wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.
20 Stunden, 27, Stunden, 30 Stunden – der Koalitionsausschuss der Ampel hat Rekordverdächtiges geleistet. Ob sein Wirken auch gut fürs Land ist, werden erst die nächsten Tage zeigen. Erst dann wird man wirklich einschätzen können, was die Spitzen der Koalition dem Land auf den Tisch gelegt haben. Klar ist am Dienstagabend nur eines: Wenn sich das Ampelwerk nicht als echter Neuanfang entpuppt, haben Olaf Scholz, Christian Lindner, Robert Habeck und ihre Parteien kaum noch eine Chance, der Koalition nochmal größere Bedeutung einzuhauchen. Dieser Ausschuss sprengte nicht nur alle Dimensionen, er muss auch ziemlich viele Erwartungen übertreffen. Sonst bleibt der Ampel nicht viel mehr als sich mühsam weiter zu schleppen. Das wäre nicht schön für die Koalitionäre. Und es wäre noch schlechter fürs Land.
Wir haben uns heute aber nicht nur darum gekümmert, sondern auch um den Streit übers Wahlrecht. Die Union hat sich entschieden, die Reform der Ampel nach Karlsruhe zu tragen. Wenn man den Schlachtenlärm aber für einen Moment beiseite legt, könnte Erstaunliches passieren. Der Wahlrechtsexperte der Bertelsmann-Stiftung, Robert Vehrkamp, kommt zu dem Ergebnis, dass der Streit ziemlich schnell ziemlich friedlich gelöst werden könnte. Wenn man nur möchte. Und dann ist da noch eine Studie über die Fehler der SPD bei der letzten NRW-Wahl. Wir haben sie gelesen und ahnen, dass sie den Sozialdemokraten noch viel Kopfzerbrechen bereiten dürfte.
Trotz alledem wünschen wir viel Vergnügen bei der Lektüre.
Heute haben Stefan Braun, Annette Bruhns, Enno Eidens, Christian Füller, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Lukas Scheid, Stefan Ulrich und Vera Weidenbach mitgewirkt. Wir freuen uns über Ihr Interesse.
Koa-Ausschuss: 45 Milliarden für die Bahn, 144 Straßenprojekte, Solaranlagen an Autobahnen. Als die Parteivorsitzenden der Ampel am Dienstagabend vor die Kameras treten, wollen sie Aufbruch und neue Zuversicht ausstrahlen. Vor allem aber haben sie fünf Beschlüsse im Gepäck, die einen Neunanfang belegen sollen. Es geht um Milliarden für die Bahn, um knapp 150 Straßenprojekte, den Bau von Solaranlagen an jedem neuen Autobahnkilometer und um eine Änderung im Naturschutz. SPD-Chef Lars Klingbeil spricht von einem Aufbruch in die Zukunft, Grünen-Chefin Ricarda Lang lobt die Ampel dafür, stellvertretend für die ganze Gesellschaft Konflikte gelöst zu haben. Und FDP-Chef Christian Lindner erklärt: “Man schweigt sich auseinander und man diskutiert sich zusammen.”
Die LKW-Maut wird erhöht, und die Einnahmen daraus sollen zu 80 Prozent in den Aus- und Neubau des Schienennetzes der Bahn fließen. Das Ziel heißt: Bis 2027 sollen gut 45 Milliarden Euro in die Bahn fließen. Außerdem soll die Digitalisierung bei der Bahn beschleunigt werden.
Insgesamt 144 Straßen-Projekte sollen, weil von “überragendem öffentlichem Interesse”, sehr schnell ausgebaut werden. Ziel ist die Beseitigung von Engpässen. Wahrscheinlich in einem Zusammenhang damit steht der Beschluss, beim Naturschutz – wie Lindner sagt – einen Paradigmenwechsel zu vollziehen. So soll es künftig möglich sein, den Verbrauch von Naturfläche auch durch Geldzahlungen zu kompensieren und nicht durch das Freimachen von Flächen an anderer Stelle. Damit sollen auch andere Projekte wie der Neubau von Produktionsstandorten eine Beschleunigung erfahren.
