Table.Briefing: Bildung

KI und Bildungsgerechtigkeit + Silke Müllers neues Buch + Hessens Genderverbot

Liebe Leserin, lieber Leser,

Künstliche Intelligenz stellt den Schulunterricht auf den Kopf, spätestens seitdem ChatGPT schnelle Antworten geben kann. Doch ob KI zu mehr Bildungsgerechtigkeit führt oder den Digital Divide verstärkt, entscheidet sich nicht allein im Klassenzimmer. Das haben Vera Kraft und Annette Kuhn bei mehreren Expertengesprächen bei der diesjährigen Konferenz des Forums Bildung Digitalisierung erfahren. Sie erklären, welche Rolle Eltern dabei spielen. Und wie digitale Tools den Unterricht sinnvoll ergänzen können.

Mit den Schattenseiten von KI beschäftigt sich auch Silke Müller, Schulleiterin der Waldschule Hatten in ihrem neuen Buch “Wer schützt unsere Kinder?”, das am 2. Mai erscheint. In unserer Rezension lesen Sie vorab, welche Handlungsempfehlungen die Schulleiterin gibt. Geht es nach ihr, sollten Schulen und Bildungspolitik deutlich mehr tun, um Kinder vor einem unkontrollierten Social-Media-Konsum und den Abgründen der digitalen Welt zu schützen.

Empfehlen möchte ich Ihnen in dieser Ausgabe auch unseren Standpunkt von Schulrechtlerin Sybille Schwarz. Sie spricht sich gegen das hessische Genderverbot in Abiturprüfungen aus. Und den Head über Schulrechtler Michael Wrase, der aufgrund seiner interdisziplinären Forschung oft schon selbst als Bildungsforscher durchgeht.

Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre – und einen geruhsamen 1. Mai! Weil der Tag der Arbeit auf den Mittwoch fällt, bekommen Sie schon heute unser Briefing.

Ihre
Anna Parrisius
Bild von Anna  Parrisius

Analyse

Unterstützung von Eltern und Schule fördert produktiven Umgang mit KI

Gibt man Schulen und Schüler die Möglichkeit, Digitalisierung richtig einzusetzen, kann man einen großen Schritt weiterkommen in der Bildungsgerechtigkeit. Das ist jedenfalls die Überzeugung von Silke Richter, Schulleiterin aus Duisburg. “Aber leider könnte Digitalisierung auch bewirken, dass die Bildungsungerechtigkeit noch stärker auseinandergeht”, sagt sie weiter.

Bei der Jahreskonferenz des Forums Bildung Digitalisierung (KonfBD) in der vergangenen Woche in Berlin stand eben dieses Thema im Fokus. Unter dem Titel “Mind the Gap. Chancengerechtigkeit im Zeichen des Digital Divide” ging es um die Frage, wie es gelingen kann, durch Digitalisierung und vor allem durch den Einsatz von KI mehr Teilhabe zu ermöglichen, statt den Digital Divide zu vergrößern.

Digitale Infrastruktur als Voraussetzung

Technische Ausstattung sei eine Grundvoraussetzung, damit digitale Teilhabe überhaupt erst möglich ist, sagt Schulleiterin Richter. Ihre Schule liegt am unteren Ende auf der Sozialindex-Skala in NRW, viele Schüler haben keinen oder nur einen sehr eingeschränkten Zugang zu digitaler Ausstattung.

Doch der Digital Divide zeigt sich nicht nur in der Ausstattung, sondern auch bei den Medienkompetenzen. Das gilt insbesondere für den Umgang mit KI, wie eine Studie von Thomas Süße und Maria Kobert zeigt: Die soziale Unterstützung durch Schulen und Eltern könne als “sehr relevant bei der Nutzung generativer KI angesehen werden”. Dabei geht es einerseits um Hilfe bei der praktischen Anwendung von KI-Tools. Andererseits geht es aber auch um eine kritische Reflexion über die Chancen und Risiken generativer KI.

Das Bildungsniveau der Eltern habe einen direkt messbaren Effekt darauf, wie differenziert Schüler mit generativer KI umgehen, fasst Süße, Professor für das Lehrgebiet Personal und Organisation, seine Ergebnisse auf der KonfBD zusammen.

Schüler und Lehrer müssen Umgang mit KI lernen

Was ein differenzierter Umgang mit KI in der Schulpraxis bedeutet, konnte Hendrik Haverkamp beobachten, als er seinen Schülern in einer Prüfung erlaubte, KI zu verwenden. Leistungsstarke Schüler nutzten die generative KI kaum oder nur zur Inspiration. Leistungsschwächere schrieben hingegen viel häufiger unhinterfragt ab. In Haverkamps Worten: “Mit jeder Notenstufe schlechter verdoppelte sich in etwa der Einsatz von KI.” Der Deutschlehrer ist am Evangelisch Stiftischen Gymnasium Gütersloh Koordinator für Digitalität, und er ist außerdem Gründer des KI-gestützten Feedback-Tutors fiete.ai.

Angesichts dieser unterschiedlichen Verwendung von KI bei Schülern, sei es dringend notwendig, einem Digital Divide bei Lehrkräften entgegenzuwirken, mahnt Haverkamp. Bei einer Umfrage an seiner eigenen Schule zeigte sich, dass mittlerweile 85 Prozent der Schüler einen eigenen Account für die Nutzung von ChatGPT haben. Bei den Lehrkräften haben hingegen nur 40 bis 45 Prozent Erfahrung im Umgang damit. “Das ist eine riesige Kluft”, sagt Haverkamp. Denn mehr als der Hälfte der Lehrer fehlt bislang das Wissen, um ihren Schülern in diesem Bereich zu helfen.

Gleichzeitig sei es auch wichtig, die Eltern zu unterstützen, fordert Süße. Gespräche über Künstliche Intelligenz gehören ebenso wie andere wichtige gesellschaftliche Themen nicht nur ins Klassenzimmer, sondern auch an den Küchentisch.

Hoffnungsträger: Individuelle Lernbegleiter

KI-Anwendungen versprechen aber auch konkrete Lösungen – sogar auf eine der größten aktuellen Herausforderungen an Schulen, die Heterogenität in den Klassen. Jeder zweite Lehrer fühlt sich durch die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen in der Schülerschaft überfordert, wie die aktuelle Befragung für das Deutsche Schulbarometer zeigt. Und ebenfalls nur jeder zweite Lehrer ist davon überzeugt, mit seinem Unterricht allen Schülern gerecht zu werden.

KI-Instrumente und ihre Möglichkeiten für eine bessere, passgenauere und gerechtere Lernförderung wurden dementsprechend auch bei der diesjährigen KonfBD viel diskutiert. Dabei ging es um das Potenzial von Intelligenten Tutoriellen Systemen (ITS) wie Bettermarks, Area9 oder Feedbook. Durch das individuelle Feedback und personalisierte Aufgaben könnten die Schüler in ihrem eigenen Tempo lernen, nennt Mathematiklehrerin Elisabeth Weber vom Frauenlob-Gymnasium in Mainz einen Vorteil dieser Systeme. Die schnellen Rückmeldungen steigerten außerdem die Motivation der Schüler, berichtet die Lehrerin. Außerdem würden sich zurückhaltende Schüler eher trauen, mal ungewöhnliche Lösungswege auszuprobieren.

Doch als Lernbegleiter allein taugen die Intelligenten Tutoriellen Systemen nicht, machte Weber auf der Konferenz deutlich. Die Lehrer-Schüler-Beziehung ließe sich damit keinesfalls ersetzen. Zudem gebe es einiges, etwa kooperatives Lernen, Argumentieren, Modellieren, was die KI-Systeme heute – zumindest noch – nicht leisten. Ihre Schlussfolgerung: “Man sollte Kinder keinesfalls einfach vor dem Gerät parken.”

Digitalen Kulturwandel strukturell verankern

Insgesamt dürften gute digitale Lernkonzepte nicht nur am Engagement Einzelner hängen, betonte Bildungsforscherin Birgit Eickelmann. Stattdessen bräuchte es dafür auf der Systemebene die entsprechenden Rahmenbedingungen. Die Professorin der Universität Paderborn befasste sich in dem Projekt “Unes – Unerwartbar erfolgreiche Schulen” intensiv mit den Gelingensbedingungen von Digitalität für die Bildungsgerechtigkeit. Eickelmann kritisierte, dass es noch zu wenig Strukturen gebe, um Schülern eine verlässliche digitale Teilhabe zu ermöglichen. Es gebe Schulen, die herausragende Arbeit leisten, aber wenn die Menschen, die diese Arbeit voranbringen, wegbrechen, gehe es oft nicht weiter, weil ein Konzept fehle.

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Mehr Wissensvermittlung und Medienkompetenz: Schulleiterin Silke Müller mahnt in ihrem Buch Regeln im Umgang mit KI an

Künstliche Intelligenz kann Lehrer entlasten, Schülern individuell angepasste Lernpfade ermöglichen, aber auch Deepfakes erzeugen. Wohin das führt, erlebt Schulleiterin Silke Müller jeden Tag. In ihrem ersten Buch “Wir verlieren unsere Kinder” hat sie die Auswirkungen – von Konzentrationsproblemen bis hin zu Mobbing, Grooming und depressiven Störungen – eindrucksvoll beschrieben und vor einem unkontrollierten Social-Media-Konsum gewarnt. Das Buch stand wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste auf Platz 1.

Nun hat sie nachgelegt. Am Donnerstag erscheint ihr zweites Buch “Wer schützt unsere Kinder?”. Darin geht es vor allem um Gewinn, aber auch Gefahren von Künstlicher Intelligenz im Unterricht und im Alltag der Kinder. Dabei ist die Schulleiterin aus Niedersachsen keinesfalls eine Gegnerin von Schuldigitalisierung. Im Gegenteil. Sie wurde 2021 die erste Digitalbotschafterin in ihrem Bundesland. Und ihre Schule, die Waldschule in Hatten bei Oldenburg, wurde mehrfach ausgezeichnet für ihre digitale Schulentwicklung.

Es gibt keine Trennung von analoger und digitaler Welt

Trotzdem, oder gerade deshalb, weist Silke Müller aber auch immer wieder darauf hin, wie wichtig es ist, Kinder durch die digitale Medienwelt zu begleiten und die Beziehungsarbeit nicht an digitale Assistenten abzugeben. Sie zielt aber nicht auf die vielerorts geforderte Abkehr vom Digitalen in der Schule, denn das Ausklammern des Digitalen funktioniere nicht. “Noch immer trennen wir fahrlässigerweise die angeblich normale, also analoge Welt konsequent von der digitalen Welt, die aus Sicht vieler ja nicht echt ist und nur auf irgendwelchen Datenautobahnen stattfindet. Es gibt aber nur die eine Welt.” Und Medienkompetenz bedeute nicht, einfach nur die Bildschirmzeit zu reduzieren. “Das ist in etwa so, wie wenn ich meinem Kind Knieschützer anziehe und einen Fahrradhelm aufsetze und es dann auf die Autobahn auffahren lasse”, schreibt sie.

Silke Müller sagt aber auch, dass es Regeln und ethische Werte im digitalen Raum geben müsse: “Unsere Generation hat es gründlich verbockt. Wir haben es weder geschafft, einen Wertekonsens für ein freundliches und friedfertiges Miteinander im Netz auszuhandeln, noch ist es den gewählten Vertreterinnen und Vertretern in politischen Gremien und Verantwortungsbereichen gelungen, längst überfällige politische Regulierungen für diesen Bereich festzulegen und in Gesetzen zu verankern.”

