Executive Summary
Erscheinungsdatum: 22. November 2025

Wie der Mittelstand gegen den Strukturbruch kämpft

Im Dorgeriegeschäft steigen trotz Krise weiter die Umsätze. (Picture Alliance)

Kleine und mittelgroße Unternehmen kämpfen gegen Umsatzrückgänge und Beschäftigungsabbau. Es gibt aber auch positive Beispiele.

Der Datev-Mittelstandsindex zeigt die dramatische Lage jenseits offizieller Konjunkturindikatoren: Umsatzrückgang von 0,6 Prozent bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU), Beschäftigungsabbau von 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das statistische Bundesamt definiert KMU, die etwa die Hälfte zum Bruttoinlandsprodukt beitragen, als alle Unternehmen bis 249 Beschäftigte und bis 50 Millionen Euro Umsatz.

Besonders hart trifft es Kleinstunternehmen mit minus fünf Prozent Umsatz. Das Bauhauptgewerbe verzeichnete im Juni einen Einbruch von knapp drei Prozent, das Gastgewerbe liegt durchgängig bei über fünf Prozent monatlichem Minus.

Ein Alarmsignal übertrifft alle anderen: Auch KMU bauen Mitarbeiter ab. „Der Mittelständler versucht wirklich, bis zum bitteren Ende an seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern festzuhalten“, erklärt Robert Mayr, CEO von Datev, im Gespräch mit Table.Briefings. Dass selbst diese Unternehmen ihre wichtigste Ressource nicht mehr halten können, zeigt die Schwere der Krise.

Stationäre Händler kämpfen strukturell gegen Windmühlen: Große Ketten und Online-Plattformen nutzen Skaleneffekte und digitale Sichtbarkeit. Chinesische Anbieter wie Temu überschwemmen den Markt. Seit 2015 ist die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte von über 370.000 auf etwa 300.000 gesunken. Mehr als zwei Drittel der verbliebenen Händler melden rückläufige Kundenfrequenz.

Während vor allem die kleineren Unternehmen straucheln, hat das mehr als 100 Jahre alte Weleda den Turnaround geschafft. 2022 schrieb Weleda rote Zahlen. Bereits 2023 war die Naturkosmetikmarke wieder profitabel, 2024 legte sie acht Prozent Wachstum hin – deutlich mehr als der Markt. „Wir agieren ja eher wie ein Start-up im Moment und nicht wie eine Traditionsfirma“, sagt Tina Müller, seit Oktober 2023 CEO, im Gespräch mit Table.Briefings. Bis 2030 soll sich der Umsatz auf 840 Millionen Euro verdoppeln. Für 2025 peilt das Unternehmen rund 500 Millionen Euro an und sieht sich auf Kurs.

Um sich dauerhaft am Markt zu etablieren, hilft aus Müllers Sicht nur eins: Innovation. Die Eigenmarken von Rossmann, dm und Müller setzen Weleda unter Druck. „Ich muss immer einen Schritt weiter springen, etwas Relevantes in den Markt einführen, das sich differenziert“, erklärt Müller die Strategie. Neue Produkte werden nach einer gewissen Zeit kopiert – dann muss bereits die nächste Innovation bereitstehen.

Raoul Roßmann, seit 2021 Vorsitzender der Geschäftsführung des inhabergeführten Familienunternehmens Rossmann, setzt darauf, neue, aufstrebende Marken ins Sortiment zu holen, um zusätzliche Impulse zu setzen und das Angebot regelmäßig zu erneuern. „Neue Marken schaffen es heute sehr leicht, Aufmerksamkeit zu gewinnen – selbst mit kleinen Marketingbudgets. Diese Marken nehmen wir in unser Sortiment auf, wo sie frischen Schwung hineinbringen. So entsteht jedes Jahr aufs Neue ein belebtes Sortiment, das letztlich auch unseren Umsatz antreibt“, sagt Roßmann. Zugleich betont er, dass Eigenmarken im deutschen Einzelhandel inzwischen unverzichtbar geworden sind. Sie machten deutlich über 30 Prozent des Gesamtabsatzes aus, und viele Kunden kombinierten bewusst Marken- und Eigenmarkenprodukte.

Wie auch andere Drogerieformate wächst Rossmann weiter. Das Familienunternehmen hat das Jahr 2024 mit 15,3 Milliarden Euro Umsatz und einem Plus von 10,2 Prozent abgeschlossen. Auch im deutschen Markt legte Rossmann zu – um sechs Prozent auf 9,9 Milliarden Euro.

Daran, dass ein Konsumimpuls die Konjunktur antreiben kann, glaubt Roßmann allerdings nicht. Er verweist auf die Preissteigerungen in den vergangenen Monaten. „Wir haben 30 Prozent Inflation im Lebensmitteleinzelhandel erlebt, und wir haben circa 20 Prozent im Near-Food-Bereich erlebt.“ Im Oktober lag die Inflation immer noch bei 2,3 Prozent. Die Preissteigerung ist also nicht verschwunden, nur das Tempo der Preiserhöhungen hat sich verlangsamt.

Briefings wie CEO.Table per E-Mail erhalten

Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

Anmelden

Letzte Aktualisierung: 22. November 2025

Teilen
Kopiert!