Table.Briefing: China

Allianz gegen China + Ablehnung der Ehe

  • Die Quad-Gruppe kreist China ein
  • Viele junge Frauen wollen nicht heiraten
  • Behörden ziehen Zügel in Hongkong an
  • BMW und Daimler speichern Daten im Inland
  • Flotten des Staates fahren bald rein elektrisch
  • Montenegro kann Peking um Stundung bitten
  • Verbot von Einwegplastik auf Flügen
  • Johnny Erling und das Geheimnis der bedruckten Scheine
Liebe Leserin, lieber Leser,

die Japanerinnen haben es vorgemacht. Schon in den Nullerjahren begannen die Frauen in Chinas trendigem Nachbarland, auf die Ehe zu verzichten. Sie sind mehrheitlich gut ausgebildet und wollen lieber Karriere machen und das Leben genießen, statt sich um Abwasch und Kinder zu kümmern – denn das hätte der Mann von ihnen erwartet. Genauso läuft es jetzt in China, wie Marcel Grzanna berichtet. Hier wie dort blicken die staatlichen Planer mit Sorge auf den Trend. Denn weniger Eheschließungen gehen auch heute noch mit einer geringeren Geburtenzahl einher.

Chinas größte außenpolitische Krux ist möglicherweise das Misstrauen aller seiner Nachbarn (außer Pakistan) gegenüber den Absichten der neuen Weltmacht. Das nutzt jetzt Joe Biden, indem er ein fast vergessenes Format wiederbelebt und auf eine neue Stufe hebt: Den “Quad-Austausch” der USA mit Japan, Indien und Australien. Zusammen kreisen diese Länder China geopolitisch ein. Biden zeigt damit abermals: Er will den konfrontativen Kurs gegen China fortsetzen. In Peking löst all das erhebliches Unbehagen aus, analysiert Michael Radunski.

Wer in China lebt oder das Land nur länger bereist, bemerkt manchmal Schriftzeichen auf den Geldscheinen, die wie aufgestempelt aussehen. Oft handelt es sich um politische Botschaften der Falun-Gong-Sekte. Unser Kolumnist Johnny Erling ist dem Phänomen auf den Grund gegangen: Es sind professionelle Druckereien, die Zahlungsmittel in Flugblätter verwandeln.

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

Analyse

Vier gegen China

Li Jimings Drohung war deutlich: Sollte Bangladesch der Quad beitreten, werde das die Beziehungen zwischen Peking und Dhaka fundamental schädigen. Chinas Botschafter in Bangladesch wollte an seiner Warnung keinen Zweifel aufkommen lassen und legte nach. “Die Geschichte hat es wieder und wieder gezeigt, solche Partnerschaften schaden der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung unserer Nachbarn und dem Wohlergehen seiner Menschen”, sagte Li Anfang Mai in Dhaka.

Pekings Zorn richtet sich auf die sogenannte Quad, den “Quadrilateral Security Dialogue”, einem informellen Gesprächsforum der USA, Japan, Australien und Indien. Laut Selbstbeschreibung tritt die Quad für einen “freien und offenen Indo-Pazifik” ein. Japans ehemaliger Premier Shinzo Abe bezeichnet das Bündnis als “Sicherheitsdiamant” und preist es als einen Verfechter der Demokratie in Asien. Und genau das erzürnt Peking. Zwar vermeidet es die Quad in ihren Erklärungen China explizit zu erwähnen, aber allen klar ist, worum es im Grunde geht: ein Gegengewicht zu China aufzubauen.

Wende unter Biden

Die Ursprünge der Quad liegen im Jahr 2004. In den Monaten nach dem verheerenden Tsunami im Indischen Ozean bündelten Australien, Indien, Japan und die USA ihre Kräfte, um zu helfen: In der “Tsuanmi Core Group” sammelten sie Truppen und humanitäre Helfer, Hubschrauber, Schiffe und Transportflugzeuge. Als China drei Jahre später seine Ansprüche im Südchinesischen Meer immer forscher verfolgte, griff der damalige japanische Premier Shinzo Abe auf jene Tsunami-Vierergruppe zurück und initiierte den “quatrilateralen Sicherheitsdialog”.

Doch der Zusammenschluss war nicht sonderlich stabil, einigen erschien die Quad schnell als Totgeburt: Australien zog sich unter dem China-freundlichen Premier Kevin Rudd zurück, und auch Abes Nachfolger in Tokio wollte China nicht zusätzlich verstimmen. Wirkliche Bedeutung gewann der Dialog erst zehn Jahre später, als China die Paracel- und Spratly-Inseln übernahm, seinen Flottenausbau forcierte und es an der chinesisch-indischen Grenze zu Scharmützeln kam. Über vereinzelte Quad-Treffen der jeweiligen Außenminister kam das Format allerdings anfangs nicht hinaus.

Nun scheint vor allem der neue US-Präsident Joe Biden entschlossen, der Quad endlich Leben einzuhauchen. Mitte März ließ er den ersten Quad-Gipfel der vier Staatschefs organisieren. Mit dabei waren der Inder Narendra Modi, der Australier Scott Morrison, der Japaner Yoshihide Suga sowie Biden selbst; wenn auch Corona-bedingt nur virtuell. Die Regierungschefs haben dabei gleich eine konkrete Initiative beschlossen: Die vier Länder wollen eine Covid-Impfstoffoffensive in der indopazifischen Region starten, in dem man Indien finanziell, technisch und logistisch bei der Vakzinproduktion unterstützt.

Anschließend war von den Beteiligten nur Positives zu hören. Indiens Premier Modi meinte, die Gruppe sei “erwachsen geworden” und werde “jetzt eine wichtige Säule der Stabilität in der Region bleiben”. Australiens Regierungschef Morrison ist überzeugt, die Quad erlebe eine neue Morgendämmerung.

Verfrühter Enthusiasmus

Doch sollte diese Euphorie nicht den Blick auf den wahren Zustand des informellen Bündnisses verstellen. Es ist nicht der Wunsch nach Zusammenarbeit, der die Beteiligten zusammenführt, sondern eher die Tatsache, dass sie allesamt Probleme mit dem mächtigsten Akteur der Region haben. Und all diese Schwierigkeiten sind zudem sehr unterschiedlich: die USA befinden sich in einem Technologie- und Handelskonflikt mit China, Japan geht es vor allem um die Diaoyu/Senkaku-Inseln, im Streit zwischen Canberra und Peking geht es um geostrategische Interessen, Strafzölle und 5G-Technologie (China Table berichtete), während sich Indien und China an ihrer Grenze regelmäßig militärische Scharmützel liefern, bei denen immer wieder Tote zu beklagen sind (China Table berichtete).

So unterschiedlich die jeweiligen Probleme sind, so sehr gehen auch die Interessen der einzelnen Quad-Mitglieder auseinander: Für Japan und Australien stehen die Auseinandersetzungen im Südchinesisches Meer im Fokus, Indiens Augenmerk hingegen liegt auf den Grenzstreitigkeiten und dem Indischen Ozean, während die USA sich in einem globalen Systemkonflikt mit dem aufstrebenden China wähnen. In Amerika wird deshalb hervorgehoben, dass die Quad die Stärke der Demokratien in der Region wiederspiegele. Vor allem im Hinblick auf Chinas Fortschritte im Kampf gegen Corona oder seine erfolgreiche Industriepolitik ist diese Werterivalität im öffentlichen Diskurs nicht zu unterschätzen.

Sicherheit, nicht Werte

Allerdings haben die Gesprächsthemen der Quad bislang nichts mit Regierungsführung, Menschenrechten oder der Stärkung demokratischer Strukturen zu tun. Und so sehr die geplante Impfstoffoffensive der Quad auch zu begrüßen ist, in einem System mit internationalen Institutionen wäre die Covax-Initiative der Weltgesundheitsorganisation der richtige Ort für ein solches Vorhaben. Einen internationalen Propaganda-Feldzug im Namen von Impfstoffen, um lediglich seinen eigenen Einfluss zu stärken, hat bereits Peking gestartet (China Table berichtete).

Der eigentliche Impuls der Quad geht ohnehin vom Bereich Sicherheit aus. Ende 2020 gab es erstmals eine gemeinsame Militärübung. An der von Indien geleiteten Malabar-Übung nahmen im vergangenen November nach 13 Jahren erstmals wieder alle vier Quad-Nationen teil. Der damalige US-Vizeaußenminister Stephen Biegun schlug daraufhin vor, solche Übungen regelmäßig abzuhalten und weiteren Nationen zu öffnen – zum Beispiel Südkorea, Neuseeland oder auch Vietnam. Vor wenigen Wochen schloss sich dann tatsächlich eine große Militärmacht der nächsten Quad-Militärübung an: Frankreich nahm Anfang April im Format “Quad+”an einer dreitägigen Übung im Golf von Bengalen teil.

Keine asiatische Nato

Für zusätzliche Aufregung sorgte Bieguns Wunsch, die Quad weiter zu formalisieren. Schnell wurde spekuliert, die Quad könnte sich zu einer asiatischen Nato entwickeln. Doch auch dieser Aspekt scheint vor allem von Euphorie getragen zu sein. Denn in den Gründungsjahren der Nato war es einfach, gegen die Sowjetunion zu sein. Wirtschaftlich spielte das von Moskau geführte Riesenreich für keinen der Beteiligung eine wichtige Rolle. Anders liegt der Fall mit Quad und China: So sehr Australien, Indien, Japan oder die USA auch die Politik Pekings missbilligen, ökonomisch sind sie allesamt eng mit der Volksrepublik verbunden, auf sie angewiesen oder teilweise gar von ihr abhängig.

Der renommierte Politikwissenschaftler Kishore Mahbubani ist jedenfalls überzeugt: Die Quad wird den Lauf der asiatischen Geschichte nicht verändern. Zum einen hätten die vier Quad-Staaten sehr unterschiedliche Interessen und Verletzlichkeiten. Zum anderen sei das große strategische Spiel in Asien kein militärisches, sondern ein ökonomisches. Mahububani verweist auf die “Regional Comprehensive Economic Partnership” (RCEP), die größte Freihandelszone der Welt, in der China Ende 2020 fünfzehn asiatisch-pazifische Nationen zusammengeführt hat. Und so kommt der Politikwissenschaftler zu dem Schluss: “Die Zukunft Asiens wird in vier Buchstaben geschrieben, RCEP, nicht Quad.”

China wiederum ist die Quad ein Dorn im Auge. Immer wieder finden chinesische Diplomaten scharfe Worte gegen die Initiative. Für die staatliche Zeitung Global Times handelt es sich weder um eine “asiatischen Nato” noch um einen “Diamanten”, sondern vielmehr um einen “Klub des leeren Geredes”.

Doch ganz so überzeugt scheinen Pekings Machthaber von der vermeintlichen Schwäche der Quad nicht zu sein. Die jüngste Drohung gegenüber Bangladesch, sich gefälligst von der Quad fernzuhalten, hatte jedenfalls keinen konkreten Anlass. Weder wurde Dhaka gebeten mitzumachen, noch hatte die Regierung einen Platz in dem Sicherheitsdialog angefragt. Bangladeschs Außenminister AK Abdul Momen verbat sich jedenfalls jegliche Einmischung aus Peking. Man sei ein souveräner Staat und entscheide eigenständig über die Außenpolitik des Landes.