Silke Müller hat an ihrer Schule eine Social-Media-Sprechstunde etabliert

Für die Schulleiterin ist klar: Es braucht mehr Wissensvermittlung über KI – und Kinder brauchen mehr Medienkompetenz, damit sie dem, was KI produziert, nicht ausgeliefert sind. Sie belässt es aber nicht bei Kritik, sondern formuliert in ihrem neuen Buch konkrete Empfehlungen, um “einen konstruktiven Umgang mit KI” zu ermöglichen und Kinder besser zu schützen. Dazu gehören:

  • Ein neues Arbeitszeitmodell für Lehrkräfte etablieren: Die Arbeitszeit dürfe sich nicht nur an den Unterrichtsstunden bemessen, denn Lehrer bräuchten heute mehr Zeit für die Beziehungsarbeit.
  • Eine Social-Media-Sprechstunde an jeder Schule etablieren. So eine Sprechstunde gibt es an der Waldschule Hatten bereits seit 2018 und ist im Lehrplan als Projekt fest verankert. Kinder können hier erzählen, was sie im Klassenchat oder auf TikTok erlebt haben.
  • Kooperationen mit außerschulischen Partnern im Bereich Medienkompetenz in Schulen fest zu etablieren. So könnten zum Beispiel Initiativen wie Klicksafe regelmäßig Workshops anbieten.
  • Fortbildungen für Lehrkräfte im Bereich KI verpflichtend machen. “Unser Nichtwissen und unsere Ahnungslosigkeit könnten dazu führen, dass unsere Kinder entweder abgehängt oder auf ungute Weise von Algorithmen beeinflusst werden.”

Und noch eine Idee hat Silke Müller: KI könne auch ein Brückenbauer zwischen den Generationen sein, in dem Jugendliche ältere Menschen in die Welt von KI einführen – in Workshops zum Beispiel zur Nutzung von Sprachassistenten oder KI-gestützten Apps zur Gesundheitsförderung.

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Standpunkt

Wer gendert, darf nicht durch das Abitur fallen

Rechtsanwältin Sibylle Schwarz
Schulrechtlerin Sibylle Schwarz

23.000 Prüflinge nehmen seit dem 17. April an den schriftlichen Abiturprüfungen in Hessen teil. Laut den “Durchführungshinweisen zum Landesabitur” ist dabei geschlechtergerechte Sprache durch Verwendung von Gender-Sonderzeichen nicht erlaubt. Wer also Binnen-I, Doppelpunkte, Sternchen oder Unterstriche in seinen Lösungen schreibt, erhält Punktabzug und damit eine schlechtere Note. Im schlimmsten Fall droht ein Nichtbestehen. Wenn in einer Prüfungsleistung Bürger*innen, Politiker*innen und Demonstrant*innen steht, soll das zudem nicht als Wiederholungsfehler, sondern sogar als drei Fehler gewertet werden. In der mündlichen Abiturprüfung hingegen soll die “Gender-Pause” (Glottisschlag) beim Sprechen nicht zur Fehlerwertung führen.

“Der Staat ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, Regelungen über die richtige Schreibung der deutschen Sprache für den Unterricht in den Schulen zu treffen”, entschied das Bundesverfassungsgericht im Juli 1998. Doch nicht zu vorschnell.

Im November 1996 wurde durch Erlass des schleswig-holsteinischen Bildungsministeriums die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung in den Schulen eingeführt. Eltern von Grundschülern wehrten sich mit der Verfassungsbeschwerde dagegen, dass ihre Kinder nach reformierten Rechtschreibregeln unterrichtet wurden. Die Schulen unterrichteten zwar die neue Schreibweise. In einer Übergangszeit wurden jedoch die bisherigen Schreibweisen nicht als falsch, sondern lediglich als überholt gekennzeichnet. Erst ab August 2005 – etwa zehn Jahre später – wirkte sich die bisherige Schreibweise negativ auf die Benotung aus.

Es darf nur abgefragt werden, was vorher gelernt und geübt wurde

In Übergangsregelungen kommt der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes zum Ausdruck. Wer seinen Ausbildungsweg beginnt, darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Bedingungen für seine Prüfung, die die Ausbildung abschließt, nicht so geändert werden, dass er sich hierauf nicht mehr in zumutbarer Weise einstellen kann. Zwischen dem Versand der “Durchführungshinweise zum Landesabitur” am 20. März und dem Prüfungsbeginn am 17. April ist allerdings keine Übergangszeit erkennbar. 

Rechtlich verpflichtend hätte also zu Beginn des Schuljahres das Bewertungsprozedere von den Lehrkräften erläutert werden müssen. Daher ist zweifelhaft, dass alle der 23.000 Abiturient:innen von dem kurzfristig geänderten Maßstab der Leistungsbewertung erfahren haben können.

Außerdem gehört zu den Prüfungsanforderungen auch die “Verwendung gelernter und geübter Arbeitstechniken“. Schrieben die diesjährigen Abiturient:innen in den Jahren ihrer Oberstufenzeit Gender-Sonderzeichen, wurde es ihnen nicht als Fehler angestrichen. In der eigentlichen Abiturprüfung soll das anders gehandhabt werden. Dies widerspricht dem allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsatz, dass in einer Prüfung nur abgefragt werden darf, was vorher gelernt und geübt wurde. Der Prüfungsstoff muss grundsätzlich dem Unterrichtsstoff folgen.

Schule sanktioniert Schüler, die diversitätssensibel schreiben

Ein “Gender-Verbot” versuchte auch ein Vater zweier minderjähriger Gymnasiasten in Berlin zu erwirken. Daher gibt es zumindest eine gerichtliche Entscheidung. Das befasste Berliner Verwaltungsgericht lehnte den Wunsch des Vaters ab. Es war überzeugt, dass es maßgeblich darauf ankomme, ob die Sprache für den Adressaten noch verständlich ist. Dabei ist auf den üblichen Sprachgebrauch abzustellen. In seiner rechtskräftigen Entscheidung wies das Gericht im März 2023 nämlich darauf hin, dass Fach- und deutsche Umgangssprache, ebenso Anglizismen, Mundarten bzw. Dialekte sowie auch österreichische oder schweizerische Eigenarten Einzug in unseren Sprachgebrauch gehalten hätten. Zudem sei zu beobachten, dass genderneutrale Sprache zunehmend Eingang in die Öffentlichkeit finde. Selbst amtliche Mitteilungen seien bei Verwendung von Sonderzeichen hinreichend verständlich.

Schule muss Schüler:innen dazu erziehen, anderen Menschen vorurteilsfrei, respektvoll und tolerant zu begegnen, Gleichberechtigung und andere Kulturen zu achten. Im Widerspruch dazu sanktioniert Schule, wenn sie im Abitur geschlechterinklusiv und diversitätssensibel schreiben.

Sibylle Schwarz ist Rechtsanwältin in der Kanzlei else.schwarz Rechtsanwälte in Wiesbaden. Ihr Schwerpunkt liegt im Beamten- und Bildungsrecht als besonderem Verwaltungsrecht. Sie befasst sich mit Rechtsfragen des Schulbetriebs und des Hochschulwesens. Einer ihrer Schwerpunkte ist außerdem ChatGPT im Bildungsbereich.

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News

“Schwere Enttäuschung”: Hessens Kultusminister kritisiert Digitalpakt-Vorschlag des BMBF

Hessens Kultusminister Armin Schwarz übt deutliche Kritik an dem vom BMBF vorgelegten Entwurf für den Digitalpakt II: “Was da jetzt vom Bundesbildungsministerium auf den Tisch gelegt wurde, ist wieder eine große Enttäuschung”, sagte Schwarz Table.Briefings. An den Stellen, wo der Bund unterstützen müsse, bleibe das Konzept vage, während die darin gestellten Forderungen an die Länder “mehr als übergriffig” seien, kritisiert Schwarz. “Allein die geforderte Anzahl der zusätzlichen Fortbildungen für Lehrkräfte ist so absurd, dass man fast annehmen könnte, dass Frau Stark-Watzinger gar keine Einigung beim Digitalpakt anstrebt”, so der CDU-Politiker. Sein Land habe beim Thema Fortbildungen “längst erhebliche Geschwindigkeit”.

Finanzministerium: Digitalpakt nur “im Rahmen des geltenden Finanzplans”

Am Samstagabend hatte das Thema auch auf dem Bundesparteitag der FDP kurz für Aufregung gesorgt. Die Nachwuchsorganisation Junge Liberale (JuLis) hatte – unterstützt von der bildungspolitischen Sprecherin Ria Schröder – beantragt, den Leitantrag zur Wirtschaftswende um die Forderung nach einem Digitalpakt II zu ergänzen. Inhaltlich entsprach er den Forderungen in Stark-Watzingers Konzept. Man wolle die Bundesbildungsministerin in den Verhandlungen mit den Ländern stärken, erklärte Schröder in ihrer Rede.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Florian Toncar, trat daraufhin zur Gegenrede an. Er sei mit dem Antrag nur einverstanden, wenn er um den Zusatz “im Rahmen des geltenden Finanzplans” ergänzt werde. Ansonsten bitte er darum, ihn abzulehnen. Übersetzt hieße das: Stark-Watzinger müsste in ihrem Etat an anderen Stellen streichen, um die Mittel aufzubringen. Allerdings hat das Finanzministerium ohnehin bereits Kürzungen von rund einer Milliarde Euro vorgesehen.

Nach kurzer Beratung erklärten die Antragsteller, sich darauf nicht einzulassen. “Wir können den Digitalpakt 2.0 hier nicht einfach so beerdigen”, rief der stellvertretende JuLi-Vorsitzende Nemir Ali. Die Delegierten ließen sich davon allerdings nicht überzeugen und lehnten den Digitalpakt-Antrag mehrheitlich ab. Maximilian Stascheit, Holger Schleper

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Partizipation im Ganztag ist oft oberflächlich

Demokratiebildung sollte eine wichtige Rolle im Ganztag spielen. Davon sind die dort tätigen pädagogischen Fachkräfte überzeugt. Allerdings gibt es noch viel Entwicklungspotenzial, zeigt eine neue Studie des Kinderhilfswerks, die am Donnerstag veröffentlicht wird. Table.Briefings lag sie vorab exklusiv vor.

Für die Studie “Kinderrechtebasierte Demokratiebildung im außerunterrichtlichen Ganztag” (zum Download) wurden 286 pädagogische Fachkräfte im Ganztagsbereich und Hort über einen Zeitraum von zwölf Wochen befragt. Neben einer quantitativen Befragung fanden auch qualitative Interviews statt.

Die Ergebnisse zeigen, dass den Fachkräften die Kinderrechte und die Vorgaben zu Demokratiebildung in den Bildungsplänen und Schulgesetzen der Länder weitgehend bekannt sind. Sie haben auch eine positive Einstellung dazu und messen dem Thema eine hohe Relevanz bei. Allerdings werden Kinderrechte und Demokratiebildung oft nicht in ihrer Vielfalt abgebildet und umgesetzt.

Entwicklungsbedarf beim Thema Antidiskriminierung

Demokratiebildung wird demnach oft mit Partizipation gleichgesetzt. Dieses Themenfeld ist auch am stärksten in den Konzepten der Einrichtungen verankert. Bei den anderen Schwerpunkten der Demokratiebildung – Bildung zu Kinderrechten, Inklusion und Antidiskriminierung – sieht das Kinderhilfswerk bei der Umsetzung noch Luft nach oben. “Der größte Bedarf an Sensibilisierung und unterstützenden Strukturen wird im Bereich der Antidiskriminierung deutlich”, heißt es im Bericht zur Studie.

Auch bei der Umsetzung der Partizipation zeigt die Studie Entwicklungspotenzial. Die Beteiligung bleibe oft auf einer unteren Stufe. Kinder werden zwar informiert, sie dürfen aus vorgegebenen Angeboten wählen oder ihre Meinung äußern, aber sie sind selten an Planungen beteiligt. Dazu heißt es im Bericht: “Hier zeigt sich ein deutlicher Bedarf der pädagogischen Fachkräfte zur Sensibilisierung für echte Beteiligungsstrukturen.”

