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Erscheinungsdatum: 17. März 2025

Klima-Anwälte einig mit Merz: Klimaneutralität im Grundgesetz macht Klimaklagen nicht aussichtsreicher

Das Festschreiben der Klimaneutralität im Grundgesetz will der Bundestag am Dienstag mit der Mehrheit von Union, SPD und Grünen verankern. Juristen erwarten, dass die Folgen nicht so weitreichend sein werden wie ursprünglich angenommen.

Wenn Union, SPD und Grüne die Klimaneutralität bis 2045 wie geplant ins Grundgesetz schreiben, verbessert das offenbar nicht die unmittelbaren Chancen für Klimaklagen. „Es ist nicht zu befürchten, dass damit verstärkt Infrastrukturprojekte durch Klagen verhindert werden“, sagte Remo Klinger, Fachanwalt für Klimarecht, der oft die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vertritt. Den Begriff ins Grundgesetz einzufügen, sieht er als„vor allem deskriptiv und deklaratorisch, das ändert nichts an der Rechtslage des Projektzulassungsrechts“, sagte Klinger Table.Briefings.

Klinger beruft sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2021. Damals habe es das Staatsziel Umweltschutz aus dem Art. 20a GG so konkretisiert, dass Regierung und Parlament auf einen wirksamen Klimaschutz als Schutz der Freiheitsrechte der kommenden Generationen verpflichtet seien; ebenso sei entschieden, dass das Handeln des Staates auf eine baldige Klimaneutralität gerichtet sein muss. „Die jetzt geplante Benennung der Klimaneutralität in den Vorschriften der Finanzverfassung nimmt nur auf, was das Verfassungsgericht vor vier Jahren bereits bindend festgestellt hat“, so Klinger, der als Anwalt an den damaligen Verfassungsbeschwerden beteiligt war. „Das geht materiellrechtlich nicht darüber hinaus, zeigt aber denjenigen Politikern, die den Beschluss nicht gelesen haben, was das Verfassungsgericht längst entschieden hat.“

Auch Felix Ekardt, Professor für öffentliches Recht an der Uni Rostock, sieht keine neue Rechtslage. Der Initiator der Klage, die 2021 vom Verfassungsgericht entschieden wurde, sagte Table.Briefings: „Da wird kein Klimaziel formuliert, sondern eine Aussage zur Verwendung von Finanzen des Bundes gemacht. Das befähigt niemanden zu einer Klage.“ Eher sei zweifelhaft, ob die Formulierung überhaupt den Ansprüchen des Verfassungsgerichts an den Klimaschutz genüge. „Man könnte eher debattieren, ob das zu wenig ist – die Formulierung also verfassungswidriges Verfassungsrecht darstellt“, so Ekardt.

Mit ihren Einschätzungen bestätigen Klinger und Ekardt eine Aussage von Friedrich Merz.Er musste sich gegenüber der Bild gegen die Frage wehren, ob jetzt „die Klima-Lobby unsere Wirtschaft kaputtklagt“. Merz sagte: „Die vorgesehene Verfassungsänderung macht den Weg frei für zusätzliche Investitionen in den Klimaschutz, aber keineswegs für neue Klagemöglichkeiten.“ 2045 stehe als „Verwendungsnachweis“ für Investitionen, aber nicht als „Staatsziel“ in der Verfassung. Das hatte auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betont. Klimaneutralität 2045 sei laut Merz „spätestens seit dem Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts 2021 ein bereits bestehender Verfassungsauftrag“, auf das Datum 2045 hätten sich Bundestag und Bundesrat im Klimaschutzgesetz „verbindlich geeinigt“. Kanzlerkandidat Merz erinnerte daran: „Auch die CDU hat es so beschlossen!“ Bernhard Pötter

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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