Der CDU-Vorsitzende sollte ursprünglich am Treffen der Unions-Fraktionsvorsitzenden in Cottbus teilnehmen, um mit den Kollegen nicht nur den üblichen Schulterschluss zu üben, sondern auch die für die Wahlkämpfer in Ostdeutschland heiklen Themen zu beraten. Doch dann sagte Friedrich Merz seine Teilnahme ab. Das sorgte für Irritation bis Ärger, weil die Landtagswahlen im September die Christdemokraten in Sachsen, Thüringen und Brandenburg vor schwere Aufgaben stellen.
Allerdings ist Merz’ Begründung durchaus stichhaltig. Der CDU-Chef fuhr am Montag zur EVP-Sitzung nach Brüssel, um mit dafür zu sorgen, dass nichts mehr schiefgeht bei der erneuten Nominierung von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin. Doch trotz Ärgers könnte manchem Landesfraktionschef Merz’ Abwesenheit zupasskommen, weil der Umgang des CDU-Chefs mit dem Ukrainekrieg nicht unumstritten ist. Ohne Merz an ihrer Seite dürften die Fraktionschefs Manuel Hagel (BaWü), Jan Redmann (Brandenburg) und wohl auch Mario Voigt (Thüringen) die Abschluss-PK am Dienstag für Kritik in Richtung Berlin nutzen – und die Linie gegenüber Sahra Wagenknechts BSW untermauern. Auf Druck aus den ostdeutschen Landesverbänden hatte Merz zuletzt seine Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit mit dem BSW auf Länderebene aufgeweicht – und Bündnisse dort nicht mehr kategorisch ausgeschlossen.
Die Fraktionschefs wollen die Beziehung zu Warschau verbessern. Obwohl Polen im Ukraine-Konflikt eine besonders entschiedene Linie pro Kiew verfolgt (was auch manchem Christdemokraten in Ostdeutschland aufstößt), beschlossen die Fraktionsführer, das Verhältnis zum Nachbarland zu intensivieren. Am Rande des Treffens kam sogar die Idee auf, das nächste Treffen der Fraktionschefs in Warschau abzuhalten. Zuvor hatte der polnische Botschafter Dariusz Pawłoś mit den Fraktionschefs gesprochen – und sich für das Engagement bedankt. Stefan Braun