produktionsanlage für sogenannten “grünen Wasserstoff” sein, teilte Sinopec am Dienstag mit. Es werde voraussichtlich im Juni 2023 die Produktion aufnehmen. Die Jahreskapazität beträgt laut Sinopec 20.000 Tonnen pro Jahr. Der Staatskonzern will dafür insgesamt 3 Milliarden Yuan (415 Millionen Euro) investieren.

            Das Projekt besteht laut Sinopec aus fünf Abschnitten: photovoltaische Stromerzeugung, Stromübertragung und -umwandlung, Wasserstoff aus Wasserelektrolyse, Wasserstoffspeicherung und Wasserstofftransport. Den in der Anlage produzierten grünen Wasserstoff will der Konzern demnach an die konzerneigene Sinopec Tahe Refining & Chemical liefern, die bislang mit Erdgas und anderen fossilen Energieträgern produzierten Wasserstoff nutzt. Die Kohlendioxidemissionen werden laut Sinopec dadurch künftig um 485.000 Tonnen pro Jahr niedriger liegen als bisher.

            Wasserstoff gilt als klimaneutrale Energieform, die vor allem in der Industrie für Produktionsprozesse in großer Hitze Sinn macht. Was allerdings nur dann gilt, wenn die aufwändige Herstellung des Wasserstoffes ausschließlich mit erneuerbaren Energien befeuert wird. Das ist in China bislang nur bei vier Prozent des produzierten Wasserstoffs der Fall. China ist bereits heute der weltgrößte Wasserstoffproduzent. Bislang nutzt es diesen aber hauptsächlich als Industrierohstoff – etwa zur Herstellung von Kunststoffen oder Chemikalien.

            Xinjiang ist eine der Fotovoltaik-Hochburgen Chinas. Es gibt allerdings Vorwürfe, dass in diesem Sektor auch uigurische Zwangsarbeiter eingesetzt werden. ck

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              Peking weitet Dieselproduktion aus

              China hat seit September die Produktion von Diesel hochgefahren und damit im eigenen Land und auf den regionalen Exportmärkten für dringend benötigten Nachschub gesorgt. Der Staat habe die Produktionsausweitung durch die Staatskonzerne China National Petroleum Corporation (CNPC) und China Petroleum & Chemical Corporation (Sinopec) koordiniert, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag. Die staatlichen Raffinerien werden im Dezember rund 210.000 Tonnen Diesel exportieren, schreibt Bloomberg unter Berufung auf den Energiemarktinformationsanbieter JLC.

              In den vergangenen Monaten hatte sich China weitgehend aus dem Exportgeschäft zurückgezogen, um zunächst die eigene Nachfrage zu stillen. Dieser Rückzug fiel mit einer Erholung der Nachfrage und weltweit schrumpfenden Dieselvorräten zusammen. Kunden versuchten daher verstärkt in Indien und Südkorea Diesel einzukaufen. Die gesteigerte Nachfrage hat neben einem zumindest vorübergehenden Nachlassen der Coronapandemie laut Bloomberg weitere Gründe. In China stieg der Bedarf seit September saisonal bedingt durch eine stärkere Nachfrage aus der Fischerei und für die Ernte. Außerdem setzten Betriebe in ganz China angesichts von Stromrationierungen auf Dieselgeneratoren.

              Die Dieselproduktion in China stieg bereits im Oktober gegenüber dem Vormonat um 12,4 Prozent auf 14,52 Millionen Tonnen, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin schreibt. Der Trend habe sich im November fortgesetzt, berichtet das Blatt ebenfalls unter Berufung auf JLC. Die Nachfrage auch aus der Bau- und Logistikbranche nach Diesel bleibe robust. Die Preise liegen ebenfalls hoch. Daher versorgten sich manche der vielfach auf eigene Rechnung operierenden Lastwagenfahrer Chinas zuletzt über den Schwarzmarkt. Diesel an der Tankstelle war ihnen schlicht zu teuer geworden. ck

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                Druck zur Auslieferung von Taiwanern

                China drängt ausländische Regierungen nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders zur Auslieferung von Taiwanern an die Volksrepublik. Peking wolle so die Auslieferung hunderter im Ausland lebender Taiwaner erreichen, heißt es in dem bereits am Dienstag veröffentlichten Bericht der in Madrid ansässigen Organisation. Außenamtssprecher Wang Wenbin bezeichnete die Studie am Mittwoch als “reinen Unsinn”.

                In den Jahren 2016 bis 2019 wurden laut Safeguard Defenders mehr als 600 im Ausland lebende Taiwaner an die Volksrepublik ausgeliefert. China betreibe eine regelrechte “Jagd auf Taiwaner”. Der größte Anteil entfiel mit 200 Fällen aber auf Spanien. Ein spanisches Gericht leistete demnach den Forderungen aus Peking Folge. Ein tschechisches Gericht wies dagegen im April 2020 einen Antrag Chinas auf Auslieferung von acht Taiwanern zurück. Es verwies dabei auf das Risiko von Folter und Menschenrechtsverletzungen in der Volksrepublik. Auch auf die Philippinen und Kambodscha übte Peking laut Safeguard Defenders Druck aus.

                2009 vereinbarten Taiwan und China laut der Nachrichtenagentur AFP, dass die Polizei mutmaßliche Straftäter aus dem Ausland in ihre jeweiligen Heimatländer abschieben solle. Dem Bericht zufolge aber hält Peking sich seit der Wahl der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen 2016 zunehmend weniger an diese Vereinbarung. ck

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                  Kampagne gegen Dialekte

                  Offiziell misst Chinas Kommunistische Partei Minderheiten im Land einen hohen Stellenwert bei. Tatsächlich aber setzt sie auf kulturelle und sprachliche Vereinheitlichung. Die Zentralregierung hat eine landesweite Kampagne zur Förderung der auch Mandarin genannten Sprache Hochchinesisch gestartet. Diese richtet sich letztlich gegen die vielen im Land gesprochenen Dialekte.

                  Bis 2025 sollten mindestens 85 Prozent der Bürger in der Volksrepublik Mandarin sprechen, heißt es in einer Anordnung des Staatsrats vom Dienstag. Die Nutzung von Mandarin bleibe bislang “unausgewogen und unzureichend”. Mandarin müsse daher gefördert werden, um die Erfordernisse der modernen Wirtschaft zu erfüllen. Die Führung will, dass Mandarin bis 2035 praktisch Universalsprache ist, auch in ländlichen Gebieten und unter ethnischen Minderheiten.

                  China ist ein multiethnischer Staat mit offiziell 56 ethnischen Gruppen, die allesamt ihre eigenen Sprachen pflegen, darunter Tibetisch, Mongolisch und Uigurisch. Hinzu kommen unzählige Dialekte, die sich vom Mandarin mindestens ebenso stark unterscheiden wie Deutsch sich vom Englischen. Dazu gehören etwa Kantonesisch, Hokkien oder Shanghainesisch. Sie werden nur deshalb als “Dialekte” bezeichnet, weil die Schriftsprache die gleiche ist wie bei Mandarin.

                  Das Dokument des Staatsrats ruft nun zu einer verstärkten Aufsicht auf. Es gilt “sicherzustellen, dass die nationale gemeinsame gesprochene und geschriebene Sprache als Amtssprache von Regierungsbehörden und als Grundsprache von Schulen, Nachrichten und Publikationen, Radio, Film und Fernsehen, öffentlichen Diensten und anderen Bereichen” genutzt werde. Das wird nicht unbedingt einfach werden, denn die Menschen hängen an ihren Lokalsprachen. 2020 war es zu Protesten in der Inneren Mongolei gekommen, als die Behörden an den Schulen Mongolisch untersagten und Mandarin zur Unterrichtssprache machten. Peking bezeichnete daraufhin die Proteste als eine Form von Separatismus und ging entsprechend rabiat gegen die Protestierenden vor. flee 

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                  Honduras president-elect’s China pledge puts Taiwan and US on edge THE GUARDIAN
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                  Baerbock kündigt mehr Härte gegen China an N-TV

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                  Von 11/11 lernen: Marketing, Einzelhandel, Konsumtrends

                  Von Sofia Brooke, Dezan Shira

                  Chinas wachsende Verbrauchermacht spielt eine wichtige Rolle für die “Dual Circulation“-Strategie des Landes. Sie ist zugleich ein Motor des globalen Wachstums. Als größtes und beliebtestes jährliches Einkaufsfest der Welt – das mittlerweile den Black Friday und den Cyber Monday zusammen in den Schatten stellt – dient das Shopping-Festival “Singles Day” als Schaufenster für die Beobachtung der Verbrauchertrends in China.

                  In diesem Jahr begann das jährliche chinesische Einkaufsfestival bereits am 20. Oktober 2021 um 20 Uhr. Es war 2009 von dem Onlinehandels-Riesen Alibaba rund um den 11. November, dem inoffiziellen Feiertag für Alleinstehende, ins Leben gerufen worden. Seitdem hat sich die kommerzielle Aktivität rund um den 11.11. von einem Tag auf drei Wochen ausgeweitet und von den Alibaba-Marktplätzen Taobao und Tmall auf den gesamten Einzelhandel ausgedehnt.

                  Einzelhändler und Marken nutzen nun Social-Media-Plattformen und setzen neben Marketingkampagnen auf allen zugänglichen Kanälen auch Livestreaming-Sitzungen ein, um ihren Umsatz auf dem chinesischen Markt zu steigern. Neue Marktteilnehmer verstärken derweil den Wettbewerb. In diesem Artikel stellen wir Ihnen die sich abzeichnenden neuen Trends vor.

                  Marketing- und Einzelhandelstrends verschieben sich weiter

                  Beim diesjährigen “Singles Day”-Einkaufsfestival gab es keine “Schlachtberichte”, in denen üblicherweise neue Rekorde aufgeführt werden, wie es seit etwa einem Jahrzehnt der Fall ist.

                  45 Minuten nach Mitternacht am Donnerstag, den 11. November, verzeichneten 382 Marken auf der Alibaba-Plattform Tmall einen Umsatz von mehr als 15,6 Millionen US-Dollar. Darunter waren inländische Marken wie Huawei und Erke und internationale Marken wie L’Oréal und Apple. Das Gesamttransaktionsvolumen von Tmall stieg von fast 78 Milliarden US-Dollar im letzten Jahr auf 84 Milliarden US-Dollar. JD.com meldete einen neuen Rekord mit einem Umsatz von 54 Milliarden US-Dollar.

