Interview
Erscheinungsdatum: 17. März 2025

Herr Crumbach, wie geht es mit dem BSW weiter?

Nach dem knappen Verpassen des Einzuges in den Bundestag verschieben sich die Machtverhältnisse innerhalb des Bündnis Sahra Wagenknecht. Brandenburgs stellvertretender Ministerpräsident Robert Crumbach über die Zukunft seiner jungen Partei.

Herr Crumbach, wie tief sitzt die Enttäuschung nach diesem knappen Verpassen des Einzuges in den Bundestag?

Es ist ein sehr, sehr gutes Ergebnis für eine Partei, die erst ein Jahr existiert. Es wäre manches leichter, wenn wir weiterhin im Bundestag wären, weil wir dann mehr mediale Aufmerksamkeit bei bundespolitischen Themen hätten. Aber ich sehe das nicht als Drama, dass wir das nicht geschafft haben, eigentlich ist es ein großartiges Ergebnis.

Wie geht es nun weiter?

Die erste Enttäuschung haben wir überwunden. Wir machen unverdrossen weiter. In den Landtagen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sowie im EU-Parlament leisten wir gute Arbeit. Wir werden in vier Jahren in den Bundestag einziehen ­– oder vielleicht früher, wenn die Regierung nicht so lange hält.

Wird Sahra Wagenknecht auch so lange bleiben? Im Wahlkampf hatte sie eigentlich gesagt, dass sie zurücktreten würde, wenn das BSW nicht in den Bundestag einzieht.

Ich habe Frau Wagenknecht anders verstanden. Nämlich, dass, wer sie als Stimme im Bundestag haben möchte, der muss sie wählen. Das hat sie sehr pointiert gesagt. Natürlich machen wir als Partei mit Frau Wagenknecht weiter.

Hat der Nicht-Einzug den Effekt, dass Sie nun mehr Ruhe zum Aufbau der Partei-Strukturen haben?

Wir sind im Osten besonders stark, deswegen werden wir unser Augenmerk auf die nächsten Landtagswahlen im Osten legen. In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Berlin werden wir noch stärker werden. Dann wird auch unsere Sichtbarkeit deutlich besser. Klar ist: Wir müssen jetzt den Fokus auf den Aufbau der Landesparteien und die Aufnahme von Mitgliedern richten.

Kommt dann bald auch die geplante Umbenennung?

Das war die Ansage. Ich gehe davon aus, dass sie stattfindet.

Wirtschaft und Soziales stand mal im Raum.

Das, was in jedem Fall bleibt, weil es auch Programm ist für unsere Partei, ist Vernunft und Gerechtigkeit.

Ist das Wahlergebnis dadurch zu erklären, dass Sahra Wagenknecht zeitweise aus den Talkshows verschwunden war?

Das mag mit eine Rolle gespielt haben.

Was sagen Sie zu dem Vorwurf, der Osten hätte zu wenig geliefert im Wahlkampf?

Wir haben in Brandenburg bei fast allen Umfragen die Bundestagwahl betreffend um die 11% gelegen und 10,71% eingefahren. Da liegen wir gut im Zielkorridor. Wir haben bundesweit circa 9.000 Stimmen zu wenig. Das ist das, was zählt.

Warum sind Sie unter Ihrem Wählerpotenzial geblieben?Ich glaube, dass wir früher mehr Mitglieder hätten aufnehmen müssen. Das ist für mich ein wesentlicher Punkt.

Um den Vorwurf aus dem Weg zu räumen, dass Sie eine Kaderpartei seien?

Mir geht es nicht um Vorwürfe. Ich glaube, dass wenn man früher mehr Mitglieder aufgenommen hätte, das Momentum breiter hätte nutzen können. Es gab viele motivierte Leute, die sich gewünscht haben, Mitglied zu werden, lange gewartet haben und enttäuscht wurden.

Wann ändern Sie Ihre Aufnahmepraxis?

Nach meinem Wissen findet das derzeit schon statt.

Ohne Bundestagsfraktion haben Sie als eine von zwei mitregierenden Fraktionen nun deutlich mehr Macht. Wie werden Sie die nutzen?

Mir kommt als Landesvorsitzender in Brandenburg eine bestimmte Rolle in der Partei zu. Das wird durch die Position des stellvertretenden Ministerpräsidenten noch weiter unterstrichen.

Es wird immer wieder über Streit zwischen Erfurt und Berlin berichtet.

Ich stehe in engem Kontakt mit Steffen Schütz, mit Katja Wolf, aber auch mit den Freunden in Sachsen und natürlich auch mit Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali. Und natürlich gibt es wie in jeder Partei unterschiedliche Auffassungen, über die man sich unterhält.

Wird Katja Wolf in der Koalition bleiben?

Das müssen Sie Katja Wolf fragen. Ich kann Ihnen noch nicht mal sagen, dass die Koalition bei uns in Brandenburg auf alle Zeit steht. Wir sind ein Bündnis eingegangen, wir haben gut verhandelt, wir hatten eine gute Verhandlungsatmosphäre miteinander, aber es ist ja immer denkbar, dass es zu einem Punkt kommt, wo unsere Auffassungen derart unterschiedlich sind, dass es nicht mehr funktioniert. Ich sehe den im Moment nicht.

Ist die Grundgesetzänderung ein Streitpunkt?

Es gibt Dissens darüber, wie die GG-Änderungen zu bewerten sind. Wir haben einen Konfliktlösungsmechanismus in der Koalition, der im Ergebnis bedeutet, dass wir uns bei dieser Abstimmung im Bundesrat voraussichtlich enthalten werden.

Ist ihr Koalitionspartner, die SPD, sauer darüber?

Dass man mal verärgert über den Partner ist, das gehört im Leben ja auch dazu. Erst wenn wir die Konflikte nicht mehr lösen können, wird es schlimm. Aber derzeit arbeiten wir sehr vertrauensvoll und sehr gut zusammen.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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