Analyse
Erscheinungsdatum: 02. Juni 2025

Private Equity: Warum es Protest gegen das weltweit größte Branchentreffen gibt

Eine Woche lang geht es in Berlin um Investitionen in nicht börsengelistete Unternehmen. Weil darunter auch die öffentliche Daseinsvorsorge leidet, gibt es breiten Protest.

Wohnungsmarkt, Gesundheitswesen, Landwirtschaft: Unternehmen aus dem Bereich Private Equity (PE) sind in diversen Feldern aktiv, die mehrere Organisationen als nicht kompatibel mit dem Ziel maximalen Profits betrachten. Unter dem Motto „Sie kaufen die Welt, wir zahlen den Preis“ protestieren sie deshalb im Rahmen der SuperReturn International in Berlin. Dazu gehören die NGO Finanzwende, Verdi, der Mieterbund sowie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Sie kritisieren das Geschäftsmodell, das darauf ausgelegt ist, sich in Firmen einzukaufen, ihren Wert zu steigern und sie dann wieder zu verkaufen.

Bei der Konferenz handelt es sich um das bedeutendste jährliche PE-Treffen, zur Branche gehören Unternehmen wie KKR, Blackstone und Nordic Capital. Dabei sind diesmal auch die in dem Kontext aktiven Stars Serena Williams, Nico Rosberg und Bono. Wer als Firma mit einem eigenen Raum präsent sein will, muss laut Börsen-Zeitung selbst für nur 10 Quadratmeter mehr als 10.000 Euro für die Woche zahlen. Blackstone-Chef Stephen Schwarzman verdiente laut Finanzwende 2024 in 30 Minuten mehr als ein durchschnittlicher deutscher Arbeitnehmer im ganzen Jahr, insgesamt 45 Milliarden Euro.

Eine neue Studie der Organisation hat die Branche genauer beleuchtet. Demnach kontrollierte Private Equity im vergangenen Jahr global betrachtet ein Unternehmensvermögen in Höhe von fast fünf Billionen Dollar und war in knapp 30.000 Unternehmen zugange. Als Kritiker wird auch der damalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach zitiert, der verhindern wollte, dass „Investoren mit absoluter Profitgier“ Arztpraxen aufkaufen. Aus dem Gesetz wurde nichts. Die neue Bundesregierung will aber mehr Transparenz in der Eigentümerstruktur von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) mit Investorbeteiligung herstellen.

Verbesserungen will die Interessenvertretung AbL auch für die Landwirtschaft erreichen.Reiko Wöllert, stellvertretender Bundesvorsitzender und selbst Inhaber eines Milchviehbetriebs in Thüringen, kündigte für Mitte Juni ein Treffen mit der regierenden SPD in Brandenburg an. Die dortige Koalition hat entsprechende Pläne in ihren Vertrag geschrieben: Landwirtschaftliche Flächen dürften nicht „als Spekulationsobjekte insbesondere überregionaler Investoren dienen“. Daher wolle man sich etwa für die Begrenzung der steuerlichen Vorteile für sie im Rahmen sogenannter Share Deals einsetzen. Diese ermöglichen es, große Anteile an einer Gesellschaft ohne Zahlung der Grunderwerbssteuer zu kaufen. Mehr dazu gibt es im Agrifood.Table. Zudem planen Sozialdemokratie und BSW für Anteilskäufe eine Anzeigepflicht und einen Genehmigungsvorbehalt.

In Thüringen und Sachsen seien Pläne der 2024 gewählten Regierungen für strengere Regeln bisher an der starken Lobby gescheitert, so Wöllert. Auch auf Bundesebene ist Private Equity hier aktiv. 57 Treffen mit Regierungsvertretern auf der Leitungsebene gab es in der vergangenen Legislaturperiode laut der offiziellen Antwort auf Anfragen der Linken. Im Lobbyregister war mit KKR laut Finanzwende zuletzt aber nur einer der regelmäßigen Gesprächspartner eingetragen. Auf Anfrage der NGO teilte die Bundestagsverwaltung mit, man gehe den Hinweisen nach.

Einen Erfolg der Branche aus Zeiten der Ampel-Koalition wollen Union und SPD jedenfalls fortführen: die sogenannte Initiative WIN (Wachstums- und Innovationskapital). Das vom damaligen Finanzminister Christian Lindner initiierte Unterfangen startete als gemeinsames Projekt von Kanzleramt, Wirtschaftsministerium und BMF. Das Ziel ist es, gemeinsam „mit einem breiten Bündnis aus Wirtschaft, Verbänden, Politik und der KfW“ die Rahmenbedingungen für Investoren zu verbessern und darüber Start-ups und Innovation zu fördern.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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