                  In diesem Jahr fand der Vorverkauf früher statt. In der Vergangenheit begann der Vorverkauf für Double 11 um Mitternacht. Die Verbraucher machten die ganze Nacht durch, um Bestellungen aufzugeben. In diesem Jahr begannen die Vorverkäufe von Tmall und JD.com jedoch schon Stunden früher, nämlich am 20. Oktober um 20 Uhr. Durch die Verlängerung des Verkaufszeitraums konnten die E-Commerce-Unternehmen den Absatz nochmals steigern und den Druck auf die Logistiknetzwerke und Händler verringern.

                  Längerer Vorverkaufszeitraum und neue Plattformfunktionen

                  Die Kurzvideobetreiber Bytedance und Kuaishou haben ebenfalls Shopping-Events auf ihren Plattformen gestartet. Beide Plattformen übertragen den Handel per Livestream. Die Streamer nutzen ihre Verbindungen und ihre Glaubwürdigkeit bei den Zuschauern, um Produkte zu empfehlen. Manchmal gibt es auch exklusive Rabatte für den Stream.

                  Diese Plattformen haben täglich Hunderte Millionen Besucher. Im August 2020 erreichte Douyin von Bytedance 600 Millionen täglich aktive Nutzer, während Kuaishou im zweiten Quartal 2021 ganze 293 Millionen täglich aktive Nutzer erreichte. Diese Plattformen verfügen auch über besondere Funktionen wie Algorithmen zur Empfehlung von Inhalten, die zu den Verkaufszahlen beitragen.

                  Im Juni 2020 schuf Bytedance seine eigene E-Commerce-Abteilung und nahm in diesem Jahr erstmals selbst aktiv am Singles Day teil, anstatt nur als Werbeplattform für andere Plattformen zu fungieren. Douyin verzeichnete einen Endumsatz von 2,9 Milliarden US-Dollar.

                  Am 1. Oktober dieses Jahres veröffentlichte Alibaba eine neue Funktion namens “Zhongcao Machine”, die es Käufern ermöglicht, nach Bewertungen von anderen Nutzern zu suchen. Der Begriff bedeutet übersetzt “Gras pflanzen” und bezieht sich auf die Idee, eine Idee zum Kauf von Waren in den Köpfen der Verbraucher zu verankern.

                  Der Guochao-Trend: Fokus auf einheimischen Marken

                  Der Begriff “Guochao” bezeichnet den Wunsch, chinesische Dienstleistungen und Waren zu kaufen und sich mit den lokalen Produzenten und Wurzeln zu verbinden. Das wirkt sehr zum Vorteil der chinesischen Unternehmen. Auch wenn dieser Trend durch nationalistische Gegenreaktionen gegen ausländische Produkte verstärkt wurde, läuft die Verschiebung der Markenpräferenzen in China von ausländischen zu inländischen Unternehmen schon länger. Die eigenen Waren sind auch einfach wettbewerbsfähiger geworden.

                  Eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter 5.000 Menschen in 15 Städten ergab, dass die Zahl derer, die eine einheimische Marke gegenüber einer ausländischen Marke bevorzugen, zwischen 2011 und 2020 von 15 Prozent auf 85 Prozent gestiegen ist. Diese Verschiebung der Präferenzen hat dazu geführt, dass in einigen Kategorien große lokale Anbieter entstanden sind. In den letzten zehn Jahren haben lokale chinesische Marken den größten Teil des Marktes für Haushaltswaren und Elektronik erobert. In diesen Kategorien halten viele chinesische Marken inzwischen einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent.

                  In der Vergangenheit hatten ausländische Unternehmen den größten Marktanteil in der Schönheits- und Automobilindustrie in China. Chinesische Premium-Automobilmarken machen heute sechs Prozent des Marktes aus, während Elektrofahrzeuge fast den gesamten Markt in China ausmachen.

                  Der Guochao-Trend hat sich nun auch sehr deutlich bei Bekleidung und Schuhen bemerkbar gemacht: Lokale Bekleidungsmarken konnten ihren Marktanteil zwischen 2015 und 2020 um drei Prozentpunkte steigern. Bei Schuhen und Sportbekleidung hingegen sank der Anteil im gleichen Zeitraum zwischen fünf und 10 Prozent. Trotzdem haben einige chinesische Unternehmen ein starkes Wachstum verzeichnet. Das Sportbekleidungsunternehmen Anta Group hat seinen Umsatz in diesem Zeitraum etwa verdreifacht, während Li-Ning seinen Umsatz um 85 Prozent steigern konnte. Einige globale Marken verzeichneten Anfang 2021 ebenfalls Rückgänge.

                  Die Präferenzverschiebungen sind also nicht nur auf den “Kauf vor Ort” zurückzuführen, sondern auf eine Mischung aus Faktoren wie Qualitätserwartungen, Markttrends, Preisspanne und Wahrnehmung der Zielgruppen und so weiter.

                  So konnten beispielsweise chinesische Hautpflege- und Make-up-Produkte dank eines besseren Verständnisses der chinesischen Verbraucher, der Entwicklungskapazitäten und besserer Online-Vertriebskanäle die globalen Konkurrenten herausfordern. Die Branche wurde auch von der Regierung und dem Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) unterstützt. Es wurde ihr versprochen, mit anderen Behörden zusammenzuarbeiten, um der Kosmetikindustrie Innovations- und Finanzierungshilfen anzubieten.

                  Nach Angaben der Beratungsfirma Shanghai Shenyin Wangou Research & Consulting führten zwar ausländische Kosmetikmarken bei den Vorverkaufszahlen. Doch die inländischen Marken Winona und Proya Cosmetic Co. rückten beim Singles Day auf Platz 5 beziehungsweise 10 vor. In der ersten Stunde des Vorverkaufs erzielte Winona einen Umsatz von 109 Millionen US-Dollar. Damit wurde der Rekord für den gesamten Festivalzeitraum im vergangenen Jahr übertroffen. Sportmarken wie Erke, MobiGarden und Warrior sowie Haushaltswarenmarken wie Tineco und Narwal übertrafen die Verkaufszahlenrekorde für den gesamten Tag bereits in der ersten Verkaufsstunde.

                  Verbot von Walled Gardens

                  Es ist seit Jahren gängige Praxis der größten Technologieunternehmen, die Links von Konkurrenten in ihren Apps zu blockieren. Dies ist als “Walled Gardens”-Ansatz bekannt und kann das digitale Ökosystem eines Unternehmens schützen, die Verbraucher davon abhalten, ihr Geld woanders auszugeben, und das Wachstum der Konkurrenten einschränken. Beim diesjährigen Singles Day gab es eine wichtige Änderung, da dieser Walled-Garden-Ansatz durch eine Regierungsrichtlinie verboten wurde, um Monopole und wettbewerbswidrige Praktiken zu vermeiden.

                  Zuvor bedeutete die “Walled Gardens”-Strategie, dass Links von Douyin und Feishu (einem Tool für den Arbeitsplatz) nicht ohne weiteres in der universell verbreiteten App Wechat von Tencent geöffnet werden konnten. Auch Links, die von Taobao und Tmall weitergeleitet wurden, konnten zuvor nicht direkt in der App geöffnet werden. Tencent begründete diese Praxis mit Sicherheitsbedenken. Diese Praktiken führten zu rechtlichen Problemen und Beschwerden von Nutzern.

                  Andere Unternehmen führten ähnliche Beschränkungen ein. Alibaba erlaubte Käufern jahrelang nicht, das Wechat-Pay-System von Tencent zu nutzen. Auch Douyin verbot während des Double-11-Festivals 2020 die Verlinkung von Websites Dritter auf Livestreaming-Kanälen.

                  Diese Praktiken sind nun jedoch effektiv verboten. Am 26. Juli dieses Jahres kündigte das MIIT eine sechsmonatige Kampagne zur Säuberung der Internetbranche an, bei der die Sperrung externer Links eine von acht Arten von Aktivitäten war, die ins Visier genommen wurden. Am 17. August veröffentlichte die staatliche Behörde für Marktregulierung (SAMR) den Entwurf von Leitlinien zur Regulierung wettbewerbswidriger Maßnahmen in der Branche, in denen das Blockieren von Links erneut verboten wurde. Am 15. September veröffentlichte die Aufsichtsbehörde für Cybersicherheit Leitlinien, die von den Plattformen eine Zusammenarbeit in Bezug auf Datenverkehr und Daten im Einklang mit den nationalen Vorschriften verlangen.

                  Tencent, Bytedance und Alibaba haben alle ihre Unterstützung für die neuen Regeln zum Ausdruck gebracht. Am 17. September erlaubte Tencent den Wechat-Nutzern, externe Links in privaten Chats zu teilen. Am 27. Oktober bestätigte der Chief Marketing Officer von Alibaba, Christ Tung, dass Wechat Pay nun für Einkäufe in den Apps verwendet werden kann. Nutzer können ihre Alibaba-Warenkörbe auch in Wechat-Gruppenchats und den “Moments”-Feeds teilen.

                  Händler wollen ihr grünes Image aufpolieren

                  Während des Singles Day versuchten einige Unternehmen, das Gemeinwohl und den grünen Konsum zu fördern. Diese Bemühungen erfolgen vor dem Hintergrund, dass die Regierung den Tech-Sektor auffordert, mehr zum gemeinsamen Wohlstand beizutragen, und dass mehrere Behörden Pläne zur Erfüllung der chinesischen Kohlenstoffreduktionsziele vorstellen.

                  Auf Tmall wurden grüne Gutscheine im Wert von 15 Millionen US-Dollar ausgegeben, um die Verbraucher zum Kauf von Produkten mit grüner Zertifizierung und Energieeffizienz zu bewegen. Gleichzeitig führte die Logistikabteilung von Alibaba 60.000 Verpackungsrecyclingstellen in 20 Städten ein. JD.com erklärte, dass es Verpackungen recycelt und reduziert, und dass es Lieferungen mit Elektrofahrzeugen durchführt. Diese Initiativen sind nicht überraschend, da nachhaltiger Konsum in China immer beliebter wird. In einer von der Unternehmensberatung PWC durchgeführten Umfrage sagten 72 Prozent der Befragten in China, dass sie bei Unternehmen kaufen, die sich für den Umweltschutz einsetzen.