Zum Straßenneubau gehört auch die Entscheidung, künftig an jedem neuen Autobahn-Kilometer Solaranlagen oder Windkraftanlagen zu errichten. Laut Grünen-Chefin Lang soll es keinen Straßenbau mehr ohne den Zubau erneuerbarer Energien geben.
Beim umstrittenen Thema Heizungen hat die Ampel beschlossen, dass ab 2024 “möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll”. Und es soll ein “technologieoffener Ansatz” verfolgt werden, außerdem sollen “ausreichende Übergangszeiträume” möglich bleiben.
Aufweichungen gibt es bei den sogenannten Sektorenzielen im Klimaschutz. Bisher hatten die einzelnen Bereiche harte Grenzziele, die sie jeweils eigenständig erreichen mussten. Deutlich im Rückstand waren zuletzt die Sektoren Gebäude und Verkehr. Künftig sollen die Ziele zwar bestehen bleiben, aber die einzelnen Sektoren “können sich gegenseitig helfen”, wie die Grünen-Chefin Lang es ausdrückte. Offen ist, ob das tatsächlich zu gegenseitiger Unterstützung führt oder eher zum bequemen Verweis auf andere Sektoren.
Der Kanzler wird sich am Mittwoch um 13 Uhr im Bundestag erklären. Spätestens dann muss Olaf Scholz zeigen, ob sich die gut 30 Stunden Verhandlungsmarathon für das Land wirklich gelohnt haben. Bis zum Dienstagabend hatte Scholz nur “sehr, sehr, sehr gute Ergebnisse” versprochen.
Wasserstoff: Unionsfraktion legt Strategie vor. Um ihre Forderung nach mehr Technologieoffenheit beim Klimaschutz zu untermauern, beschreiben CDU/CSU in einem Papier, wie sie sich die Nutzung von Wasserstoff vorstellen. Zusammenfassen lässt sich das so: Je mehr und je bunter, desto besser. Sowohl der Import als auch die Produktion in Deutschland müssten massiv ausgebaut werden, damit Unternehmen nicht wegen eines möglichen Mangels vor Investitionen zurückschreckten und damit Deutschland seine führende Rolle in Markt und Entwicklung nicht verliere.
Offenere Wasserstoffnutzung als Ampel und EU. “Das Wirtschaftsministerium ist beim Wasserstoff zu engstirnig unterwegs”, sagt CDU-Energiepolitiker Jens Spahn dem Berlin.Table. “Anfangs alle Farben von Wasserstoff einzusetzen, und die vorhandene Gasinfrastruktur zu nutzen, muss stärker in den Blick.” Alle Farben – das heißt, alle unterschiedlich hergestellten Formen von Wasserstoff. Die Regierung ist damit bisher zurückhaltend. Die nationale Wasserstoffstrategie sieht die Entwicklung der Technologie im Wesentlichen für Antriebe in Fahrzeugen vor, die nicht elektrifiziert werden können. In anderen Bereichen, wie zum Beispiel in Heizungen, soll Wasserstoff nicht zum Einsatz kommen, weil es geeignetere Alternativen gebe. Die Union fordert, die Entwicklung verschiedener Technologien stärker voranzutreiben und die EU-Definition für grünen Wasserstoff zu erweitern.
NRW-SPD: Kritische Analyse der Landtagswahl 2022. Es hat an vielem gefehlt in der SPD-Kampagne vor der Landtagswahl 2022. Das geht aus der 38-seitigen internen Wahlanalyse 2022 hervor, die seit einigen Tagen vorliegt, “eine schonungslose Ursachenforschung”, wie es schon in der Einleitung heißt. In der Bundes-SPD blicken Führungsleute mit Sorge nach NRW, wo gute Ergebnisse Voraussetzung für Erfolge im Bund sind. Landesvorsitzender und Generalsekretärin haben ihre Rücktritte angekündigt, die Führungsfrage ist vor dem Landesparteitag im Mai ungeklärt.