Pekings Trumpf ist seine wirtschaftliche Dominanz in der Region. Doch Bidens neues Interesse an Partnern vor Chinas Haustür scheint die Führung unruhig zu machen. Noch handelt es sich bei der Quad um ein loses Bündnis mit sehr unterschiedlichen Interessen und Empfindlichkeiten. Doch einschüchternder Druck von außen kann durchaus Zusammenhalt im Inneren erzeugen.

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Heirat? Nein danke! Viele Frauen wollen keinen Gatten

Für chinesische Junggesellen hagelt es schlechte Nachrichten. Nicht genug, dass es in der Volksrepublik viel mehr Männer im heiratsfähigen Alter gibt als Frauen, weswegen Zigmillionen Herren schon rein mathematisch auf der Strecke bleiben. Diejenigen Damen, die theoretisch auf dem Markt sind, haben jetzt auch noch zunehmend weniger Interesse an der Ehe.

Ende April veröffentlichte die Dating-App Tantan die Resultate einer Umfrage unter 3000 Menschen der Millennial-Generation. Das sind Frauen und Männer, die heute zwischen 20 und 40 Jahren alt sind. Zwei Drittel der Frauen gaben an, sie würden eine Ehe nur auf Grundlage einer “hochqualitativen Beziehung” eingehen. Und noch schlimmer: Für 41 Prozent sei es sogar “akzeptabel”, unverheiratet zu sterben – Zahlen wie ein Trommelfeuer gegen die männliche Eitelkeit.

“Das bedeutet im Klartext, dass viele chinesische Frauen keine Lust mehr darauf haben, stereotype Rollenbilder auszufüllen. Sie suchen nach Partnerschaften auf Augenhöhe, keine Arrangements mit Männern von gestern, die veraltete Ansichten in die Zukunft retten wollen”, sagt die Berliner Journalistin Qin Liwen, die sich seit Jahren intensiv mit dem Feminismus in China auseinandersetzt. Ausgerechnet in China, der Wiege des Konfuzianismus, wo die Familie jahrtausendelang den Kern aller Glückseligkeit darstellte, wenden sich junge Menschen zunehmend von diesem Konzept ab. Übrigens auch Männer, von denen immerhin auch jeder fünfte inzwischen sagt: Es geht auch ohne Ehe. Wobei deren Beweggrund eher in Resignation wegen der riesigen Konkurrenz zu suchen ist.

Was das auch für die Männer bedeutet, zeigt das Beispiel eines Mitte-Dreißigjährigen auf Heimatbesuch in seinem Geburtsort: 30 Häuser, 150 Einwohner, zwei Flugstunden von Peking entfernt. Der junge Mann brachte Freunde mit, die vor seiner Mutter von seinem beruflichen Erfolg schwärmten. Er sei fleißig, intelligent und verdiene mehr Geld pro Monat als das gesamte Dorf zusammen. Mutter hörte geduldig zu und antwortete: “Ja, aber er ist nicht verheiratet.” Die Nachbarn würden schon seit Jahren darüber schwätzen.

Zahl der Reuigen hat sich in acht Jahren verdoppelt

Wer es von den Männern dann doch in den Hafen der Ehe schafft, bekommt offenbar immer häufiger ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die jährliche China Beautiful Life Survey, eine Umfrage unter der Federführung des Nationalen Statistikamtes, hat sich der Frage angenommen, wie zufrieden die Eheleute sind. Befragt wurden 100.000 Haushalte im ganzen Land. Das Ergebnis: Jede fünfte Ehefrau bereut ihre Entscheidung zur Heirat. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2012. Was läuft da falsch in der zweitgrößten Volkswirtschaft?

“Chinesische Männer sind nicht prinzipiell familienorientierter als chinesische Frauen. Aber sie sehen in einer Ehe mehr Vorteile als Frauen und handeln deshalb pragmatischer”, sagt Journalistin Qin. Eine Beziehung interpretieren viele Männer in China immer noch über konservative Geschlechterrollen: Sie schenkt ihm den Stammhalter, der in vielen Bevölkerungsschichten des Landes weiterhin als Krönung des männlichen Daseins gewertet wird, kümmert sich um den Haushalt, später um die Schularbeiten des Nachwuchses und steht nicht zuletzt als bereitwillige Sexualpartnerin zur Verfügung. Fügt sie sich nicht, droht in immer noch sehr vielen chinesischen Ehen Gewalt gegen die Frauen.

Seit 2016 gibt es zwar eine verschärfte Gesetzgebung, um häusliche Gewalt aus Familien zu verbannen. Doch ihr Effekt ist noch immer gering. Im Jahr 2018 zählte China alle 7,4 Sekunden einen Fall von häuslicher Gewalt: 4,3 Millionen Fälle insgesamt. Zu 85 Prozent waren Frauen die Opfer. Journalistin Qin ist sicher, dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher ist. “Die allermeisten Frauen wagen es nicht, einen solchen Vorfall anzuzeigen. Zudem beginnt Gewalt meistens schon auf einer psychologischen Ebene, ehe es zu Handgreiflichkeiten kommt. Auch solche Fälle von Demütigungen und Erniedrigungen erfasst diese Statistik nicht.” Verhandlungen über Vergewaltigungen in der Ehe würden zudem kaum von chinesischen Gerichten zugelassen.

Akademiker schlagen vor: Frauen zurück in die Dörfer

Offizielle Statistiken bezifferten die Zahl unverheirateter Erwachsener in China im Jahr 2018 auf 240 Millionen Menschen. Die Folge ist auch eine stark sinkende Geburtenrate, die unter 1,5 Kinder pro Frau gesunken ist. (China.Table berichtete).

In der Volksrepublik wird noch immer geringschätzig von den “Restfrauen” (剩女) gesprochen, wenn sie mit 30 noch nicht verheiratet sind. Doch eigentlich sollte längst von “Restmännern” die Rede sein, von denen viele perspektivlos in ihren Heimatorten leben, ohne Hoffnung jemals zu heiraten, geschweige denn Kinder in die Welt zu setzen. Einige chinesische Akademiker kamen deshalb schon auf die Idee, dass alleinstehende Frauen aus den Großstädten zurück in die Dörfer ziehen sollten, um diese Männer aus ihrem nachwuchslosen Elend zu befreien. Solche Vorschläge sind auch Ausdruck einer Geisteshaltung, in der das intellektuelle und berufliche Potenzial von Frauen eine geringere Rolle spielt als ihre Fruchtbarkeit.

Die inzwischen modifizierte Einkindpolitik hat nicht nur den bereits erwähnten millionenfachen Überschuss an unverheirateten Männern in der Gesellschaft produziert. Zudem ist wegen der radikalen Geburtenkontrolle eine Generation an Mädchen in den 1980er- und 1990er Jahren aufgewachsen, die als Einzelkinder ein völlig neues Selbstverständnis entwickelt haben. Ihre Eltern projizierten Wünsche und Hoffnungen in die Mädchen, die normalerweise den Jungs vorbehalten waren. Sie erhielten Zugang zu Bildung und Förderung, die ihren Müttern und Großmüttern verwehrt blieb. Diese Töchter sind nun auch entschlossener, ihren eigenen Weg zu gehen.

Besonders dann, wenn die Herren der Schöpfung keine sonderliche große Motivation verspüren, die Herausforderungen einer modernen Ehe, in der beide Partner einer geregelten Arbeit nachgehen, mit der Ehefrau zu teilen. “Wenn Männer ihre Einstellung gegenüber der Ehe nicht ändern, wird sich der Trend zu einer niedrigen Geburtenrate verstärken, und es wird Frauen entmutigen zu heiraten”, sagte Jiang Yunfei, die sich an der Shanghai University of Finance and Economics mit Geschlechterrollen in der Gesellschaft beschäftigt, der Hongkonger Tageszeitung South China Morning Post.

Ausdruck dafür ist auch die explodierende Scheidungsrate in China. Während die Behörden im Jahr 2009 eine Scheidung auf fünf Eheschließungen registrierten, war es 2019 eine Scheidung auf nur noch zwei Ehen.

Die Regierung versucht, das demografische Desaster mit neuen Vorschriften im Zaum zu halten. Ein neues Gesetz verlangt trennungswilligen Ehepartnern seit Anfang dieses Jahr deshalb ab, sich einen Monat zu gedulden, ehe ihr Scheidungsantrag bearbeitet wird. Vielleicht, so die Hoffnung des Gesetzgebers, nutzt ein Teil der Paare die Zeit dazu, um ihre Entscheidung zu überdenken. Und tatsächlich scheinen jüngste Statistiken die Wirksamkeit der Maßnahme zu bestätigen. Das Ministerium für zivile Angelegenheiten notierte mit mehr als 70 Prozent einen drastischen Rückgang der Scheidungen im ersten Quartal dieses Jahres. Um daraus einen Trend zu erkennen, ist es aber noch zu früh. Der erzwungene Nachdenkmonat bekämpft Symptome, aber nicht die Ursachen von Eheproblemen.

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Behörden verschärfen politische Kontrolle in Hongkong

Die Behörden in Hongkong und Macau haben am Donnerstag alle Gedenkveranstaltungen zum 32. Jahrestag des Tiananmen-Massakers in Peking untersagt. Die Polizei in Hongkong habe den Organisatoren mitgeteilt, dass wegen der aktuellen Corona-Bestimmungen weder der geplante Marsch durch die Stadt am kommenden Sonntag, noch die eigentliche Mahnwache am nächsten Freitag (4. Juni) im Victoria Park stattfinden dürften. Das berichtet die South China Morning Post. Bereits im vergangenen Jahr waren Gedenkveranstaltungen zu den blutigen Ereignissen in der chinesischen Hauptstadt am 4. Juni 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens verboten worden.

Die Absage an die verantwortliche Hong Kong Alliance in Support of Patriotic Democratic Movements of China ist jedoch die erste seit Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes. Der inhaftierte Demokratie-Aktivist Joshua Wong war vor wenigen Wochen auf Basis der neuen Gesetzgebung zu einer weiteren Haftstrafe verurteilt worden. Wong hatte sich im vergangenen Jahr an der Organisation der nicht genehmigten Gedenkfeier beteiligt. Seine Teilnahme wurde vom Gericht rückwirkend als Verstoß gegen das Nationale Sicherheitsgesetz bewertet.

Gedenken gilt als Aufforderung zum Umsturz

In der früheren portugiesischen Kolonie Macau, die 1999 als Sonderverwaltungszone wie Hongkong zwei Jahre zuvor an die Volksrepublik China angegliedert wurde, begründeten die Behörden die Absage mit Verstößen gegen örtliche Gesetze. Sowohl die Absicht als auch die vom Veranstalter formulierten Slogans zur Gedenkveranstaltung würden unter anderem die Tatbestände der Diffamierung und der Anzettelung eines Staatsumsturzes erfüllen. Gemeint sind Parolen, die ein Ende der Ein-Partei-Herrschaft und der politischen Verfolgung in China fordern. Die Macau Union of Democratic Development hat angekündigt, die Entscheidung der Polizei gerichtlich anzufechten.