                  Alibaba hat ebenfalls philanthropische Kampagnen gestartet. Zum Beispiel ihre Spende in Höhe von einer Milliarde Yuan für Social-Media-Posts, in denen das “Goods for Good”-Programm erwähnt wird. Die Spenden aus diesem Programm, einer Initiative aus dem Jahr 2006, kommen allein lebenden älteren Menschen, Arbeitern mit geringem Einkommen und “zurückgebliebenen Kindern” von Wanderarbeitern zugute.

                  Die Zukunft des Konsums in China ist rosig

                  China trägt einen großen Teil zum weltweiten Konsum bei, aber McKinsey berichtet, dass es noch “Raum für Wachstum” gibt. Chinas Haushaltskonsum macht etwa 38 Prozent seines BIP aus. Im Vergleich dazu liegt der Verbrauch im gesamten asiatisch-pazifischen Raum bei 50 Prozent des BIP, in der Europäischen Union bei 52 Prozent und in den Vereinigten Staaten bei 68 Prozent. McKinsey berichtet, dass ein komplexeres Finanzsystem und neue politische Richtungen die Kunden in Richtung diskretionärer Ausgaben oder Finanzanlagen lenken könnten.

                  Da China sich immer weiter urbanisiert, bleiben die Städte die treibende Kraft des Wachstums. Es wird erwartet, dass etwa 80 Prozent des zukünftigen Konsumwachstums in Städten stattfinden wird. Der Konsum in China wird von den 30 größten Städten des Landes bestimmt. Die Verbraucher in diesen Städten verfügen über eine große Kaufkraft und geben pro Kopf mehr aus als der Landesdurchschnitt. In diesen Städten gab es in der Vergangenheit größere Dienstleistungsangebote und Einzelhandelsmöglichkeiten. In Städten außerhalb der Top 30, wie z.B. Guiyang, entstehen jedoch neue Verbrauchszentren, die einen höheren Haushaltskonsum verzeichnen. Viele Unternehmen antizipieren diese nächste Wachstumswelle und weiten ihre Reichweite auf Städte aus, in denen die Einkommen steigen.

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                    Personalien

                    Vishal Sharma ist neuer CEO Greater China des Logistikunternehmens DB Schenker. Sharma wechselt aus Indien, wo er seit Mai 2018 CEO für den indischen Subkontinent zuständig war. Zuvor hatte Sharma verschiedene Managementpositionen im Logistiksektor inne, darunter bei Maersk oder Damco in Indien. Sharma folgt in China auf den bisherigen CEO Christopher Pollard.

                    Dessert

                    Ein Bauer zerschneidet getrocknete Platten aus Süßkartoffeln zum Trocknen
                    Süßkartoffel-Erntezeit in Zhejiang

                    Ein Bauer in Quanfan schneidet Platten aus Süßkartoffelmark in Streifen: Danach werden die Stücke unter der Sonne getrocknet. Jeden Winter bereiten die Bewohner des Dorfes in der Küstenprovinz Zhejiang auf diese Weise verschiedene Süßkartoffel-Delikatessen zu. Populär sind im ganzen Land zum Beispiel die köstlichen und gesunden traditionellen Süßkartoffelchips.

                    • Landwirtschaft

                    China.Table Redaktion

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                      • Tools: Vom Singles Day lernen
                      Liebe Leserin, lieber Leser,

                      heute geht es in unseren Analysen vor allem um Außen- und Wirtschaftspolitik. Felix Lee hatte gemeinsam mit Kollegen die Möglichkeit, die designierte Außenministerin Annalena Baerbock zu ihrer künftigen China-Politik zu befragen. Baerbock kündigte an, im Austausch mit China kritische Themen nicht “schönreden oder totschweigen” zu wollen. Sie plädiert seit langem für eine Mischung aus “Dialog und Härte”. Amelie Richter und Finn Mayer-Kuckuk befragten zusätzlich einige China-Experten zu ihrer Sicht auf eine künftig grün geführte Außenpolitik.

                      In Brüssel präsentierte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Mittwoch zudem das lange erwartete Investitionsprogramm Global Gateway. Damit will die EU Projekte in Schwellenländern fördern, darunter in den Bereichen grüne Technologie und Digitalisierung. Das Programm ist klar als Konkurrenzprojekt zu Chinas neuer Seidenstraße (auch Belt-and-Road-Initiative/BRI) aufgestellt. Amelie Richter analysiert das Vorhaben im Detail.

                      Eine neue Studie der EU-Handelskammer wirft zudem ein Schlaglicht auf die Schwierigkeiten, denen sich europäische Unternehmen gegenüberstehen, wenn sie in China an Normungsprozessen teilnehmen möchten. Amelie Richter hat die Studie unter die Lupe genommen. Die Firmen kritisieren darin Ausgrenzung, mangelnde Transparenz, oder schlicht fehlende Übersetzungen als Hürden für eine Teilhabe. Aber ihnen selbst fehlt oft die Expertise, um an den komplexen Normungsverfahren teilnehmen zu können. Das Thema ist wichtig, denn China drängt auch zunehmend in die globale Standardisierung von Schlüsseltechnologien.

                      Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.

                      Ihre
                      Christiane Kühl
                      Bild von Christiane  Kühl

                      Analyse

                      Baerbock strebt “Dialog und Härte” gegenüber China an

                      Die neue Außenministerin Annalena Baerbock fordert Dialog und Härte für neue China Politik.

                      Die designierte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) umreißt kurz vor der Amtsübernahme ihr Programm für den künftigen Umgang mit der Herausforderung China. Demnach will sie gegenüber der Volksrepublik wesentlich deutlichere Worte finden als ihre Vorgänger. “Dialog ist der zentrale Baustein internationaler Politik. Aber das heißt nicht, dass man Dinge schönreden oder totschweigen muss”, sagte Baerbock im Gespräch mit China.Table-Redakteur Felix Lee und Journalisten der Tageszeitung (taz). “Eine die Differenzen in den Vordergrund stellende Außenpolitik führt genauso in eine Sackgasse wie eine, die auf dem Ausblenden von Konflikten basiert.” Für sie sei “wertegeleitete Außenpolitik immer ein Zusammenspiel von Dialog und Härte“.

                      Baerbock will die deutsche Außenpolitik dazu stärker in Europa verankern. Gegenüber einem wichtigen Handelspartner wie China ziehe die EU am besten an einem Strang, so Baerbock. “Wir brauchen eine gemeinsame europäische China-Politik.” Wenn Deutschland wie bisher “als größter Mitgliedsstaat eine eigene China-Politik formuliert”, dann schwäche das die gemeinsame Position. Die EU wiederum habe als einer der weltweit größten Binnenmärkte erhebliches Gewicht.

                      Im “Systemwettbewerb mit einem autoritär geführten Regime wie China” will Baerbock sich daher gezielt mit europäischen Demokratien zusammentun. Sie sieht Deutschland zudem als “Teil eines transatlantischen demokratischen Bündnisses“. Es gelte daher, “die strategische Solidarität mit demokratischen Partnern zu suchen, gemeinsam unsere Werte und Interessen zu verteidigen, und in unserer Außenpolitik mit langem Atem für diese Werte zu werben.” Baerbock erlaubt sich in dem Gespräch auch eine Spitze gegen den Politikstil der scheidenden Regierung: “Beredtes Schweigen ist auf Dauer keine Form von Diplomatie, auch wenn das in den letzten Jahren von manchen so gesehen wurde.”

                      Xinjiang, Peng Shuai und Zhang Zhan ausdrücklich genannt

                      Baerbock zeigt in diesem ersten Interview seit Bekanntwerden der Kabinettsaufstellung keine Scheu, zwei heiß diskutierte Themen anzusprechen. Sie befürwortet im Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen in der Region Xinjiang eine Verschärfung europäischer Regeln zur Lieferkette. “Wenn es keinen Zugang mehr gibt für Produkte, die aus Regionen wie Xinjiang stammen, wo Zwangsarbeit gängige Praxis ist, ist das für ein Exportland wie China ein großes Problem.” Als Reaktion auf den Fall der verschwundenen Tennisspielerin Peng Shuai schließt sie einen diplomatischen Boykott der bevorstehenden Olympischen Winterspiele in Peking zumindest nicht aus. Es gebe für Regierungen hier “unterschiedliche Formen des Umgangs”, die allerdings noch diskutiert werden müssten.

                      Die künftige Außenministerin verknüpft Peng Shuai mit einem weiteren aktuellen Fall von Unterdrückung der Redefreiheit zu einem Komplex: “Wenn ich sehe, wie Chinas Führung mit der Tennisspielerin Peng Shuai umgeht oder mit der verhafteten Bürgerjournalistin Zhang Zhan, sollten wir natürlich auch die Olympischen Spiele genauer in den Blick nehmen“, sagte sie. “Journalistische Berichterstattung ist kein Verbrechen. Zhang Zhan gehört daher freigelassen.”

                      Neben der Handelspolitik und den Menschenrechten sieht Baerbock einen weiteren Schwerpunkt ihrer künftigen Arbeit bei der internationalen Vernetzung des Klimaschutzes. Die “220 deutschen Auslandsvertretungen können dafür wichtige Klimabotschaften sein und auch zur Intensivierung des Technologietransfers beitragen”. Sie spricht sich dafür aus, dass die handlungsbereiten Länder bei der Energiewende möglichst schnell vorangehen sollten. “Ein globaler CO2-Preis zum Beispiel ist eine schöne Idee, aber eben auch eine gute Ausrede. Denn bis alle 190 Staaten dazu bereit sind, ist es wohl zu spät.” So wie Deutschland vor 20 Jahren mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz die Energiewende in die Welt exportiert habe, könne es jetzt wieder voranschreiten und zum Vorreiter klimaneutralen Wirtschaftens werden.