Die Analyse attestiert vor allem der Organisation aus der Parteizentrale und der Wahlkampagne Defizite. Es habe kein Entscheidungszentrum gegeben, eine “Programmatik ohne Wiedererkennungswert” und einen eher verunglückten Online-Wahlkampf. Spitzenkandidat Thomas Kutschaty hingegen kommt erstaunlich gut weg.
Zwei zentrale Herausforderungen für die nächste Wahl. Die niedrige Wahlbeteiligung – die Partei verlor 300.000 Stimmen an das Lager der Nichtwähler – hat vor allem der SPD geschadet. Die Mobilisierung ist eines der zentralen Themen. Zudem gebe es “einen engen, negativen Zusammenhang zwischen SPD-Ergebnissen und dem Abschneiden der Grünen”. Ihnen wollen die Genossen bei der nächsten Wahl besondere Aufmerksamkeit schenken. Die ganze Analyse lesen Sie hier.
SZ: Teures Militärgerät für die Ukraine. 18 versprochene Leopard-2-Panzer sind in der Ukraine eingetroffen. Sie müssen der Bundeswehr ersetzt werden. Das und weiteres Material für Kiew gehen überplanmäßig ins Geld, wie Georg Ismar und Henrike Roßbach schreiben. 3,24 Milliarden Euro mehr in diesem Jahr und fast neun Milliarden für die kommenden Jahre: BMF-Staatssekretär Florian Toncar (FDP) erwartet in einem Schreiben an den Haushaltsausschuss, dass die Mehrausgaben bei den übrigen Ressorts eingespart werden. (“Deutlich teurer als geplant”), Seite 7
Soziale Pflegeversicherung: Beitrag könnte sich verdreifachen. Die Bundesregierung befasst sich aktuell mit der Pflegereform von Gesundheitsminister Lauterbach. Die dabei vorgesehenen Leistungsausweitungen würden die Pflegeversicherung deutlich teurer machen. Doch selbst ohne Reform drohen massive Beitragserhöhungen. Das hat das Wissenschaftliche Institut der PKV berechnet. (Mehr)
Tagesspiegel: Der Libero der Regierung. Hat Wolfgang Schmidt geliefert? Hat die Koalition die Regierungskrise auch längerfristig umkurvt? Ganz sicher ist sich Christopher Ziedler nicht in seinem Porträt über den Chef des Kanzleramtes. Sicher ist: Für seine Bemühungen um eine Verständigung brauchte Schmidt mehrere Anläufe, noch nie benötigte ein Koalitionsausschuss so viel Zeit für eine Verständigung. (“Der Mann der Kompromisse”), Seite 4
taz: Polens Wirtschaftsaufschwung. Weltweit fünftgrößter Handelspartner für Deutschland und bald größter Hersteller für E-Autobatterien in Europa: Gabriele Lesser geht der Frage nach, wie Polen das gemacht hat. Investoren kommen wegen qualifizierter Fachkräfte, bringen Geld und Innovationen. Und das alles trotz des brodelnden Rechtsstaats-Konflikts mit der EU-Kommission. (“Polen auf grüner Spur”), Seite 9
Handelsblatt: USA bereiten sich auf chinesischen Angriff auf Taiwan vor. Militärische Simulationen, Manöver mit Indien und auf den Philippinen, neue Bündnisse auch mit Japan und Australien und Aufrüstung, all das treiben die USA gerade voran. Annett Meiritz in Washington und Martin Kölling in Tokio geben einen alarmierenden Zwischenbericht in dem brodelnden Konflikt, dessen weitere Entwicklung auch vom Ausgang des Ukraine-Krieges abhängen könnte. (“Auf alles vorbereitet”), Seite 6
Wahlrechtsreform I: Union klagt in Karlsruhe. Das hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Nachmittag beschlossen. Die Unions-Abgeordneten werden eine abstrakte Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. Das Gericht soll überprüfen, ob das von der Regierungskoalition beschlossene neue Wahlrecht mit der Verfassung übereinstimmt. Kaum ist das Gesetz in Kraft getreten, werden die Prozessbevollmächtigten die Klage einreichen. Nötig dafür sind die Unterschriften von 184 Abgeordneten. Außerdem wird die Fraktion einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellen.
