Analyse
Erscheinungsdatum: 04. Mai 2025

Schneider, Hubertz, Miersch & Co: Wie Klingbeil die SPD aufstellt

Lars Klingbeil stellt sein neues Kabinett aus erfahrenen Kräften und neuen Persönlichkeiten zusammen. Ein Überblick über die designierten Ministerinnen und Minister.

Es gehe bei den Personalentscheidungen für Kabinett und Fraktion um einen Mix aus erfahrenen Politikerinnen und Politikern und neuen Gesichtern. Es gehe aber vor allem um „Teamplay“. So hatte Parteichef Lars Klingbeil als designierter Vizekanzler in den vergangenen Tagen die Gespräche für die SPD geführt – eine Kampfkandidatur und offene Gräben wollte Klingbeil, der stets auf Ausgleich bedacht ist, unbedingt vermeiden.

Das mit der Kampfkandidatur ist ihm gelungen, doch tiefe Wunden bleiben. So geht Hubertus Heil, der bisherige Arbeitsminister, leer aus und muss auch auf den angestrebten Fraktionsvorsitz verzichten, weil Klingbeil die wichtigen Strömungen Seeheimer Kreis und die Parlamentarische Linke auf seinen Wunschkandidaten Matthias Miersch geeicht hatte. Am Sonntagnachmittag zog Heil zurück, begründete dies mit dem fehlenden Rückhalt der Parteispitze. Nun ist der Weg frei für Generalsekretär Miersch, der in den Koalitionsverhandlungen zur wichtigsten Stütze für die Parteivorsitzenden Klingbeil und Saskia Esken wurde und zum linken Parteiflügel gezählt wird.

Dafür hat Klingbeil im Kabinett weitgehend mit freier Hand ein Team aus Pragmatikern und Seeheimern zusammengestellt. Es steht ihm nicht nur loyal zur Seite, sondern soll auch den notwendigen Neuanfang in der SPD signalisieren. Ein Mix aus Erfahrung und frischem Wind, wie es einer sagte, der in den Verhandlungen mitmischte. Einige Namen hat Table.Briefings exklusiv erfahren.

Carsten Schneider: Der 49-jährige SPD-Bundestagsabgeordnete soll Umweltminister werden. Der Bankkaufmann aus Erfurt ist zwar ein neues Gesicht auf der Ministerbank, aber im Parlament ein „Oldtimer“. Seit 1998 sitzt Schneider im Bundestag, so lange wie sonst bei den Sozialdemokraten nur noch Hubertus Heil. Damals war er mit 22 Jahren der jüngste jemals in den Bundestag gewählte Abgeordnete und glühender Gerhard-Schröder-Fan. In der Öffentlichkeit bekannt wurde er durch seine karierten Sakkos und seine prominente Rolle als Haushaltsexperte und Vertrauter von Finanzminister Peer Steinbrück in der Finanzkrise. Als langjähriger Sprecher des Seeheimer Kreises gehört er zu den Konservativen in der Partei, zuletzt war der gelernte Bankkaufmann Ostbeauftragter der Regierung. In der Umweltpolitik ist er bisher nicht aufgefallen. Der Hobby-Angler liebt die Natur, das ist die bisher sichtbarste Verbindung zu seinem neuen Ressort. Schneider will Jochen Flasbarth, den früheren Staatssekretär im Umweltministerium und ausgewiesenen Fachmann, als beamteten Staatssekretär in sein Ministerium holen.

Verena Hubertz: Die erst 37 Jahre alte Unternehmerin aus Trier soll neue Bauministerin werden. Sie wäre die größte Überraschung und das jüngste Mitglied im Kabinett. Die Betriebswirtin der privaten Elite-Uni WHU in Vallendar arbeitete unter anderem für PriceWaterhouseCoopers und die Commerzbank, bevor sie in Berlin die crossmediale Küchen-Plattform KitchenStories gründete, die später von einer Bosch-Tochter übernommen wurde. Erst 2010 trat sie der SPD bei, seit 2021 sitzt Hubertz im Bundestag, wo sie gleich zur Vize-Chefin der Fraktion unter Klingbeil aufstieg.

Bärbel Bas: Die ehemalige Bundestagspräsidentin stand bei Parteichef Klingbeil früh fest als neue Ministerin. Ihre Aufsteigerbiografie (zweiter Bildungsweg, Schweißerlehre, Sozialversicherungsfachangestellte) und ihre zupackende Sprache sollen der SPD bei den Arbeiterinnen und Arbeitern wieder mehr Zustimmung bringen. Sie übernimmt von Heil das Arbeitsministerium, das Klingbeil früh neu besetzen wollte. Heil galt in der SPD-Führung als „Bürgergeld-Minister“ als beschädigt. Klingbeil, aber auch seine wichtigen Berater in den Ländern wie Stephan Weil und Manuela Schwesig halten das verkorkste Bürgergeld für die Hauptursache für die Wahlniederlage.

Neuer Staatssekretär in Bas' Arbeitsministerium soll der bisherige Bundestags-Direktor Michael Schäfer werden. Bas hat intern signalisiert, dass sie die Reformideen für das Bürgergeld voll mitträgt und umsetzen will. Außerdem sieht sie sich als Vorkämpferin für Frauenrechte in der Bundesregierung. In den Koalitionsverhandlungen hat sie durchgesetzt, dass die Parität von Männern und Frauen im Parlament Bedingung für eine erneute Reform des Wahlrechts sein muss. Derzeit sind nur 32 Prozent der Abgeordneten weiblich.

Boris Pistorius wird in Lebens- und Dienstjahren der erfahrenste Minister auf SPD-Seite im Kabinett sein. Der 65-jährige Niedersachse hat früh signalisiert, dass er gerne im Amt bleiben würde und die begonnenen Reformen und den Aufrüstungskurs vollenden möchte. Klingbeil hatte dagegen nichts einzuwenden. Der Minister hat bereits einen ersten Entwurf für den neuen Etat fertig, der eine Rekordsumme für die Verteidigung vorsehen soll und den Pistorius beim Nato-Ministertreffen präsentieren wird. Was auf Pistorius in der zweiten Amtszeit alles zukommt, hat Thomas Wiegold hier für den Security.Table zusammengefasst.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
Teilen
Kopiert!