                      Lob für realistische Einschätzung Chinas

                      Experten trauen Baerbock zu, in ihrem neuen Amt wie angekündigt wichtige Impulse zu geben. “Der Koalitionsvertrag umreißt sehr eindrücklich eine neue China-Politik, die unsere Interessen und Werte im Systemwettbewerb mit Peking vertritt”, sagt Thorsten Benner vom Global Public Policy Institute (GPPI) in Berlin. Wenn Baerbock dieses Konzept einer europäisch orientierten China-Strategie umsetze, könnten Deutschland und die EU gleichermaßen gewinnen.

                      Benner begrüßt am Koalitionsvertrag und den bisherigen Äußerungen der designierten Außenministerin, dass sie sich an einem “China orientieren, das real existiert“. Die Merkel-Regierungen hatten demnach viel zu lange das Leitbild eines “kooperationsbereiten, freundlichen, leicht formbaren China”. Deutschland müsse sich dem Systemwettbewerb nun selbstbewusst stellen und Abhängigkeiten verringern. Diese Ansätze finden sich auch bei den außenpolitischen Positionen der Grünen.

                      Viel hängt laut Benner nun auch davon ab, ob das Kanzleramt und das Außenministerium ein gemeinsames Verständnis der China-Politik teilen. “Es wäre kontraproduktiv, wenn sich nach einigen Monaten herausstellt, dass Außenministerium und Kanzleramt gegeneinander arbeiten”, sagt Benner. Wenn die Regierung in sich uneinig sei, spiele Deutschland weit unter seinen Möglichkeiten. Scholz als Kanzler müsse sich auch bei Gesprächen in Peking um Teamspiel mit der Außenministerin bemühen, statt eine parallele Diplomatie zu betreiben.

                      Auch der Außenpolitik-Experte Noah Barkin vom Berliner Büro des German Marshall Fund (GMF) hält die Koordination mit Scholz für einen ganz entscheidenden Punkt. “Die deutsche Außenpolitik wird im Kanzleramt gemacht, und Scholz bevorzugt eindeutig einen gemäßigteren Ansatz gegenüber China.” Baerbock habe jedoch die öffentliche Meinung und die Stimmung im Parlament auf ihrer Seite, ebenso wie die Medien. Viele internationale Verbündete Deutschlands seien ebenfalls eher auf einer Linie mit Baerbock.

                      Barkin erwartet im Gesamtbild eine deutlich sichtbare “neue Färbung” der Beziehungen zu China mit Baerbock im Außenministerium. “Wenn sie ihre Karten geschickt ausspielt und im Kabinett Unterstützung für ihren Ansatz organisiert, kann Deutschland zu einem unverstellten Blick auf China finden.” Sie werde strittige Fragen offener ansprechen als ihre Vorgänger und sich mehr für Menschenrechte einsetzen.

                      Warnung vor einem Bruch mit Peking

                      Andere Beobachter sehen jedoch auch Gefahren in dem Programm, das der Koalitionsvertrag und die künftige Außenministerin umreißen. Das Spiel mit den roten Linien könne die Beziehungen zu Peking nachhaltig schädigen, glaubt der Sinologe Helwig Schmidt-Glintzer vom China Centrum Tübingen (CCT). Der Ton des Koalitionsvertrags weise auf die Idee einer Mehr-China-Politik im Gegensatz zur bisher gepflegten Ein-China-Politik hin. Konkret geht es hier um die Erwähnung von Taiwan im Koalitionsvertrag, der sich beispielsweise für die “Teilnahme des demokratischen Taiwan in internationalen Organisationen” stark macht.

                      Schmidt-Glintzer warnt davor, den Dialog mit Peking aufgrund eines besonders kritischen Zeitgeistes abreißen zu lassen. Chinas Politik habe sich immer wieder gewandelt und als hochgradig anpassungs- und lernfähig erwiesen. Sie habe als Reaktion auf veränderte Bedingungen schon mehrfach den Kurs gewechselt und werde das vermutlich wieder tun. Alles, was in die Richtung gehe, die äußeren Grenzen des Landes anzuzweifeln, könne jedoch “zu einer Dynamik führen, die nicht mehr kontrollierbar ist.” Finn Mayer-Kuckuk, Felix Lee, Amelie Richter

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                        “Global Gateway” – Brüssels Antwort auf die Seidenstraße

                        Was rund um “Global Gateway” zwar immer mitschwang, aber nur selten offen ausgesprochen wurde, fand bei der offiziellen Vorstellung der Infrastruktur-Initiative der EU-Kommission nun eine klare Antwort: “Ja, auf jeden Fall. Dazu sind wir in der Lage,” antwortete EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf die Frage, ob das Programm mit Chinas Neuer Seidenstraße-Initiative konkurrieren könne. Verschiedene Länder hätten ihre Erfahrungen gemacht mit den chinesischen Investments, sagte von der Leyen. “Sie brauchen bessere und andere Angebote.” Das EU-Angebot binde den Privatsektor mit ein, den es so in der Volksrepublik nicht gebe. “Also ist es eine echte Alternative,” betonte die Kommissionschefin.

                        Lange hatte Brüssel an der Konkurrenz-Seidenstraße geschraubt; mehrfach wurde das Veröffentlichungsdatum geschoben. Das Ergebnis aber liest sich nun beeindruckend und findet viel Zuspruch aus Politik und Wirtschaft. Wie die Umsetzung konkret vorankommen wird, bleibt wie bei vielen EU-Initiativen abzusehen. Das anvisierte Programm ist ambitioniert: Bis 2027 sollen bis zu 300 Milliarden Euro mobilisiert werden. Dafür holt die EU-Kommission nicht nur die Mitgliedsstaaten, sondern auch die private Wirtschaft sowie die Europäischen Investitionsbank und andere europäische Finanzinstitute mit ins Boot, darunter beispielsweise die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.

                        Die wichtigsten Fragen zu “Global Gateway” im Überblick:

                        Woher kommt das Geld?

                        Ein Teil der anvisierten Milliarden-Investition soll aus dem Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung Plus (EFDS+) fließen – rund 135 Milliarden Euro. EFDS+ ist ein bereits bestehender Haushaltsfonds der EU, der wiederum auf verschiedenen Wegen befüllt wird. Noch nicht alle Finanzinstrumente dafür sind fertig. Der größte Teil der “Global Gateway”-Initiative, rund 145 Milliarden Euro, entfallen auf “geplantes Investitionsvolumen europäischer Finanz- und Entwicklungsfinanzierungsinstitute“. Weitere 18 Milliarden Euro sollen “im Rahmen anderer EU-Außenhilfeprogramme” aufgebracht werden. Hinzu sollen weitere Milliarden aus dem privaten Sektor kommen.

                        Ist das genug, um gegen die BRI anzukommen?

                        Das bleibt fraglich – denn rein zahlenmäßig stellt die BRI “Global Gateway” in den Schatten. Pekings Gesamtausgaben für die Neue Seidenstraße könnten sich laut Morgan Stanley bis 2027 auf 1,2 bis 1,3 Billionen US-Dollar belaufen. Die Volksrepublik hat außerdem einen Vorteil, da sie in vielen von der EU nun anvisierten Schwellen- und Entwicklungsländern bereits vor Ort ist. Da bei der BRI zudem die staatseigenen Geschäftsbanken Chinas mit von der Partie sind, ist es chinesischen Unternehmen möglich, selbst politisch oder kommerziell riskante Investitionen zu tätigen, ohne großes Risiko einzugehen. Das ist eine Sicherheit, die europäische Unternehmen nicht haben werden.

                        Was soll finanziert werden?

                        EU-Infrastrukturprojekte im Ausland. Dabei im Fokus stehen sollen die Digitalisierung und grüne Transformation. Als Beispiele für förderwürdige Projekte nannte von der Leyen den Einsatz von grünem Wasserstoff und den Ausbau von Bahnlinien und Internetverbindungen. So solle der Westbalkan über Schienenverbindungen besser untereinander und auch in die EU angebunden werden, betonte Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi. Dafür sind demnach 30 Milliarden Euro vorgesehen. Im Rahmen der Östlichen Partnerschaft, der die Ukraine angehört, sei die Verlegung eines Datenkabels unter dem Schwarzen Meer geplant. Auch in Lateinamerika soll der Ausbau von Glasfasernetzen ausgebaut werden.

                        Im Rahmen von “Global Gateway” ist außerdem der Ausbau des Gesundheitswesens und die Unterstützung des Bildungssystems in den Schwellen- und Entwicklungsländern vorgesehen. Die EU will auch in der Nachbarschaft Chinas tätig werden: So sei eine Konnektivitäts-Partnerschaft mit dem südostasiatischen Staatenbund Asean beabsichtigt. Auch will die EU eine Stärkung der “Verbindungen zu benachbarten strategischen Korridoren in Subsahara-Afrika und Zentralasien” fördern, wie es in dem Papier heißt.

                        Was ist der Vorteil von “Global Gateway”?

                        Anders als China werde die EU in erster Linie Zuschüsse an die beteiligten Länder vergeben, sagte die für internationale Partnerschaften zuständige EU-Kommissarin Jutta Urpilainen. Damit sollen Kreditfallen vermieden werden. Von der Leyen betonte, dass die Partnerländer angesichts der EU-Finanzierung nicht befürchten müssten, untragbare Schuldenberge anzuhäufen. Zudem herrsche bei den EU-Hilfen Transparenz. Die umgesetzten Projekte blieben in den Händen der jeweiligen Länder und sollten vor Ort konkrete Ergebnisse erzielen, so von der Leyen.

                        Die Stoßrichtung der EU ist auch in der offiziellen Kommunikation klar formuliert, nicht ohne einen Wink in Richtung Peking: “Ohne angemessene Transparenz, gute Regierungsführung und hohe Standards können Projekte schlecht ausgewählt oder geplant werden, unvollständig bleiben oder Korruption befeuern.” Die Partnerländer sollen sich also an Regeln halten müssen, was Chinas Investitionen im Vergleich dazu unverbindlicher erscheinen lassen könnten. Gerade in Sachen Umweltstandards könnte “Global Gateway” jedoch attraktiv sein: In mehreren BRI-Staaten gibt es Kritik an der Umweltverschmutzung, die mit manchen chinesischen Projekten einhergeht.

                        Wie sehen die Reaktionen der Politik aus?

