Herr Krüger, heute haben Sie den Wahl-O-Mat für die Bundestagswahl gestartet. Alle 29 zugelassenen Parteien sind abgebildet. Worin bestanden die besonderen Herausforderungen?
Eigentlich sind die Abläufe sehr eingespielt. Aber dieses Mal war es eindeutig die Kürze der Zeit. Normalerweise haben wir rund neun Monate Vorlauf, diesmal waren es drei. Statt vier Wochen ist der Wahl-O-Mat deshalb auch nur zweieinhalb Wochen bis zum Wahltag scharf geschaltet.
Wie kommt der Wahl-O-Mat überhaupt zustande?
Das war die erste Überraschung. Noch vor Weihnachten haben sich 780 junge Menschen für die Redaktion beworben. Davon haben wir 24 ausgewählt, die dann angefangen haben, natürlich unter fachkundiger Begleitung, Programme zu wälzen und Fragen zusammen zu stellen. Das ist das übliche Procedere. Nur diesmal unter maximalem Zeitdruck.
Sie müssen die Antworten ja jeweils mit allen Parteien abstimmen. Die haben alle mitgezogen?
Ja, die hatten genauso Stress wie wir. Aber sie haben alle geliefert. Das war ein großes Schwitzen. Dafür mein großer Respekt. Ich kann sagen: An der Qualität mussten wir keine Abstriche machen.
Mit wievielen Nutzern rechnen Sie?
Wir hatten in den letzten zehn Jahren jedes Mal gestiegene Abrufzahlen. Bei der letzten Bundestagswahl hatten wir 21,5 Millionen Abrufe, das war absoluter Rekord, bei der Europawahl 2024 waren es 15,6 Millionen, auch ein Rekord. Diesmal ist einfach die Nutzungszeit kürzer, statt vier Wochen nur 17 Tage; aber wegen der vielen Unentschlossenen rechnen wir auch diesmal mit einer ähnlich hohen Zahl wie 2021.
Was wissen Sie über Ihre Nutzerinnen und Nutzer?
Wir verzichten auf jede Erhebung personenbezogener Daten. Ursprünglich war das ja ein Angebot vor allem an Jungwähler. Die erreichen wir tatsächlich auch in hoher Zahl.
Aber nicht nur?
Wir wissen, dass rund die Hälfte der Nutzerinnen und Nutzer mit dem Wahl-O-Mat die eigene Parteipräferenz überprüfen will, wirklich ergebnisoffen gehen nur wenige da rein. Über 90 Prozent bleiben nach der Nutzung ihrem eigenen Lager treu. Auch interessant: Bei der letzten Europawahl ging nach der Nutzung die Hälfte derjenigen doch wählen, die ursprünglich nicht wählen wollten.
Wann sind die Haupt-Nutzungszeiten?
Erfahrungsgemäß am ersten Wochenende nach Veröffentlichung des Tools. Und in den letzten Tagen vor der Wahl. Die TV-Duelle generieren auch immer eine erhöhte Nutzung.
Wie wählen Sie die Parteien für Ihr Portal aus?
Wir laden alle zugelassenen Parteien ein. Und wenn sie unsere Fragen beantworten, sind sie auch dabei.
Auch die, die unter Umständen vom Verfassungsschutz beobachtet werden?
Auch die. Alle, die zugelassen wurden.
Entsprechen die Antworten denn auch immer der Programmatik – oder wird nicht auch taktisch geantwortet?
Diese Versuche gibt es manchmal. Aber das gleichen wir mit den jeweiligen Begründungen zu den Wahl-O-Mat-Thesen ab und geben die Antwort, wenn es nicht zusammenpasst, auch zur Überprüfung an die Parteien zurück.
Und wie ist es mit Antworten, die erkennen lassen, dass die vorgeschlagenen Konzepte oder Programme gar nicht finanzierbar sind oder sich diametral mit anderen Vorschlägen widersprechen?
Die Parteien sind ganz alleine für die Positionen und Antworten im Wahl-O-Mat verantwortlich. Nutzerinnen und Nutzer erkennen in der Regel, wenn Parteien nicht konsistent antworten. Das riskieren die Parteien nur ungern, dann öffentlich dafür kritisiert zu werden.