Kinderhilfswerk gibt Handlungsempfehlungen

Das Kinderhilfswerk leitet aus der Studie unter anderem diese Handlungsempfehlungen ab:

  • Fachkräfte brauchen mehr Qualifizierungsangebote, und das Thema sollte stärker in der Ausbildung verankert sein.
  • Konzepte müssen praxisnah übersetzt werden. Was bedeutet Antidiskriminierung zum Beispiel konkret in der Elternarbeit?
  • Der fachliche Austausch zu kindergerechter Demokratiebildung sollte innerhalb der Einrichtungen, zum Beispiel durch Reflexionsphasen, und zwischen den Einrichtungen in lokalen Netzwerken gestärkt werden.

Eine Hürde für eine stärkere Beteiligung der Kinder sehen viele Befragte allerdings im Zeit- und Personalmangel. 63 Prozent der befragten Fachkräfte geben an, dass sie nicht ausreichend Zeit haben, sich mit Themen der kinderrechtebasierten Demokratiebildung zu befassen. Annette Kuhn

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Gleich zwei Gedenkprojekte erhalten Lehrkräftepreis

Den Deutschen Lehrkräftepreis 2023 haben am Montag gleich zwei Unterrichtsprojekte erhalten, in denen sich die Schüler den Biografien jüdischer Menschen widmeten, die im Nationalsozialismus verfolgt wurden. Am Gymnasium Feuchtwangen beschäftigten Schüler sich in einem mehrstufigen Projekt mit den Lebensgeschichten von sechzig jüdischen Holocaust-Opfern – und veröffentlichten die Ergebnisse auf einem Instagram-Account und in einem Buch. Sie erreichten sogar, dass ein Gedenkstein für die Jüdinnen und Juden eingeweiht wurde, der ihnen lange verwehrt geblieben war. Didaktik-Professor David-Samuel Di Fuccia, Leiter der Jury, sagte, in diesem Jahr habe es besonders viele Gedenkprojekte unter den Einreichungen gegeben. Darin mache sich die herausfordernde Weltlage bemerkbar.

Der Philologenverband und die Heraeus Bildungsstiftung zeichneten zudem zehn Lehrkräfte aus. Unter ihnen: Günther Schön, Mathe-, Biologie- und Informatiklehrer vom Geschwister-Scholl-Gymnasium Ludwigshafen, der vor allem durch sein außerschulisches Engagement in einer Robotik-AG überzeugte. Und Harmeet Dawan, Lehrer für Gesundheit, Sport, Glück und Pflege am Beruflichen Schulzentrum Mathilde-Planck-Schule Ludwigsburg, der während des Home-Schoolings in der Pandemie den Sportunterricht zu den Schülern nach Hause brachte – über Video-Aufgaben und Challenges.

Als vorbildliche Schulleitung zeichnete die Jury zwei Schulleiter und ein Team aus, die von ihren Kollegien vorgeschlagen wurden. Auf Platz eins kam André Szymkowiak vom Gymnasium Thusneldastraße Köln-Deutz, der die Unterrichtsentwicklung unter anderem durch sogenannte “professionelle Lerngemeinschaften” unterstützt. Einmal im Monat entwickeln Fachgruppen dabei schulinterne Lehrpläne, neue Lernmethoden und Prüfungsformate und üben mit den Schülern selbständiges Lernen. anpa

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EdTech-Ranking: US-amerikanische EdTechs dominieren

Ein Ranking des Time Magazine listet die 250 top EdTech-Unternehmen weltweit auf. Neun der 15 erfolgreichsten EdTech-Unternehmen der Welt sind Anwendungen für Online-Lernen. Sechs der Top 15 kommen aus den USA. Ein deutsches Unternehmen, Bettermarks – ein Intelligentes Tutorielles System für Mathematik – hat es auf Platz zwölf geschafft. Die Rangliste basiert auf einer Formel, die die Finanzkraft und den Einfluss auf die Branche bewertet.

Platz eins belegt ein EdTech-Unternehmen aus Singapur. Eruditus meldete für das im Juni 2023 endende Geschäftsjahr einen Umsatz von fast 400 Millionen US-Dollar. Das entspricht einem Anstieg von 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Plattform bietet Online-Kurse von mehr als 80 Universitäten auf der ganzen Welt an. Nach eigenen Angaben hat Eruditus bisher mehr als 500.000 Menschen in 80 Ländern geschult.

Bettermarks nach 13 Jahren profitabel

Die USA dominieren die Liste mit mehr als einem Drittel der Plätze. China folgt mit zehn Prozent, und das Vereinigte Königreich mit knapp über sechs Prozent. Zudem wächst der EdTech-Markt in Brasilien rasant, wie das Time Magazine mitteilt. Das Land kämpfe mit großen Problemen im Bildungsbereich. Nur 57 Prozent der Erwachsenen im Alter von 25 bis 64 Jahren haben die Sekundarstufe II abgeschlossen, womit Brasilien weit unter dem OECD-Durchschnitt liegt. Dadurch gewinnt Online-Lernen außerhalb der Schule an Bedeutung – was der Privatsektor als Chance für sich erkannt hat.

Das deutsche Online-Lernsystem Bettermarks gibt es seit 2008. Gegründet hat es Arndt Kwiatkowski zusammen mit Christophe Speroni und Marianne Voigt. Kwiatkowski hat zuvor die Plattform Immobilienscout24 ins Leben gerufen und verkauft. Das EdTech-Unternehmen schrieb nach Angaben von North Data erstmals 2021 schwarze Zahlen. 2021 betrug der Gewinn etwas über eine Million Euro. Zuvor sah die Bilanz teils düster aus: Bis 2018 waren bereits knapp 24 Millionen Euro in das Start-up geflossen, wie die Plattform Deutsche Startups mitteilte. Da das Unternehmen die Investitionen nicht alle durch Eigenkapital decken konnte, war es zeitweise stark überschuldet. vkr

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Niedersachsen macht Kehrtwende bei Besoldung von Leitungen kleiner Schulen

Niedersachsen will die Besoldung von Schulleitungen kleiner Schulen im kommenden Jahr auf A14 anheben. Das kündigte das Kultusministerium von Julia Willie Hamburg (Grüne) an. Kleine Schulen haben bis zu 80 Schülerinnen und Schüler. Davon gibt es in Niedersachsen mehr als 300.

Damit gibt die rot-grüne Landesregierung dem Druck nach, der in den vergangenen Wochen entstanden war. Im Dezember hatte sie auf den Weg gebracht, dass in Niedersachsen alle Lehrkräfte an Grund-, Haupt- und Realschulen ein A13-Gehalt bekommen. Für Schulleitungen wurde grundsätzlich mindestens die Gehaltsstufe A14 festgelegt. Allerdings: Für Leitungen kleiner Grundschulen galt das nicht. Sie erhalten eine Amtszulage von derzeit 225,90 Euro brutto.

Noch in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage aus den Reihen der CDU im Landtag hatte das Kultusministerium den Schritt verteidigt. Der Verwaltungsaufwand für Personal und auch für die Schülerinnen und Schüler sei “deutlich geringer als an größeren Systemen”. Dann allerdings wuchs der Druck, nicht zuletzt durch einen Brandbrief, den 66 Schulleiterinnen und Schulleiter kleiner Schulen nach Hannover sendeten.

VBE-Kritik: Niedersachsen gefährdet durch Verzögerung Standorte kleiner Schulen

Sie monieren unter anderem, dass auch Konrektoren an Schulen mit mehr als 180 Schülerinnen und Schülern A14 erhalten. “Konrektoren tragen nicht die Gesamtverantwortung für ihre Schulen und haben weniger umfangreiche und für die Schulentwicklung weniger gewichtige Aufgaben”, heißt es in dem Schreiben. Es ergebe keinen Sinn, “dass wir geringer besoldet werden sollen als Konrektoren.”

Nun also will das Land auf die Forderung eingehen. Man stelle damit zugleich sicher, dass die Leitungsposten an kleineren Schulen auch zukünftig weiter attraktiv bleiben, erklärte Kultusministerin Hamburg. Die Landesverbände von GEW und VBE begrüßen den Schritt. Ganz ebbt die Kritik aber nicht ab. “Niedersachsen hinkt mit dieser Entscheidung mal wieder hinterher und gefährdet durch die unnötige Verzögerung der Besoldungserhöhung die Standorte kleiner Schulen”, sagte der VBE-Landesvorsitzende Franz-Josef Meyer.

Nach Angaben der GEW ist Niedersachsen mit seinem aktuell gültigen Modell aber nicht allein. Demnach erhalten etwa in Sachsen-Anhalt Grundschulleitungen A13, ab 180 Schülern A13 plus eine Zulage und ab 360 Schülern A14. Für Hamburg gelte, dass Schulleitungen an Grundschulen mit weniger als 68 Schülern A13 plus Zulage erhielten, ansonsten A14. Holger Schleper

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Hessen erhöht Meisterprämie

Hessen will die Ausbildung zum Meister, Fach- und Betriebswirt ab Juni stärker finanziell fördern. Dafür plant die Landesregierung, die Aufstiegsprämie für erfolgreich abgelegte Abschlussprüfungen von 1.000 auf 3.500 Euro zu erhöhen. Ziel ist es, die finanziellen Bedingungen von akademischer und beruflicher Bildung anzugleichen. Die Ausbildung will das Land durch Aufstiegsperspektiven attraktiver machen und Unternehmensnachfolgen fördern.

Ende vergangenen Jahres hieß es aus dem Wirtschaftsministerium, dass in Hessen in den kommenden Jahren 14.000 Betriebsnachfolgen anstehen. Bundesweit geht der Zentralverband des Deutschen Handwerks von rund 125.000 in den kommenden fünf Jahren aus “Es wird jede Hand gebraucht, gerade auch für die Umsetzung der Energiewende”, sagte Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD).

Die Fortbildung zum Meister kostet im Schnitt 12.000 Euro. Je nach Gewerk variieren die Kosten inklusive Prüfungsgebühr zwischen 7.000 und 17.000 Euro. Drei Viertel der Kosten lassen sich bereits über das Aufstiegs-Bafög (50 Prozent) und über ein zinsgünstiges Darlehen der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanzieren, von dem bei bestandener Prüfung die Hälfte erlassen werden kann. Durch die Erhöhung der Meisterprämie will Hessen nun eine Finanzierungslücke für die Absolventen schließen. Jährlich legen in Hessen laut Wirtschaftsministerium über 4.000 Personen eine Meisterprüfung ab. Weitere 3.000 erwerben laut Hessischem Industrie- und Handelskammertag vergleichbare kaufmännische oder technische Abschlüsse.

Grüne fordern kostenlosen Meisterbrief “ohne große Vorschüsse”

Kritik kam aus der Opposition von den Grünen. Mansooris Vorgänger, Tarek Al-Wazir (Grüne), hatte bereits Anfang Oktober vergangenen Jahres, wenige Tage vor der Landtagswahl 2023, einen kostenlosen Meisterbrief angekündigt. “Wir würden einen völlig kostenlosen Meisterbrief für Hessen begrüßen – ohne große Vorschüsse”, sagte Jürgen Frömmrich, Sprecher für Mittelstand und Handwerk der Grünen-Landtagsfraktion.

Bis auf Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zahlen bereits alle Bundesländer Prämien für die Meisterausbildung, Bremen und NRW sogar 4.000 Euro, Bayern seit 2023 3.000 Euro. Ministerpräsident Markus Söder hat zudem angekündigt, dass der Besuch einer Meisterschule in Bayern ab Herbst kostenlos sein soll. In Baden-Württemberg forderte der Handwerkstag am Montag, die Meisterprämie dort von 1.500 auf 3.000 Euro zu verdoppeln. anpa

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Heads

Michael Wrase – Jurist in der Bildungsforschung

Als Schulrechtler beschäftigt Wrase sich mit öffentlichem Recht und Sozialrecht – blickt aber auch in andere Disziplinen.