                        Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), begrüßte die Initiative als einen “Beitrag zum weltweiten Kampf gegen Klimawandel und Armut”. “Anstatt Staaten ein Angebot zu machen, das sie nicht ablehnen können, wollen wir ihnen als EU eines machen, das sie nicht ablehnen wollen”, so Lange. Er mahnte jedoch: “Wie bei allen Projekten dieser Größenordnung werden wir sehen, ob sich die hohen Investitionssummen realisieren lassen. Wenn ‘Global Gateway’ kein Luftschloss bleiben soll, müssen wir gemeinsam viele Hebel in Bewegung setzen.”

                        Kritik kam vom CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber: “Ein großer Teil des Geldes kommt aus bestehenden Programmen oder hängt von privaten Mitteln ab”, so Ferber. “Ein großer Wurf sieht anders aus. China wird nicht vor Angst erstarren“, so Ferber. Reinhard Bütikofer (Grüne), Vorsitzender der China-Delegation des Europäischen Parlaments, forderte, dass nun “schnell Nägel mit Köpfen gemacht” werden müsse. Vor allem die digitale Konnektivität und grüne Technologien müssten nun im Fokus stehen, so Bütikofer.

                        “Global Gateway” habe das Potenzial, die EU zu einem effektiveren geopolitischen Akteur zu machen, betonte der deutsche EU-Botschafter und ehemals deutscher Botschafter in China, Michael Clauß. Der deutsche Top-Diplomat hatte sich in den vergangenen Woche verstärkt für die Infrastruktur-Initiative eingesetzt. “Für viele Partnerländer wird das Angebot einer regel- und wertebasierten Zusammenarbeit auf Augenhöhe eine attraktive Alternative zur chinesischen ‘Belt & Road’-Initiative sein”, so Clauß.

                        Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte: “Ein stärkeres Europa in der Welt bedeutet ein entschlossenes, auf unseren Kernprinzipien basierendes Engagement mit unseren Partnern.” Mit “Global Gateway” bekräftige man die Vision eines Netzwerks mit Verbindungen, das sich auf international anerkannte Standards und Regeln stütze.

                        Im vergangene Woche vorgestellten Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP wird die Brüsseler Infrastruktur-Initiative bereits befürwortet (China.Table berichtete). “Wir wollen uns aktiv für eine Infrastrukturentwicklung nach qualitativ hohen internationalen Standards einsetzen. Die Global Gateway-Initiative der EU ist dabei ein wichtiges Instrument”, heißt es in dem Papier.

                        Was sagt die Industrie?

                        Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) lobte die Initiative aus Brüssel. Da chinesische Infrastrukturangebote an andere Länder oft keine Konkurrenz hätten, sei es “höchste Zeit, pragmatische Alternativangebote nach europäischen Standards anzubieten” erklärte Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. “Global Gateway” sei eine “ernst zu nehmende Alternative” zur BRI, so Niedermark. “Vor allem auf dem Balkan und in Nordafrika gibt es einen großen Investitionsbedarf in den Bereichen Digitalisierung, Energie, Verkehr und Gesundheit.” Auch Niedermark forderte eine schnelle konkrete Planung von Projekten. Dafür müssten die zugesagten finanziellen Mittel zügig zugänglich gemacht werden.

                        Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sah in der Initiative auch einen wichtigen Ansatz für die Rohstoffversorgung und Rohstoff-Sicherheit für Deutschland und Europa. “Im Sinne der Ressourcenschonung und der Reduzierung der Abhängigkeit von Drittstaaten muss eine effiziente Kreislaufwirtschaft für kritische Rohstoffe aufgebaut werden”, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. “Auf diesem Weg hilft die neue Initiative Global Gateway der EU.” Für Unternehmen biete die Strategie auch zusätzliche Investitionsmöglichkeiten, insbesondere in Afrika, so Müller.

                        Wie reagiert Peking?

                        Relativ wortgewaltig – und deutlich verärgert: Die englischsprachige Global Times veröffentlichte kurz nach Präsentation von “Global Gateway” einen Beitrag, das kein gutes Haar an der EU-Initiative ließ. Damit die Strategie “nicht wieder in Vergessenheit” gerate, müsse die EU ihr Können bei der Finanzierung verschiedener Projekte unter Beweis stellen. Die veranschlagten Mittel gingen weit über die “Finanzierungskapazitäten des Blocks hinaus”, schrieb Global Times unter Berufung auf Analysten. “Global Gateway” baue “auf den unaufhörlichen Bemühungen des Westens auf, seine BRI-Version als moralisch überlegen darzustellen”. Das sei Heuchelei.

                        Auch ein genereller Schlag in Richtung Brüssel fand Platz: Die EU sei “eine locker gebundene Gruppierung, bei der die Verteilung der nationalen Interessen innerhalb des 27-köpfigen Blocks ziemlich gespalten” sei. Der EU-Infrastrukturplan sei deshalb anfälliger für Misserfolge, bescheinigten Beobachter der Global Times.

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                          EU-Handelskammer: Unternehmen bleiben bei Normung außen vor

                          China schickt sich an, bei der globalen Standardisierung von Schlüsseltechnologien eine gewichtige Rolle zu spielen. So bewegt sich das Land in Zukunftsbereichen wie Elektromobilität, Künstlicher Intelligenz oder dem autonomen Fahren bereits darauf zu, die Normung zu dominieren. Nationale Standards der Volksrepublik werden dann auch international vermehrt eine Rolle spielen.

                          Umgekehrt bleiben europäische Unternehmen bei der Standardisierung in China jedoch häufig außen vor. Das zeigt ein neuer Bericht der EU-Handelskammer in China und des Europe Programme des Swedish Institute of International Affairs (UI). Die dafür befragten Unternehmen weisen auch auf die Ursache hin: Es fehlt vor allem an Expertise. Außerdem erschweren Barrieren wie Stimmrechtsanteile, fehlende Übersetzungen oder Intransparenz die Teilnahme an den Verfahren.

                          China: Standardisierung als “Schlachtfeld” der Zukunft

                          Dabei steht viel auf dem Spiel. Die Standardisierung sei das “Schlachtfeld” der Zukunft, betonte EU-Handelskammer-Chef Jörg Wuttke. Viele Debatten über Standardisierungsprozesse in China werden außerhalb der offiziellen Gremien geführt. Die europäischen Unternehmen ständen draußen und drückten sich die Nase am Fenster platt, so Wuttke. Die Standardisierung präge die wichtigen Themen unserer Zeit, mahnt auch Wissenschaftler Tim Rühlig von dem schwedischen Institut, der den Bericht mitverfasst hat.

                          Auch in Brüssel hat die Thematik Aufmerksamkeit bekommen: Die EU-Kommission wolle ihre erwartete Standardisierungs-Strategie zu Beginn des kommenden Jahres vorstellen, erfuhr China.Table von einer Quelle in der Kommission. Im Fokus werden dabei wohl die digitale und die grüne Transformation stehen. Die Normung spielt dabei eine große Rolle: “Technische Standards sind für die Umsetzung unabdingbar”, so UI-Forscher Rühlig. Das Ganze habe natürlich auch eine politische Komponente, warnt der Wissenschaftler. Denn Technologie sei nicht wertfrei. “Es ist eine politische Frage, wer Standards setzt.

                          Gerade die Entwicklungen bei der Standardisierung in der Volksrepublik sind für die Europäer von entscheidender Bedeutung. Die Größe des chinesischen Marktes und seine zunehmende Wettbewerbsfähigkeit mache es für Unternehmen erforderlich, sich an der Normung zu beteiligen, heißt es im Bericht der EU-Kammer.

                          Den europäischen Unternehmen in China ist das offenbar bewusst: Fast 87 Prozent der befragten Normungsexperten der EU-Firmen stuften dem Bericht zufolge technische Normen im Hinblick auf die Investitionsmöglichkeiten ihres Unternehmens in China als “sehr wichtig” oder “wichtig” ein. Die Zukunft der chinesischen Normung werde deutliche Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China haben, heißt es.

                          “Signifikate Hürden” bei der Beteiligung am Normungsprozess

                          Im ernüchternden Kontrast dazu steht jedoch die tatsächliche Einbindung der europäischen Unternehmen in den Normungsprozess, der in China zu einem großen Teil noch von der Regierung gelenkt wird (China.Table berichtete). Laut der Geschäftsklimaumfrage 2020 der EU-Kammer nehmen lediglich 37 Prozent der Befragten an einem der von der Regierung geführten Standardisierungsvorhaben in China teil. Die chinesische Gesetzgebung – darunter das Foreign Investment Law (FIL) – schreibt laut EU-Kammer vor, dass allen relevanten Interessengruppen der gleiche Zugang und die gleichen Beteiligungsrechte an Standardisierungsaktivitäten gewährt werden soll. In der Umsetzung dessen gebe es jedoch noch einige Mängel. Das schaffe zahlreiche Hürden.

                          Wie hoch diese Barrieren für die Teilnahme am chinesischen Standardsetting sind, ist demnach je nach Branche und Unternehmensgröße unterschiedlich: Insbesondere in den Bereichen Pharma, Petrochemie und Automobil gibt es laut der Studie Probleme. Auch bei IT und Telekommunikation, Medizinprodukten sowie der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sei der Zugang erschwert. “Bei großen Unternehmen scheinen Beteiligungshindernisse häufiger vorzukommen”, heißt es zudem in dem Bericht.

                          Kritik: Fehlende Übersetzungen und Vitamin B

                          Woran genau scheitern die EU-Unternehmen? Laut den von den Studienautoren geführten Interviews mit Mitgliedern der EU-Kammer ist mangelnde Expertise ein entscheidendes Hindernis. Den Unternehmen fehle es an Fachkräften für Normungsprozesse. Wie sehr ein Unternehmen in lokale Forschung und Entwicklung in China investiere, spielt demnach ebenfalls eine Rolle. Je mehr lokale Forschung, desto mehr Mitsprache erscheint möglich. Dies gelte vor allem in den Sektoren Industrieanlagen, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Chemikalien.

                          Die Firmen kritisierten auch direkt das Vorgehen der chinesischen Seite. Firmen bemängeln zum Beispiel fehlende Transparenz und fühlen sich immer wieder von Informationen ausgeschlossen. Auch nannten sie hohe Teilnahmegebühren bei normgebenden Verbänden und die Vorzugsbehandlung chinesischer Firmen als Probleme. Zu diesem Aspekt gehören auch fehlende Übersetzungen chinesischer Normen ins Englische.