Im deutlich bevölkerungsreicheren Hongkong hatten sich in den vergangenen Jahren bisweilen mehrere Hunderttausende Menschen versammelt, um der Opfer des Massakers zu gedenken. In jener Nacht des Jahres 1989 beendete das chinesische Militär mit Waffengewalt die Demokratiebewegung. Die Anzahl der Opfer wird bis heute verschleiert. Verschiedene Quellen sprechen von mehreren Hundert bis mehreren Tausend Tote. Die chinesische Regierung ist darum bemüht, die Erinnerungen an die Ereignisse vor 32 Jahren aus dem kollektiven Gedächtnis der Nation zu löschen.

Wahlrechtsreform gegen “unpatriotische” Kräfte

Das Stadtparlament hat unterdessen eine umstrittene Wahlrechtsreform besiegelt, die Bürgerrechtler:innen und kritische Geister von der Gesetzgebung fernhalten soll. Im Legislative Council (Legco), einer Kommission, die voraussichtlich mit Freunden Pekings besetzt sein wird, kann künftig eine Vorauswahl unter Kandidat:innen getroffen werden. Der Mechanismus soll trotz der weiterhin stattfindenden Wahlen ein Ergebnis garantieren, das China genehm sein soll. Im Legco hat das prochinesische Lager eine überwältigende Mehrheit, seit das Oppositionslager im vergangenen Jahr aus den Reihen des Parlaments verdrängt wurden. Das Parlament beschloss zudem, dass die Zahl der frei gewählten Abgeordneten weiter reduziert wird: Künftig sitzen nur noch 20 frei gewählte Frauen und Männer im Parlament.

Die USA, die EU und Großbritannien haben die Reform bereits als undemokratisch kritisiert. Dessen ungeachtet will Verwaltungschefin Carrie Lam das Gesetz schon bald unterschreiben und damit wirksam werden lassen. Lam verteidigte die Neuregelung. Die Auswahlkommission werde nicht nach politischen Ansichten auswählen, sondern lediglich “Nichtpatrioten” aussondern. Lam gilt jedoch als Marionette Pekings; “patriotisch” ist für sie gleichbedeutend mit Unterstützung für die auf dem Festland regierende Kommunistische Partei.

Rekordzahl von Visa-Anträgen für Großbritannien

Angesichts der schnellen Untergrabung der Bürgerrechte war Hongkong auch in Brüssel am Donnerstag ein Thema: In einer gemeinsamen Erklärung nach dem EU-Japan-Gipfel kündigten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Charles Michel und der japanische Premier Yoshihide Suga eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit in “regionalen Angelegenheiten” wie Hongkong an. Im Gespräch war zuvor unter anderem eine Vereinfachung der Möglichkeiten, bedrohten Hongkonger:innen den Schutz durch das Asylrecht oder eine unkompliziertere Einbürgerung anzubieten.

Viele politisch interessiert Hongkonger:innen wollen angesichts der brisanten Lage auswandern. Großbritannien hat ihnen bereits das Angebot gemacht, unkompliziert die dortige Staatsbürgerschaft anzunehmen. Die Botschaften des Landes verzeichnen nun eine besonders hohe Zahl von Anträgen für längerfristige Visa aus Hongkong – sogar mehr als aus den EU-Ländern, wo die Nachfrage aufgrund der Entflechtung nach dem Brexit ebenfalls hoch ist. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres gingen 34.000 Anträge aus Hongkong ein, aus der EU waren es nur 5350. Großbritannien rechnet mit rund 300.000 Antragstellern. Marcel Grzanna, Finn Mayer-Kuckuk, Amelie Richter

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  • Menschenrechte
  • Tiananmen-Massaker

Termine

29.05.2021, 14:00-16:00 Uhr
Vortrag, Humboldt-Forum Wirtschaft: Unternehmenskultur in China
There are many games to choose from. You could survive in a harsh environment, build creatively, or fight other players. Just download a game or connect to a server. Mehr

01.06.2021, 8:30-9:30 Uhr (14:30-15:30 CST)
Vortrag, CNBW: Messen in China – Das muss man wissen, um erfolgreich dabei zu sein Mehr

01.06.2021, 13:00 Uhr
Online Event, MERICS: After Xi – Scenarios for China’s Leadership Succession Anmeldung

02.06.2021, 12:00 Uhr
Vortrag, DGAP: USA’s Biden Plan, China’s 5-Year Plan, and the EU’s Recovery Plan: Policy Responses in a Time of Transition. Mehr

02.06.2021, 19:00-20:00 Uhr (13:00-14:00 CST)
Webinar, Dezan Shira: How to Repatriate Profits from China – Practical Methods & Strategy Development Anmeldung

03.06.2021, 8:00-9:20 Uhr (14:00-15:20 CST)
Hybrid Event, EU SME: Digitalisation in the Water Sector | Aquatech China 2021 (Shanghai) Mehr

03.06.2021, 9:40-11:00 Uhr (15:40-17:00 CST)
Hybrid Event, EU SME: Circular Economy and the Water Sector | Aquatech China 2021 (Shanghai) Mehr

03.06.2021, Jun 3, 10:00-11:15 Uhr (16:00-17:15 CST)
Webinar, EU SME: Cosmetics Policy Updates, Landscape & Non-compliance Case Study in China. Mehr

  • Bernhard Weber
  • Dezan Shira
  • EU SME Centre

News

Bericht: Deutsche Autohersteller speichern Daten vor Ort

Nach dem US-Elektroautobauer Tesla haben einem Bericht zufolge auch deutsche Autohersteller alles vorbereitet, um die durch ihre Fahrzeuge gesammelten Daten lokal in der Volksrepublik zu speichern. BMW, Daimler und Ford haben in China Einrichtungen aufgebaut, um die von ihren Autos generierten Daten vor Ort in Rechenzentren abzulegen, berichtete Reuters am Donnerstag. Demnach gab BMW an, “lokale Rechenzentren in China für die chinesische Fahrzeugflotte” zu betreiben, ohne Details dazu zu nennen, wann diese eröffnet wurden. Daimler erklärte dem Bericht zufolge, “ein dediziertes Fahrzeug-Backend in China” zu haben, in welchem Fahrzeugdaten gespeichert werden.

Volkswagen hielt sich dem Bericht zufolge noch vage: Die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen sei für eine erfolgreiche digitale Transformation von entscheidender Bedeutung, zitiert Reuters den Hersteller. “Da sich das regulatorische Umfeld noch in einem rasanten Entwicklungsstadium befindet, ist es für uns noch zu früh, um zu den Einzelheiten Stellung zu nehmen.” Dazu, ob die in China gesammelten Daten auch mit Niederlassungen im Ausland ausgetauscht würden, machte dem Bericht zufolge keiner der Autohersteller Angaben.

Auch der US-Autobauer Ford teilte mit, in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres ein Rechenzentrum in China eingerichtet zu haben und alle Fahrzeugdaten lokal zu speichern. General Motors und Toyota machten bei der Reuters-Umfrage keine Angaben zur Speicherung ihrer Daten. Renault erklärte, in China noch kein Autodatenzentrum zu haben. Nissan und Stellantis teilten demnach mit, sie würden die Regeln in China einhalten, gaben jedoch keine weiteren Details an. ari

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Bis 2035: Nur noch Elektro und Wasserstoff im öffentlichen Verkehr

China will bis 2035 den öffentlichen Verkehr komplett auf Elektromobilität oder Brennstoffzellen umstellen. Das berichtet unter anderem die chinesische Fachwebsite gasgoo.com unter Berufung auf einen Aktionsplan des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT). Umgestellt werden sollen demnach neben Bussen und sonstiger Stadtlogistik auch Reinigungsfahrzeuge wie die Müllabfuhr. Unklar ist, ob sich der Plan nur auf den städtischen Nahverkehr bezieht – oder auch Überlandbusse einschließt. Diese sind in dem Riesenland zu Zigtausenden unterwegs. Einige Städte sind bereits Vorreiter bei der Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs: So hat die Südmetropole Shenzhen sämtliche Busse auf Elektro umgestellt. In Shanghai wurden die längst eingemotteten Trolleybusse reanimiert – mit Strecken unterhalb der zahlreichen Hochstraßen der Stadt.

Hersteller gibt es in China genug. Für den in Shenzhen beheimateten Elektropionier BYD sind E-Busse inzwischen eine wesentliche Säule seines Geschäfts. BYD verkauft seine E-Busse weltweit, inklusive Europa. Auch andere große Bus-Hersteller wie King Long oder Yutong sind ins Geschäft mit Strombussen eingestiegen. Bei den Olympischen Winterspielen 2022 werden Firmen wie Yutong, Foton oder Zhongtong zudem nach lokalen Medienberichten je Dutzende Wasserstoff-Busse für Pilotprojekte in Zhangjiakou bereitstellen, dem Austragungsort der Ski-Wettkämpfe.

Außerdem will das MIIT auch den öffentlichen Dienst weiter elektrifizieren. Kommunen sollen für ihre Verwaltungen Elektroautos einkaufen – dafür seien auch Subventionen möglich. Druck auf Behörden gab es bereits in früheren Phasen der Elektrifizierungs-Bestrebungen, als die meisten Stromer von Flottenbetreibern gekauft wurden. Nun soll es aber offenbar auch um Privatwagen staatlicher Angestellter gehen. ck

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Peking bietet Montenegro Zahlungsaufschub an

China hat dem EU-Beitrittskandidaten Montenegro angeboten, über einen Aufschub für die Rückzahlung eines im Juli anfallenden Millionen-Darlehens für den Bau einer Autobahn zu sprechen. In einem Telefonat zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und seinem montenegrinischen Amtskollegen Milo Đukanović sei auch eine mögliche Verschiebung der Zahlungsfrist bis Ende 2022 angesprochen worden, teilte Đukanovićs Büro am Mittwoch mit. Đukanović und Xi sprachen demnach anlässlich des 15. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Montenegros Präsident habe Xi mitgeteilt, dass die Autobahn das “wertvollste Infrastrukturprojekt in der Geschichte Montenegros” sei. Das Projekt ist Teil der “Belt And Road”-Initiative.