Michael Wrase ist der renommierteste Schulrechtler in Deutschland. Der Jurist und Rechtssoziologe ist Senior Researcher am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und Professor für Öffentliches Recht mit den Schwerpunkten Sozial- und Bildungsrecht an der Stiftung Universität Hildesheim. Er interessiert sich vor allem für das Recht auf Bildung. Und will wissen, wie Ungleichheit im Schulsystem reproduziert wird – und was dagegen zu tun ist.

Im Expertenforum Startchancen des WZB mit der Robert Bosch Stiftung bringt der 49-Jährige Wissenschaft, Politik und Verwaltung, aber auch Vertreter aus der Schulpraxis, an einen Tisch – mit dem Ziel, sozial benachteiligte Schulen besser zu unterstützen. Er plädiert für ein stärkeres Engagement des Bundes für Schulen in schwieriger sozialer Lage. Gemeinsam mit der Soziologin und WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger verfasste Wrase 2021 für die Heinrich-Böll-Stiftung ein Gutachten mit Empfehlungen für ein Bundesgesetz, durch das Bildungs- und Teilhabeleistungen dauerhaft an Schulen verankert werden könnten.

Wie kann Recht ein Steuerungsinstrument sein?

Darüber hinaus beschäftigt sich Wrase mit der Frage, ab welchem Zeitpunkt Kinder aus geflüchteten Familien ein Recht auf den Zugang zu Bildungseinrichtungen und Sprachförderung haben. Oder damit, dass Kinder aus einkommensschwächeren Elternhäusern oft keinen Zugang zu staatlich bezuschussten Privatschulen bekommen. In einer Studie zeigt er auf, dass Privatschulen in Deutschland kaum reguliert sind, obwohl sie nicht rein privat finanziert werden. Dies stehe im Widerspruch zum grundgesetzlich gesicherten Sondierungsverbot.

Wie kann man Recht als Steuerungsinstrument einsetzen, also die Wirklichkeit mithilfe von Gesetzen zum Besseren verändern? Diese Frage treibt Wrase immer wieder dazu an, den Blick über den Tellerrand zu werfen, etwa in die Soziologie, die Politikwissenschaften oder die Geschlechter- und Migrationsforschung. Die Rechtswissenschaft in Deutschland beschäftige sich ja vor allem mit Rechtsauslegung und Rechtsargumentation. Ihn würde jedoch auch interessieren, “wie das Recht in der Gesellschaft wirkt, von wem es genutzt wird – und wer ausgeschlossen ist”, erklärt Wrase.

Das Wissenschaftszentrum Berlin bot ihm nach seiner Doktorarbeit die Möglichkeit, eng mit Bildungsexperten unterschiedlicher Disziplinen zusammenzuarbeiten. “Inzwischen werde ich selbst oft als Bildungsforscher bezeichnet, dann zucke ich aber immer noch kurz zusammen“, sagt der Familienvater augenzwinkernd.

Orientiert sich gern an englischsprachigen Ländern

Als Doktorand war er an einem feministisch orientierten Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. Nebenbei engagierte er sich im “Berliner Arbeitskreis Rechtswirklichkeit”, der die fachübergreifende Diskussion über Rechtsthemen ermöglichen möchte. “Gemeinsam mit anderen jungen Kollegen aus der Schweiz und Österreich organisierten wir Kongresse zu Fragen, die sonst eher im angloamerikanischen Raum diskutiert wurden”.

Anders als viele andere Juristen, aber auch Bildungsforscher, mit denen er zusammenarbeitet, orientiert sich Wrase bis heute gern an den englischsprachigen Ländern. In England beispielsweise arbeiteten die Schulen autonomer – mit einem selbstverwalteten Budget – innerhalb eines gut ausgebauten Systems der datengestützten Schulentwicklung.

Ab April leitet er am WZB eine eigene Forschungsgruppe

Aktuell ist Wrase für zwei Jahre von Lehrverpflichtungen am WZB befreit – und plant nun schon das zweite Forschungssemester in London und Oxford, wo er auch Feldforschung in Schulen betreiben wird. Bisher war er in der Forschungsgruppe der WZB-Präsidentin tätig. Ab April wird Wrase eine eigene Forschungsgruppe mit dem Titel “Recht und Steuerung im Kontext sozialer Ungleichheiten” leiten. Hier geht es darum, wie durch Recht Ungleichheiten bestärkt oder ausgeglichen werden können, unter anderem mit Blick auf die Bildung. Janna Degener-Storr

  • Bildungsgerechtigkeit
  • Schulrecht
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Africa.Table: Was den Erfolg der Deutschen Schule Johannesburg ausmacht. Die Deutsche Schule Johannesburg wurde schon mehrfach ausgezeichnet. Der Erfolg hängt auch damit zusammen, dass die Schule langfristige Strategien entwickelt. Im Interview erklärt die Schulleiterin Priska Döring, auf welche drei Punkte es im Strategieprozess 2030 ankommt. Mehr

Research.Table: Fördermittelvergabe per Lostrommel besteht Testlauf. Fördermittel für ein Forschungsprojekt auszulosen, klingt nach einem schlechten Scherz. Da es jedoch an Gutachtern mangelt, wird die Option ernsthaft erwogen. Ein Projekt der Volkswagenstiftung zeigt, dass Themen und Mittelempfänger bei Losvergabe statt Gutachterauswahl diverser sind. Und die Qualität der Forschung sei gleich gut. Mehr

Presseschau

FAS: Hessens Kultusminister Schwarz begründet Gender-Ablehnung. Im Interview erklärt CDU-Politiker Armin Schwarz, wieso Hessen sich als einziges Bundesland dazu entschiedet hat, den Genderstern in Abschlussprüfungen als Fehler zu werten. Er ist sich sicher, man solle sich daran orientieren, was die Allgemeinheit für richtig hält. Der Kultusminister führt zudem aus, dass Deutschunterricht an Grundschulen jetzt Priorität haben sollte. Und er bezieht Position zu Künstlicher Intelligenz im Unterricht: Verbannt gehöre sie nicht und auf Hausaufgaben sollten Lehrer auch künftig nicht verzichten, sondern stärker auf Quellenangaben achten. Das Schulfach “Digitale Welt” will Schwarz auf weitere Schulen ausrollen. (“Lehrer sollten nicht gendern”)

Deutschlandfunk: Grundschule in Ludwigshafen – wieder bleiben Dutzende Erstklässler sitzen. Im vergangenen Jahr geriet eine Grundschule damit in die Schlagzeilen, dass 40 ihrer Erstklässler das erste Schuljahr wiederholen mussten. Die Lage an der Gräfenauer Grundschule scheint sich bis jetzt nicht geändert zu haben: Nun sollen sogar 44 Schüler in der ersten Klasse verbleiben. Ursache dafür ist häufig ein Mangel an Deutschkenntnissen. An der Schule haben 98 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund. Viele der Kinder waren zuvor nicht in der Kita, ihnen fehlen sprachliche und motorische Fähigkeiten. Nur intensive Sprachförderung könne hier helfen, sagt die Schulleiterin. (Schon wieder bleiben 44 Kinder an einer Grundschule Ludwigshafen sitzen

ARD: Schulversuch zu stressfreiem Lernen. Die staatliche Universitätsschule Dresden testet neue Methoden zum Lernen und Lernen und will Schüler keinem starken Leistungsdruck aussetzen. Eine Doku beleuchtet, wie sie das umsetzt. Es gibt keine Noten und Hausaufgaben. Schüler können selbst darüber entscheiden, welche Themen sie wann behandeln. Eigenes Zeitmanagement und Selbständigkeit gehören zu den Kernkompetenzen, die die Schüler erlernen sollen. Die Lehrkräfte stehen ihnen als Lernbegleiter zur Seite, statt frontal zu unterrichten. Bei der Digitalisierung ist die Schule weit vorne: Jedem Schulkind wird ein Laptop zur Verfügung gestellt. (Schule ohne Druck?

Handelsblatt: Neue Chancen in der Bildung durch KI. Künstliche Intelligenz wird das Lernen und Lehren nachhaltig revolutionieren, sagt Informatikerin und Professorin Doris Weßels. So können Schüler Chatbots zum Beispiel die gleichen Fragen immer wieder stellen und das auch außerhalb der Schulzeit. Wichtig sei aber, dass Lehrer – aus Sorge, ersetzt zu werden – sich einer Auseinandersetzung mit KI nicht verweigern. Da die Technik sich so schnell entwickelt, müsse immer wieder neu beantwortet werden, wie Mensch und Maschine zusammenarbeiten sollen. (Informatikerin Doris Weßels über KI an Schule und Uni: “Mischung aus Faszination und Schock”

MDR: Akademisierung des Pflegeberufs gegen Überlastung in Krankenhäusern. Das neue Gutachten des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege empfiehlt unter anderem eine Akademisierung der Pflegeberufe. Wenn Pflegekräfte in der Altenpflege über erweiterte Kompetenzen verfügten, sei es etwa möglich, dass viele Behandlungen ambulant stattfinden. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe betont zudem, Pflegekräfte seien dann auf Augenhöhe mit allen anderen Gesundheitsfachberufen. (Pflegeberufe in der Krise: Gutachten empfiehlt akademische Ausbildung

BR: Kritik an Quereinstieg bei Erziehern. Die Einführung eines Anspruchs auf Ganztagsbetreuung vergrößert den Mangel an pädagogischen Fachkräften drastisch. Auch deswegen wird der Quereinstieg für Erzieher um so wichtiger. Innerhalb von zwei Jahren werden an Fachakademien Personen mit bisher völlig anderen Berufserfahrungen für Kinderbetreuung umgeschult. In der Ganztagsbetreuung können die Quereinsteiger die gleichen Aufgaben wie Erzieher übernehmen. Doch Erzieher-Ausbilder warnen vor einem Qualitätsverlust durch die kurze Ausbildung. (Wie gut ist die Ausbildung für pädagogische Quereinsteiger?

Termine

30. April 2024, 17.30 bis 18.45 Uhr, online
Webtalk Wirtschaftskrise im Klassenzimmer? Zur Darstellung von Marktwirtschaft und Unternehmertum in Schulbüchern
Die Studie “Marktwirtschaft und Unternehmertum in Schulbüchern” zeigt, dass Unterrichtsmaterialien wirtschaftliche Themen oft nur oberflächlich behandeln. FDP-Bundestagsabgeordnete Ria Schröder und Studienautor Nils Goldschmidt, Professor für ökonomische Bildung an der Uni Siegen, diskutieren mit Teilnehmern in diesem Webtalk über die Zukunft von Wirtschaft im Unterricht. INFOS & ANMELDUNG

06. Mai bis 07. Mai 2024, Bremen
Fachtagung Frauen in der IT – Nachhaltige Erfolgsfaktoren für Studium und Beruf
Im Austausch mit Bildungsexperten, Arbeitergebern und IT-Absolventinnen soll es darum gehen, wie der IT-Bereich diverser werden kann. Zudem wird eine Befragung von Absolventinnen und Arbeitgebern (“IFI-Absolventinnen 2000-2017: Zufrieden im Studium – erfolgreich im Beruf?”) vorgestellt. ANMELDUNG

16. Mai 2024, 12.30 bis 17.30 Uhr, Cottbus
Regionale Fachtagung Rassistischen und rechten Diskursen in Schulen gemeinsam entgegenwirken
Bei dieser Veranstaltung des Projekts “Bildungslücke Rassismus” diskutieren Experten aus Wissenschaft, Schule und Zivilgesellschaft über eine Weiterentwicklung rassismuskritischer Ansätze in Schulen. Zudem soll Raum für Erfahrungsaustausch und Vernetzung für Vertreter von Brandenburger Schulen sein. INFOS & ANMELDUNG

Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Künstliche Intelligenz stellt den Schulunterricht auf den Kopf, spätestens seitdem ChatGPT schnelle Antworten geben kann. Doch ob KI zu mehr Bildungsgerechtigkeit führt oder den Digital Divide verstärkt, entscheidet sich nicht allein im Klassenzimmer. Das haben Vera Kraft und Annette Kuhn bei mehreren Expertengesprächen bei der diesjährigen Konferenz des Forums Bildung Digitalisierung erfahren. Sie erklären, welche Rolle Eltern dabei spielen. Und wie digitale Tools den Unterricht sinnvoll ergänzen können.

