Marie-Christine von Hahn, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI).
Wie hat sich die deutsche Drohnen-Industrie entwickelt?
Unser aktueller Branchenmonitor verzeichnet hohe, teilweise zweistellige Zuwachsraten. Die Nachfrage bei uns als Lobby-Verband steigt im Gleichschritt. Neben den mittlerweile bekannten Start-ups sind auch die etablierten Luftfahrtunternehmen sehr aktiv. Bei den Beschäftigten ist ein deutlicher Aufwärtstrend erkennbar: ein Plus von 23 Prozent. Die Exportquote liegt aktuell bei 22 Prozent. Die Hersteller sind derzeit zu 70 Prozent im militärischen Sektor und zu 30 Prozent im zivilen Sektor tätig. Das zeigt uns: Auch bei der unbemannten Luftfahrt agieren wir ingenieurgetrieben, wir entwickeln Spitzentechnologie.
Laut einer Umfrage haben immer noch zwei Drittel der Bevölkerung Angst vor Terroranschlägen. Wie begegnen Sie diesen?
Unser Bild von fliegenden Drohnen wird derzeit stark durch die Nachrichten aus der Ukraine beeinflusst, insofern kann ich diese sehr menschlichen Bedenken erst einmal nachempfinden. Sogenannte unbemannte Flugsysteme (UAS – Uncrewed Aerial Systems) für kommerzielle Zwecke, also zum Beispiel für die Landwirtschaft oder Transporte, haben damit aber selbstverständlich nichts zu tun. Trotz alledem, unterm Strich brauchen wir dafür klare gesetzliche Regelungen in puncto Sicherheit und müssen Vertrauen in der Gesellschaft aufbauen.
Seit 2022 gibt es vermehrt Drohnenüberflüge über Militärstandorte wie Einrichtungen der kritischen Infrastruktur. Bislang gibt es keine effektive Drohnenabwehr. Haben Sie Vorschläge?
Der Staat muss sich selbstverständlich in die Lage versetzen, bei all diesen Herausforderungen handlungsfähig und vor allem auch „up to date“ zu sein. Gerade bei Letzterem können wir unterstützen, denn die Innovationszyklen bei Flugsystemen sind derzeit so rasant, dass der Austausch mit der Branche insbesondere geboten ist. Denn nur mit den Informationen aus der Praxis können zum Beispiel Detektion und Abwehr auch wirkungsvoll greifen.
Wie schätzen Sie den missbräuchlichen Umgang (zum Beispiel Diebstahl, Schmuggel) auch im Bereich der zivilen Drohnen ein?
Jede Technologie kann beides: Fortschritt bringen oder von Kriminellen missbraucht werden. Beispiel: Die Cyberkriminalität steigt schwindelerregend an. Schalten wir das Internet deswegen ab? Nein, weil die Vorteile klar überwiegen. So auch beim Einsatz ziviler Drohnen. Der Staat muss konsequent gegen den Missbrauch vorgehen und ist daher auch gut beraten, entsprechend bei Ausrüstung und Know-how Schritt zu halten.
Muss es deshalb eine nationale Drohnen-Strategie geben?
Klares Ja. Eine nationale UAS-Strategie ist von zentraler Wichtigkeit, um Sicherheit und Vertrauen zu schaffen sowie die gewaltigen Potenziale dieser Zukunftsbranche auch ausrollen zu können. Die unbemannte Luftfahrt, ob zivil oder militärisch, wird in vielerlei Hinsicht gewinnbringend für unsere Gesellschaft und unseren Wohlstand werden. Das sollte sich unser Land nicht entgehen lassen.