Wahlrechtsreform II: Ampelexperte hält CSU-Problem für lösbar. Robert Vehrkamp, Mitglied der Wahlrechtskommission des Bundestages, hält die Vorwürfe der CSU wegen der Reform des Wahlrechts für überzogen und nicht haltbar. Die Probleme, die für die CSU durch den Wegfall der Grundmandatsklausel entstünden, seien leicht lösbar, sagte Vehrkamp dem Berlin.Table. Anders als von der Union dargestellt müssten CDU und CSU keineswegs eine Listengemeinschaft gründen, um die Gefahr durch die Fünf-Prozent-Hürde abzuwehren. Eine einfache Erklärung an die Bundeswahlleiterin reiche aus, um als Wahlbündnis anzutreten.
Laut Vehrkamp bilden CDU und CSU bilden seit 1949 ein “Wahlbündnis mit Partei-Eigenschaft”. Die CSU trete nur in Bayern an, die CDU in allen anderen Bundesländern – und das Ganze “nicht-konkurrierend, mit einem gemeinsamen Wahlprogramm und mit einem gemeinsamen Kanzlerkandidaten”. Außerdem bildeten sie nach Wahlen jeweils eine Fraktionsgemeinschaft. Außerdem habe die Ampel versprochen, sie sei sofort zu weiteren Änderungen bereit, sollte es an dieser Interpretation juristische Zweifel geben. “Doch statt das zumindest in Ruhe zu erwägen, hat die Union es sofort als ‘übergriffig’ attackiert und jedes weitere Gespräch abgelehnt”, kritisiert Vehrkamp.
Dass die Union nun klagt, hält der Politologe für den Normalfall, nicht die Ausnahme. Im Übrigen sei eine solche Klage der Opposition kein demokratischer Makel, sondern ein Zeichen funktionierender Regierungskontrolle. Kritisch würde es erst, wenn Urteile des Verfassungsgerichtes nicht mehr akzeptiert würden. “Davon sind wir aber – glücklicherweise – weit entfernt”, sagt Vehrkamp. Das ganze Interview mit dem Demokratieexperten der Bertelsmann-Stiftung lesen Sie hier.
Fraunhofer-Skandal: Staatsanwaltschaft bestätigt Ermittlungsverfahren. Die Staatsanwaltschaft München I hat Table.Media bestätigt, dass in der Fraunhofer-Affäre um möglicherweise falsche Spesenabrechnungen ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Es bestehe der Verdacht, dass strafbare Handlungen begangen worden sein könnten. “Der Verdacht richtet sich derzeit jedoch nicht gegen konkrete Beschuldigte”, heißt es in der Stellungnahme. “Das Verfahren wird gegen Unbekannt geführt.”
Hintergrund ist ein Prüfbericht des Bundesrechnungshofs (BRH). Darin werden erhebliche Verstöße gegen rechtliche Vorgaben vor allem für Reisen, Dienstfahrzeuge, Bewirtungen und Veranstaltungen durch den Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft beschrieben. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte wegen der Vorwürfe einen schnellen Führungswechsel gefordert. Ihr Haus hat zudem sogenannte Teilwiderrufsverfahren eingeleitet, in deren Folge Geld zurückgefordert werden könnte.