    Mit den Schattenseiten von KI beschäftigt sich auch Silke Müller, Schulleiterin der Waldschule Hatten in ihrem neuen Buch “Wer schützt unsere Kinder?”, das am 2. Mai erscheint. In unserer Rezension lesen Sie vorab, welche Handlungsempfehlungen die Schulleiterin gibt. Geht es nach ihr, sollten Schulen und Bildungspolitik deutlich mehr tun, um Kinder vor einem unkontrollierten Social-Media-Konsum und den Abgründen der digitalen Welt zu schützen.

    Empfehlen möchte ich Ihnen in dieser Ausgabe auch unseren Standpunkt von Schulrechtlerin Sybille Schwarz. Sie spricht sich gegen das hessische Genderverbot in Abiturprüfungen aus. Und den Head über Schulrechtler Michael Wrase, der aufgrund seiner interdisziplinären Forschung oft schon selbst als Bildungsforscher durchgeht.

    Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre – und einen geruhsamen 1. Mai! Weil der Tag der Arbeit auf den Mittwoch fällt, bekommen Sie schon heute unser Briefing.

    Ihre
    Anna Parrisius
    Bild von Anna  Parrisius

    Analyse

    Unterstützung von Eltern und Schule fördert produktiven Umgang mit KI

    Gibt man Schulen und Schüler die Möglichkeit, Digitalisierung richtig einzusetzen, kann man einen großen Schritt weiterkommen in der Bildungsgerechtigkeit. Das ist jedenfalls die Überzeugung von Silke Richter, Schulleiterin aus Duisburg. “Aber leider könnte Digitalisierung auch bewirken, dass die Bildungsungerechtigkeit noch stärker auseinandergeht”, sagt sie weiter.

    Bei der Jahreskonferenz des Forums Bildung Digitalisierung (KonfBD) in der vergangenen Woche in Berlin stand eben dieses Thema im Fokus. Unter dem Titel “Mind the Gap. Chancengerechtigkeit im Zeichen des Digital Divide” ging es um die Frage, wie es gelingen kann, durch Digitalisierung und vor allem durch den Einsatz von KI mehr Teilhabe zu ermöglichen, statt den Digital Divide zu vergrößern.

    Digitale Infrastruktur als Voraussetzung

    Technische Ausstattung sei eine Grundvoraussetzung, damit digitale Teilhabe überhaupt erst möglich ist, sagt Schulleiterin Richter. Ihre Schule liegt am unteren Ende auf der Sozialindex-Skala in NRW, viele Schüler haben keinen oder nur einen sehr eingeschränkten Zugang zu digitaler Ausstattung.

    Doch der Digital Divide zeigt sich nicht nur in der Ausstattung, sondern auch bei den Medienkompetenzen. Das gilt insbesondere für den Umgang mit KI, wie eine Studie von Thomas Süße und Maria Kobert zeigt: Die soziale Unterstützung durch Schulen und Eltern könne als “sehr relevant bei der Nutzung generativer KI angesehen werden”. Dabei geht es einerseits um Hilfe bei der praktischen Anwendung von KI-Tools. Andererseits geht es aber auch um eine kritische Reflexion über die Chancen und Risiken generativer KI.

    Das Bildungsniveau der Eltern habe einen direkt messbaren Effekt darauf, wie differenziert Schüler mit generativer KI umgehen, fasst Süße, Professor für das Lehrgebiet Personal und Organisation, seine Ergebnisse auf der KonfBD zusammen.

    Schüler und Lehrer müssen Umgang mit KI lernen

    Was ein differenzierter Umgang mit KI in der Schulpraxis bedeutet, konnte Hendrik Haverkamp beobachten, als er seinen Schülern in einer Prüfung erlaubte, KI zu verwenden. Leistungsstarke Schüler nutzten die generative KI kaum oder nur zur Inspiration. Leistungsschwächere schrieben hingegen viel häufiger unhinterfragt ab. In Haverkamps Worten: “Mit jeder Notenstufe schlechter verdoppelte sich in etwa der Einsatz von KI.” Der Deutschlehrer ist am Evangelisch Stiftischen Gymnasium Gütersloh Koordinator für Digitalität, und er ist außerdem Gründer des KI-gestützten Feedback-Tutors fiete.ai.

    Angesichts dieser unterschiedlichen Verwendung von KI bei Schülern, sei es dringend notwendig, einem Digital Divide bei Lehrkräften entgegenzuwirken, mahnt Haverkamp. Bei einer Umfrage an seiner eigenen Schule zeigte sich, dass mittlerweile 85 Prozent der Schüler einen eigenen Account für die Nutzung von ChatGPT haben. Bei den Lehrkräften haben hingegen nur 40 bis 45 Prozent Erfahrung im Umgang damit. “Das ist eine riesige Kluft”, sagt Haverkamp. Denn mehr als der Hälfte der Lehrer fehlt bislang das Wissen, um ihren Schülern in diesem Bereich zu helfen.

    Gleichzeitig sei es auch wichtig, die Eltern zu unterstützen, fordert Süße. Gespräche über Künstliche Intelligenz gehören ebenso wie andere wichtige gesellschaftliche Themen nicht nur ins Klassenzimmer, sondern auch an den Küchentisch.

    Hoffnungsträger: Individuelle Lernbegleiter

    KI-Anwendungen versprechen aber auch konkrete Lösungen – sogar auf eine der größten aktuellen Herausforderungen an Schulen, die Heterogenität in den Klassen. Jeder zweite Lehrer fühlt sich durch die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen in der Schülerschaft überfordert, wie die aktuelle Befragung für das Deutsche Schulbarometer zeigt. Und ebenfalls nur jeder zweite Lehrer ist davon überzeugt, mit seinem Unterricht allen Schülern gerecht zu werden.

    KI-Instrumente und ihre Möglichkeiten für eine bessere, passgenauere und gerechtere Lernförderung wurden dementsprechend auch bei der diesjährigen KonfBD viel diskutiert. Dabei ging es um das Potenzial von Intelligenten Tutoriellen Systemen (ITS) wie Bettermarks, Area9 oder Feedbook. Durch das individuelle Feedback und personalisierte Aufgaben könnten die Schüler in ihrem eigenen Tempo lernen, nennt Mathematiklehrerin Elisabeth Weber vom Frauenlob-Gymnasium in Mainz einen Vorteil dieser Systeme. Die schnellen Rückmeldungen steigerten außerdem die Motivation der Schüler, berichtet die Lehrerin. Außerdem würden sich zurückhaltende Schüler eher trauen, mal ungewöhnliche Lösungswege auszuprobieren.

    Doch als Lernbegleiter allein taugen die Intelligenten Tutoriellen Systemen nicht, machte Weber auf der Konferenz deutlich. Die Lehrer-Schüler-Beziehung ließe sich damit keinesfalls ersetzen. Zudem gebe es einiges, etwa kooperatives Lernen, Argumentieren, Modellieren, was die KI-Systeme heute – zumindest noch – nicht leisten. Ihre Schlussfolgerung: “Man sollte Kinder keinesfalls einfach vor dem Gerät parken.”

    Digitalen Kulturwandel strukturell verankern

    Insgesamt dürften gute digitale Lernkonzepte nicht nur am Engagement Einzelner hängen, betonte Bildungsforscherin Birgit Eickelmann. Stattdessen bräuchte es dafür auf der Systemebene die entsprechenden Rahmenbedingungen. Die Professorin der Universität Paderborn befasste sich in dem Projekt “Unes – Unerwartbar erfolgreiche Schulen” intensiv mit den Gelingensbedingungen von Digitalität für die Bildungsgerechtigkeit. Eickelmann kritisierte, dass es noch zu wenig Strukturen gebe, um Schülern eine verlässliche digitale Teilhabe zu ermöglichen. Es gebe Schulen, die herausragende Arbeit leisten, aber wenn die Menschen, die diese Arbeit voranbringen, wegbrechen, gehe es oft nicht weiter, weil ein Konzept fehle.

    • Chancengerechtigkeit
    • Digitales Lernen
    • Digitalisierung
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    • Intelligente tutorielle Systeme
    • Schule
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    Mehr Wissensvermittlung und Medienkompetenz: Schulleiterin Silke Müller mahnt in ihrem Buch Regeln im Umgang mit KI an

    Künstliche Intelligenz kann Lehrer entlasten, Schülern individuell angepasste Lernpfade ermöglichen, aber auch Deepfakes erzeugen. Wohin das führt, erlebt Schulleiterin Silke Müller jeden Tag. In ihrem ersten Buch “Wir verlieren unsere Kinder” hat sie die Auswirkungen – von Konzentrationsproblemen bis hin zu Mobbing, Grooming und depressiven Störungen – eindrucksvoll beschrieben und vor einem unkontrollierten Social-Media-Konsum gewarnt. Das Buch stand wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste auf Platz 1.

    Nun hat sie nachgelegt. Am Donnerstag erscheint ihr zweites Buch “Wer schützt unsere Kinder?”. Darin geht es vor allem um Gewinn, aber auch Gefahren von Künstlicher Intelligenz im Unterricht und im Alltag der Kinder. Dabei ist die Schulleiterin aus Niedersachsen keinesfalls eine Gegnerin von Schuldigitalisierung. Im Gegenteil. Sie wurde 2021 die erste Digitalbotschafterin in ihrem Bundesland. Und ihre Schule, die Waldschule in Hatten bei Oldenburg, wurde mehrfach ausgezeichnet für ihre digitale Schulentwicklung.

    Es gibt keine Trennung von analoger und digitaler Welt

    Trotzdem, oder gerade deshalb, weist Silke Müller aber auch immer wieder darauf hin, wie wichtig es ist, Kinder durch die digitale Medienwelt zu begleiten und die Beziehungsarbeit nicht an digitale Assistenten abzugeben. Sie zielt aber nicht auf die vielerorts geforderte Abkehr vom Digitalen in der Schule, denn das Ausklammern des Digitalen funktioniere nicht. “Noch immer trennen wir fahrlässigerweise die angeblich normale, also analoge Welt konsequent von der digitalen Welt, die aus Sicht vieler ja nicht echt ist und nur auf irgendwelchen Datenautobahnen stattfindet. Es gibt aber nur die eine Welt.” Und Medienkompetenz bedeute nicht, einfach nur die Bildschirmzeit zu reduzieren. “Das ist in etwa so, wie wenn ich meinem Kind Knieschützer anziehe und einen Fahrradhelm aufsetze und es dann auf die Autobahn auffahren lasse”, schreibt sie.

    Silke Müller sagt aber auch, dass es Regeln und ethische Werte im digitalen Raum geben müsse: “Unsere Generation hat es gründlich verbockt. Wir haben es weder geschafft, einen Wertekonsens für ein freundliches und friedfertiges Miteinander im Netz auszuhandeln, noch ist es den gewählten Vertreterinnen und Vertretern in politischen Gremien und Verantwortungsbereichen gelungen, längst überfällige politische Regulierungen für diesen Bereich festzulegen und in Gesetzen zu verankern.”

