Talk of the town
Erscheinungsdatum: 26. August 2025

Zustand der Koalition: Wie SPD und Union einen neuen Teamgeist heraufbeschwören

Matthias Miersch und Jens Spahn
Matthias Miersch und Jens Spahn (picture alliance/dpa | Kay Nietfeld)

Nachdem in den ersten drei Monaten der Koalition allerhand Porzellan zerbrochen ist, wollen die Fraktionsspitzen von Union und SPD am Donnerstag und Freitag bei ihrer Klausur in Würzburg versuchen, die Scherben wieder zusammenzusetzen. Zumindest so weit, dass das gegenseitige Abstimmen und gemeinsame Entscheiden geräuschloser und geschmeidiger erfolgt als in den Wochen vor der Sommerpause. Auch Friedrich Merz bemüht sich aktiv um Stimmungsaufhellung.  

Es gibt viel Redebedarf. Was Themen, Stimmung, Verfahrensfragen und Absprachen angeht. Vor allem aber um Vertrauen wird es gehen. Das ist insbesondere auf SPD-Seite seit der abgesagten Richterwahl lädiert. Genau darauf werden in ihren Eingangsimpulsen Matthias Miersch und Jens Spahn, jeder auf seine Weise, auch eingehen. Von einem „immensen Schaden“ sprechen immer noch Führungsleute der SPD-Fraktion. „Die Skepsis bei uns ist groß.“ „Es muss neues Vertrauen entstehen“, hatte auch Miersch vor wenigen Tagen noch hinterlegt. Einfach zur Tagesordnung überzugehen, werde nach der verunglückten Richterwahl nicht möglich sein. Die Union müsse in den Absprachen verlässlicher werden, „dafür müssen wir ein Gefühl bekommen“. 

Spahn gab sich im Deutschlandfunk am Dienstag betont konziliant. Von „Teambuilding“ und einem mutmaßlich „guten gemeinsamen Ergebnis“, sprach er. Denn: „Wir sind zum Erfolg verpflichtet.“ Auch SPD-PGF Dirk Wiese versuchte vorab, den immer noch schwelenden Zorn im eigenen Lager herunterzukühlen. „Natürlich hat es geruckelt“, sagte er Table.Briefings. „Aber jetzt ist der Moment, den Blick nach vorn zu richten.“ Entscheidend sei, „dass wir als Koalitionspartner enger zusammenarbeiten, Konflikte frühzeitig klären und uns auf das konzentrieren, was das Land voranbringt“. Und: „Mein Anspruch ist, dass wir aus dieser Klausur mit neuem Vertrauen und einem gemeinsamen Handlungswillen herausgehen.“ 

Auch der Kanzler will seinen Beitrag zum neuen Teamgeist leisten – und mehr und häufiger auch nach innen wirken. Das wurde beim Treffen der Unionsminister am Montagnachmittag im Kanzleramt deutlich. Er habe nach den Irritationen bei den Themen Stromsteuer und Israel seine Kommunikationsbemühungen innerhalb der Koalition intensiviert, heißt es. Schon nach dem Treffen mit Donald Trump und den EU-Regierungschefs habe er das Kabinett umfassend informiert. Auch die Abgeordneten würden per SMS nun gezielt früher benachrichtigt. Außerdem hat der Regierungschefs begonnen, sich mit Ministerinnen und Ministern von Union und SPD zum Mittagessen zu verabreden, um einerseits das Kabinett besser kennenzulernen, andererseits mögliche Streitthemen frühzeitig zu identifizieren.   

Im Kanzleramt verständigte sich die Union am Montag auch auf eine gemeinsame Linie für die anstehenden Sozialreformen. Nach Angaben von Teilnehmern habe der Kanzler geraten, die bisherigen Erfolge stärker herauszustellen, aber auch versichert, dass er sich persönlich in die Reformüberlegungen bei Rente und Sozialstaat einmischen werde. Der Druck der Parteibasis, in der Sozialpolitik neue Wege zu gehen, sei enorm, hieß es. Auch beim Bürgergeld müssten schnell konkrete Maßnahmen vorgelegt werden, forderten Teilnehmer.  

Nach Angaben aus Regierungskreisen will Arbeitsministerin Bärbel Bas noch im September ihren Bürgergeld-Plan ins Kabinett bringen. Im Oktober sollen dann erste konkrete Maßnahmen zur Staatsmodernisierung konsentiert werden. Das Vertrauensverhältnis zur SPD sei im Kern auch nach der verpatzten Richterinnenwahl intakt, sollen Merz und Spahn versichert haben.  Die anstehende Wahl der drei Richter und Richterinnen müsse ohne größere Komplikationen über die Bühne gehen. Spahn sei dazu mit Miersch im Austausch.  

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Letzte Aktualisierung: 29. August 2025

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