                          Firmen äußerten außerdem Sorge über den mangelhaften Schutz geistigen Eigentums. Auch die Bedeutung von Vitamin B ist offenbar nicht zu unterschätzen. Angesichts “der starken Rolle des Staates bei der Normung” sei die Feststellung der Firmen kaum verwunderlich, “dass gute Verbindungen zu Normungsbehörden der Schlüssel sind, ihre Aussichten auf Einfluss auf die technische Normung zu erhöhen”.

                          “China Standards 2035” könnte sich positiv auswirken

                          Immerhin: Es gibt Bewegung. 60 Prozent der befragten europäischen Unternehmen haben einen besseren Zugang zu chinesischen Standardisierungsaktivitäten festgestellt. Die Standardisierungsstrategie “China Standards 2035” könnte weitere positive Entwicklungen bringen, schlussfolgert der Bericht. “Aber ob sie grundlegende Veränderungen mit sich bringt, bleibt abzuwarten.”

                          Wie immer spricht die EU-Kammer eine Reihe von Empfehlungen aus. Europa müsse dringend in Standardisierungswissen investieren und weiterhin auf Transparenz bestehen, heißt es in dem Bericht. In Richtung Peking appelliert er an eine bessere Einbindung der europäischen Firmen. Den EU-Firmen selbst legt die Kammer nahe, das Thema Standards bereits frühzeitig in strategische Überlegungen einzubeziehen. Damit könne man auf die Politisierung der technischen Standardisierung reagieren. Die Firmen sollen sich außerdem auf eine Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern und Wirtschaftsorganisationen vorbereiten.

                          EU-Handelskammer-Chef Wuttke bemüht bei dem Ausblick auf die weiteren Entwicklungen einen musikalischen Vergleich: Die Standardisierung sei wie die Wiener Philharmoniker – und China spiele jetzt die Trompete. Die Frage sei nun, ob die Trompete sich in das Orchester eingliedere oder alle übertöne. Amelie Richter

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                            Fall Peng Shuai: WTA setzt Turniere in China und Hongkong aus

                            Im Fall der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai erhöht sich der internationale Druck. Die Women’s Tennis Association (WTA) werde alle Turniere des Verbands in China und Hongkong aussetzen, teilte WTA-Chef Steve Simon am Mittwoch mit. “Ich sehe guten Gewissens nicht ein, wie ich unsere Athletinnen bitten kann, dort anzutreten, wenn Peng Shuai nicht frei kommunizieren darf und anscheinend unter Druck gesetzt wurde, ihren Vorwürfen der sexuellen Übergriffe zu widersprechen”, so Simon.

                            Angesichts der aktuellen Lage sei er zudem sehr besorgt über Risiken, denen Spielerinnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgesetzt sein könnten, wenn der Tennisverband 2022 Veranstaltungen in China durchführen würde. “Um Peng und viele andere Frauen auf der ganzen Welt weiter zu schützen, ist es dringender denn je, dass die Menschen ihre Stimme erheben. Die WTA wird alles tun, um ihre Spielerinnen zu schützen.”

                            Die Entscheidung zur Aussetzung der Turniere sei gemeinsam im Vorstand getroffen worden, schrieb Simon. Der Chef des internationalen Tennisspielerinnen-Verbands kritisierte die Zensur in China, was den Fall Peng Shuai betrifft und forderte eine transparente Aufarbeitung der Vorwürfe der sexuellen Übergriffe. “Obwohl wir jetzt wissen, wo Peng ist, habe ich ernsthafte Zweifel, dass sie frei und sicher ist und keiner Zensur, Nötigung und Einschüchterung unterliegt”, so Simon. Die Führung in China sei das Thema nicht glaubwürdig angegangen und habe der WTA damit keine andere Wahl gelassen. Simon bedauerte den Schritt für die Tennis-Community.

                            Die 35 Jahre alte Peng hatte am 2. November in einem Posting auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo ihre Affäre mit dem früheren Vizepremierminister Zhang Gaoli öffentlich gemacht (China.Table berichtete). Sie warf dem mächtigen Politiker, der bis 2017 als Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros zum innersten Machtzirkel der Kommunistischen Partei gehörte, darin vor, sie mindestens einmal zum Sex gezwungen zu haben.

                            Für den WTA bedeutet China einen der größten Wachstumsmärkte weltweit. Der Verband hatte in den vergangenen zehn Jahren einen großen Vorstoß in der Volksrepublik unternommen. In der letzten Saison
                            vor Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2019 veranstaltete WTA neun Turniere mit Preisgeldern von mehr als 30 Millionen US-Dollar in China. ari

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                              EU-Lieferkettengesetz verspätet sich weiter

                              Brüssel muss die Vorlage des geplanten EU-Lieferkettengesetzes erneut verschieben. Wie es in EU-Kreisen heißt, hat der Ausschuss für Regulierungskontrolle erneut Einwände gegen das Vorhaben geltend gemacht. Der Vorschlag könnte sich demnach sogar bis Februar oder März 2022 verzögern. Auf der aktualisierten Agenda der EU-Kommission taucht der zuletzt für den 8. Dezember terminierte Vorschlag nicht mehr auf. In Kreisen der Behörde hieß es, es werde weiter unter Hochdruck an dem Gesetz gearbeitet. Allerdings gehe “Qualität über Geschwindigkeit”.

                              Das EU-Lieferkettengesetz soll weiter gehen als das deutsche Gesetz, das im Januar 2023 in Kraft tritt. Unternehmen müssten dann bei sämtlichen Zulieferern kontrollieren, ob sie die Bedingungen einhalten. In der Industrie gibt es erhebliche Vorbehalte gegen ein Gesetz, das den Unternehmen derartig weitreichende Sorgfaltspflichten für die sozialen und ökologischen Bedingungen bei ihren Lieferanten aufbürden könnte. Besonders umstritten sind die Fragen der Klagemöglichkeiten Betroffener in Drittstaaten und die Haftung des Managements. Auch gibt es von Unternehmensseite her Zweifel an der Umsetzung der Vorgaben in der Praxis. Das gilt vor allem in Regionen wie Xinjiang, wo praktisch keine unabhängigen Audits mehr möglich sind.

                              Das Regulatory Scrutiny Board, ein Gremium aus Kommissionsbeamten und externen Experten, hatte bereits im Frühsommer einen ersten Entwurf von Justizkommissar Didier Reynders wegen Mängeln zurückgewiesen. Seitdem ist Industriekommissar Thierry Breton für das Thema mitverantwortlich. tho/chw

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                                Sinopec baut weltgrößte Produktion für “grünen Wasserstoff”

                                Der staatliche Ölkonzern China Petrochemical Corporation – kurz Sinopec – baut in der Nordwestregion Xinjiang eine vollständig mit Fotovoltaik betriebene Anlage zur Herstellung von Wasserstoff. Das Werk in der Stadt Kuqa werde die weltgrößte Produktionsanlage für sogenannten “grünen Wasserstoff” sein, teilte Sinopec am Dienstag mit. Es werde voraussichtlich im Juni 2023 die Produktion aufnehmen. Die Jahreskapazität beträgt laut Sinopec 20.000 Tonnen pro Jahr. Der Staatskonzern will dafür insgesamt 3 Milliarden Yuan (415 Millionen Euro) investieren.

                                Das Projekt besteht laut Sinopec aus fünf Abschnitten: photovoltaische Stromerzeugung, Stromübertragung und -umwandlung, Wasserstoff aus Wasserelektrolyse, Wasserstoffspeicherung und Wasserstofftransport. Den in der Anlage produzierten grünen Wasserstoff will der Konzern demnach an die konzerneigene Sinopec Tahe Refining & Chemical liefern, die bislang mit Erdgas und anderen fossilen Energieträgern produzierten Wasserstoff nutzt. Die Kohlendioxidemissionen werden laut Sinopec dadurch künftig um 485.000 Tonnen pro Jahr niedriger liegen als bisher.

                                Wasserstoff gilt als klimaneutrale Energieform, die vor allem in der Industrie für Produktionsprozesse in großer Hitze Sinn macht. Was allerdings nur dann gilt, wenn die aufwändige Herstellung des Wasserstoffes ausschließlich mit erneuerbaren Energien befeuert wird. Das ist in China bislang nur bei vier Prozent des produzierten Wasserstoffs der Fall. China ist bereits heute der weltgrößte Wasserstoffproduzent. Bislang nutzt es diesen aber hauptsächlich als Industrierohstoff – etwa zur Herstellung von Kunststoffen oder Chemikalien.

                                Xinjiang ist eine der Fotovoltaik-Hochburgen Chinas. Es gibt allerdings Vorwürfe, dass in diesem Sektor auch uigurische Zwangsarbeiter eingesetzt werden. ck

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                                  Peking weitet Dieselproduktion aus

                                  China hat seit September die Produktion von Diesel hochgefahren und damit im eigenen Land und auf den regionalen Exportmärkten für dringend benötigten Nachschub gesorgt. Der Staat habe die Produktionsausweitung durch die Staatskonzerne China National Petroleum Corporation (CNPC) und China Petroleum & Chemical Corporation (Sinopec) koordiniert, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag. Die staatlichen Raffinerien werden im Dezember rund 210.000 Tonnen Diesel exportieren, schreibt Bloomberg unter Berufung auf den Energiemarktinformationsanbieter JLC.

                                  In den vergangenen Monaten hatte sich China weitgehend aus dem Exportgeschäft zurückgezogen, um zunächst die eigene Nachfrage zu stillen. Dieser Rückzug fiel mit einer Erholung der Nachfrage und weltweit schrumpfenden Dieselvorräten zusammen. Kunden versuchten daher verstärkt in Indien und Südkorea Diesel einzukaufen. Die gesteigerte Nachfrage hat neben einem zumindest vorübergehenden Nachlassen der Coronapandemie laut Bloomberg weitere Gründe. In China stieg der Bedarf seit September saisonal bedingt durch eine stärkere Nachfrage aus der Fischerei und für die Ernte. Außerdem setzten Betriebe in ganz China angesichts von Stromrationierungen auf Dieselgeneratoren.