    Silke Müller hat an ihrer Schule eine Social-Media-Sprechstunde etabliert

    Für die Schulleiterin ist klar: Es braucht mehr Wissensvermittlung über KI – und Kinder brauchen mehr Medienkompetenz, damit sie dem, was KI produziert, nicht ausgeliefert sind. Sie belässt es aber nicht bei Kritik, sondern formuliert in ihrem neuen Buch konkrete Empfehlungen, um “einen konstruktiven Umgang mit KI” zu ermöglichen und Kinder besser zu schützen. Dazu gehören:

    • Ein neues Arbeitszeitmodell für Lehrkräfte etablieren: Die Arbeitszeit dürfe sich nicht nur an den Unterrichtsstunden bemessen, denn Lehrer bräuchten heute mehr Zeit für die Beziehungsarbeit.
    • Eine Social-Media-Sprechstunde an jeder Schule etablieren. So eine Sprechstunde gibt es an der Waldschule Hatten bereits seit 2018 und ist im Lehrplan als Projekt fest verankert. Kinder können hier erzählen, was sie im Klassenchat oder auf TikTok erlebt haben.
    • Kooperationen mit außerschulischen Partnern im Bereich Medienkompetenz in Schulen fest zu etablieren. So könnten zum Beispiel Initiativen wie Klicksafe regelmäßig Workshops anbieten.
    • Fortbildungen für Lehrkräfte im Bereich KI verpflichtend machen. “Unser Nichtwissen und unsere Ahnungslosigkeit könnten dazu führen, dass unsere Kinder entweder abgehängt oder auf ungute Weise von Algorithmen beeinflusst werden.”

    Und noch eine Idee hat Silke Müller: KI könne auch ein Brückenbauer zwischen den Generationen sein, in dem Jugendliche ältere Menschen in die Welt von KI einführen – in Workshops zum Beispiel zur Nutzung von Sprachassistenten oder KI-gestützten Apps zur Gesundheitsförderung.

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    Standpunkt

    Wer gendert, darf nicht durch das Abitur fallen

    Rechtsanwältin Sibylle Schwarz
    Schulrechtlerin Sibylle Schwarz

    23.000 Prüflinge nehmen seit dem 17. April an den schriftlichen Abiturprüfungen in Hessen teil. Laut den “Durchführungshinweisen zum Landesabitur” ist dabei geschlechtergerechte Sprache durch Verwendung von Gender-Sonderzeichen nicht erlaubt. Wer also Binnen-I, Doppelpunkte, Sternchen oder Unterstriche in seinen Lösungen schreibt, erhält Punktabzug und damit eine schlechtere Note. Im schlimmsten Fall droht ein Nichtbestehen. Wenn in einer Prüfungsleistung Bürger*innen, Politiker*innen und Demonstrant*innen steht, soll das zudem nicht als Wiederholungsfehler, sondern sogar als drei Fehler gewertet werden. In der mündlichen Abiturprüfung hingegen soll die “Gender-Pause” (Glottisschlag) beim Sprechen nicht zur Fehlerwertung führen.

    “Der Staat ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, Regelungen über die richtige Schreibung der deutschen Sprache für den Unterricht in den Schulen zu treffen”, entschied das Bundesverfassungsgericht im Juli 1998. Doch nicht zu vorschnell.

    Im November 1996 wurde durch Erlass des schleswig-holsteinischen Bildungsministeriums die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung in den Schulen eingeführt. Eltern von Grundschülern wehrten sich mit der Verfassungsbeschwerde dagegen, dass ihre Kinder nach reformierten Rechtschreibregeln unterrichtet wurden. Die Schulen unterrichteten zwar die neue Schreibweise. In einer Übergangszeit wurden jedoch die bisherigen Schreibweisen nicht als falsch, sondern lediglich als überholt gekennzeichnet. Erst ab August 2005 – etwa zehn Jahre später – wirkte sich die bisherige Schreibweise negativ auf die Benotung aus.

    Es darf nur abgefragt werden, was vorher gelernt und geübt wurde

    In Übergangsregelungen kommt der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes zum Ausdruck. Wer seinen Ausbildungsweg beginnt, darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Bedingungen für seine Prüfung, die die Ausbildung abschließt, nicht so geändert werden, dass er sich hierauf nicht mehr in zumutbarer Weise einstellen kann. Zwischen dem Versand der “Durchführungshinweise zum Landesabitur” am 20. März und dem Prüfungsbeginn am 17. April ist allerdings keine Übergangszeit erkennbar. 

    Rechtlich verpflichtend hätte also zu Beginn des Schuljahres das Bewertungsprozedere von den Lehrkräften erläutert werden müssen. Daher ist zweifelhaft, dass alle der 23.000 Abiturient:innen von dem kurzfristig geänderten Maßstab der Leistungsbewertung erfahren haben können.

    Außerdem gehört zu den Prüfungsanforderungen auch die “Verwendung gelernter und geübter Arbeitstechniken“. Schrieben die diesjährigen Abiturient:innen in den Jahren ihrer Oberstufenzeit Gender-Sonderzeichen, wurde es ihnen nicht als Fehler angestrichen. In der eigentlichen Abiturprüfung soll das anders gehandhabt werden. Dies widerspricht dem allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsatz, dass in einer Prüfung nur abgefragt werden darf, was vorher gelernt und geübt wurde. Der Prüfungsstoff muss grundsätzlich dem Unterrichtsstoff folgen.

    Schule sanktioniert Schüler, die diversitätssensibel schreiben

    Ein “Gender-Verbot” versuchte auch ein Vater zweier minderjähriger Gymnasiasten in Berlin zu erwirken. Daher gibt es zumindest eine gerichtliche Entscheidung. Das befasste Berliner Verwaltungsgericht lehnte den Wunsch des Vaters ab. Es war überzeugt, dass es maßgeblich darauf ankomme, ob die Sprache für den Adressaten noch verständlich ist. Dabei ist auf den üblichen Sprachgebrauch abzustellen. In seiner rechtskräftigen Entscheidung wies das Gericht im März 2023 nämlich darauf hin, dass Fach- und deutsche Umgangssprache, ebenso Anglizismen, Mundarten bzw. Dialekte sowie auch österreichische oder schweizerische Eigenarten Einzug in unseren Sprachgebrauch gehalten hätten. Zudem sei zu beobachten, dass genderneutrale Sprache zunehmend Eingang in die Öffentlichkeit finde. Selbst amtliche Mitteilungen seien bei Verwendung von Sonderzeichen hinreichend verständlich.

    Schule muss Schüler:innen dazu erziehen, anderen Menschen vorurteilsfrei, respektvoll und tolerant zu begegnen, Gleichberechtigung und andere Kulturen zu achten. Im Widerspruch dazu sanktioniert Schule, wenn sie im Abitur geschlechterinklusiv und diversitätssensibel schreiben.

    Sibylle Schwarz ist Rechtsanwältin in der Kanzlei else.schwarz Rechtsanwälte in Wiesbaden. Ihr Schwerpunkt liegt im Beamten- und Bildungsrecht als besonderem Verwaltungsrecht. Sie befasst sich mit Rechtsfragen des Schulbetriebs und des Hochschulwesens. Einer ihrer Schwerpunkte ist außerdem ChatGPT im Bildungsbereich.

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    News

    “Schwere Enttäuschung”: Hessens Kultusminister kritisiert Digitalpakt-Vorschlag des BMBF

    Hessens Kultusminister Armin Schwarz übt deutliche Kritik an dem vom BMBF vorgelegten Entwurf für den Digitalpakt II: “Was da jetzt vom Bundesbildungsministerium auf den Tisch gelegt wurde, ist wieder eine große Enttäuschung”, sagte Schwarz Table.Briefings. An den Stellen, wo der Bund unterstützen müsse, bleibe das Konzept vage, während die darin gestellten Forderungen an die Länder “mehr als übergriffig” seien, kritisiert Schwarz. “Allein die geforderte Anzahl der zusätzlichen Fortbildungen für Lehrkräfte ist so absurd, dass man fast annehmen könnte, dass Frau Stark-Watzinger gar keine Einigung beim Digitalpakt anstrebt”, so der CDU-Politiker. Sein Land habe beim Thema Fortbildungen “längst erhebliche Geschwindigkeit”.

    Finanzministerium: Digitalpakt nur “im Rahmen des geltenden Finanzplans”

    Am Samstagabend hatte das Thema auch auf dem Bundesparteitag der FDP kurz für Aufregung gesorgt. Die Nachwuchsorganisation Junge Liberale (JuLis) hatte – unterstützt von der bildungspolitischen Sprecherin Ria Schröder – beantragt, den Leitantrag zur Wirtschaftswende um die Forderung nach einem Digitalpakt II zu ergänzen. Inhaltlich entsprach er den Forderungen in Stark-Watzingers Konzept. Man wolle die Bundesbildungsministerin in den Verhandlungen mit den Ländern stärken, erklärte Schröder in ihrer Rede.

    Der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Florian Toncar, trat daraufhin zur Gegenrede an. Er sei mit dem Antrag nur einverstanden, wenn er um den Zusatz “im Rahmen des geltenden Finanzplans” ergänzt werde. Ansonsten bitte er darum, ihn abzulehnen. Übersetzt hieße das: Stark-Watzinger müsste in ihrem Etat an anderen Stellen streichen, um die Mittel aufzubringen. Allerdings hat das Finanzministerium ohnehin bereits Kürzungen von rund einer Milliarde Euro vorgesehen.

    Nach kurzer Beratung erklärten die Antragsteller, sich darauf nicht einzulassen. “Wir können den Digitalpakt 2.0 hier nicht einfach so beerdigen”, rief der stellvertretende JuLi-Vorsitzende Nemir Ali. Die Delegierten ließen sich davon allerdings nicht überzeugen und lehnten den Digitalpakt-Antrag mehrheitlich ab. Maximilian Stascheit, Holger Schleper

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    Partizipation im Ganztag ist oft oberflächlich

    Demokratiebildung sollte eine wichtige Rolle im Ganztag spielen. Davon sind die dort tätigen pädagogischen Fachkräfte überzeugt. Allerdings gibt es noch viel Entwicklungspotenzial, zeigt eine neue Studie des Kinderhilfswerks, die am Donnerstag veröffentlicht wird. Table.Briefings lag sie vorab exklusiv vor.

    Für die Studie “Kinderrechtebasierte Demokratiebildung im außerunterrichtlichen Ganztag” (zum Download) wurden 286 pädagogische Fachkräfte im Ganztagsbereich und Hort über einen Zeitraum von zwölf Wochen befragt. Neben einer quantitativen Befragung fanden auch qualitative Interviews statt.

    Die Ergebnisse zeigen, dass den Fachkräften die Kinderrechte und die Vorgaben zu Demokratiebildung in den Bildungsplänen und Schulgesetzen der Länder weitgehend bekannt sind. Sie haben auch eine positive Einstellung dazu und messen dem Thema eine hohe Relevanz bei. Allerdings werden Kinderrechte und Demokratiebildung oft nicht in ihrer Vielfalt abgebildet und umgesetzt.

    Entwicklungsbedarf beim Thema Antidiskriminierung

    Demokratiebildung wird demnach oft mit Partizipation gleichgesetzt. Dieses Themenfeld ist auch am stärksten in den Konzepten der Einrichtungen verankert. Bei den anderen Schwerpunkten der Demokratiebildung – Bildung zu Kinderrechten, Inklusion und Antidiskriminierung – sieht das Kinderhilfswerk bei der Umsetzung noch Luft nach oben. “Der größte Bedarf an Sensibilisierung und unterstützenden Strukturen wird im Bereich der Antidiskriminierung deutlich”, heißt es im Bericht zur Studie.

    Auch bei der Umsetzung der Partizipation zeigt die Studie Entwicklungspotenzial. Die Beteiligung bleibe oft auf einer unteren Stufe. Kinder werden zwar informiert, sie dürfen aus vorgegebenen Angeboten wählen oder ihre Meinung äußern, aber sie sind selten an Planungen beteiligt. Dazu heißt es im Bericht: “Hier zeigt sich ein deutlicher Bedarf der pädagogischen Fachkräfte zur Sensibilisierung für echte Beteiligungsstrukturen.”

