Was bedeutet es für sie, links zu sein?
Es ist für mich sehr mit der Frage nach der sozialen Gerechtigkeit verbunden. Insgesamt bin ich aber jemand, der nicht unbedingt in den Kategorien links oder rechts denkt.
Was heißt das?
Dass ich eher von Thema zu Thema denke und mich zum Beispiel nicht nur für eine faire Verteilung dessen, was wir als Gemeinschaft erwirtschaften, einsetze, sondern auch für einen Bürokratieabbau. Das würden die meisten nicht als linkes Thema bezeichnen.
Ihr erster Schritt in die Politik war eine Initiative als Millionär. Sie wollten Millionäre stärker besteuern. Schließt ihre Arbeit beim BSW daran an?
Es ist eine Reaktion darauf, dass die jetzige Regierung höhere Vermögenssteuern und eine Reform der Erbschaftssteuer nicht umsetzt. Obwohl in der Ampel zwei von drei Parteien mit entsprechenden Programmen in den Wahlkampf gezogen sind, kommt das nicht, weil die FDP blockiert. Das hat mich motiviert, auf anderer Ebene weiterzumachen. Es geht uns hierbei insbesondere um sehr große Vermögen, für die in der Regel prozentual weniger Steuern gezahlt werden, als sie ein Arbeitnehmer zu leisten hat.
Sie galten zu Beginn vor allem als Organisator neben einer Sahra Wagenknecht, der dieses Talent eher abgesprochen wird. Wie ist ihre Rolle als Schatzmeister – nehmen Sie auch inhaltlich Einfluss auf das Programm?
Wir sind in einem Programmentwicklungsprozess, der sich von anderen Parteien dadurch unterscheidet, dass wir sogenannte Expertenräte etablieren. Dafür schaffen mein Vorstandskollege, Shervin Haghsheno, eines unserer Mitglieder und ich die Voraussetzungen. Unter der Federführung von Shervin legen wir die Rahmenbedingungen und Arbeitsschwerpunkte für solche Expertenräte fest. Insofern ist die programmatische Arbeit eine Teamarbeit im gesamten Parteivorstand, insbesondere im Präsidium und natürlich zusammen mit den Mitgliedern.
Wie haben Sie Sahra Wagenknecht kennengelernt?
Das lief über einen gemeinsamen Bekannten, über den ich die Gerüchte hörte, dass Frau Wagenknecht eine Partei gründen will. Er ist dann meiner Bitte, einen Kontakt herzustellen, nachgekommen.
Das heißt, es war Ihre Initiative – was hat Sie dann überzeugt?
Frau Wagenknecht hatte mich schon im Vorfeld überzeugt. Wenn ich sie in Talkshows oder ihre Statements gesehen habe, hat sie immer klar argumentiert. Ihre Positionen waren entweder identisch mit meinen oder zumindest sehr nah dran. Was man ihr sonst zugeschrieben hat – die Partei werde eine One-Woman-Show und sie mache das nur für ihr Ego –, diesen Eindruck hatte ich nach unserem ersten persönlichen Treffen definitiv nicht. Und damit war für mich ein Grundstein für eine Zusammenarbeit gelegt.
Hat sich das bewahrheitet?
Wir sind mittlerweile acht Personen im Präsidium. Ein ums andere Mal diskutieren wir inhaltlich und dann obsiegen diejenigen, die die besten Ideen und die meisten Fürsprecher haben. Häufig sind es tatsächlich auch Gedanken und Richtungen, die von Frau Wagenknecht getragen oder eingebracht wurden. Wenn das nicht der Fall ist, kann sie aber auch gut mit einer Lösung leben, die nicht von ihr kam und hinter der sie nicht zu hundert Prozent steht. Aber das kommt sehr selten vor.
Wann wird das Programm fertig sein?
Das ist schwierig zu sagen. Wir sind gerade erst dabei, die personellen Strukturen aufzubauen, gründen jetzt unsere ersten Landesverbände. Dabei sind wir noch mehr von externen Ereignissen getrieben, als es uns eigentlich lieb wäre. Aber wir haben noch ein bisschen Zeit. Wir reden ja über das Programm für die Bundestagswahl. Vorher kommen der Europawahlkampf und die drei Landtagswahlkämpfe. Dafür werden die Landesverbände ihre eigenen Programme erarbeiten, da sind wir als Bundesvorstand nicht so stark involviert. Voraussichtlich finden im Frühsommer die ersten Sitzungen der Expertenräte statt.
Was sind die wichtigsten Geldquellen des BSW?
Ohne Frage sind wir vor allem auf Spenden angewiesen. Mittlerweile haben wir rund drei Millionen Euro einwerben können. Da sind sehr viele Kleinspenden dabei von fünf oder zehn Euro, aber auch größere und – das ist ja bekannt – Spenden bis zu einer Million. Die Unterstützung kommt aus allen Schichten der Gesellschaft.
Sie nehmen auch Unternehmensspenden an – auf dem Parteitag sagten Sie, dass nur die Rüstungsindustrie ein Ausschlusskriterium sei. Gibt es noch andere Unternehmen, von denen Sie Spenden ablehnen würden?
Spenden aus der Rüstungsindustrie würden wir sicherlich nicht annehmen. Aber ich glaube auch nicht, dass da jemand auf uns zukommt. Generell schauen wir uns bei größeren Summen an, wo das Geld herkommt. Gerade bei der Millionenspende des Ehepaars war uns wichtig, dass es „ordentlich“ verdient wurde. Sprich: Gibt es eine plausible Erklärung, wo das Vermögen herkam? Und so schauen wir uns im Zweifel jede einzelne größere Spende an, um sicherzustellen, dass sie im Gleichklang mit unseren Werten ist.
Haben Sie bereits Spenden abgelehnt?
Nein, in der Partei nicht. Im Verein lediglich eine, die von einer sich auflösenden regionalen Linksfraktion kam. Auch als Verein haben wir uns den Regeln des Parteiengesetzes unterworfen und daher diese Spende zurücküberwiesen.
Investieren Sie auch weiterhin selbst in die Partei?
Ich bin Mitglied und „spende“ meinen Mitgliedsbeitrag. Ich will auch nicht ausschließen, dass ich im Laufe des Jahres noch eine weitere Spende tätige. Ich glaube an die Sache. Aber es wird kein gigantischer Betrag. Im letzten Jahr habe ich auch den Verein mitfinanziert, mit einem niedrigen fünfstelligen Betrag. Das ist für mich analog zu anderen Investments, die ich in einer frühen Phase tätige. Nur ist hier der Gewinn nicht ein Unternehmen, das sich am Markt behauptet und irgendwann Geld abwirft, sondern dass sich eine politische Kraft neu formieren kann.