                                  Die Dieselproduktion in China stieg bereits im Oktober gegenüber dem Vormonat um 12,4 Prozent auf 14,52 Millionen Tonnen, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin schreibt. Der Trend habe sich im November fortgesetzt, berichtet das Blatt ebenfalls unter Berufung auf JLC. Die Nachfrage auch aus der Bau- und Logistikbranche nach Diesel bleibe robust. Die Preise liegen ebenfalls hoch. Daher versorgten sich manche der vielfach auf eigene Rechnung operierenden Lastwagenfahrer Chinas zuletzt über den Schwarzmarkt. Diesel an der Tankstelle war ihnen schlicht zu teuer geworden. ck

                                    • Energie
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                                    Druck zur Auslieferung von Taiwanern

                                    China drängt ausländische Regierungen nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders zur Auslieferung von Taiwanern an die Volksrepublik. Peking wolle so die Auslieferung hunderter im Ausland lebender Taiwaner erreichen, heißt es in dem bereits am Dienstag veröffentlichten Bericht der in Madrid ansässigen Organisation. Außenamtssprecher Wang Wenbin bezeichnete die Studie am Mittwoch als “reinen Unsinn”.

                                    In den Jahren 2016 bis 2019 wurden laut Safeguard Defenders mehr als 600 im Ausland lebende Taiwaner an die Volksrepublik ausgeliefert. China betreibe eine regelrechte “Jagd auf Taiwaner”. Der größte Anteil entfiel mit 200 Fällen aber auf Spanien. Ein spanisches Gericht leistete demnach den Forderungen aus Peking Folge. Ein tschechisches Gericht wies dagegen im April 2020 einen Antrag Chinas auf Auslieferung von acht Taiwanern zurück. Es verwies dabei auf das Risiko von Folter und Menschenrechtsverletzungen in der Volksrepublik. Auch auf die Philippinen und Kambodscha übte Peking laut Safeguard Defenders Druck aus.

                                    2009 vereinbarten Taiwan und China laut der Nachrichtenagentur AFP, dass die Polizei mutmaßliche Straftäter aus dem Ausland in ihre jeweiligen Heimatländer abschieben solle. Dem Bericht zufolge aber hält Peking sich seit der Wahl der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen 2016 zunehmend weniger an diese Vereinbarung. ck

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                                      Kampagne gegen Dialekte

                                      Offiziell misst Chinas Kommunistische Partei Minderheiten im Land einen hohen Stellenwert bei. Tatsächlich aber setzt sie auf kulturelle und sprachliche Vereinheitlichung. Die Zentralregierung hat eine landesweite Kampagne zur Förderung der auch Mandarin genannten Sprache Hochchinesisch gestartet. Diese richtet sich letztlich gegen die vielen im Land gesprochenen Dialekte.

                                      Bis 2025 sollten mindestens 85 Prozent der Bürger in der Volksrepublik Mandarin sprechen, heißt es in einer Anordnung des Staatsrats vom Dienstag. Die Nutzung von Mandarin bleibe bislang “unausgewogen und unzureichend”. Mandarin müsse daher gefördert werden, um die Erfordernisse der modernen Wirtschaft zu erfüllen. Die Führung will, dass Mandarin bis 2035 praktisch Universalsprache ist, auch in ländlichen Gebieten und unter ethnischen Minderheiten.

                                      China ist ein multiethnischer Staat mit offiziell 56 ethnischen Gruppen, die allesamt ihre eigenen Sprachen pflegen, darunter Tibetisch, Mongolisch und Uigurisch. Hinzu kommen unzählige Dialekte, die sich vom Mandarin mindestens ebenso stark unterscheiden wie Deutsch sich vom Englischen. Dazu gehören etwa Kantonesisch, Hokkien oder Shanghainesisch. Sie werden nur deshalb als “Dialekte” bezeichnet, weil die Schriftsprache die gleiche ist wie bei Mandarin.

                                      Das Dokument des Staatsrats ruft nun zu einer verstärkten Aufsicht auf. Es gilt “sicherzustellen, dass die nationale gemeinsame gesprochene und geschriebene Sprache als Amtssprache von Regierungsbehörden und als Grundsprache von Schulen, Nachrichten und Publikationen, Radio, Film und Fernsehen, öffentlichen Diensten und anderen Bereichen” genutzt werde. Das wird nicht unbedingt einfach werden, denn die Menschen hängen an ihren Lokalsprachen. 2020 war es zu Protesten in der Inneren Mongolei gekommen, als die Behörden an den Schulen Mongolisch untersagten und Mandarin zur Unterrichtssprache machten. Peking bezeichnete daraufhin die Proteste als eine Form von Separatismus und ging entsprechend rabiat gegen die Protestierenden vor. flee 

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                                      Von 11/11 lernen: Marketing, Einzelhandel, Konsumtrends

                                      Von Sofia Brooke, Dezan Shira

                                      Chinas wachsende Verbrauchermacht spielt eine wichtige Rolle für die “Dual Circulation“-Strategie des Landes. Sie ist zugleich ein Motor des globalen Wachstums. Als größtes und beliebtestes jährliches Einkaufsfest der Welt – das mittlerweile den Black Friday und den Cyber Monday zusammen in den Schatten stellt – dient das Shopping-Festival “Singles Day” als Schaufenster für die Beobachtung der Verbrauchertrends in China.

                                      In diesem Jahr begann das jährliche chinesische Einkaufsfestival bereits am 20. Oktober 2021 um 20 Uhr. Es war 2009 von dem Onlinehandels-Riesen Alibaba rund um den 11. November, dem inoffiziellen Feiertag für Alleinstehende, ins Leben gerufen worden. Seitdem hat sich die kommerzielle Aktivität rund um den 11.11. von einem Tag auf drei Wochen ausgeweitet und von den Alibaba-Marktplätzen Taobao und Tmall auf den gesamten Einzelhandel ausgedehnt.

                                      Einzelhändler und Marken nutzen nun Social-Media-Plattformen und setzen neben Marketingkampagnen auf allen zugänglichen Kanälen auch Livestreaming-Sitzungen ein, um ihren Umsatz auf dem chinesischen Markt zu steigern. Neue Marktteilnehmer verstärken derweil den Wettbewerb. In diesem Artikel stellen wir Ihnen die sich abzeichnenden neuen Trends vor.

                                      Marketing- und Einzelhandelstrends verschieben sich weiter

                                      Beim diesjährigen “Singles Day”-Einkaufsfestival gab es keine “Schlachtberichte”, in denen üblicherweise neue Rekorde aufgeführt werden, wie es seit etwa einem Jahrzehnt der Fall ist.

                                      45 Minuten nach Mitternacht am Donnerstag, den 11. November, verzeichneten 382 Marken auf der Alibaba-Plattform Tmall einen Umsatz von mehr als 15,6 Millionen US-Dollar. Darunter waren inländische Marken wie Huawei und Erke und internationale Marken wie L’Oréal und Apple. Das Gesamttransaktionsvolumen von Tmall stieg von fast 78 Milliarden US-Dollar im letzten Jahr auf 84 Milliarden US-Dollar. JD.com meldete einen neuen Rekord mit einem Umsatz von 54 Milliarden US-Dollar.

                                      In diesem Jahr fand der Vorverkauf früher statt. In der Vergangenheit begann der Vorverkauf für Double 11 um Mitternacht. Die Verbraucher machten die ganze Nacht durch, um Bestellungen aufzugeben. In diesem Jahr begannen die Vorverkäufe von Tmall und JD.com jedoch schon Stunden früher, nämlich am 20. Oktober um 20 Uhr. Durch die Verlängerung des Verkaufszeitraums konnten die E-Commerce-Unternehmen den Absatz nochmals steigern und den Druck auf die Logistiknetzwerke und Händler verringern.

                                      Längerer Vorverkaufszeitraum und neue Plattformfunktionen

                                      Die Kurzvideobetreiber Bytedance und Kuaishou haben ebenfalls Shopping-Events auf ihren Plattformen gestartet. Beide Plattformen übertragen den Handel per Livestream. Die Streamer nutzen ihre Verbindungen und ihre Glaubwürdigkeit bei den Zuschauern, um Produkte zu empfehlen. Manchmal gibt es auch exklusive Rabatte für den Stream.

                                      Diese Plattformen haben täglich Hunderte Millionen Besucher. Im August 2020 erreichte Douyin von Bytedance 600 Millionen täglich aktive Nutzer, während Kuaishou im zweiten Quartal 2021 ganze 293 Millionen täglich aktive Nutzer erreichte. Diese Plattformen verfügen auch über besondere Funktionen wie Algorithmen zur Empfehlung von Inhalten, die zu den Verkaufszahlen beitragen.

                                      Im Juni 2020 schuf Bytedance seine eigene E-Commerce-Abteilung und nahm in diesem Jahr erstmals selbst aktiv am Singles Day teil, anstatt nur als Werbeplattform für andere Plattformen zu fungieren. Douyin verzeichnete einen Endumsatz von 2,9 Milliarden US-Dollar.

                                      Am 1. Oktober dieses Jahres veröffentlichte Alibaba eine neue Funktion namens “Zhongcao Machine”, die es Käufern ermöglicht, nach Bewertungen von anderen Nutzern zu suchen. Der Begriff bedeutet übersetzt “Gras pflanzen” und bezieht sich auf die Idee, eine Idee zum Kauf von Waren in den Köpfen der Verbraucher zu verankern.

                                      Der Guochao-Trend: Fokus auf einheimischen Marken

                                      Der Begriff “Guochao” bezeichnet den Wunsch, chinesische Dienstleistungen und Waren zu kaufen und sich mit den lokalen Produzenten und Wurzeln zu verbinden. Das wirkt sehr zum Vorteil der chinesischen Unternehmen. Auch wenn dieser Trend durch nationalistische Gegenreaktionen gegen ausländische Produkte verstärkt wurde, läuft die Verschiebung der Markenpräferenzen in China von ausländischen zu inländischen Unternehmen schon länger. Die eigenen Waren sind auch einfach wettbewerbsfähiger geworden.

                                      Eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter 5.000 Menschen in 15 Städten ergab, dass die Zahl derer, die eine einheimische Marke gegenüber einer ausländischen Marke bevorzugen, zwischen 2011 und 2020 von 15 Prozent auf 85 Prozent gestiegen ist. Diese Verschiebung der Präferenzen hat dazu geführt, dass in einigen Kategorien große lokale Anbieter entstanden sind. In den letzten zehn Jahren haben lokale chinesische Marken den größten Teil des Marktes für Haushaltswaren und Elektronik erobert. In diesen Kategorien halten viele chinesische Marken inzwischen einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent.

