Analyse
Erscheinungsdatum: 19. August 2024

US-Wahl: Die Kampagne der Demokraten und was die SPD daraus abzuleiten versucht 

In den USA treffen sich die Demokraten zu einem Parteitag, um Kamala Harris offiziell zu ihrer Präsidentschaftskandidatin zu küren. Aus Deutschland ist SPD-Chef Lars Klingbeil nach Chicago gereist, um sich Anregungen für den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr zu holen.

„Natürlich gucke ich auf den Wahlkampf“, sagt Lars Klingbeil. „Vieles, was in den USA in Wahlkämpfen passiert, schwappt rüber nach Deutschland.“ Der SPD-Chef ist nach Chicago zum Parteitag der US-Demokraten gereist, um Lehren aus der Kampagne überhaupt, dem Wording, aber natürlich auch dem Wechsel von Joe Biden zu Kamala Harris zu ziehen. Klingbeil ist vorsichtig. Es gehe darum, in Chicago „ein bisschen Luft zu schnuppern“, sagt er, zu schauen, wie sich die Demokraten für diesen Wahlkampf aufstellen, wie sie mit einem Populisten wie Donald Trump umgehen. „Darauf müssen wir uns auch in Deutschland einstellen.“

Die Erkenntnis der letzten Wochen aus den USA sei doch, „dass sich eine politische Stimmung relativ schnell drehen kann“. Urplötzlich könne im Wahlkampf eine neue Dynamik entstehen. Darauf setzt auch die SPD mit Blick auf 2025. Zugleich erinnert Klingbeil an den Bundestagswahlkampf 2021. „Manchmal geschieht das das durch Personalentscheidungen, manchmal durch programmatische Entscheidungen, manchmal auch durch andere Einflüsse.“ Im Moment gefalle ihm jedenfalls nicht, „was den Wahlkampf angeht.“

Immerhin hat US-Vizepräsidentin Harris geschafft, wovon deutsche Parteien nur träumen können. Sie hat das Rennen um die US-Präsidentschaft in weniger als einem Monat auf den Kopf gestellt. Bild-Chefredakteurin Marion Horn etwa schrieb: „Ich träume von einem Kamala-Harris-Moment für Deutschland.“ Soll heißen: Boris Pistorius könnte Olaf Scholz ersetzen, die Union Markus Söder anstelle von Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten aufstellen.

Dem kann Klingbeil erwartungsgemäß nichts abgewinnen. Die Sozialdemokraten hätten „ja sehr klar gemacht, dass sie mit Olaf Scholz in den nächsten Wahlkampf ziehen werden. Da gibt es auch niemanden, der daran rüttelt.“ Zu gut hat man in der SPD-Zentrale den Wahlkampf von 2017 in Erinnerung, als die Nominierung von Martin Schulz unter SPD-Anhängern eine landesweite Euphorie auslöste, der Kandidat am Ende aber das bis dahin schlechteste SPD-Ergebnis der Nachkriegsgeschichte einfuhr.

Die SPD wolle sich auf die großen Linien konzentrieren, sagt Klingbeil. Die würden vorbereitet. „Und dann, glauben Sie mal, werden wir auch an der einen oder anderen Stelle noch überraschen im Wahlkampf.“ Programmatisch gebe es durchaus Parallelen zwischen den US-Demokraten und den Sozialdemokraten: „Der Fokus liegt sehr stark auf der arbeitenden Mitte, auf der Frage der Steuererleichterungen, der Infrastruktur.“ Das seien alles Themen, auf die auch die SPD einen Schwerpunkt setzen wolle, so Klingbeil.

Grundsätzlich ist die Convention der US-Demokraten mit einem deutschen Parteitag nicht vergleichbar. Statt nüchterner Debatten um Kommata und Nebensätze in Wahlprogrammen feiern die US-Demokraten eine viertägige Party. Parteigrößen wie Ex-Präsident Barack Obama sollen die demokratische Basis in Stimmung versetzen und motivieren. Die Parteitagsplaner hoffen, dass manche dieser Auftritte viral gehen und der ohnehin online-fokussierten Harris-Kampagne zusätzlich Auftrieb geben. Es gibt Gerüchte, dass Taylor Swift oder Beyoncé nach Chicago kommen, um Kamala Harris zu unterstützen.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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