Das Darlehen von mehr als 800 Millionen Euro hatte Montenegro 2014 von der Exim Bank erhalten, um den ersten von drei Abschnitten einer Autobahn von der Küstenstadt Bar bis zur serbischen Grenze zu bauen. Dieser wird von der China Road and Bridge Corporation gebaut, die die Arbeiten 2019 abschließen sollte, die Frist jedoch bis November 2021 verlängert hat. Die erste Tranche, die einem Bericht des Online-Portals Euractiv zufolge 33 Millionen Euro beträgt, sollte im Juli zurückgezahlt werden – das Land steckt aber tief in der Staatsverschuldung und kann das Geld nach eigenen Angaben nicht aufbringen. Montenegro hatte sich deshalb im April mit einem Hilfegesuch an Brüssel gewandt. Die EU lehnte es jedoch ab, dem Balkanstaat finanzielle Unterstützung zu gewähren. ari

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Verbot von Einwegplastik auf Flügen

Die chinesische Regierung verbietet ab 2022 Folienverpackungen, Geschirr und Strohhalme aus Einwegplastik auf Inlandsflügen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Xinhua mit Verweis auf eine Mitteilung der Luftfahrtbehörde. Auch auf großen Flughäfen sollen diese Artikel nicht mehr verwendet werden. Ein Jahr später gilt das Verbot auch für internationale Flüge. Die Airlines beginnen bereits damit, Mehrweggeschirr einzuführen und an Bord Mülltrennung zu betreiben. Die Neuregelung ist Teil des Fünfjahresplans der Umweltbehörden. Ziel ist eine dramatische Verringerung des Volumens von Plastikverpackungen bis zum Jahr 2025. fin

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Presseschau

Biden gibt der Labor-Hypothese neuen Aufwind – so reagiert Peking WELT
Hongkong beschließt von China verordnete Wahlrechtsreform SPIEGEL
Europe’s much-criticized pursuit of Chinese cash may be starting to unravel CNN
Behörden in Hongkong drohen Banken von Medienunternehmer Lai SPIEGEL
Australiens Botschafter darf Spionageprozess nicht sehen FAZ
Hat BioNTech Taiwan zur Aufgabe der Selbstbezeichnung als Land gedrängt? FAZ
Taiwan accuses China of interfering with Covid vaccine deals GUARDIAN
China: KI für Gefühle soll vermutlich an Uiguren getestet werden DEUTSCHLANDFUNKNOVA
China’s Ongoing Oppression of the Uighurs SPIEGEL
Hong Kong applicants for UK visas far outstrip those from EU- report REUTERS
Butterfly effect: Bienvenido Beijing – China’s Latin American vax win OZY
China is growing more worried about how surging commodity prices will affect business profits CNBC
A Temporary U.S.-China Trade Truce Starts to Look Durable NYTIMES
Education in China is becoming increasingly unfair to the poor ECONOMIST

Kolumne

Antikommunistische Parolen sind in China ihr Geld wert

Von Johnny Erling
Ein Bild von Johnny Erling

Die Geldscheine sind echt. Sie zeigen Staatsgründer Mao Zedong auf der Vorderseite in allen Nominierungen vom grünen Ein-Yuanschein (15 Cent) bis zur rötlichen 100 Yuan-Note (15 Euro). Die brisanten Botschaften finden sich auf der Rückseite als politische Parolen oder als Eigenwerbung wie “Falun Gong ist gut” für die 1992 in China gegründete Heilslehre. Laut ihrer Webseite versteht sie sich als buddhistisch inspirierte Schule zur spirituellen Selbstkultivierung, die mit körperlichen Meditationsübungen nach “Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht” strebt und zugleich die Gesundheit fördert. Peking hat sie seit 1999 als “krimineller Kult” brandmarken lassen, verfolgt ihre Anhänger mit allen Mitteln seiner Staatsmacht. Falun Gong wirft Chinas Regierung Massenhaft mit unzähligen Todesfällen und barbarische Verbrechen an ihren Anhängern vor.

Falun-Gong-Anhänger ließen chinesische Geldscheine mit politischen Botschaften bedruckt - in ähnlicher Farbe wie die offiziellen Muster. Auf der Zehn-Yuan-Note steht beispielsweise: "Bringt Jiang Zemin vor Gericht", auf der Zwanzig-Yuan-Note: "Falun Gong steht für Warheit, Barmherzigkeit und Nachsicht."
Die Rebellen haben diese Geldscheine mit politischen Botschaften bedruckt – in ähnlicher Farbe wie die offiziellen Muster. Auf der Zehn-Yuan-Note steht beispielsweise: “Bringt Jiang Zemin vor Gericht”, auf der Zwanzig-Yuan-Note: “Falun Gong steht für Warheit, Barmherzigkeit und Nachsicht.”

Gesetzliche Zahlungsmittel absichtlich zu beschädigen, verstößt in aller Welt gegen das Recht, ganz zu schweigen, wenn Geld zu Flugblättern umfunktioniert wird. Zu zehn Jahren Haft wurden Falun-Anhänger verurteilt, meist mittelalte Frauen und Männer, weil sie wiederholt das Geld in Umlauf brachten. Meist fallen sie damit nicht auf. Die aufgedruckten Slogans passen sich den Bildmotiven und Grundfarben der Banknoten an, werden auf den ersten Blick nicht bemerkt. Der Volksmund sagt zu ihnen “Geld mit Schriftzeichen” (带字币). Die Behörden sprechen von Geld mit “reaktionären Aufschriften” (反动标语). Falun Gong nennt seine Widerstandsaktion “aufrichtiges Geld” (真相币).

Vor allem Ein-, Fünf- und Zehn-Yuan-Banknoten sind mit immer neuen Texten und Symbolen im Umlauf – und das seit vielen Jahren. Als ich mein Wechselgeld durchforschte, entdeckte ich erst, wie verbreitet die Scheine sind. Die höchste bedruckte Note im Wert von 20 Yuan (drei Euro) erhielt ich von einem Taxifahrer. Ich befragte Zeitungsverkäufer, Markthändler, Bedienungen in Restaurants, was sie mit solchem Geld machen. “Wir geben es weiter.” Keiner sagte, er würde es der Bank zum Umtauschen bringen, oder der Polizei melden. Das bedeute nur unnötig Ärger.

Die Polizei sucht nach den Druckmaschinen

Das groteske Phänomen belegt den trotz brutaler Unterdrückung bis heute ungebrochenen Widerstand von Falun-Gong-Aktivisten. Es zeigt aber auch, wie lückenhaft Chinas gigantische Überwachungs- und Kontrollbürokratie im Alltag ist. Flugblätter, die von Brücken oder Hochhäuser herabgeworfen werden, oder an Mauern kleben, würden den allgegenwärtigen Videokameras nicht entgehen. Beim Geld aber schaut niemand so genau hin

Die Polizei versucht, die modernen Farbdruckereien im Untergrund aufzuspüren. Offizielle Anti-Sekten-Webseiten verkünden Erfolge. Der größte Bust gelang 2014, als die Polizei in drei Razzien allein in Wuhan 34 Spezialdrucker und Computer beschlagnahmten und 38 Beteiligte verhaftete. Die Zentralbank versuchte es auf andere Weise. Im Januar 2016 ließ sie als Pilotprojekt in fünf Städten Shandongs alle Ein-Yuan Banknoten durch Münzen ersetzen. Die Onlineseite der Volkszeitung erklärte, dass so “die Weiterverbreitung reaktionärer Losungen durch Kriminelle über Banknoten gestoppt werden soll.” 2019 erneuerte die Zentralbank alle Banknoten in China durch eine neue Serie, die genauso aussah wie die alte. Die Farben leuchten aber stärker, das Papier ist glatter beschichtet. Offenbar soll das Bedrucken erschwert werden.

Pekings Kampf gegen Falun Gong begann am 25. April 1999. Auslöser wurde eine drei Tage davor organisierte Demonstration von Falun-Gong-Anhängern in der Nachbarstadt Tianjin vor dem Redaktionsbüro einer Zeitschrift. Diese hatte zum Verbot der spirituellen Lehre als Aberglauben und Gesundheitsrisiko aufgerufen. Die Polizei ließ einige Aktivisten festnehmen. Darauf mobilisierte die nationale Führung der Falun-Gong mit modernen Kommunikationsmitteln und über E-Mail, ihre Anhänger zum Großprotest nach Peking zu kommen. 10.000 Falun-Praktizierende reisten aus vier Provinzen an. Vom Morgen bis in die Nacht belagerten sie schweigend und im friedlichen Sit-In das gesamte Regierungsviertel mit Sitz der Partei in Zhongnanhai, bis ihre Führer die geforderten Zugeständnisse erhielten.

“Weder Mensch noch Teufel haben etwas gemerkt”

Es war eine Meisterleistung moderner Kommunikation und Logistik. Chinas damaliger Parteichef Jiang Zemin wurde zum ersten Mal bewusst, welche Macht spirituelle Bewegungen besitzen. Falun Gong war bis dahin beim Sportministerium als Meditations-Gruppe für traditionelle Heilgymnastik registriert gewesen mit amtlich gezählten 2,1 Millionen Anhängern, darunter viele Mitglieder der KP Chinas.

Noch am 25. April abends schrieb der geschockte Jiang einen Brief an seine Kollegen im Politbüroausschuss, der sechs Jahre später veröffentlicht wurde. Er fing mystisch an. “Was heute passierte, ist wert, tief darüber nachzudenken. Weder Mensch noch Teufel hat etwas gemerkt. Plötzlich hatten sich vor den Toren unseres Machtzentrums Zehntausend Menschen versammelt und umzingelten es den ganzen Tag.” Die Aktion sei der größte Protest seit dem Tiananmen-Aufruhr von 1989. Chinas Sicherheitsapparat hätte versagt. Er selbst habe erst aus dem Internet erfahren, wie effizient Falun Gong organisiert ist und dass sie einen neuen sozialen Trend darstellten. Wozu sei die Staatssicherheit mit Computern ausgerüstet, wenn sie die moderne Informationstechnik nicht nutzten?

Im Juli startete Peking die landesweite Verfolgung der als “Sekte” und Staatsgefahr kriminalisierten Falun Gong. Was Jiang besonders erregte, steht im letzten Satz seines Briefes: “Könnte es sein, dass die marxistische Theorie von uns Kommunisten, der Materialismus und Atheismus, an die wir glauben, nicht dieses Zeug besiegen kann, das von Falun Gong verbreitet wird? Wenn das so wäre, würde das nicht ein Witz sein – so groß wie der Himmel?” Die Angst, mit ihrer hohl gewordenen Ideologie Chinas Menschen spirituell nicht mehr zu erreichen, treibt die Partei und ihre Führer bis heute um.

  • Innenpolitik der KP China
  • KP Chinas
  • Zivilgesellschaft

Personalien

Jörg Bremer (44) wird ab Juli neuer Finanzchef des Maschinenbauers KraussMaffei. Bremer kommt vom Autovermieter Sixt, wo er als CFO tätig war. Bei KraussMaffei folgt er auf Harald Nippel, der in den vergangenen sechs Jahren als CFO den Verkauf von KraussMaffei an den chinesischen Chemiekonzern Chemchina begleitet hat und auch den Börsengang des Unternehmens in China 2018. Nippel geht zum Monatsende auf eigenen Wunsch.

Thomas Nürnberger (52), zuletzt bis April Präsident und CEO von EBM-Papst China, ist zum Mai in die Geschäftsführung der EBM-Papst-Gruppe mit Hauptsitz in Mulfingen berufen worden. Er wird als CSO in Deutschland den weltweiten Vertrieb für den Bereich Ventilatoren und Motoren verantworten. Seit 2016 ist Nürnberger für das Unternehmen in Shanghai tätig, wo auch die China-Zentrale sitzt. EBM-Papst beschäftigt an den Produktionsorten Shanghai, Xi’an und Qingdao rund 2.000 Mitarbeiter.

Tobias Arndt (35) wird für den Ventilatorenhersteller EBM-Papst zum 1. Juli als General Manager die Chinageschäfte übernehmen und an Thomas Nürnberger berichten. Arndt ist in dem Unternehmen seit 2010 in verschiedenen Funktionen tätig gewesen.