                                      In der Vergangenheit hatten ausländische Unternehmen den größten Marktanteil in der Schönheits- und Automobilindustrie in China. Chinesische Premium-Automobilmarken machen heute sechs Prozent des Marktes aus, während Elektrofahrzeuge fast den gesamten Markt in China ausmachen.

                                      Der Guochao-Trend hat sich nun auch sehr deutlich bei Bekleidung und Schuhen bemerkbar gemacht: Lokale Bekleidungsmarken konnten ihren Marktanteil zwischen 2015 und 2020 um drei Prozentpunkte steigern. Bei Schuhen und Sportbekleidung hingegen sank der Anteil im gleichen Zeitraum zwischen fünf und 10 Prozent. Trotzdem haben einige chinesische Unternehmen ein starkes Wachstum verzeichnet. Das Sportbekleidungsunternehmen Anta Group hat seinen Umsatz in diesem Zeitraum etwa verdreifacht, während Li-Ning seinen Umsatz um 85 Prozent steigern konnte. Einige globale Marken verzeichneten Anfang 2021 ebenfalls Rückgänge.

                                      Die Präferenzverschiebungen sind also nicht nur auf den “Kauf vor Ort” zurückzuführen, sondern auf eine Mischung aus Faktoren wie Qualitätserwartungen, Markttrends, Preisspanne und Wahrnehmung der Zielgruppen und so weiter.

                                      So konnten beispielsweise chinesische Hautpflege- und Make-up-Produkte dank eines besseren Verständnisses der chinesischen Verbraucher, der Entwicklungskapazitäten und besserer Online-Vertriebskanäle die globalen Konkurrenten herausfordern. Die Branche wurde auch von der Regierung und dem Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) unterstützt. Es wurde ihr versprochen, mit anderen Behörden zusammenzuarbeiten, um der Kosmetikindustrie Innovations- und Finanzierungshilfen anzubieten.

                                      Nach Angaben der Beratungsfirma Shanghai Shenyin Wangou Research & Consulting führten zwar ausländische Kosmetikmarken bei den Vorverkaufszahlen. Doch die inländischen Marken Winona und Proya Cosmetic Co. rückten beim Singles Day auf Platz 5 beziehungsweise 10 vor. In der ersten Stunde des Vorverkaufs erzielte Winona einen Umsatz von 109 Millionen US-Dollar. Damit wurde der Rekord für den gesamten Festivalzeitraum im vergangenen Jahr übertroffen. Sportmarken wie Erke, MobiGarden und Warrior sowie Haushaltswarenmarken wie Tineco und Narwal übertrafen die Verkaufszahlenrekorde für den gesamten Tag bereits in der ersten Verkaufsstunde.

                                      Verbot von Walled Gardens

                                      Es ist seit Jahren gängige Praxis der größten Technologieunternehmen, die Links von Konkurrenten in ihren Apps zu blockieren. Dies ist als “Walled Gardens”-Ansatz bekannt und kann das digitale Ökosystem eines Unternehmens schützen, die Verbraucher davon abhalten, ihr Geld woanders auszugeben, und das Wachstum der Konkurrenten einschränken. Beim diesjährigen Singles Day gab es eine wichtige Änderung, da dieser Walled-Garden-Ansatz durch eine Regierungsrichtlinie verboten wurde, um Monopole und wettbewerbswidrige Praktiken zu vermeiden.

                                      Zuvor bedeutete die “Walled Gardens”-Strategie, dass Links von Douyin und Feishu (einem Tool für den Arbeitsplatz) nicht ohne weiteres in der universell verbreiteten App Wechat von Tencent geöffnet werden konnten. Auch Links, die von Taobao und Tmall weitergeleitet wurden, konnten zuvor nicht direkt in der App geöffnet werden. Tencent begründete diese Praxis mit Sicherheitsbedenken. Diese Praktiken führten zu rechtlichen Problemen und Beschwerden von Nutzern.

                                      Andere Unternehmen führten ähnliche Beschränkungen ein. Alibaba erlaubte Käufern jahrelang nicht, das Wechat-Pay-System von Tencent zu nutzen. Auch Douyin verbot während des Double-11-Festivals 2020 die Verlinkung von Websites Dritter auf Livestreaming-Kanälen.

                                      Diese Praktiken sind nun jedoch effektiv verboten. Am 26. Juli dieses Jahres kündigte das MIIT eine sechsmonatige Kampagne zur Säuberung der Internetbranche an, bei der die Sperrung externer Links eine von acht Arten von Aktivitäten war, die ins Visier genommen wurden. Am 17. August veröffentlichte die staatliche Behörde für Marktregulierung (SAMR) den Entwurf von Leitlinien zur Regulierung wettbewerbswidriger Maßnahmen in der Branche, in denen das Blockieren von Links erneut verboten wurde. Am 15. September veröffentlichte die Aufsichtsbehörde für Cybersicherheit Leitlinien, die von den Plattformen eine Zusammenarbeit in Bezug auf Datenverkehr und Daten im Einklang mit den nationalen Vorschriften verlangen.

                                      Tencent, Bytedance und Alibaba haben alle ihre Unterstützung für die neuen Regeln zum Ausdruck gebracht. Am 17. September erlaubte Tencent den Wechat-Nutzern, externe Links in privaten Chats zu teilen. Am 27. Oktober bestätigte der Chief Marketing Officer von Alibaba, Christ Tung, dass Wechat Pay nun für Einkäufe in den Apps verwendet werden kann. Nutzer können ihre Alibaba-Warenkörbe auch in Wechat-Gruppenchats und den “Moments”-Feeds teilen.

                                      Händler wollen ihr grünes Image aufpolieren

                                      Während des Singles Day versuchten einige Unternehmen, das Gemeinwohl und den grünen Konsum zu fördern. Diese Bemühungen erfolgen vor dem Hintergrund, dass die Regierung den Tech-Sektor auffordert, mehr zum gemeinsamen Wohlstand beizutragen, und dass mehrere Behörden Pläne zur Erfüllung der chinesischen Kohlenstoffreduktionsziele vorstellen.

                                      Auf Tmall wurden grüne Gutscheine im Wert von 15 Millionen US-Dollar ausgegeben, um die Verbraucher zum Kauf von Produkten mit grüner Zertifizierung und Energieeffizienz zu bewegen. Gleichzeitig führte die Logistikabteilung von Alibaba 60.000 Verpackungsrecyclingstellen in 20 Städten ein. JD.com erklärte, dass es Verpackungen recycelt und reduziert, und dass es Lieferungen mit Elektrofahrzeugen durchführt. Diese Initiativen sind nicht überraschend, da nachhaltiger Konsum in China immer beliebter wird. In einer von der Unternehmensberatung PWC durchgeführten Umfrage sagten 72 Prozent der Befragten in China, dass sie bei Unternehmen kaufen, die sich für den Umweltschutz einsetzen.

                                      Alibaba hat ebenfalls philanthropische Kampagnen gestartet. Zum Beispiel ihre Spende in Höhe von einer Milliarde Yuan für Social-Media-Posts, in denen das “Goods for Good”-Programm erwähnt wird. Die Spenden aus diesem Programm, einer Initiative aus dem Jahr 2006, kommen allein lebenden älteren Menschen, Arbeitern mit geringem Einkommen und “zurückgebliebenen Kindern” von Wanderarbeitern zugute.

                                      Die Zukunft des Konsums in China ist rosig

                                      China trägt einen großen Teil zum weltweiten Konsum bei, aber McKinsey berichtet, dass es noch “Raum für Wachstum” gibt. Chinas Haushaltskonsum macht etwa 38 Prozent seines BIP aus. Im Vergleich dazu liegt der Verbrauch im gesamten asiatisch-pazifischen Raum bei 50 Prozent des BIP, in der Europäischen Union bei 52 Prozent und in den Vereinigten Staaten bei 68 Prozent. McKinsey berichtet, dass ein komplexeres Finanzsystem und neue politische Richtungen die Kunden in Richtung diskretionärer Ausgaben oder Finanzanlagen lenken könnten.

                                      Da China sich immer weiter urbanisiert, bleiben die Städte die treibende Kraft des Wachstums. Es wird erwartet, dass etwa 80 Prozent des zukünftigen Konsumwachstums in Städten stattfinden wird. Der Konsum in China wird von den 30 größten Städten des Landes bestimmt. Die Verbraucher in diesen Städten verfügen über eine große Kaufkraft und geben pro Kopf mehr aus als der Landesdurchschnitt. In diesen Städten gab es in der Vergangenheit größere Dienstleistungsangebote und Einzelhandelsmöglichkeiten. In Städten außerhalb der Top 30, wie z.B. Guiyang, entstehen jedoch neue Verbrauchszentren, die einen höheren Haushaltskonsum verzeichnen. Viele Unternehmen antizipieren diese nächste Wachstumswelle und weiten ihre Reichweite auf Städte aus, in denen die Einkommen steigen.

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                                        Personalien

                                        Vishal Sharma ist neuer CEO Greater China des Logistikunternehmens DB Schenker. Sharma wechselt aus Indien, wo er seit Mai 2018 CEO für den indischen Subkontinent zuständig war. Zuvor hatte Sharma verschiedene Managementpositionen im Logistiksektor inne, darunter bei Maersk oder Damco in Indien. Sharma folgt in China auf den bisherigen CEO Christopher Pollard.

                                        Dessert

                                        Ein Bauer zerschneidet getrocknete Platten aus Süßkartoffeln zum Trocknen
                                        Süßkartoffel-Erntezeit in Zhejiang

                                        Ein Bauer in Quanfan schneidet Platten aus Süßkartoffelmark in Streifen: Danach werden die Stücke unter der Sonne getrocknet. Jeden Winter bereiten die Bewohner des Dorfes in der Küstenprovinz Zhejiang auf diese Weise verschiedene Süßkartoffel-Delikatessen zu. Populär sind im ganzen Land zum Beispiel die köstlichen und gesunden traditionellen Süßkartoffelchips.

                                        • Landwirtschaft

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