SZ: Ampelkoalition einigt sich bei zentralen Streitfragen
Tagesspiegel: EU beschließt Verbrenner-Aus 2035
Handelsblatt: Europa fordert China heraus
taz: Das neue Deutschlandtempo: Ampel diskutiert drei Tage lang über Planungsbeschleunigung
FAZ: Ampelkoalition beschließt flexibleres Klimaschutzgesetz
Zeit Online: Bankenkrise: Das Finanzsystem ist unregierbar
Spiegel: Verbrenner-Aus in der EU: “Manche Politiker lassen die Leute absichtlich im Dunkeln”
RND: Tennessee: Wie ein US-Bundesstaat Transfeindlichkeit gesetzlich unterstützt
GMX/Web.de: Krieg in der Ukraine im Live-Ticker: Pentagon: Russland muss nun veraltete Panzer einsetzen (Liveticker)
Business Insider: “Abgehoben, empathielos und glatt”: NDR-Mitarbeiter verurteilen Führungsstil der Senderspitze
SZ: Gewerkschaften: “Wir sind so dermaßen unterbezahlt”
Spiegel: Russische Soldaten kritisieren offenbar eigene Kommandeure, Moskau scheitert in Uno-Sicherheitsrat
Welt: Tuchel begrüßt Sané mit einem Tritt in den Hintern
FAZ: Hört auf mit der Ökomoral!
NZZ: Zwischen vaginalem Stricken und freier Geschlechtswahl: Unser Umgang mit Körperlichkeit ist widersprüchlich (Kommentar)
Svenja Schulze: Internationale Gesundheitsstandards ausweiten. Die Entwicklungshilfeministerin lobt im Gespräch mit Table.Media den Bangladesch Accord als beispielhaft. “Wir als Entwicklungsministerium setzen uns dafür ein, dass die Vereinbarung auch auf andere Länder in der Region ausgeweitet wird”, so Schulze. Der Bangladesch Accord gilt mittlerweile für zwei Millionen Beschäftigte in 1.600 Textilfabriken. Sie beliefern mehr als 200 Modemarken. Seit Anfang des Jahres gibt es mit Pakistan ein ähnliches Abkommen.
Accord nach der Brandkatastrophe in der Textilfabrik Rana Plaza ins Leben gerufen. Dabei kamen vor zehn Jahren mehr als 1.100 Arbeiterinnen und Arbeiter ums Leben. Ziel ist die Etablierung verbindlicher Gesundheits- und Sicherheitsstandards. Am Abkommen beteiligt sind die internationalen Gewerkschaften IndustriALL und UNI Global, Gewerkschaften aus Bangladesch sowie lokale und internationale Unternehmen der Modebranche. Mehr dazu lesen Sie hier.
Bildungsreform: Rot-schwarzes Nein zu GG-Änderung. Der derzeit wohl einflussreichste Bildungspolitiker der Republik, Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD), hat Spekulationen um eine Grundgesetzänderung in der Bildung eine Absage erteilt. “Es wird keine Verfassungsänderung geben”, sagte Rabe bei einer Diskussion mit Bildungspolitikern. Wenn die Ampel das gewollt hätte, “dann hätten wir das in den Koalitionsvertrag geschrieben. Das haben wir aber nicht getan.” In der Bevölkerung und unter Experten gilt die Kulturhoheit der Länder, also die alleinige Verantwortung der Bundesländer für Schule, als der größte Hemmschuh etwa für eine auskömmlich finanzierte Digitalisierung der Bildung.
Auch die CDU-Bundespolitikerin Nadine Schön bremst beim Griff aufs Grundgesetz. Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag sagte zu Table.Media: “Eine Diskussion über eine Verfassungsänderung darf nicht davon ablenken, dass auch vieles unterhalb der Ebene einer Verfassungsänderung möglich ist.” Wesentlich sei, dass Bund und Länder zuerst gemeinsame Ziele definierten, die sie erreichen wollten. Der frühere Bundesminister und heutige Vorsitzende der Telekom-Stiftung, Thomas de Maizière, vertritt dagegen die Auffassung, dass das Verhältnis zwischen Bund und Ländern im Grundgesetz chaotisch organisiert sei. Er hält eine Neudefinition der Rolle von Bund, Ländern und Kommunen in der Bildung für nötig – und zwar durch eine Verfassungsreform. Eine Analyse lesen Sie im Bildung.Table.