    Kinderhilfswerk gibt Handlungsempfehlungen

    Das Kinderhilfswerk leitet aus der Studie unter anderem diese Handlungsempfehlungen ab:

    • Fachkräfte brauchen mehr Qualifizierungsangebote, und das Thema sollte stärker in der Ausbildung verankert sein.
    • Konzepte müssen praxisnah übersetzt werden. Was bedeutet Antidiskriminierung zum Beispiel konkret in der Elternarbeit?
    • Der fachliche Austausch zu kindergerechter Demokratiebildung sollte innerhalb der Einrichtungen, zum Beispiel durch Reflexionsphasen, und zwischen den Einrichtungen in lokalen Netzwerken gestärkt werden.

    Eine Hürde für eine stärkere Beteiligung der Kinder sehen viele Befragte allerdings im Zeit- und Personalmangel. 63 Prozent der befragten Fachkräfte geben an, dass sie nicht ausreichend Zeit haben, sich mit Themen der kinderrechtebasierten Demokratiebildung zu befassen. Annette Kuhn

    • Demokratie
    • Ganztagsschulen

    Gleich zwei Gedenkprojekte erhalten Lehrkräftepreis

    Den Deutschen Lehrkräftepreis 2023 haben am Montag gleich zwei Unterrichtsprojekte erhalten, in denen sich die Schüler den Biografien jüdischer Menschen widmeten, die im Nationalsozialismus verfolgt wurden. Am Gymnasium Feuchtwangen beschäftigten Schüler sich in einem mehrstufigen Projekt mit den Lebensgeschichten von sechzig jüdischen Holocaust-Opfern – und veröffentlichten die Ergebnisse auf einem Instagram-Account und in einem Buch. Sie erreichten sogar, dass ein Gedenkstein für die Jüdinnen und Juden eingeweiht wurde, der ihnen lange verwehrt geblieben war. Didaktik-Professor David-Samuel Di Fuccia, Leiter der Jury, sagte, in diesem Jahr habe es besonders viele Gedenkprojekte unter den Einreichungen gegeben. Darin mache sich die herausfordernde Weltlage bemerkbar.

    Der Philologenverband und die Heraeus Bildungsstiftung zeichneten zudem zehn Lehrkräfte aus. Unter ihnen: Günther Schön, Mathe-, Biologie- und Informatiklehrer vom Geschwister-Scholl-Gymnasium Ludwigshafen, der vor allem durch sein außerschulisches Engagement in einer Robotik-AG überzeugte. Und Harmeet Dawan, Lehrer für Gesundheit, Sport, Glück und Pflege am Beruflichen Schulzentrum Mathilde-Planck-Schule Ludwigsburg, der während des Home-Schoolings in der Pandemie den Sportunterricht zu den Schülern nach Hause brachte – über Video-Aufgaben und Challenges.

    Als vorbildliche Schulleitung zeichnete die Jury zwei Schulleiter und ein Team aus, die von ihren Kollegien vorgeschlagen wurden. Auf Platz eins kam André Szymkowiak vom Gymnasium Thusneldastraße Köln-Deutz, der die Unterrichtsentwicklung unter anderem durch sogenannte “professionelle Lerngemeinschaften” unterstützt. Einmal im Monat entwickeln Fachgruppen dabei schulinterne Lehrpläne, neue Lernmethoden und Prüfungsformate und üben mit den Schülern selbständiges Lernen. anpa

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    EdTech-Ranking: US-amerikanische EdTechs dominieren

    Ein Ranking des Time Magazine listet die 250 top EdTech-Unternehmen weltweit auf. Neun der 15 erfolgreichsten EdTech-Unternehmen der Welt sind Anwendungen für Online-Lernen. Sechs der Top 15 kommen aus den USA. Ein deutsches Unternehmen, Bettermarks – ein Intelligentes Tutorielles System für Mathematik – hat es auf Platz zwölf geschafft. Die Rangliste basiert auf einer Formel, die die Finanzkraft und den Einfluss auf die Branche bewertet.

    Platz eins belegt ein EdTech-Unternehmen aus Singapur. Eruditus meldete für das im Juni 2023 endende Geschäftsjahr einen Umsatz von fast 400 Millionen US-Dollar. Das entspricht einem Anstieg von 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Plattform bietet Online-Kurse von mehr als 80 Universitäten auf der ganzen Welt an. Nach eigenen Angaben hat Eruditus bisher mehr als 500.000 Menschen in 80 Ländern geschult.

    Bettermarks nach 13 Jahren profitabel

    Die USA dominieren die Liste mit mehr als einem Drittel der Plätze. China folgt mit zehn Prozent, und das Vereinigte Königreich mit knapp über sechs Prozent. Zudem wächst der EdTech-Markt in Brasilien rasant, wie das Time Magazine mitteilt. Das Land kämpfe mit großen Problemen im Bildungsbereich. Nur 57 Prozent der Erwachsenen im Alter von 25 bis 64 Jahren haben die Sekundarstufe II abgeschlossen, womit Brasilien weit unter dem OECD-Durchschnitt liegt. Dadurch gewinnt Online-Lernen außerhalb der Schule an Bedeutung – was der Privatsektor als Chance für sich erkannt hat.

    Das deutsche Online-Lernsystem Bettermarks gibt es seit 2008. Gegründet hat es Arndt Kwiatkowski zusammen mit Christophe Speroni und Marianne Voigt. Kwiatkowski hat zuvor die Plattform Immobilienscout24 ins Leben gerufen und verkauft. Das EdTech-Unternehmen schrieb nach Angaben von North Data erstmals 2021 schwarze Zahlen. 2021 betrug der Gewinn etwas über eine Million Euro. Zuvor sah die Bilanz teils düster aus: Bis 2018 waren bereits knapp 24 Millionen Euro in das Start-up geflossen, wie die Plattform Deutsche Startups mitteilte. Da das Unternehmen die Investitionen nicht alle durch Eigenkapital decken konnte, war es zeitweise stark überschuldet. vkr

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    Niedersachsen macht Kehrtwende bei Besoldung von Leitungen kleiner Schulen

    Niedersachsen will die Besoldung von Schulleitungen kleiner Schulen im kommenden Jahr auf A14 anheben. Das kündigte das Kultusministerium von Julia Willie Hamburg (Grüne) an. Kleine Schulen haben bis zu 80 Schülerinnen und Schüler. Davon gibt es in Niedersachsen mehr als 300.

    Damit gibt die rot-grüne Landesregierung dem Druck nach, der in den vergangenen Wochen entstanden war. Im Dezember hatte sie auf den Weg gebracht, dass in Niedersachsen alle Lehrkräfte an Grund-, Haupt- und Realschulen ein A13-Gehalt bekommen. Für Schulleitungen wurde grundsätzlich mindestens die Gehaltsstufe A14 festgelegt. Allerdings: Für Leitungen kleiner Grundschulen galt das nicht. Sie erhalten eine Amtszulage von derzeit 225,90 Euro brutto.

    Noch in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage aus den Reihen der CDU im Landtag hatte das Kultusministerium den Schritt verteidigt. Der Verwaltungsaufwand für Personal und auch für die Schülerinnen und Schüler sei “deutlich geringer als an größeren Systemen”. Dann allerdings wuchs der Druck, nicht zuletzt durch einen Brandbrief, den 66 Schulleiterinnen und Schulleiter kleiner Schulen nach Hannover sendeten.

    VBE-Kritik: Niedersachsen gefährdet durch Verzögerung Standorte kleiner Schulen

    Sie monieren unter anderem, dass auch Konrektoren an Schulen mit mehr als 180 Schülerinnen und Schülern A14 erhalten. “Konrektoren tragen nicht die Gesamtverantwortung für ihre Schulen und haben weniger umfangreiche und für die Schulentwicklung weniger gewichtige Aufgaben”, heißt es in dem Schreiben. Es ergebe keinen Sinn, “dass wir geringer besoldet werden sollen als Konrektoren.”

    Nun also will das Land auf die Forderung eingehen. Man stelle damit zugleich sicher, dass die Leitungsposten an kleineren Schulen auch zukünftig weiter attraktiv bleiben, erklärte Kultusministerin Hamburg. Die Landesverbände von GEW und VBE begrüßen den Schritt. Ganz ebbt die Kritik aber nicht ab. “Niedersachsen hinkt mit dieser Entscheidung mal wieder hinterher und gefährdet durch die unnötige Verzögerung der Besoldungserhöhung die Standorte kleiner Schulen”, sagte der VBE-Landesvorsitzende Franz-Josef Meyer.

    Nach Angaben der GEW ist Niedersachsen mit seinem aktuell gültigen Modell aber nicht allein. Demnach erhalten etwa in Sachsen-Anhalt Grundschulleitungen A13, ab 180 Schülern A13 plus eine Zulage und ab 360 Schülern A14. Für Hamburg gelte, dass Schulleitungen an Grundschulen mit weniger als 68 Schülern A13 plus Zulage erhielten, ansonsten A14. Holger Schleper

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    Hessen erhöht Meisterprämie

    Hessen will die Ausbildung zum Meister, Fach- und Betriebswirt ab Juni stärker finanziell fördern. Dafür plant die Landesregierung, die Aufstiegsprämie für erfolgreich abgelegte Abschlussprüfungen von 1.000 auf 3.500 Euro zu erhöhen. Ziel ist es, die finanziellen Bedingungen von akademischer und beruflicher Bildung anzugleichen. Die Ausbildung will das Land durch Aufstiegsperspektiven attraktiver machen und Unternehmensnachfolgen fördern.

    Ende vergangenen Jahres hieß es aus dem Wirtschaftsministerium, dass in Hessen in den kommenden Jahren 14.000 Betriebsnachfolgen anstehen. Bundesweit geht der Zentralverband des Deutschen Handwerks von rund 125.000 in den kommenden fünf Jahren aus “Es wird jede Hand gebraucht, gerade auch für die Umsetzung der Energiewende”, sagte Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD).

    Die Fortbildung zum Meister kostet im Schnitt 12.000 Euro. Je nach Gewerk variieren die Kosten inklusive Prüfungsgebühr zwischen 7.000 und 17.000 Euro. Drei Viertel der Kosten lassen sich bereits über das Aufstiegs-Bafög (50 Prozent) und über ein zinsgünstiges Darlehen der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanzieren, von dem bei bestandener Prüfung die Hälfte erlassen werden kann. Durch die Erhöhung der Meisterprämie will Hessen nun eine Finanzierungslücke für die Absolventen schließen. Jährlich legen in Hessen laut Wirtschaftsministerium über 4.000 Personen eine Meisterprüfung ab. Weitere 3.000 erwerben laut Hessischem Industrie- und Handelskammertag vergleichbare kaufmännische oder technische Abschlüsse.

    Grüne fordern kostenlosen Meisterbrief “ohne große Vorschüsse”

    Kritik kam aus der Opposition von den Grünen. Mansooris Vorgänger, Tarek Al-Wazir (Grüne), hatte bereits Anfang Oktober vergangenen Jahres, wenige Tage vor der Landtagswahl 2023, einen kostenlosen Meisterbrief angekündigt. “Wir würden einen völlig kostenlosen Meisterbrief für Hessen begrüßen – ohne große Vorschüsse”, sagte Jürgen Frömmrich, Sprecher für Mittelstand und Handwerk der Grünen-Landtagsfraktion.

    Bis auf Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zahlen bereits alle Bundesländer Prämien für die Meisterausbildung, Bremen und NRW sogar 4.000 Euro, Bayern seit 2023 3.000 Euro. Ministerpräsident Markus Söder hat zudem angekündigt, dass der Besuch einer Meisterschule in Bayern ab Herbst kostenlos sein soll. In Baden-Württemberg forderte der Handwerkstag am Montag, die Meisterprämie dort von 1.500 auf 3.000 Euro zu verdoppeln. anpa

    • Berufliche Bildung
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    Michael Wrase – Jurist in der Bildungsforschung

    Als Schulrechtler beschäftigt Wrase sich mit öffentlichem Recht und Sozialrecht – blickt aber auch in andere Disziplinen.

