Analyse
Erscheinungsdatum: 15. April 2025

Serie (X): Wer bekommt welche Rolle? Wie sich Manuela Schwesig auf der Berliner Bühne bewegt

Ehrgeizig, meinungsstark und sendungsbewusst – eine Frau mit Nehmerqualitäten. Kam Manuela Schwesig, um zu bleiben?

Plötzlich war sie wieder da. Als ob nichts gewesen wäre. Sie hatte sich robust als Ost-Vertreterin in die SPD-Verhandlungsdelegation hineingedrängt. Sie gab als einzige TV-Interviews vor Beginn der Sondierungsgespräche, und sie versteckt sich auch sonst nicht. Ob im Morgenmagazin, bei Lanz oder vor der jüngsten Bundesratssitzung: Scheu vor Mikrofonen hat Manuela Schwesig in diesen Tagen nicht. Seit 2017 ist sie Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern – aber sie hat auch wieder Gefallen am politischen Geschäft in Berlin gefunden.

Dass der Blick auf die 50-Jährige fällt, kommt nicht von ungefähr. Viele Frauen für Spitzenpositionen hat die SPD nicht im Angebot – und mit ihrer Erfahrung erst recht nicht. Schwesig war schon Landes- und Bundesministerin, war stellvertretende Parteivorsitzende und amtiert seit acht Jahren als Ministerpräsidentin. Und sie hat noch etwas vor. Zu ihrem Erfahrungsreservoir gehören auch die Schattenseiten, privat und beruflich. Sie hat eine Krebserkrankung überwunden, und auch aus dem Schlaglicht, das ihr Einsatz für Nord Stream 2 geworfen hatte, ist sie einigermaßen unbeschadet wieder herausgetreten. War da was – außer, dass Neu-Koalitionsfreund Norbert Röttgen seinerzeit ihren Rücktritt gefordert hatte?

Sie hat es abgehakt, gilt ohnehin als Frau mit Nehmerqualitäten, als ehrgeizig, meinungsstark, sendungsbewusst. „In Verhandlungen ist sie knochenhart“, sagt einer, der sie gut kennt. In den Unter-Arbeitsgruppen, die die Fachthemen final bearbeiten sollten, begann sie zur allgemeinen Überraschung, Positionen erneut zu diskutieren, auf die sich die schwarz-rote Arbeitsebene bereits verständigt hatte. Mögliche Konsequenzen für die deutsche Position in Brüssel irritierten sie dabei nicht. Selbst bei der Union hat sie sich dadurch Respekt verschafft.

Zu Lars Klingbeil pflegt sie ein enges Verhältnis. Sie gehörte zu seinen Unterstützern, als es nach der Wahl um den Fraktionsvorsitz ging – wohl wissend, dass die Verteilung aller Berliner Posten nur über ihn läuft. Und doch hat ihr nicht immer gefallen, wie sich die Parteispitze in den vergangenen Monaten präsentiert hat – weshalb sie sich auch dazu resolut zu Wort meldet. Abbekommen hat es insbesondere Co-Chefin Saskia Esken. Ihr legte Schwesig unverhohlen den Rücktritt nahe. Esken habe „ja selbst gesagt“, formulierte sie im RTL-Interview, „dass es personelle Konsequenzen geben muss, und deswegen gehe ich auch davon aus, dass sie welche vorschlagen wird“. Es sei Eskens Aufgabe, zu sagen, wie es weitergehen solle.

Eifrig dementiert sie alle Erwägungen, nach Berlin zurückzukehren. Sie sei Ministerpräsidentin in Schwerin und wolle das auch nach der Wahl im Herbst 2026 bleiben, so die offensive Botschaft. „Ich will mein Land vor der AfD retten“, sagte sie kürzlich noch mal dem Stern. Das ist zumindest interpretierbar, denn die Wiederkehr in die Staatskanzlei dürfte herausfordernd werden. In den letzten Landesumfragen lag die AfD bei 30 Prozent, die SPD bei gerade mal 22 Prozent.

Laut würde sie es nie sagen, aber natürlich traut sich die Diplom-Finanzwirtin Schwesig das Bundesfinanzministerium zu. Falls die SPD den Zuschlag erhält und Lars Klingbeil sich für eine andere Option entscheiden sollte. Fürs BMF würde sie sofort nach Berlin wechseln. Auch die Nachfolge in Schwerin wäre dann mutmaßlich geregelt: Sie würde wohl Till Backhaus, 66, zufallen, Umwelt- und Agrarminister, seit 1998 im Amt und dienstältester Landesminister Deutschlands. Hemdsärmelig und rustikal, wie er auftritt, trauen ihm manche gegen die AfD sogar ein besseres Abschneiden zu als seiner Chefin.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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