Pressefreiheit: GLS-Bank vertreibt Medien-Anleihe. In Berlin ging es heute um die Rettung unabhängiger Medien in Russland, Belarus, Ungarn und anderen Staaten Osteuropas. Die in New York und Prag ansässige NGO “Media Investment Development Fund” (MDIF) lud dazu potenzielle Investoren, Stifterinnen und Anleger ein. Eine ins Exil geflohene russische Medienmacherin, deren Identität incognito bleiben musste, berichtete von einem Guerrilla-Erfolg. “Zeitungen sind seit dem Krieg so stark wie nie”, sagte die Russin, die Berichte von Underground-Journalisten vor Ort verbreitet. “Wir Medienmacher arbeiten jetzt alle im Verbund und müssen dabei nicht mehr Kompromisse mit den Machthabern eingehen.” Die moskau-unabhängigen Nachrichten werden über Kanäle wie Telegram oder Youtube gespielt.
Kapital für die Medienlandschaft Osteuropas. Auf der Veranstaltung verkündete der New Yorker MDIF eine neue Kooperation mit der deutschen Genossenschaftsbank GLS. Schon seit längerem unterstützt MDIF bedrohte Medien in Zentral- und Osteuropa. So wurde unter anderem ein polnischer Wirtschaftsverlag und ein slowakisches Medienhaus vor dem Aufkauf durch Oligarchen und Autokraten geschützt. Über Zeichnung der neuen Anleihe können nun auch Anlegerinnen und Anleger in Deutschland die Pressefreiheit in Ost- und Zentraleuropa stützen. Die Anleihe ist Teil eines Kapitalstocks, der am Ende 100 Millionen Euro stark sein soll. Er ist bereits zur Hälfte gefüllt durch Gelder westeuropäischer Medienhäuser, Stiftungen und Privatkapital.
China Strategie 2023. 3 Stunden, 3 Sessions, 30 Köpfe aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Table.Media beleuchtet am 25. April China als Wettbewerber, Rivale und Partner. Die Digital-Konferenz schafft mitten in der aktuellen Debatte Orientierung für Entscheiderinnen und Entscheider. Jetzt kostenlos registrieren.
Europe.Table: Reaktionen auf Verbrenner-Aus. Die Bundesregierung hat ihre Blockade gelöst und am Dienstag im EU-Ministerrat der Verschärfung der CO₂-Flottenziele zugestimmt. Damit gilt, dass Neuwagen ab 2035 nur noch zugelassen werden dürfen, wenn sie vollständig emissionsfrei betrieben werden. Für E-Fuels gibt es strenge Vorgaben. Wie Grüne, Konservative und Industrieverbände das finden, weiß Lukas Scheid. Mehr
China.Table: EU einigt sich auf Instrument gegen wirtschaftliche Erpressung. Damit wollen sich die EU-Institutionen gegen Versuche aus Drittländern wie China wappnen. Der Einsatz des “Anti-Coercion Instrument” (ACI) soll nur als letzte mögliche Option erfolgen, erklärt Amelie Richter. Bald könnte sich zeigen, ob es auch im aktuellen Paradebeispiel der Handelsblockade gegen Litauen helfen könnte. Mehr
Europe.Table: EU-Energieminister streiten über Frankreichs Atomenergie. Zwar einigten sie sich zu den Regeln für den künftigen Wasserstoffmarkt und verlängerten das europäische Gassparziel von 15 Prozent bis März 2024, schreibt Manuel Berkel. Doch am Rande der Beratungen versuchte Frankreich, Atomenergie auf die Erneuerbare-Energien-Quoten der EU anrechnen zu lassen. Eine Entscheidung dazu könnte es am Mittwoch geben. Mehr
Bildung.Table: Künstliche Intelligenz überholt den Menschen. Ein heute veröffentlichter OECD-Bericht belegt, dass weite Teile der Bevölkerung bei Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten schon heute nicht mehr mit KI-Software mithalten können. Schüler müssten lernen, mit KI zusammenzuarbeiten, schreiben die Forscher – Moritz Baumann berichtet. Mehr
Informationen am Morgen (Deutschlandfunk)
ca. 6:50 Uhr: Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales: Koalitionsausschuss und Fachkräfte-Einwanderungsgesetz
ca. 7:14 Uhr: Ricarda Lang, Bundesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen: Koalitionsausschuss
ca. 8:10 Uhr: Jill Gallard, Botschafterin Großbritanniens in Berlin: Besuch von König Charles III.
