Die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) hat in einer internen Mail ihre Teammitglieder über das baldige Ende ihrer Aufgabe unterrichtet. In der Mail, die Table.Briefings vorliegt, schreibt Geschäftsführerin Désirée Galert, sie gehe „wohl oder übel“ davon aus, dass die für Antisemitismusprojekte an Berliner Schulen zuständige Praxisstelle zum 31. März „ihre Arbeit einstellen muss“. Galert schreibt weiter: „Es tut uns wahnsinnig leid, dass damit auch Eure Arbeit für die Praxisstelle beendet wäre.“ Die Teammitglieder der KIgA sind Freiwillige, die von der KIgA geschult und vorbereitet in Schulklassen gehen, um über Antisemitismus aufzuklären.
Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hatte angekündigt, der KIgA und anderen Antisemitismusprojekten in Berlin sämtliche Zuwendungen zu streichen. Grund seien die Sparvorgaben für den laufenden Haushalt. Von Seiten der SPD gibt es zwar Bestrebungen, der KIgA doch noch rund 113.000 Euro für das laufende Jahr zur Verfügung zu stellen. Wie Table.Briefings aus der KIgA erfuhr, könne damit aber kaum das vorhandene Personal und die Honorare der Teammitglieder bezahlt werden. Derzeit sind in der Praxisstelle sechs Personen fest angestellt.
Mit einer am Mittwoch vom Berliner Gymnasiallehrer Steffen Schulz-Lorenz gestarteten Online-Petition wird jetzt versucht, die Bildungssenatorin umzustimmen. In dem Brief an Günther-Wünsch, den bis Donnerstagabend mehrere Hundert Menschen unterzeichnet haben, schreibt Schulz-Lorenz, die Berliner Schulen seien nach dem Schulgesetz angehalten, Schülerinnen und Schüler zu erziehen, die „in der Lage sind, der Ideologie des Nationalsozialismus und allen anderen zur Gewaltherrschaft strebenden politischen Lehren entschieden entgegenzutreten“. Die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus sei „wie auch andere bei dieser Arbeit nicht zu ersetzen“.
Die Senatsverwaltung habe „selbst vielfach auf die KIgA verwiesen, wenn Rat teuer war und die Situation an Berliner Schulen eskalierte“, etwa nach dem 7. Oktober 2023. „Wir bitten Sie sehr dringend, Ihre Entscheidung zurückzunehmen.“ Der Vorsitzende der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus, Dervis Hizarci, wurde noch im vergangenen Herbst mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet. Thorsten Denkler