    Michael Wrase ist der renommierteste Schulrechtler in Deutschland. Der Jurist und Rechtssoziologe ist Senior Researcher am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und Professor für Öffentliches Recht mit den Schwerpunkten Sozial- und Bildungsrecht an der Stiftung Universität Hildesheim. Er interessiert sich vor allem für das Recht auf Bildung. Und will wissen, wie Ungleichheit im Schulsystem reproduziert wird – und was dagegen zu tun ist.

    Im Expertenforum Startchancen des WZB mit der Robert Bosch Stiftung bringt der 49-Jährige Wissenschaft, Politik und Verwaltung, aber auch Vertreter aus der Schulpraxis, an einen Tisch – mit dem Ziel, sozial benachteiligte Schulen besser zu unterstützen. Er plädiert für ein stärkeres Engagement des Bundes für Schulen in schwieriger sozialer Lage. Gemeinsam mit der Soziologin und WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger verfasste Wrase 2021 für die Heinrich-Böll-Stiftung ein Gutachten mit Empfehlungen für ein Bundesgesetz, durch das Bildungs- und Teilhabeleistungen dauerhaft an Schulen verankert werden könnten.

    Wie kann Recht ein Steuerungsinstrument sein?

    Darüber hinaus beschäftigt sich Wrase mit der Frage, ab welchem Zeitpunkt Kinder aus geflüchteten Familien ein Recht auf den Zugang zu Bildungseinrichtungen und Sprachförderung haben. Oder damit, dass Kinder aus einkommensschwächeren Elternhäusern oft keinen Zugang zu staatlich bezuschussten Privatschulen bekommen. In einer Studie zeigt er auf, dass Privatschulen in Deutschland kaum reguliert sind, obwohl sie nicht rein privat finanziert werden. Dies stehe im Widerspruch zum grundgesetzlich gesicherten Sondierungsverbot.

    Wie kann man Recht als Steuerungsinstrument einsetzen, also die Wirklichkeit mithilfe von Gesetzen zum Besseren verändern? Diese Frage treibt Wrase immer wieder dazu an, den Blick über den Tellerrand zu werfen, etwa in die Soziologie, die Politikwissenschaften oder die Geschlechter- und Migrationsforschung. Die Rechtswissenschaft in Deutschland beschäftige sich ja vor allem mit Rechtsauslegung und Rechtsargumentation. Ihn würde jedoch auch interessieren, “wie das Recht in der Gesellschaft wirkt, von wem es genutzt wird – und wer ausgeschlossen ist”, erklärt Wrase.

    Das Wissenschaftszentrum Berlin bot ihm nach seiner Doktorarbeit die Möglichkeit, eng mit Bildungsexperten unterschiedlicher Disziplinen zusammenzuarbeiten. “Inzwischen werde ich selbst oft als Bildungsforscher bezeichnet, dann zucke ich aber immer noch kurz zusammen“, sagt der Familienvater augenzwinkernd.

    Orientiert sich gern an englischsprachigen Ländern

    Als Doktorand war er an einem feministisch orientierten Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. Nebenbei engagierte er sich im “Berliner Arbeitskreis Rechtswirklichkeit”, der die fachübergreifende Diskussion über Rechtsthemen ermöglichen möchte. “Gemeinsam mit anderen jungen Kollegen aus der Schweiz und Österreich organisierten wir Kongresse zu Fragen, die sonst eher im angloamerikanischen Raum diskutiert wurden”.

    Anders als viele andere Juristen, aber auch Bildungsforscher, mit denen er zusammenarbeitet, orientiert sich Wrase bis heute gern an den englischsprachigen Ländern. In England beispielsweise arbeiteten die Schulen autonomer – mit einem selbstverwalteten Budget – innerhalb eines gut ausgebauten Systems der datengestützten Schulentwicklung.

    Ab April leitet er am WZB eine eigene Forschungsgruppe

    Aktuell ist Wrase für zwei Jahre von Lehrverpflichtungen am WZB befreit – und plant nun schon das zweite Forschungssemester in London und Oxford, wo er auch Feldforschung in Schulen betreiben wird. Bisher war er in der Forschungsgruppe der WZB-Präsidentin tätig. Ab April wird Wrase eine eigene Forschungsgruppe mit dem Titel “Recht und Steuerung im Kontext sozialer Ungleichheiten” leiten. Hier geht es darum, wie durch Recht Ungleichheiten bestärkt oder ausgeglichen werden können, unter anderem mit Blick auf die Bildung. Janna Degener-Storr

    • Bildungsgerechtigkeit
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    Mehr von Table.Media

    Africa.Table: Was den Erfolg der Deutschen Schule Johannesburg ausmacht. Die Deutsche Schule Johannesburg wurde schon mehrfach ausgezeichnet. Der Erfolg hängt auch damit zusammen, dass die Schule langfristige Strategien entwickelt. Im Interview erklärt die Schulleiterin Priska Döring, auf welche drei Punkte es im Strategieprozess 2030 ankommt. Mehr

    Research.Table: Fördermittelvergabe per Lostrommel besteht Testlauf. Fördermittel für ein Forschungsprojekt auszulosen, klingt nach einem schlechten Scherz. Da es jedoch an Gutachtern mangelt, wird die Option ernsthaft erwogen. Ein Projekt der Volkswagenstiftung zeigt, dass Themen und Mittelempfänger bei Losvergabe statt Gutachterauswahl diverser sind. Und die Qualität der Forschung sei gleich gut. Mehr

    Presseschau

    FAS: Hessens Kultusminister Schwarz begründet Gender-Ablehnung. Im Interview erklärt CDU-Politiker Armin Schwarz, wieso Hessen sich als einziges Bundesland dazu entschiedet hat, den Genderstern in Abschlussprüfungen als Fehler zu werten. Er ist sich sicher, man solle sich daran orientieren, was die Allgemeinheit für richtig hält. Der Kultusminister führt zudem aus, dass Deutschunterricht an Grundschulen jetzt Priorität haben sollte. Und er bezieht Position zu Künstlicher Intelligenz im Unterricht: Verbannt gehöre sie nicht und auf Hausaufgaben sollten Lehrer auch künftig nicht verzichten, sondern stärker auf Quellenangaben achten. Das Schulfach “Digitale Welt” will Schwarz auf weitere Schulen ausrollen. (“Lehrer sollten nicht gendern”)

    Deutschlandfunk: Grundschule in Ludwigshafen – wieder bleiben Dutzende Erstklässler sitzen. Im vergangenen Jahr geriet eine Grundschule damit in die Schlagzeilen, dass 40 ihrer Erstklässler das erste Schuljahr wiederholen mussten. Die Lage an der Gräfenauer Grundschule scheint sich bis jetzt nicht geändert zu haben: Nun sollen sogar 44 Schüler in der ersten Klasse verbleiben. Ursache dafür ist häufig ein Mangel an Deutschkenntnissen. An der Schule haben 98 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund. Viele der Kinder waren zuvor nicht in der Kita, ihnen fehlen sprachliche und motorische Fähigkeiten. Nur intensive Sprachförderung könne hier helfen, sagt die Schulleiterin. (Schon wieder bleiben 44 Kinder an einer Grundschule Ludwigshafen sitzen

    ARD: Schulversuch zu stressfreiem Lernen. Die staatliche Universitätsschule Dresden testet neue Methoden zum Lernen und Lernen und will Schüler keinem starken Leistungsdruck aussetzen. Eine Doku beleuchtet, wie sie das umsetzt. Es gibt keine Noten und Hausaufgaben. Schüler können selbst darüber entscheiden, welche Themen sie wann behandeln. Eigenes Zeitmanagement und Selbständigkeit gehören zu den Kernkompetenzen, die die Schüler erlernen sollen. Die Lehrkräfte stehen ihnen als Lernbegleiter zur Seite, statt frontal zu unterrichten. Bei der Digitalisierung ist die Schule weit vorne: Jedem Schulkind wird ein Laptop zur Verfügung gestellt. (Schule ohne Druck?

    Handelsblatt: Neue Chancen in der Bildung durch KI. Künstliche Intelligenz wird das Lernen und Lehren nachhaltig revolutionieren, sagt Informatikerin und Professorin Doris Weßels. So können Schüler Chatbots zum Beispiel die gleichen Fragen immer wieder stellen und das auch außerhalb der Schulzeit. Wichtig sei aber, dass Lehrer – aus Sorge, ersetzt zu werden – sich einer Auseinandersetzung mit KI nicht verweigern. Da die Technik sich so schnell entwickelt, müsse immer wieder neu beantwortet werden, wie Mensch und Maschine zusammenarbeiten sollen. (Informatikerin Doris Weßels über KI an Schule und Uni: “Mischung aus Faszination und Schock”

    MDR: Akademisierung des Pflegeberufs gegen Überlastung in Krankenhäusern. Das neue Gutachten des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege empfiehlt unter anderem eine Akademisierung der Pflegeberufe. Wenn Pflegekräfte in der Altenpflege über erweiterte Kompetenzen verfügten, sei es etwa möglich, dass viele Behandlungen ambulant stattfinden. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe betont zudem, Pflegekräfte seien dann auf Augenhöhe mit allen anderen Gesundheitsfachberufen. (Pflegeberufe in der Krise: Gutachten empfiehlt akademische Ausbildung

    BR: Kritik an Quereinstieg bei Erziehern. Die Einführung eines Anspruchs auf Ganztagsbetreuung vergrößert den Mangel an pädagogischen Fachkräften drastisch. Auch deswegen wird der Quereinstieg für Erzieher um so wichtiger. Innerhalb von zwei Jahren werden an Fachakademien Personen mit bisher völlig anderen Berufserfahrungen für Kinderbetreuung umgeschult. In der Ganztagsbetreuung können die Quereinsteiger die gleichen Aufgaben wie Erzieher übernehmen. Doch Erzieher-Ausbilder warnen vor einem Qualitätsverlust durch die kurze Ausbildung. (Wie gut ist die Ausbildung für pädagogische Quereinsteiger?

    Termine

    30. April 2024, 17.30 bis 18.45 Uhr, online
    Webtalk Wirtschaftskrise im Klassenzimmer? Zur Darstellung von Marktwirtschaft und Unternehmertum in Schulbüchern
    Die Studie “Marktwirtschaft und Unternehmertum in Schulbüchern” zeigt, dass Unterrichtsmaterialien wirtschaftliche Themen oft nur oberflächlich behandeln. FDP-Bundestagsabgeordnete Ria Schröder und Studienautor Nils Goldschmidt, Professor für ökonomische Bildung an der Uni Siegen, diskutieren mit Teilnehmern in diesem Webtalk über die Zukunft von Wirtschaft im Unterricht. INFOS & ANMELDUNG

    06. Mai bis 07. Mai 2024, Bremen
    Fachtagung Frauen in der IT – Nachhaltige Erfolgsfaktoren für Studium und Beruf
    Im Austausch mit Bildungsexperten, Arbeitergebern und IT-Absolventinnen soll es darum gehen, wie der IT-Bereich diverser werden kann. Zudem wird eine Befragung von Absolventinnen und Arbeitgebern (“IFI-Absolventinnen 2000-2017: Zufrieden im Studium – erfolgreich im Beruf?”) vorgestellt. ANMELDUNG

    16. Mai 2024, 12.30 bis 17.30 Uhr, Cottbus
    Regionale Fachtagung Rassistischen und rechten Diskursen in Schulen gemeinsam entgegenwirken
    Bei dieser Veranstaltung des Projekts “Bildungslücke Rassismus” diskutieren Experten aus Wissenschaft, Schule und Zivilgesellschaft über eine Weiterentwicklung rassismuskritischer Ansätze in Schulen. Zudem soll Raum für Erfahrungsaustausch und Vernetzung für Vertreter von Brandenburger Schulen sein. INFOS & ANMELDUNG

    Bildung.Table Redaktion

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