  • ChemChina

Dessert

Zum Greifen nah – so sah der Mond in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag am Himmel über Shenzhen aus. Der seltene “Supermoon”, bei dem sich der Vollmond am zur Erde am nächsten gelegenen Punkt seiner Umlaufbahn befindet, konnte weltweit beobachtet werden.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Die Quad-Gruppe kreist China ein
    • Viele junge Frauen wollen nicht heiraten
    • Behörden ziehen Zügel in Hongkong an
    • BMW und Daimler speichern Daten im Inland
    • Flotten des Staates fahren bald rein elektrisch
    • Montenegro kann Peking um Stundung bitten
    • Verbot von Einwegplastik auf Flügen
    • Johnny Erling und das Geheimnis der bedruckten Scheine
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die Japanerinnen haben es vorgemacht. Schon in den Nullerjahren begannen die Frauen in Chinas trendigem Nachbarland, auf die Ehe zu verzichten. Sie sind mehrheitlich gut ausgebildet und wollen lieber Karriere machen und das Leben genießen, statt sich um Abwasch und Kinder zu kümmern – denn das hätte der Mann von ihnen erwartet. Genauso läuft es jetzt in China, wie Marcel Grzanna berichtet. Hier wie dort blicken die staatlichen Planer mit Sorge auf den Trend. Denn weniger Eheschließungen gehen auch heute noch mit einer geringeren Geburtenzahl einher.

    Chinas größte außenpolitische Krux ist möglicherweise das Misstrauen aller seiner Nachbarn (außer Pakistan) gegenüber den Absichten der neuen Weltmacht. Das nutzt jetzt Joe Biden, indem er ein fast vergessenes Format wiederbelebt und auf eine neue Stufe hebt: Den “Quad-Austausch” der USA mit Japan, Indien und Australien. Zusammen kreisen diese Länder China geopolitisch ein. Biden zeigt damit abermals: Er will den konfrontativen Kurs gegen China fortsetzen. In Peking löst all das erhebliches Unbehagen aus, analysiert Michael Radunski.

    Wer in China lebt oder das Land nur länger bereist, bemerkt manchmal Schriftzeichen auf den Geldscheinen, die wie aufgestempelt aussehen. Oft handelt es sich um politische Botschaften der Falun-Gong-Sekte. Unser Kolumnist Johnny Erling ist dem Phänomen auf den Grund gegangen: Es sind professionelle Druckereien, die Zahlungsmittel in Flugblätter verwandeln.

    Ihr
    Finn Mayer-Kuckuk
    Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

    Analyse

    Vier gegen China

    Li Jimings Drohung war deutlich: Sollte Bangladesch der Quad beitreten, werde das die Beziehungen zwischen Peking und Dhaka fundamental schädigen. Chinas Botschafter in Bangladesch wollte an seiner Warnung keinen Zweifel aufkommen lassen und legte nach. “Die Geschichte hat es wieder und wieder gezeigt, solche Partnerschaften schaden der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung unserer Nachbarn und dem Wohlergehen seiner Menschen”, sagte Li Anfang Mai in Dhaka.

    Pekings Zorn richtet sich auf die sogenannte Quad, den “Quadrilateral Security Dialogue”, einem informellen Gesprächsforum der USA, Japan, Australien und Indien. Laut Selbstbeschreibung tritt die Quad für einen “freien und offenen Indo-Pazifik” ein. Japans ehemaliger Premier Shinzo Abe bezeichnet das Bündnis als “Sicherheitsdiamant” und preist es als einen Verfechter der Demokratie in Asien. Und genau das erzürnt Peking. Zwar vermeidet es die Quad in ihren Erklärungen China explizit zu erwähnen, aber allen klar ist, worum es im Grunde geht: ein Gegengewicht zu China aufzubauen.

    Wende unter Biden

    Die Ursprünge der Quad liegen im Jahr 2004. In den Monaten nach dem verheerenden Tsunami im Indischen Ozean bündelten Australien, Indien, Japan und die USA ihre Kräfte, um zu helfen: In der “Tsuanmi Core Group” sammelten sie Truppen und humanitäre Helfer, Hubschrauber, Schiffe und Transportflugzeuge. Als China drei Jahre später seine Ansprüche im Südchinesischen Meer immer forscher verfolgte, griff der damalige japanische Premier Shinzo Abe auf jene Tsunami-Vierergruppe zurück und initiierte den “quatrilateralen Sicherheitsdialog”.

    Doch der Zusammenschluss war nicht sonderlich stabil, einigen erschien die Quad schnell als Totgeburt: Australien zog sich unter dem China-freundlichen Premier Kevin Rudd zurück, und auch Abes Nachfolger in Tokio wollte China nicht zusätzlich verstimmen. Wirkliche Bedeutung gewann der Dialog erst zehn Jahre später, als China die Paracel- und Spratly-Inseln übernahm, seinen Flottenausbau forcierte und es an der chinesisch-indischen Grenze zu Scharmützeln kam. Über vereinzelte Quad-Treffen der jeweiligen Außenminister kam das Format allerdings anfangs nicht hinaus.

    Nun scheint vor allem der neue US-Präsident Joe Biden entschlossen, der Quad endlich Leben einzuhauchen. Mitte März ließ er den ersten Quad-Gipfel der vier Staatschefs organisieren. Mit dabei waren der Inder Narendra Modi, der Australier Scott Morrison, der Japaner Yoshihide Suga sowie Biden selbst; wenn auch Corona-bedingt nur virtuell. Die Regierungschefs haben dabei gleich eine konkrete Initiative beschlossen: Die vier Länder wollen eine Covid-Impfstoffoffensive in der indopazifischen Region starten, in dem man Indien finanziell, technisch und logistisch bei der Vakzinproduktion unterstützt.

    Anschließend war von den Beteiligten nur Positives zu hören. Indiens Premier Modi meinte, die Gruppe sei “erwachsen geworden” und werde “jetzt eine wichtige Säule der Stabilität in der Region bleiben”. Australiens Regierungschef Morrison ist überzeugt, die Quad erlebe eine neue Morgendämmerung.

    Verfrühter Enthusiasmus

    Doch sollte diese Euphorie nicht den Blick auf den wahren Zustand des informellen Bündnisses verstellen. Es ist nicht der Wunsch nach Zusammenarbeit, der die Beteiligten zusammenführt, sondern eher die Tatsache, dass sie allesamt Probleme mit dem mächtigsten Akteur der Region haben. Und all diese Schwierigkeiten sind zudem sehr unterschiedlich: die USA befinden sich in einem Technologie- und Handelskonflikt mit China, Japan geht es vor allem um die Diaoyu/Senkaku-Inseln, im Streit zwischen Canberra und Peking geht es um geostrategische Interessen, Strafzölle und 5G-Technologie (China Table berichtete), während sich Indien und China an ihrer Grenze regelmäßig militärische Scharmützel liefern, bei denen immer wieder Tote zu beklagen sind (China Table berichtete).

    So unterschiedlich die jeweiligen Probleme sind, so sehr gehen auch die Interessen der einzelnen Quad-Mitglieder auseinander: Für Japan und Australien stehen die Auseinandersetzungen im Südchinesisches Meer im Fokus, Indiens Augenmerk hingegen liegt auf den Grenzstreitigkeiten und dem Indischen Ozean, während die USA sich in einem globalen Systemkonflikt mit dem aufstrebenden China wähnen. In Amerika wird deshalb hervorgehoben, dass die Quad die Stärke der Demokratien in der Region wiederspiegele. Vor allem im Hinblick auf Chinas Fortschritte im Kampf gegen Corona oder seine erfolgreiche Industriepolitik ist diese Werterivalität im öffentlichen Diskurs nicht zu unterschätzen.

    Sicherheit, nicht Werte

    Allerdings haben die Gesprächsthemen der Quad bislang nichts mit Regierungsführung, Menschenrechten oder der Stärkung demokratischer Strukturen zu tun. Und so sehr die geplante Impfstoffoffensive der Quad auch zu begrüßen ist, in einem System mit internationalen Institutionen wäre die Covax-Initiative der Weltgesundheitsorganisation der richtige Ort für ein solches Vorhaben. Einen internationalen Propaganda-Feldzug im Namen von Impfstoffen, um lediglich seinen eigenen Einfluss zu stärken, hat bereits Peking gestartet (China Table berichtete).

    Der eigentliche Impuls der Quad geht ohnehin vom Bereich Sicherheit aus. Ende 2020 gab es erstmals eine gemeinsame Militärübung. An der von Indien geleiteten Malabar-Übung nahmen im vergangenen November nach 13 Jahren erstmals wieder alle vier Quad-Nationen teil. Der damalige US-Vizeaußenminister Stephen Biegun schlug daraufhin vor, solche Übungen regelmäßig abzuhalten und weiteren Nationen zu öffnen – zum Beispiel Südkorea, Neuseeland oder auch Vietnam. Vor wenigen Wochen schloss sich dann tatsächlich eine große Militärmacht der nächsten Quad-Militärübung an: Frankreich nahm Anfang April im Format “Quad+”an einer dreitägigen Übung im Golf von Bengalen teil.

    Keine asiatische Nato

    Für zusätzliche Aufregung sorgte Bieguns Wunsch, die Quad weiter zu formalisieren. Schnell wurde spekuliert, die Quad könnte sich zu einer asiatischen Nato entwickeln. Doch auch dieser Aspekt scheint vor allem von Euphorie getragen zu sein. Denn in den Gründungsjahren der Nato war es einfach, gegen die Sowjetunion zu sein. Wirtschaftlich spielte das von Moskau geführte Riesenreich für keinen der Beteiligung eine wichtige Rolle. Anders liegt der Fall mit Quad und China: So sehr Australien, Indien, Japan oder die USA auch die Politik Pekings missbilligen, ökonomisch sind sie allesamt eng mit der Volksrepublik verbunden, auf sie angewiesen oder teilweise gar von ihr abhängig.

    Der renommierte Politikwissenschaftler Kishore Mahbubani ist jedenfalls überzeugt: Die Quad wird den Lauf der asiatischen Geschichte nicht verändern. Zum einen hätten die vier Quad-Staaten sehr unterschiedliche Interessen und Verletzlichkeiten. Zum anderen sei das große strategische Spiel in Asien kein militärisches, sondern ein ökonomisches. Mahububani verweist auf die “Regional Comprehensive Economic Partnership” (RCEP), die größte Freihandelszone der Welt, in der China Ende 2020 fünfzehn asiatisch-pazifische Nationen zusammengeführt hat. Und so kommt der Politikwissenschaftler zu dem Schluss: “Die Zukunft Asiens wird in vier Buchstaben geschrieben, RCEP, nicht Quad.”

    China wiederum ist die Quad ein Dorn im Auge. Immer wieder finden chinesische Diplomaten scharfe Worte gegen die Initiative. Für die staatliche Zeitung Global Times handelt es sich weder um eine “asiatischen Nato” noch um einen “Diamanten”, sondern vielmehr um einen “Klub des leeren Geredes”.

    Doch ganz so überzeugt scheinen Pekings Machthaber von der vermeintlichen Schwäche der Quad nicht zu sein. Die jüngste Drohung gegenüber Bangladesch, sich gefälligst von der Quad fernzuhalten, hatte jedenfalls keinen konkreten Anlass. Weder wurde Dhaka gebeten mitzumachen, noch hatte die Regierung einen Platz in dem Sicherheitsdialog angefragt. Bangladeschs Außenminister AK Abdul Momen verbat sich jedenfalls jegliche Einmischung aus Peking. Man sei ein souveräner Staat und entscheide eigenständig über die Außenpolitik des Landes.