ARD-Morgenmagazin (ARD)
7:05 Uhr: Andreas Jung, CDU, stellv. Bundesvorsitzender: Koalitionsausschuss
8:05 Uhr: Ricarda Lang, Bundesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen: Koalitionsausschuss
Informationen am Morgen (rbb24-Inforadio)
ca. 6:45 Uhr: Kirsten Gurske, Vize-Landrätin, Sozialdezernentin Landkreis Teltow-Fläming: Vor dem Flüchtlingsgipfel in Brandenburg
ca. 7:05 Uhr: Stefan Gelbhaar, MdB, verkehrspolitischer Sprecher Bündnis 90/Die Grünen: Koalitionsausschuss
Security.Table: Agnieszka Brugger – “Links und vernünftig sein, schließt sich nicht aus!” Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Mitglied im Verteidigungsausschuss, fällt auf. Durch ihre roten Haare, aber auch ihre Positionswechsel – nicht opportunistisch, sondern nach langem Lernprozess. Nana Brink stellt sie im Porträt vor. Mehr
Mittwoch, 29. März
Clemens von Goetze, Botschafter in Japan, 61 / Carsten Stawitzki, Marine-Vizeadmiral und Abteilungsleiter Ausrüstung im Bundesministerium der Verteidigung, 57 / Bruno Eckard Simma, Völkerrechtler und ehemaliger Richter am Internationalen Gerichtshof, 82 / Dirk Niebel, FDP-Politiker und früherer Bundesminister für Entwicklung, 60 / Ulrich Kelber, SPD-Politiker und Bundesdatenschutzbeauftragter, 55
Donnerstag, 30. März
Astrid Damerow, CDU-MdB, 65 / Burkhard Blienert, SPD-Politiker und Drogenbeauftragter der Bundesregierung, 57 / Michael Frieser, CSU-MdB, 59
Unser Tipp führt Sie heute nach Bonn. Bonn? Ja, genau, die alte Bundeshauptstadt. Und zwar die der ersten Jahre, als Deutschland an so vielen Stellen noch neu anfangen musste und durfte. Hier aber geht es nicht so sehr um Frühling und Wirtschaftswunder, es geht in dieser ARD-Serie um jene schattige Welt, in der damals die deutschen Sicherheitsbehörden neu aufgebaut wurden. Dem Verfassungsschutz stand Otto John vor, ein ehemaliger Widerstandskämpfer; den Bundesnachrichtendienst aber führte mit Reinhard Gehlen ein Alt-Nazi, der mit Hans Globke im Kanzleramt einen stillen Freund und Verbündeten hatte. Wie das passieren konnte, wie es wuchs, sich entwickelte und zu schärfsten Konflikten führte – das alles ist eine unglaubliche Geschichte.
Bonn – Alte Freunde, neue Feinde| Idee: Gerrit Hermans | ARD-Mediathek
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