Die frühere finnische Europaministerin Tytti Tuppurainen fordert von Deutschland „eine stärkere Führungsrolle in Europa“. Gegenüber Table.Briefings sagte die Sozialdemokratin, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen müsse, das sei „eine Schicksalsfrage für Europa“. In Finnland herrsche große Erleichterung über den Nato-Beitritt, nun gehe es darum, den europäischen Pfeiler des transatlantischen Bündnisses zu stärken. Am Rande des Progressive Governance Summit forderte die Fraktionschefin der Sozialdemokraten: „Wir brauchen ein starkes Deutschland, um Europa stärker zu machen.“
Tuppurainen sieht aktuell keine Notwendigkeit, deutsche Truppen in Finnland zu stationieren. „Zurzeit sind wir zufrieden, was die Unterstützung der Nato anbelangt“, sagte sie, wollte aber nicht ausschließen, dass ein ähnlicher Schritt wie in Litauen erfolgen könne: „Man wird sehen, ob man in Zukunft deutsche Truppen auch in Finnland braucht.“ Die Bundeswehr hat vergangenes Jahr mit der Aufstellung einer Brigade in Litauen begonnen, die der Abschreckung an der Nato-Ostflanke dienen soll. Bis 2028 sollen 5.000 Soldatinnen und Soldaten dort stationiert sein.
Finnland setzt beim Schutz des Landes auf mehr als 300.000 Reservisten. „Sie machen den Kern unserer Verteidigungskräfte aus“, so Tuppurainen. Finnland und Russland teilen eine 1.340 Kilometer lange Grenze. Sie wurde zuletzt geschlossen, um zu verhindern, dass über Russland reisende Asylbewerber das Land betreten. Es gehe darum, „gemeinsam die europäische Abschreckung zu erhöhen“, um das Regime Wladimir Putins zu stoppen. „Beschwichtigungspolitik hat keinen Raum, Putin versteht keine Kompromisse“, so Tuppurainen,. „Wer jetzt Frieden will, muss Waffen liefern.“
Auf der Konferenz setzte die Finnin einen eigenen Akzent. „Wir müssen über Atomwaffen reden.“ Wenn sich die USA nach der Wahl im November zurückzögen, „haben wir ein Problem“. Sie hätte gerne engere sicherheitspolitische Bande mit den USA – aber „wir können Trump nicht trauen“. Und dann fiel der Satz, den man sinngemäß so auch vom deutschen Verteidigungsminister kennt: „Wenn du Frieden willst, musst du zum Krieg bereit sein.“
Table.Briefings war gemeinsam mit dem Guardian Medienpartner des Progressive Governance Summit