    Pekings Trumpf ist seine wirtschaftliche Dominanz in der Region. Doch Bidens neues Interesse an Partnern vor Chinas Haustür scheint die Führung unruhig zu machen. Noch handelt es sich bei der Quad um ein loses Bündnis mit sehr unterschiedlichen Interessen und Empfindlichkeiten. Doch einschüchternder Druck von außen kann durchaus Zusammenhalt im Inneren erzeugen.

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    Heirat? Nein danke! Viele Frauen wollen keinen Gatten

    Für chinesische Junggesellen hagelt es schlechte Nachrichten. Nicht genug, dass es in der Volksrepublik viel mehr Männer im heiratsfähigen Alter gibt als Frauen, weswegen Zigmillionen Herren schon rein mathematisch auf der Strecke bleiben. Diejenigen Damen, die theoretisch auf dem Markt sind, haben jetzt auch noch zunehmend weniger Interesse an der Ehe.

    Ende April veröffentlichte die Dating-App Tantan die Resultate einer Umfrage unter 3000 Menschen der Millennial-Generation. Das sind Frauen und Männer, die heute zwischen 20 und 40 Jahren alt sind. Zwei Drittel der Frauen gaben an, sie würden eine Ehe nur auf Grundlage einer “hochqualitativen Beziehung” eingehen. Und noch schlimmer: Für 41 Prozent sei es sogar “akzeptabel”, unverheiratet zu sterben – Zahlen wie ein Trommelfeuer gegen die männliche Eitelkeit.

    “Das bedeutet im Klartext, dass viele chinesische Frauen keine Lust mehr darauf haben, stereotype Rollenbilder auszufüllen. Sie suchen nach Partnerschaften auf Augenhöhe, keine Arrangements mit Männern von gestern, die veraltete Ansichten in die Zukunft retten wollen”, sagt die Berliner Journalistin Qin Liwen, die sich seit Jahren intensiv mit dem Feminismus in China auseinandersetzt. Ausgerechnet in China, der Wiege des Konfuzianismus, wo die Familie jahrtausendelang den Kern aller Glückseligkeit darstellte, wenden sich junge Menschen zunehmend von diesem Konzept ab. Übrigens auch Männer, von denen immerhin auch jeder fünfte inzwischen sagt: Es geht auch ohne Ehe. Wobei deren Beweggrund eher in Resignation wegen der riesigen Konkurrenz zu suchen ist.

    Was das auch für die Männer bedeutet, zeigt das Beispiel eines Mitte-Dreißigjährigen auf Heimatbesuch in seinem Geburtsort: 30 Häuser, 150 Einwohner, zwei Flugstunden von Peking entfernt. Der junge Mann brachte Freunde mit, die vor seiner Mutter von seinem beruflichen Erfolg schwärmten. Er sei fleißig, intelligent und verdiene mehr Geld pro Monat als das gesamte Dorf zusammen. Mutter hörte geduldig zu und antwortete: “Ja, aber er ist nicht verheiratet.” Die Nachbarn würden schon seit Jahren darüber schwätzen.

    Zahl der Reuigen hat sich in acht Jahren verdoppelt

    Wer es von den Männern dann doch in den Hafen der Ehe schafft, bekommt offenbar immer häufiger ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die jährliche China Beautiful Life Survey, eine Umfrage unter der Federführung des Nationalen Statistikamtes, hat sich der Frage angenommen, wie zufrieden die Eheleute sind. Befragt wurden 100.000 Haushalte im ganzen Land. Das Ergebnis: Jede fünfte Ehefrau bereut ihre Entscheidung zur Heirat. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2012. Was läuft da falsch in der zweitgrößten Volkswirtschaft?

    “Chinesische Männer sind nicht prinzipiell familienorientierter als chinesische Frauen. Aber sie sehen in einer Ehe mehr Vorteile als Frauen und handeln deshalb pragmatischer”, sagt Journalistin Qin. Eine Beziehung interpretieren viele Männer in China immer noch über konservative Geschlechterrollen: Sie schenkt ihm den Stammhalter, der in vielen Bevölkerungsschichten des Landes weiterhin als Krönung des männlichen Daseins gewertet wird, kümmert sich um den Haushalt, später um die Schularbeiten des Nachwuchses und steht nicht zuletzt als bereitwillige Sexualpartnerin zur Verfügung. Fügt sie sich nicht, droht in immer noch sehr vielen chinesischen Ehen Gewalt gegen die Frauen.

    Seit 2016 gibt es zwar eine verschärfte Gesetzgebung, um häusliche Gewalt aus Familien zu verbannen. Doch ihr Effekt ist noch immer gering. Im Jahr 2018 zählte China alle 7,4 Sekunden einen Fall von häuslicher Gewalt: 4,3 Millionen Fälle insgesamt. Zu 85 Prozent waren Frauen die Opfer. Journalistin Qin ist sicher, dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher ist. “Die allermeisten Frauen wagen es nicht, einen solchen Vorfall anzuzeigen. Zudem beginnt Gewalt meistens schon auf einer psychologischen Ebene, ehe es zu Handgreiflichkeiten kommt. Auch solche Fälle von Demütigungen und Erniedrigungen erfasst diese Statistik nicht.” Verhandlungen über Vergewaltigungen in der Ehe würden zudem kaum von chinesischen Gerichten zugelassen.

    Akademiker schlagen vor: Frauen zurück in die Dörfer

    Offizielle Statistiken bezifferten die Zahl unverheirateter Erwachsener in China im Jahr 2018 auf 240 Millionen Menschen. Die Folge ist auch eine stark sinkende Geburtenrate, die unter 1,5 Kinder pro Frau gesunken ist. (China.Table berichtete).

    In der Volksrepublik wird noch immer geringschätzig von den “Restfrauen” (剩女) gesprochen, wenn sie mit 30 noch nicht verheiratet sind. Doch eigentlich sollte längst von “Restmännern” die Rede sein, von denen viele perspektivlos in ihren Heimatorten leben, ohne Hoffnung jemals zu heiraten, geschweige denn Kinder in die Welt zu setzen. Einige chinesische Akademiker kamen deshalb schon auf die Idee, dass alleinstehende Frauen aus den Großstädten zurück in die Dörfer ziehen sollten, um diese Männer aus ihrem nachwuchslosen Elend zu befreien. Solche Vorschläge sind auch Ausdruck einer Geisteshaltung, in der das intellektuelle und berufliche Potenzial von Frauen eine geringere Rolle spielt als ihre Fruchtbarkeit.

    Die inzwischen modifizierte Einkindpolitik hat nicht nur den bereits erwähnten millionenfachen Überschuss an unverheirateten Männern in der Gesellschaft produziert. Zudem ist wegen der radikalen Geburtenkontrolle eine Generation an Mädchen in den 1980er- und 1990er Jahren aufgewachsen, die als Einzelkinder ein völlig neues Selbstverständnis entwickelt haben. Ihre Eltern projizierten Wünsche und Hoffnungen in die Mädchen, die normalerweise den Jungs vorbehalten waren. Sie erhielten Zugang zu Bildung und Förderung, die ihren Müttern und Großmüttern verwehrt blieb. Diese Töchter sind nun auch entschlossener, ihren eigenen Weg zu gehen.

    Besonders dann, wenn die Herren der Schöpfung keine sonderliche große Motivation verspüren, die Herausforderungen einer modernen Ehe, in der beide Partner einer geregelten Arbeit nachgehen, mit der Ehefrau zu teilen. “Wenn Männer ihre Einstellung gegenüber der Ehe nicht ändern, wird sich der Trend zu einer niedrigen Geburtenrate verstärken, und es wird Frauen entmutigen zu heiraten”, sagte Jiang Yunfei, die sich an der Shanghai University of Finance and Economics mit Geschlechterrollen in der Gesellschaft beschäftigt, der Hongkonger Tageszeitung South China Morning Post.

    Ausdruck dafür ist auch die explodierende Scheidungsrate in China. Während die Behörden im Jahr 2009 eine Scheidung auf fünf Eheschließungen registrierten, war es 2019 eine Scheidung auf nur noch zwei Ehen.

    Die Regierung versucht, das demografische Desaster mit neuen Vorschriften im Zaum zu halten. Ein neues Gesetz verlangt trennungswilligen Ehepartnern seit Anfang dieses Jahr deshalb ab, sich einen Monat zu gedulden, ehe ihr Scheidungsantrag bearbeitet wird. Vielleicht, so die Hoffnung des Gesetzgebers, nutzt ein Teil der Paare die Zeit dazu, um ihre Entscheidung zu überdenken. Und tatsächlich scheinen jüngste Statistiken die Wirksamkeit der Maßnahme zu bestätigen. Das Ministerium für zivile Angelegenheiten notierte mit mehr als 70 Prozent einen drastischen Rückgang der Scheidungen im ersten Quartal dieses Jahres. Um daraus einen Trend zu erkennen, ist es aber noch zu früh. Der erzwungene Nachdenkmonat bekämpft Symptome, aber nicht die Ursachen von Eheproblemen.

    • Demografie
    • Frauen
    • Gesellschaft

    Behörden verschärfen politische Kontrolle in Hongkong

    Die Behörden in Hongkong und Macau haben am Donnerstag alle Gedenkveranstaltungen zum 32. Jahrestag des Tiananmen-Massakers in Peking untersagt. Die Polizei in Hongkong habe den Organisatoren mitgeteilt, dass wegen der aktuellen Corona-Bestimmungen weder der geplante Marsch durch die Stadt am kommenden Sonntag, noch die eigentliche Mahnwache am nächsten Freitag (4. Juni) im Victoria Park stattfinden dürften. Das berichtet die South China Morning Post. Bereits im vergangenen Jahr waren Gedenkveranstaltungen zu den blutigen Ereignissen in der chinesischen Hauptstadt am 4. Juni 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens verboten worden.

    Die Absage an die verantwortliche Hong Kong Alliance in Support of Patriotic Democratic Movements of China ist jedoch die erste seit Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes. Der inhaftierte Demokratie-Aktivist Joshua Wong war vor wenigen Wochen auf Basis der neuen Gesetzgebung zu einer weiteren Haftstrafe verurteilt worden. Wong hatte sich im vergangenen Jahr an der Organisation der nicht genehmigten Gedenkfeier beteiligt. Seine Teilnahme wurde vom Gericht rückwirkend als Verstoß gegen das Nationale Sicherheitsgesetz bewertet.

    Gedenken gilt als Aufforderung zum Umsturz

    In der früheren portugiesischen Kolonie Macau, die 1999 als Sonderverwaltungszone wie Hongkong zwei Jahre zuvor an die Volksrepublik China angegliedert wurde, begründeten die Behörden die Absage mit Verstößen gegen örtliche Gesetze. Sowohl die Absicht als auch die vom Veranstalter formulierten Slogans zur Gedenkveranstaltung würden unter anderem die Tatbestände der Diffamierung und der Anzettelung eines Staatsumsturzes erfüllen. Gemeint sind Parolen, die ein Ende der Ein-Partei-Herrschaft und der politischen Verfolgung in China fordern. Die Macau Union of Democratic Development hat angekündigt, die Entscheidung der Polizei gerichtlich anzufechten.

