Talk of the town
Erscheinungsdatum: 28. August 2025

Schwarz-Rot in Klausur: Wie der Neustart gelingen soll

Jens Spahn, Matthias Miersch und Alexander Hoffmann
Selfie vor Weinberg: Jens Spahn, Matthias Miersch und Alexander Hoffmann (picture alliance / Flashpic | Jens Krick)

Die Koalition ringt in Würzburg um vieles – um Einigkeit, um einen neuen Teamspirit und vor allem um eine handfeste Agenda für den Herbst. Nach außen soll Geschlossenheit demonstriert werden, während intern um Kompromisse gerungen wird.

Man kann ihnen nicht vorwerfen, sie würden es nicht versuchen – zumindest nach außen geben sich Jens Spahn, Alexander Hoffmann und Matthias Miersch an diesem Donnerstag betont harmonisch. Bei der zweitägigen Klausur der geschäftsführenden Fraktionsvorstände von CDU/CSU und SPD in Würzburg soll Schwarz-Rot ein neuer Teamgeist verliehen werden. Oder wie Spahn es am Vormittag sagt: „Der Geist von Würzburg“.  

Nur, was die konkreten Ziele angeht, versucht das Trio, die Erwartungen nach Kräften herunterzuschrauben: „Bitte erwarten Sie für morgen nicht zu viel“, sagt einer. Es habe in den ersten Monaten Grenzüberschreitungen gegeben, Zumutbarkeitsschwellen seien überschritten worden. Und doch, es geht am Main nicht nur um Atmosphärisches, es geht auch bis ins Detail um Vorhaben, die im Herbst den Bundestag passieren sollen. 

Gesprochen wird deshalb durchaus über Konkretes. Worüber man sich verständigt, soll am Freitag in ein gemeinsames Papier gegossen werden. Überraschendes wird es kaum enthalten, aber manches wurde doch konkretisiert und im Detail verabredet. Von einem neuen Wehrdienstgesetz ist die Rede und von schnelleren Beschaffungen für die Bundeswehr. Nato-Generalsekretär Mark Rutte verdeutlichte bei seinem Gastbesuch am Donnerstag noch einmal die Dringlichkeit höherer Verteidigungsausgaben. Deshalb wollen auch die Fraktionen die 3,5 Prozent des Bruttosozialproduktes für die Bundeswehr, die die Bundesregierung bis 2029 in Aussicht gestellt hat, mittragen. Das wären im Jahr immerhin 150 Milliarden Euro. 

Kleine und mittlere Unternehmen sollen bis zu 25 Prozent ihrer Dokumentationspflichten einsparen können. Darauf wolle man sich verständigen, so ist zu hören. Das Heizungsgesetz soll entfallen, die mögliche CO2-Vermeidung zum zentralen Parameter werden. Die SPD, so zeichnete sich ab, wird sich auf flexiblere Arbeitszeiten und die Mütterrente einlassen, die Union ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 und ein Tariftreuegesetz mittragen. Das Bürgergeld soll in eine neue Grundsicherung überführt werden. Auch das Deutschlandticket soll auf der Tagesordnung gestanden haben. Vermutlich wird es nach einer Karenzzeit auf eine schrittweise Erhöhung des Nutzeranteils hinauslaufen. 

Die Devise in Würzburg scheint also: möglichst viele Konsensthemen in den Blick zu nehmen – und auch ins Schaufenster zu stellen. Dabei gäbe es auch viel Konfliktstoff, der noch abzuarbeiten ist. Nicht nur in der Richterfrage, die am Donnerstag noch einmal rückblickend aufgearbeitet wurde. Denn ob Arbeitsunwilligen das Bürgergeld wirklich komplett entzogen werden kann, wie die neue Grundsicherung im Detail aussehen soll oder wie teuer das Deutschlandticket am Ende werden soll – in den Details lauert auf die Koalitionäre noch eine Menge Arbeit. Und mutmaßlich neuer Zündstoff. 

Womöglich ist Würzburg aber auch gar nicht der richtige Ort für Konfliktthemen. Immerhin ist der größte Teil der Fraktionen gar nicht anwesend. In diesen zwei Tagen trifft sich lediglich der geschäftsführende Fraktionsvorstand. Die meisten Abgeordneten von CDU, CSU und SPD beobachten das Treffen aus der Ferne – aufmerksam, neugierig, aber nicht wenige auch mit Argwohn.  

Table.Today mit Michael Bröcker und Helene Bubrowski. "Findet Schwarz-Rot wieder zusammen?"

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Letzte Aktualisierung: 29. August 2025

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