News
Erscheinungsdatum: 08. Januar 2024

Bauern blockieren Straßen: Ministerpräsidenten appellieren an Bundesregierung

Bauern sorgen seit Sonntagabend landesweit mit Traktorenfahrten für Verkehrsbehinderungen und Blockaden. Eine Woche wollen sie gegen die schrittweise Streichung der Subventionen für Agrar-Diesel protestieren. Verständnis dafür bekommen sie aus den Bundesländern.

Nach dem Beginn der Bauernproteste haben mehrere Ministerpräsidenten die Bundesregierung aufgefordert, die geplanten Subventionskürzungen beim Agrar-Diesel zurückzunehmen. Sowohl Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) als auch die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Sachsen, Hendrik Wüst und Michael Kretschmer (beide CDU), kritisierten am Montag eine zu hohe Belastung der Landwirte bei den Haushaltskürzungen der Ampel-Koalition. Die Bauern sorgten in vielen Teilen Deutschlands mit Traktorenfahrten für Verkehrsbehinderungen und Blockaden. Auch einige Grenzübergänge wurden blockiert.

Die Bauern wollen eine Woche lang gegen die schrittweise Streichung der Subventionen für Agrar-Diesel protestieren, die die Bundesregierung am Montag in einem schriftlichen Verfahren durch Kabinett bringen will. Danach wird die Steuerentlastung für den sogenannten Agrar-Diesel ab dem 1. März von derzeit 214,80 Euro pro 1000 Liter schrittweise bis 2026 gesenkt und dann ganz gestrichen. Die Steuermehreinnahmen sollen dadurch von 142 Millionen Euro im Jahr 2025 auf 285 Millionen 2026, 419 Millionen Euro 2027 und ab dem Jahr 2028 dann auf 453 Millionen Euro steigen. Die Ampel-Spitzen hatten vergangene Woche weitergehende Kürzungsbeschlüsse korrigiert, was den Bauern aber nicht ausreicht.

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Weil sprach im ZDF von einer überdurchschnittlichen Belastung der Landwirtschaft bei den Einsparungen für den Bundeshaushalt 2024 und kritisierte ein fehlendes Konzept der Ampel. Denn die Bauern würde auch durch andere Maßnahmen wie den steigenden CO₂-Preis belastet. Der SPD-Politiker verwies darauf, dass einige Landwirte zwar im vergangenen Jahr etwa durch die hohen Abnahmepreise bei Milch erhebliche Einnahmesteigerungen gehabt hätten. Aber zum einen sei der Abnahmepreis wieder deutlich gesunken. Zum anderen stiegen auch die Kosten erheblich. Die Landwirtschaft sei in einer „Sandwich-Position“, weil sie etwa beim Kampf gegen den Klimawandel immer höhere Auflagen habe, aber international in einem Wettbewerb stehe. Die Einkommenssituation gilt zudem zwischen Groß- und Kleinbetrieben sowie bei den verschiedenen landwirtschaftlichen Produkten als sehr unterschiedlich.

Auch die CDU-Politiker Wüst und Kretschmer äußerten Verständnis für die Proteste und forderten eine Rücknahme der Ampel-Beschlüsse. Dies hatten zuvor auch die CSU, die AfD und die Freien Wähler verlangt. Wüst und Kretschmer warfen der Bundesregierung mangelnde Bereitschaft zum Dialog mit den Bauern vor. Die von der Ampel geplante Kürzung der Subventionen für Agrar-Diesel sei „eine enorme Belastung“ für die Bauern, sagte Wüst im ZDF. „Deshalb kann ich nachvollziehen, dass protestiert wird.“ Wie andere Politiker und Vertreter des Bauernverbandes appellierte er an die Landwirte, sich an die Vorgaben der Polizei zu halten.

Wirtschaftsminister Robert Habeck äußerte Verständnis für die Sorgen der Bauern, verteidigte aber auf der Online-Plattform X die geplanten Kürzungen. Es gebe sicherlich eine „Industrialisierung“ der Landwirtschaft und in diesem Rahmen seit Jahren ein Sterben kleiner Höfe. Diesen Strukturwandel erkenne auch der Bauernverband an. Die Bundesregierung erhalte aber trotz der Kürzungen einen erheblichen Teil der Subventionen für die Landwirte bei.

Protestaktionen fanden am Montagmorgen in vielen Bundesländern statt. In Berlin versammelten sich Landwirte mit ihren Traktoren etwa vor dem Brandenburger Tor, in Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz blockierten sie Autobahnzufahrten.

Die Polizei meldete zudem die komplette Blockade des deutsch-französischen Grenzübergangs bei Rastatt-Wintersdorf „durch Traktoren und enormes Verkehrsaufkommen“. In München sollte es am Vormittag eine zentrale Kundgebung geben. Der Bauernverband hatte angekündigt, dass die Proteste an verschiedenen Orten die ganze Woche über laufen sollen.

Bauernverbands-Präsident Joachim Rukwied hatte schon am Wochenende rechte Gruppierungen gewarnt, die angekündigten Demonstrationen zu unterwandern. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte betont, die Sicherheitsbehörden würden genau auf eine Beteiligung von Extremisten an den Protesten achten. Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer verwies in der „tageszeitung“ darauf, R echtsextremisten hätten in den vergangenen Jahren „stetig und konsequent versucht, jede Form von legitimem Bürgerprotest zu unterwandern und damit in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen, indem sie sich als die wahren Volksvertreter aufspielen“. Es sei deshalb nicht überraschend, dass sie jetzt die Bauernproteste nutzten wollten, sagte er. rtr

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
Teilen
Kopiert!