    Im deutlich bevölkerungsreicheren Hongkong hatten sich in den vergangenen Jahren bisweilen mehrere Hunderttausende Menschen versammelt, um der Opfer des Massakers zu gedenken. In jener Nacht des Jahres 1989 beendete das chinesische Militär mit Waffengewalt die Demokratiebewegung. Die Anzahl der Opfer wird bis heute verschleiert. Verschiedene Quellen sprechen von mehreren Hundert bis mehreren Tausend Tote. Die chinesische Regierung ist darum bemüht, die Erinnerungen an die Ereignisse vor 32 Jahren aus dem kollektiven Gedächtnis der Nation zu löschen.

    Wahlrechtsreform gegen “unpatriotische” Kräfte

    Das Stadtparlament hat unterdessen eine umstrittene Wahlrechtsreform besiegelt, die Bürgerrechtler:innen und kritische Geister von der Gesetzgebung fernhalten soll. Im Legislative Council (Legco), einer Kommission, die voraussichtlich mit Freunden Pekings besetzt sein wird, kann künftig eine Vorauswahl unter Kandidat:innen getroffen werden. Der Mechanismus soll trotz der weiterhin stattfindenden Wahlen ein Ergebnis garantieren, das China genehm sein soll. Im Legco hat das prochinesische Lager eine überwältigende Mehrheit, seit das Oppositionslager im vergangenen Jahr aus den Reihen des Parlaments verdrängt wurden. Das Parlament beschloss zudem, dass die Zahl der frei gewählten Abgeordneten weiter reduziert wird: Künftig sitzen nur noch 20 frei gewählte Frauen und Männer im Parlament.

    Die USA, die EU und Großbritannien haben die Reform bereits als undemokratisch kritisiert. Dessen ungeachtet will Verwaltungschefin Carrie Lam das Gesetz schon bald unterschreiben und damit wirksam werden lassen. Lam verteidigte die Neuregelung. Die Auswahlkommission werde nicht nach politischen Ansichten auswählen, sondern lediglich “Nichtpatrioten” aussondern. Lam gilt jedoch als Marionette Pekings; “patriotisch” ist für sie gleichbedeutend mit Unterstützung für die auf dem Festland regierende Kommunistische Partei.

    Rekordzahl von Visa-Anträgen für Großbritannien

    Angesichts der schnellen Untergrabung der Bürgerrechte war Hongkong auch in Brüssel am Donnerstag ein Thema: In einer gemeinsamen Erklärung nach dem EU-Japan-Gipfel kündigten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Charles Michel und der japanische Premier Yoshihide Suga eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit in “regionalen Angelegenheiten” wie Hongkong an. Im Gespräch war zuvor unter anderem eine Vereinfachung der Möglichkeiten, bedrohten Hongkonger:innen den Schutz durch das Asylrecht oder eine unkompliziertere Einbürgerung anzubieten.

    Viele politisch interessiert Hongkonger:innen wollen angesichts der brisanten Lage auswandern. Großbritannien hat ihnen bereits das Angebot gemacht, unkompliziert die dortige Staatsbürgerschaft anzunehmen. Die Botschaften des Landes verzeichnen nun eine besonders hohe Zahl von Anträgen für längerfristige Visa aus Hongkong – sogar mehr als aus den EU-Ländern, wo die Nachfrage aufgrund der Entflechtung nach dem Brexit ebenfalls hoch ist. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres gingen 34.000 Anträge aus Hongkong ein, aus der EU waren es nur 5350. Großbritannien rechnet mit rund 300.000 Antragstellern. Marcel Grzanna, Finn Mayer-Kuckuk, Amelie Richter

    • Großbritannien
    • Hongkong
    • KP Chinas
    • Menschenrechte
    • Tiananmen-Massaker

    Termine

    29.05.2021, 14:00-16:00 Uhr
    Vortrag, Humboldt-Forum Wirtschaft: Unternehmenskultur in China
    There are many games to choose from. You could survive in a harsh environment, build creatively, or fight other players. Just download a game or connect to a server. Mehr

    01.06.2021, 8:30-9:30 Uhr (14:30-15:30 CST)
    Vortrag, CNBW: Messen in China – Das muss man wissen, um erfolgreich dabei zu sein Mehr

    01.06.2021, 13:00 Uhr
    Online Event, MERICS: After Xi – Scenarios for China’s Leadership Succession Anmeldung

    02.06.2021, 12:00 Uhr
    Vortrag, DGAP: USA’s Biden Plan, China’s 5-Year Plan, and the EU’s Recovery Plan: Policy Responses in a Time of Transition. Mehr

    02.06.2021, 19:00-20:00 Uhr (13:00-14:00 CST)
    Webinar, Dezan Shira: How to Repatriate Profits from China – Practical Methods & Strategy Development Anmeldung

    03.06.2021, 8:00-9:20 Uhr (14:00-15:20 CST)
    Hybrid Event, EU SME: Digitalisation in the Water Sector | Aquatech China 2021 (Shanghai) Mehr

    03.06.2021, 9:40-11:00 Uhr (15:40-17:00 CST)
    Hybrid Event, EU SME: Circular Economy and the Water Sector | Aquatech China 2021 (Shanghai) Mehr

    03.06.2021, Jun 3, 10:00-11:15 Uhr (16:00-17:15 CST)
    Webinar, EU SME: Cosmetics Policy Updates, Landscape & Non-compliance Case Study in China. Mehr

    • Bernhard Weber
    • Dezan Shira
    • EU SME Centre

    News

    Bericht: Deutsche Autohersteller speichern Daten vor Ort

    Nach dem US-Elektroautobauer Tesla haben einem Bericht zufolge auch deutsche Autohersteller alles vorbereitet, um die durch ihre Fahrzeuge gesammelten Daten lokal in der Volksrepublik zu speichern. BMW, Daimler und Ford haben in China Einrichtungen aufgebaut, um die von ihren Autos generierten Daten vor Ort in Rechenzentren abzulegen, berichtete Reuters am Donnerstag. Demnach gab BMW an, “lokale Rechenzentren in China für die chinesische Fahrzeugflotte” zu betreiben, ohne Details dazu zu nennen, wann diese eröffnet wurden. Daimler erklärte dem Bericht zufolge, “ein dediziertes Fahrzeug-Backend in China” zu haben, in welchem Fahrzeugdaten gespeichert werden.

    Volkswagen hielt sich dem Bericht zufolge noch vage: Die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen sei für eine erfolgreiche digitale Transformation von entscheidender Bedeutung, zitiert Reuters den Hersteller. “Da sich das regulatorische Umfeld noch in einem rasanten Entwicklungsstadium befindet, ist es für uns noch zu früh, um zu den Einzelheiten Stellung zu nehmen.” Dazu, ob die in China gesammelten Daten auch mit Niederlassungen im Ausland ausgetauscht würden, machte dem Bericht zufolge keiner der Autohersteller Angaben.

    Auch der US-Autobauer Ford teilte mit, in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres ein Rechenzentrum in China eingerichtet zu haben und alle Fahrzeugdaten lokal zu speichern. General Motors und Toyota machten bei der Reuters-Umfrage keine Angaben zur Speicherung ihrer Daten. Renault erklärte, in China noch kein Autodatenzentrum zu haben. Nissan und Stellantis teilten demnach mit, sie würden die Regeln in China einhalten, gaben jedoch keine weiteren Details an. ari

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    Bis 2035: Nur noch Elektro und Wasserstoff im öffentlichen Verkehr

    China will bis 2035 den öffentlichen Verkehr komplett auf Elektromobilität oder Brennstoffzellen umstellen. Das berichtet unter anderem die chinesische Fachwebsite gasgoo.com unter Berufung auf einen Aktionsplan des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT). Umgestellt werden sollen demnach neben Bussen und sonstiger Stadtlogistik auch Reinigungsfahrzeuge wie die Müllabfuhr. Unklar ist, ob sich der Plan nur auf den städtischen Nahverkehr bezieht – oder auch Überlandbusse einschließt. Diese sind in dem Riesenland zu Zigtausenden unterwegs. Einige Städte sind bereits Vorreiter bei der Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs: So hat die Südmetropole Shenzhen sämtliche Busse auf Elektro umgestellt. In Shanghai wurden die längst eingemotteten Trolleybusse reanimiert – mit Strecken unterhalb der zahlreichen Hochstraßen der Stadt.

    Hersteller gibt es in China genug. Für den in Shenzhen beheimateten Elektropionier BYD sind E-Busse inzwischen eine wesentliche Säule seines Geschäfts. BYD verkauft seine E-Busse weltweit, inklusive Europa. Auch andere große Bus-Hersteller wie King Long oder Yutong sind ins Geschäft mit Strombussen eingestiegen. Bei den Olympischen Winterspielen 2022 werden Firmen wie Yutong, Foton oder Zhongtong zudem nach lokalen Medienberichten je Dutzende Wasserstoff-Busse für Pilotprojekte in Zhangjiakou bereitstellen, dem Austragungsort der Ski-Wettkämpfe.

    Außerdem will das MIIT auch den öffentlichen Dienst weiter elektrifizieren. Kommunen sollen für ihre Verwaltungen Elektroautos einkaufen – dafür seien auch Subventionen möglich. Druck auf Behörden gab es bereits in früheren Phasen der Elektrifizierungs-Bestrebungen, als die meisten Stromer von Flottenbetreibern gekauft wurden. Nun soll es aber offenbar auch um Privatwagen staatlicher Angestellter gehen. ck

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    • Elektromobilität
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    Peking bietet Montenegro Zahlungsaufschub an

    China hat dem EU-Beitrittskandidaten Montenegro angeboten, über einen Aufschub für die Rückzahlung eines im Juli anfallenden Millionen-Darlehens für den Bau einer Autobahn zu sprechen. In einem Telefonat zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und seinem montenegrinischen Amtskollegen Milo Đukanović sei auch eine mögliche Verschiebung der Zahlungsfrist bis Ende 2022 angesprochen worden, teilte Đukanovićs Büro am Mittwoch mit. Đukanović und Xi sprachen demnach anlässlich des 15. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Montenegros Präsident habe Xi mitgeteilt, dass die Autobahn das “wertvollste Infrastrukturprojekt in der Geschichte Montenegros” sei. Das Projekt ist Teil der “Belt And Road”-Initiative.

    Das Darlehen von mehr als 800 Millionen Euro hatte Montenegro 2014 von der Exim Bank erhalten, um den ersten von drei Abschnitten einer Autobahn von der Küstenstadt Bar bis zur serbischen Grenze zu bauen. Dieser wird von der China Road and Bridge Corporation gebaut, die die Arbeiten 2019 abschließen sollte, die Frist jedoch bis November 2021 verlängert hat. Die erste Tranche, die einem Bericht des Online-Portals Euractiv zufolge 33 Millionen Euro beträgt, sollte im Juli zurückgezahlt werden – das Land steckt aber tief in der Staatsverschuldung und kann das Geld nach eigenen Angaben nicht aufbringen. Montenegro hatte sich deshalb im April mit einem Hilfegesuch an Brüssel gewandt. Die EU lehnte es jedoch ab, dem Balkanstaat finanzielle Unterstützung zu gewähren. ari

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    Verbot von Einwegplastik auf Flügen

    Die chinesische Regierung verbietet ab 2022 Folienverpackungen, Geschirr und Strohhalme aus Einwegplastik auf Inlandsflügen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Xinhua mit Verweis auf eine Mitteilung der Luftfahrtbehörde. Auch auf großen Flughäfen sollen diese Artikel nicht mehr verwendet werden. Ein Jahr später gilt das Verbot auch für internationale Flüge. Die Airlines beginnen bereits damit, Mehrweggeschirr einzuführen und an Bord Mülltrennung zu betreiben. Die Neuregelung ist Teil des Fünfjahresplans der Umweltbehörden. Ziel ist eine dramatische Verringerung des Volumens von Plastikverpackungen bis zum Jahr 2025. fin

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    Presseschau

    Biden gibt der Labor-Hypothese neuen Aufwind – so reagiert Peking WELT
    Hongkong beschließt von China verordnete Wahlrechtsreform SPIEGEL
    Europe’s much-criticized pursuit of Chinese cash may be starting to unravel CNN
    Behörden in Hongkong drohen Banken von Medienunternehmer Lai SPIEGEL
    Australiens Botschafter darf Spionageprozess nicht sehen FAZ
    Hat BioNTech Taiwan zur Aufgabe der Selbstbezeichnung als Land gedrängt? FAZ
    Taiwan accuses China of interfering with Covid vaccine deals GUARDIAN
    China: KI für Gefühle soll vermutlich an Uiguren getestet werden DEUTSCHLANDFUNKNOVA
    China’s Ongoing Oppression of the Uighurs SPIEGEL
    Hong Kong applicants for UK visas far outstrip those from EU- report REUTERS
    Butterfly effect: Bienvenido Beijing – China’s Latin American vax win OZY
    China is growing more worried about how surging commodity prices will affect business profits CNBC
    A Temporary U.S.-China Trade Truce Starts to Look Durable NYTIMES
    Education in China is becoming increasingly unfair to the poor ECONOMIST

    Kolumne

    Antikommunistische Parolen sind in China ihr Geld wert

    Von Johnny Erling
    Ein Bild von Johnny Erling

    Die Geldscheine sind echt. Sie zeigen Staatsgründer Mao Zedong auf der Vorderseite in allen Nominierungen vom grünen Ein-Yuanschein (15 Cent) bis zur rötlichen 100 Yuan-Note (15 Euro). Die brisanten Botschaften finden sich auf der Rückseite als politische Parolen oder als Eigenwerbung wie “Falun Gong ist gut” für die 1992 in China gegründete Heilslehre. Laut ihrer Webseite versteht sie sich als buddhistisch inspirierte Schule zur spirituellen Selbstkultivierung, die mit körperlichen Meditationsübungen nach “Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht” strebt und zugleich die Gesundheit fördert. Peking hat sie seit 1999 als “krimineller Kult” brandmarken lassen, verfolgt ihre Anhänger mit allen Mitteln seiner Staatsmacht. Falun Gong wirft Chinas Regierung Massenhaft mit unzähligen Todesfällen und barbarische Verbrechen an ihren Anhängern vor.

    Falun-Gong-Anhänger ließen chinesische Geldscheine mit politischen Botschaften bedruckt - in ähnlicher Farbe wie die offiziellen Muster. Auf der Zehn-Yuan-Note steht beispielsweise: "Bringt Jiang Zemin vor Gericht", auf der Zwanzig-Yuan-Note: "Falun Gong steht für Warheit, Barmherzigkeit und Nachsicht."
    Die Rebellen haben diese Geldscheine mit politischen Botschaften bedruckt – in ähnlicher Farbe wie die offiziellen Muster. Auf der Zehn-Yuan-Note steht beispielsweise: “Bringt Jiang Zemin vor Gericht”, auf der Zwanzig-Yuan-Note: “Falun Gong steht für Warheit, Barmherzigkeit und Nachsicht.”

    Gesetzliche Zahlungsmittel absichtlich zu beschädigen, verstößt in aller Welt gegen das Recht, ganz zu schweigen, wenn Geld zu Flugblättern umfunktioniert wird. Zu zehn Jahren Haft wurden Falun-Anhänger verurteilt, meist mittelalte Frauen und Männer, weil sie wiederholt das Geld in Umlauf brachten. Meist fallen sie damit nicht auf. Die aufgedruckten Slogans passen sich den Bildmotiven und Grundfarben der Banknoten an, werden auf den ersten Blick nicht bemerkt. Der Volksmund sagt zu ihnen “Geld mit Schriftzeichen” (带字币). Die Behörden sprechen von Geld mit “reaktionären Aufschriften” (反动标语). Falun Gong nennt seine Widerstandsaktion “aufrichtiges Geld” (真相币).

    Vor allem Ein-, Fünf- und Zehn-Yuan-Banknoten sind mit immer neuen Texten und Symbolen im Umlauf – und das seit vielen Jahren. Als ich mein Wechselgeld durchforschte, entdeckte ich erst, wie verbreitet die Scheine sind. Die höchste bedruckte Note im Wert von 20 Yuan (drei Euro) erhielt ich von einem Taxifahrer. Ich befragte Zeitungsverkäufer, Markthändler, Bedienungen in Restaurants, was sie mit solchem Geld machen. “Wir geben es weiter.” Keiner sagte, er würde es der Bank zum Umtauschen bringen, oder der Polizei melden. Das bedeute nur unnötig Ärger.

    Die Polizei sucht nach den Druckmaschinen

    Das groteske Phänomen belegt den trotz brutaler Unterdrückung bis heute ungebrochenen Widerstand von Falun-Gong-Aktivisten. Es zeigt aber auch, wie lückenhaft Chinas gigantische Überwachungs- und Kontrollbürokratie im Alltag ist. Flugblätter, die von Brücken oder Hochhäuser herabgeworfen werden, oder an Mauern kleben, würden den allgegenwärtigen Videokameras nicht entgehen. Beim Geld aber schaut niemand so genau hin

    Die Polizei versucht, die modernen Farbdruckereien im Untergrund aufzuspüren. Offizielle Anti-Sekten-Webseiten verkünden Erfolge. Der größte Bust gelang 2014, als die Polizei in drei Razzien allein in Wuhan 34 Spezialdrucker und Computer beschlagnahmten und 38 Beteiligte verhaftete. Die Zentralbank versuchte es auf andere Weise. Im Januar 2016 ließ sie als Pilotprojekt in fünf Städten Shandongs alle Ein-Yuan Banknoten durch Münzen ersetzen. Die Onlineseite der Volkszeitung erklärte, dass so “die Weiterverbreitung reaktionärer Losungen durch Kriminelle über Banknoten gestoppt werden soll.” 2019 erneuerte die Zentralbank alle Banknoten in China durch eine neue Serie, die genauso aussah wie die alte. Die Farben leuchten aber stärker, das Papier ist glatter beschichtet. Offenbar soll das Bedrucken erschwert werden.

    Pekings Kampf gegen Falun Gong begann am 25. April 1999. Auslöser wurde eine drei Tage davor organisierte Demonstration von Falun-Gong-Anhängern in der Nachbarstadt Tianjin vor dem Redaktionsbüro einer Zeitschrift. Diese hatte zum Verbot der spirituellen Lehre als Aberglauben und Gesundheitsrisiko aufgerufen. Die Polizei ließ einige Aktivisten festnehmen. Darauf mobilisierte die nationale Führung der Falun-Gong mit modernen Kommunikationsmitteln und über E-Mail, ihre Anhänger zum Großprotest nach Peking zu kommen. 10.000 Falun-Praktizierende reisten aus vier Provinzen an. Vom Morgen bis in die Nacht belagerten sie schweigend und im friedlichen Sit-In das gesamte Regierungsviertel mit Sitz der Partei in Zhongnanhai, bis ihre Führer die geforderten Zugeständnisse erhielten.

    “Weder Mensch noch Teufel haben etwas gemerkt”

    Es war eine Meisterleistung moderner Kommunikation und Logistik. Chinas damaliger Parteichef Jiang Zemin wurde zum ersten Mal bewusst, welche Macht spirituelle Bewegungen besitzen. Falun Gong war bis dahin beim Sportministerium als Meditations-Gruppe für traditionelle Heilgymnastik registriert gewesen mit amtlich gezählten 2,1 Millionen Anhängern, darunter viele Mitglieder der KP Chinas.

    Noch am 25. April abends schrieb der geschockte Jiang einen Brief an seine Kollegen im Politbüroausschuss, der sechs Jahre später veröffentlicht wurde. Er fing mystisch an. “Was heute passierte, ist wert, tief darüber nachzudenken. Weder Mensch noch Teufel hat etwas gemerkt. Plötzlich hatten sich vor den Toren unseres Machtzentrums Zehntausend Menschen versammelt und umzingelten es den ganzen Tag.” Die Aktion sei der größte Protest seit dem Tiananmen-Aufruhr von 1989. Chinas Sicherheitsapparat hätte versagt. Er selbst habe erst aus dem Internet erfahren, wie effizient Falun Gong organisiert ist und dass sie einen neuen sozialen Trend darstellten. Wozu sei die Staatssicherheit mit Computern ausgerüstet, wenn sie die moderne Informationstechnik nicht nutzten?

    Im Juli startete Peking die landesweite Verfolgung der als “Sekte” und Staatsgefahr kriminalisierten Falun Gong. Was Jiang besonders erregte, steht im letzten Satz seines Briefes: “Könnte es sein, dass die marxistische Theorie von uns Kommunisten, der Materialismus und Atheismus, an die wir glauben, nicht dieses Zeug besiegen kann, das von Falun Gong verbreitet wird? Wenn das so wäre, würde das nicht ein Witz sein – so groß wie der Himmel?” Die Angst, mit ihrer hohl gewordenen Ideologie Chinas Menschen spirituell nicht mehr zu erreichen, treibt die Partei und ihre Führer bis heute um.

    • Innenpolitik der KP China
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    Personalien

    Jörg Bremer (44) wird ab Juli neuer Finanzchef des Maschinenbauers KraussMaffei. Bremer kommt vom Autovermieter Sixt, wo er als CFO tätig war. Bei KraussMaffei folgt er auf Harald Nippel, der in den vergangenen sechs Jahren als CFO den Verkauf von KraussMaffei an den chinesischen Chemiekonzern Chemchina begleitet hat und auch den Börsengang des Unternehmens in China 2018. Nippel geht zum Monatsende auf eigenen Wunsch.

    Thomas Nürnberger (52), zuletzt bis April Präsident und CEO von EBM-Papst China, ist zum Mai in die Geschäftsführung der EBM-Papst-Gruppe mit Hauptsitz in Mulfingen berufen worden. Er wird als CSO in Deutschland den weltweiten Vertrieb für den Bereich Ventilatoren und Motoren verantworten. Seit 2016 ist Nürnberger für das Unternehmen in Shanghai tätig, wo auch die China-Zentrale sitzt. EBM-Papst beschäftigt an den Produktionsorten Shanghai, Xi’an und Qingdao rund 2.000 Mitarbeiter.

    Tobias Arndt (35) wird für den Ventilatorenhersteller EBM-Papst zum 1. Juli als General Manager die Chinageschäfte übernehmen und an Thomas Nürnberger berichten. Arndt ist in dem Unternehmen seit 2010 in verschiedenen Funktionen tätig gewesen.

    • ChemChina

    Dessert

    Zum Greifen nah – so sah der Mond in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag am Himmel über Shenzhen aus. Der seltene “Supermoon”, bei dem sich der Vollmond am zur Erde am nächsten gelegenen Punkt seiner Umlaufbahn befindet, konnte weltweit beobachtet werden.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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